Die drei ???® Kids

Band 47

Falsche Fußballfreunde

erzählt von Boris Pfeiffer

Mit Illustrationen von Harald Juch

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KOSMOS

Umschlag- und Innenillustrationen von Harald Juch, Berlin (Zeichnung, Tusche) und Regina Haselhorst (Tusche)

Umschlaggestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

Grundlayout: Friedhelm Steinen-Broo, eStudio Calamar

 

 

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© 2011, 2012, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN 978-3-440-13398-9

Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Rettung in letzter Sekunde

Peter raste auf seinem Mountainbike durch die Mittagshitze von Rocky Beach, als wäre eine Horde wild gewordener Affen hinter ihm her. Er legte sich weit in die Kurven, flog mit einem gekonnten Sprung über einen Bordstein und jagte dann die Straße entlang, die zum Titus Jonas’ Gebrauchtwarencenter führte. Dort hatten sich die drei ???, zu denen neben Peter Shaw noch Bob Andrews und Justus Jonas gehörten, miteinander verabredet.

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Der Sportlichste der drei Freunde trieb sich zu noch größerer Geschwindigkeit an und trat heftig in die Pedale. Die Neuigkeit, die er seinen beiden Freunden und Mitstreitern im Lösen geheimnisvoller Kriminalfälle verkünden wollte, hatte es nämlich in sich: Am Strand hinter der Steilküste, unterhalb des alten Pacific Palisades Hotels wurde ein neues Fußballstadion gebaut! Und zwar kein gewöhnliches Stadion, das von oben betrachtet wie ein Raumschiff aussah, so wie man es aus jeder besseren Großstadt kannte. Nein, es war ein ganz spezielles Stadion, das es auf der ganzen Welt nur an wenigen Orten gab.

Vor Peter tauchte die Einfahrt zum Schrottplatz auf. Hier verkaufte Justus’ Onkel Titus neben alten Gebrauchsgegenständen und Metall, das sich in hohen Bergen hinter dem Bretterzaun stapelte, jede Menge kostbarer Fundstücke und Merkwürdigkeiten aus der Vergangenheit. Die drei ??? waren hier eigentlich verabredet, um für Justus’ Tante den Schrottplatz aufzuräumen. Diese schweißtreibende Arbeit war eine Aufgabe, zu der Tante Mathilda die drei Freunde in regelmäßigen Abständen gnadenlos heranzog. Sie war der festen Meinung, die Kunden würden in einem gut aufgeräumten Gebrauchtwarencenter mehr kaufen, als wenn sie stundenlang im Chaos suchen und stöbern mussten. Eine Meinung, die keiner der drei ??? teilte. Aber Tante Mathilda setzte sich immer durch, selbst wenn Justus noch so redegewandt versuchte, sie davon zu überzeugen, dass Ordnung nicht das halbe Leben sei …

Peter schauderte, wenn er nur daran dachte, sich in dieser Hitze mit altem Schrott abplagen zu müssen. Wenn es irgendwie möglich war, wollte er das Aufräumen diesmal mit allen Kräften verhindern. Er hob sich aus dem Sattel und raste durch das Tor auf den Schrottplatz. Doch im nächsten Augenblick wurden seine schlimmsten Befürchtungen noch übertroffen. Vor ihm auf dem Hof stand Tante Mathilda wie eine Generalin mit ausgestreckten Armen und zeigte auf mehrere gewaltige Haufen von Küchengeräten. Neben ihr schleppten Justus und Bob mit verzweifelten Gesichtern eine große Plastikwanne voller Kochtöpfe über den Platz und stöhnten dabei zum Steinerweichen.

»Halt!«, rief Peter und sprang aus dem Sattel.

»Peter?!« Tante Mathilda drehte sich um. »Wie schön, dass du kommst.« Sie wies auf einen großen Berg Töpfe. »Die kannst du gleich mitnehmen. Sie sollen auf die Verkaufstische unter das Vordach am Eingang, der Größe nach geordnet.«

»Aber Tante Mathilda«, versuchte Justus die Unterbrechung zu nutzen, »die Leute werden die Töpfe gleich wieder durcheinanderbringen. Und es ist langweilig, wenn ein Mixer neben einem Mixer steht. Genauso langweilig wie in einem Kaufhaus. Die Leute mögen es, wenn sie einen alten Mixer zwischen zwei Pfannen sehen. Oder einen silbernen Topf neben einem Toaster mit Blumenmuster. Das ist dann ein Fund, der sie überrascht, erfreut und zum Kauf verleitet.«

»Rede keinen Unsinn, Justus!«, wies ihn seine Tante zurecht. »Die Leute lieben es, eine ordentlich sortierte Auswahl vorzufinden. Das ist in jedem Supermarkt so.«

»Aber das will ich dir doch die ganze Zeit erklären«, widersprach Justus verzweifelt. »Der Schrottplatz ist kein Supermarkt, sondern eine Fundgrube …«

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Peter beschloss, die sinnlose Diskussion zu unterbrechen, denn was das Thema Ordnung betraf, war Tante Mathilda unbeirrbar. Er ließ sein Rad zu Boden fallen und rannte zu ihr. »Guten Tag, Mrs Jonas! Sie haben natürlich recht. Die Leute lieben die Ordnung, und wir helfen ja auch immer gerne, sodass es richtig aufgeräumt aussieht.«

Tante Mathilda lächelte. Justus und Bob aber starrten Peter wütend an. Was redete ihr Freund denn da für einen Blödsinn?

»Das höre ich gerne, Peter«, rief Tante Mathilda. »Als Belohnung gibt es auch einen extra großen Kirschkuchen. Ich habe ihn gerade gebacken.«

Peter lief das Wasser im Mund zusammen. Es gab keinen besseren Kirschkuchen auf der Welt, als den von Tante Mathilda. Dennoch schüttelte er energisch den Kopf. »Ich muss Sie enttäuschen, Mrs Jonas. Wir drei können heute leider nicht aufräumen! Wir müssen nämlich sofort zum Strand. Dort wird das neue Stadion für die Weltmeisterschaft im Strandfußball gebaut. Die findet dieses Jahr in Rocky Beach statt.«

»Weltmeisterschaft im Strandfußball?!«, wiederholte Tante Mathilda verständnislos. »Was ist das denn? Und was hat das mit unserem aufgeräumten Gebrauchtwarencenter zu tun?«

»Eigentlich nichts und doch eben sehr viel!«, rief Justus, der Peters Idee, dem Aufräumen zu entkommen, sofort begriffen hatte. Tante Mathilda ließ die Arme sinken. »Könntest du mir das etwas genauer erklären, Justus? Fußball kann man meines Wissens jeden Tag spielen. Also auch nach dem Aufräumen.«

Justus holte tief Luft. »Das schon. Aber um was es hier geht, ist eine Weltmeisterschaft im Strandfußball. Oder im Beach Soccer, wie der Sport auch genannt wird. Die Weltmeisterschaft findet jedes Jahr an einem anderen Strand statt. Und diesmal ist Rocky Beach an der Reihe. Die besten Strandfußballer der Welt werden kommen und ein Turnier austragen. Und dafür wird eine richtige Arena aufgebaut.«

»Ach ja?« Tante Mathilda schüttelte verblüfft den Kopf. »Ich wusste gar nicht, dass du dich für Fußball interessierst, Justus?«

Bob lachte. »Normalerweise zieht Justus den Denksport vor. Aber beim Fußball hat er sein Können ja schon mal unter Beweis gestellt.«

»Obwohl Strandfußball ganz anders ist als Fußball auf dem Rasen«, erklärte Peter. »Auf Sand lässt sich der Ball nämlich kaum kicken. Er rollt nicht gut, und deswegen müssen die Fußballer ihn viel in der Luft halten, was dem gesamten Spiel eine besondere Note an Technik und fußballerischer Artistik verleiht.«

Tante Mathilda verzog das Gesicht. »Ihr werdet mir ja wohl kaum weismachen wollen, dass ihr an dieser Weltmeisterschaft teilnehmt. Könnte es also sein, dass es sich nur um eine Ausrede handelt, hier nicht aufräumen zu müssen?«

»Bestimmt nicht, Mrs Jonas!«, rief Peter. »Aber zum Turnier kommt auch der große Fußballstar Derek Kantoni. Er spielt zwar nicht mehr mit, ist aber schon mehrfach Weltmeister gewesen. Ein toller Techniker und der Stargast der Veranstaltung. Ich habe vorhin bei Mr Porter im Laden gehört, dass Derek Kantoni schon angereist ist. Und ich würde mir furchtbar gerne den Aufbau des Stadions ansehen und mir ein Autogramm von Mr Kantoni holen. Heute klappt das vielleicht noch. Sobald die anderen Fußballer und Gäste da sind, ist es unmöglich, an ihn heranzukommen.«

»Ein Autogramm von einem echten Star!?« Tante Mathilda nickte mit dem Kopf. »Ich verstehe, da kann ich natürlich nicht mithalten. Aber, Jungs, ihr müsst mir versprechen, dass ihr das Ordnen der Kochtöpfe nachholt, sobald ihr die Sache mit dem Fußballstar hinter euch habt, ja?«

»Natürlich, Tante Mathilda«, sagte Justus feierlich. Dann zwinkerte der Anführer der drei ??? Peter vergnügt zu. »Gut gemacht!«, flüsterte er. »Das war Rettung in letzter Sekunde.«

Riesenglück

Wenige Minuten später waren die drei ??? auf ihren Rädern unterwegs zum Strand, an dem die Weltmeisterschaft stattfinden sollte. Dieser lag ein Stück Richtung Süden hinter der Steilküste, direkt unterhalb des Strandhotels Pacific Palisades.

Peter raste vorneweg. »Kommt schon, Freunde!«, rief er über die Schulter. »Derek Kantoni ist ein Idol für mich. Ich würde jeden noch so tollen Detektivfall der Welt dafür geben, wenn ich ihm nur einmal die Hand schütteln kann.«

»Oho!«, lachte Justus. »Nun übertreibe nicht, Peter. Kein Fußballspieler der Welt kann so großartig sein wie ein richtiger Kriminalfall, bei dem wir unsere kleinen grauen Zellen einsetzen müssen.«

Doch Peter widersprach. »Derek Kantoni ist wirklich großartig. Er war nicht nur der erste amerikanische Weltmeister im Strandfußball, sondern auch der Kapitän der ersten amerikanischen Fußballmannschaft, in der Indianer und Weiße zusammen gespielt haben: den Mokassin Stetson Soccer Players. Das macht ihn zu einem ganz besonderen Mann!«

Als die drei ??? wenig später am Strand ankamen, bot sich ihnen ein ungewohnter Anblick. Anstatt der breiten weißen Sandfläche, die sich sonst vor dem alten Strandhotel erstreckte, erhob sich eine hohe, steil ansteigende Holzarena, an der einige Arbeiter damit beschäftigt waren, die letzten Handgriffe zu verrichten. »Riesig!«, staunte Peter und betrachtete bewundernd den Bau. Mitten in der Arena lag das von Plastikbändern umgrenzte Spielfeld, an dessen Enden zwei gelbe Fußballtore standen.

»Das ist wirklich ein beachtliches Strandstadion«, bemerkte Bob.