Karsten Flohr

Zeiten der Hoffnung

Roman

Insel Verlag

eBook Insel Verlag Berlin 2012

© Insel Verlag Berlin 2012

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Umschlag: Cornelia Niere, München

Umschlagfoto: plainpicture/Arcangel

eISBN 978-3-458-77460-0

www.insel-verlag.de

Inhalt

1. Berlin

Der Geburtstag · Das Pferd · Der Kaiser · Das Fest · Geschäfte

2. Togo

Aiauschi · Die Klinik · Der Regen · Priester

3. Lagarde

Großmutter · Adèle · Printemps · Hunde · Die Mütze

4. Berlin

Frauen · Brüder · Charlotte · Hosen · Blessuren · Arbeiter · Elisabeth · Herren · Wasser · Entscheidungen · Vorbereitungen · Überraschungen · Bewegung · Gedanken · Freiheit · Post · Besuch

5. Dinant

Gespenster · Schützen · Abschreien · Rogér · Vorgärten

6. Meaux

Der Wisperer · Wiedersehen · Kartoffeln · Der Fluss · Das Ungeheuer · Ewigkeit

7. Berlin

Negerinnen · Eheliche Treue

8. Verdun

Verpasst · Schaufeln · Der Wal · Die Taube · Österreicher · Gas

9. Berlin

Im Netz · Weltenretter · Steckrüben · Wilder Friede · Fieber · Bilder · Heimkehr

Im Andenken an Albert Mayer und Jules-André Peugeot*

* Caporal Peugeot und Leutnant Mayer waren am 2. August 1914 die ersten beiden Opfer des Krieges, der 17 Millionen Menschen das Leben kostete.

1. Berlin

Der Traum wollte nicht weichen. Immer wieder schob er sich zwischen Wilhelm und den anbrechenden Tag. Er kannte diesen Traum, schon häufiger war die Gestalt erschienen, und jedes Mal war er sich im Unklaren darüber gewesen, ob er sich vor ihr fürchten sollte. Eigentlich bestand kein Grund dazu, die freundlichen Augen in dem schwarzen Gesicht verhießen nichts Böses, aber da war noch irgendetwas anderes an diesem seltsamen Mann, der gekleidet war wie ein preußischer Offizier und einen Knochen durch die Nase trug. Es gelang Wilhelm, einen Entschluss zu fassen: Für heute würde er den Traum auf sich beruhen lassen – soll der Neger seines Weges gehen und machen, was er will. Er gehörte nicht in die Welt dieses Tages, der ihn mit offenen Armen erwartete.

Wilhelm schlug die Augen auf, als er ein Klopfen an seiner Zimmertür hörte und eine vertraute Stimme: »Geruhen Euer Gnaden, die Tür zu öffnen, oder muss ich sie eintreten?« Leise erhob er sich aus dem Bett und ging zur Tür. Er legte ein Ohr an das Holz und lauschte. Er hörte die entfernten Stimmen aus der Küche und aus dem Salon und wusste, was dort jetzt geschah: Man bereitete seinen Geburtstag vor. Aber er hörte auch das ungeduldige Scharren der Füße seiner Schwester, die direkt vor der Tür stand. Er zuckte zurück, als sie laut rief: »Nun, dann muss es wohl so sein!« Wilhelm wartete noch zwei Sekunden, dann drehte er den Schlüssel im Schloss und riss die Tür auf. Elisabeth stolperte ins Zimmer und tat so, als hätte sie bei dem Versuch, die Tür einzutreten, das Gleichgewicht verloren. Er breitete die Arme aus und fing sie auf.

»Herzlichen Glückwunsch!«, sagte sie leicht außer Atem. »Nun kann ich dich endlich als vollwertigen Menschen akzeptieren.« Sie gab ihm einen Kuss auf die Nase. »Jetzt sind wir wieder für ein paar Wochen gleich alt. Weißt du schon, was du mir zu meinem Geburtstag schenken wirst?«

»Erst mal musst du mir ja wohl etwas schenken«, sagte er, während er seine Mutter rufen hörte: »Kommt er nun endlich?« Elisabeth drückte ihm ein kleines, quadratisches Paket in die Hand.

Der Geburtstag

Als Wilhelm eine Viertelstunde später den Salon betrat, trug er die Gala-Uniform eines Husaren des 4. Kaiserlichen Reiterregiments. Draußen begann es bläulich zu dämmern, neuer Schnee, der in der Nacht gefallen war, lag auf den Ästen der Tannen vor dem großen Salonfenster, der Raum war hell erleuchtet, der Kronleuchter strahlte über dem festlich gedeckten Frühstückstisch. Es war acht Uhr. Die Beleuchtung hätte durchaus noch heller sein können, man hätte trotzdem kein Staubkörnchen entdeckt – nicht an einem Geburtstag im Haus der von Schwemers. Zumal dies kein gewöhnlicher Geburtstag war, denn es wurde auch am anderen Ende der Stadt gefeiert, von einem anderen Wilhelm: Der 27. Januar war der wichtigste Tag im Deutschen Reich, jedes Jahr aufs Neue seit nunmehr fünfundzwanzig Jahren – Kaisers Geburtstag.

Die Gratulanten im Speisesalon strafften ihre Haltung. Ganz hinten standen die drei Hausmädchen, davor die Köchin und der Küchenlehrling, dann die Haushälterin, die vor wenigen Augenblicken noch einmal mit dem Staubwedel durch den Raum gegangen war. Ein kleiner Abstand, und dann: seine beiden Brüder, davor Elisabeth und Helène, seine Mutter. Und davor: Richard Freiherr von Schwemer, die Arme ausgebreitet auf seinen ältesten Sohn zugehend, so dass der maßgeschneiderte Gehrock an den Seiten einige unschöne Falten warf.

»Wilhelm!«, sagte er ergriffen und fasste seinen Sohn fest bei den Schultern. Er musste dafür die Arme nach oben strecken. »Ich bin ja nun schon seit einigen Jahren daran gewöhnt, zu dir aufzublicken, die Jugend wird ja heute riesengroß! Aber siezen muss ich dich erst seit heute: Wilhelm, du bist jetzt 21. Ich bin stolz auf dich!«

Wilhelm ließ den Versuch seines Vaters zu, ihn an seine Brust zu ziehen, obwohl klar war, dass dies erfolglos bleiben würde, da dessen würdevoller Bauch dabei unüberwindlich im Wege stand, und hob dabei den Blick über den Kopf des Vaters hinweg zu seiner Mutter. Gerade noch konnte er das amüsierte Zucken ihrer Mundwinkel wahrnehmen, bevor sie seinen Blick bemerkte, die Haltung straffte und mit ernster Mine zustimmend nickte.

Als Erster applaudierte Karl, der jüngste Bruder Wilhelms, und nachdem alle Familienmitglieder in die Hände klatschten, fiel auch das Personal mit ein. Aber Wilhelm spürte, dass etwas fehlte. Er blickte zur Durchgangstür des Wintergartens, in dem sich die reglosen Umrisse einer Gestalt abzeichneten: Aiauschi, der neue Hausdiener, den der Vater erst vor wenigen Wochen von einer seiner Reisen in die Kolonie Togo mitgebracht hatte. Aiauschi applaudierte nicht, er blickte geistesabwesend durch das Fenster hinaus in den Schnee.

Beim Frühstück saß Wilhelm am Kopf des Tisches auf dem thronartigen Stuhl des Vaters, der normalerweise von hier aus der Familientafel vorstand, außer an ebenjenen Tagen, an denen einer seiner Lieben Geburtstag hatte. Rechts von Wilhelm saß Helène, die immer wieder unauffällig für einen kurzen Moment ihre Hand auf die ihres Sohnes schob. Wilhelm mochte diese Berührungen, trotzdem waren sie ihm peinlich. Seit er vor zwei Jahren die Ausbildung zum Husarenoffizier begonnen hatte, legte er Wert auf Männlichkeit. Bei den Husaren zählte nur eines: ein ganzer Mann sein! Wenn einer der Kameraden sähe, dass seine Mutter ihn von Zeit zu Zeit immer noch wie einen kleinen Jungen tätschelte, Wilhelm wäre vor Scham im Erdboden versunken. Und dafür schämte er sich dann doppelt. Denn er liebte Helène eben dafür, dass sie so ganz anders war als die übrigen Damen der Berliner Gesellschaft.

Alle hatten ihre Aufmerksamkeit dem Vater zugewandt, der unaufhörlich schwadronierte. Daran war man gewöhnt bei Tisch, beim Frühstück jedoch war es für den einen oder anderen schwer zu ertragen. Erfreulicherweise gab es diese gemeinsamen Morgenmahlzeiten nicht alle Tage, der Vater war meist schon aus dem Haus und auf dem Weg zum Amtssitz seiner Behörde, wenn die anderen sich zum Essen niederließen, oder er war auf einer der langen Reisen, die seine Tätigkeit als Leiter des Kaiserlichen Kolonialamtes mit sich brachten. Das waren die Wochen, in denen die Familie sich entspannen konnte. Denn wenn er anwesend war, hieß es, ihm stets genau zuzuhören, es konnte jederzeit geschehen, dass er sich plötzlich an einen der am Tisch Sitzenden wandte und fragte: »Was habe ich eben gesagt?«

Es war ratsam, dann sehr präzise seine Ausführungen wiedergeben zu können. Nicht, weil mit Sanktionen zu rechnen gewesen wäre, sondern weil es passieren konnte, dass der Freiherr bei Nichtgefallen der Antwort die Runde verließ und sich schmollend in sein Rauchzimmer zurückzog. »Hier interessiert sich keiner für das, was ich sage«, klagte er dann meist noch, bevor er den Raum verließ. »Ich verschaffe dem Reich ständig neue Untertanen und mehre das Vermögen der Deutschen unablässig, sogar der Kaiser leiht mir sein Ohr. Aber hier hört mir keiner zu …«

Die leise gemurmelten Entschuldigen konnten ihn dann nicht umstimmen. Wilhelm argwöhnte schon lange, dass es seinem Vater in Wahrheit nur darum ging, nicht noch länger darauf warten zu müssen, sich nach dem Essen die Abendzigarre anzünden zu können. So war es an Helène, sich zu erheben, durch den Raum hinter ihrem Mann her zu eilen, der gerade die Tür zum Rauchsalon hinter sich schloss. Sie verweilte einen Moment davor, sah sich kurz um zu den unglücklich Dreinblickenden am Tisch, hob resigniert die Augenbrauen und klopfte dann. Ein barsches »Nein!« ertönte gewöhnlich von drinnen, woraufhin Helène den Türgriff nach unten drückte und eintrat. Die beiden blieben dann meist für mehrere Stunden im Salon. »Sie weiß, wie sie ihn nehmen muss«, flüsterte Elisabeth in die Runde der Verblieben. Als Älteste der vier Schwemer-Kinder fühlte sie sich für die gute Stimmung bei Tisch zuständig.

Jetzt zog Helène die Hand von der ihres Sohnes zurück, als ihr Mann sich plötzlich erhob und mit seinem Bauch der Kaffeetasse gefährlich nahe kam. Schnell sprang eines der Mädchen herbei und entfernte die Tasse aus der Gefahrenzone. »Mein Sohn!«, hob Richard von Schwemer an, »du wirst dich sicherlich schon gefragt haben, wo denn die üblichen Geschenke für dich bleiben, zumal an einem so besonderen Geburtstag.« Wilhelm hatte sich ebenfalls erhoben, denn wenn der Vater einen ausdrücklich ansprach, war das durchaus angebracht. Außerdem drückte ihn die Husarenuniform im Nacken, und er nutzte gern die sich bietende Gelegenheit, das Jackett zurechtzurücken.

»Und ein besonderer ist dieser Tag wirklich!«, fuhr der Vater fort. »Deshalb wirst du mich heute zum ersten Mal begleiten, um der Kaiserparade beizuwohnen«, sagte er und sah seinen Sohn strahlend an. »Du wirst mit mir und Kommerzienrat Rohrbach in der Ehrenloge des Café Kaiserhof sitzen.« Er machte eine Pause, um dem Nachhall dieser Ankündigung zu lauschen. Als Wilhelm gerade anheben wollte, sich angemessen zu bedanken, hob der Vater die Hand: »Aber das ist noch nicht alles!« Er blickte triumphierend in die Runde. »Heute Abend erwarten wir Gäste«, sagte er.

Das war insoweit nichts Besonderes, die Stadtvilla der von Schwemers war mehrmals im Jahr Austragungsort festlicher Bälle und Zusammenkünfte des alten Adels und des neuen Geldes Berlins. Seit der Freiherr vom Vize-Gouverneur der Kronkolonie Togo zum obersten Kolonialbeamten des Reiches aufgestiegen war, riss man sich in der Hauptstadt um Einladungen zu den glanzvollen Bällen in seinem Haus. Weshalb also erwähnte er es? »Und dann werden Gouverneur von Doering und ich die Verlobung unserer Kinder bekanntgeben – deine Verlobung mit Charlotte von Doering, mein lieber Wilhelm!« Er hielt den Atem an in Erwartung der Reaktion seines Sohnes.

Das Pferd

In diesem Augenblick hörte man ein unterdrücktes Wimmern aus dem Wintergarten. Alle Köpfe wandten sich in diese Richtung und sahen Aiauschi, der mit einer Hand zum Fenster deutete. Die andere hielt er vor den Mund, um sich selbst am Schreien zu hindern. Sophie, die Haushälterin, die im Durchgang zwischen Salon und Wintergarten gestanden und die Handreichungen des Dienstpersonals bei Tisch überwacht hatte, eilte zu ihm und spähte aus dem Fenster. Dann schlug auch sie eine Hand vor den Mund. Als sie sich langsam zu den Übrigen umdrehte, hielt es keinen an seinem Platz, alle eilten zum Fenster.

Es bot sich ihnen ein ungewohnter Ausblick. Im Vorgarten lag ein Pferd, hinter ihm eine umgestürzte Kutsche, aus der gerade ein Mann kletterte. Das Pferd strampelte mit den Beinen, versuchte, sich aufzurichten, und rutschte immer wieder aus. Hinter der Kutsche war der hohe, weiße Gartenzaun durchbrochen, auf der Straße hatte sich eine Mengenmenge angesammelt, die ungläubig das Geschehen beobachtete.

Wilhelm war der Erste, der reagierte. Er eilte zur Hautür und lief durch die kniehohe Schneedecke um das Pferd herum zu dem Kutscher. Er reichte ihm eine Hand und zerrte ihn aus dem Fenster der umgestürzten Karosse. Der Mann blieb für eine Weile stocksteif stehen, dann knickten seine Beine ein, und er fiel zu Boden.

Jetzt wandte sich Wilhelm dem Pferd zu, das mit weit aufgerissenen Augen im Schnee lag und dichte Wolken weißen Atems aus seinen Nüstern blies. Er kniete sich neben das Tier und strich ihm über die Nase. »Er sagt etwas zu dem Pferd«, flüsterte Adalbert, als würden es die anderen nicht selber sehen. »Und jetzt entfernt er die Deichsel aus dem Geschirr.«

Wilhelm wusste, dass jede hektische Bewegung das verstörte Tier in Panik versetzen würde. Immer wieder strich er ihm über die Nüstern, während er mit der anderen Hand das Zaumzeug löste. Als das Pferd spürte, dass es von der Last der umgestürzten Kutsche befreit war, richtete es sich blitzschnell auf. Wilhelm hatte das vorausgesehen und sich auf den Rücken des Tieres gesetzt. Als es mit zitternden Beinen im Vorgarten stand, klopfte Wilhelm seinen Hals und seine Flanken, dann drückte er ihm die Hacken in die Seite und ritt langsam zur Rückseite des Hauses.

Als er außer Sichtweite war, erhob sich ein Raunen, die ersten Passanten begannen zu applaudieren, bevor sie dem Kutscher, der inzwischen wieder auf seinen Beinen stand, halfen, die umgestürzte Kutsche aufzurichten. Aiauschi hatte die Vorgänge reglos beobachtet, jetzt, als das Spektakel vorüber war, wandten sich ihm die Köpfe der Bewohner langsam zu, war er doch der Erste gewesen, der den Vorfall bemerkt hatte, und somit irgendwie auch verantwortlich dafür. Aiauschi zog sich langsam und unter Verbeugungen aus dem Raum zurück, während die anderen ihm mit den Blicken folgten. Es herrschte völlige Stille, nur die Rufe der Menschen auf der Straße drangen gedämpft herein. Die Stimme des Freiherrn wirkte überlaut, als er emphatisch sagte: »Mein Sohn!«

*

Zum zweiten Mal an diesem Vormittag klopfte Elisabeth an die Zimmertür ihres Bruders, der sich nach dem Vorgarten-Abenteuer frisch gemacht und umgezogen hatte. Diesmal rief er: »Herein, es ist offen!« Elisabeth trat ein und sammelte als Erstes die auf dem Boden liegende und vom Schnee durchnässte Uniform ihres Bruders auf. »Wenn Charlotte wüsste, was für einen Helden sie bekommt«, sagte sie seufzend. »Weiß sie überhaupt schon von ihrem Glück?«, fragte sie und sah ihren Bruder von unten herauf an. »Ich meine: Haben die beiden Kuppler, die diese Hochzeit des Jahres beschlossen haben, der Braut überhaupt schon etwas davon erzählt?«

»Elisabeth …«, seufzte Wilhelm, »bitte! Hör auf mit deinem Gestichel. Wir leben nicht mehr im 19. Jahrhundert. Natürlich ist sie gefragt worden.«

»Und du, wer hat dich gefragt? Oder haben sie es dir nur mitgeteilt, als Befehl sozusagen? Das sind sie ja gewohnt in ihren Kolonien.«

»Es ist doch eine schon lange beschlossene Sache. Und jetzt sage ich dir was, damit du endlich deinen Frieden damit machen kannst: Erstens ist es gut für die Familien, zweitens ist Charlotte eine sehr charmante junge Frau, und drittens …«

»Ich höre …«, sagte Elisabeth in die Pause hinein.

Ein Räuspern von der Tür her unterbrach das Gespräch der Geschwister. Die Mutter stand im Türrahmen, groß gewachsen, in einem cremefarbenen, bodenlangen Kleid, das ihr volles und langes schwarzes Haar zur Geltung brachte. Sie war zweifellos eine der auffallendsten Frauen der Stadt. Viele vermuteten, dass das Ehepaar von Schwemer mehr der Schönheit der gebürtigen Französin wegen zu Bällen oder Empfängen bei Hof geladen wurde als wegen der Bedeutung, die der Kaiser den kolonialen Angelegenheiten beimaß.

»Du solltest dich lieber um deine eigene eheliche Zukunft sorgen«, sagte sie zu Elisabeth, »anstatt deinen Bruder an einem solchen Tag nervös zu machen.«

»Nervös?«, fragte Elisabeth in gespielter Besorgnis und sah ihren Bruder mitleidig an, »mache ich dich nervös, großer Held?«

Ein Grinsen breitete sich auf Wilhelms Gesicht aus. »Was ist denn mit ihrer ehelichen Zukunft?«, fragte er an Elisabeth vorbei die Mutter.

»Sie hat schon wieder einem Anwärter einen Korb gegeben«, antwortete diese resigniert. »Der dritte in sechs Monaten. Allmählich wird es etwas teuer – diese ewigen Bälle, nur damit sie endlich mal mit jemandem tanzt.«

»Ich will aber nur einen großen Helden«, erwiderte Elisabeth, und ihre Augen strahlten trotzig, »einen, der gestürzte Pferde aus dem Schnee rettet!« Sie stellte sich in Tanzhaltung vor ihren Bruder. »Wenn so einer mich auffordern würde …«

Helène konnte das Lachen nicht länger zurückhalten. Wilhelm legte einen Arm um die Taille seiner Schwester, die beiden tanzten ein paar Schritte Wiener Walzer durch den Raum. »Seid bloß froh, dass euer Vater das nicht mit anhört«, sagte Helène schließlich. »Für ihn sind diese Dinge tödlicher Ernst. Wenn eine Frau einem Mann einen Korb gibt, müsste er eigentlich auswandern.«

»Genau, genau!«, rief Elisabeth, »sie sollten alle auswandern. Am besten zu den Hottentotten und Kaffern, anstatt die als Diener hierher zu holen.«

»Glaub mir«, sagte Helène zu Elisabeth und wandte sich zum Gehen, »Männer haben durchaus Unterhaltungswert. Man muss sie nur dazu bringen, sich hin und wieder auf die wichtigen Dinge zu besinnen.«

»Zum Beispiel Kaiserparaden besuchen?«, fragte Elisabeth spitz.

»Das ist nicht das, was ich meine«, antwortete Helène. »Aber es erinnert mich daran: Dein Vater erwartet dich, Wilhelm, der Chauffeur fährt in einer Viertelstunde vor. Und du«, sagte sie bestimmt zu Elisabeth, »kommst jetzt mit mir und stellst die Tischordnung für heute Abend zusammen.«

Elisabeth zog eine Grimasse, hob die erneut am Boden liegende nasse Kleidung ihres Bruders auf und drückte sie ihm in den Arm. »Mein Held!«, flüsterte sie, als sie an ihm vorbei aus dem Raum ging.

»Du bist die unmöglichste Tochter der Stadt«, hörte er Helène zu Elisabeth sagen, als die beiden sich über den Flur von seinem Zimmer entfernten. »Die Leute reden schon über dich.«

»Seit wann kümmern Sie denn die Leute?«, entgegnete Elisabeth.

Wilhelm stellte sich vor den Spiegel und setzte die weiße Husarenmütze auf, die er vom heutigen Tag an berechtigt war in der Öffentlichkeit zu tragen. Dann trat er einen Schritt zurück und betrachtete sich. Er war sich nicht sicher, ob ihm gefiel, was er sah.

Der Kaiser

Der graue Morgen war einem strahlend blauen Vormittag gewichen, der die weißen Villen und Stadthäuser in der Gneisenaustraße mit dem frischen Schnee in den Vorgärten eins werden ließen. Der Menschenauflauf vor dem Haus Nr. 11 hatte sich aufgelöst, nachdem die Polizei die umgestürzte Droschke abtransportiert und der Besitzer das inzwischen durch einen Sack Hafer befriedete Pferd abgeholt hatte. Nur der demolierte Zaun des Grundstücks zeugte noch von den Vorkommnissen am Morgen. Straßenfeger hatten die Straße vom Schnee geräumt, so dass der schwarze Horch, der neue Dienstwagen des Freiherrn von Schwemer, gefahrlos vorfahren konnte. Sein Besitzer stand am Fenster des Salons und beobachte, wie der Wagen elegant heranglitt und vor dem Tor hielt. »Wurde auch Zeit, noch eine Minute, und er wäre zu spät gewesen.«

»Mit anderen Worten«, sagte Helène, die hinter ihren Mann getreten war, »pünktlicher kann man nicht sein. Und das bei den Straßenverhältnissen.«

»Ja, ja, du fraternisierst wie immer mit dem Dienstpersonal, meine Liebe«, sagte er und wandte sich ihr zu. Dann lächelte er. »Du siehst großartig aus, das Kleid gefällt mir – von wem ist es?«

»Mohrbutter. Es ist ein original Mohrbutter, ein Unikat.«

Der Freiherr runzelte die Stirn. »Dieser verhinderte Künstler, dieser Schneider, der kein Schneider sein will?«

Helène von Schwemer seufzte. »Ja, genau der. Er ist der gefragteste Schneider der Stadt. Im Moment wenigstens. Aber ich habe mir das Kleid nicht deshalb machen lassen – es gefällt mir einfach.«

Der Freiherr trat dichter an seine Frau heran und legte ihr eine Hand auf den Arm. »Mir auch«, sagte er versöhnlich. »Ich verstehe nur nicht, warum heute niemand mehr zufrieden sein will mit dem, was er ist. Warum will ein Schneider unbedingt Künstler sein? … Oh, da kommt ja die Hauptperson des Tages!«, rief er und wandte sich seinem Sohn zu, der in seiner Husaren-Galauniform in den Salon getreten war. »Das ist doch mal eine Kreation!«, er zeigte auf Wilhelm, »an diesen Uniformen hat sich seit Menschengedenken nichts geändert, und sie sind trotzdem unübertroffen!« Wilhelm blickte an sich herunter und strich verlegen das Jackett glatt. »Danke, Vater.«

Der winkte dem Hausmädchen, ihm den Mantel zu bringen. »Wir müssen, wir müssen!«, drängte er. »Also, noch mal: Wir sind gegen 16 Uhr zurück, sofern Wilhelm sich nicht wieder verspätet. Ihr bereitet inzwischen alles für den Empfang vor. Die Gäste kommen um 19 Uhr. Und ich möchte, dass meine Tochter ihr fröhlichstes Gesicht aufsetzt! Ich will nicht noch einmal erleben, dass sie den ganzen Abend über das Tanzparkett trottet wie ein Brauereipferd. Sag ihr das!«, rief er seiner Frau zu, während er schon halb aus der Tür war. Plötzlich besann er sich, kehrte noch einmal zurück, gab Helène einen Handkuss und winkte dann seinem Sohn. »Hurtig, hurtig! Dies ist dein Tag!«

Wilhelm eilte seinem Vater voraus zur Straße, um ihm den Wagenschlag zu öffnen. »Halt!«, rief der und zog Wilhelm an einem Arm zurück. »Du bist ab heute der zweite Mann im Haus, du hältst keine Türen mehr auf. Reinhold wird die Türen öffnen, erst mir, dann dir. Also: Geh um den Wagen.«

Wilhelm gehorchte und ließ sich vom Chauffeur die hintere linke Tür der Limousine aufhalten, nachdem sein Vater bereits Platz genommen hatte. Als er neben ihm saß, nickte der ihm wohlgefällig zu, als wollte er sagen: Siehst du, war doch gar nicht so schwer!

»Ist die Kaiserallee noch frei oder haben sie sie schon abgesperrt?«, fragte er nach vorn, nachdem er das kleine Schiebefenster zum Chauffeur geöffnet hatte.

»Herr Kolonialrat, eben war sie noch frei«, antwortete Reinhold. »Ich denke, wir werden sie benutzen können.«

»Gut, dann also keine Umwege!«, rief Richard von Schwemer und ließ sich im Lederpolster zurücksinken. »Das ist ein Wagen, was?«, sagte er zu seinem Sohn, klopfte auf die glänzende schwarze Sitzbank und ließ dann seine kleine, fleischige Hand auf Wilhelms Oberschenkel fallen.

»Wieso sagten Sie eben zu Mutter: Sofern Wilhelm sich nicht wieder verspätet? Ich bin doch da?«

Der Vater blickte ihn groß an. »Ja ja, du schon. Aber Wilhelm, ich meine: der Kaiser – man weiß nie, wann er kommt. Es soll schon Leute gegeben haben, die schliefen tief und fest, als er sie endlich empfing. Peinlich so was, sehr peinlich.«

»Ja, aber heute warten Tausende auf ihn. Die wird er doch nicht so lange warten lassen …«

»Nein, natürlich nicht, da reißt er sich schon zusammen. Aber weißt du«, sagte der Freiherr und zog eine Zigarre aus der Brusttasche seines Fracks, »der Mann hat über 500 Uniformen, für jede Gelegenheit eine, für manche auch mehrere. Und für seinen Geburtstag noch mehr. Da dauert es schon eine Weile, bis er sich entscheidet, welche er anlegt. Und dann der Bart! Du kennst das ja von mir: Man denkt, alles sitzt perfekt, da sackt er ohne Vorwarnung nach unten, und der Barbier muss seine ganze Kunst spielen lassen, damit das gute Stück wieder sitzt wie bei einem Walross.«

Wilhelm lachte und sagte: »Darf ich Sie etwas Persönliches fragen?«

»Nur zu, nur zu.«

»Warum tragen Sie diesen … diese Affenschaukel, wie die Kameraden in meinem Regiment sagen. Warum quälen Sie sich jede Nacht mit dem Barthalter?«

Der Freiherr wandte langsam sein Gesicht in Richtung seines Sohnes und senkte den Kopf, so dass Wilhelm unwillkürlich ein Stück zurückwich. »Siehst du das?«, fragte er. »Ich könnte dich damit aufspießen. Der Kaiserbart ist eine Waffe, ein Sinnbild der deutschen Wehrhaftigkeit, klar? Und zum Thema Affenschaukel: Heute darfst du es sagen, ein Mal, weil du Geburtstag hast. Aber dann erwarte ich wieder etwas mehr Respekt vor dem Gesichtsschmuck des Kaisers.«

Wilhelm wusste nie genau, wann sein Vater solcherlei Zurechtweisungen ernst meinte und wann nicht. Er verfügte über einen komplizierten Humor. Manchmal glaubte man, er erzähle einen Schwank, beginnt herzlich zu lachen und erntet dafür eine Standpauke. Ein andermal lauscht man ernst und konzentriert seinen Erörterungen, und er ist enttäuscht, dass niemand lacht.

»Diese Dinge wirst du jetzt sehr schnell lernen«, sagte der Freiherr, als habe er die Gedanken seines Sohnes gelesen. »Der Bart des Kaisers ist ein Befehl an das Volk. An den männlichen Teil zumindest. Wenn er ihn morgen abnähme, was meinst du, wie viele Überstunden die Barbiere im ganzen Reich dann machen müssten, um Tausende von Kaiserbärten zu entfernen.« Er lachte und verschluckte sich dabei am Rauch seiner Zigarre, mit der er den Wagen bereits zu einem guten Teil eingenebelt hatte.

In diesem Augenblick hielt der Horch vor dem Café Kaiserhof, dem vornehmsten Restaurant an der Kaiserallee. Wer hier einen Tisch erhielt, um der Parade des Regenten beizuwohnen, hatte es geschafft. Richard Freiherr von Schwemer hatte den begehrten Tisch an der großen Fensterfront reserviert. »Mein Junge«, sagte er, legte eine Hand auf Wilhelms Arm und blickte hinauf zur Leuchtschrift des Restaurants, »ab jetzt sitzt du mit mir in der ersten Reihe. Heute beginnt dein neues Leben. Du wirst alles erreichen, was ich erreicht habe – und noch viel mehr. Aber davon erzähle ich dir später mehr.« Er eilte an dem Türsteher vorbei hinein in die Halle, da am Straßenrand weitere Autos vorfuhren, denen festlich gekleidete Herren entstiegen.

Wilhelm stand einen Moment still an diesem herrlichen Wintermittag und blickte in den tiefblauen, wolkenlosen Himmel. Zwei ältere Herren in der Ausgehuniform der kaiserlichen Marine schritten auf ihn zu und bemerkten seinen Blick. Einer blieb vor ihm stehen. »Kaiserwetter«, sagte er zu Wilhelm, »das nenn’ ich ein Kaiserwetter! Heute müsste man Geburtstag haben …«

»Hab’ ich, hab’ ich!«, entgegnete Wilhelm lachend, salutierte respektvoll und eilte seinem Vater hinterher.

In der ersten Etage des Café Kaiserhof wurden sie zu einem mit Blumen dekorierten Tisch geführt, der unmittelbar an der Fensterfront stand, die einen Panorama-Blick auf die Kaiserallee eröffnete. »Voilà!«, sagte Rudolph von Schwemer und breitete die Arme aus, als wollte er sagen: Dies alles, mein Sohn, lege ich dir zu Füßen! In der rechten Hand hielt er einige Geldscheine, die er diskret dem Livrierten, der sie zu ihrem Tisch gebracht hatte, in die weißen Handschuhe drückte. »Danke, Albert, ich weiß es zu schätzen«, sagt er, ohne den Mann anzublicken, der sich tief verbeugte.

Während er sich setzte und seinem Sohn bedeutete, dies ebenfalls zu tun, sagte er mit Blick auf die beiden freien Stühle am Tisch: »Wir erwarten noch Rohrbach und Muthesius.«

»Muthesius?«, fragte Wilhelm.

»Na ja, dieser neue Architekt, von dem alle sagen: Wenn man baut, dann nur mit ihm.« Wilhelm antwortete nicht, sondern hob fragend die Augenbrauen.

Der Freiherr ließ sich in seinen Stuhl zurückfallen, öffnete den obersten Knopf seines Fracks und winkte dem Kellner. Dann beugte er sich zu Wilhelm. »Ich bin der Meinung«, sagte er mit gedämpfter Stimme, »wir haben nun lange genug in Friedenau gewohnt. Es ist ein schönes Haus und eine schöne Landschaft, zugegeben. Aber die Gegend – dieses Künstlervolk, das sich überall breitmacht.« Er schüttelte angewidert seinen schweren Kopf, so dass die roten Wangen in Wallung gerieten. »Leute ohne Stil. Und Geld schon gar nicht! Wir brauchen etwas Repräsentativeres, verstehst du? In einer Gegend, wo wir unter unseresgleichen sind. Du weißt schon«, er rückte noch näher an seinen Sohn heran, »Leute mit Zukunft. Leute, die die Zukunft gestalten. Leute, die wissen, wohin der deutsche Zug fährt.«

Der Kellner, der hinter ihnen gestanden hatte, räusperte sich kaum vernehmbar. »Champagner«, sagte Rudolph von Schwemer, »Château Baptiste.«

»Was ist denn das wieder für ein neumodisches Zeug?«, fragte eine raue, laute Stimme quer durch den Raum. »Vom Weingut Ihrer Frau? Sind Sie unter die Weinhändler gegangen?«

Wilhelm sprang auf, um den Gast zu begrüßen, sein Vater erhob sich halb aus seinem Stuhl. »Das kann nur der Kommerzienrat sein. Die Geldleute haben keine Ahnung von guten Tropfen. Aber dafür haben Sie ja uns, nicht wahr?«

Er lachte schallend und begrüßte den Neuankömmling mit herzlichem Handschlag.

»Das ist mein Sohn Wilhelm«, sagte er dann auf seinen Sohn deutend, »der andere Wilhelm, der heute Geburtstag hat.« Wieder lachte er. Kommerzienrat Rohrbach trat respektvoll hinter dem Stuhl des Vaters herum und streckte Wilhelm die Hand entgegen. »Emil Rohrbach«, sagte er, »Deutsche Bank.«

»Es ist mir eine Ehre«, erwiderte Wilhelm, ergriff die dargebotene Hand und verbeugte sich.

»Wann habe ich Sie zuletzt gesehen?«, fragte Rohrbach sinnierend und legte den Kopf in den Nacken. »Ich glaube, da kamen Sie gerade in die Schule. Das liegt ja nun wohl schon lange hinter Ihnen.«

»Jawohl«, antwortete Wilhelm, immer noch stehend, während der Kommerzienrat sich auf den Stuhl neben Wilhelm setzte. »Ich bin mittlerweile Reserveoffizier bei den Husaren, 4. Regiment. Diesen Sommer werde ich das Studium der Politik beginnen.«

»Politik, ja? Bei dem Vater brauchen Sie das doch nicht zu studieren, Sie müssen ihm nur zusehen, dann wissen Sie, wie das so geht. Und Reserveoffizier? Da können Sie sich der jungen Damen ja wohl kaum erwehren, haben die freie Wahl. Nicht wahr?« Er schlug mit der flachen Hand auf die weiße Tischdecke und lachte.

Wilhelm hatte Platz genommen, und während er noch überlegte, was er antworten sollte, sagte sein Vater: »Kein Thema für den Augenblick! Heute Abend mehr dazu, Sie werden es erleben, mein lieber Kommerzienrat. Sie kommen doch?«

»Welch eine Frage! Wer käme nicht, wenn die Schwemers zum Fest bitten? Meine Zusage liegt Ihrer Frau Gemahlin schon seit Wochen vor.«

In diesem Augenblick übertönten Trommeln das Gespräch, und alle Augen richteten sich auf die Kaiserallee, die inzwischen für den Verkehr gesperrt worden war. Ein schier endloser Zug von Trommlern und Pfeifern marschierte unter dem Beifall der Menschen, die den Straßenrand säumten, vorüber. »Als Erstes kommen die Kürassiere«, erklärte Richard von Schwemer und beugte sich zu seinem Sohn. »Die sind nichts Besonderes, bis auf die goldenen Knopfleisten. Dann kommen die Ulanen, das sind die ganz in Blau. Und danach die Garde-Grenadiere – die machen wirklich was her, oder?« Rohrbach nickte, nahm kurz sein Champagnerglas und nippte daran. »Wirklich, die sind unschlagbar, ich meine vom Aussehen her.«

Von Schwemer hob scherzhaft drohend einen Zeigefinger: »Gut, dass das keiner gehört hat, mein Lieber! Die Stadt ist voller Spione … aber wir sind ja hier unter uns. Wo bleibt denn eigentlich Muthesius?«

Zwischen den einzelnen Waffenverbänden marschierten immer neue Trommler-Kolonnen. Bis es auf einmal still war vor dem Fenster. »Jetzt kommen die Minister«, flüsterte der Vater.

Wilhelm beugte sich zum Fenster vor. In offenen, schwarzen Kutschen saßen ehrwürdige Herren mit Zylindern und Pelzmänteln und hoben hin und wieder huldvoll eine Hand. »Da!«, sagte Rohrbach, »Bethmann-Hollweg!« – »Der Kanzler«, fügte Freiherr von Schwemer hinzu, »der Sozialistenfreund! Wir sollten bei Gelegenheit Wetten abschließen, wie lange der sich noch hält …«

Ehe er weitersprechen konnte, drang ohrenbetäubender Jubel von der Straße herauf. »Die Kaiserfamilie!«, sagte Rohrbach und erhob sich. Alle im Lokal standen auf und drängten nach vorn an die Fenster, keiner wollte einen Blick auf Kaiserin Auguste Viktoria verpassen. Hinter ihr in der Kutsche saßen die sieben Kinder des Regentenpaares. Als die Jüngste, Viktoria Louise, sich kurz erhob und eine Kusshand in die Menge warf, wurde das Gedränge am Straßenrand so stark, dass Schutzleute vorsorglich Position bezogen.

Und dann, auf seinem Rappen »Ekstase« – der Kaiser! Kerzengerade, ernst geradeaus blickend. Der Federbusch auf seinem Helm wippte im Rhythmus der Bewegungen des Pferdes, ansonsten zeigte er keinerlei Regung. Das edle Tier tänzelte hin und her, machte Schritte zur Seite auf die Zuschauer zu. Der Jubel war ehrfürchtigem Schweigen gewichen, nur unterbrochen von vereinzelten »Hoch!«-Rufen. Es dauerte zwei Minuten, dann war Wilhelm II. aus dem Sichtfeld des Fensters verschwunden, weitere Trommler-Kolonnen beschlossen die Parade.

Wilhelm war nicht entgangen, dass viele der um ihn Stehenden den Atem angehalten hatten. Jetzt, da das Schauspiel so gut wie vorüber war, strebten alle wieder ihren Tischen zu, lebhafte Gespräche über das soeben Erlebte entbrannten.

Kommerzienrat Rohrbach beugte sich vor, berührte Wilhelms Vater am Unterarm: »Ganz kurz noch zum Geschäftlichen«, sagte er und blickte sich prüfend im Raum um. Der Freiherr nickte. Rohrbachs Blick fiel auf Wilhelm, sein Vater nickte erneut. »Er darf alles hören«, sagte er, ohne dass Rohrbach danach gefragt hatte. »Gut. Also«, hob dieser an, »bleiben wir dabei? Die Schürfrechte in Deutsch-Südwest für die Deutsche Bank, der Baukredit für Sie?«

»Sie sprechen vom Kupfer?«, fragte der Freiherr.

Rohrbach nickte und sah von Schwemer direkt an. »Und von Ihrem Bauprojekt.«

Der Freiherr wich dem Blick aus und nickte, dann nestelte er seine Taschenuhr hervor und blickte mit gerunzelter Stirn darauf. »Wo bleibt …« In diesem Augenblick erschien ein Mann im grauen Straßenanzug am Tisch, seinen Hut in der einen Hand, mit der anderen ein Taschentuch über sein Gesicht führend, als habe er geschwitzt. Sein Anzug war staubig, die Naht des Jacketts unter dem linken Arm eingerissen. »Muthesius«, entfuhr es dem Freiherrn, »wo waren Sie …«

Sein Blick glitt an dem Mann hinunter und wieder hinauf, dann fragte er: »Was ist passiert? Sind Sie unter ein Pferd geraten? Setzen Sie sich, erzählen Sie! Ober, ein Glas für den Herrn!«

»Kein Pferd – Arbeiter.«

Von Schwemer und Rohrbach sahen sich um, als wäre ein anstößiges Wort gefallen, das an den Nebentischen besser niemand mithören sollte. »Arbeiter?«, fragten sie wie aus einem Mund und beugten sich zur Tischmitte vor. Muthesius tat es ihnen gleich. Die drei sehen aus wie eine Verschwörergruppe, dachte Wilhelm.

In der Zigarettenfabrik Manoli am Wedding sei es am Morgen zu spontanen Demonstrationen der Arbeiter gegen die neuen Zigaretten-Drehmaschinen aus Amerika gekommen, die angeblich ihre Arbeitsplätze gefährden. Die Polizei habe sofort angemessen reagiert und die neue kaiserliche Schutzmannschaft in Marsch gesetzt. Es gab Massenverhaftungen, viele Verletzte, Demonstranten verstreuten sich über das Stadtgebiet und versperrten die Zufahrtswege, auf denen die Kutschen und Autos der Bürger auf dem Weg zur Kaiserparade waren. »Da durchzukommen hat etwas gedauert«, sagte Muthesius lächelnd und hob entschuldigend die Hände. »Und meiner Jacke ist es offenbar auch nicht gut bekommen.«

»Trotzdem, in aller Kürze, wenn Sie erlauben, und dann dürfen Sie sich umziehen gehen«, sagte der Freiherr: »Sie können uns das Grundstück in Zehlendorf besorgen und übernehmen die Planung meines neuen Anwesens?«

»Zehlendorf?«, mischte sich der Kommerzienrat ungebeten ein. »Dorthin soll doch jetzt die neue Wannsee-Bahn gebaut werden? Ist das schon amtlich?«

»Offiziell noch nicht«, antwortete der Architekt.

Rohrbach wiegte anerkennend den Kopf: »Dann werden die Grundstückspreise dort im Kürze mächtig anziehen. Glückwunsch!«, sagte er in Richtung auf den Freiherrn.

»Und der Auftrag für das neue Amtsgebäude der Afrika-Gesellschaft?«, fragte Muthesius.

»Geht an Ihre Firma«, sagte von Schwemer leise.

Hermann Muthesius erhob sich, verbeugte sich kurz in die Runde und strebte dann dem Ausgang zu. Der Freiherr zog erneut an seiner Uhrkette, klappte den Deckel auf und sagte nach einem Blick auf das Ziffernblatt: »Ich glaube, mein lieber Wilhelm, wir müssen uns auf den Heimweg machen.« Dann rief er dem Ober zu: »Bitte ordern Sie meinen Chauffeur.«

»Und?«, fuhr er fort und sah Wilhelm an, »was sagst du zu unserem Kaiser?«

»Ein bildschönes Pferd hat er«, antwortete Wilhelm, erhob sich und half seinem Vater beim Aufstehen.

Das Fest

Die ersten Gäste, die auf der von Schnee und Eis befreiten Auffahrt zur Schwemer’schen Villa vorfuhren, waren Edwin und Helene Bechstein. Natürlich besaßen sie ein Auto, so wie alle anderen Gäste des Abends auch, aber zu gesellschaftlichen Anlässen wie diesem kam man traditionell in der Kutsche.

Die Bechsteins zählten zu den engsten Freunden der von Schwemers, vor allem wegen der musikalischen Vorlieben der beiden Frauen, was zu gemeinsamen Konzert- und Opernbesuchen der Ehepaare führte. Und natürlich stand ein Bechsteinflügel im großen Salon der Schwemers, ein Gastgeschenk der Freunde. Es hatte den Freiherrn so beeindruckt, dass er alle Gourverneurspaläste in den deutschen Kolonien mit Bechstein-Instrumenten ausstatten ließ – ein willkommener Auftrag für die Klaviermanufaktur, die im harten Konkurrenzkampf mit den Steinwegs lag, die inzwischen in New York produzieren ließen und Steinway hießen.

Alle Mitglieder der Familie Schwemer hatten sich ab 19 Uhr in der Empfangshalle aufgestellt, um die Gäste zu begrüßen. Achtzig wurden erwartet. Die Jungen in Matrosenanzügen, Wilhelm erneut in seiner weißen Ausgehuniform der Husaren, Helène im nachtblauen Abendkleid von Béchoff-David, dem derzeit bevorzugten Modeatelier der Damen der Berliner Gesellschaft, der Freiherr im grauen Frack mit einer weißen Gardenie im Knopfloch. Ungeduldig wandte er sich immer wieder zu seiner Frau und fragte, wo Elisabeth bliebe, die wie üblich für das Ankleiden am längsten benötigte. »Dann muss sie eben entsprechend früher damit beginnen!«, zischte er mit hochrotem Kopf.

Für diesen Abend waren zehn Bedienstete mehr eingestellt worden, die jetzt den eintreffenden Gästen aus den Mänteln halfen, Getränke anboten, Aschenbecher bereithielten. Aiauschi, der alle um einen Kopf überragte, stand nahe beim Eingang und hatte nur die eine Aufgabe, die Gäste mit tiefen Verbeugungen willkommen zu heißen. Er trug einen weißen Anzug, der seine schwarze Haut noch stärker zur Geltung brachte. Er war zweifellos ein Blickfang.

Um halb acht waren alle eingetroffen. Gegen Ende des Defilees kamen die Wichtigen, die Woermanns, Wölbers und Nachtigals, die Großkaufleute, die mit ihren Handelsverbindungen die deutschen Kolonien in Afrika und Asien erst profitabel gemacht hatten. Ihr Rat und ihre Unterstützung waren für das Kolonialamt unverzichtbar, dem der Freiherr vorstand, sie hatten die größten Kenntnisse und Erfahrungen mit den Gewohnheiten und Gepflogenheit der Eingeborenen, besaßen hervorragende Verbindungen zu den Häuptlingen und Stammeskönigen. Ohne sie wären die »Schutzverträge«, die ihre Länder zu Besitztümern des Deutschen Reiches machten, nicht zustande gekommen. Konsul Nachtigal, der Sohn des großen Afrika-Entdeckungsreisenden Gustav Nachtigal, stand hier an vorderster Linie und wurde mit entsprechenden Respektsbezeugungen willkommen geheißen.

Als Letzter traf der engste Geschäftsfreund und Vertraute des Freiherrn ein, Hans-Georg von Doering, Gouverneur der »Muster-Kolonie« Togo, ein großer, aufrecht gehender Mann mit vollem, weißen Haar. An einem Arm führte er seine Frau Emma, am anderen Arm seine Tochter Charlotte. Unter den Gästen hatte sich bereits herumgesprochen, dass Charlotte und Wilhelm die Hauptpersonen dieses Abends sein würden, entsprechend aufmerksam wurde die junge Frau begrüßt. Schüchtern und charmant zugleich nahm sie die guten Worte und Glückwünsche entgegen, immer wieder Blickkontakt zu ihrem Vater suchend, der ihr aufmunternd zunickte. Wilhelm hielt sich dezent zurück, bis alle anderen ihre Aufwartung gemacht hatten, und näherte sich dann langsam seiner künftigen Verlobten, die schon die ganze Zeit nach ihm Ausschau gehalten hatte.

Charlottes natürliche, jugendliche Schönheit schien an diesem Abend zu strahlen. Das brünette, dichte Haar, das sie hochgesteckt trug, wurde von einer Krone zusammengehalten, das cremefarbene, mit Blütenapplikationen versehene Kleid ließ ihre Schultern frei, die Hände und Unterarme steckten in weißen Seidenhandschuhen. Ihr zartes Gesicht mit den lebhaften, dunklen Augen war vor Aufregung gerötet. Sie senkte den Kopf ein wenig, als sie Wilhelm auf sich zukommen sah, der in respektvollem Abstand vor den dreien stehen blieb, zunächst den Vater willkommen hieß, dann die dargebotene Hand der Mutter an die Lippen führte – natürlich ohne sie zu berühren – und sich schließlich Charlotte zuwandte und sich vor ihr verbeugte.

Er wusste, dass aller Augen auf ihm ruhten, umso erstaunter war er selbst über die Ruhe und Gelassenheit, die er verspürte, als er Charlotte mit den Worten begrüßte: »Ich weiß, dass dieser Abend uns immer im Gedächtnis bleiben wird, zumindest werde ich alles dafür tun.« Er ergriff ihre Hand, beugte sich leicht darüber und verharrte so einen Moment lang. Als er sich wieder aufrichtete, blickte er ihr in die Augen und fügte hinzu: »Die Kraft Ihres schönen Gesichts, welch ein Ansporn für mich! Nichts auf der Welt bereitet mir gleiche Freude.« Sie lächelte irritiert, und als Wilhelm ihren erstaunten Blick bemerkte, fügte er hinzu: »Das stammt nicht von mir, das ist von Michelangelo. Aber es entspricht genau dem, was ich in diesem Augenblick empfinde.«

Ihr Vater lachte, legte Wilhelm eine Hand auf die Schulter, und sagte: »Die Reise nach Florenz hat einen Poeten aus Ihnen gemacht, wie mir scheint. Eine recht brotlose Betätigung übrigens. Aber Ihr Herr Vater wird schon dafür sorgen, dass Sie Ihr Leben nicht nur mit Süßholzraspeln verbringen.«

»Keine Sorge«, entgegnete Wilhelm, »obwohl man natürlich sagen muss, dass auch mit Süßholz Geld verdient werden kann, wie man in unseren Kolonien sieht.«

In diesem Augenblick wurden von zwei Livrierten die beiden mächtigen Eichenholztüren geöffnet, welche die Empfangshalle vom großen Salon trennte. »Wenn Sie erlauben«, sagte Wilhelm zum Gouverneur und bot Charlotte seinen Arm an, »würde ich Ihr Fräulein Tochter gern hineinführen. Sie hat heute Abend den Ehrenplatz.«

Die Menge der Gäste teilte sich, als das junge Paar durch die Halle schritt. Im Salon war eine U-förmige Tafel aufgebaut, weiß eingedeckt, mit funkelnden Gläsern auf den Tischen, dazwischen Blumenarrangements. Wilhelm führte Charlotte zu ihrem Stuhl an der Stirnseite, wo sechs Plätze nebeneinander für das Paar und ihre Eltern reserviert waren. Er und Charlotte saßen in der Mitte.

Der Applaus war groß, als Freiherr von Schwemer nach dem ersten Gang des Festessens die Verlobung seines Sohnes mit Charlotte von Doering bekanntgab. Das Paar erhob sich zum Dank, und als Wilhelm seinen Blick über die Köpfe der Anwesenden schweifen ließ, sah er, dass der für seine Schwester reservierte Platz unbesetzt war. In diesem Moment wurde die Tür einen Spalt geöffnet, und sie schlüpfte herein. Wilhelm wusste sofort, dass dieser Auftritt der ohnehin strapazierten Familienharmonie nicht guttun würde: Elisabeth trug den schwarzen Hosenanzug, der vor wenigen Tagen einen heftigen Streit zwischen ihr und ihrem Vater hervorgerufen hatte, ein Anzug der Art, wie ihn Asta Nielsen in ihrem neuen Film trug, und der die Berliner Gesellschaft mehr beschäftigte als die Frage, ob der Lohn der Fabrikarbeiterinnen auf das Niveau der Männer angehoben werden solle. Er atmete erleichtert durch, als er sah, dass sie Platz nahm, bevor ihr Vater sie bemerken konnte.

Hauptgesprächsthema des Abends, als nach dem Essen alle erneut in der großen Halle zusammenstanden, war der Skandal um den »Rosenkavalier« an der Königlichen Oper. Kapellmeister Richard Strauss hatte sich geweigert, einige vom Kaiserlichen Opernamt wegen »sittlicher Anstößigkeit« verlangte Textänderungen vorzunehmen. Strauss, gleichzeitig Komponist der Oper, war so empört über das Ansinnen, dass er sein Amt fristlos niederlegte und in seine Heimat nach Wien zurückkehrte, wo man ihn mit offenen Armen empfing – der Kaiser war der Blamierte.

»So etwas kann man nicht machen – nicht mit unserem Kaiser!«, ereiferte sich Frau Kommerzienrat Rohrbach und erhielt Zustimmung der umstehenden Damen. Allerdings nicht von allen. Helene Bechstein fragte in die Runde: »Kann mir eine der Damen den Unterschied zwischen ›nehmen‹ und ›gewinnen‹ erklären?« – »Was hat denn das damit zu tun?«, kam die Gegenfrage. »Also«, hob sie an: »Das Frauenzimmer hat gar vielerlei Arten, wie es will gewonnen sein.« Sie machte eine kleine Kunstpause und blickte herausfordernd in ratlose Gesichter, dann fuhr sie fort: »So hat der Hof die Arie umgedichtet. Im Original heißt es: ›Das Frauenzimmer hat gar vielerlei Arten, wie es will genommen sein.‹ Kann mir jemand sagen, was an ›nehmen‹ so unsittlich sein soll? Sicher, geben ist seliger denn nehmen, aber ›gewinnen‹? Das ist nur etwas für Spieler.« Sie erntete vielfältiges Gelächter hinter vorgehaltenen Händen, nur eine lachte aus vollem Hals – eine junge Frau im Hosenanzug mit kurzgeschnittenem, schwarzem Haar: Elisabeth.

Das Lachen blieb in der Luft hängen, als sich ihr alle Blicke zuwandten. Helène von Schwemer atmete tief ein, aber bevor sie etwas zu ihrer Tochter sagen konnte, war es wieder Helene Bechstein, die das Wort ergriff: »Elisabeth!«, rief sie herzlich und trat auf die Tochter des Hauses zu. »Ich dachte schon, dir wäre etwas zugestoßen oder du wärest krank. Du ahnst gar nicht, wie erleichtert ich bin, dich gesund und munter zu sehen.« Nun erst schien sie die Bekleidung Elisabeths zu bemerken. »Oh! Die neueste Creatiòn des Hauses Drécoll!«, sagte sie und nickte anerkennend. »Dazu gehört Mut!« Sie lächelte in die Runde, »oder?«

»Diese Weiber aus den Frauenvereinen tragen so etwas auch!«, schnaubte Frau Kommerzienrat und entfernte sich aus der Runde. Die Übrigen sahen unsicher von einer zur anderen. »Ja, so was kann nicht jeder tragen, das ist ein Vorrecht der Jugend«, sagte Helene Bechstein strahlend, legte einen Arm um Elisabeth und führte sie zum anderen Ende des Raumes. Helène von Schwemer lächelte dankbar, wieder einmal hatte ihre Freundin eine Situation gerettet. Aber ganz war das Thema für den heutigen Abend noch nicht vom Tisch, da war sie sich sicher.

Wilhelm und Charlotte, eingerahmt von ihren Vätern, die beide zufrieden an ihren Zigarren sogen, schritten von Gruppe zu Gruppe, nahmen Glückwünsche entgegen und versprachen, niemanden bei den Hochzeitseinladungen zu vergessen. Wilhelm bemerkte, wie sich in Charlottes Nacken Schweißtröpfchen bildeten, ihn selbst ermüdete die Konversation mit so vielen ihm Unbekannten ebenfalls. Genau im richtigen Augenblick erschienen seine Mutter und Helene von Bechstein auf der Freitreppe, Aiauschi neben sich, der mit einem Stab auf den Boden klopfte. Als das lebhafte Gespräch im Raum erstarb, hob Helène an: »Ich habe, bevor wir den Abend für den Tanz eröffnen, das große Vergnügen, Ihnen mitteilen zu können, dass es meiner lieben Freundin Helene Bechstein gelungen ist, uns eine ganz besondere Attraktion zu bescheren. Meine lieben Gäste, wenn Sie nun bitte in den Salon zurückgehen wollen? Dort wartet ein Mann auf Sie, den aus der Nähe zu erleben nicht vielen vergönnt ist.«