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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

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5.

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7.

8.

9.

10.

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 1786

 

Das Reparaturgehirn

 

Aus den Memoiren eines Wächters – Atlan erfährt die Geschichte Hirdobaans

 

von Robert Feldhoff

 

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Gegen Ende des Jahres 1220 Neuer Galaktischer Zeitrechnung sind Wesen aus der Milchstraße an verschiedenen Orten Hirdobaans aktiv. So operiert beispielsweise die Besatzung des Riesenraumschiffes BASIS unter Führung von Perry Rhodan in der kleinen Galaxis und versucht alte Geheimnisse zu lösen.

Das Herrschaftssystem in Hirdobaan existiert zu diesem Zeitpunkt seit über tausend Jahren, mit den Maschtaren an der Spitze, mit dem Händlervolk der Hamamesch und den pantherähnlichen Fermyyd, der Schutztruppe der Galaxis, sowie vielen anderen Völkern. Und irgendwo darüber gibt es eine unbekannte Macht namens Gomasch Endredde, nach der sich angeblich alle richten.

Die Spur der Galaktiker führt über das abgeschottete Zentrum der Galaxis – dort liegt Endreddes Bezirk, und in diesem werden rund dreißig Millionen Intelligenzen aus der Menschheitsgalaxis gefangen gehalten. Unter ihnen bewegen sich die sogenannten Phasenspringer, die zwischen dem Bezirk und der »Außenwelt« oszillieren. Während die Galaktiker von der BASIS mittlerweile die Herren der Galaxis, die Maschtaren, stellen und besiegen konnten, ist den Phasenspringern noch nicht so viel Erfolg beschieden. Immerhin gelang es ihnen, die Oszillation zu stoppen und einige Rätsel des Bezirks zu lösen. Eines dieser Rätsel ist DAS REPARATURGEHIRN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der unsterbliche Arkonide erfährt eine alte Geschichte.

Baan Fokker – Ein charismatischer Terraner in Endreddes Bezirk.

Gaschdagan – Ein Hamamesch lernt den Rebellen Fir kennen.

RobRepair – Das Reparaturgehirn übernimmt eine unglaublich schwere Aufgabe.

Perry Rhodan – Der Terraner wittert eine Chance.

1.

Der Prophet

 

27. November 1220 NGZ

 

Der ganz in Schwarz gekleidete Mann betrat in Feldherrnmanier die Kantine. Es wurde still. Wer ihn kommen sah, der hielt den Atem an, ohne es zu merken.

Solche Menschen gab es selten, aber immer wieder, und sie führten entweder ihre Umgebung in den Untergang, oder sie sicherten sich in der Geschichte ihren Platz als Lichtgestalt. In welche Richtung die Waage jedoch ausschlagen würde, das war in diesem Fall noch unklar.

Die Personen, die hinter ihm kamen und die jede Geste in sich aufzusaugen schienen, stellten eindeutig so etwas wie eine Gefolgschaft dar. Auf jede Geste reagierten sie mit andächtiger Bereitschaft. Drei davon waren Ertruser, riesenhafte Kerle mit Sichelkammfrisuren und lärmendem Habitus; was sie jedoch nicht daran hinderte, dem Mann mit allen Zeichen von Unterwürfigkeit zu folgen.

Als er im größten Speisesaal stehenblieb, versammelten die Anhänger sich hinter dem Mann, damit ihm nicht die Sicht versperrt war.

»Sehr schön«, sprach er laut. Er lächelte milde. »Das ist der Ort. Hier geschieht es, wenn die Zeit kommt.«

Die Leute, die es sich an den Tischen ringsum bequem gemacht hatten, schauten irritiert. Irgendetwas hatte er an sich – niemand konnte sagen, was es war, aber sie alle spürten den Zauber.

Der Mann in Schwarz lächelte.

Sein Kleidungsstück warf sachte Wellen. Es sah aus wie ein Talar. Der Respekt, den er offensichtlich genoss, hatte jedoch nichts mit dem Kleidungsstück zu tun. Seine Wirkung hätte er auch im Arbeitskittel oder nackt entfaltet.

Charisma. Augen, die jedes Detail registrieren. Die dich bannen, bis du anfängst zu reden und nicht mehr aufhören kannst. Bewegungen, die immer ein festes Ziel haben.

Der Name des Mannes lautete Baan Fokker. Er war 43 Jahre alt, terranischer Abstammung, besaß schwarzes Haar und große dunkle Augen. Fokker trug einen Schnauzbart und hatte eine athletische Figur, was angesichts der Ernährungsverhältnisse im Bezirk ein halbes Wunder darstellte.

Er sagte: »Ich nehme dieses Regionalkarussell, seine Kantinen und seinen Trichterturm für Endreddes Boten in Besitz. Meine Jünger werden sich an diesem Ort versammeln. – Und ihr anderen«, er bezog mit einer Geste die verschreckten Leute ein, die den Speisesaal bevölkerten, »... werdet verschwinden, so schnell ihr könnt. Dies hier soll meine Kirche sein.« Er machte ungeduldige Bewegungen mit beiden Händen. Niemand reagierte darauf.

»Habt ihr mich nicht verstanden?«, fragte er, mit einem Mal missgestimmt. »Das hier ist jetzt mein Karussellstandort. Endreddes Boten residieren hier. Wer nicht zu ihnen gehört, der soll gehen. Oder er bleibt für immer.«

Als sich noch immer niemand erhob, winkte er die drei Ertruser mit einem Handzeichen nach vorn. Die Riesen stellten sich vor die Anwesenden, hoben sie hoch, schubsten sie unsanft in Richtung Ausgang.

»He! – Was soll das? Ihr könnt das nicht tun! – Mit welchem Recht ...«

Baan Fokker schaute sich den Vorgang gleichmütig an. Eine Stunde später gehörten das Karussell und alle Einrichtungen, die damit verbunden waren, ihm.

 

*

 

28. November 1220 NGZ

 

Der Ruf an die Gläubigen breitete sich wie ein Lauffeuer aus. Man konnte den Galaktikern natürlich nicht ansehen, ob sie gläubig waren oder nicht, aber die meisten kannten sich untereinander.

Die Nachrichtenwege, die der Mann in Schwarz hatte aufbauen lassen, funktionierten perfekt. Über alle Levels, alle Karussells, alle Kantinen hörten sie es: TREFFPUNKT KROUTT AUF ZONDER-MYRY.

Grolfo wusste nicht, wo auf Level 6 das Regionalkarussell Kroutt lag. Man konnte gar nicht alle Karussells kennen, jedenfalls nicht ohne fotografisches Gedächtnis. Aber es war kein Problem, sich zum Thema Kroutt umzuhören. Die Ungläubigen sprachen von nichts anderem mehr. Von einer Unverschämtheit sondergleichen war die Rede; von geradezu frevelhafter Arroganz, ein komplettes Regionalkarussell für sich allein zu beanspruchen.

Jeder wusste nun, was das war: Endreddes Boten. Grolfo verspürte einen unbändigen Stolz, dass er dazugehörte.

Die Bekannten, die er auf Skeat besessen hatte, ließ er zurück, ohne sie mit einem Wort zu informieren.

Kroutt wimmelte von Menschen und Außerirdischen. Es war ein völlig anderes Miteinander als rund um die anderen Karussells. Niemand, der überflüssige Fragen stellte. Keiner, der die Reparaturarbeiten leise oder lautstark verfluchte. Endreddes Boten wollten arbeiten. Unsicherheit hatte in ihren Köpfen keinen Platz, denn Baan Fokker wusste ja, was richtig und was falsch war.

Grolfo fragte sich so lange durch, bis er eine Gruppe fand, die ihn als Mitglied akzeptierte. Sie stiegen durch den Trichterturm hinab und arbeiteten, bis sie nicht mehr weiterkonnten. Syntroniken waren mittlerweile wertlos geworden, so dass man nur noch primitive Werkzeuge zur Verfügung hatte. Aber nicht die Geschwindigkeit war wichtig, sondern die investierte Mühe.

Am nächsten Morgen, noch bevor sie sich an die Arbeit zurückbegaben, rief der Mann in Schwarz sie alle zum Gebet. Sie versammelten sich am Regionalkarussell. Baan Fokker stand auf einer Empore aus Energie. Mit seinen großen Augen blickte er nachsichtig auf die Jünger hinab.

Grolfo war unendlich froh, dass er ihn getroffen hatte, dass das Leben, das er führte, endlich wieder einen klar definierten Sinn besaß. Für Baan Fokker würde er alles tun, was es auch war.

»Ich begrüße euch am Karussellstandort Kroutt«, erhob der Mann in Schwarz seine Stimme.

Ein Verstärkerfeld trug jedes Wort bis in den entlegensten Winkel des Standorts, bis zum Trichterturm und darüber hinaus. Das war auch nötig, weil die meisten viel zu weit entfernt standen, als dass sie ihn deutlich hätten hören können.

Baan Fokker hob als Grußzeichen die linke Hand – die legendäre Vier-Finger-Hand, von der Grolfo schon so oft gehört hatte.

»Wir haben uns an diesem Ort versammelt, um Endreddes Werke zu tun. Die Reparatur des Untergrundes, das ist unser Ziel, und jeder Meter, den wir auf dem Weg zu diesem Ziel zurücklegen, soll zu einem wertvollen Lichtjahr werden.

An jenem Tag, wenn Endredde mit den Wesen im Bezirk abrechnet ... Wenn wir alle uns im Himmel Zeytter wiedersehen ...

Gomasch Endredde wird seinen Jüngern das Heil bringen. Endredde wird erwachen und zu uns kommen. An diesem Tag werden die Anlagen im Bezirk stillstehen, und durch alle Münder wird Gomasch Endredde zu den Reparateuren sprechen und sie zu sich in den Himmel Zeytter rufen.«

Die Predigt des Mannes in Schwarz erfüllte sie mit Hoffnung. Damals noch Süchtige und heute schon an der Schwelle zum Paradies. 118 Millionen Lichtjahre von zu Hause entfernt gibt es plötzlich ein Ziel. Eines fernen Tages, so wussten sie nun, würde sich alles ändern. Dann wäre das Paradies Wirklichkeit.

Er und die anderen horchten, bis der Mann in Schwarz geendet hatte, und verschwanden wiederum im Untergrund. Endreddes Prophet gab ihnen neue Kräfte.

Wenn Grolfo jemals so etwas wie Zweifel gehegt hatte, so verflogen sie schon am nächsten Abend, als er mit seinen neuen Gefährten aus dem Trichterturm an die Oberfläche stieg.

Im ersten Augenblick wusste er nicht, was da passierte, doch dann sahen sie's alle.

Die Opera-Roboter, die sich durch den Bezirk bewegten, kamen der Reihe nach zum Stillstand. Sie rührten sich um keinen Zentimeter mehr. Ihre Rotation stoppte, lief einfach aus, und die silbernen, blauen oder rostfarbenen Diener des Göttlichen sanken auf den Boden – wo sie zur Seite kippten und reglos liegenblieben.

An diesem Tag werden die Anlagen im Bezirk stillstehen ...

Endreddes Boten sammelten sich am Karussell. Baan Fokker schreckte sie mit einer flammenden Rede aus ihrer Müdigkeit.

... durch alle Münder wird Gomasch Endredde zu den Reparateuren sprechen und sie zu sich in den Himmel Zeytter rufen ...

Als sei der Stillstand der Operas nicht genug, kündigte sich bereits die nächste Katastrophe an.

Hoch über dem Karussellstandort Kroutt, im blauen Himmel von Zonder-Myry, hing eine fliegende Werft von titanenhaftem Ausmaß. Sie verdunkelte die Sonne, als sie ganz allmählich niedersank.

»... so seht ihr, wie die Prophezeiung Wahrheit wird!«, donnerte der Mann in Schwarz. »Die Anlagen stehen still! Endredde hat den ersten Schritt zurück ins Leben getan!«

Grolfo sah die Werft mit eigenen Augen landen. Sie ging in wenigen Kilometern Entfernung nieder und war von Kroutt aus nicht mehr sichtbar.

Baan Fokker ließ seine Jünger über den Bezirk ausschwärmen. Gegen Abend brachten alle dieselbe Kunde: Die Anlagen im Bezirk standen still, wohin man auch schaute. Grolfo besuchte persönlich Mollen, Level 12, den granulierten Riesenplaneten. Aber er fand keinen einzigen Roboter, der sich bewegte oder ein Wort von sich gegeben hätte.

Von da an warteten sie mit großer Ungeduld. Nun, da der Himmel Zeytter unmittelbar bevorstand, wollte keiner den größten Augenblick verpassen. Baan Fokker jedoch mahnte die Jünger zur Ruhe. Geduld sollten sie haben, den göttlichen Endredde nicht am zeitlichen Maßstab der Sterblichen messen.

Es dauerte eine Weile, bis Fokkers Worte in die aufgeregten Geister Eingang fanden. Aber was vom Mann in Schwarz kam, das musste Wahrheit sein, und deshalb glaubten ihm die Menschen.

 

*

 

»Atlan! Kannst du mich hören?« Icho Tolot stand mit ausgebreiteten Handlungsarmen vor dem roten Kreis, der den Einflussbereich des Erzählers markierte. Die Zone durchmaß drei Meter. In der Mitte ragte eine silberne, polierte Säule aus dem Boden. Es handelte sich um einen Erzähler, und im direkten Bannkreis wiegte sich der Arkonide zu einem unhörbaren, kaum merklichen Rhythmus.

Ronald Tekener sagte: »Er hört dich ganz sicher nicht mehr, Icho. Gib es auf. Wahrscheinlich erlebt er gerade eine Geschichte mit. Diesmal vielleicht die wahre Geschichte von Gomasch Endredde, wer weiß?«

Icho Tolot starrte den Arkoniden sehr aufmerksam an. Er ließ sich keine Regung des alten Arkoniden entgehen. Anhand winziger Zeichen erkannte er, dass sich Atlan nicht vollständig im Bann des Erzählers befand, dass er eine geringe Restreaktion auf seine Umgebung zeigte. Manchmal blinzelte der Arkonide, und wenn ein lautes Wort fiel, dann zuckte er ein klein wenig zusammen.

»Tolotos!«, drängte Tekener. »Lassen wir ihn hier stehen. Wir müssen herausfinden, was es mit dieser Station auf sich hat. Vielleicht bleibt uns nicht sehr viel Zeit.«

Die Station nannten sie RAILWAY STATION – ein schwer überschaubares Areal von vielen Quadratkilometern Fläche. Es lag 3400 Kilometer vom Südpol des Planeten Zonder-Myry entfernt. RAILWAY STATION diente als Lager- und Verteilerstätte für jene Siegeltechnik, mit der die Raumschiffe der Hamamesch und Fermyyd und der anderen Völker in ganz Hirdobaan versorgt wurden. Über die sogenannten Quaderkreise hatte bis vor kurzem zu jeder Containerwelt eine Transmitterverbindung bestanden.

Nun aber, nach dem Eintreffen des Kommandos Gonozal, war RAILWAY STATION so gut wie zerstört.

Im Zentrum des Areals lag das Positronengehirn. Icho Tolot hatte es so lange mit widersprüchlichen Informationen gefüttert, bis es zusammengebrochen war. All die mechanisierten Abläufe waren außer Kontrolle geraten; in einem Chaos aus Fehlsteuerungen, Explosionen und Zusammenstößen.

Und nun befanden sie sich im »Leuchtturm«, dem Herzstück des Areals. Da die Positronik außer Gefecht gesetzt war, durften sie sich zum ersten Mal seit längerer Zeit in Sicherheit wiegen.

Aber Tekener hatte schon recht, die Sicherheit konnte sich rasch als trügerisch erweisen. Was, wenn die ausgefallenen Operas und Stabroboter wieder zum Leben erwachten? Wenn möglicherweise ein übergeordneter Computer die Steuerung an sich riss?

»Aachthor ...?«

Tolot hob die Arme. Von einer Sekunde zur anderen herrschte völlige Stille. Keiner aus dem Kommando bewegte sich, die meisten holten nicht einmal Atem. Es war ziemlich eindeutig, dass Atlan soeben gesprochen hatte.

»Ich bin nicht Aachthor ...«

Die Stimme des Arkoniden tönte mit sehr geringer Lautstärke, und Icho Tolot war gemeinsam mit Dao-Lin-H'ay vermutlich der einzige, dessen Gehör die nötige Feinheit besaß, um das Gewisper zu verstehen.

Tolot, Tekener, Dao-Lin-H'ay und die Mitglieder des Kommandos warteten voller Spannung ab. Doch der Arkonide sagte kein einziges Wort mehr. Wie erstarrt stand er da, als zur Säule gewordener Mensch mit langen weißen Haaren und grüner Gefängniskleidung.

»Atlan, mein Kleines«, grollte der Haluter. Seine Stimme war nicht übermäßig laut, doch er hoffte mit einiger Berechtigung, dass der Arkonide ihn verstand. »Was bedeutet das, Aachthor? Heißt der Erzähler so? Hat dieser Erzähler etwa einen Namen?«

Atlan reagierte zuerst nicht. Dann aber öffnete er um einen spaltbreit die Augen. Sein Blick war verschleiert, Lichtjahre weit entfernt in einer Geisteswelt; ein Wunder, dass er es trotzdem fertigbrachte, den Haluter zu fixieren.

»Tolotos! Sei still. Ich erfahre alles über das Gehirn.«

»Über was für ein Gehirn?«

»Über die Positronik. RobRepair. So nenne ich sie jetzt.«

Icho Tolot wollte weitere Fragen stellen, doch der Arkonide hatte die Augen wieder geschlossen. Seine Lippen öffneten sich ein bisschen, aus den Gliedern wich die Spannung, und die Restreaktion auf seine Umwelt hörte binnen weniger Sekunden vollständig auf.

»Das hat keinen Sinn mehr«, stellte Ronald Tekener nüchtern fest. »Immerhin hat das Kind jetzt einen Namen. Es scheint so, als bekämen wir es mit ›RobRepair‹ zu tun. Wir müssen die Positronik schnellstens untersuchen. Mit allen Kräften, die wir haben.«

»Ich stimme zu«, meinte Tolot. »Aber wir dürfen Atlan nicht allein lassen. Es könnte sein, dass ihm Gefahr droht. Jemand muss dableiben, der jederzeit eingreifen und ihn befreien kann.«

Unschlüssig schauten sie in die Runde. Das Kommando bestand aus knapp dreißig Personen, die Unsterblichen eingeschlossen, aber keiner zeigte große Neigung, seine Zeit als Wächter zu vergeuden.

»Ich melde mich freiwillig«, zischte Dao-Lin-H'ay plötzlich. »Ich und zwei meiner Leute werden ihn bewachen. Macht euch keine Sorgen, Atlan geschieht nichts.«

»Du?« Ronald Tekener wölbte überrascht die Augenbrauen. »Warum ausgerechnet du, Dao-Lin?«

In Wirklichkeit wollte er wohl sagen: Warum gibt sich eine Aktivatorträgerin mit einem simplen Bewachungsauftrag ab? Aber es wäre herabsetzend den anderen gegenüber gewesen, diese Worte offen auszusprechen.

»Weil ich will, dass Atlan nichts geschieht«, sagte sie. »Und weil ich der Sache nicht traue. Ich befürchte, dass diese Erzählersäule Macht über ihn gewinnt. Er soll uns nicht in den Rücken fallen.«

Tolot brummte lautstark seine Zustimmung. Jetzt zu streiten, das hatte wenig Sinn. Alle freien Kräfte nahmen unverzüglich die Erforschung des Leuchtturms auf. Er selbst und Tekener begaben sich in den zentralen Schaltsaal.

Die 24 Roboter lieferten aus ihren körpereigenen Aggregaten die nötige Energie, um die Positronik sektionsweise wieder in Betrieb zu nehmen. Tolot erteilte den Technikern im Kommando immer wieder Anweisungen, so dass er auf immer neue Bereiche des positronischen Speichers Zugriff erhielt. Bisher hatten sie alles über das Areal RAILWAY STATION erfahren, über die Organisation der fliegenden Werften und die Transmitter, über die angehäufte Siegeltechnik, teilweise beschädigt, teilweise repariert, und über die restliche Hightech-Tauschware der Galaktiker, die auf einer separaten Fläche lagerte.

Nun aber ergab sich ein überraschender Zugriff auf die eigentlich grundlegenden Datensätze. Es brauchte wenige Minuten, dann hatte Tolot erkannt, dass die Verwaltung von RAILWAY STATION nur einen geringen Bruchteil der Aufgaben darstellte.

RobRepair gehörte offenbar zu den wichtigsten Schaltstationen im ganzen Bezirk.

»Tek«, sagte er leise. »Ich habe etwas Wichtiges. Ihr Menschen besitzt ein gutes Wort dafür. Ich glaube, man nennt so etwas ein Wespennest.«

2.

RobRepair

 

29. November 1220 NGZ

 

Du bist also Aachthor!, sagte die mentale Stimme. Der lang Herbeigesehnte.

Atlan hatte keine andere Wahl, als den einmal begonnenen Schritt in die rotmarkierte Zone fortzusetzen. Von diesem Augenblick an konnte er nicht mehr zurück. Vielleicht hätte er aus eigenem Antrieb den entscheidenden Schritt rückwärts getan, doch seine Stiefel fühlten sich an, als steckten sie in einem klebrigen Sumpf, aus dem sie niemand wieder lösen konnte.

Aachthor?, fragte der Arkonide unhörbar zurück. Wer ist das, Aachthor?

Und die lakonische Antwort lautete:

Du.

Was für eine Logik. Bestechend in ihrer simplen, allerdings fehlerhaften Eindeutigkeit.