Die drei ???® Kids
Band 43
Mit Illustrationen von Harald Juch
KOSMOS
Umschlag- und Innenillustrationen von Harald Juch, Berlin (Zeichnung, Tusche) und Regina Haselhorst (Tusche)
Umschlaggestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart
Grundlayout: Friedhelm Steinen-Broo, eStudio Calamar
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© 2010, 2012, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-440-13394-1
Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
»Für mich bitte fünf Kugeln Zitrone mit doppelt Sahne«, strahlte Justus Jonas und beugte sich über den Tresen des Eiscafés am Marktplatz. Giovanni, der Besitzer des Cafés, nahm eine Waffel und grinste. »Pronto. Sauer macht lustig. Bitte schön. Uno, due, tre, quattro, cinque. Fünf Kugeln Zitroneneis. Und für dich?« Jetzt war Peter an der Reihe. »Also, ich nehme … äh … äh … einen Rocky-Beach-Spezialbecher!« Bob verdrehte die Augen. »Und dafür musst du so lange nachdenken, Peter? Du nimmst doch immer den Spezialbecher. Ich hätte gerne einen Bananensplit.«
Giovanni war bester Laune. »Molto bene! So ist es recht. Kaum haben die Ferien begonnen, bringen mir die Bambini ihr Taschengeld.« Beim letzten Wort zuckte Justus erschrocken zusammen. »Äh, habt ihr eigentlich Geld dabei, Freunde?« Peter schüttelte den Kopf. »Nein, ich wollte mir was von Bob leihen.« Der krempelte seine Hosentaschen um und sah Justus und Peter mit großen Augen an. »Wieso von mir? Ich wollte mir was von euch borgen, ich bin seit einer Woche pleite.«
Giovanni ließ die Eiskelle fallen. »Mama mia! Pleite? Ihr habt nix Dollar in der Tasche? Und dann kommt ihr zum armen Giovanni und macht Großbestellungen?« Peter schluckte. »Tut uns leid. Wir haben gedacht, dass wir noch Geld hätten.« Giovannis Gesicht lief rot an. »Gedacht habt ihr das? Glaubt ihr, dass gute Dollar nur vom Denken vom Himmel fallen? So! Nix Dollar – nix Eis!« Entsetzt beobachteten die drei, wie Giovanni Justus’ Eiswaffel in den Mülleimer fallen ließ. »Ihr wollt mich wohl ruinieren! Kommt wieder, wenn ihr Geld in der Tasche habt! Und dann wird erst einmal diese Portion bezahlt. Arrivederci – auf Wiedersehen!«
Mit hängenden Köpfen trotteten die drei ??? in Richtung Springbrunnen. Dieser lag in der Mitte des Marktplatzes von Rocky Beach. »Mann, war das peinlich«, stöhnte Peter. »Bei dem können wir uns erst mal nicht mehr blicken lassen.« Bob setzte sich auf den Brunnenrand. »Stimmt. Die Ferien fangen ja gut an. Wir haben keinen Cent in der Tasche, und bis zum nächsten Taschengeld dauert es noch eine Ewigkeit.« Justus hatte immer noch vor Augen, wie Giovanni sein großes Eis einfach weggeworfen hatte. »Wir brauchen dringend Geld, sonst werden das die schrecklichsten Ferien der Welt«, rief er entschlossen. »Lasst uns Onkel Titus fragen, ob es auf dem Schrottplatz etwas aufzuräumen gibt. Bisher hat er immer einigermaßen dafür bezahlt.«
Es war ein besonders heißer Tag in Rocky Beach. Der schwarze Asphalt der Küstenstraße flimmerte in der Sonne, als die drei ??? in Richtung Schrottplatz radelten. Tante Mathilda war gerade dabei, die Wäsche abzunehmen. »Herrliches Wetter!«, strahlte sie. »Vor einer Stunde aufgehängt, und schon ist alles trocken. Was macht ihr denn für Gesichter? Ihr habt doch Ferien.«
Justus stellte sein Rad vor der Veranda ab. »Tolle Ferien. Wir haben keinen Cent in der Tasche.« Tante Mathilda lachte. »Na und? Geht doch an den Strand und sammelt ein paar Muscheln! Aber setzt euch erst einmal! Ich habe noch Kirschkuchen in der Küche.« Bob ließ sich in einen Korbstuhl fallen. »Muscheln sammeln! Wir sind doch keine Babys mehr.«
In diesem Moment hörten sie vom anderen Ende des Schrottplatzes einen lauten Schrei. Sofort kam Onkel Titus aus seinem Schuppen gerannt. »Was ist passiert? Jungs, wart ihr das?« Justus schüttelte den Kopf. »Nein, der Schrei kam von da hinten.«
»Dann war das der Kunde von vorhin.«
»Was für ein Kunde?«, fragte Peter nach.
»Na, da kam ein Mann und wollte alte Bleche kaufen. Bestimmt hat er sich an den scharfen Kanten verletzt. Und ich habe ihm noch gesagt: Ziehen Sie sich Arbeitshandschuhe an! Zum Glück habe ich im Schuppen immer Pflaster liegen. Los, kommt mit!«
Neugierig liefen die drei ??? Onkel Titus hinterher. Erst jetzt bemerkte Justus die große Limousine, die neben dem alten Pick-up stand. »Wieso braucht jemand Schrott, der so ein teures Auto fährt?« Onkel Titus schnaufte. »Mir egal. Hauptsache, der Kunde bezahlt.«
Hinter einem verrosteten Wohnwagen erblickten sie einen kleinen dicken Mann, der sich mit schmerzverzerrtem Gesicht ein Taschentuch um die Hand wickelte. Onkel Titus rannte auf ihn zu. »Haben Sie sich verletzt, Mister?« Der Mann versuchte zu grinsen. »Ach was, nur ein kleiner Kratzer. Ich hätte auf Ihren Tipp mit den Handschuhen hören sollen.« Onkel Titus bemerkte, wie Blut durch das Taschentuch sickerte. »Das sieht mir aber nicht wie ein kleiner Kratzer aus. Kommen Sie mit zur Veranda! Das muss verbunden werden.«
Kurz darauf nahm der dicke Mann auf einem der Korbstühle Platz und wickelte vorsichtig das Taschentuch ab. »Es ist mir wirklich peinlich, dass ich Ihnen solche Umstände mache. Eigentlich wollte ich ja nur schnell ein paar alte Bleche besorgen.« Tante Mathilda hatte in der Zwischenzeit Desinfektionsmittel und eine Mullbinde aus dem Erste-Hilfe-Koffer geholt. »Achtung, jetzt brennt es kurz. Ich muss die Wunde reinigen.« Peter sah schnell weg. »Aua!«, stöhnte der Mann und kniff die Augen zu. Anschließend legte Tante Mathilda den Verband an. »So, das haben wir. In ein paar Tagen ist die Hand wieder wie neu. Und jetzt nehmen Sie sich zum Trost eine ordentliche Portion Kirschkuchen.«
»Danke, aber das ist nicht nötig. Entschuldigen Sie, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Hilbert von Drachenfels der Dritte. Nennen Sie mich einfach von Drachenfels.«
»Von Drachenfels?«, fragte Justus verwundert.
»Ja, ich habe alte europäische Vorfahren. Mein Familienstammbaum reicht bis ins Mittelalter zurück. Eine wirklich interessante Geschichte. Aber ich muss jetzt leider los. Keine Zeit, um länger zu verweilen.«
Onkel Titus nahm einen Schluck Kaffee. »Verstehe, doch was ist mit den alten Blechteilen? Wollen Sie sie mitnehmen?«
»Ja, die brauche ich unbedingt. Ich weiß, es klingt seltsam, aber ich benötige sie für Dekorationszwecke.« Jetzt war Justus’ Neugier geweckt. »Was wollen Sie denn damit dekorieren?« Hilbert von Drachenfels lehnte sich lächelnd zurück und hatte anscheinend vergessen, dass er in Eile war. »Tja, ich bin Besitzer einer alten Burg in der Nähe von Hollywood.«
»Seit wann gibt es in Kalifornien Burgen?«, unterbrach Bob.
»Gute Frage, mein Junge. Es ist keine echte Burg. Sie wurde vor Jahren für einen Film gebaut. Aber die Leute von Hollywood haben ihre Sache damals sehr ernst genommen und eine richtige mittelalterliche Festung gebaut. Also keine Attrappe aus Pappmaschee und Brettern. Nein, eine richtige Burg aus Stein. Komplett mit Burggraben, Zugbrücke, Schießscharten und Folterkeller.«
Peter zuckte zusammen. »Ein Folterkeller?«
»Aber ja. Doch der ist natürlich auch nur eine Filmkulisse. Ich habe die Burg vor einigen Monaten erworben und baue sie nun zu einem Erlebnishotel aus. Man kann dort wohnen und sich wie ein echter Burgherr fühlen. Alles ist bereits renoviert. Morgen ist die Eröffnung, und für dieses Spektakel habe ich mir etwas Besonderes einfallen lassen: Auf Burg Drachenfels werden zum ersten Mal Ritterspiele stattfinden. Es gibt jede Menge spannende Wettkämpfe und Duelle. Der Sieger wird … na, ich will nicht zu viel verraten. Es soll eine Überraschung werden.«
Justus nahm sich noch ein Stück Kirschkuchen. »Und wozu benötigen Sie die rostigen Bleche?«
»Die braucht unser Waffenschmied als Requisite. Alles soll so echt wie möglich aussehen.«
Onkel Titus hatte mittlerweile seinen Kaffee ausgetrunken. »Sehr schön, aber kommen wir zum Geschäft: Wie viele Bleche brauchen Sie denn? Ich habe jede Menge vorrätig. Doch denken Sie dran: Billig wird das nicht. Die Schrottpreise … äh, die Preise für Wertstoffe sind in letzter Zeit sehr gestiegen.« Hilbert von Drachenfels winkte ab. »Kein Problem. Geld spielt keine Rolle.« Onkel Titus strahlte. »Na, das hört man doch gerne.«
»Gut, die Zeit drängt. Ich hab dort hinten schon einen Stapel zusammengetragen«, sagte von Drachenfels. Justus betrachtete die Limousine und schüttelte den Kopf. »Aber das passt doch niemals alles in den Kofferraum?« Doch Onkel Titus hatte eine Idee. »Wenn Geld keine Rolle spielt, dann könnte ich Ihnen meinen Lieferservice anbieten. Ich habe einen Pick-up mit großer Ladefläche.«
»Ausgezeichnet! Worauf warten wir noch?«, rief von Drachenfels begeistert.
Doch er hatte die Rechnung ohne Tante Mathilda gemacht. »Nichts da! Mit der verletzten Hand fassen Sie gar nichts an. Am Ende holen Sie sich noch eine Blutvergiftung.« Justus witterte plötzlich seine Chance. »Wir könnten beim Aufladen helfen und unser Taschengeld aufbessern.« Tante Mathilda sah die drei ??? grinsend an. »Ja, ja, ich verstehe. Titus, pass aber auf, dass die drei Handschuhe tragen und sich nicht verletzen.«