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Über dieses Buch:

Russland im 18. Jahrhundert: Veruschka wird von dem geheimnisvollen Grafen Zima auf einen Ball eingeladen. Außerstande das Angebot abzulehnen, begibt sie sich voller Ungewissheit, was sie dort erwartet, zum Schloss. Schon bald kommt ihr der Graf gefährlich nahe und will sie verführen. Doch was sie nicht weiß: Er ist der König des Winters und seine Liebe bedeutet den Tod.

Geheimnisvoll, verführerisch und übersinnlich schön: ein erotischer Roman für die Sinne!

Über die Autorin:

Kerstin Dirks, 1977 in Berlin geboren, hat eine Ausbildung zur Bürokauffrau absolviert und Sozialarbeit studiert. Sie schreibt seit mehreren Jahren erotische Romane, historische Liebesromane und Fantasy.


Kerstin Dirks veröffentlicht bei venusbooks auch:

Die Wildkirsche
Die Condannato-Trilogie – Erster Band: Begierde des Blutes
Die Condannato-Trilogie – Zweiter Band: Zähmung des Blutes
Die Condannato-Trilogie – Dritter Band: Rebellion des Blutes

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eBook-Neuausgabe Februar 2015

Ein eBook des venusbooks Verlags. venusbooks ist ein Verlagslabel der dotbooks GmbH, München.

Copyright © der Originalausgabe 2014 dotbooks GmbH, München

Copyright © der Lizenzausgabe 2015 venusbooks GmbH, München

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Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nicola Bernhart Feines Grafikdesign, München

Titelbildabbildung: © stryjek – Fotolia.com

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95885-069-9

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Kerstin Dirks

Eiszart

Erotischer Roman



venusbooks

Alle taten, als hätten sie schon einmal von Graf Zima gehört.

»Er ist ein ehrenwerter Mann! Eine gute Partie.«

»Du solltest dich geehrt fühlen, dass er dich zum Ball eingeladen hat.«

»Wie er wohl auf dich gekommen ist? Du bist doch nichts Besseres als wir. Nur ein einfaches Mädchen aus einfachem Haus.«

Das stimmte. Niemand nahm sonst von ihr Notiz. Niemand hatte ihr je geschrieben, geschweige denn sie eingeladen. Veruschka blickte in die Runde. Onkel und Tante sowie ihre drei Cousinen hatten an dem alten Holztisch Platz genommen. Das Feuer knisterte im Kamin. Die Flammen flackerten im immer selben Rhythmus. Es war ein Abend wie jeder andere. Nur lag an diesem Abend das Schreiben des Grafen auf ihrem Tisch. Mit Siegel und Unterschrift! Keiner in der Familie konnte flüssig lesen, niemand außer Veruschka, die es sich selbst beigebracht hatte.

»Wir sind nur Bauern, wir müssen nicht lesen können. Das ist doch alles Firlefanz«, hatte der Onkel immer gesagt. »Wichtiger ist es, etwas im Magen zu haben. Von Buchstaben wird niemand satt.«

An diesem Abend aber schien sich ihre Einstellung geändert zu haben. Alle waren neugierig und aufgeregt. Veruschka hatte den Brief gleich zwei Mal vorlesen müssen.

»Ein Mann von Adel! Das will was heißen!«

»Du Glückliche, ich beneide dich.«

»Bald wirst du teure Gewänder tragen, nicht mehr diese alten Lumpen.«

Veruschka hörte ihren Verwandten nicht länger zu, die unentwegt Wodka in sich hineinschütteten und bereits von einer Hochzeit träumten, die es niemals geben würde. Denn sie war diesem ominösen Grafen nie begegnet. Niemand in dieser Gegend kannte seinen Namen, auch wenn ihre Verwandten etwas anderes behaupteten. Wahrscheinlich war das Schreiben eine Fälschung, der Mann, der es aufgesetzt hatte, ein Betrüger. Vermutlich ahnte die Familie das sogar, und wollte Veruschka lediglich loswerden. Schließlich lebte die junge Frau seit ihrem dritten Lebensjahr bei Onkel und Tante. Und in dieser Zeit hatte Veruschka oft das Gefühl verspürt, nicht willkommen zu sein. Sie stellte eine Belastung dar. Ein weiteres Kind bedeutete ein weiteres Maul, das gestopft werden wollte. Ihre Familie war immer arm gewesen.

»Wenn du ihn heiratest, kannst du uns endlich alles zurückzahlen.«

Veruschka schob ihren Stuhl zurück und ging zur Tür. Sie konnte dieses Gerede nicht länger ertragen, und sie würde auch gewiss nicht der Einladung des Grafen folgen. Bälle interessierten sie nicht im Geringsten. Noch weniger wollte sie sich an einen Fremden verkaufen lassen.

»Bist du verrückt, draußen tobt ein Schneesturm!«, rief ihr die Tante nach, aber Veruschka kümmerte das wenig. Sie fürchtete die Kälte nicht.

»Dieser Winter ist der härteste seit Jahren. Verdammter Winter«, hörte sie noch den Onkel durch die längst geschlossene Tür schimpfen, dann zog sie ihren Schal fest um den Hals und ging ein paar Schritte über den Hof, der ganz und gar von weißem Flies bedeckt war. Der Schnee glitzerte wie ein Meer aus Diamantenstaub im Licht des Mondes. In sanften Schwaden rieselten Eiskristalle auf die Erde. Sie sahen aus wie winzige Edelsteine. Einfach wunderschön.

Veruschka verstand nicht, was alle gegen den Winter hatten. Für sie war es die schönste Jahreszeit. Sie liebte den Anblick der strahlend weißen Welt. Auf jedem Zweig lag eine weiße Mütze, und am Dach reihten sich die Eiszapfen wie Orgelpfeifen. Sie nahm eine Handvoll Schnee und formte daraus einen Ball. Früher hatten die Cousinen und sie Schneemänner gebaut, aus Kohlestücken und Rüben ein Gesicht geformt. Mittlerweile waren die Mädchen zu jungen Frauen herangereift, die im besten heiratsfähigen Alter waren. Und natürlich hofften Onkel und Tante darauf, dass eine jede von ihnen eine gute Partie machte. Deswegen war Graf Zima auch von besonderem Interesse für ihre Zieheltern, sie hofften wohl, der Glanz des Adels würde auch auf sie übergehen, wenn sich Veruschka mit ihm vermählte. Sie schüttelte den Kopf. Der feine Schnee, der sich in ihre dichten braunen Haare gesetzt hatte, die sie stets zu einem Knoten gebunden trug, rieselte wie Sternenstaub zu Boden.

Es ist nur eine Einladung zum Ball. Niemand sagt, dass er ein Interesse an mir hat, er kennt mich ja nicht einmal. Und was noch wichtiger war, Veruschka wollte gar nicht heiraten. Zumindest jetzt noch nicht. Sie wollte warten. Auf den einen. Schon als kleines Mädchen hatte sie davon geträumt, einen Mann zu heiraten, den sie von Herzen liebte. Onkel und Tante hielten das für Spinnerei. Eine wie sie sollte besser froh sein, wenn ein Mann sie überhaupt zur Frau nahm. Veruschka warf den Schneeball, so weit sie konnte, er zersprang am Stamm einer alten Taigalärche. Die Wucht des Aufpralls schüttete den Schnee von den Ästen des Baumes.

Veruschka ging immer weiter und weiter, stapfte unerschrocken durch den kniehohen Schnee. Etwas trieb sie mit aller Macht vom Haus ihrer Verwandten fort. Ein Ruf, eine Sehnsucht. Sie folgte bereitwillig.

Mit jedem Schritt spürte sie die Kälte mehr in ihren Gliedern, aber Veruschka biss die Zähne zusammen, so dass sie aufhörten zu klappern, und zog den Mantel fester um sich. Der Schneesturm wütete immer heftiger, und die Wolken ballten sich über ihr zusammen. Der Wind pfiff ihr lautstark um die Ohren, schon bald konnte sie nichts mehr sehen außer einer undurchdringlichen Schneewand.

Vielleicht sollte sie besser umkehren. Es schien, als würde die Luft gefrieren, sie in ein kristallenes Gefängnis zwängen. Veruschka drehte sich um, wollte zurückeilen, aber sie wusste nicht mehr, aus welcher Richtung sie gekommen war. Ihre Spuren im Schnee waren längst verwischt. Überall sah es gleich aus. Eine einzige weite Fläche Schnee. Panik ergriff von ihr Besitz. Wenn sie nicht zurückfand, würde sie erfrieren. Sie rannte erst in die eine Richtung, dann in die andere, aber völlig gleich, wohin sie lief, sie konnte das Haus nicht finden.

»Oh nein«, keuchte sie atemlos und hielt inne. Sie hatte sich verlaufen. Ausgerechnet in einer stürmischen Winternacht wie dieser! Wie hatte sie nur so töricht sein können, das Haus überhaupt zu verlassen? Die Kälte lähmte ihre Glieder, kroch hinauf bis zu ihrem Herzen, das immer langsamer und schwerfälliger pochte. Hätte sie nur auf ihre Tante gehört. Noch aber wollte Veruschka nicht aufgeben. In ihrer Brust schlug das Herz einer Kämpferin. Sie musste einen Unterschlupf finden. Eine Höhle. Irgendetwas, das ihr Schutz vor der beißenden Kälte bot. Sie zog den Schal über Nase und Mund und kämpfte sich abermals durch den Schneesturm. Der Wind tobte so fürchterlich, dass er ihr fast die Kleider vom Leib riss.

»Ist da jemand? Ich bin hier«, rief sie, so laut sie nur konnte. Aber als Antwort hörte sie nur das Heulen des Windes, das in ihren Ohren höhnisch, fast wie ein böses Lachen klang.

Veruschkas Kräfte ließen nach. Sie sank auf die Knie, rappelte sich gleich wieder auf, um noch ein paar Schritte zu gehen, und stürzte schließlich der Länge nach in den Schnee. Es war verführerisch, einfach liegen zu bleiben, sich der Kälte zu ergeben. Aber wenn sie jetzt einschlief, würde sie nicht mehr aufwachen. Die Eisflocken deckten sie zu, wahrscheinlich würde man sie erst im Frühjahr finden, wenn der Schnee dahinschmolz. Doch selbst das war ihr in diesem Moment egal. Die Kälte machte sie willenlos.

Aus der Ferne hörte sie ein leises Knarren, im nächsten Augenblick war es viel lauter, und kurz darauf drehte sie jemand herum, und sie blickte in das gütige Gesicht eines Mannes in Kutscheruniform.

»Was haben wir denn hier?«, fragte er überrascht und wischte ihr den Schnee von den Schultern. Veruschka konnte sich kaum bewegen, ihre Glieder waren steifgefroren, also trug er sie auf Händen zu einer edlen Kutsche, vor die zwei reinrassige Appaloosa gespannt waren.

»Wer seid … Ihr?« Veruschka konnte ihre eigene Stimme kaum hören, so leise und erschöpft klang sie. Ihr Retter verstand sie jedoch trotzdem. Er setzte sie einfach in die Kutsche, zog eine Flasche unter seinem Mantel hervor und reichte ihr diese.

»Ich bin Vladimir. Und du solltest besser das hier trinken!«

»Was ist das?«, fragte Veruschka misstrauisch. In der Kutsche war es so warm wie an einem Kaminfeuer. Sie spürte, wie ihre Glieder lebendig wurden. Es kribbelte schmerzhaft in ihren Zehen und Fingerspitzen.

»Wodka.« Er lächelte von einem Ohr bis zum anderen, und seine Pausbacken färbten sich rot.

»Ich … mag keinen Wodka.«

»Er wird dir helfen, nimm nur einen kleinen Schluck.«

Sie nickte und streckte die Hand nach der Flasche aus, aber ihre Finger waren trotz der erstaunlichen Wärme innerhalb der Kutsche noch viel zu steif. Also setzte er die Flasche an ihre Lippen und kippte ihr den brennenden Fusel die Kehle hinunter. Mit einem Mal wurde ihr so heiß, dass der Schweiß in Sturzbächen über ihre Stirn floss. Sie hustete und keuchte, schüttelte sich vor Ekel ob des intensiven Geschmacks, der noch immer auf ihrer Zunge lag.

»Du bist Veruschka Tereschkowa, nicht wahr?«, fragte Vladimir plötzlich.

»Ihr kennt mich?« Sie wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab, versuchte verzweifelt, den bitteren Nachgeschmack hinunterzuwürgen.

Vladimir nickte. »Ich bin dir schon einmal auf dem Markt begegnet, du hast mir ein Paar Stiefel verkauft. Diese hier.« Er deutete auf seine Lederstiefel. Veruschka erinnerte sich, aber aus irgendeinem Grund hatte sie geglaubt, Vladimir wäre schon vor einigen Wintern verstorben. Es stimmte sie froh, dass dem offenbar nicht so war. Vladimir holte eine Decke unter der Sitzbank hervor. »Hüll dich ein und halte dich gut fest.« Sie zweifelte daran, dass die Decke jetzt überhaupt noch nötig war, nahm sie aber dennoch an.

»Bringt Ihr mich nach Hause, ja?«

»Ich fahre dich ein Stück.« Er schloss die Kutschtür, und sie konnte durch das Fenster beobachten, wie er geradezu leichtfüßig auf den Bock sprang, die Zügel anzog, und dann ging es los. Die Pferde wieherten und schnaubten. In Windeseile rauschte die Kutsche durch den Schneesturm. Veruschka hüllte sich nun doch in die Decke und betrachtete die weißen Hügel, die wie im Rausch an ihr vorbeizogen. Der Schnee leuchtete hell in der Nacht, während alles um ihn herum in Schatten versank. Nach einer Weile wurde sie jedoch misstrauisch, sie hätten das Haus ihrer Familie längst erreichen müssen, stattdessen gerieten sie immer tiefer in die Taiga hinein. Offenbar hatte der Kutscher sich verfahren! Sie musste ihn auf seinen Irrtum aufmerksam machen. So steckte sie den Kopf durch das Kutschfenster, hielt ihren Schal fest, der vom immer stärker werdenden Sturm fast weggeweht wurde, und schrie gegen das Tosen an. »Vladimir! Das ist der falsche Weg! Kehrt bitte um!«

Der Kutscher aber reagierte nicht. Hörte er sie tatsächlich nicht, oder ignorierte er sie absichtlich? Wütend klopfte sie mit der flachen Hand auf das Kutschdach. Keine Reaktion. »Ich bitte Euch, haltet an!«

»Wir sind noch nicht am Ziel«, schrie er gegen den Sturm an. Offenbar konnte er sie ja doch hören. Aber von welchem Ziel sprach er?

»Bitte lasst mich gehen!«

Vladimir fuhr einfach weiter. Verärgert rüttelte Veruschka an der Tür, in der Absicht, zur Not auch während der Fahrt herauszuspringen, doch zu ihrem Schrecken ließ sich diese nicht öffnen, sie war verriegelt. Sie zog und zerrte an dem Knauf. Vergeblich. Wütend schlug sie mit der Faust gegen das Holz. Konnte sie es wagen, aus dem Fenster zu klettern und dann abzuspringen? Bei dem Versuch würde sie sich mit hoher Wahrscheinlichkeit den Hals brechen. Doch das war möglicherweise immer noch besser, als tatenlos herumzusitzen und abzuwarten, wohin dieser verrückte Kutscher sie bringen würde. Was hatte er nur mit ihr vor? Ihr schossen die furchtbarsten Gedanken in den Kopf.

Da bemerkte sie plötzlich, dass Vladimir die Geschwindigkeit drosselte. War er endlich zur Vernunft gekommen? Ließ er sie gehen? Die Karosse hielt an, und kaum einen Wimpernschlag später ging die Kutschtür auf, als wäre sie niemals verschlossen gewesen. Veruschka machte sich bereit, sofort herauszuspringen und dann so schnell wie möglich fortzulaufen, völlig gleich, wohin. Sie wusste ohnehin nicht, wo sie sich gerade befanden. Alles war besser, als sich von einem totgeglaubten Kutscher entführen zu lassen.

Doch noch ehe Veruschka einen Schritt in die Freiheit machen konnte, versperrte ihr eine Dame in einem edlen Kleid den Weg. Ihre Haare waren unter einer weißen, turmartigen Perücke verborgen, und auf ihrem Gesicht zeichneten sich mehrere Schichten Puder ab.