Die drei ???® Kids

Band 31

Rückkehr der Saurier

Erzählt von Boris Pfeiffer

Mit Illustrationen von Harald Juch (Zeichnungen) und Volker Sponholz (Tusche)

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KOSMOS

Umschlag- und Innenillustrationen von Harald Juch, Berlin und Volker Sponholz, Hannover

Umschlaggestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

Grundlayout: Friedhelm Steinen-Broo, eStudio Calamar

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© 2009, 2012 Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-13752-9

Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Saurier in Rocky Beach

»Achtung, Just!« Justus duckte sich unwillkürlich. Es sah wirklich so aus, als rasten sie direkt in ein großes Skelett, das senseschwingend vor ihnen aus einem Sarg aufgetaucht war. Doch im letzten Moment schoss die Gondel, in der sie saßen, in eine scharfe Kurve und an dem Monster vorbei.

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»U-hu-hu«, stöhnte das Skelett, und Peter brach in unbändiges Gelächter aus. »Ist das nicht der Wahnsinn? Das ist unter Garantie die tollste Geisterbahn, in der ich je war.«

Justus hielt sich am Haltegriff der Gondel fest. »Dieser aus Plastik nachgemachte und blankpolierte Überrest eines Menschen sah wirklich zum Fürchten aus«, bestätigte er. »Auch wenn ich sagen muss, dass ich mir durchaus bewusst bin, in einer Geisterbahn nie auf echte Gespenster zu treffen.«

Hinter den beiden kicherte es. »Du redest heute wieder, als ob du einen Wettbewerb für geschliffene Sprache gewinnen willst.« Bob Andrews, der dritte der Freunde, saß auf der Rückbank der Gondel und grinste.

Justus sah ihn über die Schulter an. »Lästere nur. Aber dass der Sensemann nicht echt war, wirst du ja ebenfalls bemerkt haben. Auch wenn dir die Worte fehlen, es wirklich genau auszudrücken. Es gibt eben keine Geister, keine sprechenden Skelette oder sonst irgendwelche Monster.«

»Trotzdem war es eine coole Fahrt«, lachte Bob.

Sie erreichten den Ausgang. Ein Mann in einem Gorillakostüm trat neben sie und klappte die Sicherheitsbügel hoch, damit sie aussteigen konnten.

»Und jetzt?«, rief Peter. »Ich bin für Zuckerwatte.«

Die drei ??? sahen sich um. Der Jahrmarkt, der auf dem Marktplatz von Rocky Beach aufgebaut war, bot vor allem Monsterattraktionen. Neben der Geisterbahn gab es ein Frankenstein-Karussell, ein Gruselschloss und Graf Draculas Gruft zu sehen. Aber es waren auch Aussteller da, die einfach ihre Waren anboten oder Reklame für ihre Geschäfte machten.

Bob und Justus nickten. Sie machten sich auf den Weg zu einem Wagen, an dem ein Kerl auf Stelzen rosa Zuckerwatte verkaufte. Plötzlich hielt Justus inne und deutete quer über den Platz. »Was ist denn da so aufregend?«

Vor einem der Stände hatte sich eine dichte Menschentraube gebildet.

»Keine Ahnung.« Peter schielte auf die Zuckerwatte. »Wird schon nichts Wichtiges sein.«

»Ich weiß nicht«, widersprach Justus. »Wenn so viele Leute zusammenlaufen, kann es durchaus eine Bewandtnis haben. Lasst uns zumindest nachsehen. Die Zuckerwatte läuft uns ja nicht weg!«

Bob und Peter seufzten ergeben. Wenn Justus sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war es nahezu unmöglich, ihn davon abzubringen. Außerdem hatte ihr Freund ein erstaunliches Gespür für Geheimnisse.

Die drei ??? liefen hinüber. An dem Stand redete ein spindeldürrer älterer Herr mit hochrotem Kopf auf den Verkäufer ein. Dabei hielt er einen großen, weißen Knochen in der Hand, mit dem er hin und her wedelte. »Sie müssen mir diesen Knochen verkaufen«, rief er laut. »Ich gebe ihnen 500 Dollar dafür!«

Der Verkäufer schüttelte den Kopf und deutete auf eine Reihe kleiner Modell-Öltürme, die er feilbot. »Den Knochen haben wir bei unseren Bohrungen gefunden. Er ist nicht zu verkaufen. Hier, die kleinen Bohrtürme können Sie kaufen.«

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Justus sah genauer hin. Über dem Stand stand in großen Buchstaben California Oil Company.

»Ich will keinen Bohrturm. Ich will den Knochen«, rief der ältere Herr aufgebracht. Dann murmelte er: »So wahr mir Gott helfe, es ist der Schenkel eines Irritators.«

»Ein was?« Peter sah seine beiden Freunde an.

Justus knetete nachdenklich seine Unterlippe. »Irritator? Das habe ich doch schon mal gehört, aber wo?«

In diesem Augenblick hob der ältere Herr den Knochen hoch über seinen Kopf. »Bleiben Sie, wo Sie sind«, rief er dem Verkäufer zu, »oder ich zerschmettere den Knochen!« Drohend schwang er diesen über dem Kopf und rannte plötzlich davon.

Verwirrt sah die Menge ihm nach. Dann sprang der ältere Herr in ein Auto und fuhr davon.

»Was war denn hier los?« Kommissar Reynolds, Rocky Beachs gewichtiger und freundlicher Gesetzeshüter, schob sich durch die Menge.

Er sah die drei ??? und kam auf sie zu. Der Kommissar hatte schon öfter mit den drei Freunden zusammengearbeitet und sie unter dem Siegel der Verschwiegenheit zu seiner Spezialeinheit ernannt. »Habt ihr mitbekommen, was eben passiert ist?«

Justus nickte. »Der ältere Herr hat an dem Stand einen Knochen gestohlen.«

»Einen Knochen?« Verdutzt hob Reynolds die Augenbrauen.

»Ja«, rief der Verkäufer. »Wir haben ihn zusammen mit anderen Fossilien bei unseren Bohrungen gefunden und wollten ihn hier nur ausstellen. Das hat man nun davon!«

»Was war das denn für ein Knochen?«, fragte der Kommissar.

Der Verkäufer zuckte die Schultern. »Irgendein Knochen. Er war eben nur sehr schön groß.«

»Merkwürdig«, murmelte Reynolds. Dann wandte er sich wieder den drei ??? zu. »Konntet ihr die Autonummer erkennen?«

Bob schüttelte den Kopf. »Die vielen Leute haben sie verdeckt.«

Doch der Verkäufer winkte schon ab. »Halb so wild, Herr Kommissar. Wir machen hier nur ein wenig Werbung für unsere Ölfirma. Lassen wir uns das Fest nicht verderben. Man soll ja aus einer Mücke keinen Elefanten machen.«

»Das würde ich so nicht sagen«, sagte Justus plötzlich. Er sah Kommissar Reynolds und den Verkäufer an. »Wenn der Dieb sich nicht geirrt hat, dann war das ein Dinosaurierknochen. Und der wäre eine ganze Menge Wert.«

»Ein Dinosaurierknochen?« Dem Verkäufer klappte der Mund auf.

»Genau!«, gab Justus zurück. »Da habe ich das Wort ›Irritator‹ nämlich schon mal gelesen. In einem Buch über Saurier!« Die umstehende Menge ergriff ein Raunen. Alle starrten Justus und den Verkäufer an. »Dinosaurier?, Hier?, Wo kann man die besichtigen?«, riefen die Leute durcheinander.

Auch Bob und Peter sahen zu Justus. »Dinosaurierknochen in Rocky Beach?«, rief Peter, »das müssen wir uns angucken!«

Der Verkäufer lachte. »Die California Oil Company liegt ganz in der Nähe«, rief er laut. »Mein Name ist John Cheat. Ich bin der Direktor und lade Sie natürlich alle herzlich zu einer Besichtigung unserer Anlagen in den kommenden Tagen ein!«

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»Der Irritator gehört zu den Spinosauriern. Er war acht Meter lang und lebte vor etwa 100 Millionen Jahren im heutigen Brasilien.« Bob hielt inne.

Die drei ??? saßen in ihrem Geheimversteck, der Kaffeekanne. Diese war ein ehemaliger Wassertank für Dampflokomotiven und lag etwas außerhalb von Rocky Beach an einer stillgelegten Eisenbahnstrecke. Aus der Seite ragte ein Rohr, das zum Befüllen der Loks gedient hatte, sodass der Tank aus der Ferne wirklich etwas aussah wie eine Kaffeekanne.

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Hier oben bewahrten die drei ??? alles auf, was sie zur Detektivarbeit benötigten. Ein altes Mikroskop, Lupen, Fingerabdruckpulver und eine Kamera. Allerdings befanden sich auch stapelweise Comics, mehrere Dosen Cola und ein großer Vorrat an Keksen in Reichweite.

Im Moment hatte jeder der Freunde eine Dose Cola vor sich. Bob hielt außerdem ein dickes Buch auf den Knien, das er sich aus der Stadtbibliothek ausgeliehen hatte.

»Da muss selbst so ein Dino aber ganz schön gelaufen sein, bis er hier angekommen ist«, meinte Peter.

Justus nickte. »Wer weiß, was den hierhergetrieben hat. Steht da noch was?«

Bob las weiter. »Sein krokodilartiges, mit kleinen scharfen Zähnen besetztes Maul war ideal zum Fischfang geeignet. Aber er fraß auch Fleisch. Von diesem Saurier wurde bisher nur der Schädel gefunden.« Bob stockte. »Wow, das heißt ja …«

»Dass es sich hier um einen echten Wahnsinnsfund handelt«, vollendete Peter. »Da haben die Leute von der Ölfirma echt Glück gehabt.«

Justus sah die beiden an, trank einen Schluck Cola und begann dann, seine Unterlippe zwischen Daumen und Zeigefinger zu kneten.

»Mein Vater wird dort morgen ein Interview machen«, sagte Bob. Sein Vater war Reporter bei einer großen Tageszeitung in Los Angeles, der Los Angeles Post. »Er hat gesagt, wenn wir wollen, können wir ihn begleiten.«

»Da werden sich die Ölleute bedanken.« Peter räkelte sich. »Die wollen doch bestimmt keine Schaulustigen bei sich auf dem Gelände.«

Bob schüttelte den Kopf. »Im Gegenteil. Scheinbar machen die kein Geheimnis aus der ganzen Angelegenheit. Mein Vater meinte, die wollen vielleicht sogar eine Ausstellung machen, wenn sie noch mehr Knochen finden.«

Justus ließ seine Unterlippe los und kicherte. »Wenn ich einen Saurier im Garten finden würde, würde ich den auch nicht verstecken. Das ist doch ein toller Fund, den man zeigen muss.«