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Jens Schumacher

DIE WELT DER 1000 ABENTEUER
In den Fängen der Seehexe

Veröffentlicht durch den
MANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYK
Frankfurt am Main 2014
www.mantikore-verlag.de

Copyright dieser Ausgabe © MANTIKORE-VERLAG
NICOLAI BONCZYK
Text © Jens Schumacher – WWW.JENSCHUMACHER.EU

Covermotiv: Víctor Manuel Leza
Illustratonen: Hauke Kock
Reihenlogo: Steffen Winkler
Lektorat: Christian Humberg

ISBN: 978-3-945493-56-4

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In den Fängen der Seehexe

Ein Fantasy-Abenteuer-Spielbuch
mit DIR in der Hauptrolle

Mit Illustrationen von Hauke Kock

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Willkommen, Abenteurer!

Wenige Seiten trennen dich von Monravia, einer fantastischen Welt voll verwunschener Wälder, nebelumwallter Gebirge, reißender Flüsse und labyrinthischer, uralter Städte. Es ist eine wilde, abenteuerliche Welt, bevölkert nicht allein von Menschen, sondern auch von allerlei fremdartigen Lebewesen – friedliebenden und solchen, denen man lieber nicht nach Einbruch der Dunkelheit begegnen möchte.

Du schlüpfst in die Rolle eines umherziehenden Abenteurers und nimmst eine verwegene Aufgabe an: Von deinen Entscheidungen hängt es ab, ob die Thronfolgerin von Corallia aus den Fängen der finsteren Seehexe Stormothra gerettet werden kann, oder ob das kleine Inselreich zum Untergang verdammt ist …

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Wie man dieses Buch liest

»In den Fängen der Seehexe« ist kein Buch im normalen Sinne. Es ist ein Fantasy-Abenteuer-Spielbuch. Das bedeutet, es wird nicht einfach von vorn nach hinten durchgelesen. In diesem Buch bestimmt niemand anders als du, wie die Geschichte abläuft! Von dir hängt es ab, welche Wege du einschlägst, gegen welche Gegner du kämpfst und auf welche Schätze und Geheimnisse, Feinde oder Verbündete du in den Tiefen des Meeres triffst.

Für das größtmögliche Spiel- und Lesevergnügen musst du ein paar einfache Regeln beachten. Die wichtigste: Lies die Abschnitte dieses Buches nicht in der Reihenfolge ihrer Nummerierung! Arbeite dich stattdessen Abschnitt für Abschnitt durch die Geschichte, indem du die Anweisungen am Ende jeder Textpassage befolgst. Du wirst merken, dass sich so unzählige Möglichkeiten ergeben, die Geschichte immer wieder neu zu lesen.

Bei aller Vielfalt gibt es jedoch nur eine Route, auf der sich dein Abenteuer zu einem erfolgreichen Ende führen lässt. Sie lässt sich mit einem Minimum an Risiken und Gefahren bewältigen, ist allerdings nicht leicht zu finden. Sei daher nicht enttäuscht, wenn du beim ersten Mal keinen Erfolg hast. Starte einfach von vorn und unternimm einen neuen Versuch.

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Besitztümer, Hinweise & das Schicksal

Zu Beginn deines Abenteuers besitzt du nur eine recht bescheidene Ausrüstung. Du hast einen Rucksack bei dir, in dem du gefundene Gegenstände verstauen kannst. Darüber hinaus besitzt du einen Kompass, den du an einem Lederband um den Hals trägst. Er hilft dir, die Himmelsrichtungen zu bestimmen und dich zu orientieren.

Im Verlauf deiner Reise wirst du weitere Dinge finden, die du an dich nehmen kannst. Wenn dies der Fall ist, trage den entsprechenden Gegenstand unter BESITZTÜMER auf deinem Abenteuerblatt (Seite 12) ein.

Manchmal bist du auf der Suche nach der Lösung eines bestimmten Rätsels auf Informationen angewiesen, die du an einem anderen Ort erhältst. Stößt du auf einen Tipp, der dir nützlich erscheint, notiere ihn unter WICHTIGE HINWEISE auf deinem Abenteuerblatt, damit du die Information parat hast, falls sie später benötigt wird.

(Beachte: Wenn du neu startest, beginnst du dein Abenteuer jedes Mal wieder ganz ohne Besitztümer oder Hinweise. Am besten nimmst du deine Eintragungen mit Bleistift vor, dann kannst du sie vor einem neuen Anlauf problemlos entfernen. Wenn du nicht in das Buch hineinschreiben willst, fotokopiere das Abenteuerblatt oder zeichne es ab.)

So klug und vorausschauend du auch handelst, es wird dennoch bisweilen vorkommen, dass der Ausgang einer Situation allein von deinem Glück abhängt – oder davon, wie gewogen dir die absonderlichen Götter Monravias sind. In solch einem Fall wirst du aufgefordert, das Schicksal zu befragen. Blättere dann zu Seite 14, wo du einen Haufen wild gemischter Runensteine findest. Schließ die Augen und wähle blind einen davon aus. Der zufällig herausgepickte Stein bestimmt, wo es für dich vom aktuellen Abschnitt aus weitergeht.

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Deine Spezialfähigkeit

Außer deinem Kampfgeschick und deiner Schläue verfügst du noch über ein weiteres nützliches Hilfsmittel: dein Talent. Hierbei handelt es sich um eine spezielle Fähigkeit, über deren Anlagen du bereits seit deiner Geburt verfügst und die du im Laufe der Jahre immer weiter verfeinert hast. Bevor du dein Abenteuer beginnst, wähle ein Talent aus jenen aus, die auf dem Abenteuerblatt zu Wahl stehen. Die folgende Liste erklärt, was es mit den einzelnen Fähigkeiten auf sich hat:

TalentBeschreibung
KLETTERN Du kannst Bäume, Mauern oder andere Hindernisse ohne Hilfsmittel ersteigen oder überwinden.
TIERSPRACHEDu verstehst die Sprache nahezu aller Tiere Monravias und kannst dich darin verständlich machen.
SCHRIFTENKUNDEDu vermagst fremde Schriftzeichen aus anderen Sprachen zu lesen und ihren Sinn zu verstehen.
VERBERGENDu bist in der Lage, dich so zu verstecken, dass du mit deiner Umgebung verschmilzt und so gut wie unsichtbar wirst.
VORAHNUNGDu kannst einschneidende Ereignisse, zum Beispiel Gefahren auf deinem Weg, wie ein Hellseher vorausahnen.

Kämpfe

Im Verlauf deines Abenteuers wird es sich wahrscheinlich nicht vermeiden lassen, dass du in Kämpfe gegen unterschiedliche Widersacher verwickelt wirst. Da dir die meisten Gegner körperlich überlegen sind, kannst du einen Kampf nur dann austragen, wenn du im Besitz einer Waffe bist. Kommt es zu einem Kampf, ohne dass sich unter deinen BESITZTÜMERN eine Waffe befindet, verlierst du die Auseinandersetzung automatisch – dein Gegner besiegt dich, und du musst leider von vorn beginnen. Verfügst du dagegen über eine Waffe, kommt es zum Kampf. Die Regeln sind ganz einfach. Beim Auftauchen deines Gegners erscheint im Text ein Zahlenblock wie der folgende:

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In der ersten Kampfrunde wählst du eine beliebige Buchstabe-Zahl-Kombination aus der ersten Zeile des Zahlenblocks (Zufallsprinzip). Daraufhin blätterst du zur Kampftabelle (Seite 13) und ermittelst anhand der Zahl und des Buchstaben den Ausgang der Kampfrunde. Du erhältst eines der folgenden Symbole:

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Du besiegst deinen Gegner! Lies weiter bei dem Abschnitt, der dir für den Fall deines Sieges angegeben wird.

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Dein Gegner besiegt dich! Du hauchst zu seinen Füßen dein Leben aus, dein Abenteuer findet ein tragisches Ende. Das bedeutet, du musst das Buch hier und jetzt zuschlagen! Entferne sämtliche gefundenen Gegenstände und Notizen von deinem Abenteuerblatt, und starte bei Abschnitt 1 einen neuen Versuch.

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Unentschieden – der Kampf geht in die nächste Runde. Wähle erneut eine zufällige Buchstabe-Zahl-Kombination aus dem Zahlenblock, diesmal jedoch aus der nächsttieferen Zeile, und ermittle mithilfe der Kampftabelle ein neues Ergebnis. Du erhältst entweder eines der obigen Symbole, oder der Kampf verlängert sich wiederum um eine Runde. Dies geht so lange weiter, bis einer der beiden Teilnehmer unterliegt (nach maximal vier Runden).

Beachte: Du kannst im Verlauf deines Abenteuers jederzeit hierher zurückblättern, um dir die Regeln noch einmal durchzulesen.

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Du kannst das Abenteuerblatt unter www.mantikore-verlag.de herunterladen.

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Du kannst die Kampftabelle unter www.mantikore-verlag.de herunterladen.

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Das Abenteuer beginnt

Deine Ankunft in Corallia hattest du dir anders vorgestellt!

Den Bewohnern des abgelegenen Inselreiches im Westen Monravias eilt der Ruf voraus, ein gastfreundlicher, stets gut aufgelegter Menschenschlag zu sein. Als du jedoch nach der Überfahrt über den Golf von Corall im Hafen von Ellga von Bord gehst, ist das Erste, was dir auffällt, eine düstere Aura der Niedergeschlagenheit, die über den Straßen zu liegen scheint wie eine schwere, graue Decke. Seeleute, Hafenarbeiter und Passanten starren betrübt zu Boden, man redet mit gedämpften Stimmen, nirgends ist Gelächter oder eines der heiteren Volkslieder zu hören, für die die königliche Hauptstadt berühmt ist. Sonderbar.

Eigentlich bist du nach Corallia gekommen, um dich im warmen Klima der Insel von den aufregenden Reisen zu erholen, die hinter dir liegen. Über ein Jahr ist es her, dass du Roog, dein Heimatdorf im fernen Konduula, verlassen hast, um auf eigene Faust durch die Länder Monravias zu ziehen. Ein Jahr, das dich durch fünf verschiedene Königreiche geführt hat, ein Jahr, in dem du mehr gesehen und erlebt hast als während deiner ganzen Jugend im drögen Roog. Lange vergessen ist die Schmiede deines Onkels, in der du einst niedere Handlangerdienste verrichten musstest, Seite an Seite mit deinem Vetter Bolko, einem unverbesserlichen Faulpelz und Angeber, dessen Selbstüberschätzung dich mehr als einmal in haarsträubende Schwierigkeiten gebracht hat.

Um zu überleben, hast du deine Dienste im Laufe deiner Reisen immer wieder gegen bare Münze Herrschern, Adeligen oder Geschäftsleuten angeboten. Manche der Missionen, die du als Gegenleistung für Gold, Verpflegung oder Unterkunft angenommen hast, strotzten nur so vor Gefahren, doch jedes Mal bist du siegreich und um einige Erfahrungen klüger daraus hervorgegangen. Einige Wochen an Corallias sonnigen Stränden sollten eine verdiente Belohnung für diese Strapazen darstellen. Doch wie es jetzt aussieht, wird daraus nichts werden.

Durch Straßen, die ebenso deprimierend und leblos wirken wie der Hafen, gelangst du ins Stadtzentrum, wo du in einem Gasthaus mit dem Namen ZUM FECHTENDEN SCHWERTFISCH einkehrst. Obwohl der Laden gut besucht ist und an etlichen Tischen Männer mit Bierhumpen sitzen, wird auch hier weder gelacht noch laut gesprochen. Als der Wirt mit deinem Essen kommt, erkundigst du dich, was hier eigentlich los ist.

»Das weißt du nicht?«, erwidert er kopfschüttelnd. »Vor drei Tagen wurde Prinzessin Sallina, das einzige Kind unseres geliebten Königs Chaldur, von Kreaturen Stormothras entführt, der grässlichen Seehexe! Sie will das Mädchen nur wieder freigeben, wenn König Chaldur ihr die Herrschaft über unsere Insel überlässt.« Als der Wirt merkt, dass die genuschelten Gespräche an dem umliegenden Tischen zum Erliegen kommen und Dutzende Augenpaare anklagend herüberstarren, fährt er mit gedämpfter Stimme fort: »Der König steckt in einer schrecklichen Zwickmühle, denn selbstverständlich ist ein solcher Handel völlig undenkbar. Weigert er sich jedoch, ist die Prinzessin dem Tode geweiht.«

Nach dem Essen setzt du deinen Streifzug durch die Stadt fort. Als du am königlichen Palast vorbeikommst, nutzt du die Gelegenheit, dich bei den Torwachen nach Einzelheiten des schicksalhaften Vorfalls zu erkundigen. Die Männer begreifen schnell, dass du ein weitgereister Abenteurer bist, und führen dich ohne Umschweife ins Innere der Festung. Du wirst in einen kleinen Audienzsaal gebracht, wo du unvermittelt dem Herrscher Corallias persönlich gegenüberstehst.

König Chaldur ist ein milde dreinblickender, unscheinbarer Mann mit einem von Gram gezeichneten Gesicht. »Ein kampferprobter Einzelgänger wie du ist meine letzte Hoffnung«, erklärt er, als du dich nach dem Grund für die unerwartete Ehre dieses Zusammentreffens erkundigst. »Nur jemand, der keine Furcht hat, es mit der schrecklichen Seehexe aufzunehmen, kann meine geliebte Tochter retten – und mein Königreich.«

In dem folgenden Gespräch erfährst du, dass es sich bei Stormothra, der Entführerin von Chaldurs fünfzehnjähriger Tochter, um eine mächtige Schwarzmagierin handelt. Vor mehr als fünfzig Jahren versuchte sie schon einmal, die Herrschaft über Corallia an sich zu reißen, doch Chaldurs Vater, König Bivotar, gelang es, den Staatstreich abzuwehren. In seiner Milde tötete er die Zauberin damals nicht, sondern ließ sie zur Strafe durch seinen Hofmagier mit einem magischen Bann belegen, der Stormothra zwang, fortan unter Wasser zu leben. Auf Rache sinnend zog sich die Hexe auf den Grund des Meeres zurück, und man hörte nichts mehr von ihr – bis vor drei Tagen.

»Meine Tochter machte einen Badeausflug zum Strand«, berichtet König Chaldur dir mit zitternder Stimme. »Ohne Vorwarnung erhob sich ein Heer gepanzerter Hummermänner aus den Fluten, erschlug Sallinas Leibwache und verschleppte das arme Kind! Wenig später erreichte mich eine Botschaft Stormothras: Wenn ich meine Tochter lebend wiedersehen wolle, müsse ich abdanken und die Herrschaft über Corallia offiziell der Hexe übertragen.« Chaldur schüttelt ratlos den Kopf. »Niemand weiß, weshalb Stormothra so großes Interesse an Corallia hat. Meine Berater vermuten, dass eine Teufelei dahintersteckt und die Hexe etwas Grässliches mit der Insel vorhat, sobald sie sie erst in ihren Klauen hat. Ich darf also unmöglich auf den Handel eingehen … auch wenn das bedeutet, dass ich meine einzige Tochter niemals wiedersehen werde.«

»Habt ihr nicht versucht, die Prinzessin zu retten?«, willst du wissen.

»Wie sollte ich das anstellen? Stormothras Palast liegt viele hundert Meter unterhalb des Meeresspiegels. Ich kann kein Heer hinabschicken und sie angreifen wie einen gewöhnlichen Gegner. Hinzu kommt, dass die Hexe über immense Zauberkräfte verfügt. Ein offener Angriff, gleich mit wie vielen Männern, wäre reiner Selbstmord!«

Du siehst den König fragend an. »Aber wie könnte ich in dieser Angelegenheit von Nutzen sein?«

»Meister Marmali, mein Hofmagier, hat einen Weg gefunden, einen Menschen für bestimmte Zeit unter Wasser atmen zu lassen. Mit seiner Hilfe könnte ein Einzelner zum Meeresgrund hinabtauchen, unbemerkt in Stormothras Palast eindringen und meine Tochter befreien.« Der König stößt einen tiefen Seufzer aus. »Ich ließ natürlich sogleich auf der ganzen Insel nach einem Helden von entsprechendem Format suchen. Doch keiner meiner Untertanen ist tapfer genug, dieses Wagnis einzugehen, nicht einmal die Soldaten meiner Leibgarde.«

König Chaldur sieht dich voller Hoffnung an. »Du könntest die Person sein, auf die ich gewartet habe!« Als du nicht sofort etwas erwiderst, fügt er hinzu: »Ich würde dich reich belohnen: Gold, Juwelen, Zaubertränke aus dem Labor Meister Marmalis … was immer du begehrst, soll dein sein. Wenn du mir nur hilfst!«

Du überlegst kurz. »Ich werde es versuchen«, erklärst du dann.

Der König umarmt dich überglücklich und lässt dir ein Zimmer im nobelsten Flügel seines Palasts herrichten, wo du die Nacht verbringst. Am folgenden Morgen bringt man dich zu Meister Marmali, einem alten Mann mit schlohweißem Bart und unergründlichen tiefblauen Augen.

»Zehn Jahre hat es mich gekostet, diesen magischen Trank zu entwickeln«, berichtet er dir, »und noch einmal etliche Monate, um die seltenen Ingredienzien zusammenzutragen. Niemand kann sagen, ob es noch ausreichend Zutaten in Monravia gibt, um eine zweite Portion herzustellen.«

Der Hofmagier reicht dir eine kleine, an einem Lederband befestigte Glasphiole mit einer hellblauen Flüssigkeit darin. »Sobald du dies trinkst, wachsen Kiemen an den Seiten deines Halses, und du bist für eine bestimmte Zeit in der Lage, Sauerstoff direkt aus dem Wasser aufzunehmen. Darüber hinaus kannst du dem Druck in etlichen hundert Metern Tiefe widerstehen wie ein Fisch.«

Beeindruckt betrachtest du die Flüssigkeit in dem Fläschchen. »Leider lässt sich nicht genau vorhersagen, wie lange die Wirkung anhält«, fährt der Hofzauberer fort. »In jedem Fall aber kündigt sich die Rückverwandlung durch ein Kribbeln der Kiemen an. Wenn das geschieht, schluck sofort eine von diesen Perlen.« Er lässt zwei schwarze Kügelchen in deine Hand fallen, klein wie Kichererbsen. »Jede verlängert die Wirkung des Zaubers um mehrere Stunden. Kommst du jedoch zurück an die Oberfläche und tust einen einzigen Atemzug an der freien Luft, verschwinden die Kiemen – augenblicklich und für immer. Sei also vorsichtig, dass dies nicht geschieht, bevor du deine Mission zu einem erfolgreichen Ende gebracht hast.«

Du dankst Meister Marmali, hängst dir die Phiole an dem Lederband um den Hals und verstaust die beiden Perlen in deinem Rucksack (vermerke sie auf deinem Abenteuerblatt). Anschließend bringt dich eine Eskorte zum Hafen von Ellga, wo du an Bord der Wogentänzer gehst, eines eleganten Seglers der königlichen Flotte.

Nach dem Ablegen erklärt dir Kapitän Makrogen, der Herr des Schiffes, das weitere Vorgehen: »Wir steuern einen Bereich des Ozeans rund zehn Meilen nordwestlich von Corallia an. Dort, am südlichen Rand eines aus dem Meer aufragenden Gebirges, befindet sich der Palast der Seehexe.« Er sieht dich ernst an.

»Es wird nicht leicht werden, die Prinzessin aus ihren Fängen zu retten. Stormothras Palast ist riesig, und in seinem Innern wimmelt es vor monströsen Kreaturen, die ihr treu ergeben sind. Hinzu kommt, dass euch Stormothra kaum kampflos ziehen lassen wird, solltest du es tatsächlich schaffen, bis dorthin vorzudringen. Aber vielleicht kann dir etwas hiervon bei deiner Aufgabe helfen …«

Der Kapitän öffnet eine Kiste und holt ein großes Messer, einen Lederschlauch sowie ein in Tuch eingeschlagenes rechteckiges Objekt heraus. Er deutet auf die unterarmlange Klinge.

»Eines unserer Entermesser: scharf, verlässlich und ein guter Begleiter im Kampf. Der Schlauch enthält Trinkwasser. Das mag dir absonderlich vorkommen, aber auch wenn du demnächst im Meerwasser atmen kannst – trinken kannst du es deswegen nicht.« Er schlägt das Tuch auseinander. Ein Kanten bräunlich verschrumpelten Fleisches kommt zum Vorschein. »Pökelfleisch. Eine kräftigende Marschverpflegung, die im Salzwasser nicht so schnell verdirbt.«

Du dankst dem Kapitän und wählst spontan einen der Gegenstände aus, den du auf deinem Abenteuerblatt vermerkst. Dann reckst du deine Nase in den Wind und blickst konzentriert nach Nordwesten, dem Ziel deiner Reise entgegen. Lies weiter bei 1.

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1 Rund eine Stunde später ist es so weit. Kapitän Makrogen lässt die Segel einholen und tritt zu dir an die Reling. Er reicht dir ein Fernglas und deutet nach Norden. Als du durch das Glas schaust, erkennst du mehrere Meilen voraus ein aus dem Ozean aufragendes Gebirge und, unmittelbar davor, die gischtenden Wirbel eines unvorstellbar großen Strudels.

»Dieser Wasserstrudel ist eine magische Abwehrvorrichtung Stormothras«, erklärt Makrogen. »Er macht die See auf etliche Meilen unschiffbar. Ich kann uns nicht näher heranbringen, ohne die Wogentänzer und das Leben meiner Männer aufs Spiel zu setzen. Du musst hier über Bord gehen und den Rest des Weges auf dem Meeresgrund zurücklegen, tief unterhalb des Strudels. Halte dich immer nördlich, dann stößt du früher oder später auf Stormothras Palast.«

Du nimmst die Phiole vom Hals und schaust sie einen Augenblick zweifelnd an. Dann öffnest du sie und trinkst den Inhalt in einem Zug leer. Die Wirkung lässt nicht lange auf sich warten. Die Haut deines Halses beginnt wie verrückt zu jucken, und als du die Hände darauflegst, spürst du Bewegung darunter, wie von zuckenden Muskelsträngen. Plötzlich öffnet sie sich mit einem schmatzenden Laut, und lange Kiemenspalten tun sich auf, drei auf jeder Halsseite. Du steigst auf die Reling, nickst dem Kapitän ein letztes Mal zu und springst über Bord.

Mit einem lauten Platschen tauchst du in die Wellen ein – und japst aufgrund der unerwarteten Kälte sofort nach Luft. Der befürchtete Hustenanfall bleibt aus. Erleichtert stellst du fest, dass Meister Marmali nicht zu viel versprochen hat: Durch die Kiemen an deinem Hals kannst du Sauerstoff aus dem Wasser um dich herum filtern. Es fühlt sich kaum anders an als das Atmen an Land.

Mit raschen Stößen entfernst du dich von der Wasseroberfläche. Du darfst jetzt auf keinen Fall mehr auftauchen, sonst verliert der Zauber seine Wirkung! Umwirbelt von Luftblasen, die aus den Falten deiner Kleidung und dem Innern deines Rucksacks aufsteigen, tauchst du zielstrebig in die Tiefe.

Wenig später erreichst du den Meeresgrund. Feiner Sand wirbelt auf, als du mit den Füßen aufsetzt. Du schätzt, dass du dich rund dreihundert Meter unter der Oberfläche befindest, aber genau wie Meister Marmali es dir versprochen hat, spürst du nichts von dem enormen Wasserdruck, der auf deinem Körper lastet. Auch die Kälte macht dir nichts mehr aus, wahrscheinlich ebenfalls ein Effekt des magischen Tranks. Lediglich dein Herz rast hektisch in deiner Brust – du bist es nicht gewohnt, lange Strecken zu schwimmen, daher beschließt du, einen Großteil des vor dir liegenden Weges zu Fuß zurückzulegen.

Du stellst fest, dass hier unten alle Geräusche gedämpfter klingen als üblich, ansonsten arbeitet dein Gehör wie an der Oberfläche. Hoch droben steht die Sonne zum Glück im Zenit, ihr Licht dringt in dicken Balken bis zum Meeresgrund vor. Winzige Schwebeteilchen tanzen im Wasser, dazwischen huschen bunte Fische umher, die dich neugierig zu begrüßen scheinen. Interessiert siehst du dich um.

Weit im Norden kannst du schemenhaft, wie durch eine schmutzige Glasplatte, den finsteren Umriss des Unterwassergebirges erkennen. Dort, am Fuß jener Gipfel, liegt dein Ziel: die Festung der Seehexe. Der direkte Weg führt durch eine unwirtliche Region aus zerklüfteten Felsspitzen, schartige Klippen, die wie die Zähne eines urzeitlichen Monstrums aus dem unebenen Boden ragen, so weit das Auge reicht. Zwar bist du zuversichtlich, diese Route meistern zu können, sie wird dich allerdings fraglos einiges an Zeit kosten. Westlich davon erstreckt sich sandiger, ebener Meeresgrund. Im Osten lässt sich eine dunkle Wand erahnen, die fast bis zur Wasseroberfläche emporreicht – ein Wald aus Kelp, dessen baumdicke, viele hundert Meter lange Tang-Lianen senkrecht im Wasser stehen und sich in der Strömung hierhin und dorthin wiegen.

Möchtest du den direkten Weg nach Norden einschlagen, quer durch die unwegsame Felslandschaft, lies weiter bei 34. Ziehst du es vor, einen Bogen nach Westen zu machen, um die schwierige Route zu umgehen, lies weiter bei 71. Hältst du dagegen auf den östlich gelegenen Kelpwald zu, um dich im Schutz der riesigen Algen nach Norden vorzuarbeiten, lies weiter bei 288.

2 Blitzschnell machst du kehrt und rennst los. Befrag das Schicksal: Erhältst du img, img oder img, weiter bei 282. Ist das Ergebnis img, img oder img, weiter bei 227, bei jeder anderen Rune bei 98.

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3 In ihrer Raserei schlagen die Hummerwächter weiter und weiter auf deinen reglosen Körper ein. Sie lassen erst wieder von dir ab, als sie dir jeden Knochen im Leib gebrochen haben. Du wachst nie wieder auf – dein Abenteuer hat ein brutales Ende gefunden.

4 Lautlos legst du dich zwischen den moosbewachsenen Steinen auf den Bauch. Der Kugelfisch, der nach wie vor hungrig die Steine abknabbert, kommt näher und näher … Verfügst du über das Talent Verbergen? Wenn ja, weiter bei 268. Besitzt du diese besondere Fähigkeit nicht, weiter bei 234.

5 »Das freut mich«, ertönt die Stimme erneut, wiederum direkt in deinem Kopf. Augenblicke später erscheint eine merkwürdige Gestalt in der Tür der Hütte. Auf den ersten Blick erinnert sie an einen kräftig gebauten Mann mit seltsam breiten Gliedmaßen. Als du jedoch genauer hinschaust, wird dir klar, dass es sich um einen mannsgroßen Seestern handelt! »Du brauchst keine Angst zu haben, Oberweltler«, beruhigt dich die Stimme. »Ich zähle zu den letzten Überlebenden einer uralten Rasse, die einst die Tiefen der Meere beherrschte. Heute sind nur noch wenige von uns übrig, längst erinnert sich niemand mehr des Volks der Pentapoden.«

Dir wird klar, dass sich dein Gegenüber auf telepathischem Wege mit dir verständigt – im Grunde logisch, da er ja keinen Mund im üblichen Sinne besitzt.

»Mein Name ist Bulbish«, fährt der Seesternmann fort. »Wer bist du, Oberweltler, und welche Absicht führt dich unter dem Einfluss eines Kiemenzaubers hierher, in die Tiefen der See?«

Willst du dem Wesen anvertrauen, dass du dich auf dem Weg zum Palast der Seehexe befindest (weiter bei 106)? Oder gibst du vor, du seist ein Wissenschaftler, der im Auftrag von König Chaldur die Tier- und Pflanzenwelt des Meeresgrunds erforscht (127)?

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6 Du kannst dem Sog des Wals nicht entrinnen. Sekunden später durchbrichst auch du gischtend die Wasseroberfläche. Vor Schreck schnappst du heftig nach Luft – und prompt geschieht, wovor Meister Marmali dich gewarnt hatte: Mit einem beinahe schmerzhaften Kribbeln bilden sich deine magischen Kiemen zurück! Als du probehalber erneut tauchst und versuchst, unter Wasser zu atmen, verschluckst du dich und musst erbärmlich husten. Der Zauber ist verwirkt, und mit ihm deine Chance, Stormothras Palast zu erreichen und Prinzessin Sallina zu retten. Zum Glück wirst du wenig später von einigen Fischern aus dem Wasser gezogen, aber das ist nur ein schwacher Trost. Du hast versagt, deine Mission ist gescheitert.

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7 Der Körper des Besiegten hat noch nicht den Boden berührt, da ist ein weiterer Hummermann heran, um seinen Platz einzunehmen:

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Gehst du auch aus diesem Kampf als Sieger hervor, weiter bei 271.

8 Bevor du in den Sichtbereich der Torwächter kommst, biegst du ab und schleichst dich mehrere Dutzend Schritte am Burggraben entlang. Wie du gehofft hattest, gibt es in den höheren Stockwerken des Palastes eine Vielzahl an Fenstern und Schießscharten, Dutzende, vielleicht Hunderte schwarzer Öffnungen, von denen längst nicht alle verriegelt sind. Es wäre doch gelacht, wenn du nicht eine davon schwimmend erreichen könntest! Vorsichtig näherst du dich dem Burggraben und wirfst einen Blick hinein. Am Grund einer gut fünf Meter tiefen, steilen Böschung türmt sich ein wahres Gebirge aus schwarzen Korallen auf. Sie sind vielfach verästelt, wie das Geweih eines Hirschs, und die Spitzen machen einen messerscharfen Eindruck. Darüber hinaus scheinen sie eine klebrige Flüssigkeit abzusondern. Gift? Egal, du hast schließlich nicht vor, dort hinunterzufallen. Schwungvoll stößt du dich vom Rand des Grabens ab und hältst mit kräftigen Schwimmbewegungen auf die Palastmauer zu. Ein, zwei Herzschläge lang geht alles gut, doch dann spürst du, wie dein Körper ohne Vorwarnung von einer starken Strömung erfasst wird! Befrag das Schicksal: Erhältst du img, img, img, img oder img, weiter bei 151, ist das Ergebnis img, img oder img , bei 191. Bei jeder anderen Rune weiter bei 208.

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9 Mit schnappenden Kiefern fährt die Haython auf dich zu. Du musst um dein Leben kämpfen:

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Kannst du deinen Gegner besiegen, weiter bei 153.

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10 Nach und nach werden die felsigen Klippen ringsum flacher, und wenig später stehst du endlich wieder auf freiem, sanft gewelltem Meeresgrund. Erleichtert siehst du dich um. Im Westen kannst du ein langgestrecktes, von Fischschwärmen umwirbeltes Gebilde ausmachen, bei dem es sich vermutlich um ein großes Korallenriff handelt. Östlich ist eine Ansammlung gedrungener Gebäude zu erkennen, möglicherweise eine Art Siedlung. Ziemlich genau nördlich deines Standpunkts ragen die skelettartigen Umrisse von etwas aus dem sandigen Boden, bei dem es sich um ein altes Schiffswrack handeln könnte. Wohin möchtest du dich wenden? Nach Westen (weiter bei 134), nach Osten (142) oder lieber nach Norden (164)?

11 Da du keine Möglichkeit hast, die Haut der Blase zu zerstören, kannst du nichts anderes tun als abwarten, was weiter geschieht. Nach etlichen bangen Minuten erreicht die Blase die Wasseroberfläche. Beim Kontakt mit der Luft zerplatzt sie, das stinkende Gas entweicht und wird vom Wind davongetrieben. Erleichtert, dass die Sache so glimpflich ausgegangen ist, atmest du ein … und erkennst zu spät, dass du einen Fehler gemacht hast: Mit einem schmerzhaften Kribbeln bilden sich deine Kiemen in Sekundenschnelle zurück, genau wie Meister Marmali es prophezeit hat. Als du probehalber tauchst und erneut versuchst, unter Wasser zu atmen, verschluckst du dich und musst jämmerlich husten. Der Zauber ist verwirkt – du hast keine Chance mehr, Stormothras Palast zu erreichen und Prinzessin Sallina zu retten! Knapp eine Meile entfernt siehst du die Wogentänzer in der Dünung treiben. Niedergeschlagen schwimmst du auf das Schiff zu. Dir bleibt nichts anderes übrig, als mit Kapitän Makrogen nach Corallia zurückzukehren und König Chaldur die traurige Botschaft zu überbringen, dass seine Tochter dem Tod geweiht ist. Du hast versagt, deine Mission ist gescheitert.

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12 Zögernd folgst du dem gewundenen Pfad zwischen mannshohen, rhythmisch schwingenden Kelppflanzen hindurch. Du kannst nicht genau den Finger darauf legen, aber etwas an der Art, wie die langen Algen sich bewegen, behagt dir nicht … Als du etwa die Hälfte der Strecke durch das Kelpbeet zurückgelegt hast, wird dir klar, was es ist: Im Schlosspark regt sich nicht die leiseste Strömung. Dennoch bewegen sich die Pflanzen!

Deine Erkenntnis kommt leider zu spät. Schon schießen aus allen Richtungen schlangenähnliche Blätter auf dich zu, wickeln sich gierig um deine Arme und Beine und reißen dich von den Füßen. Du hast dich in eine Kolonie seltenen, fleischfressenden Kelps gewagt! Die Pflanzen werden versuchen, dich zu strangulieren und anschließend in Stücke zu reißen, die sie großflächig auf ihrem Beet verteilen können. So soll dein verfaulendes Fleisch später den Boden düngen, auf dem sie wachsen. Befrag das Schicksal: Erhältst du img, img oder img, weiter bei 119, lautet das Ergebnis img, img , img oder img, bei 201. Bei jeder anderen Rune weiter bei 74.

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13 »Dasss issst leider falsch, Freundchen«, schnarrt dein Gegenüber. »Ssstirb, du Betrüger!« Gleichzeitig reißen die Hummermänner ihre Waffen in die Höhe und kommen bedrohlich auf dich zu. Weiter bei 101.

14 Deine Gabe verrät dir, dass die Ebbe eingesetzt hat. Das bedeutet, der Wasserstand wird während der nächsten Stunde weiter drastisch sinken. Solltest du versuchen, quer über das Plateau in nördliche Richtung zu marschieren, besteht die Gefahr, dass die Hochebene trockenfällt und du in Kontakt mit der Oberflächenluft gerätst – Meister Marmalis Zauber würde verfliegen, und alles wäre verloren. Nach kurzem Abwägen trittst du schweren Herzens den Rückweg an, bis du wieder den Fuß des Steilhangs erreichst. Die Erhebung zieht sich schier endlos nach Westen hin, folglich wanderst du an der Schlucht entlang zurück nach Osten, bis der Grund auf der gegenüberliegenden Seite wieder flach und eben ist. Nun musst du dich entscheiden, ob du doch versuchen willst hinüberzuschwimmen (weiter bei 76), oder ob du lieber auf dieser Seite des Abgrunds in die Tiefe und am nördlichen Rand wieder hinaufklettern möchtest (168).

15 Auch wenn sich dir beim Gedanken daran, woraus dieses Mittel hergestellt wurde, beinahe der Magen umdreht, ist dir klar, dass du die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen lassen darfst. Du ziehst den Stopfen aus der Flasche und trinkst einige Schlucke von der dünnflüssigen, transparenten Flüssigkeit, die sich darin befindet. Die destillierte Seeigel-Galle ist so sauer, dass sich dir bereits beim ersten Schluck der Mund zusammenzieht, doch du trinkst tapfer weiter. Und du wirst belohnt: Kaum ist der eklige Trank in deinem Magen angekommen, beginnt die Stelle, wo dich der Stachel des Teufelshörnchens getroffen hat, abzuschwellen. Der dumpfe, pulsierende Schmerz lässt nach, und ganz allmählich erwacht auch dein Schwertarm kribbelnd wieder zum Leben. Vermerke auf deinem Abenteuerblatt, dass du nicht länger vergiftet bist. Kämpfe kannst du ab sofort wieder normal austragen. Glücklich stellst du die Flasche ins Regal zurück und verlässt die Vorratskammer. Weiter bei 294.

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