Die drei ???® Kids
Band 57
Der Weihnachtsdieb
Mit Illustrationen von Jan Saße
KOSMOS
Umschlag- und Innenillustrationen von Jan Saße, Wilhelmsdorf
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© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-440-13923-3
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
»Schneller, du lahmes Rentier«, lachte Bob. »Hopp hopp! Sonst ist Weihnachten vorbei, bevor wir da sind. Los, zieh schneller!«
Peter wischte sich keuchend die Schneeflocken aus dem Gesicht. »Bob, wenn du den Schlitten ziehen würdest, dann kämen wir überhaupt nicht vom Fleck. Gleich wird gewechselt.«
Doch Bob grinste nur breit und warf Peter eine Ladung Schnee in den Nacken. »Kein Wunder, dass es so schwer geht. Just sitzt hinter mir und macht sich dick.«
Justus Jonas zog ihm mit beiden Händen die Mütze über Augen und Nase. »Was soll das heißen? Ich bin nicht dick, und ich mache mich auch nicht dick. Ich bin einfach etwas schwerer gebaut.« Mit diesen Worten packte er seinen Freund an den Schultern und schubste ihn vom Schlitten in den kalten Schnee. »Jetzt mache ich einen Schneemann aus dir!«, lachte er und sprang hinterher.
Peter ließ sofort die Schlittenleine los und warf sich zu den beiden in das weiße Nass. »Eine Schneeballschlacht? Da bin ich dabei!« Gemeinsam kugelten die drei ??? in einen großen Schneehaufen am Straßenrand, und kurz darauf sahen die drei Freunde aus wie Eisbären.
Es war seit vielen Jahren das erste Mal, dass in Kalifornien Schnee fiel. Seit Tagen hatte der Wetterbericht dieses äußerst ungewöhnliche Ereignis angekündigt. Zunächst wollte keiner so recht daran glauben. Doch als am Morgen dunkle Wolken von den Magic Mountains zum Pazifik herüberzogen, gab es keinen Zweifel mehr: Pünktlich zu Weihnachten wurde das sonst immer warme und sonnige Rocky Beach mit einer dicken Schneedecke überzogen.
Natürlich wollten die drei ??? den herrlichen, seltenen Schnee jede Sekunde ausnutzen und hatten sich deswegen schon sehr früh auf dem Schrottplatz verabredet. Zum Glück hatte Justus’ Onkel Titus auf seinem Gelände einen alten Schlitten entdeckt. Und so konnten die drei ??? eine Schlittenfahrt in die Stadt unternehmen.
Völlig erschöpft lagen die Freunde jetzt nach heftigen Rangeleien im Schnee und hatten Bauchschmerzen vor Lachen. Bob musste erst einmal seine Brille putzen, damit er überhaupt wieder etwas sehen konnte. »Schade, dass bei uns in Kalifornien so selten Schnee fällt«, keuchte er. »Ich könnte den ganzen Tag Schneeballschlachten machen.« Peter rappelte sich auf. »Ja! Schnee in Rocky Beach ist das beste Weihnachtsgeschenk! Ich glaube, ich werde noch schnell meinen Wunschzettel für den Weihnachtsmann ändern. Ab jetzt wünsche ich mir jedes Jahr nur noch Schnee!«
Kaum hatte er das gesagt, sprang Justus erschrocken in die Höhe und schüttelte sich die weiße Pracht ab. »Oje! Das hätte ich fast vergessen! Ich muss doch unbedingt noch herausfinden, was Tante Mathilda sich zu Weihnachten wünscht. Los, auf den Schlitten, Freunde! Ich ziehe euch bis zum Marktplatz. Tante Mathilda wollte nämlich auch gleich in die Stadt gehen. Vielleicht schaffen wir es ja, ihr ihren geheimen Wunschzettel noch irgendwie zu entlocken.« Dann griff Justus sich die Schlittenleine und zog seine beiden Freunde schnaufend die letzten Meter bis in die Stadt.
Auf dem Marktplatz war jede Menge los. Aus der Wasserspritze des tapferen Feuerwehrmanns Fred Fireman hing ein dicker Eiszapfen. Fireman hatte vor vielen Jahren Rocky Beach vor einem Großbrand gerettet. Seitdem zierte sein Denkmal den Brunnen in der Mitte des Platzes. Vor Mister Porters Laden war sogar ein kleiner Weihnachtsmarkt aufgebaut. Es roch nach Pfefferkuchen, heißem Früchtepunsch und Zimtsternen. In der Mitte stand eine bunt geschmückte Weihnachtstanne mit vielen funkelnden Lichtern. Dazu ertönte Weihnachtsmusik.
Bob staunte. »Ein richtiger Weihnachtsmarkt! Mister Porter hat mal wieder an alles gedacht. Wenn er etwas verkaufen kann, reißt er sich dafür wirklich ein Bein aus!«
In diesem Moment kam der geschäftstüchtige Kaufmann aus seinem Laden. Neben einem goldenen Ohrenbackensessel, der dicht neben der Ladentür stand, blieb er stehen. In der Hand hielt er eine Glocke, mit der er jetzt im Takt der Musik bimmelte. »Frohe Weihnachten, liebe Leute! Frohe Weihnachten! Nur einmal werden wir noch wach – heißa, dann ist Weihnachtstag. Wer noch auf der Suche nach einem Geschenk ist, der ist bei mir genau richtig. Hier gibt es alles, was das Herz begehrt. Sehen Sie sich um! Der Weihnachtsmarkt von Rocky Beach ist eröffnet.«
Aus allen Ecken strömten Besucher herbei, und man spürte, dass Weihnachten vor der Tür stand.
Justus sah sich um. »Tante Mathilda ist noch nicht hier. Hoffentlich kommt sie bald.« Justus Jonas lebte, seit er fünf Jahre alt war, bei seiner Tante und seinem Onkel. Seine Eltern waren damals bei einem Unfall ums Leben gekommen. Aber Justus hatte bei seinen Verwandten in Rocky Beach ein neues, glückliches Zuhause gefunden. Und zu diesem Weihnachtsfest wollte er für Tante Mathilda ein ganz besonderes Geschenk finden. Dafür hatte er lange gespart, und Onkel Titus hatte ihm am Morgen sogar noch etwas Geld dazugegeben.
Für Peter und Bob war es Ehrensache, Justus bei der Geschenkauswahl zu helfen. Unzählige Male hatten sie den berühmten Kirschkuchen von Tante Mathilda genossen. Jetzt wollten sie sich auf diese Weise dafür bedanken. Doch leider gab es bei der Suche nach einem passenden Geschenk ein kleines Problem: Keiner der drei ??? wusste, was sich Tante Mathilda eigentlich wünschte.
Neugierig blickte sich Peter auf dem Weihnachtsmarkt um. »Die Frage ist: Was sollen wir deiner Tante schenken, Just?«
»Das ist es ja gerade, Peter. Keine Ahnung! Ich habe schon so oft versucht, sie auszufragen. Aber jedes Mal hat sie nur gelacht und gesagt, dass sie schon alles hat. Sie wünscht sich immer das Gleiche: Alles soll so bleiben, wie es ist.«
Bob lehnte den Schlitten an eine Hauswand. »Komisch. Ich weiß genau, was ich mir wünsche. Und auf dem Wunschzettel, den meine Mutter mir zum Aufschreiben gibt, ist immer zu wenig Platz. Egal, wie klein ich schreibe. Dabei bin ich mir sicher, der Weihnachtsmann würde mir gerne noch viel mehr Wünsche erfüllen. Schließlich bin ich immer ganz brav …« Bob grinste.
Doch kaum hatte er das gesagt, landete eine dicke Ladung Schnee direkt in seinem Gesicht und verschmierte seine Brillengläser. »Der Weihnachtsmann?«, krächzte eine Stimme. »Den Weihnachtsmann gibt es doch gar nicht.«
Justus und Peter rissen ihre Köpfe herum und erkannten sofort, wer sie da belauscht hatte. »Skinny Norris, unser Erzfeind«, brummte Justus.
Eine Sekunde später traf auch ihn ein Schneeball. »Das habe ich gehört, Dickerchen! Ihr könnt euch ja vom Weihnachtsmann wünschen, dass euer heiß geliebter Skinny sich zu Weihnachten ein Bein bricht. Haha! Aber daraus wird nichts, ihr Blödköpfe, denn der Weihnachtsmann liest eure Wunschzettel sowieso nicht.« Jetzt lachte Skinny Norris so laut, dass kaum noch die Musik auf dem Weihnachtsmarkt zu hören war.
Wütend griff Peter in den Schnee und formte eine Kugel. »So, Kollegen«, flüsterte er, »Skinny will eine Schlacht, und die soll er bekommen. Wir sind drei gegen einen. Los!«
Rasch bauten sich auch Justus und Bob einen Schneeball. Dann warfen sie ihre weißen Kugeln gleichzeitig in Skinnys Richtung. Doch ihr Erzfeind warf sich blitzschnell flach auf den Boden, und keines der Geschosse traf.
»Ha! Ihr Blindschleichen! Wer mich treffen will, der muss früher aufstehen. So, und jetzt komme ich.« Skinny formte seinen nächsten Schneeball.
»Achtung!«, warnte Peter. »Er hat einen Eisbrocken in den Schneeball gepackt. Ich hab’s genau gesehen.«
»Skinny«, rief Justus, »man steckt keine harten Dinge in Schneebälle. Das ist gefährlich!«
Doch Skinny lachte nur hämisch. »Bei deinem Fett spürst du doch sowieso nichts, Wampi!« Mit voller Kraft holte er aus, und die eisige Kugel sauste direkt auf Bob zu. Dessen Brille war immer noch verschmiert, und so konnte er kaum etwas sehen. »Kopf einziehen!«, brüllte Peter und riss seinen Freund an der Schulter nach unten. Es war im letzten Moment, denn der vereiste Schneeball verfehlte Bob nur um wenige Zentimeter.
»Mist!«, schimpfte Skinny wütend. Doch dann erkannte er mit Schrecken, in welche Richtung sein Schneeball weiterflog. Wie aus dem Nichts stand plötzlich Kommissar Reynolds direkt in der Flugbahn. »Frohe Weihnachten, Jungs«, begrüßte er die drei ???. Weiter kam er nicht, denn jetzt traf ihn Skinnys Schneeball mit voller Wucht und schoss ihm die Dienstmütze vom Kopf. Kommissar Reynolds aber hatte genau gesehen, wer der Übeltäter war. »Skinny Norris! Ich hätte es mir denken können. Und das zu Weihnachten. Komm sofort zu mir!«
Doch der Junge dachte gar nicht daran und lief einfach weg. »Stehen bleiben!«, rief der Kommissar ihm hinterher. Aber Skinny rannte nur umso schneller und verschwand in einer Seitenstraße. Aus der Ferne hörte man noch sein hässliches Lachen, und kurz darauf erklang das Knattern seines Motorrollers, mit dem er davonfuhr.
Wütend hob der Kommissar seine Dienstmütze auf. »Na schön, den erwische ich noch eines Tages. Typen wie Skinny Norris sind bei der Polizei Dauergäste. Der Junge hat in diesem Jahr schon eine ganze Akte an Straftaten zusammengesammelt: Er hat aus den Reifen eines Polizeiwagens die Luft rausgelassen, Spülmittel in den Brunnen auf dem Marktplatz gekippt, bei Mister Porter Waren geklaut, Wände beschmiert, alte Damen erschreckt, die Schule geschwänzt, Briefkästen angezündet und, und, und … Aber ich lasse mir heute nicht die Laune verderben, denn seit vielen Jahren hat es bei uns in Rocky Beach nicht mehr geschneit. Ist das nicht herrlich? Jetzt kann Weihnachten wirklich kommen. Wie ich höre, hat Mr Porter sogar den Weihnachtsmann engagiert, dem man seine Wünsche ins Ohr flüstern kann.«
»Den Weihnachtsmann?«, fragte Peter.
ich