Es war zwei Tage später. Da, wo der Chelly-Arm sich in den Rio San Juan ergießt, welcher auch den Namen Rio del Navajos führt, gab es auf der Landzunge zwischen diesen beiden Flüssen ein ganz bedeutendes Indianerlager. Es mochten da wohl an die sechshundert Navajos versammelt sein, und zwar nicht zur Jagd, weil man da Zelte mitgebracht haben würde, die jetzt aber fehlten, sondern es handelte sich um einen Kriegszug, denn alle Gesichter waren mit den Kriegsfarben bemalt.
Die Stelle war außerordentlich gut zum Lager geeignet. Sie bildete ein Dreieck, welches an zwei Seiten von den beiden Flüssen eingefaßt und beschützt wurde und also nur von der dritten Seite angegriffen werden konnte. Gras gab es mehr als genug, Bäume und Sträucher auch, und an Wasser war nun vollends gar kein Mangel.
An langen Riemen, welche von Baum zu Baum gezogen worden waren, hingen lange, dünn geschnittene Fleischstücke zum Trocknen, der notwendige Proviant für den beabsichtigten Kriegszug. Die Roten lagen entweder unbeschäftigt im Grase oder sie badeten in einem der Flüsse.
Andre dressierten ihre Pferde und noch andre übten sich im Gebrauche ihrer Waffen.
In der Mitte des Lagers stand eine Hütte, welche aus Strauchwerk errichtet worden war. Eine lange Lanze, welche neben der Tür in der Erde steckte, war mit drei Adlerfedern geschmückt; die Hütte war also die Wohnung von Nitsas-Ini, dem obersten Häuptlinge des Navajovolkes. Er befand sich nicht im Innern, sondern saß vor derselben. Er war wohl noch nicht ganz fünfzig Jahre alt, von kräftiger, ebenmäßiger Gestalt und hatte, was wohl auffallen mußte, sein Gesicht nicht mit Farbe bestrichen. Daher waren die Züge desselben deutlich zu sehen. Man konnte das Resultat einer Betrachtung dieser Züge in das eine Wort zusammenfassen: edel. In seinem Blicke lag eine ungewöhnliche Intelligenz, eine Ruhe und Klarheit, welche man an Indianern sonst nicht zu beobachten pflegt, Er machte keineswegs den Eindruck eines wilden oder auch nur halbwilden Menschen. Wenn man nach der Ursache davon suchte, so brauchte man nur auf die Person zu blicken, welche an seiner Seite saß und sich mit ihm unterhielt ... eine Squaw.
Das war unerhört! Eine Squaw im Kriegslager, und noch dazu an der Seite des Häuptlings! Man weiß ja, daß selbst die geliebteste Indianerfrau es nicht wagen darf, öffentlich an der Seite ihres Mannes zu sitzen, falls derselbe eine nur einigermaßen hervorragende Stellung einnimmt. Und hier handelte es sich um den obersten Häuptling eines Stammes, welcher noch heutigen Tages im stande ist, fünftausend Krieger zusammenzubringen. Aber diese Frau war keine indianische Squaw, sondern eine Weiße, ja sogar eine Weiße von deutscher Abstammung; sie war, kurz sei es gesagt, Schi-Sos Mutter, welche den Häuptling der Navajos zum Manne genommen und einen so glücklichen, bildenden Einfluß über ihn gewonnen hatte, wie schon früher einmal erwähnt worden ist.
Vor diesen beiden stand, an den Sattel seines Pferdes gelehnt, ein langer, hagerer, aber sehr kräftig aussehender Mann, dessen Vollbart eine glänzend eisgraue Farbe angenommen hatte. Man mußte es ihm auf den ersten Blick ansehen, daß er nie gewohnt gewesen war, die Hände in den Schoß zu legen, und wohl mehr erfahren und erlebt hatte als tausend andre. Diese drei Personen sprachen miteinander, und zwar in deutscher Sprache. Auch der Häuptling bediente sich derselben, was sich freilich nur dadurch erklären ließ, daß seine Frau eine Deutsche war.
"Ich beginne nun auch, Sorge zu haben," sagte soeben der Eisgraue. "Unsre Kundschafter sind so lange fort, daß wir nun endlich eine Nachricht von ihnen haben müßten."
"Es muß ihnen ein Unglück begegnet sein," nickte die Frau.
"Das befürchte ich nicht," meinte der Häuptling. "Khastitine ist der beste Kundschafter des ganzen Stammes und hat neun erfahrene Späher mitbekommen; da kann mir nicht bange um sie sein. Wahrscheinlich sind sie nicht auf Nijoras gestoßen und müssen nun lange suchen, um Spuren von ihnen zu finden. Dabei haben sie sich zu teilen, um verschiedene Richtungen abzustreifen und dann ist es nicht leicht, sich wieder zusammenzufinden; wenigstens vergeht eine längere Zeit dabei."
"Wollen hoffen, daß es so ist! Also ich reite jetzt und darf mir einige Krieger mitnehmen?"
"Soviel wie du willst. Wer die Antilope jagen will, darf nicht allein reiten, sondern muß genug Leute haben, um sie müde zu treiben."
"So lebe wohl, Nitsas-Ini!"
"Lebe wohl, Maitso!"
Der Eisgraue bestieg sein Pferd und forderte im langsamen Fortreiten einige Indianer auf, mit ihm zu kommen. Sie waren gern bereit dazu, denn die Antilopenjagd ist ein Vergnügen, welches die Indianer jener Gegenden mit Leidenschaft betreiben. Er war von dem Häuptlinge Maitso genannt worden. Dieses Wort bedeutet in der Navajosprache so viel wie Wolf, woraus sich auch schließen ließ, daß dies der ursprüngliche deutsche Name dieses Mannes war. Denkt man daran, daß der junge Freund und Kamerad Schi-Sos Adolf Wolf hieß, so wird man leicht zu der Ahnung kommen, daß dieser Maitso der Onkel war, den Adolf aufsuchen wollte.
Der Graue ritt mit seinen indianischen Begleitern weit in die Ebene hinein, und es gelang ihnen, einige Antilopen zu erlegen. Auf dem Heimwege bemerkten sie, noch lange bevor sie das Lager erreicht hatten, drei Reiter, welche langsam aus östlicher Richtung geritten kamen; die Pferde derselben mußten einen langen und anstrengenden Weg zurückgelegt haben, denn man sah ihnen schon von weitem an, daß sie außerordentlich ermüdet waren.
Diese drei Reiter hielten, als sie den Trupp erblickten, ihre Pferde an, um zu beraten, ob es geraten sei, demselben zu trauen; dann kamen sie vollends herbei. Diese Leute waren Poller, Buttler und der Ölprinz.
"Guten Abend, Sir!" grüßte der letztere, da die Sonne schon tief im Versinken war. "Ihr seid ein Weißer, und darum kalkuliere ich, daß Ihr uns eine wahrheitstreue Auskunft geben werdet. Zu welchem Stamme gehören die Roten, welche da bei euch sind?"
"Zu den Navajos," antwortete Wolf, indem er die ihm Unbekannten mit nicht eben günstiger Miene musterte.
"Wer führt sie an?"
"Nitsas-Ini, der oberste Häuptling."
"Und Ihr? Wer seid Ihr? Ihr könnt doch unmöglich zu den Navajos gehören!"
"Warum nicht?"
"Weil Ihr ein Weißer seid."
"Pshaw! Es kann auch weiße Navajos geben. Ich wohne schon lange Jahre in ihrer Nähe und rechne mich auch zu ihnen."
"Wo sind sie jetzt?"
"Hm? Warum fragt Ihr so?"
"Weil wir es wissen müssen."
"Müssen? Das heißt, ich muß es Euch sagen? Kein Mensch muß, und ich muß erst recht nicht."
"Und dennoch werdet Ihr mir Auskunft geben. Wir wollen Nitsas-Ini aufsuchen, um ihm eine sehr wichtige Nachricht zu bringen."
"Von wem?"
"Von seinen Kundschaftern."
Wenn er geglaubt hatte, den Alten damit sofort zu ködern, so hatte er sich geirrt. Dieser sah ihn vielmehr noch mißtrauischer als vorher an und sagte:
"Kundschafter? Wüßte nicht, wo wir Kundschafter hätten!"
"Verstellt Euch nicht! Ihr dürft Vertrauen zu uns haben. Wir bringen wirklich eine sehr wichtige Botschaft von ihnen."
"Das von der Botschaft höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Ich setze den Fall, wir hätten wirklich einige Späher zu irgend einem Zwecke ausgesandt und diese hätten uns etwas zu berichten, meint Ihr, daß sie da auf den außerordentlichen Gedanken kommen würden, uns dies durch drei Bleichgesichter sagen zu lassen? Die würden uns wohl einen von sich schicken."
"Ja, wenn sie könnten!"
"Warum sollten sie nicht können?"
"Weil sie gefangen sind."
"Gefangen? Alle Teufel! Bei wem?"
"Bei den Nijoras."
"Hole Euch der Kuckuck! Leute, wie unsre Späher sind, nimmt man nicht so leicht gefangen."
"Sie sind es aber doch!"
"Wo?"
"Zwei Tagesritte von hier, aufwärts im Chellytale."
"Wie viele sind's?"
"Acht Mann."
"Stimmt leider nicht, stimmt wirklich nicht!"
"Donner und Doria, seid doch nicht so ungläubig! Ich weiß wohl, daß es zehn gewesen sind; aber es fehlen zwei, die von den Nijoras ausgelöscht worden sind."
"Ausgelöscht? Hört, Master, seht Euch vor! Keiner von euch dreien hat ein Gesicht, welches mir gefallen könnte. Wenn Ihr uns etwas sagt, so sorgt ja dafür, daß es wahr ist, sonst kann es Euch schlimm ergehen!"
"Ganz wie Ihr wollt! Wir sind gar nicht so sehr darauf erpicht, Euch einen solchen Dienst zu erweisen und dafür Grobheiten und Beleidigungen einzuernten!"
"Begehrt nicht so auf! Ihr habt keine Waffen und seid also ohne jede Hilfe. Es gehört gar keine übergroße Phantasie dazu, euch für Vagabunden zu halten."
"Weil wir Flüchtlinge sind!"
"Ach so! Woher kommt ihr denn?"
"Von den Nijoras, bei denen wir gefangen waren."
"Hm! Mitgefangene unsrer Kundschafter also?"
"Ja. Zuckt immerhin mit der Achsel! Ihr werdet es uns doch noch Dank wissen, daß wir zu Euch gestoßen sind. Ist Euch vielleicht das Gloomywater jenseits des Chelly bekannt?"
"Ja."
"Nun, gar nicht weit davon ist Euer Khastitine von Mokaschi mit noch einem Kundschafter erschossen worden, und die acht übrigen wurden am Gloomywater gefangen genommen und nach dem Chelly geschleppt. Dort gelang es uns dreien, die wir auch in die Hände der Nijoras geraten waren, zu entkommen. Nun glaubt mir oder glaubt mir nicht; es ist mir sehr egal!"
Jetzt, da Wolf den Namen Khastitine hörte, konnte er nicht länger zweifeln; er rief erschrocken aus:
"Khastitine erschossen? Ist das wahr? Und die andern Gefangenen? Alle Wetter, da steht es schlimm um sie!"
"O, es gibt noch andre, um die es ebenso schlimm steht!"
"Noch andre? Wen denn?"
"Winnetou, Old Shatterhand, Sam Hawkens und noch andre Westmänner; dazu eine ganze Gesellschaft deutscher Auswanderer."
"Seid Ihr toll!" stieß Wolf hervor. "Old Shatterhand und Winnetou auch gefangen?"
Da nahm sich auch Poller des Gespräches an, indem er antwortete:
"Noch mehr, viel mehr! Schi-So ist auch dabei; er kommt aus Deutschland mit einem andern jungen Manne, welcher Adolf Wolf heißt."
Da brüllte der Alte förmlich heraus:
"Adolf Wolf? Ein Deutscher? Wißt Ihr das genau?"
"Natürlich weiß ich es. Ich bin ja der Führer der ganzen Gesellschaft gewesen; ich kann deutsch sprechen und habe mir ihr Vertrauen erworben."
"Mein Himmel! Da muß ich Euch sagen, daß ich der Oheim dieses Adolf Wolf bin. Er will zu mir. Also er gefangen, und Schi-So auch? Schnell, schnell, kommt zum Häuptling! Ihr müßt uns alles erzählen, und dann brechen wir sofort auf, um Hilfe zu bringen."
Er gab seinem Pferde die Sporen und galoppierte davon, dem Lager zu. Die drei Weißen folgten ihm, indem sie verstohlen befriedigte Blicke unter sich wechselten. Den Schluß bildeten die Indianer. Es lag Poller, Buttler und dem Ölprinzen nur daran, sich hier bei den Navajos Waffen und Munition zu holen und dann schleunigst weiter zu reiten. Sie sagten sich natürlich, daß sie verfolgt würden, und hegten keineswegs die Absicht, sich ergreifen zu lassen. Da hatten sie nur mit zwei Möglichkeiten zu rechnen. Entweder gelang es ihnen, den Navajos bald, nachdem sie von diesen ausgerüstet worden waren, wieder zu entwischen, das war das Wünschenswerteste, oder man ließ sie nicht fort, sondern zwang sie, wieder umzukehren und mit gegen die Nijoras zu ziehen. In diesem Falle galt es vor allen Dingen, Zeit zu gewinnen, um eine passende Gelegenheit zur Flucht abzuwarten. Dies konnte aber nur dadurch geschehen, daß das Zusammentreffen der Navajos mit Old Shatterhand und seinen Leuten verhindert wurde. Wie dies anzufangen war, darüber dachte der Ölprinz jetzt während des Rittes nach dem Lager nach. Erst wollte ihm nichts einfallen, schließlich aber kam ihm doch ein passender Gedanke: Old Shatterhand und Winnetou befanden sich mit ihren Begleitern auf der linken Seite des Chellyflusses; wenn man die Navajos veranlaßte, auf dem rechten Ufer zu bleiben, so wurde das Zusammentreffen jedenfalls um mehrere Tage hinausgeschoben, und es stand zu erwarten, daß sich während dieser Zeit eine Gelegenheit zum Entrinnen finden werde. Darum instruierte der Ölprinz seine beiden Freunde mit gedämpfter Stimme, so daß der voranreitende "Wolf" es nicht hören konnte:
"Laßt mich reden, wenn wir gefragt werden, und merkt euch vor allen Dingen das eine: Wir haben uns nicht am linken, sondern am rechten Ufer des Flusses befunden, und auf derselben Seite befindet sich auch Old Shatterhand mit seinen Leuten."
"Warum das?" erkundigte sich Buttler.
"Werde es dir später erklären; jetzt ist keine Zeit dazu."
Er hatte recht, denn die Reiter näherten sich eben jetzt dem Lager. Die in demselben befindlichen Indianer blickten verwundert auf die drei fremden Weißen, denn sie hatten in dieser abgelegenen Gegend und jetzt, wo das Kriegsbeil ausgegraben worden war, keine Bleichgesichter vermuten können. Wolf ritt mit diesen bis an das Zelt des Häuptlings, welcher wie vorher vor dem Eingange saß, stieg da von seinem Pferde und meldete:
"Ich habe diese weißen Männer getroffen und zu dir gebracht, weil sie eine sehr wichtige Botschaft für dich haben."
Nitsas-Ini, der "Große Donner", betrachtete die drei Ankömmlinge, welche auch aus ihren Sätteln sprangen, und fragte dann den Wolf:
"Hast du sie als Freunde begrüßt?"
"Ja."
Da zog der Häuptling seine Stirn in Falten und meinte:
"Ein geübtes Auge sieht es schon dem Baume an seiner Rinde an, wenn er innerlich faul ist. Du hast deine Augen nicht offen gehabt."
Die drei Weißen hatten also keinen guten Eindruck auf ihn gemacht; sie hätten taub sein müssen, um dies seinen Worten nicht anzuhören. Der Ölprinz trat nahe zu ihm heran und sagte in halb höflichem und halb vorwurfsvollem Tone:
"Es gibt Bäume, welche innerlich gesund sind, obgleich ihre Rinde krank zu sein scheint. Der "Große Donner" mag erst dann über uns urteilen, wenn er uns kennen gelernt hat!"
Die Falten in der Stirn des Häuptlings vertieften sich, und seine Stimme klang streng abweisend, als er antwortete:
"Es sind mehrere hundert Sommer vergangen, seit die Bleichgesichter in unser Land gekommen sind; wir haben also Zeit genug gehabt, sie kennen zu lernen. Es gab nur wenige unter ihnen, welche Freunde der roten Männer genannt werden konnten."
"Zu diesen gehören wir; das werden wir Euch beweisen."
"Wenn ihr dies könnt, so wird es zu eurem Glücke sein!"
"Zu unserm Glücke? Ich denke, wir haben hier bei Euch nichts zu befürchten, weil Mr. Wolf uns freundlich aufgenommen hat!"
"Was er getan und gesprochen hat, bindet die roten Männer nicht. Ich bin der oberste Häuptling der Navajos, bei denen ihr euch befindet, und euer Schicksal hängt nicht von seinem Willen ab, sondern von dem, was ich über euch bestimme."
Bei diesen Worten wurde es den drei Männern bange; der Ölprinz ließ sich dies aber nicht merken, sondern fuhr in zuversichtlichem Tone fort:
"Ich habe gehört, daß der "Große Donner" ein gerechter und weiser Anführer ist; er wird Krieger, welche zu ihm gekommen sind, um ihn und seine Leute zu retten, nicht feindlich behandeln."
"Ihr uns retten?" fragte der Häuptling, indem er sein Auge abermals geringschätzig über ihre Gestalten gleiten ließ. "Wer gerettet werden soll, muß sich in einer Gefahr befinden."
"Dies ist freilich der Fall."
"So sagt, was für eine Gefahr es ist, aus welcher ihr uns erlösen wollt!"
"Die Gefahr vor den Nijoras."
"Pshaw!" rief er unter einer wegwerfenden Handbewegung aus. "Die Nijoras sind Männer, welche wir zertreten werden!"
"Das denkest du, aber sie sind euch an Zahl weit überlegen."
"Und wenn sie zehnmal hundert zählten, wir würden sie doch vernichten, denn ein Navajo ist so viel wie zehn Nijoras zusammen. Und ihr wollt uns helfen, ihr, die ihr keine Waffen habt? Nur ein Feigling kann sich sein Gewehr nehmen lassen."
Das war eine Beleidigung. Hätte der Ölprinz sich dieselbe gefallen lassen, so wäre er allerdings feig gewesen, das sah er gar wohl ein, und darum antwortete er in zornigem Tone:
"Wir sind gekommen, euch Gutes zu erweisen, und du vergiltst uns diese Absicht mit beleidigenden Worten? Wir werden euch augenblicklich verlassen."
Er trat zu seinem Pferde und gab sich den Anschein, als ob er wieder in den Sattel steigen wolle. Da aber sprang der Häuptling auf, streckte seine Hand gebieterisch aus und rief:
"Herbei, ihr Navajo-Krieger; laßt diese Bleichgesichter nicht von der Stelle!"
Diesem Rufe wurde augenblicklich Folge geleistet; als die drei Weißen von den Roten ringsum eingeschlossen waren, fuhr er fort:
"Meint ihr, daß man zu uns kommen und von uns gehen darf wie ein Prairiehase von und zu seinem Baue? Ihr befindet euch in unsrer Gewalt und verlaßt diesen Ort nicht eher, als bis ich es euch erlaube. Beim ersten Schritte, den ihr gegen meinen Willen tut, treffen euch die Kugeln meiner Leute!"
Das klang drohend und sah nicht weniger bedrohlich aus, denn eine Menge Gewehre waren auf die drei gerichtet. Doch auch jetzt ließ der Ölprinz seine Besorgnis nicht erkennen; er nahm den Fuß wieder aus dem Bügel und die Hand vom Sattel weg und sagte in möglichst ruhigem Tone:
"Ganz, wie du willst! Wir sehen ein, daß wir in eure Hände gegeben sind, und müssen uns fügen; aber alle eure Gewehre sollen uns nicht zwingen, euch die Botschaft mitzuteilen, welche wir euch bringen wollten."
"Die Botschaft? Ich kenne sie."
"Nein!"
"Pshaw! Ihr wolltet mir sagen, daß die Hunde von Nijoras das Kriegsbeil gegen uns ausgegraben haben."
"Nein. Das brauchen wir dir nicht zu sagen, denn das weißt du schon."
"So wolltet ihr mir melden, daß sie schon aus ihren Hütten aufgebrochen sind. Aber dazu brauche ich euch nicht, denn ich habe Kundschafter ausgesandt, welche mich zur rechten Zeit benachrichtigen werden."
"Da irrst du dich. Deine Kundschafter können dir keine Nachricht bringen."
"Warum?"
"Weil sie gefangen sind."
"Gefangen? Bei wem?"
"Eben bei den Nijoras."
"Das ist eine Lüge! Ich habe die erfahrensten, die klügsten Männer ausgewählt, denen es nicht einfallen wird, sich ergreifen zu lassen. Ich durchschaue dich; ich errate alle deine Gedanken!"
"So? Wärst du wirklich so klug, dahin blicken zu können, wo meine Gedanken wohnen?"
"Ja. Du weißt, daß man Kundschafter aussendet, und kannst dir denken, daß wir dies auch getan haben. Darum redest du von unsern Spähern, ohne aber etwas von ihnen zu wissen."
"Meinst du? Es wäre allerdings besser für euch, wenn das, was ich weiß, nicht geschehen wäre. Ich will dir zeigen, in welchem Irrtum du dich befindest. Du hast zehn Späher ausgeschickt, deren Anführer Khastitine war. Ist es so oder nicht?"
"Uff! Es ist so," gestand der Häuptling erstaunt.
"So höre weiter! Khastitine wurde mit noch einem Krieger erschossen..."
"Uff, uff! Von wem?"
"Von Mokaschi, dem Häuptling der Nijoras, eigenhändig; die andern acht wurden gefangen genommen, gerade so wie wir."
"Gerade so wie ihr? Auch ihr seid in die Hände der Nijoras gefallen gewesen?"
"Ja, Es gelang uns, zu entfliehen, doch ohne Waffen, die man uns abgenommen hatte. Darum sind wir unbewaffnet hier angekommen. Du hältst uns aus diesem Grunde für Feiglinge. Wie nennst du da deine Kundschafter, die ihre Waffen auch hergeben mußten und nicht die Klugheit und Tatkraft besaßen, sich einen Weg zur Flucht zu öffnen?"
"uff, uff, uff!" rief der Häuptling. "Meine Späher gefangen und Khastitine erschossen! Das erfordert Rache! Wir müssen sofort aufbrechen, um diese Hunde von Nijoras zu überfallen. Wir ..."
Er war außerordentlich aufgeregt, ganz gegen die sonstige Indianerruhe, und wollte in sein Zelt, um seine Waffen zu holen. Da ergriff Wolf, welcher bisher geschwiegen hatte, ihn beim Arm und sagte:
"Halt, warte noch! Du mußt doch erfahren, wo die Nijoras sich befinden, wenn du sie überfallen willst. Das werden dir diese Männer sagen. Sie wissen auch noch andre Dinge, welche sogar noch viel, viel wichtiger sind."
"Noch wichtiger?" fragte der Häuptling, indem er sich wieder umwendete. "Was kann wichtiger sein, als daß Khastitine tot ist und unsre Kundschafter gefangen genommen worden sind?"
"Schi-So ist auch gefangen!"
"Schi ...Schi-Schi ..."
Er wollte den Namen seines Sohnes vollständig aussprechen, brachte aber nur die erste Hälfte desselben über die Lippen. Dann stand er steif, als ob er zu Stein geworden sei, und nur seine rollenden Augen zeigten, daß Leben in ihm war. Seine Krieger drängten sich näher herbei, doch ließ keiner einen Laut hören. Der Ölprinz sah ein, daß er den jetzigen Augenblick für sich ausnützen müsse, und sagte also mit weithin hörbarer Stimme:
"Ja, so ist es; Schi-So ist auch gefangen. Er soll am Marterpfahle sterben."
"Und mein Neffe Adolf, welcher mit ihm aus Deutschland gekommen ist, befindet sich auch in der Gewalt der Nijoras." fügte Wolf hinzu.
Da kehrte dem Häuptling die Fassung zurück. Er besann sich, daß es doch unter seiner Würde sei, merken zu lassen, wie sehr die Nachricht ihn getroffen hatte; darum zwang er sich zu äußerlicher Ruhe und fragte:
"Schi-So gefangen? Wißt Ihr das genau?"
"Sehr genau," antwortete der Ölprinz. "Wir haben nicht nur in seiner Nähe gefesselt gelegen, sondern sogar mit ihm und allen seinen Begleitern gesprochen."
"Wer befand sich bei ihm?"
"Ein junger Freund von ihm, welcher Wolf heißt, mehrere deutsche Familien, welche von drüben ausgewandert sind, und sodann eine ganze Schar berühmter Westmänner, von denen Ihr gewiß nicht denken werdet, daß sie sich so leicht gefangen nehmen lassen."
"Wer sind diese Männer?"
"Old Shatterhand ..."
"Old Shat ... uff, uff!"
"Ferner Winnetou."
"Der größte Häuptling der Apachen? Uff, uff, uff!"
"Sam Hawkens, Dick Stone, Will Parker, Droll, der Hobble-Frank, gewiß lauter Leute, welche du nicht zu den Feiglingen zählen wirst."
Es erklangen rundum laute Rufe des Erstaunens, ja des Schreckens; dadurch fand der Häuptling Zeit, sich zu fassen, denn die Selbstbeherrschung hatte ihm abermals vergehen wollen. Er schob die ihm im Wege Stehenden auseinander und eilte in sein Zelt. Man hörte seine Stimme und diejenige seiner weißen Frau; dann kamen beide heraus, und die letztere rief, sich an die drei Bleichgesichter wendend:
"Ist es möglich, ist es wahr? Mein Sohn befindet sich in den Händen der feindlichen Nijoras?"
"Ja," antwortete der Ölprinz.
"So muß er Schnell, schnell gerettet werden! Erzählt, was Ihr davon wißt, und sagt, wo sich die Feinde befinden! Wir müssen eilen. Also macht, redet, sprecht!"
Sie als Frau konnte ihre Aufregung natürlich viel weniger beherrschen, als der Häuptling. Sie hatte Grinleys Arm ergriffen und schüttelte denselben, als ob sie die gewünschte Auskunft dadurch beschleunigen könne; der Ölprinz aber antwortete in einem ruhigen Tone:
"Ja, wir sind allerdings gekommen, um Euch von dem, was geschehen ist, zu benachrichtigen; aber der Häuptling hat uns wie Feinde empfangen, und so wollen wir das, was wir wissen, doch lieber für uns behalten."
"Hund!" fuhr ihn da der "Große Donner" an. "Du willst nicht sprechen? Es gibt Mittel, dir den Mund zu öffnen!"
"Nein," behauptete der Ölprinz mit einem siegesgewissen Lächeln.
"Wir braten euch am Feuer!"
"Pshaw!"
"Wir binden euch an den Marterpfahl!"
"Pshaw! Wir sind tapfere Männer und wissen zu sterben."
Da legte die Frau die Hände auf Schulter und Arme ihres roten Mannes und bat ihn in dringendem Tone:
"Sei freundlich mit ihnen! Sie haben uns benachrichtigen wollen und also nicht verdient, daß du sie als Feinde behandelst."
"Ihre Gesichter sind nicht die Gesichter guter Männer; ich traue ihnen nicht," antwortete er finster.
Die Frau des roten Mannes aber fuhr fort zu bitten, und Wolf vereinigte seine Vorstellungen mit den ihrigen, weil ihm um seinen Neffen bange war. Auch ihm gefielen diese drei Weißen desto weniger, je öfter er sie anschaute; aber sie hatten ihm nichts Böses getan, und er konnte auf Grund ihrer Aussage seinen Verwandten retten; das war für ihn Grund genug, auch Fürbitte einzulegen. Der Häuptling, welcher allerdings viel lieber Strenge angewendet hätte, konnte diesem doppelten Drängen nicht widerstehen und erklärte schließlich.
"Es soll so sein, wie Ihr wünscht; die Bleichgesichter mögen in Frieden sagen, was sie uns mitzuteilen haben. Also redet!"
Diese Aufforderung war an den Ölprinzen gerichtet. Wenn der Häuptling glaubte, daß dieser ihr sofort nachkommen werde, so irrte er sich, denn Grinley antwortete:
"Ehe ich deinen Wunsch erfülle, muß ich erst wissen, ob ihr unsre Wünsche erfüllen werdet."
"Welche Wünsche habt ihr?"
"Wir brauchen Waffen. Werdet ihr uns welche geben, wenn wir euch den Dienst leisten, den ihr von uns verlangt?"
"Ja,"
"Jedem ein Gewehr und ein Messer?"
"Ja."
"Auch Munition?"
"Ja."
"Auch einen Vorrat von Fleisch, da wir nicht wissen, ob wir bald auf ein Wild treffen werden?"
"Auch das, obgleich es nicht notwendig ist, denn so lange ihr bei uns seid, werdet ihr nicht Not leiden."
"Davon sind wir ja fest überzeugt; aber wir können leider doch nicht lange bleiben."
"Wann wollt ihr fort?"
"Nachher, sobald wir euch erzählt haben, was geschehen ist."
"Das ist unmöglich."
"Warum?"
"Ihr müßt bei uns bleiben, bis wir uns überzeugt haben, daß alles, was ihr uns erzählt habt, die Wahrheit ist."
"Das ist ein Mißtrauen, welches uns beleidigen muß. Was für einen Grund hätten wir, euch zu täuschen?"
"Das weiß ich nicht. Es kann da viele Gründe geben."
"Keinen einzigen. Es gibt zwei Möglichkeiten, Entweder sind wir eure Freunde oder eure Feinde. Im ersteren Falle kann es uns nicht einfallen, euch zu belügen, und im letzteren würden wir es niemals gewagt haben, euer Lager aufzusuchen."
"Das klingt freilich so, als ob ich euch trauen dürfte; aber die Bleichgesichter haben doppelte Zungen; mit der einen reden sie so und mit der andern anders."
"Das ist bei uns nicht der Fall. Wir waren Gefangene der Nijoras; sie wollten uns töten, und wir sind ihnen mit vieler Mühe und unter großen Gefahren entkommen. Du mußt uns glauben, wenn ich dir sage, daß wir uns an ihnen rächen wollen. Wir können dies aber nicht, weil wir zu schwach dazu sind. Darum sind wir zu euch gekommen."
Der Häuptling wollte noch immer Widerspruch erheben; seine weiße Squaw aber bat ihn im dringenden Tone:
"Glaube ihnen, glaube ihnen doch, sonst vergeht die kostbare Zeit und wir kommen zur Rettung unsres Sohnes zu spät."
Da Wolf sich dieser Bitte anschloß, so antwortete der "Große Donner".
"Der Wind will nach seiner Richtung gehen, aber wenn er durch hohe Berge aufgehalten wird, muß er sich in eine andre Richtung wenden. Der Wind ist mein Wille und ihr seid die Berge; es soll so sein, wie ihr wollt."
"Also wir dürfen fort, wann es uns beliebt?" fragte der Ölprinz.
"Ja."
"Ihr legt uns kein Hindernis in den Weg?"
"Keins."
"So ist unser Übereinkommen getroffen und wir wollen die Pfeife des Friedens darüber rauchen."
Da verfinsterte sich das Gesicht des Häuptlings plötzlich wieder und er rief aus:
"Glaubt ihr mir nicht? Haltet ihr mich für einen Lügner?"
"Nein. Aber in der Zeit des Krieges braucht man kein Versprechen zu halten, welches ohne den Rauch des Kalummets gegeben wurde. Ihr könnt die Friedenspfeife getrost anbrennen, denn wir meinen es ehrlich. Wir reden die Wahrheit und können es euch beweisen, wenn ihr es verlangt."
"Beweisen? Womit?"
"Schon durch unsern Bericht an sich selbst. Sobald ihr ihn vernommen habt, werdet ihr überzeugt sein müssen, daß jedes Wort die Wahrheit enthält. Dann aber kann ich euch auch sogar ein Papier zeigen, dessen Inhalt alles bestätigen wird."
"Ein Papier? Ich mag nichts vom Papiere wissen, denn es kann mehr Lügen enthalten, als ein Mund auszusprechen vermag. Auch habe ich nicht gelernt, mit den Zeichen zu sprechen, welche auf euren Papieren stehen."
"So kann Mr. Wolf jedenfalls lesen; er wird dir sagen, daß wir ehrlich und offen sind. Willst du nun die Pfeife des Friedens mit uns rauchen?"
"Ja," antwortete der Häuptling, als er den bittenden Blick seiner Frau bemerkte.
"Für dich und alle die Deinen?"
"Ja, für mich und für sie."
"Dann nimm dein Kalummet, wir haben keine Zeit zu verlieren."
Er hatte die Friedenspfeife an seinem Halse hängen, nahm sie herab, füllte den schön geschnittenen Kopf mit Tabak und brannte denselben an. Nachdem er die vorgeschriebenen sechs Züge getan hatte, reichte er sie dem Ölprinzen, von dem sie an Buttler und dann an Poller überging. Als dies geschehen war, glaubte der Ölprinz sicher zu sein. Er dachte nicht daran, daß Wolf das Kalummet nicht erhalten hatte und also nicht an den Vertrag gebunden war.
Jetzt setzten sich alle auf den Boden nieder und Grinley begann zu erzählen. Er berichtete von dem Petroleumfunde, aber ohne den Ort zu nennen, von dem Verkaufen an den Bankier und von seiner Reise in die Berge. Natürlich verschwieg er die Wahrheit. Er sagte, er sei schon auf Forners Rancho mit Buttler und Poller und den Auswanderern zusammengetroffen, auch mit Winnetou, Old Shatterhand und den andern Jägern; dann seien sie alle den Nijoras in die Hände gefallen, und bei diesen hätten sie die gefangenen Navajokundschafter vorgefunden und von diesen gehört, daß Khastitine von Mokaschi erschossen worden sei.
Die Navajos hatten bis jetzt schweigend zugehört, doch läßt sich denken, daß sowohl der Häuptling als auch seine Squaw innerlich nicht so ruhig waren, wie sie sich äußerlich zeigten; sie wußten ja ihren Sohn in großer Gefahr. Auch Wolf hing mit gespannter Aufmerksamkeit an den Lippen des Erzählers. Sie ahnten nicht, daß die Gefangenen sich befreit hatten und daß der Ölprinz um seines Vorteiles willen so arg log. Jetzt machte er eine Pause und der Häuptling benutzte dieselbe, zu fragen:
"Wie ist es euch denn gelungen, zu entfliehen?"
"Mit Hilfe eines kleinen Federmessers, welches die Nijoras nicht bemerkt hatten. Unsre Hände waren zwar gebunden, trotzdem aber konnte einer meiner beiden Gefährten mir in die Tasche greifen und das Messerchen herausnehmen und öffnen, und als er mir meine Fesseln zerschnitten hatte, konnte ich dies dann auch mit den ihrigen tun."
Der "Große Donner" blickte eine Weile vor sich nieder; dann hob er rasch den Kopf und fragte:
"Und dann?"
"Dann sind wir schnell aufgesprungen und zu den Pferden gerannt; wir bestiegen die drei ersten besten und jagten davon."
"Wurdet ihr verfolgt?"
"Ja, aber nicht eingeholt."
"Warum machtet ihr nur euch frei und nicht auch die andern?"
Das war eine verfängliche Frage, bei welcher er sein Auge scharf auf den Ölprinzen richtete. Dieser sah ein, daß er sich jetzt zusammennehmen müsse und antwortete:
"Weil wir keine Zeit dazu fanden. Einer der Wächter sah, daß wir uns bewegten; er kam herbei; da konnten wir natürlich nichts anders tun als davoneilen."
Er glaubte eine genügende Erklärung gegeben zu haben und betrachtete es darum gar nicht als Hinterlist, als sich der Häuptling weiter erkundigte:
"Du hast das kleine Messer noch?"
"Ja."
"Ihr habt neben den andern Gefangenen gelegen?"
"Ja."
Er hätte jetzt viel lieber "nein" gesagt, das war aber nun nicht mehr möglich, da er vorhin das Gegenteil behauptet hatte. Er begann, die Absicht zu ahnen, welche der "Große Donner" verfolgte, und wirklich meinte dieser nun in einem sehr strengen Ton:
"Hätte ich nicht die Pfeife des Friedens mit euch geraucht, so würde ich euch jetzt in Fesseln legen lassen!"
"Warum?" fragte Grinley erschrocken.
"Weil ihr entweder Lügner oder feige Schurken seid."
"Wir sind keins von beiden!"
"Schweig! Entweder belügt ihr jetzt uns, oder ihr habt euch gegen eure Mitgefangenen wie Schufte benommen!"
"Wir konnten sie nicht retten!"
"O doch! Und wenn nichts andres möglich war, so konntest du dem Nächsten, der bei euch lag, das kleine Messer geben."
"Dazu war die Zeit zu kurz."
"Lüge nicht! Und wenn du recht hättest, so mußtet ihr die Nijoras überlisten. Während sie euch verfolgten, mußtet ihr heimlich zurückkehren und die Gefangenen befreien."
"Das war uns unmöglich. Wenn uns nun auch zwanzig oder dreißig folgten, die übrigen zweihundertsiebzig waren doch zurückgeblieben."
Kaum hatte er dieses Wort gesagt, so bereute er es. Es zeigte sich auch gleich, daß er einen großen, einen unverzeihlichen Fehler begangen hatte, denn der Häuptling fragte:
"Also waren es dreihundert?"
"Ja."
"Du siehst, daß wir viel mehr sind, und doch sagtest du vorhin, daß sie uns weit überlegen seien. Du hast zwei Zungen, hüte dich!"
"Ich hatte euch nicht genau gezählt," entschuldigte sich Grinley.
"So öffne deine Augen besser! Wenn du bei Nacht siehst, wie groß die Zahl der Nijoras ist, mußt du jetzt am Tage doch viel besser wissen, wie viele Krieger hier beisammen sind. An welchem Ufer lagerten die Nijoras?"
"Am rechten."
"Wann wollten sie aufbrechen?"
"Erst nach einigen Tagen," log der Ölprinz, "weil sie noch weitere Krieger erwarteten."
"Beschreib uns die Stelle genau!"
Er tat es, so gut er konnte und fügte dann hinzu:
"Jetzt habe ich alles gesagt, was ich sagen konnte, und ich hoffe, daß du dein Wort halten wirst. Gebt uns Waffen und laßt uns weiter ziehen!"
Der "Große Donner" wiegte seinen Kopf bedenklich hin und her und antwortete nach einer Weile:
"Ich bin Nitsas-Ini, der oberste Häuptling der Navajos, und habe noch nie mein Wort gebrochen. Aber habt ihr denn auch bewiesen, daß eure Worte die Wahrheit enthalten?"
"Du mußt doch zugeben, daß alles stimmt, was ich gesagt habe!"
"Es stimmt, aber du kannst trotzdem ein Schurke sein."
"So will ich euch den unumstößlichen Beweis liefern, welcher euer Mißtrauen vollständig zerstreuen wird."
Er bemerkte oder beachtete nicht die warnenden Blicke, welche Buttler und Poller auf ihn richteten. Er griff in die Tasche und zog die Anweisung auf San Franzisko hervor, welche er von dem Bankier erhalten hatte. Indem er sie dem "Wolf" hingab, sagte er:
"Hier, werft einmal einen Blick auf dieses Wertpapier! Eine solche Summe wird, zumal unter solchen Umständen, doch nur einem ehrlichen Menschen angewiesen. Meint Ihr nicht?"
Wolf überflog das Dokument mit prüfendem Blicke und las es dann dem Häuptlinge vor. Dieser blickte, wie vorher schon einige Male, sinnend zu Boden und sagte dann:
"So ist also dein Name Grinley?"
"Ja."
"Wie heißen diese deine beiden Gefährten?"
"Dieser hier Buttler und dieser andre Poller."
Wolf wollte jetzt dem Ölprinzen die Anweisung zurückgeben, da aber nahm der Häuptling sie ihm schnell aus der Hand, legte sie in ihre Falten zusammen, schob sie sich in den Gürtel und fuhr in einem Tone, als ob er da gar nichts Besonderes getan hätte, fort:
"Ich habe von einem Bleichgesichte gehört, welches Grinley heißt und der Ölprinz genannt wird. Kennst du den?"
"Der bin ich," antwortete Grinley.
"Und ich hörte ferner von einem Bleichgesichte, welches Buttler heißt und der Anführer der Finders war. Kennst du den Mann?"
"Nein."
"Dieser hier ist es nicht?"
"Nein."
"Wo liegt die Ölquelle, welche du verkauft hast?"
"Am Chelly."
"Das ist nicht wahr, dort gibt es keinen Tropfen Öl."
"Das ist richtig; ich wollte sagen in der Nähe des Chelly."
"Aber wo?"
"Am Gloomywater "
"Ist auch nicht wahr."
"O doch!"
"Sprich nicht dagegen. Es gibt keine Stelle, so groß wie meine Hand, die ich nicht betreten hätte. Es gibt kein Öl in dieser Gegend. Du bist ein Betrüger!"
"Donner und Wetter!" fuhr da der Ölprinz auf. "Soll ich mir ..."
"Schweig!" fiel der Häuptling ihm in die Rede. "Ich habe es euch gleich angesehen, daß ihr keine ehrlichen Männer seid, und habe nur darum das Kalummet geraucht, weil ich dazu gedrängt wurde."
"So willst du wohl eine Ausrede machen, um dein Wort brechen zu können?"
Der "Große Donner" machte eine unnachahmlich stolze Handbewegung und antwortete, indem ein höchst geringschätzendes Lächeln über sein Gesicht glitt:
"Solcher Menschen wegen, wir ihr seid, soll mir kein Mann nachsagen, daß ich mein Wort nicht gehalten habe."
"So gebt uns Waffen, Munition und Fleisch, und laßt uns ziehen! Und gib mir mein Papier zurück! Warum hast du es eingesteckt?"
"Ich habe es nicht dir zurückzugeben, sondern dem, von welchem ich es genommen habe. Du hast das Bleichgesicht, welches die Ölquelle kaufte, in der kein Öl vorhanden ist, um dieses Geld betrogen. Der "Wolf" wird wissen, was er zu tun hat."
Er zog das Papier aus dem Gürtel und gab es Wolf mit einem bezeichnenden Winke zurück. Dieser schob es schnell in seine Tasche.
"Halt!" rief Grinley, indem seine Augen zornig blitzten. "Das Papier gehört mir!"
"Ja," nickte Wolf, indem er ein sehr behagliches Lächeln zeigte.
"Also her damit!"
"Nein," antwortete Wolf mit demselben behaglichen Lächeln.
"Warum nicht? Wollt Ihr an mir zum Diebe werden?"
"Nein."
"Dann heraus damit!"
"Nein."
"So seid Ihr ja ein Dieb, und ich ..."
Da fiel Wolf ihm in einem ganz andern Tone in die Rede:
"Mäßigt Euch, Mr. Grinley! Wenn Ihr mich beleidigt, ist's um Euch geschehen. Ich bin kein Dieb."
"Warum behaltet Ihr denn diese Anweisung, welche mir gehört?"
"Weil uns manches in eurer Erzählung nicht einleuchten will und weil ihr gar so rasch von hier fort wollt. Leute, welche mit genauer Not der Gefangenschaft und dem Tode entronnen sind, bedürfen der Ruhe und der Pflege. Dies könntet ihr hier haben; ihr wollt aber fort. Sodann würde jeder andre an eurer Stelle sich uns auf unserm Zuge gegen die Nijoras anschließen, um sich zu rächen; auch das wollt ihr nicht. Ihr wollt nur fort, nur fort, und zwar sehr schnell. Das sieht natürlich ganz so aus, als ob ihr vor jemand, der hinter euch her kommt, eine gewaltige Angst hättet."
"Was wir denken und wollen, das geht Euch nichts an," antwortete der Ölprinz protzig. "Ich habe mit dem Häuptling und durch ihn mit allen den Seinen die Pfeife des Friedens geraucht; er muß seine Versprechungen erfüllen, und es darf mir nichts genommen werden."
"Ganz richtig, Sir! Der "Große Donner" wird sein Wort ganz gewiß halten."
"So gebt das Papier heraus!"
"Ich? Fällt mir nicht ein! Ich will es keineswegs stehlen, sondern nur aufheben."
"Hölle und Teufel! Für wen?"
"Für diejenigen, welche nach euch kommen." Und als der Ölprinz zornig aufbrausen wollte, schnitt er ihm das Wort mit dem sehr energischen Zurufe ab. "Haltet den Mund! Glaubt ja nicht, daß Ihr der Mann seid, von dem ich mich einschüchtern lasse! Wenn ihr ehrliche Leute seid, so könnt ihr ruhig bei uns bleiben. Ob ihr euch das Geld drei oder vier Tage früher oder später auszahlen laßt, das kann euch nicht an den Bettelstab bringen. Ich will euch sagen, was ich denke. Im ersten Augenblicke habe ich euch für Gentleman gehalten; damit ist es aber vorüber, seit ich eure famose Erzählung gehört habe."
"Sie ist wahr!"
"Unsinn! Ihr sagt, Old Shatterhand, Winnetou, Sam Hawkens und andre seien mit euch gefangen gewesen? Und ihr seid allein entkommen! Mr. Grinley, das ist außerordentlich auffällig. Ihr habt da Männer genannt, welche weit eher entkommen würden, als ihr. Vielleicht habt ihr sie in die Hände der Nijoras gespielt. Das mag nun freilich sein, wie es will; Winnetou und Old Shatterhand sind Leute, die für sich selber sorgen werden. Für mich ist die Hauptsache jetzt diese Anweisung. Wir werden die Gefangenen befreien und also mit ihnen zusammen kommen; oder sie befreien sich selbst und kommen hinter euch her; auch in diesem Falle treffen wir auf sie. Da werden wir natürlich diesen Bankier Mr. Rollins sehen und ihm die Anweisung zeigen. Ist Eure Sache eine ehrliche, so könnt Ihr getrost bei uns bleiben; seid Ihr aber ein Betrüger, so habt Ihr Euch dieses Mal umsonst bemüht."
Da sprang der Ölprinz vom Boden auf und schrie:
"Das wollt Ihr tun? Das sagt Ihr mir? So wollt Ihr an mir handeln? Was geht es Euch an, daß ich schnell weiter muß! Habe ich nötig, Euch meine Gründe zu sagen? Ich bleibe dabei: die Friedenspfeife ist geraucht worden und niemand darf mich hier festhalten!"
"Das wird auch kein Mensch tun!" antwortete Wolf ruhig.
"Und ich muß bekommen, was man mir versprochen hat!"
"Waffen, Pulver, Blei und Fleisch? Ja, das werdet Ihr erhalten."
"Und mein Papier zurück! Es ist mein Eigentum!"
"Wenn dies erwiesen ist, erhaltet Ihr es allerdings zurück."
"Nein, jetzt, sofort! Es darf uns nichts genommen werden, denn der Häuptling hat mit uns für sich und all die Seinen das Kalummet geraucht."
"Das stimmt. Aber, Mr. Grinley, haltet Ihr mich etwa auch für einen Indianer, für einen Navajo?"
"Fragt nicht solchen Unsinn!"
"Schön! Ich gehöre also nicht zu dem "Großen Donner" und den Seinen. Oder habe ich mit Euch das Kalummet geraucht?"
Grinley starrte ihm ins Gesicht und fand keine Antwort.
"Ja, so ist es," nickte Wolf mit einem überlegenen Lächeln. "Ihr mögt sonst ein schlauer Fuchs sein; heute aber seid Ihr das Gegenteil gewesen. Man läuft hier im wilden Westen nicht mit Hunderttausenden in der Tasche herum und wenn man es dennoch tut, so behält man sie drin stecken und zeigt sie nicht vor. Nun habt Ihr gehört, was ich Euch zu sagen hatte: wir sind fertig."
Er stand auf und wollte sich entfernen. Da packte ihn der Ölprinz am Arme und schrie ihn an:
"Das Papier heraus, oder ich erwürge Euch!"
Wolf schleuderte ihn mit einem kräftigen Rucke von sich ab, zog seinen Revolver, hielt ihm denselben entgegen und antwortete drohend:
"Wagt Euch noch einen einzigen Schritt an mich heran und meine Kugel fährt Euch in den Schädel! Bleibt bei uns, oder macht Euch fort, mir ist es ganz gleich; aber dieses Papier gebe ich nicht eher wieder her, als bis ich meinen Neffen befreit und mit dem Bankier gesprochen habe. Jetzt ist's genug!"
Er ging nun wirklich fort. Der Ölprinz mußte dies zähneknirschend sehen, ohne ihn halten zu können. Er wendete sich wutschnaubend an den Häuptling; dieser hörte ihn lächelnd an und antwortete dann in größter Seelenruhe:
"Der "Wolf" ist ein freier Mann, er kann tun, was ihm beliebt. Wenn du bei uns bleibst, so bekommst du dein Papier wieder."
"Ich muß aber fort!"
"So mag es dir der Bankier nachsenden. Du hast uns eine Botschaft gebracht, und ich gebe dir Waffen, Munition und Fleisch dafür, obgleich sie wohl nicht wahr ist. Verlange nicht mehr von mir. Willst du bei uns bleiben?"
"Nein."
"So sollst du jetzt gleich erhalten, was ausbedungen ist; dann könnt ihr weiter reiten."
Er ging, um die nötigen Befehle zu erteilen, und auch seine Navajos zogen sich von den drei Weißen zurück wie Tauben, die auf dem Felde vor den Krähen weichen. Die Betrüger standen allein. Niemand hörte auf sie; darum konnten sie gegenseitig ihren Gefühlen ganz ungeniert Luft machen.
"Verfluchter Kerl, dieser Wolf!" knirschte Grinley. "Er gibt die Anweisung wirklich nicht heraus!"
"So etwas habe ich mir gleich gedacht, als ich sah, daß du sie vorzeigen wolltest," antwortete Buttler. "Bist ein Dummkopf gewesen, wie es keinen zweiten gibt!"
"Schweig, Esel! Ich konnte nicht anders. Sie wollten mir nicht glauben, und da mußte ich mich legitimieren."
"Legitimieren! Mit einer erschwindelten Anweisung! Hat man jemals so etwas gehört! Nun siehst du, wie schön dir diese Legitimation gelungen ist!"
"Das konnte ich nicht vorher wissen!"
"Aber ich hab's gewußt! Wo ist nun der Lohn für alle Mühe, die wir uns gegeben, für alle Gefahren, die wir durchgemacht haben? Ein einziger Augenblick hat uns um alles gebracht!"
So ging es eine ganze Weile fort, aber als Poller auch anfing, Vorwürfe zu machen, brachte Grinley ihn durch einige Grobheiten zum Schweigen und fuhr dann fort:
"Ich mag unvorsichtig gewesen sein, doch ist noch lange nicht alles verloren. Wir werden die Anweisung wiederbekommen."
"Von diesem Wolf?" fragte Buttler mit einem Lachen des Zweifels.
"Ja."
"Willst du etwa hierbleiben und warten, bis die Nijoras kommen oder gar Old Shatterhand und Winnetou?"
"Fällt mir nicht ein! Wir reiten fort."
"Aber da geben wir doch das Papier auf!"
"Nein. Ich sage, wir reiten fort, aber nicht eher, als bis wir Wolf gezwungen haben, es herauszugeben."
"Wie willst du ihn zwingen?"
"Denke daran, daß wir Waffen erhalten."
"Also mit ihm kämpfen?"
"Ja, wenn er uns dazu zwingt."
"Und die Roten? Wie werden die sich dazu verhalten?"
"Sie werden sich nicht einmischen. Wir haben die Friedenspfeife mit ihnen geraucht, und solange wir ihr Lager nicht verlassen, dürfen sie nicht Partei gegen uns und für ihn nehmen. Er hat ja erklärt, daß er nicht zu ihnen gehört. Etwas andres wäre es, wenn wir das Lager verließen und dann vielleicht zurückkehrten; dann hätte das Kalummet seine Kraft verloren. Seht, da bringt man uns das Fleisch! Die Gewehre und Messer werden bald folgen, und dann suche ich diesen Wolf auf. Ihr haltet doch zu mir?"
"Natürlich! Für eine solche Summe kann man schon etwas wagen. Wir können ja probieren, wie es geht. Wenn es gefährlich für uns werden will, ist es doch noch Zeit, von dem Kampfe abzusehen. Dort steigen mehrere Rote zu Pferde. Wohin mögen sie wollen?"
"Kann uns gleichgültig sein. Uns geht es wohl nichts an."
Buttler irrte sich, als er dies dachte, Der Häuptling näherte sich mit einem Roten, welcher lange, dünne Stücke getrockneten Fleisches trug.
"Wann wollen die Bleichgesichter uns verlassen?" fragte er.
"Sobald wir bekommen haben, was uns versprochen worden ist."
"Und wohin werdet ihr die Schritte eurer Pferde lenken?"
"Hier zum Bette des Rio Navajos hinab. Wir wollen den Colorado hinunter."
"So könnt ihr sofort aufbrechen. Hier ist Fleisch."
"Und das andre?"
"Werdet ihr auch erhalten. Seht ihr die Reiter dort?"
"Ja."
"Sie haben drei Gewehre, drei Messer und Pulver und Blei für euch. Sie werden eine Stunde lang mit euch reiten und dann, wenn sie euch diese Sachen gegeben haben, wieder zu uns zurückkehren."
Die drei sahen sich enttäuscht an. Der Häuptling bemerkte dies sehr wohl, tat aber so, als ob es ihm entgangen sei.
"Warum bekommen wir das denn nicht jetzt?" fragte Buttler.
Da ging ein ganz eigentümliches Lächeln über das Gesicht des "Großen Donners", und er antwortete:
"Ich habe vernommen, daß die Bleichgesichter die Gewohnheit haben, lieben Gästen das Ehrengeleite zu geben. Dies soll hier mit euch geschehen."
"Wir nehmen es dankbar an; aber die Waffen können wir ja doch selber tragen."
"Warum sollt ihr euch diese Mühe geben? Ihr braucht sie doch jetzt nicht. Seht, meine Leute brechen auf! Sie pflegen schnell zu reiten. Macht, daß ihr ihnen nachkommt, sonst erreichen sie vor euch die Stelle, an welcher sie euch die Waffen übergeben sollen, und wenn ihr dann nicht da seid, bekommt ihr sie nicht."
Er machte mit der Hand die Bewegung des Abschiedes und wendete sich davon, indem sein Gesicht vor Schadenfreude förmlich glänzte. Er hatte sein Versprechen erfüllt und zugleich das Vorhaben der Weißen verhindert.
"Schlauer Fuchs, diese Rothaut!" stieß Grinley hervor. "Er scheint geahnt zu haben, was wir uns vorgenommen hatten."
"Ja," stimmte Buttler bei. "Dieser rote Spitzbube ist eben auch ein Freund von Old Shatterhand und Winnetou, und wenn man es mit einem solchen Kerl zu tun hat, kann man gewiß sein und darauf schwören, daß man übertölpelt und betrogen wird. Nun ist für uns nichts mehr zu hoffen."
"Pshaw! Ich gebe die Hoffnung noch lange nicht auf."
"Wirklich? Denkst du, daß es möglich ist, noch etwas zu erreichen?"
"Ja."
"Auf welche Weise?"
"Wir warten, bis die sechs Kerls fort sind und kehren dann um."
"Um mit Wolf anzubinden?"
"Ja."
"Das wäre wieder dumm, denn die Roten würden ihm alle helfen. Du hast ja selbst gesagt, daß wenn wir das Lager verlassen haben, das Kalummet keine Kraft mehr besitzt."
"Ja, das wäre freilich eine Dummheit, wenn wir ihn offen anpacken wollten."
"Also heimlich?"
"Ja. Ihr könnt euch denken, daß sie baldigst aufbrechen werden, um die vermeintlichen Gefangenen zu befreien, und wir wissen, daß sie am rechten Ufer aufwärts ziehen werden. Wir reiten ihnen nach, bis wir den Platz erreichen, wo sie für die Nacht lagern. Da belauschen wir sie, und es sollte mich wundern, wenn wir keine Gelegenheit fänden, uns an diesen Wolf zu machen."
"Das mag richtig sein. Das ist ein Gedanke, welcher mir wieder Leben gibt. Hoffentlich hat der Kerl die Anweisung bei sich!"
"Wo sollte er sie sonst haben? Hier im Westen gibt es keine feuerfesten Tresors, in denen man das Geld, welches man nicht besitzt, aufbewahren kann."