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PETER BERLING

Das Brandsiegel

Folge XV des 17-bändigen Kreuzzug-Epos Die Kinder des Gral

Historischer Roman

hockebooks

AUSBLICK AUF DIE WEITEREN GESCHEHNISSE

Folge XVI

Das Haupt des Drachens

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Den Sultan von Damaskus befällt Sorge um Reich und Leben. Er schickt den größten und teuersten Teppich der Welt dem heranziehenden Mongolenheer entgegen, ein Geschenk für den Großkhan. In dieser Karawane ziehen auch Roç und Yeza mit. Ein ungebärdiger Emir Anatoliens überfällt brutal den Transport, nicht wegen des kostbaren Riesen-Kelims, sondern um Yeza in seine Gewalt zu bringen. Sie rettet das nackte Leben ihres Geliebten Roç, indem sie sich opfert.

Der Sohn des Sultans wird ausgeschickt, dafür zu sorgen, dass der Teppich als Geste der Unterwerfung sein Ziel erreicht. Er benutzt den Abtransport, um Yeza aus dem Harem des Emirs zu entführen. Von da ab gleicht ihre Reise einem blutigen Balzen um ihre Gunst, Königssöhne schlagen sich tot ihretwegen, bis sie endlich Ruhe und Frieden bei den Sufis in der Oase von Palmyra findet, doch den Teppich, der ihr nur Unglück gebracht hat, wird sie nicht los.

Roç vertändelt die Zeit, die Yeza seiner harrt, mit leichtlebigen Abenteuern. Die Mongolen suchen nach dem ›Königlichen Paar‹, ziehen weiter von Eroberung zu Eroberung, ein abstoßender Ruf von entsetzlichen Grausamkeiten eilt ihnen voraus. So verheeren sie auch Palmyra, Yeza ist entsetzt. Sie wartet nur noch auf Roç, um dann, gemeinsam mit ihm, dem Großkhan mitzuteilen, dass das ›Königliche Paar‹ nicht länger gewillt sei, den von den Mongolen angebotenen Thron über den ›Rest der Welt‹ zu besteigen ….

Reitende Boten aus Karakorum: »Der Großkhan ist tot!«

 

Folge XVII

Ein Teppich in der Wüste

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Epilog

Der unerwartete Tod des unumschränkten Herrschers auf Erden im Herzen des Mongolenreiches eröffnet der Fraktion unter den Dschingiden, die einem Aufstoßen des Tores zur (übrigen) Welt geneigt gegenüberstanden, eine völlig neue Perspektive: Eine Blutsvereinigung des nächsten Großkhans mit dieser ›Prinzessin vom Gral‹. Yeza ahnt nichts von diesen Plänen, aber um Nichts in der Welt will sie ohne ihren geliebten Roç zurück nach Karakorum, dem Sitz des ›Ewig Blauen Himmels‹. Und Roç ist verschollen, oder wollen die, die alles sehen, wie die Adler in den Lüften jede Ameise in der Steppe, ihn nicht finden?

Yeza wehrt sich mit Klauen und Zähnen, die Mongolen sind verzweifelt, während Roç untröstlich und zunehmend erbittert nach ihr sucht.

Den besten Giftmischern des fernen Orients gelingt es schließlich, die tobende Prinzessin in ein Todesschlaf-ähnliches Koma zu versetzen. Waffenstarrend setzt sich ihre Eskorte der ›Söhne des Himmels‹ in Bewegung mit der kostbaren Fracht, der ›Prinzessin vom Gral‹, gebettet auf dem stets mitgeführten, vermaledeiten Riesen-Kelim, in Richtung des verwaisten Throns …

DRAMATIS PERSONAE

DAS KÖNIGLICHE PAAR

Roger–Ramon–Bertrand Trencavel du Haut–Ségur, gen. ›Roç‹

Isabelle–Constance–Ramona Esclarmunde du Mont y Sion, gen. ›Yeza‹

SEINE GEFÄHRTEN, HÜTER UND HELFER

Willem von Roebruk, gen. ›William‹, Franziskanermönch

Jordi Marvel, katalanischer Troubadour

Philipp, Knappe und Page

Sigbert von Öxfeld, Deutschritter, Komtur von Starkenberg

Konstanz von Selinunt, gen. ›der Rote Falke‹, Ritter des Kaisers

Taxiarchos, gen. ›der Penikrat‹, Seefahrer

Gosset, Priester, ehemaliger Gesandter des Königs von Frankreich

Potkaxl, Toltekenprinzessin

Kefir Alhakim, Quacksalber und Flickschneider aus Ustica

Kadr ibn Kefir Benedictus, gen. ›Beni der Kater‹,

Dietrich von Röpkenstein, Ritter des Reiches

Rinat Le Pulcin, Maler und Agent

Arslan, mongolischer Schamane aus dem Altai

AUS OKZITANIEN

Jourdain de Levis, Graf von Mirepoix

Pons de Levis, sein Sohn

Melisende, seine älteste Tochter, Ehefrau des Comminges

Mafalda de Levis, jüngste Tochter des Grafen Jourdain

Simon de Cadet, Neffe des Grafen Jourdain

Mas de Morency, Adoptivsohn des Grafen de Lautrec

Raoul de Belgrave, Ritter

Geraude, Yezas Zofe

MITGLIEDER DES ΤEMPLERORDENS ODER DER PRIEURÉ

Thomas Bérard, Großmeister des Templerordens

Marie de Saint–Clair, gen. ›La Grande Maîtresse‹, Großmeisterin der Prieuré

Guillem de Gisors, gen. ›das Engelsgesicht‹, ihr Stiefsohn

Botho de Saint–Omer, Tempelritter

Lorenz von Orta, Franziskaner

Georges Morosin, gen. ›der Doge‹, Komtur zu Askalon

Jakov Ben Mordechai, jüdischer Gelehrter

Ezer Melchsedek, Kabbalist aus Alexandria

IM DIENSTE FRANKREICHS

Ludwig IX., König von Frankreich

Yves der Bretone, sein Leibwächter

Charles d’Anjou, jüngster Bruders des Königs

ZWISCHEN SIZILIEN UND GRIECHENLAND

Manfred, König von Sizilien

Johannes von Procida, Arzt, Kanzler des Königs von Sizilien

Hamo L’Estrange, Graf von Otranto

AUS DER WELT DES ISLAM

An–Nasir, Ayubitenherrscher, Sultan von Damaskus

Clarion von Salentin, seine Vertraute

El–Aziz, Sohn des An–Nasir Turanshah, Malik von Aleppo, Onkel des An–Nasir

Rukn ed–Din Baibars Bunduktari, gen. ›der Bogenschütze‹, Mamelukenemir

Mahmoud, gen. ›der Feuerteufel‹, sein Sohn

Fassr ed–Din Octay, gen. ›der Rote Falke‹, Mamelukenemir

Madulain, seine Ehefrau, Prinzessin der Saratz

Nur ed–Din Ali, Sohn des ermordeten Mamelukensultans Aibek

Saif ed–Din Qutuz, Nachfolger des Aibek in Kairo

Naiman, sein Agent

Abdal der Hafside, Sklavenhändler

El–Ashraf, Emir von Homs

Abu Bassiht, Sufi

IM KÖNIGREICH JERUSALEM

Rabbi Jizchak, Vorsteher der jüdischen Gemeinde Jerusalems

Miriam, seine Tochter

Jakob Pantaleon, Patriarch von Jerusalem

Plaisance, Königin von Zypern und Jerusalem

Gottfried von Sargines, Bailli des Königreiches

Philipp de Montfort, Herr von Tyros

Julian von Sidon, Raubritter auf Beaufort

Hanno von Sangershausen, Großmeister des Deutschen Ritterordens

Jean de Ronay, Marschall der Johanniter

DANK FÜR MITARBEIT UND QUELLEN

Walter Fritzsche für den Mut, sich auf Thema und Autor eingelassen zu haben, sowie für die ständige Ermutigung des Letzteren, Ersteres voll auszuschöpfen.

Dr. Helmut W. Pesch für die Aufopferung, ein Feld von über tausend Seiten Zeile für Zeile behutsam und (vollhumanistisch) verständig durchfurcht zu haben.

Last not least Michael Görden, der sich als Ansprechpartner von unschätzbarem Wert erwies und als sachkundiger Katalysator bei der Fülle des Materials und der Ideen seines Schutzbefohlenen.

Für das Erscheinen als E-Book danke ich hockebooks für die aufgewandte Mühe und Roman Hocke persönlich für das Eingehen des ungewöhnlichen Experiments eine erfolgreiche Pentalogie in 17 aufeinander folgenden Einzelbänden aufzulegen. Claudia von Hornstein und Julia Hocke für die hilfreiche Mitarbeit.

Bei aller Berücksichtigung von zeitgenössischen Chroniken und Dokumenten wie: Jean de Joinville, Chronicles of the Crusades, hg. The Estate of M.R.B. Shaw, 1963; Kaiser Friedrich II., hg. Klaus J. Heinisch, Winkler-dtv, 1977; Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht, hg. Francesco Gabrieli, Winkler-dtv, 1973; ist für mich das Verfassen eines Romans, der im Hochmittelalter spielt, ohne: Steven Runciman, A History of the Crusades, Cambridge University Press, 1954; undenkbar – ich habe ihm immer wieder zu danken. Flankierend zu seinem opus magnum waren mir von Wert: Otto Rahn, Kreuzzug gegen den Gral, Urban Verlag, Freiburg i. Brsg., 1933; Eugen Roll, Die Katharer, J. Ch. Meilinger, Stuttgart, 1979; Jordi Costa i Roca, Xacbert de Barbera, Llibres del Trabucaire, Perpinya (Cat.), 1989; John Charpentier, L'Ordre des Templiers, Klett-Cotta, Stuttgart, 1959; Hans Prutz, Entweihung und Untergang des Tempelherrenordens, G. Grote'sche Verl., Berlin, 1888; Bernhard Lewis, The Assassins, Weidenfeld & Nicholson, London, 1967; Edward Burman, Gli Assassini, Convivio – Nardini edit., Florenz, 1987; Bertold Spuler, Geschichte der Mongolen, Artemis, Zürich, 1968; Gian Andri Bezzola, Die Mongolen in abendländischer Sicht, A. Francke, Bern, 1974; Friedrich Risch (Hg.), Johan de Piano Carpini, Reisebericht 1245–1247, Leipzig , 1930; Friedrich Risch (Hg.), Wilhelm Rubruk, Reise zu den Mongolen 1253–1255, Leipzig, 1934; und schließlich mein eigenes Buch samt Index und Anhang: Peter Berling, Franziskus oder Das zweite Memorandum, Goldmann, München, 1989 (2. Aufl. 1990).

Roma, den 1. Mai 2012

Peter Berling

ANMERKUNGEN

[1] djelabiah: (arab.) knöchellanges Gewand

[2] Dau: ägyptischer Lastensegler mit schrägem Mast und Dreieckssegel

[3] Memphis: Stadt am Nil südl. von Kairo

[4] Heluan: (Hilwan) Ort am rechten Nilufer südl. von Kairo, bekannt für Kochsalz– und Schwefelquellen

[5] Aqaba: (Akaba) Stadt am östl. Nordende des Golfs von Akaba

[6] Moribunde: (v. lat. moribundus) Sterbenskranker

[7] Amalfi: Stadt am Golf von Salerno

[8] Der Löwe von San Marco: Venedig

[9] Qadda oua …: (arab.) durch glückliche Fügung Allahs

[10] papillons d’amour: (frz.) wörtl. Liebesschmetterlinge; Filzläuse

[11] prima peregrina …: (lat.) ausländische Spitzenhure

[12] Bedrückt steigt …: Moses 21, 7ff

[13] Nur wenn die Seele …: s.o.

[14] Wenn aber nicht …: s.o.

[15] Innerhalb eines …: Moses, 29,11

[16] Dort findet …: Jesaia 64,3 (alle nach: »Der Sohar«, 138f.)

[17] Ave Caesar: (lat.) Heil dir, Cäsar

[18] mira peix: mira–peixes (okzit.), wörtl. bewundere den Fisch; Wappen der Grafen von Mirepoix

[19] Flagellanten: (aus dem Lat.) Geißler; Angehörige frommer Laienbewegungen des 13.–15. Jh., die sich zur Buße geißelten; Mitte des 14. Jh. vom Papst verboten

[20] Thessalien: griech. Landschaft an der Nordwestküste der Ägäis

[21] Via Egnatia: alte Überland–Heerstraße von Konstantinopel zur Adriaküste

[22] Pelagonia: makedon. Landschaft (Pelagonische Ebene); von Gebirgsschutt und Flussablagerungen erfülltes Becken

[23] Askalon: umkämpfte Hafenstadt in Palästina (heute Ruinen), südlichste Bastion des Königreichs von Jerusalem

[24] Plaisance von Zypern: Schwester des Bohemund VI. von Antioch, heiratete König Heinrich I. von Zypern

[25] Bailli: Vogt, regionaler Oberbeamter; Verwalter der Ländereien des Königshauses von Zypern im Heiligen Land

[26] Gottfried von Sargines: Vogt der Königswitwe Plaisance von Zypern

[27] Thomas Agni von Lentino: päpstlicher Legat im Heiligen Land

[28] Philipp von Montfort: einer der wichtigsten Barone von Outremer, Nachkomme des berühmten Simon de Montfort, dem Heerführer in den Albigenserkriegen. Die Montforts saßen im Heiligen Land vor allem in Tyros.

[29] Julian von Sidon und Beaufort: Gegenspieler des Philipp v. Montfort

[30] Atabegh Turanshah: Gouverneur und Malik ( = arab. König) von Aleppo

[31] shoukr Allah!: (arab.) Allah sei Dank!

[32] Hethoum: König von Armenien

[33] Hierosolyma …: (lat.) Jerusalem ist nicht der Ort.

[34] Kapitalstrafe: Todesstrafe

[35] Heliopolis: griech. Stadt und Tempelanlage östl. von Kairo, heute Masr el–Gedida

[36] Negev: Wüstengebiet im Süden Israels

[37] Bi mashiat …: (arab.) Gottlob

[38] inshallah: (arab.) so Allah will

[39] in absentia: (lat.) in Abwesenheit

[40] Karawanserei: Warenumschlagplatz an einer Karawanenstraße

[41] Tscherkessinnen: die Tscherkessen (Zierkassen) sind eine Gruppe (west)kaukasischer Volksstämme, meist Berghirten

[42] Allah ia’alam …: (arab.) Allah sei Zeuge der Größe meines Herzens!

[43] Lamento: (ital.) Wehklage, Gejammer

[44] in nomine ordinis …: (lat.) im Namen der heiligen Streiter des Hauses Christi und der Herren des Tempels Salomos zu Jerusalem (Name der Templer in wörtlicher Übersetzung)

[45] locus sigilli: (lat.) Platz für das Siegel; mit unserem heutigen »gez.« vergleichbar

[46] Ahmed der Henker: nubischer Leibwächter von Abdal dem Hafsiden

[47] sanadel: (arab.) Sandalen

[48] große Pyramide: die Cheopspyramide, die größte P. Ägyptens

[49] Calidarium: (lat.) Warmwasserraum

[50] amama …: (arab.) Turban und Burnus

[51] souk: (arab.) Laden– und Handwerksviertel, Basar

[52] fi shams …: (arab.) in der Sonne Allahs

[53] ya munqadhi …: (arab.) mein edler Ritter

[54] maktab al mina: (arab.) Büro des Hafenkommandanten

[55] Gaza: Stadt im Südwesten Palästinas unweit der Küste, um 2750 v. Chr. gegründet, ab 675 n. Chr. islamisch, nur von 1100–1170 durch die Kreuzfahrer unterbrochen

[56] Der Weise …: Kohelet 2,14, zitiert nach »Der Sohar«, S. 151

[57] iudex caput …: (lat.) Vorsitzender des Gerichtshofes

[58] accusator: (lat.) Ankläger

[59] in res: (lat.) in der Sache

[60] in modo: (lat.) in der Art

[61] Sidi: (arab.) Herr

[62] Samson: Gestalt aus dem Alten Testament mit übermenschl. Kraft; aus Liebe zur Philisterin Delila verriet Samson ihr das Geheimnis seiner Kraft, das in seinem langen Haar lag.

[63] Fürstin Sybille: Tochter des Königs Hethoum I. von Armenien; 1224–1269; Schwester von Sempad und Leo III., heiratete 1254 auf Ludwigs Vorschlag den jungen Fürsten Bohemund VI. von Antioch.

[64] Circe: Zauberin der griech. Mythologie (Odyssee), die Männer in Schweine verwandelte

[65] stigma: (lat.) (äußeres) Mal, Zeichen

[66] Domitas …: (lat.) Die Begierden sind gezähmt.

[67] Substitut: (aus dem Lat.) Ersatz, Ersatzmittel

[68] qahua: (arab.) Teestube

[69] De mortibus …: (lat.) Über Tote soll man nur Gutes reden.

[70] In nomine Dei …: (lat.) Im Namen Gott Vaters und der Ordensritter vom Tempel zu Jerusalem

[71] esgard: Strafe des Templerorden bei Regelverstößen

[72] in dubio pro reo: (lat.) im Zweifel für den Angeklagten

[73] Videant cónsules!: (lat.) Mögen die Konsuln sich kümmern! (Oberstellung an den weltlichen Arm)

[74] murus strictus: (lat.) lebendig eingemauert

[75] Rabbi Jizchak: jüdischer Gemeindevorsteher in Jerusalem

[76] Jehosaphat: das Syrische Viertel in Jerusalem, christl.

[77] Miriam: Tochter des Jizchak

[78] Gottfried von Bouillon: Herzog von Niederlothringen (1088–1100); Herzogtitel für Verdienste als Marschall des Reiches (Rombesetzung); der Titel war nicht erblich, daher nahm Gottfried am 1. Kreuzzug teil und siegte bei Askalon über die Sarazenen; seine Grafschaft verkaufte er zuvor an den Bischof von Lüttich, Bruder des ebenfalls nicht erbberechtigten Balduin, des 1. Königs von Jerusalem.

[79] Mala’oun …!: (arab.) Verflucht sei der Vater der Welt! Verflucht sei der Schoß deiner Mutter!

[80] Te Deum …: (lat.) Dich, Gott, loben wir, Dir, Gott, vertrauen wir.

[81] Tibi omnes …: Dir (gehorchen) alle Engel, Herrscher des Himmels und der Welt. (liturg. Lobgesang)

[82] Mustafa: Schäfer aus Jerusalem

[83] Wenn du eine Perle …: Rumi, a.a.O., S.41

[84] Goi: (Gojim) jüd. Bezeichnung für einen Nichtjuden

[85] Alhami Allah: (arab.) Allah beschütze (uns)!

[86] djinn: (arab.) Geister

[87] Felsendom: (arab. Kubbat As Sahrat) Moschee im Tempelbezirk von Jerusalem, irrtümlich oft Omar–Moschee genannt; 688–691 von Kalif Abd Al Malik über dem heiligen Felsen errichtet, auf dem Abraham das Opfer des Isaak vorbereitet haben soll; eine der heiligsten Stätte der muslimischen Welt.

[88] Al–Aqsa–Moschee: (El–Aksa–Moschee) am südl. Ende des Tempelbezirks v. Jerusalem, der Grundstein wurde zu Beginn des 8. Jahrhunderts gelegt. Nach der Eroberung Jerusalems durch die Kreuzfahrer (1099) wurde an der Westseite der Moschee der Palast der Lateinischen Könige von Jerusalem errichtet, in dem Balduin I. bis 1118 residierte, bis er in den neuen Königspalast im armenischen Garten umzog und Hugo von Payens und dessen Gefährten die Baulichkeiten überließ, die hier den Orden der Tempelherrn gründeten und die Moschee mit ihren Nebengebäuden z.T. als Kirche und Hauptquartier nutzten. Sultan Saladin ließ nach seinem Sieg über die Kreuzritter das Bauwerk wieder in eine Moschee verwandeln (1187).

[89] ius primi supplicii: (lat.) Recht auf die erste Hinrichtung

[90] Chevalier: (frz.) Ritter; niederer frz. Adelstitel

[91] shimtar al badi’a: (arab.) Riesensäbel

[92] Schierling: (Conium maculatum) Bezeichnung für verschiedene Doldenblütler, deren Saft hochgiftig ist

[93] Heureka!: (griech.) Ich hab’s!

[94] Pacta cum …; (lat.) Verträge mit Ungläubigen und Griechen brauchen nicht eingehalten zu werden.

[95] as–saiidun …. (arab.) drei Herrschaften

[96] Manna: (aus dem Alten Testament) das für die Kinder Israels nach ihrem Auszug aus Ägypten vom Himmel gefallene Brot

[97] ebai: (arab.) Tunika

[98] Tepidarium: (lat.) Baderaum mit lauwarmem Wasser

[99] Maria Mater: (lat.) (Gottes)mutter Maria

[100] Filius: (lat.) Sohn

[101] excommunicatio: (lat.) Ausschluss von den Sakramenten der (röm.) Kirche

[102] Der Derwisch …: Rumi, a.a.O., S. 41

[103] Wege der Lieblichkeit …: »Der Sohar«, S. 290

[104] Assiq laiati …: (arab.) Ein Dach über dem Kopf bietet keine Sicherheit, wenn die Mauern nicht auf Allah gegründet sind.

[105] Mein Herz bietet …: zitiert nach Star/Shiva, S. 53

[106] skamlat: (arab.) Taburetts

[107] Lektorknabe: Helfer mit niederer Weihe, der bei der Messfeier die Verkündigung vorliest

[108] Inshallah: (arab.) So Gott will!

[109] Wer die Verbote …: Sohar–Kommentare zu Moses 2,13, .a.a.O., S. 157

[110] Was hängst du …: Rumi, a.a.O., S. 40

[111] ein endloses Fest: Rumi, a.a.O., S. 32

[112] djihad: (arab.) hier in der ursprünglichen Bedeutung »Anstrengung« gebraucht

[113] bismillah: (arab.) im Namen Allahs

[114] moudiat al ‘alam: (arab.) Erhellerin der Welt

[115] muchaddir: (arab.) Narkotikum

[116] Allah jurid dhalek!: (arab.) Allah will es!

[117] barakat Allah: (arab.) und den Segen Allahs

[118] qamis: (arab.) Hemd

[119] siroual dachili: (arab.) Unterkleider

[120] A l’entrada del temps clar …: (altfrz.) Als die schöne Zeit anbrach, heia, um die Freude wieder aufblühen, heia, und das Eis dahinschmelzen zu lassen, heia, da wollte die Königin kundtun, dass sie so verliebt ist.

[121] A la vi’a …: (altfrz.) Hinweg, hinweg mit dem Eis! Lasst uns, lasst uns tanzen miteinand, miteinand. (Refrain)

[122] El’afait …: (altfrz.) Und sie hat befohlen, heia, dass bis an des Meeres Küste, heia, keine Maid und kein Scholar, heia, der nicht zum Tanze eile in fröhlichem Reigen, (anonym. Tanzlied, Ende des 12. Jh.)

[123] Heil dem …: Psalm 65,5

[124] den Antichristen verjagt: Anspielung auf die Schmähung des exkommunizierten Friedrich II. im Jahre 1229 in Jerusalem durch die einheimischen Christen

[125] ex cathedra: (griech.–lat.) wörtl. vom (Papst–) Stuhl; mit dem Anspruch der Unfehlbarkeit

[126] rota fortunae: (lat.) Rad des Schicksals

[127] Du behauptest …: Rumi, a.a.O., S. 36

[128] Daz was ein dinc …: (mhd.) Das war ein Ding, das hieß der Gral, ein Hort von Wundern ohne Zahl. (Wolfram von Eschenbach, a.a.O.)

[129] Behauptet nicht …: Rumi, a.a.O., S. 33

[130] Den wunsch von …: (mhd.) Des Paradieses Preis, des Heiles Wurzel, Stamm und Reis (s. o.)

[131] Ite missa est: (lat.) Ankündigung der Entlassung der Gläubigen am Ende der Messfeier

[132] Allahu akbar …: (arab.) Gott ist größer! Es gibt keinen Gott außer Gott! (Anfang des Abendgebets der Muslime)

[133] Minbar: erhöhter Stuhl (des Predigers)

[134] Ashaddu ana …: (arab.) Ich glaube, dass es keinen Gott gibt außer Gott. Ich glaube, dass Mohammed der Prophet Gottes ist!

[135] Ab la dolchor …: (okzit.) In der sanften Wärme der ersten Jahreszeit sprießen die Wälder und die Vögel singen, ein jeder in seiner Sprache, im Rhythmus eines neuen Liedes. So ist es nur recht, dass ein jeder sein Herz öffne für das, wonach er sich am meisten sehnt. (Guilhem de Peitieus (1071–1127), okzit. Troubadour)

[136] Dous Dieus …: (altfrz.–okzit.) Gott, der Milde, gebe ihr ein in ihr Herz, dass sie mich als ihren Liebsten behält, doch sie ist von so hoher Herkunft, dass sie mich dem Vergessen weihen wird. (Okzit. Version des Tanzliedes »Nouvele Amor Qui si m’agrée« v. Rogeret de Cambrai, 13. Jh., Strophe 2)

[137] Cortez’ e …: So höflich und weise, mit heiterem Gesicht, nie haben meine Augen eine Schönere geschaut. Ihr habt mir die Unrast ins Herz gesetzt, da Ihr Euch meiner nicht erbarmt, (s. o., Strophe 3)

[138] Por li fas …: Für sie lasse ich meine Fiedel erklingen, sanft am Morgen und Abend. Und ein zärtlicher Gedanke erinnert mich an die Wohltaten, die man mir gewährt, (s. o., Strophe 4)

[139] Enquer me…: Ich erinnere mich noch an jenen Morgen, als wir dem Kampf ein Ende setzten. Sie gab mir ein großes Geschenk, ihre Liebe und ihren Reif: Möge Gott mich noch lang genug leben lassen, sodass ich (eines Tages) meine Hände unter ihren Mantel legen darf, (s. o., Strophe 5)

[140] Schœniu lant …: (mhd.) Schöne Lande, segensreiche, hab’ ich als Wandrer viel gesehn. Keines, das sich dir vergleiche: Was sind Wunder hier geschehn! (Walther von der Vogelweide, »Palästinalied«, mhd. Fassung Obermeier, S. 329, Übertragung ebd., S. 235)

[141] Daz ein …: (mhd.) Eine Magd ein Kind gebar: den Herrn über der Engel Schar; war das nicht ein Wunder gar? (s. o.)

[142] Hic la Superba! Hic la Serenissima!: (lat.) Hier ist Genua, dort Venedig!

[143] civitas. (lat.) hier: Zivilisiertheit

[144] unio regni: (lat.) Einheit der Regierung

[145] status quo ante: (lat.) vorheriger Zustand

[146] terra violata: (lat.) entweihte Erde

[147] garde du corps: (frz.) Leibwache

[148] der große Streit von Akkon: Krieg zwischen Genua und Venedig um Handelsmonopole

[149] Ordo Equitum Teutonicorum: (lat.) Deutscher Ritterorden

[150] Armageddon: (hebr.) nach der Johannes–Offenbarung Ort, an dem die bösen Geister die Herrscher der Erde zu großem Kampf versammeln

[151] Gemini: (lat.) des (Sternbildes) Zwilling

[152] Wenn die Seelen …: »Der Sohar«, a.a.O., S.180

[153] Wie der Seele …: s.o., S. 18of.

[154] Jafki! Jafki!: (arab.) Genug! Genug!

[155] Wann, Liebster …: Rumi, a. a.O., S. 85

[156] Ab l’ alen …: (okzit.) Tief atme ich die sanfte Brise ein, ich weiß, sie kommt aus der Provence; alles von dort stimmt mich fröhlich, auch wenn ich vernehme, wie man Gutes über sie spricht, so höre ich zu, und lächelnd warte ich auf den bekannten Duft, dies ist die Freude, die ich spüre. (Peire Vidal)

[157] Jesus betrat …: Rumi, a.a.O., S. 120

[158] beit as–salah : (arab.) Haus des Gebets

[159] Bismillah!: (arab.) in Gottes Namen!

[160] Pater dimitte …: (lat.) Herr, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. (Lukas, 23,34)

[161] E s’ieu sai …: (okzit.) Solange ich sprechen und handeln kann, mag geschehen, was wolle. So gehört ihr meine ganze Dankbarkeit, denn von ihr habe ich Erkenntnis und Talent erhalten, welche aus mir einen fröhlichen Dichter machen. All die Freude, die aus mir strömt, die aus meinem Herzen in die Gedanken dringt, verdanke ich ihrem lieblichen Körper voll Grazie. (Peire Vidal)

[162] Impostoren: Betrüger

[163] Allah uchfurli …: (arab.) Allah erbarme sich meiner sündigen Seele!

[164] gleyiza: (okzit.) Minnekirche

[165] Ein Ende hat …: Hiob 28,3, zitiert nach »Der Sohar«, S. 156

[166] έν άρχή ήν ό λόγος: (griech.) En arche en o logos: Am Anfang war das Wort.

Der Autor

Peter Berling
Peter Berling

Peter Berling wurde am 20. März 1934 in Meseritz geboren, in der ehemaligen Grenzmark Brandenburgs. Seine Eltern waren die Berliner Architekten und Poelzig-Schüler Max und Asta Berling. Jugend, Krieg und Gymnasium in Osnabrück (wohin die Familie 1938 umzog) und auf dem Internat Birklehof im Schwarzwald. 1954 Beginn eines Architektur-Studiums in München, Wechsel zur Akademie der Bildenden Künste, Tätigkeiten als Werbegrafiker, Reiseleiter, Konzertveranstalter, Musikverleger.

Angestoßen durch Alexander Kluge 1959 Einstieg in die Produktion von Filmen, beginnend mit Klaus Lemke, Werner Schroeter und schließlich Rainer Werner Fassbinder. In Folge zunehmender Co-Produktionen mit Italien übersiedelte Berling 1969 nach Rom. Gleichzeitig verstärktes Mitwirken als Charakterdarsteller in weit über 100 Filmen u.a. bei Werner Herzog, Jean-Jacques Annaud, Martin Scorsese, Volker Schlöndorff und R. W. Fassbinder. Sehr spät, erst 1989, begann Berling seine Karriere als Schriftsteller, als Verfasser historischer Romane. Bereits mit dem Zyklus ›Die Kinder des Gral‹ gelang ihm ein Bestseller, übersetzt in bislang 18 Sprachen.

Parallel zum Schreiben tritt Berling in der dtcp-Sendereihe ›facts & fakes‹ bei Alexander Kluge auf. In bis heute mehr als 200 Folgen verkörpert er als Interviewter erfolgreich die verschiedensten Rollen aus grauer Vorzeit, glaubwürdig bis tief in die Wirren des 20. Jahrhunderts, vom Geheimdienstler und Opernsänger bis zum Organhändler, Tiefseeforscher und glücklosen Militärstrategen.

2011 erschien sein autobiografisch angelegter Roman
›Hazard & Lieblos‹, Kaleidoskop eines Lebens, Hoffmann & Campe,
den er lieber ›Liebfeig & Chûzpe‹ getitelt hätte. Demnächst wird Peter Berling 80, kein Ende in Sicht.

WAS DAVOR GESCHAH IN FOLGE XIV

Die Spur des Kelches

Getrennte Wege gehen die ›Kinder des Gral‹. Yeza erreicht Rom, der Papst bestärkt sie in ihrem Wunsch, nach Bologna zu gelangen, zum gefangenen König Enzio, dem anderen Bastardsohn Friedrich II.

Roç, auf Fahrt zu den griechischen Inseln zur Befreiung von Manfreds Braut Helena, gerät bereits vor Linosa in die mit allen Tricks ausgetragene Auseinandersetzung zwischen dem Freibeuter, der Yeza inbrünstig liebt, und den Templern, die beide Kinder hassen. Vor Otranto müssen Roç und sein Nebenbuhler Schulter an Schulter die infame Attacke von Gegnern der Staufersippe abwehren. Zwischen sie platzt die Nachricht: Yeza in höchster Gefahr! Verrat! Bologna und Enzio waren eine Falle, um beide, Yeza und den Kaisersohn, zu vernichten! Der verliebte Freibeuter rettet sie.

Roç dringt tiefer nach Byzanz vor, stößt zwar auf Elena, aber zunehmend auf nicht für möglich gehaltene Tücken und aberwitzige Grausamkeiten der Griechen. Er fällt in die Hände des machtbesessenen ›Despotikos‹, eines rachsüchtigen Bastards der Kaiserlichen Familie.

Yeza entlässt ihren kühnen Seefahrer vor der Küste des Heiligen Landes. Ihr Ziel ist und bleibt Jerusalem.

Roç musste inzwischen den Schwarzen Kelch bis zur bitteren Neige leeren: Er wird derart zusammengeschlagen, dass er schon sein Ende fühlt, er weiß nicht mehr, wo er ist, ob er überhaupt noch lebt …?

I
EIN SCHWARZER STEIN

Der Fant, der Streitwagen, die Pharaonin

Der schwarze Stein! Da lag er, tief unter ihr im Sand. Sonnenkringel glitten über den hellen Grund hinweg, und das Wasser war so klar, dass Yeza meinte, nach ihnen greifen zu können. Doch wusste sie genau, wie trügerisch das Bild sie narrte. So tief konnte sie nicht tauchen, ihr Kopf würde platzen, die Luft ihr ausgehen. Als schöne Leiche würde sie niedersinken, sich zu ihm legen, Fischlein würden an ihr schnuppern und ihr im Sand wehendes Haar bewundern. Yeza riss sich los und tauchte langsam zur Oberfläche empor, wie es Hamo ihr gezeigt hatte. Der wäre vielleicht bis in solche Tiefen vorgestoßen, aber sollte sie ihn in das Geheimnis einweihen? Sie hatte den Stein gesehen, und das sicher nicht zum letzten Mal. Der Stein harrte des Kelches, so lange würde er ihr folgen. Er offenbarte sich dem Königlichen Paar, nicht Yeza allein. So war auch Roç seiner gewärtig geworden. Ihr Trencavel würde sich wieder mit ihr vereinen, dessen war sie sich jetzt gewiss. Yeza durchbrach die sonnenspiegelnden Wellen und atmete prustend die Luft des Himmels, ein ungeheures Glücksgefühl durchströmte sie, Dankbarkeit, zu den Lebenden zu gehören. Dort unten lagerten die grandiosen Überreste einer Totenwelt, Prachtbauten, in denen einst das gesamte Wissen der Menschheit gehortet wurde und doch verbrannte, versank. Paläste, aus denen Riesenreiche beherrscht wurden, in Prunk und unbeschreiblichem Luxus – zerborsten, zerfallen, vergangen. Granitsäulen, dick wie Türme, Kolossalstatuen von Königinnen, Tiergottheiten und Fabelwesen wie Sphingen zeugten von versunkenen Tempeln und ihren Schätzen. Basaltgepflasterte Alleen führten zu ihnen, durch Triumphbögen und über mehrstöckige Brücken, die Inseln und Häfen verbanden. Doch was war geblieben? Ein Haufen Steine im Meer! Aber sie hatte ›ihren‹ Stein gesehen und wusste nun, dass sie auf dem richtigen Weg war. Der schwarze Stein wies nach Jerusalem! Yeza beschloss, für heute nicht weiter in die Tiefe vorzudringen, es gab Herausforderungen, die sich verlockend gaben und den hart straften, der ihnen erlag. Außerdem würde sie den schwarzen Stein nicht wiederfinden, das spürte sie. Er hatte sich ihr gezeigt, und sie spürte die Gefahr, den Sog, den er entfaltete. Yeza schwamm zurück zum Ufer, wo Hamo sie schon ungeduldig erwartete.

»Eines Tages wird Kleopatra dich bei sich in der Tiefe behalten«, scherzte er besorgt, doch Yeza konnte ihn beruhigen.

»Keine Angst, mein Cäsar erwartet mich in Jerusalem!«

»Lasst Euch Zeit mit dem Aufbruch. Mein Koch hat heute einen Hammel am Spieß!« schwärmte der Hausherr. »Fisch hängt mir zum Halse heraus! Wenn wir zu spät kommen, sind die Beilagen verkocht!« Er reichte Yeza ihr Gewand, in das sie schnell schlüpfte, denn es wurde jetzt rasch immer kühler, je tiefer die Sonne als Feuerball im Meer versank. Der Levante frischte auf und blies ihr, das Wasser kräuselnd, Schaumkronen hinterdrein.

Das Haus des Baibars war ein Palast, wenigstens von außen. In seinem geräumigen Innern herrschte die karge Schlichtheit des Soldaten und Jägers. Trophäen, Geweihe aller Art, waren der einzige Schmuck der Räume, und es mangelte nicht an Löwenfellen. Das Gastmahl fand im mit Zeltplanen überdachten Atrium statt. Yeza machte sich nichts aus Hammel, doch sie musste ihm zusprechen, denn gleich bei ihrer Ankunft nahm die uralte Mutter des Bogenschützen sie energisch bei der Hand und führte sie zu der offenen Feuerstelle, wo sich das Tier fetttropfend drehte. Sie säbelte Yeza eigenhändig das beste Schulterstück ab und reichte es ihr an des Riesenmessers Spitze.

»Damit du zu Kräften kommst, mein Kind«, sprach das verhutzelte Weiblein fürsorglich, aber mit Strenge. »Du bist viel zu mager, um einen guten Mann zu finden, und vor dir liegt eine anstrengende Reise durch die Wüste.« Dabei wies sie auf einen Gast, dessen gebeugtes Gesicht vollständig von der Kapuze seines Burnus verdeckt war. Erst jetzt warf er seinen Kopf zurück, und Yeza erkannte den Roten Falken. »Mein Sohn hat ihn geschickt: Ihr müsst morgen schon aufbrechen!« fügte sie bedauernd hinzu. »Ich hätte dich gern noch länger verwöhnt und dich zur Zierde eines jeden Harem gepäppelt, mein armes Täubchen!« Sie tätschelte liebevoll Yezas Arm.

Yeza stopfte den Fleischstreifen in sich hinein, bedankte sich, wehrte eine zweite Scheibe ab und löste sich von der guten Alten.

»Ihr seid wie eine sorgende Mutter«, murmelte sie und dachte, wie wohl eine so zierliche Frau einen solchen Brocken wie den Bogenschützen zur Welt gebracht haben mochte. Der Rote Falke hatte Yezas Fütterung amüsiert verfolgt.

»Ich sehe, hier lässt man Euch nicht vom Fleische fallen, Prinzessin Storchenbein.« Ungeniert, jedenfalls, als die Alte nicht hinschaute, ließ er seine Augen auf ihrer Gestalt ruhen. »Wenigstens habt Ihr so etwas wie einen Busen!«, scherzte er. »Und auch sonst könntet Ihr den Männern schon gefallen.«

»Ich hab’ auf Euch gewartet, Fassr ed-Din Octay«, entgegnete Yeza immer noch mit vollem Mund, aber sie mochte ihm die Antwort nicht schuldig bleiben. »Endlich ein Mann, der meine Reize zu würdigen weiß, während andere achtlos an ihnen vorübergehen. Doch füllen meine Brüste jedes Liebhabers Faust, mein Hintern lockt zum Stoße, und das Storchennest zwischen meinen langen Beinen lädt gern lockere Vögel zum Schnäbeln ein, ohne zu ermüden!« Sie grinste den Roten Falken an. »Die kleine Yeza ist flügge geworden und weiß mit Greifvögeln Euren Schlages gut fertig zu werden!«

»Oho«, rief der Emir verlegen, »Ihr habt Euch in der Tat verändert, Prinzessin, und ich habe es versäumt!«

»Dabei soll es bleiben, mein Prinz. Wie geht es meiner Freundin Madulain? Ich hoffe, eine Frau, die Euch zum Mann hat, muss nicht darben?« Sie setzte sich zu ihm, formte aus dem Mais und dem darin verkochten Gemüse einen mundgerechten Ball und reichte ihn dem Gast. »Euer Mund steht noch so offen«, scherzte sie, »jetzt habt Ihr erst mal zu kauen – und dann brav heruntergeschluckt, mein alter Freund.« Der Rote Falke gehorchte.

»Als ich Kairo verließ, war die Herrin meines Hauses wohlauf.« Er bemühte sich, den Mund frei zu bekommen, doch Yeza fütterte ihn weiter.

»Die Mutter Baibars deutete mir einen baldigen Aufbruch an. Stammt die merkwürdige Ankündigung von Euch?« Diesmal war der Emir nicht zum Scherzen aufgelegt.

»Hat die Alte das gesagt?«, fragte er alarmiert. »Sie steht mit ihrem Sohn in seltsamer Verbindung. Früher dachte ich, sie tauschen Brieftauben aus, aber –«

»Was, aber?«

»Sie hat das zweite Gesicht!«, flüsterte der Rote Falke. »Baibars hat mich wirklich nicht geschickt, es muss etwas passiert sein, das –« Er sprang auf und begab sich gemessenen Schritts zu der Alten, die immer noch mit dem großen Messer die besten Stücke vom Hammel schnitt, damit die Diener sie an die Gäste verteilten. Er zog sie zur Seite und redete leise auf sie ein. Die Mutter Baibars zog schließlich ein Pergamentröllchen aus irgendeiner Tasche ihrer djelabiah[1]. Der Rote Falke überflog es und kam hastig zu Yeza zurück.

»Sultan Ali ist von dem Emir Qutuz gestürzt worden. Madulain ist zu den Beduinen meines Vaters geflohen. Ihr seid in Gefahr! Bisher hat Baibars verhindern können, dass der neue Sultan die Armee gegen Euch einsetzt, aber der Bogenschütze verlangt, dass ich Euch aus Ägypten ins Gebiet der Franken in Sicherheit bringe!«

Inzwischen schien auch Hamo von den Vorfällen erfahren zu haben, denn er war ebenfalls aufgesprungen und hatte sich mit Simon beraten. Jordi war in der Tür erschienen und winkte Yeza zu, die aber keine Zeit für ihn hatte.

»Wieso rückt die Alte erst jetzt damit heraus?« empörte sich Yeza. Der Rote Falke zuckte mit den Schultern.

»Sie weiß es seit dem frühen Morgen, aber sie wollte Euch zu Ehren unbedingt den Hammel braten, das ist ihre Spezialität, und sie verehrt Euch sehr, liebt Euch wie eine eigene Tochter!«

»Großartige Mutterliebe«, spöttelte Yeza, »da riskiert sie, dass ich wie der Hammel ende –«

»Dazu seid Ihr nun wirklich nicht fett genug! Aufregung ändert auch nichts. Morgen früh reiten wir – es machte also doch einen Sinn, dass ich rechtzeitig zur Stelle war. Viel hat sich seit dem Montségur nicht geändert.«

»Doch, ich kann jetzt alleine ›Pipi‹ machen! Und sogar selber denken: Warum nehmen wir kein Schiff?«

»Habt Ihr eins? Die Hafenbehörden werden Euch keines mehr freigeben, auch nicht gegen viel Geld!«

Yeza kam der rettende Gedanke. »Hamo hat ein Schiff!«

»Das hat der Hafenmeister gerade an die Kette gelegt«, erklärte Jordi, der mittlerweile zu ihnen getreten war.

»Dann kommen wir auch mit Kamelen nicht mehr weit«, sagte Yeza resigniert. »Außerdem ist die Durchquerung des Nildeltas von West nach Ost mangels Brücken fast unmöglich.« Ezer Melchsedek gesellte sich aufreizend gemächlich zu der Gruppe um Yeza.

»Die Mutter Baibars will Euch sehen«, flüsterte er ihr zu.

»Entschuldigt mich«, gab Yeza aufgeregt zur Antwort, »aber mir steht jetzt nicht der Sinn nach guten Ratschlägen für meine Ehetauglichkeit!« Ezer ließ nicht locker.

»Ihr könnt ihr den Wunsch nicht abschlagen, sie ist immerhin –«

»Ja, ich weiß: die Mutter des Bogenschützen!«

»Eben, also folgt mir bitte!« Der Kabbalist setzte sich mit solcher Bestimmtheit ein, dass Yeza nachgab.

Die Alte hatte sich inzwischen in ihre Gemächer zurückgezogen. Yeza wunderte sich über die Prachtentfaltung, sobald sie die Schwelle übertreten hatte. Teure Seidenteppiche an allen Wänden, Springbrunnen mit Zierfischen und Vogelvolieren in den hohen Räumen, in denen Palmen bis zur Decke wuchsen. Und es wimmelte von Katzen. »Hier möcht’ ich weder Fisch noch Vogel sein!«, murmelte Ezer, der Yeza begleitet hatte, angesichts der Lieblinge der alten Dame aber verharrte.

»Lasst uns Frauen allein, werter Meister der Vergangenheit und der Zukunft!« bestimmte die Mutter Baibars. »Die Gegenwart gehört uns!«

Sie lagerte auf einem Diwan, in einen kostbaren Mantel aus perlenbesticktem Samt gehüllt, und streichelte zwei bernsteinäugige Perserkater.

»Tritt näher, meine Tochter!« Sie wies Yeza ein Sitzkissen zu, in dem diese fast versank. »Was tut eine kluge Jungfrau, der viele Burschen nachstellen und ihre Tugend bedrohen?«

Gott, der Gerechte! dachte Yeza, jetzt kommt sie mir mit so was! Ich platze! Sie tat es nicht, denn die Dame des Hauses fuhr fort.

»Was also unternimmt eine gescheite Person, die weiß, dass sie verfolgt wird – auch wenn sie ihre Verfolger nicht sieht, diese sie also ebenfalls noch nicht zu Gesicht bekommen haben?« Yeza schüttelte unwillig ihren Lockenkopf. Die Alte lächelte nachsichtig. »Sie geht ihnen forsch entgegen!«

»Ah!« entfuhr es Yeza, nun doch interessiert.

»Es gibt nur noch eine Straße, die man dir offenlässt, weil keiner auf die Idee kommt, dass du eine Dau[2] nimmst und den Nil hinunter nach Kairo segelst!«

»Toll!«, sagte Yeza und empfand das auch ehrlich so.

»Ich habe eine solche Barke, sie ist höchst komfortabel und bietet reichlich Platz für dich und dein Gefolge. Keiner wird wagen, sie zu untersuchen. Erst weit nach der Stadt des Sultans, in der Höhe von Memphis[3], geht ihr an Land, also bei Heluan[4], von wo aus eine Karawanenstraße ans Rote Meer führt. Der Sohn des Großwesirs wird euch den Schutz der Beduinen besorgen. Ich würde an deiner Stelle dann mit einem Schiff um den Sinai herum segeln, statt ihn zu durchqueren. Dann näherst du dich Jerusalem von Süden aus, von dort, wo dich keiner erwartet.«

»Ich bin sprachlos«, sagte Yeza und meinte dies auch, wenngleich sie sich sogleich Lügen strafte. »Mir bleibt nur noch, einen alten Freund zu bitten, mir ans Ende des Karawanenweges eine Galeere zu schicken, die uns weiterbefördert, denn dort wimmelt es von Piraten.« Die Alte lächelte.

»Du hast recht. Die Straße durch die Wüste wird eigentlich nur von Sklavenkarawanen benutzt. Ich habe deshalb auch schon den Hafsiden benachrichtigt, der dort mehrere Schiffe in Bereitschaft hält. Eines wird euch erwarten und nach Aqaba[5] bringen.«

»Das ist großartig!«, rief Yeza und umarmte die alte Dame so stürmisch, dass die beiden Perser zurückwichen. »Wie kann ich Euch nur danken?« Die zierliche Greisin in dem weiten, nachtblauen Mantel beruhigte die Kater, indem sie lässig in eine der runden Kristallkugeln langte und mit blitzschnellem Griff, ohne hinzuschauen, zwei Fischlein am prächtigen Federschwanz erwischte und sie den Persern vorwarf. »Der Sohn meines Sohnes –«

»Ah«, sagte Yeza, »Mahmoud der Feuerteufel!« Das war das erste Mal, dass sie die Alte überraschte.

»Wie nennst du ihn? ›Feuerteufel‹? Das gefällt mir vorzüglich: Mahmoud der Feuerteufel! Nun geh zurück zu deinen Freunden und genießt den köstlichen Fettschwanzhammel! Das wirst du auf deiner Reise durch die Wüste vermissen!« Mit fast herrischer Geste wurde Yeza entlassen. »Ich werde mich um alle Vorbereitungen kümmern!«, rief die erstaunliche alte Dame ihr noch nach. »Etwas vom Hammel werde ich dir noch, in frische Palmblätter gewickelt, als Proviant mitgeben. In feinen Scheiben mundet er auch kalt!«

Wie lange Roç im Graben gelegen hatte, wusste er nicht. Er wusste überhaupt nichts mehr, als Beni und Potkaxl ihn endlich fanden. Sie trauten sich nicht einmal, das blutige Bündel aus dem Schlamm zu heben und wegzutragen. So hockten sie tage- und nächtelang bei ihm, kühlten die einzige riesige Wunde und belegten sie mit allerlei Kräutern, von denen sie hofften, sie würden Linderung bringen. Sie fühlten sich angesichts der furchtbaren Verletzungen ziemlich hilflos, doch instinktiv taten sie vor allem eines, Roçs gequälter Seele nicht zu gestatten, sich leise von dem schwitzend fiebernden Körper in lichtere Höhen zu erheben und sie wie zwei Waisenkinder allein mit einem Kadaver zu lassen. Ohne ihrer Erschöpfung zu achten, redeten sie auf ihn ein, streichelten ihn, sangen ihm Lieder, selbst Liebe machten sie für ihn. Beni und Potkaxl hielten ihn in den Armen und zwangen ihn, bei ihnen zu bleiben, ohne sich um die Nähe von Maugriffe zu scheren. Sie trotzten der Burg, und keiner kam, es ihnen zu verwehren, neben dem Moribunden[6] im Graben auszuharren.

Noch am gleichen Abend, an dem der Trencavel allein zur Burg gegangen war, waren dort die Lichter erloschen. Es entstand viel Unruhe, die Gäste reisten ab, und bald folgten auch hastig das Aufgebot, das der Fürst mit sich geführt hatte, sowie das noch verbliebene Gesinde des früheren Herrn Ugo. Unter schwer bewaffneter Eskorte brachte der Lancia die Braut in einer Sänfte ans Meer, wo seine Schiffe bereit lagen. Eiligst segelten sie davon.

Dann war ein weißhaariger Mann gekommen, hatte sich Roçs Rücken genau angesehen, der inzwischen zu einem blühenden Feld schwärender, eiternder Wunden gediehen war. Er kam zurück, diesmal mit einem Wägelchen, das ein Hund zog, der aussah wie ein Bär, doch gutmütig war wie ein Lamm. Der Alte brachte verschiedene Tiegel mit Salben und Tinkturen. Auch flößte er Roç ein Getränk ein und hinterließ mehrere Amphoren mit dem gleichen Saft. Er nannte weder seinen Namen, noch verlangte er Bezahlung. Der große Hund leckte Potkaxl die Hand. Da lächelte der Alte dankbar und entschwand. Kurz darauf entrang sich Roç das erste Mal wieder ein Zeichen von Leben – er atmete regelmäßig.

Die Prise

Die ›Atalanta‹ flog mit vom Schirokko geblähten Segeln gen Westen. Der Sturmwind wehte so kräftig, dass die Wellen weiße Schaumkronen trugen und der zusätzliche Einsatz der dreifach übereinander gesetzten Ruderreihen sich erübrigte. Er hätte sie eh nicht voll bemannen können, denn es waren ihm nach allen Aufenthalten und Wechseln nur noch die Rudersklaven geblieben, die seit Linosa auf der ›Atalanta‹ geblieben waren, weil sie nicht wussten, wohin sonst. Das gewaltige Flaggschiff der Templer war ihre einzige Heimstatt. Dem Taxiarchos kam auch sonst die schnelle Fahrt recht gelegen, sie zerrte ihn weg von der Küste, wo er seine Liebste hatte lassen müssen, und trug ihn neuen Abenteuern entgegen, den fernen Inseln des Vergessens. Sinnend stand er allein am Ruder, ließ sich den Wüstenwind durch das Haar fahren. Er träumte von Mericas klaren Buchten, in denen sich die Palmen spiegelten und farbig bemalte, mit Schnitzereien reich verzierte Einbäume dem Fremden entgegenschossen zum freundlichen Empfang. Stahlblau wölbte sich der Himmel, leergefegt von jeder Wolke. Da sah er am Horizont die Segel, weißes Tuch mit dem roten Tatzenkreuz. Weit gefächert versperrten sie ihm den Weg, in mehreren Reihen hintereinander gestaffelt. Wenn sie diese Taktik beibehalten, frohlockte der Taxiarchos, dann würde die ›Atalanta‹ durch die Kette hindurchschießen, ohne auch nur ein einziges der sich ihr entgegenstellenden Schiffe zu streifen! Doch da zogen sie sich zur Küste hin zusammen, wie Perlen an einer unsichtbaren Schnur. Sie gaben ihm freie Passage! Der Taxiarchos mochte es nicht glauben, und er tat recht daran, denn von Norden her tauchten jetzt Mastspitzen auf, so dicht wie die langen Lanzen eines Reiterheeres. Als er die ersten Fahnen sah, schwarze Adler auf goldenem Grund, weiße Kreuze auf rotem Tuch und noch viele andere Farben, da wusste er, dass die Sizilianer und die Genuesen, die Pisaner und die von Amalfi[7] mit von der Jagdpartie waren. Das gesamte Imperium schien dem Ruf der Templer gefolgt, selbst der Löwe von San Marco[8] gab dem Orden Schützenhilfe bei der Hätz auf die geraubte ›Atalanta‹. Mochten sie sich im Heiligen Lande zwischen Akkon und Tyros die Köpfe einschlagen, sich gegenseitig die Flotten verbrennen und versenken, hier galt das alles nicht. Hier galt es, Recht und Ordnung durchzusetzen, dem frechen Freibeuter das Handwerk zu legen. So musste er ihnen erscheinen, und so würden sie ihn behandeln! Ein riesiger Sack hatte sich aufgetan, und in den rauschte die stolze ›Atalanta‹ voll hinein wie in eine Reuse. Wenden machte auch keinen Sinn. Es gab nur einen Ausgang aus dem Mittelmeer und der lag vor ihm, bei den Säulen des Herkules, dem Djebl al-Tarik – unerreichbar! Und selbst in seinem Rücken, wenn er ihnen davonfahren konnte, war keine Meeresenge einfacher zu blockieren als der Bosporus! Also Kampf bis zum bitteren Ende? Wozu sollten sich seine Turkopolen und Rudersklaven, die wenigen Moriskos aus Otranto und die Handvoll Lancelotti, die ihm verblieben waren, abschlachten lassen? Es ging doch nur um ihn! Seine Gegner würden ihn von allen Seiten in die Zange nehmen und mit Pfeilen so lange eindecken, bis sich auf den Planken der ›Atalanta‹ nichts mehr rührte, denn mit Katapulten würden sie den Augapfel des Großmeisters nicht beschießen, sie wollten ihn lebend – und das Schiff unversehrt. Alle seine Mannen waren längst an ihre Posten geeilt, starrten zum Heck hinauf, harrten seines Befehls.

»Refft die Segel!« kommandierte er. »Legt die Waffen nieder! Keine Gegenwehr!« rief er vom Heck hinab. »Ich danke euch allen für den Dienst, den Ihr mir bis hierher erwiesen. Unsere große Fahrt über den Oceanus ist beendet.« Der Taxiarchos musste schlucken, um nicht von den Gefühlen übermannt zu werden, die auf ihn einstürmten. »Es hat nicht sollen sein.« Die Lancelotti schlugen wild ihre Sensen aneinander, sie würden mit ihm kämpfen bis zum letzten Blutstropfen! Genau das wollte er vermeiden. »Ich werde mich ergeben und der Justiz des Ordens ausliefern.«

So schloss er mit trockener Stimme seine kurze Ansprache.

Der Taxiarchos hielt seinen Platz am Ruder, die Fahrt der ›Atalanta‹ verlangsamte zusehends und kam zum Stillstand. Die Herrin der Meere wiegte sich im Wellengang. Zaghaft schoben sich die vordersten Segler näher, hielten respektvollen Abstand. Man ließ den Templern den Vortritt. Ihre Boote umringten bald im dichten Kranz den wiedergewonnen Stolz der Flotte. Der Orden hatte seine ›Atalanta‹ wieder! Die ersten Ruderbarken wurden mit Rittern in der weißen Clamys besetzt und näherten sich mit zügigem Schlag der hohen Bordwand.

Der Taxiarchos erteilte seinen letzten Befehl: »hisst die Flagge mit dem Tatzenkreuz!«

Er hatte auch das königliche Banner von Sizilien in Verwahrung. Warum sollte er König Manfred mit hineinreißen? Hätte er den geheimen Auftrag des Johannes von Procida befolgt, wäre er jetzt längst jenseits des großen Oceanus, für keinen erreichbar.

Die Ritter in der weißen Clamys mit dem roten Tatzenkreuz hangelten sich hoch und stiegen an Deck. Gemessenen Schrittes kamen sie auf den Penikraten zu.

Der Taxiarchos blieb auf seinem Posten und sah ihnen sinnend entgegen. Er dachte an Yeza – sie war die ferne Insel, er hatte sie erreicht. Der Einsatz hatte sich gelohnt, weit mehr als alle Schätze von Merica. Er träumte von ihrem goldenen Haar, ihrem schlanken Körper, den sie ihm geschenkt. Ihre grünen Augen sahen ihn an – ihr Sternenblick würde ihn begleiten, solange sein Herz noch schlug.

»Seine Stirn ist kühl!«, ließ sich eine Stimme äußerst befriedigt vernehmen, und Roç spürte das Wegziehen einer warmen, fleischigen Hand. Als er die Augen aufschlug, lag er, schweißgebadet in weißes Linnen gehüllt, auf einem ziemlich harten Lager, in einem Zelt, dessen Bahnen das Licht der Sonne milde filterten. Der luxuriös ausgestattete luftige Pavillon stand auf dem Heck eines großen Seglers. Roç erkannte das Schiff sofort, es gehörte dem Hafsiden, und es ankerte friedlich in einem Hafen. Hatte er alles nur geträumt? Er tastete vorsichtig nach seinem Rücken, doch dann bemerkte er, dass sein Brustkasten bandagiert war. Und selbst diesen Griff, die geringe Drehung des Körpers, zahlte ihm der mit einem schmerzhaften Stich heim.

»Ihr solltet Euch noch möglichst wenig bewegen, lieber Herr«, sagte eine weibliche Person, die er nicht sehen konnte, doch dann beugte sich Geraude über ihn, und er konnte hinter dem klaffenden Kittel ihre milchigen, weichen Brüste erspähen. Sie strich ihm mit einem feuchten Lappen über das verschwitzte Gesicht. »Wir mussten Euch an das Bett fesseln«, plauderte sie verschämt, »damit Ihr nicht herausfielt, denn wir hatten einen argen Sturm zu bestehen –«