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Die Autorin

Louise L.Hay begann ihre Arbeit, als sie bei der Selbstheilung ihrer eigenen Krebserkrankung erfuhr, welche Bedeutung eine positive Lebenseinstellung für den Heilungsprozess haben kann. Ihre ersten Bücher stellten in den Achtzigerjahren eine Revolution für das Selbstverständnis von Aids- und anderen Schwerstkranken dar. Seitdem hat sie mit ihrer Methode der positiven Selbstbeeinflussung mehr als 50 Millionen Menschen in über 30 Ländern der Welt geholfen. Um ihr Werk ist mit Hay House ein eigener Verlag entstanden, der heute in den USA zu den wichtigsten Vorreitern alternativer Gesundheitslehren und eines neuen humanen Umgangs mit menschlichen Problemen gehört. Ihr Name wurde zum Synonym für die Aktivierung von Selbstheilungskräften zur Unterstützung jeder ärztlichen Therapie. Sie lebt in Kalifornien.

 

Von Louise L. Hay sind in unserem Hause erschienen:

 

Gesund Sein, mit M. L. Schulz (Allegria) • Ist das Leben nicht wunderbar!, mit Cheryl Richardson (Allegria) • Gesundheit für Körper und Seele (Allegria) • Meditation für Körper und Seele (Allegria) • Licht für Körper und Seele (Allegria)

 

Das Mädchen und der Maler • Finde Deine Lebenskraft • … und plötzlich war alles anders • Gesundheit für Körper und Seele A–Z • Meditation für Körper und Seele • Gesundheit für Körper und Seele • Liebe statt Angst • Alles wird gut! • Das Beste, was mir je passiert ist • Wahre Kraft kommt von innen • Aufbruch ins Licht • Balance für Körper und Seele • Gute Gedanken für jeden Tag • Die Kraft einer Frau • Du bist dein Heiler! • Das Leben lieben • Du selbst bist die Antwort • Die innere Ruhe finden • Das große Buch der heilenden Gedanken • Das große Buch der wahren Kraft

 

Balance für Körper und Seele (CD) • Gedanken der Kraft (CD) • Liebe statt Angst (CD) • Du bist dein Heiler! (CD) • Heilende Gedanken für Körper und Seele (CD) • Verzeihen ist Leben (CD)

 

Das Mädchen und der Maler (DVD) • Ihr Weg zum erfüllten Leben (DVD) • You Can Heal Your Life – Der Film (DVD) • Grenzen überwinden (DVD)

 

Du bist dein Heiler! (Kartendeck) • Körper und Seele (Kartendeck) • Glück und Weisheit (Kartendeck) • Jeden Tag gut drauf (Kartendeck) • Du kannst es! (Kartendeck)

 

I CAN DO IT (Kalender)

Louise L. Hay

Das Leben lieben

Aus dem Amerikanischen übertragen
von Thomas Görden

Ullstein

Besuchen Sie uns im Internet:
www.ullstein-taschenbuch.de


Allegria im Ullstein Taschenbuch
Herausgegeben von Michael Görden

Aus dem Amerikanischen von Thomas Görden

Titel der Originalausgabe
LIFE! REFLECTIONS ON YOUR JOURNEY
erschienen bei Hay House, Inc., Carlsbad
California, USA.

Ullstein Taschenbuch ist ein Verlag der
Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin.
Neuausgabe im Ullstein Taschenbuch
1. Auflage November 2004
7. Auflage 2013
© 2004 by Ullstein Buchverlage GmbH
© der deutschsprachigen Ausgabe 1996 by
Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München
© 1995 by Louise L. Hay
Umschlaggestaltung: FranklDesign, München
Titelabbildung: Ulrike M. Bürger, München
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-8437-0810-4

Widmung

 

 

 

Meinen geliebten Lesern, die mir seit so vielen Jahren die Treue halten, und all jenen, die mich erst noch kennenlernen werden, widme ich dieses Buch. Möge es Ihr Leben bereichern. Kommen Sie mit mir, und lernen Sie, die Zeit, die auf diesem wunderbaren Planeten Erde noch vor Ihnen liegt, zu den schönsten Jahren Ihres Lebens zu machen.

 

Sie können bei der Heilung unserer Gesellschaft mithelfen!

Vorwort

Ich entschloß mich, als Ergänzung zu Gesundheit für Körper und Seele und Wahre Kraft kommt von innen dieses Buch zu schreiben, weil so viele Menschen mir in Briefen und bei meinen Vorträgen Grundfragen nach dem Sinn unseres Daseins stellen, danach, wie wir trotz belastender Erfahrungen der Vergangenheit, trotz der Dinge, die uns möglicherweise »angetan« wurden, unser Bestes als Menschen geben können, und zwar im Lichte dessen, was wir von unserem zukünftigen Leben erhoffen. Diese Menschen arbeiten mit metaphysischen Vorstellungen und ändern ihr Leben, indem sie ihr Denken ändern. Sie befreien sich von alten, negativen Verhaltensmustern und Glaubenssätzen. Und sie lernen, sich selbst mehr zu lieben.

Da Das Leben lieben der Titel dieses Buches ist, wählte ich eine lockere chronologische Kapitelfolge, die einige der Entwicklungsschritte widerspiegelt, die wir während unseres Daseins durchlaufen – das heißt, ich beginne mit einigen Themen, die für uns anstehen, wenn wir jung sind (Kindheit, Beziehungen, Arbeit usw.), und wende mich dann Problemen zu, die uns im Alter beschäftigen.

Für den Fall, daß Sie mit meiner Philosophie und den Worten, die ich meist benutze, wenn ich meine Vorstellungen erläutere, noch nicht vertraut sind, gebe ich Ihnen zunächst einige Vorabinformationen:

Oft benutze ich Begriffe wie Das Universum, Unendliche Intelligenz, Höhere Kraft, Unendlicher Geist, Gott, Universale Kraft, Innere Weisheit. Ich meine damit jene Kraft, die das Universum erschuf und auch in Ihnen gegenwärtig ist. Wenn Ihnen keiner dieser Begriffe zusagt, ersetzen Sie sie einfach durch Bezeichnungen, die Ihnen passend erscheinen. Schließlich kommt es nicht auf das verwendete Wort an, sondern auf seine Bedeutung.

Was meine allgemeine Philosophie angeht, ist es, denke ich, wichtig, einige der Ideen zu verdeutlichen, nach denen ich lebe, auch wenn Ihnen diese Ausführungen vielleicht schon vertraut sind – aber vielleicht ist meine Arbeit ja auch neu für Sie.

Sehr simpel ausgedrückt, glaube ich, daß das, was wir geben, zu uns zurückkehrt; wir alle sind verantwortlich für das, was in unserem Leben geschieht, und tragen selbst dazu bei – das gilt für das Gute ebenso wie für das sogenannte Schlechte. Wir erschaffen unsere Erfahrungen auf der Grundlage dessen, was wir sagen und denken. Wenn wir in uns Frieden und Harmonie erzeugen und positiv denken, werden wir positive Erfahrungen und Menschen mit gleicher Geisteshaltung in unser Leben ziehen. Wenn wir, umgekehrt, in einer anklagenden, anderen die Verantwortung zuschiebenden Opferhaltung verbleiben, wird unser Leben frustrierend und unproduktiv sein, und wir werden ebenfalls gleichgesinnte Menschen anziehen. Um es auf den Punkt zu bringen: Das, was wir über uns selbst und das Leben denken, wird für uns Wirklichkeit.

Einige weitere grundlegende Elemente meiner Philosophie lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

 

Lieben Sie Ihr Leben und sich selbst... so wie ich es tue!

 

Louise L. Hay

Southern California, 1995

Einleitung

Vor etwa fünf Jahren habe ich damit begonnen, meine Vorträge und Reisen mehr und mehr zu reduzieren, und inzwischen bin ich so eine Art Bauer geworden. Die meiste Zeit verbringe ich in meinem wundervollen Garten inmitten aller möglichen Pflanzen, zwischen Blumen, Obst, Gemüse und Bäumen aller Art. Es macht mir ungeheuren Spaß, auf allen vieren herumzukriechen und in der Erde zu wühlen. Dabei segne ich die Erde mit Liebe, und sie schenkt mir eine reiche Ernte.

Weil ich organischen Anbau betreibe, bleibt kein einziges Blatt ungenutzt. Alles landet auf dem Komposthaufen, und ich reichere meinen Boden allmählich mit immer mehr Nährstoffen an. Außerdem ernähre ich mich soweit wie möglich aus meinem Garten, der mich das ganze Jahr über mit frischem Obst und Gemüse versorgt.

Ich spreche hier von meinen Gartenaktivitäten, um Sie schon jetzt auf einige Dinge hinzuweisen, die ich Ihnen in diesem Buch näherbringen möchte. Vergessen Sie nicht, Ihre Gedanken sind wie die Saat, die Sie in Ihrem Garten ausbringen. Ihre Glaubenssätze sind wie die Erde, in welcher diese Saat aufgeht. In reicher, fruchtbarer Erde wachsen starke, gesunde Pflanzen. Selbst in karger Erde voller Unkraut und Steine wird eine gute Saat immer um ihr Wachstum kämpfen.

Gärtner wissen, daß bei der Anlage eines neuen oder der Rekultivierung eines alten Gartens zuallererst die Erde vorbereitet werden muß. Steine, Geröll, Unkraut und alte, ausgelaugte Pflanzen müssen zunächst entfernt werden. Sind Sie ein ernsthafter Gärtner, werden Sie sodann die Erde zweimal bis zur doppelten Schaufeltiefe umgraben und dabei alle Wurzeln und Steine beiseite räumen. Anschließend sollten Sie der Erde soviel organische Stoffe wie möglich beimischen. Ich persönlich habe eine Schwäche für organischen Kompost, für Pferdemist und Fischmehl. Etwa fünfzig bis siebzig Kubikzentimeter von diesem Dünger werden untergegraben und sorgfältig mit der Erde vermischt. Nun haben Sie wertvollen Mutterboden, in dem alles kräftig und gesund wachsen und gedeihen wird.

Mit dem Mutterboden unseres Geistes, unseren grundlegenden Glaubenssätzen, verhält es sich nicht anders. Wenn wir wollen, daß sich neue, positive Affirmationen – das heißt Gedanken, die wir denken, und Worte, die wir sprechen – für uns so schnell wie möglich erfüllen, dann müssen wir uns ganz besonders anstrengen, unseren Geist für diese neuen Ideen aufnahmebereit zu machen. Wir können Listen mit unseren Glaubenssätzen anfertigen (zum Beispiel: »Wie ich über meine Arbeit, über Wohlstand, über Beziehungen denke« usw.) und diese anschließend auf negatives Denken hin überprüfen. Sie könnten sich selbst fragen: »Möchte ich mein Leben weiterhin auf solch einengenden Grundsätzen aufbauen?« Sodann sollten Sie zweimal umgraben, um alle alten Ideen, die Ihrem neuen Leben im Wege stehen, zu eliminieren.

Wenn Sie so viele alte, negative Glaubenssätze wie möglich aus Ihrem Denken verbannt haben, dann nehmen Sie eine große Portion Liebe und pflügen diese unter Ihren Geist. Wenn Sie ihm nun neue Affirmationen einpflanzen, werden diese in Windeseile gedeihen. Und Sie werden sich erstaunt fragen, was geschehen ist, wenn Sie feststellen, wie schnell Ihr Leben sich zum Besseren verändert hat. Sie sehen, das zusätzliche Düngen lohnt immer, ob es sich um Ihren Garten oder um Ihren Geist handelt.

Jedes Kapitel dieses Buches schließt mit einigen positiven Affirmationen, die sich auf die Gedanken des jeweiligen Abschnitts beziehen. Wiederholen Sie möglichst oft die für Sie wichtigen Affirmationen. Die am Schluß eines jeden Kapitels formulierten Therapievorschläge beinhalten einen Strom positiver Ideen, die Ihnen helfen sollen, in Ihrem Bewußtsein ein System lebensbejahender Glaubenssätze zu verankern. Beachten Sie, daß sämtliche Therapievorschläge und Affirmationen sich der 1. Person Singular und des Präsens bedienen. Wir sagen niemals »Ich werde« oder »falls« oder »wenn« oder »als«, weil diese Worte stets aufschiebende Wirkung haben. Wenn wir uns selber therapieren oder eine Affirmation aussprechen, dann sagen wir: »Ich habe«, »Ich bin«, »Ich tue stets« oder »Ich glaube«. Dies sind unmittelbare Glaubensbekenntnisse, und das Universum wird sich JETZT um sie kümmern!

Vergessen Sie nicht, daß einige der Gedanken, mit denen Sie auf den folgenden Seiten konfrontiert werden, ein individuell ganz unterschiedliches Gewicht haben. Vielleicht lesen Sie zuerst das ganze Buch und arbeiten anschließend mit jenen Konzepten, die Sie für Ihr augenblickliches Leben als besonders wichtig erachten. Wiederholen Sie die Affirmationen. Lesen Sie die Therapievorschläge. Verinnerlichen Sie diese Gedanken. Später können Sie dann einzelne Kapitel in Angriff nehmen, die etwas in Ihnen in Schwingung versetzen oder von denen Sie glauben, daß sie möglicherweise für Sie interessant sein könnten.

Sie werden merken, daß, je stärker Sie auf einem Gebiet werden, es Ihnen um so leichter fällt, sich mit den anderen Gebieten auseinanderzusetzen. Als nächstes werden Sie feststellen, daß Sie sich vom Setzling allmählich in einen starken, wundervollen Baum verwandeln, der mit seinen Wurzeln fest in der Erde verankert ist. Mit anderen Worten, Sie werden prächtig gedeihen in diesem komplexen, herrlichen, geheimnisvollen, unvergleichlichen Etwas, das da heißt...

 

LEBEN!

1. Kapitel

Kindheit:
Erste Schritte
in unsere Zukunft

»Liebevoll blicke ich zurück auf das Kind,
das ich einmal war.
Ich weiß, daß ich immer mein Bestes gab,
entsprechend dem Wissen und der Einsicht,
über die ich damals verfügte.«

Meine eigenen Anfänge

Oft schauen mich die Menschen bei Vorträgen an und denken: »Oh, sie hat alles im Griff. Sie hatte in ihrem Leben noch nie ein Problem, und sie kennt alle Antworten.« Die Wahrheit sieht ganz anders aus. Ich persönlich kenne keine guten Lehrer, die nicht selbst durch viele dunkle Nächte der Seele gegangen wären. Die meisten von ihnen machten eine unglaublich schwere Kindheit durch. Gerade durch die Heilung ihres eigenen Schmerzes lernten sie, anderen auf dem Weg der seelischen Gesundung zu helfen.

Was mich selbst betrifft, erinnere ich mich, daß mein Leben bis zu meinem achtzehnten Lebensmonat absolut wunderbar war. Danach war meine Kindheit eine einzige Katastrophe, jedenfalls von meinem Standpunkt aus gesehen.

Meine Eltern ließen sich plötzlich scheiden. Meine Mutter hatte keine Schulbildung und arbeitete seitdem als Dienstmädchen. Mich brachte man in einer Reihe von Pflegeheimen unter. Meine ganze Welt stürzte ein. Es gab nichts mehr, auf das ich mich verlassen konnte, und niemanden, der mich in den Arm nahm und mir Liebe schenkte. Schließlich gelang es meiner Mutter, eine Stelle als Haushaltshilfe zu finden, bei der sie mich zu sich nehmen konnte. Doch zu diesem Zeitpunkt war bei mir schon genug Schaden angerichtet worden.

Als ich fünf Jahre alt war, heiratete meine Mutter wieder. Jahre später erzählte sie mir, sie hätte geheiratet, damit ich ein Zuhause bekäme. Unglücklicherweise heiratete sie einen gewalttätigen Mann, der uns beiden das Leben zur Hölle machte. Noch im Jahr der Heirat wurde ich von einem Nachbarn vergewaltigt. Als die Tat herauskam, sagte man mir, es sei meine Schuld gewesen, und ich hätte Schande über die Familie gebracht. Es gab eine Gerichtsverhandlung, und ich erinnere mich noch an das Trauma der medizinischen Untersuchung und daran, daß ich gezwungen wurde, auszusagen. Der Vergewaltiger wurde zu sechzehn Jahren Gefängnis verurteilt. Seitdem lebte ich in ständiger Furcht vor seiner Entlassung, denn ich glaubte, er käme zurück, um sich an mir dafür zu rächen, daß ich so ein schlechtes Mädchen gewesen war und ihn ins Gefängnis gebracht hatte.

Obendrein wuchs ich während der Depression auf, und wir besaßen fast überhaupt kein Geld. Eine Nachbarin schenkte mir jede Woche zehn Cent, und dieses Geld wanderte in die Haushaltskasse. Damals konnte man für zehn Cent ein Brot oder eine Dose Hafermehl kaufen.

An meinem Geburtstag und zu Weihnachten schenkte mir diese Nachbarin die enorme Summe von einem Dollar, und meine Mutter ging zu Woolworth's und kaufte mir davon Unterwäsche und Socken für ein Jahr. Meine Kleidung erhielten wir von der Wohlfahrt. Die Sachen, in denen ich zur Schule gehen mußte, paßten nie richtig.

Meine Kindheit bestand aus körperlichem Mißbrauch, harter Arbeit, Armut und Spott in der Schule. Ich mußte jeden Tag rohen Knoblauch essen, damit ich keine Würmer bekam. So blieb ich zwar wurmfrei, aber auch ohne Freunde. Ich war das Mädchen, das immer komisch roch und komische Kleidung trug.

Heute verstehe ich, daß meine Mutter mich damals nicht schützen konnte, weil sie sich selbst nicht zu schützen vermochte. Sie war in dem Glauben erzogen worden, daß Frauen alles zu akzeptieren hatten, was Männer ihnen antaten. Ich brauchte eine Weile, um zu erkennen, daß man über diese Dinge auch ganz anders denken konnte.

Als Kind bekam ich immer wieder zu hören, ich wäre dumm, wertlos und häßlich – der mißratene Balg eines anderen, der eben notgedrungen mit durchgefüttert werden mußte. Wie konnte ich eine gesunde Selbstachtung entwickeln, wenn ich ständig mit negativen Affirmationen bombardiert wurde? In der Schule stand ich in der Ecke und sah den anderen Kindern beim Spielen zu. Weder dort noch zu Hause fühlte ich mich erwünscht oder gar gebraucht.

Als ich mich der Pubertät näherte, beschloß mein Stiefvater, mich von nun an weniger zu prügeln. Statt dessen fing er an, mit mir ins Bett zu gehen. So begann ein neuer Teufelskreis des Schreckens, bis ich – gerade erst fünfzehn – endgültig fortging. Zu diesem Zeitpunkt war ich so ausgehungert nach Liebe und hatte so wenig Selbstachtung, daß ich bereit war, mit jedem jungen Mann ins Bett zu gehen, der auch nur seinen Arm um mich legte. Ich besaß keinerlei Selbstwertgefühl, wie hätte ich da Moral haben sollen?

So bekam ich, als ich gerade süße sechzehn geworden war, ein Baby, ein Mädchen. Sie war nur fünf Tage bei mir, dann übergab ich sie ihren neuen Eltern. Wenn ich heute auf diese Erfahrung zurückblicke, ist mir klar, daß dieses Baby seinen Weg zu diesen bestimmten Eltern hatte finden müssen und daß mir damals nur eine Vermittlerfunktion zugekommen war. Mit meinem Mangel an Selbstachtung und meinen negativen Glaubenssätzen hatte ich mich geradezu zwangsläufig in eine solche Situation voller Scham und Schuldgefühle hineinmanövriert. Es paßte alles perfekt zusammen.

Was wir als Kinder lernen, beeinflußt, wer wir später einmal sein werden

Heutzutage wird viel über Teenager-Schwangerschaften geredet und darüber, wie schlimm sie seien. Dabei wird häufig übersehen, daß junge Mädchen, die über gesundes Selbstwertgefühl und Selbstachtung verfügen, erst gar nicht schwanger werden. Wenn Kindern und Jugendlichen das Gefühl vermittelt wird, sie seien wertloser Abschaum, sind Geschlechtskrankheiten und frühzeitige Schwangerschaften das logische Resultat.

Unsere Kinder sind unsere kostbarsten Geschöpfe, und es ist erbärmlich, wie man mit vielen von ihnen umspringt. In den USA sind alleinerziehende Mütter gegenwärtig die Bevölkerungsgruppe, die am stärksten von Obdachlosigkeit betroffen ist. Es ist eine Schande, daß Mütter kein Dach über dem Kopf haben und ihren wenigen Besitz in Einkaufswagen durch die Straßen schieben müssen. Kleine Kinder wachsen buchstäblich auf der Straße auf. Unsere Kinder sind die politischen Führer der Zukunft. Welche Werte werden diese obdachlosen Kinder haben? Wie können sie lernen, andere zu respektieren, wenn wir ihnen so wenig Fürsorge entgegenbringen?

Sobald wir alt genug sind, um vor einem Fernseher Platz zu nehmen, bombardiert man uns mit Werbespots für Produkte, die oft schädlich für unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden sind. Als ich mir einmal eine halbe Stunde lang ein Kinderprogramm im Fernsehen anschaute, sah ich Werbung für gesüßte Getränke, gezuckerte Getreideflocken, Kuchen und Plätzchen und jede Menge Spielzeug. Zucker verstärkt negative Emotionen und ist der Grund, warum kleine Kinder schreien und kreischen. Solche Werbespots mögen den Herstellern dieser Produkte nützen, aber ganz sicher nicht den Kindern. Auch trägt die Werbung zu unserer Unzufriedenheit und Gier bei. Wir wachsen in dem Glauben auf, Gier sei normal und natürlich.

Eltern sprechen darüber, was für eine schwierige Phase das »verflixte zweite Jahr« ihrer Kinder sei. Aber viele Leute erkennen nicht, daß das Kind während dieser Zeit anfängt, jene Emotionen verbal auszudrücken, die die Eltern bei sich selbst unterdrücken. Zucker verstärkt diese unterdrückten Gefühle. Im Verhalten kleiner Kinder spiegeln sich immer die Gefühle der sie umgebenden Erwachsenen wider. Genauso ist es auch mit dem rebellischen Verhalten der Teenager. Die unterdrückten Gefühle der Eltern werden für das Kind zu einer Belastung, und es reagiert diese Gefühle ab, indem es rebelliert. Die Eltern werden mit ihren eigenen verdrängten Problemen konfrontiert.

Wir haben unseren Kindern erlaubt, Hunderte von Stunden vor dem Fernseher zu verbringen und sich dort Gewalt und Verbrechen anzuschauen. Anschließend wundern wir uns, warum es an unseren Schulen und unter Jugendlichen soviel Verbrechen und Gewalt gibt. Wir geben allein denen die Schuld, die straffällig werden, übernehmen aber keine Verantwortung dafür, wie wir selbst zu dieser Situation beigetragen haben. Es braucht niemanden zu überraschen, daß an unseren Schulen immer mehr Kinder mit Pistolen herumlaufen, wenn Leute im Fernsehen ständig mit Schußwaffen gezeigt werden. Was Kinder sehen, das wollen sie haben. Das Fernsehen bringt uns bei, Dinge haben zu wollen.

Vieles, was im Fernsehen gezeigt wird, schwächt außerdem unseren Respekt vor Frauen und alten Menschen. Das Fernsehen lehrt uns nur sehr wenig Positives. Und das ist eine wirkliche Schande, denn es hätte die Chance, einen echten Beitrag zur Ermutigung der Menschen zu leisten. Das Fernsehen ist mitverantwortlich für die Gesellschaft, in der wir heute leben – eine Gesellschaft, die in vielen Bereichen krank ist und nicht mehr richtig funktioniert.

Sich auf Negatives zu konzentrieren produziert nur weitere Negativität. Deshalb gibt es in unserer heutigen Welt soviel davon. Die Medien – Fernsehen, Radio, Zeitungen, Kino und Bücher – tragen allesamt zu dieser Konzentration auf das Negative bei, besonders wenn sie Gewalt, Verbrechen und Mißbrauch porträtieren. Konzentrierten die Medien sich nur noch auf Positives, ginge die Kriminalität nach einiger Zeit dramatisch zurück. Wenn wir nur noch positive Gedanken hegten, würde unsere Welt nach einer Weile positiv.

Wir KÖNNEN selbst etwas tun, um zu helfen

Es gibt Wege, wie wir bei der Heilung der Gesellschaft mithelfen können. Entscheidend ist meiner Ansicht nach, daß wir dem Mißbrauch und der Gewalt gegen Kinder rasch ein Ende setzen. Mißbrauchte Kinder besitzen so wenig Selbstachtung, daß sie später leicht selbst zu Gewalttätern und Kriminellen werden, während wir selbstgerecht damit fortfahren, sie auch als Erwachsene weiter zu züchtigen und zu mißbrauchen.

Wenn unser Augenmerk ausschließlich auf Verbrechen und deren Bekämpfung liegt, werden wir nie genug Gefängnisse bauen können, werden unsere Gesetze nie streng genug sein und unsere Maßnahmen gegen die Kriminalität nie ausreichen. Ich glaube, unser gesamtes Justizsystem braucht eine grundsätzliche Reform. Durch Gewalt wird niemand resozialisiert. Alle Menschen in Gefängnissen benötigen eine Gruppentherapie, die Wärter ebenso wie die Häftlinge. Auch für die Justizvollzugsbeamten wäre dies eine gute Sache. Wenn alle Leute in den Strafanstalten lernen würden, Selbstachtung zu entwickeln, wären wir mit der Heilung der Gesellschaft ein gutes Stück weiter.

Ja, ich stimme zu, daß es einige Verbrecher gibt, bei denen eine Rehabilitation unmöglich ist und die auf Dauer inhaftiert bleiben müssen. Doch in den meisten Fällen werden die Leute nach Verbüßung einer Haftstrafe wieder in die Gesellschaft entlassen. Und dann haben sie im Gefängnis lediglich gelernt, noch bessere Verbrecher zu sein. Wenn wir hingegen ihre in der Kindheit erlittenen Verletzungen und Schmerzen heilen könnten, hätten sie nicht länger einen Grund, sich an der Gesellschaft zu rächen.