Copyright: © der deutschen Ausgabe: Junfermann Verlag, Paderborn 2013
© der Originalausgabe: 2008 by Valerie DeLaune
Die Originalausgabe ist 2008 unter dem Titel „Trigger Point Therapy
for Headaches & Migraines: Your Self-Treatment Workbook for Pain
Relief“ bei New Harbinger Publications erschienen.
Übersetzung: Karsten Petersen (www.translibri.com)
Coverfoto: © Christian Jung – Fotolia.com
Covergestaltung / Reihenentwurf: Christian Tschepp
Alle Rechte vorbehalten.
Erscheinungsdatum dieser eBook-Ausgabe: 2013
Satz & Digitalisierung: JUNFERMANN Druck & Service, Paderborn
ISBN der Printausgabe 978-3-87387-841-9
ISBN dieses eBooks: 978-3-87387-904-1
Während heute die Kosten des Gesundheitssystems aus dem Ruder laufen, leiden zugleich Millionen von Amerikanern unter chronischen Schmerzen, wobei Kopfschmerz eines der häufigsten Schmerzsyndrome ist. Statistiken zufolge ist die Qualität der medizinischen Versorgung in den Vereinigten Staaten schlechter als in den meisten anderen Industrieländern, obwohl wir für diese Versorgung am meisten bezahlen – sowohl insgesamt als auch pro Kopf der Bevölkerung. Darüber hinaus schaffen viele unserer konventionellen Interventionen mehr Probleme als Lösungen. In der Tat befinden wir uns in der wenig beneidenswerten Lage, dass wir im Vergleich zu jedem anderen Land der Welt mehr Geld für weniger Gesundheit und eine geringere Lebenserwartung ausgeben. Auf dem Weg zu einer Lösung dieser Krise des Gesundheitssystems scheinen Regierung, Versicherungsträger, Pharmaindustrie, Krankenhäuser und die meisten Klienten planlos auf der Stelle zu treten.
Vor diesem Hintergrund vollzieht sich indes ein Umschwung – eine stille Revolution des Gesundheitssystems, die bisher kaum Beachtung gefunden hat. Heutzutage wenden sich immer mehr Klienten an Heilpraktiker – eine Entwicklung, die niemand erwartet hätte, bevor David Eisenberg, Direktor der Abteilung für Forschung und Bildung, ergänzende und integrative medizinische Therapieformen an der Harvard Medical School, die Ergebnisse seiner Umfragestudien veröffentlicht hatte. John Naisbitt, Autor von mehreren Bestsellern zum Thema Zukunftsforschung, sagte schon 1982 voraus, dass sich im Gesundheitssystem ein bahnbrechender Trend vollziehen würde – weg von der „Apparatemedizin“ und hin zu einem stärker berührungsorientierten Ansatz. Diese Einschätzung wird durch David Eisenbergs Umfragen gestützt, tatsächlich fand jedoch die entscheidende Wende schon Jahrzehnte vor dessen Studien statt.
In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen arbeitete die junge Kardiologin Janet Travell an einer großen Klinik in den USA. Sie war für Patienten verantwortlich, die sich von einem Herzanfall erholt hatten, aber nach wie vor unter Schmerzen im Bereich der Brust, in der linken Schulter oder am linken Arm litten, obwohl anhand von EKGs und anderen Tests keine Herzprobleme mehr festgestellt werden konnten. Diese Patienten wurden für „Spinner“ gehalten oder, im Sprachgebrauch jener Zeit, für „Hypochonder“. Vielleicht wurde Travell die Verantwortung für diese Patienten übertragen, weil man dachte, dass sie als Frau nicht in der Lage wäre, „ernsthafte“ Arbeit zu leisten. Dessen ungeachtet diagnostizierte sie diese Patienten nicht nur mithilfe der eingeführten kardiologischen Verfahren, sondern untersuchte außerdem die schmerzenden Regionen, tastete sie ab und zeichnete systematisch auf, wo diese Schmerzen auftraten. Nachdem sie festgestellt hatte, dass solche Schmerzen zumeist vom kleinen Brustmuskel (M. pectoralis minor) ausgingen, verwendete sie eine Subkutankanüle, um die Stellen, die den Schmerz auslösten, zu entspannen. Später untersuchte sie auch andere anatomische Bereiche und entwickelte Techniken, um jene Muskelbereiche zu behandeln, von denen die Schmerzen auf andere Teile des Körpers ausstrahlten.
Travell widmete ihr Leben diesem Forschungsgebiet und publizierte maßgebliche Arbeiten zum Thema. Ihre Bücher läuteten ein neues Zeitalter im Gesundheitswesen ein – eine Ära, in der sich Heilpraktiker als Erbringer medizinischer Leistungen einen Namen machten und kranken Menschen eine breitere Palette an therapeutischen Möglichkeiten eröffneten. Heute zählt es zu den Grundsätzen der alternativen Medizin, den ganzen Menschen zu behandeln, nicht nur seine Symptome, und den Patienten in die Behandlung mit einzubeziehen. Im Hinblick auf Triggerpunkte haben Therapeuten und Heilpraktiker[1] zahlreiche Verfahren zur Selbstbehandlung entwickelt, die man als Patient lernen und anwenden kann – und so wird endlich der Patient zum vollwertigen Partner in der Durchführung seiner Therapie.
Die meisten Menschen zeigen funktionelle Schmerzmuster, was bedeutet, dass sich ihre Schmerzen nicht auf eine bestimmte Ursache zurückführen lassen – zum Beispiel einen Knochenbruch, eine Infektion, eine Krebserkrankung oder andere signifikante, mithilfe bildgebender Verfahren erkennbare Veränderungen. Funktionelle Schmerzen können durch falsche Körperhaltung entstehen, durch das Zurückhalten von Emotionen, was durch körperliche Anspannung zum Ausdruck kommt, oder durch falsche Ernährung. Bei dem Ansatz, der heute als „alternative Medizin“ (complementary and alternative medicine, CAM) bezeichnet wird, aber besser unter dem Begriff „Naturheilkunde“ bekannt ist, handelt es sich um die wirkungsvollste Strategie zur Lösung solcher funktionellen Probleme. Therapeutische Ansätze wie die Selbsthilfetechniken, die von Valerie DeLaune in diesem Buch präsentiert werden, könnten die Notwendigkeit für pharmazeutische und chirurgische Eingriffe stark reduzieren. Neben einer Senkung der Kosten im Gesundheitswesen könnte dieser Ansatz letztlich viele Menschen gesünder machen, weil er den ganzen Menschen behandelt und seine Symptome bei der Wurzel packt; davon abgesehen hat er so gut wie keine Nebenwirkungen.
Durch dieses Buch und ihre frühere Arbeit hat Valerie DeLaune die Konzepte und Methoden von Janet Travell dem Laien zugänglicher gemacht. Ihr Ansatz versetzt Menschen, die unter chronischen Schmerzen leiden, aber keine umfassenden anatomischen und physiologischen Kenntnisse haben, in die Lage, sich erfolgreich selbst zu helfen. Wenn Sie dieses Buch gründlich lesen und seine Empfehlungen beherzigen, wird es wahrscheinlich Ihre Lebensqualität grundlegend verbessern.
Steven Lavitan, DC, L. Ac.
Zu jedem beliebigen Zeitpunkt leiden etwa 38 Prozent aller Menschen unter Schmerzen. Obwohl etwa 30 Prozent aller Patienten, die einen Allgemeinarzt aufsuchen, durch Triggerpunkte verursachte Schmerzen haben (Simons, 2003), schenkt die Schulmedizin der Thematik Muskelschmerz und Triggerpunkte nach wie vor sehr wenig Beachtung. Dankenswerterweise haben einige wenige Pioniere unermüdlich daran gearbeitet, Triggerpunkte zu erforschen, Ausstrahlungsmuster (Schmerzfelder) und andere Symptome zu dokumentieren und schließlich all diese Informationen der Ärzteschaft und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Ohne das Lebenswerk von Janet Travell und David Simons sowie Jeanne Aland, meiner Lehrmeisterin auf dem Gebiet der neuromuskulären Therapie, die mich auf die Bücher von Travell und Simons aufmerksam gemacht hat, hätte ich dieses Buch nicht schreiben können. Sowohl Janet Travell als auch Jeanne Aland sind inzwischen verstorben, aber ich weiß, dass ich und meine Patienten ihnen für ihre Arbeit und Hingabe immer dankbar sein werden. Ihre Arbeit lebt weiter in den Hunderttausenden von Patienten, deren Schmerzen gelindert wurden durch die Forschungsarbeit von Travell und Aland und deren Bereitschaft, andere auszubilden.
Janet Travell wurde 1901 geboren und trat bald in die Fußstapfen ihres Vaters, indem sie Ärztin wurde. Zunächst spezialisierte sie sich auf Kardiologie, doch bald entdeckte sie – wie ihr Vater – ihr Interesse an der Linderung von Schmerzen. Sie arbeitete in der Praxis ihres Vaters mit, lehrte an der medizinischen Fakultät der Cornell University und leistete Pionierarbeit in der Erforschung neuer Schmerztherapien, darunter auch Triggerpunkt-Injektionen. In ihrer eigenen Praxis begann sie, Senator John F. Kennedy zu behandeln, der damals wegen unerträglicher Rückenschmerzen auf Krücken angewiesen war und kaum ein paar Treppenstufen hinabgehen konnte. Dies war in einer Zeit, als das Fernsehen gerade begann, bewegte Bilder von Politikern in die Wohnzimmer der Nation zu übertragen, und daher war es für einen Präsidentschaftskandidaten wichtig geworden, körperlich fit zu wirken. Wäre er in der Öffentlichkeit mit Krücken aufgetreten, wäre Kennedy vermutlich nicht zum Präsidenten gewählt worden.
Janet Travell wurde zur ersten Frau, die als Ärztin ins Weiße Haus berufen wurde, und auch nachdem Präsident Kennedy gestorben war, blieb sie dort und betreute Präsident Johnson. Anderthalb Jahre später gab sie diese Stellung auf, um sich wieder ihren Leidenschaften zu widmen: über chronische Myofaszialschmerzen zu lehren, Vorlesungen zu halten und zu schreiben. Sie setzte ihre Arbeit bis über ihr 90. Lebensjahr hinaus fort. Dr. Janet Travell verstarb am 1. August 1997 im Alter von 95 Jahren.
David G. Simons, der seine Laufbahn als Raumfahrtarzt begann, lernte Janet Travell kennen, als sie in den 1960er-Jahren an der School of Aerospace Medicine der Brooks Air Force Base in Texas unterrichtete. Bald fing er an, mit Travell zusammenzuarbeiten und in der einschlägigen internationalen Literatur nach Veröffentlichungen über die Behandlung von Schmerzen zu recherchieren. Er stellte fest, dass es einige Kollegen gab, die ebenfalls über Triggerpunkte forschten, dass sie jedoch eine andere Terminologie verwendeten. Er machte sich daran, die Physiologie von Triggerpunkten sowohl im Labor als auch im klinischen Umfeld zu erforschen und zu dokumentieren, und arbeitete darauf hin, eine wissenschaftliche Erklärung für Triggerpunkte zu finden. Gemeinsam verfassten Travell und Simons ein umfassendes zweibändiges Werk über die Ursachen von Triggerpunkten und über ihre Behandlung, das sich an Ärzte wendete.
Viele andere Wissenschaftler haben zur Erforschung von Triggerpunkten beigetragen, und viele Ärzte und Therapeuten haben sich die Zeit genommen, sich über Triggerpunkte fortzubilden und diese Kenntnisse an ihre Patienten weiterzugeben. Ihnen allen möchte ich meine Anerkennung dafür aussprechen, dass sie Schmerzen gelindert und anderen dieses wichtige Wissen zur Verfügung gestellt haben.
Meine Lektorinnen Jess Beebe, Jess O’Brien und Jasmine Star leisteten hervorragende Arbeit, indem sie wertvolle Vorschläge zur Struktur dieses Buches machten und mich dazu motivierten, jede Version des Manuskripts noch zu verbessern. Außerdem möchte ich Art Sutch, Skip Gray und Don Douglas dafür danken, dass sie die Fotos angefertigt haben, David Ham für seine Rolle als Model in den Ausstrahlungsmuster-Fotos sowie Laura Lucas und Sarah Olsen für ihre Grafikdesign-Arbeit. Virginia Street (Janet Travells Tochter) und David G. Simons haben mir einige der Fotos zur Verfügung gestellt.
Großen Dank schulde ich den Tausenden von Patienten und den Therapeuten, die mir anvertraut haben, was ihnen geholfen hat, sodass ich diese Informationen an Sie weitergeben kann. Aber vor allem möchte ich meinem Hund Sascha danken – er hat immer wieder geduldig gewartet, während ich unzählige Stunden damit verbracht habe, dieses Buch fertigzustellen.
Wenn Sie zu diesem Buch gegriffen haben, leiden sie wahrscheinlich unter Kopfschmerzen, die häufig auftreten, sehr stark sind oder Sie erheblich beeinträchtigen. Damit sind Sie keineswegs allein; Schätzungen zufolge leiden in Deutschland etwa 54 Millionen Menschen, zumindest zeitweise, an Kopfschmerzen. Dennoch gibt es kein Patentrezept, um Kopfschmerzen zu kurieren. Das liegt unter anderem daran, dass die Ursachen dafür häufig sehr vielfältig und komplex sind. Solange die zugrunde liegenden oder aufrechterhaltenden Faktoren nicht behoben sind, treten die Beschwerden in der Regel immer wieder auf. Kopfschmerzen können ein sehr hartnäckiges Problem sein, da manche ihrer Ursachen nur selten erkannt werden.
Dieses Buch soll Ihnen dabei helfen, sich einen Überblick über die möglichen Ursachen Ihrer Kopfschmerzen zu verschaffen, und es bietet Ihnen Tipps zur Selbsthilfe an, um solche chronifizierenden Faktoren anzugehen. In Teil I wird erklärt, was Triggerpunkte sind, wie man sie behandeln kann und welche Rolle sie bei der Entstehung von Kopfschmerz, Migräne und kraniomandibulärer Dysfunktion (CMD, craniomandibular dysfunction oder temporomandibular joint dysfunction [TMJ], Sammelbegriff für Beschwerden in Kaumuskulatur und Kiefergelenken) spielen. Teil II soll Sie in die Lage versetzen, chronifizierende Faktoren, die Ihre Schmerzen verursachen und Triggerpunkte entstehen lassen, zu erkennen – zum Beispiel ungünstige Körperhaltung und -bewegungen, unvorteilhaft konstruierte Möbel, ernährungsbedingte Faktoren, Stress, Schlafstörungen sowie akute oder chronische Krankheiten. Hier finden Sie ebenso Empfehlungen, wie Sie diese Ursachen beheben können. Teil III vermittelt Ihnen, wo Sie Triggerpunkte finden und wie Sie sie behandeln können, indem Sie Druck ausüben und die Muskeln dehnen.
Im Jahre 1989 absolvierte ich eine Ausbildung zur Massage-Therapeutin mit Schwerpunkt Schwedische Massage (andere Bezeichnung für die Klassische Massage). Dabei lernte ich, wie man eine sehr gute klassische Massage durchführt. Der Versuch, die Verspannungsprobleme meiner Patienten zu lösen, erwies sich aber häufig als schwierig und frustrierend. Im Vorlesungsverzeichnis des Heartwood Institute fiel mir dann ein Kurs über neuromuskuläre Therapie (die eine Form von Tiefen-Gewebemassage mit der Behandlung von Triggerpunkten verbindet) auf, deren Beschreibung mich interessierte. Im Jahre 1991 nahm ich an diesem von Jeanne Aland durchgeführten Kurs teil, und dadurch veränderte sich mein gesamter Ansatz zur Behandlung von Patienten.
Das Wichtigste, was mir in diesem Kurs über Triggerpunkte vermittelt wurde, war die Erkenntnis, dass sie nach ziemlich regelmäßigen Mustern Schmerzen auf andere Bereiche des Körpers ausstrahlen. So können zum Beispiel Schmerzen, die Sie im Bereich der Stirn empfinden, von einem dort angesiedelten Muskel ausgehen, aber sie können auch von einem Triggerpunkt ausstrahlen, der sich im vorderen Bereich Ihres Halses befindet. Kennt man diese Schmerzfelder, kann man darauf schließen, wo die Triggerpunkte zu suchen sind, die den Schmerz tatsächlich verursachen. Nachdem ich das gelernt hatte, konnte ich beständig die Beschwerden meiner Patienten lindern – sogar bei solchen Patienten, denen man gesagt hatte, sie würden dauerhaft mit ihren Schmerzen leben müssen.
Ich kaufte mir den ersten Band von Janet Travell und David Simons, dessen Thema der Oberkörper ist: Handbuch der Muskel-Triggerpunkte, Band 1: Obere Extremität, Kopf und Rumpf (Travell & Simons, 1983; deutsche Ausgabe 1998). Dann wartete ich gespannt auf die Fertigstellung des zweiten Bandes, in dem es um die untere Körperhälfte geht und der 1992 erschien. In dem Kurs über neuromuskuläre Therapie hatte ich gelernt, was Triggerpunkt-Schmerzfelder sind und wie man Triggerpunkte sucht und behandelt, aber aus diesem Buch lernte ich so viel mehr – über kausale (chronifizierende) Faktoren, andere Symptome als Schmerzfelder und einige Selbstbehandlungs-Techniken, die ich meinen Patienten vermitteln konnte.
Im Laufe der Jahre, in denen ich Tausende von Patienten behandelte, erweiterte ich mein Wissen um eigene Erkenntnisse und entwickelte diverse Selbsthilfetechniken. Im Jahre 1999 machte ich meinen Masterabschluss in Akupunktur, und seither habe ich mich auf die Behandlung von Schmerzsyndromen und Triggerpunkten durch Akupunktur spezialisiert.
Unter den Schmerzsyndromen, die ich therapiere, sind Kopf-, Rücken- und Nackenschmerzen die häufigsten. In diesem Buch werden Sie erfahren, wie diese Beschwerden miteinander zusammenhängen und auf welche Weise Muskelprobleme eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Kopfschmerzen spielen können, sogar bei migräneartigem Kopfschmerz. Da so häufig Triggerpunkte an der Entstehung von Kopfschmerz beteiligt sind, ist es wichtig, sich mit Selbsthilfetechniken vertraut zu machen, die in den meisten Fällen von Kopfschmerz eine Linderung bewirken können.
Teil I enthält grundlegende Informationen über Triggerpunkte und erklärt, warum es wichtig ist, Schmerzen so früh wie möglich zu behandeln. Außerdem werden die verschiedenen Kopfschmerztypen beschrieben, ihre jeweiligen Ursachen besprochen und es wird die Frage beantwortet, auf welche Weise Triggerpunkte an der Entstehung dieser verschiedenen Arten von Kopfschmerz beteiligt sein können. Durch kraniomandibuläre Dysfunktion (Craniomandibular Dysfunction, CMD) verursachte Probleme spielen ebenfalls häufig eine Rolle bei Kopfschmerzen, aber viele Menschen kommen gar nicht auf die Idee, dass ein Zusammenhang zwischen diesen Symptomen bestehen könnte – oder es ist ihnen nicht klar, dass sie ein CMD-Problem haben.
Teil II dieses Buches soll Ihnen dabei helfen, die Faktoren zu erkennen, die für Ihre persönliche Kombination von Umständen und Symptomen relevant sind. Viele Dinge verursachen Triggerpunkte und halten sie aktiv: schlechte Körperhaltung, ungünstig konstruierte Möbel, chronische und akute Krankheiten, emotionale Faktoren und schlechte Ernährung, um nur einige zu nennen. Um diese Probleme werden Sie sich mithilfe von Selbsthilfetechniken kümmern müssen. Kopfschmerzen haben häufig neben Triggerpunkten noch andere Ursachen. Wenn Sie zum Beispiel zu wenig Wasser trinken, werden dadurch zwar keine Triggerpunkte direkt verursacht oder chronifiziert, aber es kann bei der Entstehung Ihrer Kopfschmerzen eine Rolle spielen oder sie verstärken.
In Teil III wird erklärt, wie Sie die Muskeln finden, die möglicherweise Triggerpunkte enthalten, und wie Sie diese Triggerpunkte durch Ausübung von Druck und durch Dehnen der Muskeln (Stretching) behandeln können. Kapitel 8 geht im Einzelnen auf die Behandlungsgrundsätze ein; Kapitel 9 enthält einen Leitfaden, der erklärt, welche Muskeln im Hinblick auf Ihre eigenen Kopfschmerzen oder kraniomandibulären Schmerzen als kausale Faktoren infrage kommen und welche Kapitel Sie daher durcharbeiten sollten. Kapitel 10 bis 18 helfen Ihnen, die spezifischen Muskeln zu identifizieren, die Ihre Kopfschmerzen oder CMD-Schmerzen verursachen. Diese Kapitel enthalten Listen von häufigen Symptomen für bestimmte Triggerpunkte, geben nützliche Hinweise darauf, welche Tiggerpunkte bei Ihnen relevant sein können, und sie beschreiben Selbstbehandlungstechniken und Stretching-Übungen.
Beginnen Sie mit Teil II, in dem es um Triggerpunktursachen und chronifizierende Faktoren geht, bitte erst, nachdem Sie Teil I gelesen haben. Allerdings kann es eine Weile dauern, die chronifizierenden Faktoren, die in Ihrem spezifischen Fall zum Tragen kommen, zu erkennen und sie dann zu beseitigen. Währenddessen sollten Sie bereits Ihre Triggerpunkte durch das Ausüben von Druck behandeln, und daher können Sie ruhig schon anfangen, Teil III zu lesen, bevor Sie mit Teil II fertig sind. Bevor Sie jedoch beginnen, die in Kapitel 10 bis 18 erklärten Techniken zur Selbstbehandlung anzuwenden, sollten Sie die in Kapitel 8 beschriebenen Behandlungsgrundsätze gründlich durcharbeiten und dann in Kapitel 9 nachlesen, wie Sie die Muskeln erkennen, die Ihre Kopfschmerzen verursachen. Auf jeden Fall sollten Sie den gesamten Teil II sobald wie möglich vollständig durchlesen, denn wahrscheinlich spielt eine Kombination der darin beschriebenen chronifizierenden Faktoren auch in Ihrem Fall eine Rolle. Sie werden Ihre Triggerpunkte (und folglich Ihre Kopfschmerzen) nicht dauerhaft beseitigen können, wenn Sie sich nicht um all die Dinge kümmern, die sie verursachen und intensivieren – und daher ist es wichtig, dass Sie Teil II vollständig lesen und genau überlegen, ob jeder einzelne Faktor möglicherweise in Ihrem Fall zum Tragen kommt.
Die in diesem Buch beschriebenen Verfahren sind keine schnelle Patentlösung! Es gibt keine Technik, mit der Sie in einer Viertelstunde und in fünf einfachen Schritten Ihre Schmerzen loswerden könnten. Ich empfehle Ihnen, Ihre Triggerpunkte nach Möglichkeit durch einen Therapeuten identifizieren zu lassen, der in der Behandlung von Triggerpunkten ausgebildet ist, etwa ein Therapeut für neuromuskuläre Massage oder vielleicht einen Physiotherapeuten, und dieses Buch als Ergänzung zur Therapie zu nutzen. Meiner Erfahrung nach bessert sich der Zustand von Patienten, die sich ergänzend zu einer professionellen Therapie zu Hause selbst behandeln, mindestens fünfmal so schnell wie bei Leuten, die ausschließlich professionell behandelt werden.
Vielleicht haben Sie auch das Pech und finden keinen geeigneten Therapeuten. Ohne professionelle Beratung dauert es zwar länger, bis Sie Ihre Triggerpunkte gefunden haben, aber mithilfe dieses Buches werden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit Ihre Triggerpunkte selbst lokalisieren können. In diesem Fall sollten Sie die folgenden Kapitel durchlesen, nach den entsprechenden Triggerpunkten suchen und dann regelmäßig die beschriebenen Selbsthilfetechniken einsetzen, bis Ihre Schmerzen verschwunden sind. Stellen Sie sich folgende Frage: „Will ich einen Teil meiner Freizeit opfern, um an der Linderung meiner Schmerzen zu arbeiten?“ Wenn Sie diese Frage mit „Ja“ beantworten, werden die in diesem Buch präsentierten Informationen sehr nützlich sein.
Achten Sie darauf, sich realistische Ziele zu setzen. Konzentrieren Sie sich jeweils auf einige wenige Muskeln – es sei denn, es gibt einen guten Grund, an mehreren Muskeln gleichzeitig zu arbeiten. Wenn Sie sich unrealistische Ziele setzen, kann das dazu führen, dass Sie sich schnell entmutigt fühlen und aufgeben. Es ist besser, sich auf einige wenige Dinge zu konzentrieren und sie gut zu machen, anstatt eine größere Zahl von Selbsthilfetechniken oder Empfehlungen oberflächlich und nachlässig umzusetzen. Sie werden es wohl kaum in der ersten Woche schaffen, fünf verschiedene Muskeln durch Druck und Stretching zu behandeln, sich die richtige Atmung und Körperhaltung anzugewöhnen, Ihr gesamtes Mobiliar am Arbeitsplatz auszutauschen, Ihre Ernährung umzustellen und jeden Tag ein Stück spazieren zu gehen. Wählen Sie ein Tempo, mit dem Ihnen der Behandlungsprozess Spaß macht, und nehmen Sie sich genug Zeit, um an den chronifizierenden Faktoren zu arbeiten.
Falls Sie mit einem Therapeuten zusammenarbeiten, sollte Ihnen dieser dabei helfen können, die durchzuführenden Maßnahmen nach Wichtigkeit einzustufen und nach Priorität zu ordnen. Falls er Ihnen zu viele Dinge auf einmal aufgibt, sagen Sie ihm, Sie würden sich überfordert fühlen und müssten Prioritäten setzen. Einem „frisch gebackenen“ Therapeuten, der gerade seine Ausbildung abgeschlossen hat und vor nützlichen Ideen und Ratschlägen nur so strotzt, kann es leicht passieren, dass er einem Patienten zu viele Dinge auf einmal aufgibt.
Dieses Buch enthält Hunderte von Empfehlungen. Wenn Sie in Teil II die chronifizierenden Faktoren durchlesen sowie die Abschnitte „Nützliche Hinweise“ in den Kapiteln über die Muskeln, die Sie als potenzielle Ursachen für Ihre Schmerzfelder erkannt haben, markieren Sie darin alles, was für Ihren Fall relevant sein könnte. Und dann sollten Sie genug Zeit für das Erreichen Ihrer Ziele einplanen. Die Behandlung von Schmerzen ist wie Detektivarbeit – sowohl die Ursachen Ihrer Schmerzen als auch die therapeutischen Maßnahmen, durch die sie beseitigt werden können, unterliegen einer für Sie typischen, einzigartigen Kombination von Faktoren. Dieses Buch gibt Ihnen zahlreiche Hilfsmittel an die Hand, die Ihren Selbsterfahrungsprozess auf dem Weg zur Heilung Ihrer Schmerzen erleichtern können.
In diesem Kapitel werden Sie erfahren, was Triggerpunkte sind, wie sie entstehen und wie es sich anfühlt, wenn man Druck auf sie ausübt. Sie werden außerdem erfahren, wie Triggerpunkte Schmerzen auf andere Teile des Körpers ausstrahlen, die weit entfernt vom jeweiligen Triggerpunkt liegen, welche anderen Symptome – neben Schmerzen – sie verursachen können und was geschieht, wenn sie nicht behandelt werden.
Die Muskulatur ist das größte Organ des menschlichen Körpers, auf das in der Regel etwa 50 Prozent des Körpergewichts entfallen. Es gibt ungefähr 400 Muskeln im menschlichen Körper (erstaunlicherweise variiert diese Zahl von einer Person zur anderen), und jeder von ihnen kann Triggerpunkte entwickeln, die möglicherweise ausgestrahlte Schmerzen und Funktionsstörungen verursachen. Die Symptome können von schmerzfreier Behinderung von Bewegungen und schiefer Körperhaltung bis hin zu unerträglichen, quälenden Schmerzen variieren.
Knoten, Hartspannstränge und Überempfindlichkeit im Muskel
Muskeln bestehen aus zahlreichen Muskelzellen (oder Muskelfasern), die durch Bindegewebe gebündelt und davon umgeben sind. Jede Faser enthält zahlreiche Myofibrillen (Muskelfibrillen). Die meisten Skelettmuskeln enthalten etwa ein- bis zweitausend Myofibrillen, und jede Myofibrille besteht aus einer Kette von Sarkomeren (Muskelfasersegmenten), die an ihren Enden miteinander verbunden sind. Muskelkontraktionen finden in den Sarkomeren statt. Wenn ein Triggerpunkt vorhanden ist, sind viele Sarkomere in einem kleinen, verdickten Bereich kontrahiert (zusammengezogen), und die restlichen Sarkomere der betreffenden Myofibrille sind überdehnt und daher schmal. Mehrere solcher Kontraktionen im selben Bereich machen sich häufig als „Knoten“ oder „Hartspannstränge“ im Muskel bemerkbar. Diese Muskelfasern können nicht mehr genutzt werden, da sie bereits kontrahiert sind, und daher können Muskeln, die Triggerpunkte enthalten, nicht gekräftigt werden.
Triggerpunkte sind normalerweise sehr druckempfindlich. Die anhaltende Kontraktion einer Fibrille führt wahrscheinlich zur Freisetzung von sensibilisierenden neurochemischen Botenstoffen (körpereigenen Substanzen, die auf das Nervensystem wirken), die den Schmerz erzeugen, den man spürt, wenn Druck auf den Triggerpunkt ausgeübt wird. Die Intensität solcher Schmerzen kann variieren – abhängig davon, wie stark der Muskel belastet wird. Die Schmerzintensität kann auch als Reaktion auf das Einsetzen eines der anderen chronifizierenden Faktoren schwanken – durch emotionale Faktoren, eine Krankheit oder durch Schlaflosigkeit.
Gesunde Muskeln enthalten normalerweise keine Knoten oder Hartspannstränge, sind nicht druckempfindlich und fühlen sich – wenn sie nicht im Einsatz sind – weich und nachgiebig an, im Gegensatz zu der verhärteten und angespannten Muskulatur, die sich bei Menschen findet, die unter chronischen Schmerzen leiden. Häufig erzählen mir Patienten, ihre Muskeln würden sich hart und angespannt anfühlen, weil sie trainieren und Kraftübungen machen, aber gesunde Muskulatur fühlt sich weich und nachgiebig an – auch dann, wenn man trainiert.
Ausgestrahlte Schmerzen
Triggerpunkte können Schmerzen sowohl in die nähere Umgebung als auch in andere Bereiche des Körpers ausstrahlen. Die häufigsten Ausbreitungswege sind ausführlich dokumentiert und grafisch dargestellt worden; sie werden als Ausstrahlungsmuster oder Schmerzfelder bezeichnet. Etwa 50 Prozent aller Triggerpunkte befinden sich nicht dort, wo Sie die Symptome spüren. Das bedeutet, dass Sie wahrscheinlich keine Linderung erreichen, wenn Sie nur die Bereiche behandeln, in denen Sie Schmerzen haben. Teil III enthält Abbildungen der häufig auftretenden Ausstrahlungsmuster, die Sie mit Ihren eigenen Schmerzfeldern vergleichen können; das hilft Ihnen, die Triggerpunkte zu finden, die Ihre Schmerzen verursachen. Ohne zu wissen, dass Sie an einer bestimmten Stelle suchen müssen, werden Sie wahrscheinlich keine Linderung erreichen. So können zum Beispiel Triggerpunkte im oberen Bereich des Trapezmuskels (M. trapezius oder Kappenmuskel, verläuft zwischen Nacken und Schulter) Schmerzen in den Schläfen, an der Schädelbasis, im Kiefergelenk und in manchen Fällen über den Ohren oder über den Augen verursachen.
Wenn Sie auf einen solchen Triggerpunkt Druck ausüben, können Sie häufig den ausgestrahlten Schmerz oder andere Symptome reproduzieren. Wenn das allerdings nicht gelingt, bedeutet das keineswegs, dass dieser spezifische Triggerpunkt nicht an der Entstehung der Schmerzen beteiligt ist. Versuchen Sie trotzdem, den Triggerpunkt zu behandeln, der möglicherweise das Problem verursacht, und falls sich eine Besserung einstellt – auch vorübergehend –, können Sie davon ausgehen, dass dieser Triggerpunkt tatsächlich zumindest ein Teil des Problems ist. Aus diesem Grund sollten Sie nicht in ein und derselben Sitzung sämtliche infrage kommenden Triggerpunkte behandeln, denn in diesem Fall können Sie, falls sich Linderung einstellt, nicht wissen, welcher der behandelten Triggerpunkte tatsächlich die Ursache war.
Ausgestrahlte Kribbel-, Taubheits- oder Hitzegefühle werden häufig von Triggerpunkten verursacht, die einen Nerv einengen oder drücken. So verläuft zum Beispiel der Hüftnerv (N. ischiadicus) entweder unter dem birnenförmigen Muskel (M. piriformis) oder durch ihn hindurch und verursacht dadurch einen ischiasartigen Hüftschmerz, der einem echten Ischias sehr ähnlich ist (Travell & Simons, 1983).
Muskelschwäche und -ermüdung
Triggerpunkte führen zu Schwäche und Koordinationsverlust in den betroffenen Muskeln bis hin zur völligen Einschränkung der Muskelbewegung. Viele Menschen deuten dies als Zeichen, dass sie die geschwächten Muskeln kräftigen sollten. Wenn aber die Triggerpunkte nicht vorher deaktiviert worden sind, werden Kraftübungen (Konditionierung) wahrscheinlich die umgebenden Muskeln dazu anregen, die Arbeit der von Triggerpunkten betroffenen Muskeln zu verrichten, wodurch diese Muskeln noch mehr geschwächt und dekonditioniert werden.
Muskeln, die Triggerpunkte enthalten, ermüden leichter und entspannen sich nicht so schnell, wenn sie nicht mehr eingesetzt werden. Außerdem können Triggerpunkte bewirken, dass sich in den Bereichen, in denen Sie ausgestrahlte Schmerzen spüren, andere Muskeln anspannen und geschwächt werden – sogar ein ganzer Körperbereich kann sich als Reaktion auf den Schmerz verspannen.
Weitere Symptome
Triggerpunkte können Symptome verursachen, die normalerweise nichts mit Problemen der Muskulatur zu tun haben, zum Beispiel Schwellungen, Ohrgeräusche (Tinnitus), Gleichgewichtsstörungen, Schwindelgefühle, häufigen Harndrang, Einknicken der Knie, starkes Schwitzen oder Tränen der Augen. Sie können zu steifen Gelenken, Müdigkeit, allgemeiner Mattigkeit, Zuckungen, Zittern, lokalen Taubheitsgefühlen oder anderen ungewöhnlichen Empfindungen führen. So kann zum Beispiel der Kopfwendermuskel (M. sternocleidomastoideus) nicht nur Spannungskopfschmerz verursachen, sondern auch Schwindel- oder Übelkeitsgefühle, Verstopfung der Nasennebenhöhlen, Zuckungen der Augenlider, Hörstörungen, Sehstörungen, chronische Halsschmerzen und andere Symptome. Wahrscheinlich würden Sie nicht auf die Idee kommen, dass solche Symptome durch einen Triggerpunkt in einem Muskel verursacht werden können.
Aktive Phase versus latente Phase
Ein Triggerpunkt kann sich entweder in einer aktiven oder einer latenten Phase befinden, je nachdem, wie gereizt er ist. Wenn der Triggerpunkt aktiv ist, strahlt er Schmerzen und andere Empfindungen aus und schränkt die Bewegungsfreiheit ein. Wenn der Triggerpunkt latent ist, kann er die Bewegungsfreiheit beeinträchtigen und Schwäche verursachen, aber keine Schmerzen. Je häufiger und intensiver Ihre Kopfschmerzen sind, desto mehr aktive Triggerpunkte haben sie wahrscheinlich.
Triggerpunkte, die durch äußere Einwirkung auf einen Muskel entstehen, etwa durch eine Verletzung, sind normalerweise zunächst aktiv. Auch durch ungünstige Körperhaltung oder Bewegungsabläufe, wiederholte Beanspruchung oder eine gereizte Nervenwurzel können aktive Triggerpunkte entstehen. Ein aktiver Triggerpunkt kann nach einiger Zeit aufhören, Schmerzen auszustrahlen, und somit latent werden. Allerdings können solche latenten Triggerpunkte sehr leicht wieder aktiv werden, was Sie zu der irrigen Annahme verleiten kann, Sie hätten es mit einem neuen Problem zu tun. Tatsächlich handelt es sich aber um ein altes – womöglich schon längst vergessenes – Problem, das sich erneut bemerkbar macht. Latente Triggerpunkte können durch übermäßige Beanspruchung, Überdehnung oder Unterkühlung eines Muskels wieder aktiviert werden. Jeder der in Teil II beschriebenen chronifizierenden Faktoren kann vorher latente Triggerpunkte aktivieren und Sie für die Entstehung neuer Triggerpunkte durch äußere Einwirkung auf die Muskulatur anfälliger machen.
Latente Triggerpunkte können auch allmählich entstehen, ohne ursprünglich aktiv zu sein und ohne dass man sie überhaupt bemerken würde. In einer Studie mit 13 gesunden Teilnehmern, bei denen jeweils die gleichen acht Muskeln untersucht wurden (Simons, 2003), stellte sich heraus, dass zwei Probanden latente Triggerpunkte in sieben dieser Muskeln aufwiesen, eine Person hatte welche in sechs Muskeln, drei in fünf Muskeln, zwei in drei Muskeln, zwei in zwei Muskeln und nur eine Versuchsperson hatte überhaupt keine latenten Triggerpunkte in keinem einzigen der acht Muskeln! Das heißt, dass die meisten Leute zumindest einige latente Triggerpunkte haben, die leicht zu aktiven Triggerpunkten werden können. Ebenso zeigt dies, dass manche Leute anfälliger für Muskelschmerzen sind als andere (Simons, 2003).
Lage von Triggerpunkten in der Muskulatur
Triggerpunkte entstehen häufig dort, wo das Nervenende, das den jeweiligen Muskel zur Kontraktion veranlasst, mit der Muskelfaser verbunden ist, meist in der Mitte dieser Muskelfaser. In solchen Fällen spricht man von zentral-myofaszialen Triggerpunkten. Auch an den Muskelansätzen entstehen häufig Triggerpunkte; diese werden als Muskelansatz-Triggerpunkte bezeichnet. Da Sie vielleicht nicht wissen, wo die Mitte der Muskelfaser ist oder wo sich die Muskelansätze befinden, empfehle ich Ihnen, sich die Muskeldiagramme in Teil III anzusehen und zu versuchen, den ganzen Muskel zu behandeln, sodass Sie keinen der Triggerpunkte im betreffenden Muskel verfehlen können.
Ein primärer oder Schlüssel-Triggerpunkt kann die Entwicklung eines sekundären oder Satelliten-Triggerpunktes in einem anderen Muskel verursachen. Er kann entstehen, weil er sich im Ausstrahlungsbereich des Primärtriggerpunktes befindet. In anderen Fällen kann der Muskel mit dem Satelliten-Triggerpunkt überlastet sein, weil er einen Teil der Arbeit des Muskels mit dem Primärtriggerpunkt erledigt oder der Spannung in jenem Muskel entgegenwirkt. Wenn Sie sich selbst behandeln, machen Sie sich bewusst, dass manche Ihrer Triggerpunkte Satelliten-Triggerpunkte sein können; in diesem Fall werden Sie sie nicht wirkungsvoll behandeln können, bevor die verursachenden Primärtriggerpunkte behandelt worden sind. Teil III enthält weiterführende Informationen zu diesem Problem.
Wenn Menschen Schmerzen bei sich feststellen, warten sie normalerweise zunächst einmal ab, ob das Problem von selbst wieder verschwindet. Manchmal realisiert sich diese Hoffnung, manchmal nicht. Das Problem bei diesem Abwarten ist, dass Muskeln geschädigt werden können, wenn Triggerpunkte nicht behandelt werden, und letztlich kann durch Veränderungen des zentralen Nervensystems ein Teufelskreis der Schmerzen entstehen. Durch diese Beteiligung des zentralen Nervensystems lässt sich wahrscheinlich erklären, warum Sie unter chronischem Kopfschmerz und anderen Schmerzen leiden.
Schädigungen von Muskelfasern
Erinnern Sie sich daran, dass Triggerpunkte dazu führen, dass Myofibrillen teilweise kontrahiert bleiben? Wenn dieser Zustand zu lange anhält, kann die Myofibrille in der Mitte reißen, woraufhin die losen Enden sich zusammenziehen und in der Mitte eine leere Schale zurückbleibt. Solchermaßen geschädigte Muskelfasern können sich nicht regenerieren und werden nicht wieder einsatzbereit sein (Simons, Travell & Simons, 1999).
Nervenbahnungen
Wenn Schmerzen wiederholt über dieselbe Nervenleitung übertragen werden, führen sie eine Nervenbahnung herbei. Das bedeutet, dass der Schmerz bevorzugt immer wieder über diese Nervenleitung übertragen wird, wann immer eine neue Verletzung oder eine andere Belastung in einem bestimmten Bereich des Körpers auftritt. Erinnern Sie sich daran, dass die am häufigsten auftretenden Ausstrahlungsmuster ausführlich dokumentiert und grafisch dargestellt worden sind? Eine Nervenbahnung kann dazu führen, dass das Schmerzfeld von den häufigsten Mustern abweicht. Sie kann auch dazu führen, dass mehrere Triggerpunkte in verschiedenen, aber benachbarten Muskeln Schmerzen in denselben Bereich ausstrahlen, wodurch es noch schwieriger wird, den tatsächlichen Ursprung der ausgestrahlten Schmerzen festzustellen. Das bedeutet, dass Sie die Rolle eines potenziellen Triggerpunktes nicht allein aufgrund verbreiteter Ausstrahlungsmuster sicher ausschließen sollten, da andere Faktoren bei Ihnen ein ungewöhnliches Schmerzfeld bewirken können. Je intensiver die ursprünglichen Schmerzen und die damit verbundenen Emotionen sind, desto wahrscheinlicher wird eine solche Nervenbahnung Abweichungen von den häufigsten Ausstrahlungsmustern herbeiführen (Simons, Travell & Simons, 1999).
Sensibilisierung des zentralen Nervensystems