Sabine Städing wurde 1965 in Hamburg geboren und hat sich schon als Kind gerne Geschichten ausgedacht. Nach ihren drei Büchern rund um das Hexenmädchen Magnolia hat sie mit Petronella Apfelmus eine neue Hexenfigur für jüngere Leser geschaffen. Petronella Apfelmus. Schneeballschlacht und Wichtelstreiche ist bereits der dritte Band rund um die kleine Hexe und ihre Freunde. Das nächste Abenteuer ist in Vorbereitung.
SaBine Büchner, geboren 1964 in Wuppertal, arbeitete als Sozialpädagogin in einem Kinderheim, bevor sie Kommunikationsdesign in Wuppertal und Animation an der Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg studierte. Sie hat zahlreiche Bücher illustriert und auch eigene Bilderbücher veröffentlicht. Ihre Arbeiten wurden bereits mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet.
Petronella Apfelmus
Schneeballschlacht und Wichtelstreiche
Mit Illustrationen von SaBine Büchner
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
Dieser Titel ist auch als Hörbuch erschienen
Originalausgabe
Copyright © 2015: by Boje Verlag in der Bastei Lübbe AG, Köln
Umschlaggestaltung: Kirstin Osenau unter Verwendung einer Illustration von © SaBine Büchner
Innengestaltung und Satz: Christina Krutz Design, Biebesheim
E-Book-Produktion: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN 978-3-7325-1339-0
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
»Hatschi!« Petronella Apfelmus saß im Wohnzimmer ihres Apfelhauses und nieste so laut, dass die Fensterscheiben klirrten. Umständlich zog sie ein kariertes Taschentuch aus ihrer Rocktasche und schnäuzte sich kräftig.
»Ist jemand verletzt?!« Aufgeregt stürmte Lucius ins Zimmer und sah sich verwirrt um. »Ich dachte schon, bei einem deiner Zauber ist etwas schiefgegangen«, brummte er. »Es klang, als hätte ein Elefant trompetet.«
Beleidigt sah Petronella ihren Mitbewohner an. Lucius war ein stattlicher Hirschkäfer und der beste Freund, den man sich denken konnte. Von tropfenden Nasen und Schüttelfrost verstand er jedoch nicht das Geringste.
»Sei proh, dass ein Hirschkäfer keinen Nupfen kriegn kann«, sagte Petronella verdrießlich, und ihre Stimme hörte sich an, als hätte sie eine Wäscheklammer auf der Nase. »Brrr …« Ihre Zähne klapperten so schnell wie eine Nähmaschine. Und es war wirklich ein Wunder, dass sie sich dabei nicht auf die Zunge biss.
»Ist es wirklich so schlimm?« Besorgt legte Lucius der kleinen Hexe eine Käferhand auf die Stirn. »Dein Kopf ist so heiß, dass man darauf Spiegeleier braten kann. Ich glaube, du hast Fieber.«
»F… F… Fieber?«, bibberte Petronella. »Ausgeschlossen! M… M… Meine Schwestern kommen in Kürze zu Besuch, und es gibt noch so viel zu erledigen.«
»Das kann warten. Jetzt musst du erst einmal wieder gesund werden. Ich hole Gurkenhut. Die Apfelmännchen wissen ganz bestimmt, was bei so einer schlimmen Erkältung zu tun ist.«
»Das weiß ich auch«, schniefte Petronella und wollte sich von ihrem Sessel erheben.
Aber Lucius drückte sie wieder in die Polster zurück. »Du wartest hier. Ich bin gleich zurück.« Und mit diesen Worten schlüpfte er aus der Haustür.
Petronella nieste noch einmal kräftig und sah besorgt auf den Kalender, den Lea und Luis Kuchenbrand für sie gebastelt hatten. Es waren nur noch wenige Tage bis Weihnachten. Und was tat sie? Anstatt Apfelkrapfen zu backen und das Haus zu schmücken, was das Zeug hielt, saß sie hier bibbernd auf dem Sofa und lauschte dem Wind, der in wilden Böen durch den Garten der alten Mühle fegte.
Vor Kälte zitternd griff Petronella nach ihrem Zauberstab und deutete auf das Brennholz, das in einem Korb neben dem Ofen stand. Den ganzen Herbst hatte sie herabgefallene Äste und Zweige gesammelt, damit sie es in den Wintermonaten warm und behaglich hatte. Jetzt knisterte im Ofen ein herrliches Feuer, und trotzdem wollte ihr einfach nicht warm werden.
Da rumpelte es laut und vernehmlich auf dem Ast vor ihrer Haustür. »Hau ruck! Hau ruck!«, hörte sie einen Chor von Stimmen. Dann wurde die Tür aufgestoßen, und fünf Apfelmännchen schoben einen Holzkübel ins Wohnzimmer.
»Vorsichtig, Männer!«, tönte Gurkenhut, der Chef der Truppe. »Passt auf, dass ihr nichts von der Biberspucke verschüttet.«
Petronella beugte sich vor und sah misstrauisch auf den großen Bottich, in dem eine schaumige grüne Brühe schwappte.
»Deid bloß vorsiktik!«, schniefte sie und sah Lucius fragend an. Der Hirschkäfer zuckte mit den Schultern. »Ich habe ihnen gesagt, dass es einfacher wäre, die Sumpfsuppe erst hier oben einzufüllen. Doch davon wollten sie nichts wissen«, sagte er entschuldigend.
»Natürlich nicht«, brummte Gurkenhut. Und mit vereinten Kräften schoben die fünf Apfelmännchen den Bottich ganz nah an Petronella heran.
»Geschafft!«, keuchte Spargelzahn, ein weiteres Apfelmännchen. »Jetzt wirf noch eine Handvoll Nieswurz und Feuerwanzen-Dung hinein. Dann ist das mollige Gesundheitsfußbad fertig.«
Petronella runzelte unbehaglich die Stirn. Das, was dort in dem Kübel schwappte, war alles andere als appetitlich. Und nach Gesundheit sah es auch nicht gerade aus.
Gurkenhut griff in seine Jackentasche und streute sogfältig zwei Hände voll Pulver in den Bottich.
»Jetzt stell deine Füße hinein. Du wirst sehen, im Nu bist du wieder gesund. Aber nicht erschrecken …«, setzte er noch schnell nach.
Petronella blieb kaum etwas anderes übrig, als aus ihren Pantoffeln zu schlüpfen und ihre Füße in den Zuber zu tunken. Vorsichtig steckte sie zuerst nur den linken Zeh in die Brühe.
»Na los! Worauf wartest du?«, riefen die Apfelmännchen.
Entschlossen stellte Petronella beide Füße hinein und zog sie im nächsten Moment erschrocken wieder heraus. Das Gebräu in dem Bottich fing an zu blubbern und zu brodeln, und gierige kleine Mäuler kamen schnappend an die Oberfläche. »Perplixt, Gurkenhut! Was glaubst du, was ich bin? Etwa Fischfutter?«
Gurkenhut lächelte. »Nur keine Angst, meine Liebe. Die purpurnen Fangoschnapper sind nicht gefährlich. Sie bringen den Sud nur auf die richtige Temperatur, damit er wirken kann.«
Zögernd stellte Petronella einen Fuß nach dem anderen in den Bottich. Sie bewegte langsam ihre Zehen und atmete erleichtert auf. Das Blubbern war wirklich sehr angenehm. Eine wohlige Wärme breitete sich von ihren Zehen bis hinauf zu ihren Ohren aus. Ihre Zähne hörten auf zu klappern, und die Apfelhexe schloss genüsslich die Augen.
Lea und Luis Kuchenbrand waren zwar nicht erkältet, trotzdem fühlten sie sich nicht rundherum wohl. Bis Weihnachten war es nur noch eine kurze Zeit, und da konnte man schon nervös werden.
In der Schule liefen bereits die Vorbereitungen für das Krippenspiel, und Lea hatte mindestens tausend kleine Körbchen aus Glanzpapier gebastelt. Die waren für den Weihnachtsbaum bestimmt. Im ganzen Müllerhaus roch es nach Zimtsternen und Marzipan. Eigentlich hätte alles so perfekt sein können. Und dann das!
Regen so weit das Auge reichte. Seit Tagen rauschte er in Strömen aus den grauen Wolken. Die Hühner hatten in ihrem Auslauf schon Laufstege bekommen, damit sie nicht im Schlamm stecken blieben. Wie sollte einem dabei weihnachtlich zumute werden?
Jetzt standen Lea und Luis in ihrem Zimmer und schauten den Regentropfen zu, die sich auf der Fensterscheibe ein Rennen lieferten.
»Schnee-he-flöckchen Weißröckchen, wa-ha-nn kommst du geschneit. Du-hu wohnst in den Wolken, dei-hei-n Weg ist so weit …«, sang Lea.
Luis verdrehte die Augen. »Kannst du vielleicht mal kurz aufhören?«
»Warum?«, fragte Lea beinah trotzig.
»Weil es nichts nützt und mir schon die Ohren klirren.«
»Du bist doch bloß neidisch, weil du keine Weihnachtslieder kennst«, sagte Lea.
»Bin ich nicht. Aber du merkst doch, dass es sinnlos ist. Es regnet schlimmer als vorher! Hör lieber auf, bevor hier alles wegschwimmt.«
Beleidigt hielt Lea den Mund. Luis holte sein Fernglas aus der Schreibtischschublade und sah hinüber zu Petronellas Apfelbaum. Wenn man ganz genau hinsah, entdeckte man hoch oben in den Zweigen einen letzten Apfel, in dem ein kleines Licht brannte. Genaugenommen war es bloß ein kleiner Schimmer. Aber dieser Schimmer sagte den Kindern, dass Petronella zu Hause war.
»Wenn jemand etwas gegen den Regen tun kann, dann ist es Petronella!«, verkündete Luis. »Ein Zick und ein Zack mit dem Zauberstab, und schon haben wir das schönste Winterwetter.«
»Träum weiter. Petronella ist eine Apfel- und keine Wetterhexe«, entgegnete Lea.
Sie wollte gerade zurück zu ihrer Mutter ins Wohnzimmer gehen, um wenigstens mit ihr ein paar Weihnachtslieder zu singen, als eine Sternschnuppe durch den Garten zischte.
»Wow, hast du das gesehen?«
»War das eine Sternschnuppe?«, rief Luis.
Lea nickte. »Es sah aus, als wäre sie in den Mühlteich gefallen.«
Die Zwillinge sahen sich an. »Lass uns nachsehen!«, riefen sie wie aus einem Mund und stürmten aus ihrem Zimmer. Dabei hätten sie beinah ihren Vater über den Haufen gerannt, der mit einem Blech Vanillekipferln aus der Backstube kam. Herr Kuchenbrand war Bäcker aus Leidenschaft. Dank seines Talents und Petronellas fabelhaft magischem Apfelkuchenrezept war aus dem alten Müllerhaus die Zaubermühle geworden. Ein angesagtes Ausflugscafé.
»Hoppla!«, rief ihr Vater und versuchte, das schwankende Backblech im Gleichgewicht zu halten. »Ihr habt es aber eilig. Gibt es da draußen etwas umsonst?«
»Umsonst nicht, aber wenn du dich beeilst, kannst du vielleicht einen Blick auf die Sternschnuppe werfen, die eben in unserem Garten gelandet ist«, sagte Luis während er in seine Gummistiefel stieg.
»Im Garten ist eine Sternschnuppe gelandet?«, fragte Herr Kuchenbrand verblüfft.
Lea nickte und setzte sich ihren Regenhut auf den Kopf. »Wir haben es beide gesehen. Komm mit, wenn du es nicht glauben willst.«
»Oh, geht ruhig schon vor«, sagte Herr Kuchenbrand nach einem kurzen Blick aus dem Fenster. »Ich muss die Rosinenschnecken aus dem Ofen ziehen. Aber wenn ihr sie findet … Dann sagt unbedingt Bescheid!«
»Machen wir«, versprach Lea und schlüpfte schnell hinter ihrem Bruder in den dunklen Garten. Der Wind zerrte so kräftig an ihrem Hut, dass sie ihn mit beiden Händen festhalten musste.
»Hoffentlich ist sie nicht im Mühlteich versunken!«, rief Luis und war schon auf dem Weg.
Lea folgte ihm durch das nasse Gras bis zum Teich. Das Schilfrohr, das an seinem Ufer wuchs, bog sich im Wind, und auf dem sonst so ruhigen, dunklen Wasser kräuselten sich winzige Wellen. Von einer Sternschnuppe war allerdings nicht das kleinste Funkeln zu entdecken. Lea zog die Schultern hoch. Der Wind war ziemlich fies, kniff in Nase und Wangen und machte klamme Finger.
»Satz mit X. War wohl nix«, murmelte Luis missmutig.
»Lass uns wieder reingehen, mir ist kalt!«, bibberte Lea. Dann drehte sie sich noch einmal um. »Schade, so eine Sternschnuppe hätte doch wenigstens ein bisschen weihnachtlichen Glanz in unseren Garten gebracht.«
Mit hängenden Köpfen trabten die Zwillinge zurück ins Haus.
Als sie an der Backstube vorbeikamen, machte ihr Vater das Fenster auf und streckte den Kopf heraus. »Und, habt ihr die Schnuppe gefunden?«
Luis schüttelte den Kopf und ging weiter. Lea blieb stehen und sah ihren Vater enttäuscht an. »Nein, nichts. Ich glaube, mir wird dieses Jahr überhaupt nicht mehr weihnachtlich zumute.«
Was die beiden nicht ahnten: Es war tatsächlich etwas in ihrem Garten gelandet. Und dieses Etwas war so weihnachtlich, dass es den Kindern sicher die Sprache verschlagen hätte, wenn sie davon gewusst hätten.
So kurz vor dem Fest war der Weihnachtsmann mit dem Rentierschlitten und all seinen Wichteln auf einem letzten Probeflug unterwegs, als ihn ein ungeheuerlicher Vorfall zu einer außerplanmäßigen Landung zwang. Der sonst so gutmütige Santa war erbost. Und zwar so sehr, dass er einen seiner Wichtel kurzerhand am Schlafittchen gepackt und ihn aus dem Schlitten geworfen hatte. Der freche Kerl war schon mehrmals durch dumme Streiche aufgefallen, doch diesmal war er eindeutig zu weit gegangen. Klammheimlich hatte er stachelige Kastanienhälften unter die Rentierdecken gesteckt und die kleinen Hirsche damit ganz wild gemacht. Im Zickzack schossen sie über den Himmel, und der Weihnachtsmann hatte alle Hände voll damit zu tun, den Schlitten sicher zu landen. Auf der Stelle ließ er den Taugenichts aussteigen.
»Du kannst zu Fuß nach Hause gehen, Nisse!«, polterte er. »Da hast du genügend Zeit, dir über deine bösen Streiche Gedanken zu machen. Einen Weihnachtswichtel wie dich kann ich auf meinem Schlitten nicht gebrauchen!« Mit diesen Worten war der Weihnachtsmann zurück in den Schlitten gestiegen und davongeflogen, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Und da stand der Weihnachtswichtel nun. Verstoßen und allein, sodass er einem fast leidtun konnte. Wer jedoch das mutwillige Blitzen in seinen Augen sah, konnte ahnen, dass er überhaupt nicht vorhatte, sich über seine dummen Streiche Gedanken zu machen. Und zu Fuß nach Hause gehen wollte er auch nicht. Dafür war ihm das Wetter viel zu schlecht.
Missmutig sah Nisse sich um. Da hörte er ganz in der Nähe ein paar Kinderstimmen. Hastig versteckte er sich im braunen Schilf des Mühlteichs.
»Schade. So eine Sternschnuppe hätte doch wenigstens ein bisschen weihnachtlichen Glanz in unseren Garten gebracht.« Das Mädchen, das das sagte, ging ganz nah an ihm vorbei. Nisse hätte nur die Hand ausstrecken müssen, um sie zu berühren.
»Ihr möchtet weihnachtlichen Glanz?«, grinste der Wichtel. »Kein Problem, den kann ich liefern!« Und er beeilte sich, den Kindern zu folgen.
Hier draußen war es nass und kalt, und dort drinnen duftete es nach Zimtsternen und Rosinenschnecken. Wenn es nach Nisse ging, sollte das Müllerhaus ruhig noch einen weiteren Bewohner dazubekommen.
Auch Petronella bemerkte nichts von dem ungewöhnlichen Besucher in ihrem Garten. Sie genoss das Fußbad und schnipste mit den Zehen, dass es nur so spritzte. Mit jedem Schnipser ging es ihr besser. Die Wärme war herrlich. Sie machte die Nase frei und den Kopf wieder klar.
»Ich glaube, ich bin schon wieder gesund!«, strahlte sie in die Runde.
»Nicht so hastig«, brummte Gurkenhut und reichte ihr ein Handtuch. »Zuerst musst du ein paar Wollsocken anziehen und dich ins Bett legen …«
»… dann fühlst du dich morgen früh wie neugeboren«, beendete Spargelzahn den Satz.
»Morgen früh? Ich fühle mich schon jetzt ganz ausgezeichnet!« Petronella sprang auf und setzte sich gleich darauf wieder hin. Ihre Beine fühlten sich an wie weiche Lakritzstangen. »Ups!«, sagte sie.
Die Apfelmännchen lachten. »Morgen kannst du so viele Bäume ausreißen, wie du willst. Aber für heute gehörst du ins Bett.«
»Ich glaube, ihr habt recht«, gab Petronella kleinlaut zu. Sie stützte sich dankbar auf Lucius und ließ sich von ihm ins Bett bringen. Fürsorglich deckte der Hirschkäfer sie bis zum Hals zu. Und als Gurkenhut ihr dann auch noch ein paar selbstgestrickte Wollsocken reichte und ihre Füße mollig warm wurden, fielen der kleinen Hexe die Augen zu. Im nächsten Moment war sie auch schon eingeschlafen.
Im Müllerhaus kehrte ebenfalls Ruhe ein. Nach und nach gingen im Haus die Lichter aus. Nur im alten Ofen schimmerte noch die Glut und sorgte dafür, dass es im Haus schön warm blieb.
Der ausgesetzte Weihnachtswichtel sah sehnsüchtig in das Innere des Hauses. Leider hatte es mit dem Einzug nicht so geklappt, wie er sich das vorgestellt hatte. Denn als die Kinder reingegangen waren, fiel die Tür genau vor seiner Nase ins Schloss.
Frierend saß er nun auf dem Fenstersims und schimpfte leise vor sich hin. »Verflixte Gören!« Was fiel ihnen ein, ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen? Nur ihnen hatte er es zu verdanken, dass er hier im eisigen Wind saß und womöglich einen Schnupfen bekam.
»Herzlichen Dank, liebe Kinderlein!«, giftete er. »Wenn es nach mir ginge, würde Weihnachten für euch dieses Jahr ausfallen. Dieses Jahr? Ach was …! Die nächsten hundert Jahre!«
Den Wind kümmerte sein Gezeter nicht. Er strich weiter heulend um das Haus, bis der Weihnachtswichtel wie Wackelpudding zitterte. Da nützte es auch nichts, dass er den Kragen seiner Jacke aufstellte und die Zipfelmütze mit kalten Fingern über die Ohren zog. Wenn er nicht den Kältetod sterben wollte, musste er irgendwo Schutz vor Wind und Regen finden. Mit einem Satz sprang er ins Gras und schlich verdrossen um die alte Mühle herum. Gerade überlegte er, ob er womöglich in einen Maulwurfshügel ziehen oder in einem Vogelnest schlafen musste. Da stand er urplötzlich vor dem Hühnerstall, den die Kinder mit Petronellas Hilfe so liebevoll gebaut hatten. Die Augen des Wichtels leuchteten auf. In so einem Stall war es warm, und Eier gab es auch in Hülle und Fülle. Er überlegte nicht lange. Mit einem Satz stand er im Auslauf und bahnte sich schimpfend seinen Weg durch Pfützen und Matsch. Die Tür zum Hühnerstall ließ sich problemlos öffnen, und der Wichtel schlüpfte leise ins Dunkel.
»Pock Pock.« Nofretete und die anderen vier Hühner waren beunruhigt. Es kam nicht oft vor, dass so spät abends noch jemand zu ihnen in den Stall kam. Besorgt reckten sie den Hals.
»Wer kommt da, pock pock?«, gluckerte Schneeweißchen.
»Ist es der Fuchs, tock put?« Rosenrot flatterte aufgeregt auf ihre Schlafstange.
»Pork tuk tuk pock pock!« Alle Hühner gackerten nun ängstlich durcheinander. »Der Fuchs … der Fuchs …!«
»Haltet die Schnäbel, dummes Federvieh«, schimpfte der Weihnachtswichtel. »Oder sehe ich aus wie ein Fuchs?«
»Fuchs, Fuchs, Fuchs …!«, riefen die Hühner noch immer alle durcheinander.
»Ruhe!«, rief da der Wichtel.