Gedichte

 

Gustav Schwab

 

 

 

 

 

Inhalt:

 

 

Gustav Schwab – Biografie und Bibliografie

 

Gedichte

 

1. Lieder und vermischte Gedichte

 

Zueignung

Liebe im Winter

Die stille Stadt

Die Wolke am Sternenhimmel

Nachruf

Liebe in der Fremde

Liebesmorgen

Schlittenlied

Lied eines abziehenden Burschen

Abendsegen

Trost

Erste Liebe

Vom Berge

Auf ein Paar gestickte Rosen

Das Wort der Liebe

Gesang der fliehenden Griechen von Parga

Mit Flemmings Gedichten

Zum 17. Februar 1822

 

Aprilreise 1822

 

1. Ausmarsch

2. Am andern Morgen

3. Auf dem Bussenberge

4. Hayingen auf der Asp

5. Im Bergwirthshaus

6. Liedsinger politische Zeitung

7. Auf der Bergheide

8. Im Lauterthal

9. Abschied vom Gebirge

An den Gesang

Gesellschaftslied auf dem Bodensee

Die Feuerwerkerstochter

Das Neckarthal bei Canstatt

Wandre – Andre

An Mathilde

Erinnerungslied an ein Brautpaar

Dichterbitte

 

Wanderlieder eines Mannes

 

1. Ausmarsch

2. Die Alß

3. An der Quelle

4. Bekanntschaft

5. Ein Mord

Fußnoten

6. Heimweh

7. Festmorgen

8. Im Kursaal

9. Rückblick

10. Heimkunft

Heuernte

Der Bäurin Süden

Die Linde

 

Geburtstagsfeier in Schweden

 

1.

2.

Ein Kranz

Fußnoten

An die Wände einer Bergkapelle angeschrieben

An die Geliebte

Morgenbegegnung

Im Tempel

Vermächtniß

Fußnoten

An einen Freund ins Stammbuch

Tischgebet

Einzug

Das Schäferfest

Wechsel

An Pauline

Fußnoten

An Fouqué

Lied in der Mark

Lied im Norden

Am 17. Februar 1815

Erhörung

Sonnenschein

Frühlingsmorgenlied

Heloise an Abelard

Auf Ludwig Uhlands Hochzeit

Nachruf an Wilhelm Müller, den Dichter der »Griechenlieder«

Nachruf an Wilhelm Hauff

Klagelied eines deutschen Dichters

Fußnoten

Zueignung des Tübinger »Neuen allgemein deutschen Commers- und Liederbuchs« von 1815

 

2. Zeitgedichte

 

Zum 18. October 1814

Kirchenbesuch am 18. October 1814

An die deutschen Frauen

Zur Todesfeier der verewigten Königin Katharina von Württemberg

An Seine Majestät den König von Württemberg

An denselben

Prolog

Fußnoten

Prolog

 

Neujahrslieder

 

1. Zum neuen Jahr

2. Die neue Zeit

3. An das Wasser

4. Gottes Engel

5. Griechenlands Hoffnung

6. Biston

An Goethe

Zum Feste der Erinnerung an den russischen Feldzug

Ein Flüchtling

An Ludwig Uhland, den Abgeordneten

An einem Sonnentage

Den Naturforschern

Im Jahr 2030

 

Gedächtnißfeier

 

1. Zu Goethe's Tasso

2. Zu Schiffers Braut von Messina

3. Zu Lessings Nathan

Christus und die Vernunft

Am Morgen des Himmelfahrtstages

Die Weissagung des Chiliasten 1740

Ein Lebenslauf

Die Schwaben im Winkel

Auf den Tod eines Seelsorgers

Ein Fund in der Opferbüchse

Wechselsang

Auf Friedrich Creuzers Jubiläum

Ein Kirchenbesuch in Stockholm

Fußnoten

 

3. Sonette

 

Die Gesänge

Weiblichkeit

Deutschheit

Erdenkrieg und Himmelsfrieden

Maria mit dem toten Jesus auf dem Schoos

An eine Weinende

Vorzeichen

Herbstesahnung

Auf eine Landkarte der Schweiz

Totenopfer für L.A.P.

Irrtum

Rechtfertigung

Nachtklage

 

Sonette an G.

 

1.

2.

An einen Greis

 

Am Sophientage

 

1.

2.

Sonett

 

Antwort an einen jungen Dichter

 

1.

2.

3.

4.

An Aglae

Der Wohllaut

An August Grafen von Platen

 

Sonette aus dem Bade 1835

 

1.

Fußnoten

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

 

4. Romanzen, Balladen, Legenden1

 

1. Freie Sagen

 

Der Todesklang

Fußnoten

Des Fremden Königreich

1.

2.

3.

Die Gottesbraut

Das Opfer

Schuldforderung

Der Sänger und die Fremden

 

2. Geschichtliche und halbgeschichtliche Sagen

 

Kaiser Heinrich

Fußnoten

Der große Kurfürst auf der Spreebrücke zu Berlin

Fußnoten

Die beiden Gleichen bei Göttingen

Das Mahl zu Heidelberg

Fußnoten

Die Insel der Seelen

Theophorus

Der Köhler

Johannes Kant

Die Gräfin zu Wertheim

Kaiser Heinrichs Waffenweihe

Der Schwedenthurm

Soldatenrache

Der Sohn des Regenten

Ein Vorbote

 

3. Vermischte schwäbische Sagen

 

Das Gewitter

Der Riese von Marbach

Fußnoten

Die Glocke vom Wunnenstein

Das Eßlinger Mädchen

Fußnoten

Die Wurmlinger Kapelle

Der Hirte von Teinach

Der Kellergeist

Herzog Christoph und sein Schreiber

Des Löwen Zunge

Der Glockenklang

Psalm 104, 4

Fußnoten

Kepplers Adelsbrief

 

4. Sagen von der schwäbischen Alb

 

Die Schwabenalb

Fußnoten

Hans Koch von Ebingen

Fußnoten

Nikodemus Frischlin's Vater

Fußnoten

Die Heidenkapelle bei Belsen

Die Steinlacherin und der Russe

Schloß Lichtenstein

Fußnoten

Die Feien des Ursulenberges

Die Achalm

Der Graf von Zollern

Herzog Ulrich vor Neufen

Der Graf von Aichelberg

Der Bau des Reissensteins

Fußnoten

Eberhard der Gütige zu Göppingen am Brunnen

Die Böhmenkönigin in Schwaben

Fußnoten

Der neue Staufenritter

Die Beiszwanger Kapelle

Des Ritters von Gerhausen Schwur

Elsbeth von Calw

 

5. Sagen vom Bodensee und der Schweiz

 

Die Schöpfung des Bodensee's

Der Reiter und der Bodensee

Der Spuk auf dem Bodensee

Fußnoten

Des Fischers Haus

Des Feindes Tod

St. Fridolin und der Tote

Graf Gero von Montfort

Fußnoten

Konradin

Die Maid von Bodman

Im kupfernen Kessel von Bodman zu singen

Die seltne Kur

Der Fleischer von Constanz

Rudolph und der Gerber

Der Gant

Die Thurbrücke bei Bischofszell

Die Rittergruft zu Bucheck

Der Gefangene auf Kyburg

Fußnoten

Das Glaswappen von Frauenfeld

1. Der Stein in Ketten

2. Das Erdbeben

Fußnoten

 

Größere Dichtungen

 

1. Legende von den heiligen drei Königen

 

In zwölf Romanzen

1. Wie auf einen Berg im Morgenlande zwölf Sternseher gesetzt wurden

2. Wie der Stern erschien

3. Wie drei Könige sich aufmachten, dem Sterne nachzuziehen

4. Wie die Könige fuhren

5. Wie die Könige zusammen kamen

6. Wie die Könige in Jerusalem einzogen und zu Herodes kamen

7. Was den Königen auf ihrer Fahrt nach Bethlehem begegnet

8. Wie die Könige zu Bethlehem das Kind Jesus fanden und es anbeteten

9. Wie Joseph mit der Jungfrau und dem Kinde floh

10. Wie Herodes die Kindlein in Bethlehem ermorden ließ

11. Wie die Könige nach Hause kamen und was weiter geschah

12. Wie die Könige Abendmahl hielten und starben

 

2. Der Appenzeller Krieg

 

Einladung

1. Die Appenzeller tagen

Fußnoten

2. Wie der Probst gestraft wird

3. Wie die Schwabenstädte Abt Kuno Hilfe senden

4. Die Schlacht am Speicher

5. Appenzell kommt in der Freunde Hand

6. Anderhalde's Traum

Fußnoten

7. Wer der Appenzeller Feldhauptmann ward

8. Die Schlacht am Stoß

9. Der Abt gefangen

Fußnoten

 

 

 

 

 

 

Gedichte, G. Schwab

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849635954

 

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Gustav Schwab – Biografie und Bibliografie

 

Dichter, geb. 19. Juni 1792 in Stuttgart, gest. daselbst 4. Nov. 1850, studierte 1809–14 in Tübingen Philosophie und Theologie und war von Jugend auf mit Uhland, seinem dichterischen Vorbilde, befreundet; auch mit Varnhagen und besonders mit Kerner trat er in Verbindung und gab mit ihnen den »Deutschen Dichterwald« (1813) heraus. Im Frühjahr 1815 machte S. eine Reise nach Berlin, wo er mit Fouqué, Franz Horn, Chamisso u. a. Beziehungen anknüpfte. 1817 wurde er Professor am Obergymnasium in Stuttgart; im Herbst 1837 nahm er die ländliche Pfarrei in Gomaringen an, 1841 wurde er zum ersten Prediger an der St. Leonhardskirche in Stuttgart, 1845 zum Oberstudienrat und Oberkonsistorialrat ernannt. S. gilt als Dichter neben Uhland und Kerner für den Hauptvertreter der sogen. schwäbischen Schule. Er hat sich in der Romanze und im kleinern Lebensbild ausgezeichnet, während seine eigentliche Lyrik eine reflektierende und rhetorische Ader hat, so daß ihm nur in einzelnen Fällen ein sangbares Lied (z. B. »Bemooster Bursche zieh' ich aus«) gelingt. Seine Griechenlieder aus früherer Zeit, die Polenlieder aus seinen mittlern Jahren und die allgemeinern Zeitgedichte aus seinem spätern Leben erwiesen seine Teilnahme an den freiheitlichen Bestrebungen der Zeit. Als Redakteur des poetischen Teiles des »Morgenblattes« (1827–37) und des »Deutschen Musenalmanachs« (1833–38) erwarb er sich viele Verdienste um jüngere Dichter und führte manchen (Chamisso, Freiligrath) zuerst ein, der in der Folge berühmt wurde. Seine »Gedichte«, zuerst Stuttgart 1828–1829, in 2 Bänden vereinigt, ließ er später als »Neue Auswahl« (das. 1838, 4. Aufl. 1851) mit einigen Weglassungen wieder erscheinen (neue Ausg. von Klee, Gütersl. 1882). Unter seinen übrigen Schriften sind zu erwähnen: »Die Schwäbische Alb« (Stuttg. 1823; 2. Aufl., mit Zusätzen von Paulus, das. 1878); »Der Bodensee, ein Handbuch für Reisende und Freunde der Natur, Geschichte und Poesie« (das. 1827, 2. Aufl. 1839); »Wanderungen durch Schwaben« (Leipz. 1837 bis 1838, 4. Aufl. 1880); »Die Schweiz in ihren Ritterburgen und Bergschlössern« (Bern 1839, mit Hottinger) und »Schillers Leben« (Stuttg. 1840, 3. Ausg. 1859), dem sich gleichsam als Beigabe die Schrift »Der Kultus des Genius« (Hamb. 1840, mit Ullmann) anschließt, worin größtenteils interessante theologisch-philosophische Zeitfragen behandelt werden. Treffliche Sammelwerke sind seine »Deutschen Volksbücher« (15. Aufl. von Klee, Gütersl. 1894), die Mustersammlungen: »Fünf Bücher deutscher Lieder und Gedichte von Haller bis auf die neueste Zeit« (Leipz. 1835; 5. Aufl., hrsg. von Bernays, 1871) und »Die deutsche Prosa von Mosheim bis auf unsre Tage« (Stuttg. 1843, 2 Bde.; 2. Aufl. von Klüpfel, 1860, 3 Bde.), endlich der »Wegweiser durch die Literatur der Deutschen« (Leipz. 1846; 4. Aufl., von Klüpfel gänzlich umgearbeitet, 1870, mit 3 Nachträgen) und »Die schönsten Sagen des klassischen Altertums« (Stuttgart 1838–40, 3 Tle.; 24. Aufl. von Klee, Gütersl. 1894). Neben diesen eignen Erzeugnissen ging auch die Herausgabe und Übersetzung mancher fremden her, als: »Erlesene Gedichte von Paul Fleming, mit Flemings Leben« (Stuttg. 1820); »Der Froschmäusler, von Georg Rollenhagen« (übersetzt ins Neudeutsche, Tübing. 1819); »Lamartines auserlesene Gedichte« (metrisch übersetzt, Stuttg. 1826); Barthélemys und Mérys »Napoleon in Ägypten« (übersetzt, das. 1829). Auch gab S. mit Tafel und Osiander das Sammelwerk »Übersetzungen griechischer und römischer Prosaiker und Dichter« (Stuttg. 1827 ff.), ferner W. Hauffs »Sämtliche Schriften« (das. 1830) und W. Müllers »Vermischte Schriften« (Leipz. 1830) heraus. Eine Auswahl seiner kleinern prosaischen Schriften besorgte Klüpfel (Freiburg 1882). Vgl. Klüpfel, Gustav S., sein Leben und Wirken (Leipz. 1858; eine kürzere Darstellung, Stuttg. 1884), und die von Schwabs Sohn Christoph Theodor S. herausgegebene Biographie »Gustav Schwabs Leben« (Freiburg 1883). Letzterer, geb. 2. Okt. 1821 in Stuttgart, seit 1852 Professor am Katharinenstift daselbst, gest. 17. Okt. 1883, schrieb außerdem die Monographie »Arkadien, seine Natur, seine Geschichte etc.« (Stuttg. 1852) und gab Hölderlins »Sämtliche Werke« (das. 1846, 2 Bde.) heraus.

 

 

 

An einen Freund1

Du liebest nicht das laute Lieben,

Und rühmt' ich dich vor aller Welt,

Ich weiß, du hießest's übertrieben,

Wie Vieles, was dir nicht gefällt.

 

Auch brauch' ich ja dich nicht zu nennen,

Was ich dir danke, sag' ich nur,

Und Mancher wird dich drin erkennen,

Der deines Vorbilds Kraft erfuhr.

 

Daß ich geforschet im Gemüte,

Und nicht zum Worte Wort gereimt,

Daß ich erstrebte keine Blüte,

Die aus der Wurzel nicht gekeimt;

 

Daß ich, was schlicht ist, was gedrungen,

Gewählt, oft gegen eignen Sinn,

Und wär' es mir nur halb gelungen –

Dein, dein ist meines Lieds Gewinn! –

 

Es klaget Deutschland, weil zu frühe

Dein innig Saitenspiel verklingt;

Du aber ruhst von süßer Mühe,

Da schon dein Lied aus andern singt.

 

Denn wie so Viele, die sich brüsten

Mit hochbewundertem Gesang,

Sie würden schamrot, wenn sie wüßten,

Daß du sie lehrtest solchen Klang!

 

Doch mich laß immer froh gestehen,

Daß ich dein ält'ster Schüler bin:

Will den in mir die Nachwelt sehen,

So zieht mein Schatten aufrecht hin.

 

 

Fußnoten

 

1 Ludwig Uhland. Das Gedicht findet sich nur in der 1. Aufl. 1828.

 

 

 

Gedichte

 

 

 

1. Lieder und vermischte Gedichte

 

Zueignung

 

1811.

 

In das gelobte Land der Liebe

Hab' ich nur einen Blick gethan:

Drum, ob ich tausend Lieder schriebe,

Sind sie nur alle Traum und Wahn.

 

Ich selbst weiß nicht, was ich gesungen

Von Liebeslust und Liebeslicht;

Es floh mir stammelnd von der Zungen,

Was ich gepriesen, ward mir nicht.

 

Doch du betratst die sel'gen Gränzen,

Nimm! – Lieb' um Liebe wurde dir;

Du kannst entziffern und ergänzen:

Enträts'le meine Lieder mir!

 

 

Liebe im Winter

 

 An Thekla.

 

Sie ist o schön, des Winters stille Gegend,

Wann rings die Flur im Schnee sich blendend hebt,

Und über ihr, den lichten Kreis bewegend,

Der Mond mit seinem Sternenheere schwebt:

Der Wandrer liebt die Fluren zu durchschauen,

Nicht Wärme sucht er und nicht Frühlingsduft,

Ihm gnügt die Gabe dieser kühlen Auen,

Des Himmels Stral und eine reine Luft.

 

Da wandelt mir vor meinen kühlen Sinnen

Dein liebes Bild vorüber als ein Geist,

Und all mein Wesen wird ein stilles Minnen,

Ein leises Lied, das deine Güte preist.

Ich liebe dich, wie jene goldnen Sterne

In ihrem Stral, der ohne Gluten glänzt,

Wie jenen Aether, der in dunkler Ferne

Mit liebevollem Blau das All umgränzt.

 

Es blüht nicht üppig unter deinen Füßen

Die Flur zu einem Blumenwald empor,

Und von den kahlen Bäumen tönt kein Grüßen

Von frohen Vogelsängen in dein Ohr.

Du blühst allein auf diesen weiten Feldern,

Vom weißen Schnee verkläret und verschönt,

Ein Schweigen herrscht im Thal und auf den Wäldern,

Und deiner Züge Harmonie nur tönt.

 

Soll ich des Schönen Lieblichkeit gewahren,

So mag es wuchernd unter Blumen blühn;

Doch soll sich seine Hoheit offenbaren,

So muß es einsam in der Nacht erglühn.

Will sich die Liebe ganz als Fürstin zeigen,

So flieht der Lenz, die fremde Blume fällt,

Empor aus totem Eise muß sie steigen,

Ein Blumenbeet, ein Frühling, eine Welt.

 

 

Die stille Stadt

 

Nenne mir die stille Stadt,

Die den ew'gen Frieden hat,

Deren düstere Gemächer

Sanft sich bauen grüne Dächer:

Ueber ihrer Häuser Zinne

Wandelt ernst der Fremdling hin,

Ziehet fort und hält nicht inne,

Grauen fasset ihm den Sinn.

Aber endlich tritt er wieder

Zitternd auf das morsche Dach,

Und die Wölbung sinket nieder,

Daß er stürzt in das Gemach.

Drunten in den Hallen traurig

Sieht er da die Bürger ruhn,

Alle liegen stumm und schaurig,

Mögen keinen Gruß ihm thun.

Die geschlossne Pforte kündet

Ihm sein ewig Bürgerrecht,

Und der arme Wandrer findet

Bald ein Bettlein recht und schlecht,

Ist des Prunkens müde worden,

Schickt sich in den stillen Orden,

Legt sich nieder in der Stadt,

Die den ew'gen Frieden hat.

 

Die Wolke am Sternenhimmel

 

Welch eine Saat von goldnen Aehren

Durchwandl' ich dunkle Nachtgestalt,

Die schaudernd ihre Häupter kehren

Vor meinem Athem rauh und kalt?

Ich bin so fremd auf diesen Auen

Und wohl aus einem andern Land,

Und möchte da mich helle schauen,

Doch bleib' ich mir so unbekannt.

Trüb glänzt von meinem grauen Kleide

Der Saum in dieser Flämmlein Schein;

Sie feiern ruhig ew'ge Freude,

Da zieh' ich störend mitten ein.

Ich darf nicht frei und sicher gehen,

Bald führt mich eine leise Hand,

Bald reißt es mich mit Sturmeswehen,

Und faßt mein flatterndes Gewand.

Und mir begegnen dunkle Brüder,

Stumm, grau und willenlos wie ich,

Sie schlagen fremd die Wimpern nieder,

Und ziehen hin, als flöhn sie mich.

Wenn schüchtern dann mein Blick sich hebet,

So fahren Flammen wild heraus,

Und will ich sprechen, so erbebet

Vor meinem Ton das fremde Haus.

Wo bin ich Arme denn geboren,

Wo wird man liebend mich empfahn?

Ich blick', in ihr Gebiet verloren,

Fremd diese hohe Schönheit an.

Doch winkt aus wunderbarer Tiefe

Mir nicht ein mild Erbarmen zu,

Als ob mir eine Mutter riefe,

Mich lüd' an ihre Brust zur Ruh?

Wie ist mir? Wehmut löst in Thränen

Hell meine graue Nachtgestalt,

Hinab, hinab zieht all mein Sehnen

Versöhnend heilige Gewalt.« –

 

Und liebend rauscht's der Erd' entgegen,

Der Morgen kommt mit neuer Lust:

Blau ist die Luft, ein süßer Regen

Liegt an der Mutter Erde Brust.

 

 

Nachruf

 

Nur eine laß von deinen Gaben,

Verschwundne Liebe, mir zurück!

Nicht deine Freuden will ich haben,

Nicht dein beseligendes Glück.

 

O schenke nur den Schmerz mir wieder,

Der so gewaltig mich durchdrang,

Den tiefen Sturm der Klagelieder,

Der aus der wunden Brust sich schwang!

 

Ich will ja nicht ein fröhlich Zeichen,

Auch keinen Blick, kein freundlich Wort;

Nur nicht so stille laß mich schleichen,

Aus dieser Ruhe treib mich fort!

 

Laß deine Wehmut mich erfüllen,

Flieh weit, doch zieh mein Herz dir nach!

Gieb mir den Durst, der nie zu stillen,

Gieb mir dein Leiden, deine Schmach!

 

Dein Seufzen, deine Last, dein Sehnen,

Was andre nur an dir verschmähn –

O gieb mir Alles, bis mir Thränen

In den erstorbnen Augen stehn!

 

Liebe in der Fremde

 

Endlich rauscht des Stromes Welle,

Die so fremd mir klang, vertraut;

Berg und Thäler schauen helle,

Und der Geist der Flur wird laut.

Heimat ist's in meiner Seele,

Heimisch wird mir nun das Land;

Seit ich selbst mir nicht mehr fehle,

Find' ich Alles rings verwandt.

 

Ja das macht, ich trag' im Herzen

Wieder nun ein liebes Bild:

Was verhüllt lag unter Schmerzen,

Tritt mit ihm hervor so mild.

Von den Augen fällt die Blindheit,

Feld und Wald im alten Schein

Laden mich, wie in der Kindheit,

Mit den trauten Stimmen ein.

 

Hoffnung führt mich auf die Fluren,

Die ich sonst nur irr durchstreift;

O und nach geliebten Spuren

Ueberall mein Auge schweift!

Jeder Weg, der zu ihr gehet,

Ist mir wie schon längst bekannt;

Jeder Boden, drauf sie stehet,

Ist mein altes Vaterland.

 

 

Liebesmorgen

 

Gelagert sprachlos saßen wir im Kreise,

Ein Jeder sann den Morgenträumen nach;

Da öffnete die Pforte sich, und leise

Tratst du herein und standst in dem Gemach,

Und neigtest dich nach deiner holden Weise,

Verschämt und kaum vom ersten Schlummer wach,

Und blicktest schüchtern auf, uns mit den süßen

Schlaftrunknen Aenglein halb im Traum zu grüßen.

 

Ist das der Blick, der aus der Locken Kranze

So stolz hervorgeleuchtet und gesiegt?

Ist das die Brust, die sonst bei Fest und Tanze

In weicher Seide schwellend sich gewiegt?

O wie sie nun sich, frei von allem Glanze,

So fromm in die bescheidnen Tücher schmiegt!

Wie schmückt das Haar so schlicht der Stirne Bogen,

Wie hat der Blick sich scheu zurückgezogen!

 

O dürft' ich als die Meine dich begrüßen

In dieser keuschen, stillen Morgentracht,

Wo nur der Sonne Lichter dich umfließen,

Nicht eitler Lampenschein und falsche Pracht.

O dürft' ich diesen milden Reiz umschließen,

Nach jeder einsam durchgehofften Nacht

Dir liebend in dein Morgenantlitz blicken,

Ans Herz dich, den verhüllten Himmel, drücken!

 

 

Schlittenlied

 

Unter muntrer Glöcklein Schallen

Raschelt's wie ein Elfenzug,

Freudig drein die Peitschen knallen,

Alles schwindet hin im Flug:

Rosse, Reiter, in der Mitten

Mutig die besonnten Schlitten,

Die in Sammt und Pelz gehüllt

Niedlich Feenvolk erfüllt.

 

Kaum begonnen hat die Wonne;

Ist schon wieder alles aus?

Weg aus Duft und Schnee und Sonne

Sollen wir ins dumpfe Haus?

Doch es öffnen sich die Thüren

Unter lust'gem Musiciren;

Freundlich steht zu Tanz und Mahl

Aufgeschmückt der kleine Saal.

 

Eilig streift die Winterhülle

Jedes schöne Kind von sich,

Schmuck und hell, in süßer Fülle,

Leuchten alle sommerlich;

Wissen mit den stillen Blicken

Ach! so lieblich zu beglücken,

Holde Rede klingt darein –

Kann es wohl noch Winter sein?

 

Wie sich's tanzt so freudig heute,

Sich's noch besser schmaust und singt!

Wenn, die Freundlichen zur Seite,

Glas mit Glas zusammenklingt;

Wenn, was Keiner wagt zu sagen,

Jeder darf zu singen wagen;

Rauscht das Lied, und glüht der Wein –

Kann es wohl noch Winter sein?

 

Draußen spielet licht und leise

Mit dem Schnee der Mondenschein;

Fromm beschickt man sich zur Reise,

Fliegt im hellen Traum herein,

Wirft sich träumend hin aufs Bette,

Und um jede Schlummerstätte

Wogt im Schlafe Tanz und Sang

Noch die ganze Nacht entlang.

 

Wer, zur Hand die treue Leier,

Dieses kleine Lied erdacht,

Preist zum letzten Mal die Feier

Solcher schönen Winternacht:

Wann die Flocken wieder flüstern,

Wohnt er unter den Philistern;

Fahrt kehrt wieder, Sang und Klang –

Doch vergessen ist er lang!

 

 

Lied eines abziehenden Burschen

 

Nach der Weise: Es reiten drei Reiter zum Thor hinaus usw.

 

Bemooster Bursche zieh' ich aus,

Behüt dich Gott, Philisters Haus!

Zur alten Heimat geh' ich ein,

Muß selber nun Philister sein.

 

Fahrt wohl, ihr Straßen grad und krumm,

Ich zieh' nicht mehr in euch herum,

Durchtön' euch nicht mehr mit Gesang,

Mit Lärm nicht mehr und Sporenklang.

 

Was wollt ihr Kneipen all' von mir?

Mein Bleiben ist nicht mehr allhier,

Winkt nicht mit eurem langen Arm,

Macht mir mein durstig Herz nicht warm.

 

Ei grüß' euch Gott, Collegia!

Wie steht ihr in Parade da.

Ihr dumpfen Säle groß und klein,

Jetzt kriegt ihr mich nicht mehr herein.

 

Auch du von deinem Giebeldach

Siehst mir umsonst, o Carcer, nach.

Für schlechte Herberg, Tag und Nacht,

Sei dir ein Pereat gebracht!

 

Du aber blüh' und schalle noch,

Leb' alter Waffenboden hoch!

Es stärkt den Geist die Wissenschaft,

So stärke du des Armes Kraft.

 

Da komm' ich, ach an Liebchens Haus:

O Kind, schau noch einmal heraus!

Heraus mit deinen Aeuglein klar,

Mit deinem dunkeln Lockenhaar!

 

Und hast du mich vergessen schon,

So wünsch' ich dir nicht bösen Lohn;

Such' dir nur einen Buhlen neu,

Doch sei er flott gleich mir und treu!

 

Und weiter, weiter geht mein Lauf,

Thut euch, ihr alten Thore, auf!

Leicht ist mein Sinn, und frei mein Pfad,

Gehab dich wohl, du Musenstadt!

 

Ihr Freunde, drängt euch um mich her,

Macht mir mein leichtes Herz nicht schwer,

Auf frischem Roß, mit frohem Sang

Geleitet mich den Weg entlang.

 

Im nächsten Dorfe kehret ein,

Trinkt noch mit mir von einem Wein. –

Und nun denn, Brüder, sei's weil's muß!

Das letzte Glas, den letzten Kuß!

 

 

Abendsegen

 

Dank, Vater! dir für Leid und Lust

Und was du mir gegeben.

Laß mich, wie dieses liebe Heut,

Mein Morgen auch erleben.

Erfüll' mir keinen thör'gen Wunsch,

Das Gute laß nicht säumen.

Und was du mir nicht geben kannst,

Ei, davon laß mich träumen!

 

 

Trost

 

Wie ist sie mir erschienen

So bleich, so lieb im Traum!

So ernster edler Mienen

Sah ich sie wachend kaum.

 

Einst wird sie wiederkommen

So himmlisch hell und gut,

Im Himmel aller Frommen,

In höh'rer Liebesglut.

 

Was ist's, wenn sie im Leben

Von mir gewendet geht?

Ich will ihr gern vergeben,

Daß sie mich nicht versteht:

 

Besucht sie nur in Träumen

Mich noch auf dieser Welt,

Ist nur in Himmelsräumen

Ein Haus für uns bestellt!

 

 

Erste Liebe

 

Wo bist du, Zeit der Plage,

Der ungestillten Lust?

Ruhst du, o Glut und Klage?

Wirst du so mild, Verlust?

 

Die Sonne schon im Sinken

Verkläret ihren Schein,

Die Bäum' und Büsche winken

Die Quellen flüstern drein.

 

Und schon erwachst du wieder,

Du erstes Lieb'sgefühl,

Ihr reinen Jugendlieder,

Du frommes Bilderspiel!

 

O Hoffnung, nicht Verlangen!

O Sehnsucht, nicht Begier!

Ein Beten und ein Bangen

Scheu vor der Himmelsthür.

 

Ein Ja aus allen Trieben,

Und wieder keusches Nein;

Das ist das erste Lieben,

Das erste muß es sein!

 

Das ist die Lieb' auf Erden

In halber Kinderzeit;

Erfüllet wird sie werden

In jener Herrlichkeit.

 

Verlieren und Entsagen,

Das macht auf Erden reich:

Das Finden und Erjagen

Ist für das Himmelreich.

 

 

Vom Berge

 

Wir treten aus dem hohen Wald,

Vom Morgenlicht erhellt:

In sonnenfreundlicher Gestalt

Grüßt uns die weite Welt.

 

Was leuchtet dort im hellen Stral?

Das ist das Felsenschloß.

Ahnst du, mein Herz, den hohen Saal?

Ahnst Ritter schon und Roß?

 

Was blinket aus dem tiefen Thal?

Das ist der alte Fluß.

Ahnst du die Nixen ohne Zahl,

Der Nymphen lust'gen Gruß?

 

Was glänzt im Nebel dort wie Gold?

Das ist ein Städtchen gar.

Ahnst du die Mägdlein schmuck und hold,

Mit krausem Lockenhaar?

 

Das Felsschloß, das ist öd' so sehr,

Kein Ritter haust mehr dort;

Wohl rauscht der Fluß, doch ist er leer,

Die Nymphen all' sind fort.

 

Doch in die Stadt da ziehn wir ein,

Die ist ganz voll und hell.

Gegrüßet seid, ihr Jungfräulein,

O kommt ans Fenster schnell!

 

 

Auf ein Paar gestickte Rosen

 

Nach Blumen trugen wir Verlangen,

Doch lag der Winter auf den Aun:

Da seid ihr lieblich aufgegangen,

Fast wie ein Wunder anzuschaun.

 

Doch ist's kein Wunder mehr zu nennen

Für den, der eure Saat belauscht;

Er sah die Himmelsröte brennen,

Aus der sich euer Glanz berauscht.

 

Es nahte sich an jedem Morgen

Still eine ros'ge Gärtnerin,

Die stellte früh, mit leisen Sorgen,

Vor euer weiches Beet sich hin.

 

Sie streut' in tausend lichten Fädchen

Den Samen auf den weißen Grund,

Und Morgenrot ergoß das Mädchen

Auf euch von Wangen und von Mund.

 

Und leuchtend über Mund und Wangen

Ergossen auf die kleine Hand

Zwei Sonnen, freundlich aufgegangen

Den holden Schimmer unverwandt.

 

Und auch den zarten Fingerspitzen

Entquoll so leise Kraft und Licht

Und zückte mit geheimen Blitzen

Durch euer rotes Angesicht.

 

So seid ihr in dem seltnen Scheine

Zu solcher Frühlingsglut gediehn:

So hell und himmlisch lächeln keine,

Auf die nur ird'sche Sonne schien.

 

O Morgenrot, o lichte Sonnen!

Glückselig wer in eurem Glanz

Den ew'gen Frühling sich gewonnen,

Den ewig blüh'nden Rosenkranz!

 

 

Das Wort der Liebe

 

O aller Berge Quellen,

Tönt mit berauschten Wellen

Vernehmlich durch die Luft!

O aller Thäler Bäume,

Säuselt mir leise Träume,

Und sendet süßen Duft!

 

Es sollen alle Sinne

Der Freude werden inne,

Die heut mein Herz begeht,

In allen Farben, Tönen

Lebe das Wort der Schönen,

Das mir im Geiste steht!

 

Der Liebe Wort, das zitternd

Und inniglich erschütternd

Durch meine Seele dringt,

In ew'gen Wiederhallen

Hör' ich es rings erschallen,

So daß es nie verklingt.

 

Und wenn die Quellen schweigen

Und wenn die Bäume neigen

Ihr Haupt in welker Zier;

Im Herzen ewig klingen,

Blühen und lieblich singen

Wird doch das Wort von Ihr.

 

 

Gesang der fliehenden Griechen von Parga

 

Als ihre Stadt von den Engländern an die Türken übergeben ward.

 

(1819.)

 

Frei aus dem Neugriechischen.

 

Männer.

 

Unser Schwert liegt auf der Erde,

Wie ein ausgelöschter Blitz.

Fern vom unterjochten Herde

Birg' uns, Meer! in deinem Sitz.

 

Aber, wenn wir nun zerschellen

Am verborgnen Felsenriff:

Laß' uns deine bittern Wellen

Treiben an kein englisch Schiff!

 

In den Hafen würd' es laufen,

An des Feindes Uebermut

Unsre Leichen zu verkaufen,

Wie jetzt unser Haus und Gut!

 

Frauen.

 

Grüne Lorbeern, frische Rosen!

Nicht mehr werdet ihr gepflückt,

Nicht mehr unsre freudelosen

Häupter je mit euch geschmückt.

 

O ihr Vögel in den Hainen!

Bach! und Wind! Mit eurem Klang

Wird sich fürder nicht vereinen

Unsrer hellen Stimme Sang.

 

Ach, der Lieder Ton muß hassen

Und der Blumen Ueberfluß,

Wer, wie wir, auf ewig lassen

Seiner Väter Boden muß.

 

Greise.

 

Ehre hat der Held Liassa

Nicht des Volkes Feind bezeugt,

Hat sein Haupt nicht vor dem Bassa,

Nicht vor dem Vezier gebeugt.

 

Bassa war die Feuerröhre,

Und das Schwert war ihm Vezier!

O Liassa! sieh und höre!

Deinem Beispiel folgen wir!

 

Unser Stamm soll sich zerstreuen,

Und auf des Gebirges Höhn,

Wollen wir, wie alte Leuen,

Einsam in der Irre gehn!

 

 

Mit Flemmings Gedichten

 

 An einen Kritiker.

 

Sollt' es auch kein Dichter sein,

Ist's doch eine Sängerkehle,

Die aus frischer, voller Seele

Sang ein Lied, nicht ohne Fehle,

Doch vom Staub der Erde rein.

 

Was die Welt noch Ew'ges hegt:

Freundschaft, steter Treue Siegel,

Liebe, bessrer Zukunft Spiegel,

Mannes Pfad durch Haft und Riegel –

Davon ist sein Herz bewegt.

 

Wandernd in das ferne Land,

Konnt' er singen, immer singen,

Ließ durch kalte Steppen dringen,

Ließ in dumpfer Hitze klingen

Jeden Trost, den er empfand.

 

Schüttelt uns das Leben kalt,

Drückt es uns mit seinen Gluten,

Will uns langer Pfad entmuten,

Alt' und neue Wunde bluten:

Hier ist Balsam mannigfalt.

 

Lust im Glück und Heil im Schmerz!

Solch ein Sang ist nie verloren;

Sprödes Kosten laß den Thoren.

Saug' ihn ein mit offnen Ohren,

Laß ihn strömen in das Herz!

 

 

Zum 17. Februar 1822

 

Seine Hoffnung und sein Sehnen

Ist's, was an der Liebsten Fest

Unter Seufzern, unter Thränen,

Jünglings Leier tönen läßt.

Wer in seines Weibes Arme,

Zwischen Kinderwiegen, ruht,

Wie kann der von Liebesharme

Singen und von Sehnsuchtsglut?

 

Aber – Miteinander lieben

Lohnt es keinen Leierklang?

Weil die Blüte Frucht getrieben,

Tönt vom Baum kein Vogelsang?

Anders mag das Lied erschallen,

Aber jubeln wird es doch.

Frühling würde nicht gefallen,

Folgte nicht ein Sommer noch.

 

Miteinander zu erstreben,

Miteinander zu verstreun,

Und zu nehmen, und zu geben,

Und nach Leide sich zu freun;

Miteinander zu verlachen

Stolz und Geiz der armen Zeit,

Eins das Andre zu bewachen

In dem Strom der Eitelkeit; –

 

Miteinander zu entbrennen,

Wo's die höchsten Güter gilt,

Eins des Andern Herz zu kennen,

Das von Freiheitsliebe schwillt,

Aus der tücht'gen Kinder Augen

Jugendlust und Hoffnungsmut,

Und fürs Alter Trost zu saugen,

Und zu flehn zum höchsten Gut; –

 

Miteinander so zu pflegen

Jeden irdischen Gewinn,

Daß sich kehrt beim Erdensegen

Zu dem ew'gen Heil der Sinn;

Wenn am freudenreichen Morgen

Solch Gefühl ist Liedes werth:

Nun, so bleib' es nicht verborgen,

Ström' es aus am eignen Herd!

 

 

Aprilreise 1822

 

1. Ausmarsch

 

Angelegt den Sommerrock,

Auf, ergriffen Hut und Stock,

Himmel steht im blausten Kleide,

Erd' in ihrer grünsten Seide.

 

Ei wie lacht des Wandrers Herz

Heut' am letzten Tag im März,

Wann ist wo ein Mai erschienen

Mit so hellen, heitern Mienen?

 

Luft und Licht, und Farb' und Glut!

In den Adern schwillt das Blut,

Heißt uns ferne Reisen wagen

In so wunderbaren Tagen.

 

Morgen grüßet mich April,

Was doch der erst bringen will?

Ringsum tausend Knospen träumen,

Morgen blühn sie von den Bäumen!

 

 

2. Am andern Morgen

 

Ueber Nacht das Thal beschneit,

Ueber Nacht ward's Winterszeit!

Schneeweiß blühn alle Bäume,

Das sind mir Blütenträume!

 

 

3. Auf dem Bussenberge

 

Weithin, weithin wollt' ich streifen

Auf des freien Hügels Rand,

Der den Blick läßt ferne schweifen

In der Schneegebirge Land.

 

Dort im Grünen und im Blauen,

Auf dem alten Mauerstein

Durch das Fernrohr spähend schauen,

Welche Wonne wird es sein!

 

Solchen Wunsch in meinem Herzen

Hört der launigte April,

Fängt mit Flocken an zu scherzen,

Zaubert her mir, was ich will.

 

Meine Röhre kann ich drücken

Ruhig in das Futteral,

Darf mich nicht zur Ferne bücken:

Schneegebirg' ist überall!

 

 

4. Hayingen auf der Asp

 

Sei mir willkommen, Städtchen

In dieser schlimmen Zeit!

Hat dich Aprilgestöber

Auf das Gebirg verschneit?

 

So finster und so enge

Mag wohl kein andres sein,

Es nimmt der Straßen Länge

Dein kleines Rathhaus ein.

 

Und niest einmal die Schildwacht

An deinem obern Thor,

Gleich schallt ein helles Prosit

Vom untersten empor!

 

Doch bin ich armer Wandrer

An deinem Obdach froh,

So durstig ist kein Andrer,

Und müde keiner so.

 

In einer grauen Stube

Reichst du mir Speis' und Trank;

Dir thaun die Phantasieen

Des Dichters auf zum Dank.

 

Die Thore will ich zimmern

Aus ew'gem Cedernholz,

Ein goldnes Dach soll schimmern

Auf Thurm und Kirche, stolz.

 

Ich pflanze Bäum' und Reben

Auf deiner kahlen Au,

Und über alles wölb' ich

Des Sommerhimmels Blau.

 

Dann zahl' ich meine Zeche;

Leb' wohl, du sel'ger Ort!

Ich muß durch Berg und Fläche

In Schnee und Regen fort!

 

 

5. Im Bergwirthshaus

 

Braunes Bier und saure Gesichter!

Saures Bier, brauner Augen Lichter,

Hell und freundlich, treu und gut: –

Wirtin, mir wird wohl zu Mut!

 

 

6. Liedsinger politische Zeitung

 

Wahrlich, auch die Zeitungsblätter

Haben heut' Aprilenwetter,

Gestern blies noch gar zu lind,

Gar zu lau darin der Wind.

 

Selig hießen die Monarchen,

Daß die Kriegesfurien schnarchen;

Heut' in dieser Sturmesnacht

Plötzlich sind sie aufgewacht.

 

Mahmud sitzt im Kaisersaale,

Ali's Kopf steckt auf dem Pfahle,

Und aus finstrer Wolke Sitz

Stürmt der Hagel, schießt der Blitz.

 

Auf zum Kampf, ihr Erdengötter!

Doch ist nur Aprilenwetter,

Und im Osten führt der Mai

Goldnes Morgenrot herbei.

 

 

7. Auf der Bergheide

 

Laß dich den Schnee durchdringen,

Laß dich den Sturm durchwehn:

Denn, kann die Lerche singen,

So kannst du wohl noch gehn!

 

 

8. Im Lauterthal

 

Was lachen mich die Männer,

Die schmucken Mägdlein aus,

Daß ich so eifrig schaue

Nach dem zerfallnen Haus?

 

Daß ich so sehnlich folge

Des Flusses krummem Lauf,

Daß ich so rüstig steige

Den hohen Berg hinauf?

 

Sie mögen es nicht glauben,

Daß mir durch Thal und Höhn

Die Lust den Schritt beflügelt

Bei dieser Stürme Wehn;

 

Sie loben Stadt und Ebne

Und schielen halb mit Neid

Auf meine weichen Hände

Und auf mein städtisch Kleid.

 

Ihr Männer des Gebirges!

Es thut mir herzlich weh,

Daß ihr die Nahrung kärglich

Abzwinget eurem Schnee;

 

Daß euren schlanken Töchtern

Die Last den Rücken beugt,

Und euer Berg dem Durste

Kein Tröpfchen Weins erzeugt.

 

Doch däucht mir noch viel bittrer

Als euer Durst und Schweiß,

Daß euer Geist vom Schönen,

Von Gottes Bild nichts weiß.

 

Die Noth, an der ihr zehret,

Der euer Leib sich bückt,

Hat euch ins Herz gefressen,

Hat euch den Sinn erdrückt!

 

In Seiner Leidenswoche

Durchwandl' ich dieses Thal:

Er kennet jeden Kummer,

Er heilet jede Qual!

 

Geb' Er dem Jahre Segen,

Daß es euch tränkt und speist,

Und löse dann die Binde

Von dem verhüllten Geist!

 

 

9. Abschied vom Gebirge

 

Schnee und Blüte hängt am Baum,

Doch gewinnt die Blüte Raum,

Lacht sich von den Flocken

An der Sonne trocken.

 

Das Gebirg liegt hinter mir,

Ferne winkt der Ebne Zier,

Mai hat sie durchwoben;

Du, April, bleib' droben!

 

Drunten blüht es ohne Schnee,

Drunten thut kein Frost mir weh,

Wehn die Lüfte linder,

Blühn mir Weib und Kinder!

 

Flügle, Wandrer, deinen Schritt,

Nimm die leichten Lieder mit,

Die in solchen Mühen

Dennoch mochten blühen.

 

Ist ein Ton auch halb verweht,

Irgendwo ein Reim verdreht,

Was April gedichtet,

Wird nicht streng gerichtet!

 

An den Gesang

 

 Für den Stuttgarter Liederkranz.

 

Melodie: Im Kreise froher, kluger Zecher.

 

Wir kommen, uns in dir zu baden,

Gesang, vor dein krystallnes Haus;

Dein Rauschen hat uns eingeladen,

Geuß nur die klaren Wellen aus;

Denn deine reiche Fülle beut,

Was starke Männerseelen freut.

 

Die Liebe wogt auf deinen Wellen

Und strömt in dir durch jedes Herz;

Du lehrest ihre Seufzer schwellen,

Und lösest heilend ihren Schmerz.

Aus deinem Spiegel wallt ihr Glück

In tausendfachem Stral zurück.

 

Der feste Glaube, will er wanken,

In deinem Quelle stärkt er sich;

Da wachsen Flügel dem Gedanken,

Dem Auge tagt es wonniglich;

Es schaut in deiner blauen Flut

Den Himmel und das ew'ge Gut.

 

Die Freiheit kommt auf dir geschwommen,

Hat deiner Arche sich vertraut;

Wird ihr das kühne Wort genommen,

So tauchet sie sich in den Laut;

Sie schifft aus Griechenland und Rom,

Ein sel'ger Schwan, auf deinem Strom.

 

Wenn deine Wogen uns umschlingen,

So wissen wir, was Freundschaft heißt:

So stark und einig, wie wir singen,

So stark und einig ist ihr Geist.

Viel Kehlen und ein einz'ger Sang,

Viel Seelen in verbundnem Drang.

 

Auch dieses glühnde Blut der Reben

Wird erst in deiner Mischung mild;

Du machst, daß mit ihm reinres Leben

In allen unsern Adern quillt;

Du stimmest unsern Gläserklang:

Gedeihe, festlicher Gesang!

 

Ja, deinen Segen zu verbreiten

Hast du uns Brüder ausgesandt;

Wir wollen deine Ströme leiten

Hinaus ins liebe Vaterland;

Und wo sie fließen, wo sie glühn,

Soll Glaube, Freiheit, Liebe blühn!

 

Gesellschaftslied auf dem Bodensee

 

Melodie: Bekränzt mit Laub den lieben vollen Becher.

 

Stimmt an den Sang, die grünen Wogen lauschen

Im alten Schwabenmeer,

Sobald ihr singt, beginnen sie zu rauschen

Und hüpfen um euch her.

 

Und sie durchströmt der Geist der fernen Zeiten,

Wo rings der Strand erklang,

Der Minne Lied zum Silberton der Saiten

Aus hundert Burgen drang.

 

Das Land ist stumm, das Ufer unbesungen,

Versunken ist die Lust –

Doch aus den Wassern hat sie sich geschwungen

Und lebt in unsrer Brust.

 

Im leichten Haus, das auf der Woge schwimmet,

Da wohnt der leichte Mut,

Da wiegt sich jede Freude groß, da glimmet

Noch jeder Hoffnung Glut.

 

Der Ruderschlag verstärkt den Schlag der Herzen,

Freundschaft und Lieb' erwacht;

O blickt umher, wie kühn die Wellen scherzen,

Drum scherzt auch ihr und lacht!

 

Der frohe Stoß, der unsern Nachen treibet,

Er geht durch Berg und Thal,

Sie fliegen hin, die Ruhe thront und bleibet

Nur in des Aethers Saal.

 

Und heller glänzet im Vorüberschweben

Der Thurm von Dorf und Stadt,

Die Firnen glühn, die niedern Hügel beben

Umwallt von Blüt' und Blatt.

 

Dort am Gestade schwingen sich die Reben –

So sagt, wo habt ihr Wein?

Im Doppelstrom durchschwimmen wir das Leben,

Schenkt ein, schenkt ein, schenkt ein!

 

Die Wonne wacht und alle Sorgen schlafen:

Doch ist des Glücks zuviel;

Die Sonne sinkt, es öffnet sich der Hafen,

Ach, schon sind wir am Ziel!

 

Doch tragen wir die Lust des Elementes

Hinaus in Stadt und Land,

Verbunden stets, denn das ist kein Getrenntes,

Was Lieb' und Lust verband!

 

Im Herzen lebt, von Sonnenschein umflossen,

Der treuen Freunde Bild,

Die blaue Flut wallt ewig drum ergossen,

Der Nachen wiegt es mild.

 

So süße Fahrt laßt uns durchs Leben träumen,

Da lebt sich's noch so gern;

Und wenn's auch stürmt, wenn bleich die Wogen schäumen,

Der Hafen ist nicht fern!

 

 

Die Feuerwerkerstochter

 

Auf waldigem Boden, im grünen Moose

Umwebt's den Baum, wie Schimmer der Rose,

Wie Nelkendunkel, wie Tulpenlicht,

Wo liebliche Jugend den Reigen flicht.

 

Schwarzbraune Maid, die schlanke, bleiche,

Die tanzt am fliegendsten um die Eiche,

Hat Augen reg wie ein Sonnenreif,

Und Brauen schwarz wie ein Pulverstreif.

 

Vor ihrer Blicke Stralengarben

Erlöschen die Blumen, die rosigen Farben,

Sie steigt aus Allen, sie strebt mit dem Wind:

Drum ist sie des Feuerwerkerskind.

 

Erwachsen unter den glühenden Sonnen,

Besprengt vom Stral der sprühenden Bronnen,

Bewacht vom äugelnden Feuerrad,

Das Haupt gekehrt zum Raketenpfad;

 

So ist sie gediehen, zum Glanz erlesen,

Die kühne Gespielin der feurigen Wesen,

Sie mischt in heitere Jugendpracht

Die plötzliche Flamme, den Ernst der Nacht.

 

Ein Knabe steht abseits vom Reigen,

Versunken in süßes, schauendes Schweigen,

Er blickt aus schwarzem Auge so hell:

Das ist des Feuerwerkers Gesell.

 

Und was er von farbigen Feuern geboren,

Das flieget, das braus't ihm vor Augen und Ohren,

Die hellen Springquellen, das römische Licht;

Er lauschet mit Wonne dem innern Gesicht.

 

Doch nach dem Schimmer und nach dem Gesause

Schleicht er geblendet, betrübt nach Hause,

Die Sonne sinkt, der Morgen glüht,

Sein Feuerglück hat ausgeblüht.

 

Nur rußiges Korn wird jetzt gedroschen,

Die Jungfrau sitzt und spinnt erloschen,

Kein Funk' aus ihrem Auge hellt

Des finstern Stübchens öde Welt.

 

In stiller Hoffnung schafft der Junge,

Stampft voll die Form zu künftigem Schwunge:

»Bald loderst auf, du schlummerndes Korn!

Bald springt auch der Liebe vergrabener Born.«

 

 

Das Neckarthal bei Canstatt

 

Auf eine Landschaft von Steinkopf.

 

Zarter Ueberflug von Licht,

Das aus frühem Nebel bricht!

Welch ein Thal aus fernen Landen

Ist vor meinem Blick erstanden?

 

Weiche Hügel hingestreckt,

Dicht mit Baum und Strauch gedeckt,

Und von Wäldern übersäumet,

Drob ein Morgenhimmel träumet.

 

Reifen mag in Höhn und Schlucht

Hier es wohl von Wunderfrucht,

Tönen in den Laubgehängen

Mag's von fremden Vogelsängen.

 

Dörfer stehn in halber Nacht –

Welch Geschlecht wohl dort erwacht?

Du, die Augen aufgeschlagen,

Blauer Fluß, woher getragen?

 

Ueber Wellen ruft dein Steg,

Durchs Gesträuche lockt der Weg,

Und der Berge graue Kette

Birget neue Wunderstätte.

 

Aber hell ins Thal hinaus

Blickt ein heitres Säulenhaus,

Lädt zu kühlem Sitz den müden

Wandrer ein in diesem Süden.

 

Ach das Bleiben auf den Höhn,

Ach das Ziehen ist so schön!

Soll ich wandern, soll ich weilen?

Soll ich ruhen, soll ich eilen?

 

Doch wie wird mir, ist's kein Traum?

Bist du's, trauter Früchtebaum?

Winkst aus wohlbekannter Laube

Du mir, heimatliche Traube?

 

Nein, es ist kein fernes Thal,

Schwaben, Schwaben allzumal!

Welch ein herrlich Land mein eigen,

Muß mir's erst der Maler zeigen?

 

Nicht zur duft'gen Ferne hin

Strebe, ruheloser Sinn!

O wie süß im Nachbarthale

Ruhet sich's im Sonnenstrale!

 

Wandre – Andre

 

Ruhen ist so süß! doch: Wandre,

Wandre! heißt des Schicksals Wort.

Ruhen ist so süß! doch Andre,

Andre dehnen sich im Port.

 

Was du suchest, haben Andre,

Andre ziehen den Gewinn;

Laß die Hoffnung, wandre, wandre

Ohne Wunsch durchs Leben hin!

 

Bist du lebensmüd? ach Andre,

Andre scharrt man drüben ein:

Du mußt weiter; wandre, wandre,

Quäle dich durch Schaum und Schein!

 

Fesselt dich der Schimmer? wandre!

Lebst du wieder gern? jetzt stirb!

Leben dürfen Andre, Andre!

Willst du zweimal blühn? verdirb!

 

 

An Mathilde

 

1832.

 

Wo wirbelnd sich im Tanze

Die schlanken Kinder drehn,

Und hinter Demantglanze

Geschwellte Haare wehn;

 

Such' ich dich dort, Mathilde,

Wiegt dort dein Köpfchen sich,

Dem Sommers im Gefilde

Der Aehren Schimmer wich?

 

Nein, du bist nicht zu schauen,

Du weilst im Kämmerlein,

Fern von den schönen Frauen

Und von der Kerze Schein.

 

Du kämmtest alle Locken

Dir von der Stirne klar,

Und pflücktest weiche Flocken

Aus deinem Seidenhaar.

 

Du liefst, die gelben Schlingen,

So licht, wie Flachsgespinnst,

Zur Trödelbank zu bringen,

Nahmst klingenden Gewinnst.

 

Der Flucht im Ehrenrocke

Gedenk, der Polenflucht,

Trugst du zum Opferstocke

Der Demut Silberfrucht.

 

Nun stützest in der Kammer

Dein unbelocktes Haupt: –

Wird Alles denn zu Jammer,

Was Jugend hofft und glaubt?

 

Doch freut sich deiner Milde

Gewiß ein düstrer Held;

Dein Scherflein, o Mathilde,

Wirkt nicht wie kühles Geld;

 

Sein warmer Glanz blickt heiter

In der Verzweiflung Nacht,

Daß vor dem ernsten Streiter

Die Hoffnung plötzlich lacht:

 

Die goldne Lockenfülle

Bestralt ihr Angesicht;

Ihm dämmert ohne Hülle

Der Zukunft Morgenlicht.

 

Erinnerungslied an ein Brautpaar

 

October 1832.

 

Gedenket ihr des Blütenkranzes,

Der unsre Karawan' umfing,

Als sie im Blau, voll Sonnenglanzes,

Am frühlingsgrünen Berge hing?

 

Wir athmeten in Wehmutstille

Die duftende Vergänglichkeit,

Betrübt, daß keines Gottes Wille

Nur Einer Blüte Dauer leiht.

 

Doch, während wir im Sinnen lagen,

Da hatte leis den Blütenthron

In zweien Herzen aufgeschlagen

Die wunderbare Liebe schon.

 

Ach! jener Rosenschmuck der Bäume

Gärt trüb als Most im Keller längst,

Indeß du Blume holder Träume

Noch hell am Lebensbaume hängst.

 

Die Blüte mag im Lenze fallen,

Der Sommer mag mit goldner Frucht,

Der Herbst im Nebel fürder wallen,

Der Winter weilen in der Flucht:

 

Wo Liebe blühet in zwei Leben,

Bleibt doch der Frühling ewig wahr; –

Hört ihr's die ferne Harfe beben,

Ihr Liebenden, am Traualtar?

 

 

Dichterbitte