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Die Ursprünge der jüdischen Mystik ist die erste umfassende Geschichte der frühen jüdischen Mystik vom biblischen Ezechielbuch bis zur frühmittelalterlichen Merkava-Mystik (Thronwagenmystik). Letztere gilt allgemein als die erste vollentwickelte Erscheinungsform der jüdischen Mystik, die weitreichende Auswirkungen auf das klassisch-rabbinische Judentum und das Entstehen der Kabbala im 12. Jahrhundert hatte, und gehört zu den dynamischsten Forschungsgebieten in der Judaistik. Kaum in die Untersuchung der frühen jüdischen Mystik einbezogen wurden dagegen die Hebräische Bibel, die apokalyptische Literatur, die Qumransekte und Philo von Alexandria. Diese Lücke zwischen Ezechiels Schau des göttlichen Thronwagens und der Merkava-Mystik schließt Peter Schäfer in seinem Buch, das als »eines der bedeutendsten Werke über jüdische Mystik seit Jahrzehnten« bezeichnet worden ist.

Peter Schäfer, geboren 1943, von 1974 bis 1983 Professor für Judaistik am Martin-Buber-Institut der Universität Köln, 1983-2008 an der Freien Universität Berlin. Seit 1998 gleichzeitig Professor an der Universität Princeton. Gastprofessuren an der Hebräischen Universität Jerusalem, am Oxford Centre for Postgraduate Hebrew Studies, an der Universität Yale, am Jewish Theological Seminary of America und am Institute for Advanced Study in Princeton. 1994 Leibniz-Preis. 2006 Mellon Award. 2007/2008 Fellow am Wissenschaftskolleg in Berlin.

 

 

PETER SCHÄFER DIE URSPRÜNGE DER JÜDISCHEN MYSTIK

Aus dem Amerikanischen von Claus-Jürgen Thornton

VERLAG DER WELTRELIGIONEN

 

 

Gefördert durch die
Udo Keller Stiftung Forum Humanum

Titel der Originalausgabe:
The Origins of Jewish Mysticism
Tübingen: Mohr Siebeck 2009

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet
über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

eBook Verlag der Weltreligionen im Insel Verlag Berlin 2011
© der deutschen Ausgabe Verlag der Weltreligionen im
Insel Verlag Berlin 2011
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eISBN 978-3-458-76530-1
www.insel-verlag.de

Die Ursprünge der jüdischen Mystik

 

 

 

Margarete Schlüter
in memoriam

Inhalt

Danksagung 11

 

Einführung 15

1 Ezechiels Vision. Der Kosmos als Tempel 59

2 Henoch und sein Kreis. Der Aufstieg zum Himmel 83

3 Henochs Gefährten. Von der Gemeinde zum Individuum 127

4 Qumran. Gemeinschaft mit den Engeln 163

5 Philo. Der Aufstieg der Seele 217

6 Die Rabbinen, erster Teil. Annäherung an Gottdurch Exegese 245

7 Die Rabbinen, zweiter Teil. Die Merkavaim Kontext 296

8 Die Merkava-Mystiker 336

9 Ergebnisse 447

 

Anmerkungen 483

Abkürzungsverzeichnis 598

Literaturverzeichnis 601

Stellenverzeichnis 625

Sachverzeichnis 646

Danksagung

An diesem Buch habe ich viele Jahre gearbeitet. Mit dem eigentlichen Niederschreiben begann ich im akademischen Jahr 2002/2003 während meines Forschungsjahres am Historischen Kolleg in München, aber als ich nach Princeton zurückkehrte, rückten dringlichere Dinge in den Vordergrund. Unter anderem war ich fasziniert vom Thema des Verhältnisses zwischen Judentum und entstehendem Christentum in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten und war gedanklich mit dem beschäftigt, was schließlich zu meinem Buch Jesus im Talmud (im englischen Original 2007 bei Princeton University Press erschienen) werden sollte. Zwar arbeitete ich weiter an meinem Manuskript über die Mystik, aber erst beim folgenden Forschungsjahr am Wissenschaftskolleg in Berlin im Jahr 2007/2008 kam ich in den Genuß der kongenialen Atmosphäre, die es mir ermöglichte, das Manuskript fertigzustellen.

In gewisser Weise faßt dieses Buch meine Ansichten über die frühe jüdische Mystik zusammen. Ich habe jahrelang über dieses Thema geforscht, in der Hauptsache über die Merkava-Mystik, die allgemein als die erste vollentwickelte Erscheinungsform der jüdischen Mystik gilt. In den letzten Jahren ist allerdings die Frage, was vor der Merkava-Mystik geschah, immer dringlicher gestellt geworden. Wir reden von der Kabbala – ein Phänomen, das im Europa des 12. Jahrhunderts entstanden ist – als dem Inbegriff der jüdischen Mystik und betrachten die Merkava-Mystik als eine Art Vorform jüdischer Mystik, die allerdings nicht in die Kategorie Kabbala im eigentlichen Sinne fällt – aber was ist dann mit dem Zeitraum vor der Merkava-Mystik? Können wir zu Recht und vernünftigerweise von jüdischer Mystik als einem einheitlichen, kohärenten Phänomen sprechen, das irgendwann in der Antike (oder sogar in der Hebräischen Bibel?) einsetzte und sich später zu dem entwickelte, was Merkava-Mystik und schließlich Kabbala werden sollte? Viele Gelehrte haben sich sowohl mit der Merkava-Mystik und ihren Auswirkungen auf das klassisch-rabbinische Judentum – tatsächlich ist diese Thematik eines der dynamischsten Forschungsgebiete in der Judaistik der vergangenen dreißig Jahre geworden – als auch mit den Ursprüngen der Kabbala im Buch Bahir befaßt, aber nur sehr wenige haben dem Befund der Hebräischen Bibel, der apokalyptischen Literatur, der Qumransekte und Philos ihre ungeteilte Aufmerksamkeit gewidmet. Es ist diese Lücke zwischen der Hebräischen Bibel und der Merkava-Mystik, die das vorliegende Buch auf systematische und durchdachte Weise behandeln will.

Ich habe vielen Freunden und Kollegen zu danken, die mich auf meinem langen Weg bis zu diesem Punkt begleitet haben. Martin Hengel hat nie aufgehört, mich zu ermutigen, und stand mir bis zu seinem Tod im Jahre 2009 mit seinem weisen Rat zur Seite. Meine Princetoner Kollegin Martha Himmelfarb nahm die Mühe auf sich, das gesamte Manuskript in der englischen Originalfassung zu lesen, und ließ mich an ihrer außerordentlichen Kenntnis der apokalyptischen und der Qumranliteratur teilhaben. Ein weiterer Kollege aus Princeton, Simeon Chavel, las das Ezechielkapitel kritisch durch und beantwortete geduldig meine Fragen. Meine frühere Studentin Maren Niehoff, inzwischen an der Hebräischen Universität Jerusalem, war so freundlich, mein Philo-Kapitel kritisch zu lesen. Mein vormaliger Student Ra῾anan Boustan (Abusch), nunmehr an der University of California in Los Angeles, machte mich auf wichtige Forschungsliteratur aufmerksam. Die (anonymen) Leser, die das Manuskript für den Verlag begutachteten, gaben mir unschätzbaren Rat. Besonders dankbar bin ich dem Gutachter, der freundlicherweise seine Identität preisgab, meinem geschätzten Kollegen Philip Alexander. Obwohl wir über bestimmte Punkte uneins sind (eine Tatsache, aus der ich in meinem Buch keinen Hehl mache), unterzog er nicht nur das Manuskript einer akribischen Lektüre, sondern bot auch in überaus großzügiger und konstruktiver Weise seine Kritik an, eine Behandlung, von der ein Autor nur träumen kann. Ich habe mir viele seiner Ratschläge zu Herzen genommen, und ich hoffe, er sieht es mir nach, wenn ich gelegentlich stur auf meinem Standpunkt beharrt habe. Letzten Endes wird er recht haben mit seiner Einschätzung, daß wir einander näher sind, als es den Anschein haben mag. 

Ich danke Kevin McAllen, dem hochbegabten Redaktor am Wissenschaftskolleg, für die stilistische Überarbeitung des gesamten Manuskripts. Wir haben viele Stunden damit verbracht, die Feinheiten und Geheimnisse der englischen Sprache zu diskutieren, und manchmal akzeptierte er es sogar großzügig, wenn ich mich weigerte, seinem Rat zu folgen. Baru Saul, meine unersetzliche Assistentin, beteiligte sich geduldig und effizient an allen Stufen der Manuskriptentstehung. Marjorie Pannell las das gesamte Manuskript umsichtig und einfühlsam Korrektur.

Die deutsche Fassung wurde in bewährter Weise von Claus-Jürgen Thornton erstellt, der auch die Register angefertigt hat. Ich schätze mich einmal mehr glücklich, daß er es trotz seiner verantwortungsvollen und kräftezehrenden Arbeit für den Verlag der Weltreligionen auf sich genommen hat, auch dieses Buch von mir zu übersetzen. Seine Fachkenntnis war hier ganz besonders gefragt, da die zahlreichen Quellenzitate in den einschlägigen deutschen Übersetzungen verifiziert und, wenn diese sich als wenig hilfreich erwiesen, neu übersetzt werden mußten.

In tiefer Trauer widme ich dieses Buch Margarete Schlüter, die am 2. November 2008 im Alter von 61 Jahren verstorben ist. Margarete Schlüter war meine allererste Doktorandin und lange Jahre meine Kollegin am Institut für Judaistik der Berliner Freien Universität, bevor sie Nachfolgerin meines Lehrers Arnold Goldberg an der Universität Frankfurt am Main wurde. Sie war eine hingebungsvolle Lehrerin und eine Gelehrte, die ihr Leben dem Aufbau und der Etablierung der Judaistik in Deutschland gewidmet hat. Tehe nafshah ẓerurah bi-ẓror ha-ḥajjim.