Zsolnay eBook
Die italienischen Schuhe
ROMAN
Aus dem Schwedischen
von Verena Reichel
Paul Zsolnay Verlag
Die Originalausgabe erschien erstmals 2006 unter dem Titel Italienska skor im Leopard förlag in Stockholm.
ISBN 978-3-552-05483-7
© Henning Mankell 2006
Alle Rechte der deutschsprachigen Ausgabe
© Paul Zsolnay Verlag Wien 2007
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Das Eis
Der Wald
Das Meer
Wintersonnenwende
Wenn der Schuh paßt denkt man nicht an den Fuß.
ZHUANG ZHOU
Es gibt zwei Arten von Wahrheit: Trivialitäten, deren Gegenteil unsinnig ist, und tiefe Wahrheiten, deren Gegenteil ebenfalls eine tiefe Wahrheit ist.
NIELS BOHR
Die Liebe ist eine weiche Hand, und sie schiebt das Schicksal sacht zur Seite.
SIGFRID SIWERTZ
IMMER WENN es kalt ist, fühle ich mich einsamer.
Die Kälte vor dem Fenster läßt mich an die Kälte meines Körpers denken. Ich werde von zwei Seiten angegriffen. Aber ich kämpfe ständig dagegen an, gegen die Kälte wie gegen die Einsamkeit. Deshalb hacke ich jeden Morgen ein Loch ins Eis. Stünde jemand mit einem Fernglas draußen in der zugefrorenen Bucht, würde er annehmen, ich sei verrückt und im Begriff, meinen Tod vorzubereiten. Ein nackter Mann in der eisigen Kälte, mit einer Axt in der Hand, eifrig dabei, ein Loch ins Eis zu hacken?
Vielleicht hoffe ich insgeheim, da draußen wäre eines Tages jemand, ein schwarzer Schatten in all dem Weiß, der mich sieht und sich fragt, ob er eingreifen soll, bevor es zu spät ist. Doch man braucht mich nicht zu retten, da ich nicht die Absicht habe, Selbstmord zu begehen.
Früher im Leben, im Zusammenhang mit der großen Katastrophe, wurden die Verzweiflung und der Zorn so stark, daß ich erwog, Schluß zu machen. Doch ich habe es nie versucht. Die Feigheit ist mein treuer Begleiter. Damals wie heute denke ich, daß es im Leben darum geht, nicht loszulassen. Das Leben ist ein dünner Ast über einem Abgrund. Daran hänge ich, solange ich die Kraft dazu habe. Dann stürze ich ab, und ich weiß nicht, was mich erwartet. Gibt es jemand da unten, der mich auffängt? Oder ist es nur eine kalte und harte Dunkelheit, die mir entgegenrast?
Das Eis breitet sich aus.
Der Winter ist streng in diesem Jahr, am Beginn des neuen Jahrtausends. Heute morgen, als ich in der Dezemberdunkelheit aufwachte, meinte ich zu hören, wie das Eis sang. Ich weiß nicht, woher ich die Vorstellung hatte, daß das Eis singen kann. Vielleicht war es etwas, was mein Großvater, der hier draußen auf seiner Schäre geboren ist, zu mir sagte, als ich klein war.
Doch ich erwachte von einem Geräusch in der Dunkelheit. Es war weder die Katze noch der Hund. Meine Katze ist alt und steifbeinig, mein Hund ist auf dem rechten Ohr stocktaub, und auf dem linken hört er nur noch sehr schlecht. Ich kann an ihm vorbeischleichen, ohne daß er es merkt.
Aber dieses Geräusch?
Ich versuchte, mich in der Dunkelheit zu orientieren. Es dauerte eine Weile, bis ich erkannte, daß es das Eis war, das sich rührte, obwohl es hier in der Bucht mindestens zehn Zentimeter dick ist. Letzte Woche, an einem Tag, an dem ich unruhiger war als gewöhnlich, ging ich hinaus bis zur Kante, wo das Eis auf das offene Meer trifft. Dort lag es über einen Kilometer jenseits der äußersten Schären. Das Eis dürfte sich also hier in der Bucht kaum bewegen. Doch es hob und senkte sich, es knackte und sang.
Ich lauschte dem Geräusch und dachte wieder, wie schnell mein Leben doch vergangen ist. Jetzt war ich hier. Ein Mann von sechsundsechzig Jahren, finanziell unabhängig, der eine Erinnerung in sich trägt, die ihn ständig plagt. Ich bin in einer Armut aufgewachsen, die man sich heute in diesem Land kaum noch vorstellen kann. Mein Vater war ein übergewichtiger Kellner, den man häufig schikanierte, und meine Mutter versuchte, mit dem Geld auszukommen. Aus diesem Armutsbrunnen bin ich hochgeklettert. Als Kind habe ich hier draußen gespielt und nichts von der Zeit geahnt, die ständig schrumpft. Damals waren mein Großvater und meine Großmutter noch rührige Menschen, nicht zur Unbeweglichkeit und zum Warten verurteilt. Er roch nach Fisch, und ihr fehlten sämtliche Zähne. Obwohl Großmutter immer freundlich war, lag etwas Erschreckendes darin, zu sehen, wie sich ihr Lächeln zu einem schwarzen Loch öffnete.
Eben noch befand ich mich im ersten Akt. Jetzt hat bereits der Epilog begonnen.
Das Eis sang da draußen in der Dunkelheit, und ich fragte mich, ob ich gleich einen Herzanfall bekommen würde. Ich stand auf und maß den Blutdruck. Mir fehlte nichts, der Blutdruck war 155/90, der Puls normal, 64 Schläge. Ich tastete, ob es mir irgendwo weh tat. Das linke Bein schmerzte leicht. Das tut es eigentlich immer, und es beunruhigt mich nicht. Aber das Eis da draußen bereitete mir Unbehagen. Es war wie ein eigentümlicher Chor von undeutlichen Stimmen. Ich setzte mich in die Küche und wartete auf die Dämmerung. Es knackte in den Holzbalken. Wahrscheinlich war es das Holz, das sich in der Kälte zusammenzog, oder eine Maus, die sich in einem ihrer heimlichen Gänge bewegte.
Das Thermometer vor dem Haus zeigte minus 19 Grad.
Heute werde ich es wie an allen anderen Wintertagen machen. Ich ziehe einen Bademantel und ein Paar abgeschnittene Stiefel an, nehme die Axt und gehe hinunter zum Landungssteg. Es ist nicht schwer, das Loch aufzuhacken, da das Eis dort nicht stark gefroren ist. Dann ziehe ich mich aus und tauche in das körnige Wasser ein. Es tut weh, aber es ist, als würde sich die Kälte in eine intensive Wärme verwandeln, wenn ich mich erst wieder auf das Eis hochgezogen habe.
Ich steige in mein schwarzes Loch, um zu spüren, daß ich noch lebe. Hinterher ist es, als würde die Einsamkeit langsam verklingen. Vielleicht sterbe ich eines Tages, wenn ich in das Loch hinuntersteige. Da ich den Boden mit den Füßen erreiche, werde ich nicht unter der Eisdecke verschwinden. Ich werde in dem Loch stehen, das um mich bald wieder zufrieren wird. Dort wird Jansson, der die Post hier draußen zwischen den Inseln austrägt, mich finden.
Er wird nie, solange er lebt, verstehen, was geschehen ist.
Aber das ist mir gleich. Ich habe hier draußen auf der Schäre, die ich geerbt habe, mein Zuhause wie eine uneinnehmbare Festung eingerichtet. Wenn ich auf den Felsen hinter dem Haus steige, sehe ich direkt aufs Meer. Dort gibt es nichts als Schären und flache Klippen, die ihre schwarzen glatten Rücken dicht über der Wasseroberfläche oder der Eisdecke sehen lassen. In der anderen Richtung werden die inneren Schären dichter. Aber nirgends sehe ich ein Haus, nur mein eigenes.
Natürlich war es nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte.
Dieses Haus sollte mein Sommerhaus werden. Nicht die äußerste Festung, die ich verteidigen muß. Jeden Morgen, an dem ich mein Loch aufhacke oder in ein sommerwarmes Wasser steige, kehrt meine Verwunderung über das, was mit meinem Leben geschehen ist, zurück.
Ich weiß, was geschehen ist. Ich habe einen Fehler begangen. Und ich habe mich geweigert, die Folgen zu akzeptieren. Hätte ich gewußt, was ich heute weiß, was hätte ich dann getan? Ich kann es nicht beantworten.
Ganz sicher bin ich mir nur, daß ich dann nicht wie ein Gefangener hier draußen am offenen Meer sitzen müßte.
Ich hätte mein Leben nach dem einmal gefaßten Plan gelebt.
Schon früh habe ich beschlossen, Arzt zu werden. Es geschah an dem Tag, an dem ich fünfzehn Jahre alt wurde und mein Vater mich zu meiner großen Überraschung in ein Restaurant einlud. Er, der selbst Kellner war und als Ergebnis eines hartnäckigen Kampfes um seine Würde nur tagsüber arbeitete, nie an den Abenden. Wurde er zur Abendschicht eingeteilt, kündigte er. Ich erinnere mich noch an das besorgte Weinen meiner Mutter, wenn er heimkam und mitteilte, daß er gekündigt habe. Jetzt würde er mich ins Restaurant mitnehmen. Ich hörte meinen Vater und meine Mutter darüber streiten, ob es richtig wäre. Es endete damit, daß meine Mutter sich im Schlafzimmer einschloß. Das tat sie immer dann, wenn ihr etwas zuwiderlief. Während besonders schwieriger Auseinandersetzungen verbrachte sie ganze Tage eingeschlossen in ihrem Zimmer. Dort roch es nach Lavendel und Tränen. Ich selbst schlief dann auf der Küchenbank, und mein Vater legte unter tiefen Seufzern eine Matratze auf den Boden.
Ich bin in meinem Leben vielen weinenden Menschen begegnet. Während meiner Jahre als Arzt habe ich Sterbende kennengelernt und jene, die einsehen mußten, daß ein naher Angehöriger von einer unheilbaren Krankheit befallen war. Aber nie hatten ihre Tränen einen Duft, der an die Tränen meiner Mutter erinnerte. Auf dem Weg zum Restaurant erklärte mir mein Vater, daß sie überempfindlich sei. Manchmal frage ich mich heute noch, was ich geantwortet habe. Was konnte ich eigentlich sagen? Meine ersten Erinnerungen im Leben waren, daß ich meine Mutter Stunde um Stunde über das mangelnde Geld, über die Armut weinen hörte, die an allem in unserem Leben zehrte. Mein Vater schien ihr Weinen nicht zu hören. War sie guter Laune, wenn er heimkam, war alles gut. Lag sie mit ihrem Lavendelduft im Bett, war es auch gut. Mein Vater verbrachte gern seine Abende damit, die große Sammlung von Zinnsoldaten zu ordnen und sie nach den Rekonstruktionen historischer Feldschlachten aufzustellen. Bevor ich einschlief, kam es vor, daß er sich auf meine Bettkante sinken ließ, mir über den Kopf streichelte und bedauernd sagte, es sei leider nicht möglich, mir eine Schwester oder einen Bruder zu schenken.
Ich wuchs in einem Niemandsland auf, zwischen Tränen und Zinnsoldaten. Und mit einem Vater, der hartnäckig behauptete, daß das, was einen Kellner mit einem Opernsänger verbinde, die Notwendigkeit sei, bei der Arbeit ordentliche Schuhe zu tragen.
Es geschah, wie er es beschlossen hatte. Wir gingen ins Restaurant. Ein Kellner kam, um die Bestellung aufzunehmen. Mein Vater stellte weitschweifige und kenntnisreiche Fragen über den Kalbsbraten, den er schließlich bestellte. Ich selbst hatte mich zu Hering entschlossen. Die Sommer draußen auf der Insel hatten mich gelehrt, Fisch zu mögen. Der Kellner entfernte sich.
Es war das erste Mal, daß ich Wein trinken durfte. Ich war sofort betrunken. Nach dem Essen betrachtete mein Vater mich mit einem Lächeln und fragte, was ich mit meinem Leben anfangen wolle.
Ich wußte es nicht. Er hatte es sich geleistet, mich in eine Realschule gehen zu lassen. Die triste Schule mit ihren schäbigen Lehrern und nach Wollsachen riechenden Korridoren ließ mir keinen Raum, um über eine Zukunft nachzudenken. Es galt, den nächsten Tag zu überleben, am besten nicht dabei ertappt zu werden, daß man seine Hausaufgaben nicht gemacht hatte. Der morgige Tag war immer sehr nah, es war unmöglich, sich einen Horizont jenseits des nächsten Halbjahres vorzustellen. Ich kann mich nicht erinnern, je mit meinen Mitschülern über die Zukunft gesprochen zu haben.
»Du bist fünfzehn Jahre alt«, sagte mein Vater. »Jetzt ist die Zeit gekommen, daran zu denken, was du in Zukunft tun wirst. Interessiert dich die Restaurantbranche? Vielleicht willst du als Tellerwäscher nach Amerika, wenn du deinen Abschluß gemacht hast? Es ist gut, wenn du dich umsiehst. Vergiß nur nicht, ordentliche Schuhe zu tragen.«
»Ich will nicht Kellner werden.«
Ich antwortete sehr bestimmt. Ich konnte nicht erkennen, ob mein Vater enttäuscht oder erleichtert war. Er nippte am Wein, strich sich mit dem Finger über den Nasenrücken und fragte dann, ob ich wirklich keine Pläne für meine Zukunft hätte.
»Nein.«
»Irgendwas mußt du dir doch vorstellen. Welche Fächer magst du am liebsten?«
»Musik.«
»Kannst du singen? Das ist ja ganz was Neues.«
»Ich kann nicht singen.«
»Hast du ein Instrument gelernt, ohne daß ich davon weiß?«
»Nein.«
»Warum magst du dann die Musik am liebsten?«
»Der Musiklehrer Ramberg kümmert sich nicht um mich.«
»Wie meinst du das?«
»Er kümmert sich nur um die, die singen können. Uns andere sieht er nicht.«
»Du magst also das Fach am liebsten, in dem du gar nicht anwesend bist?«
»Chemie ist auch gut.«
Mein Vater war sichtlich erstaunt. Einen Augenblick lang schien er in fernen Erinnerungen an seine eigene ärmliche Schulzeit zu suchen, ob es überhaupt ein Fach Chemie gegeben hatte. Ich betrachtete ihn wie verhext. Er verwandelte sich vor meinen Augen. Früher hatte sich nichts anderes verändert als seine Kleidung, seine Schuhe und die Farbe seines Haars, das immer mehr ergraute. Jetzt geschah etwas Unerwartetes. Es war, als überkäme ihn eine plötzliche Hilflosigkeit, und er würde erst jetzt für mich sichtbar. Auch wenn er oft auf meinem Bettrand gesessen hatte oder mit mir draußen in der Bucht geschwommen war, hatte er sich immer in großem Abstand befunden. Jetzt, in all seiner Hilflosigkeit, kam er mir nah. Ich war stärker als der Mann, der mir gegenüber saß, an dem weißgedeckten Tisch im Restaurant, wo eine Kapelle spielte, der niemand zuhörte, wo Zigarettenrauch sich mit starkem Parfum mischte und der Wein in seinem Glas abnahm.
Da entschied ich mich für eine Antwort. Ich entdeckte meine Zukunft oder erschuf sie in diesem Augenblick. Mein Vater sah mich mit seinen graublauen Augen an. Er schien sich von der Hilflosigkeit erholt zu haben, die ihn überkommen hatte. Aber ich hatte sie bemerkt und würde sie nie wieder vergessen.
»Du sagst, Chemie macht Spaß? Warum?«
»Weil ich Arzt werden will. Da muß man sich mit chemischen Substanzen auskennen. Ich will operieren.«
Plötzlich sah er mich mit Abscheu an. »Willst du in Menschen herumschnippeln?«
»Ja.«
»Du kannst doch mit der mittleren Reife nicht Arzt werden.«
»Ich will Abitur machen und studieren.«
»Um mit den Fingern in den Eingeweiden der Menschen herumzustochern?«
»Ich will Chirurg werden.«
In diesem Augenblick entstand der Plan für mein Leben. Ich hatte nie daran gedacht, Arzt zu werden. Ich wurde nicht ohnmächtig, wenn ich Blut sah oder eine Spritze bekam, aber ich hatte mir nie ein Leben in Krankenhauskorridoren oder Operationssälen vorgestellt. Als wir an diesem Aprilabend heimgingen, mein Vater ein bißchen beschwipst, ich selbst ein vom Wein müder Fünfzehnjähriger, erkannte ich, daß ich nicht nur meinem Vater geantwortet hatte. Ich hatte auch mir selbst ein Versprechen gegeben.
Ich würde Arzt werden. Ich würde mein Leben damit verbringen, in menschlichen Körpern herumzuschnippeln.
HEUTE KOMMT keine Post.
Gestern ist auch keine gekommen. Aber Jansson kommt, der hier draußen in den Schären Postbote ist. Für mich hat er nichts. Schon vor zwölf Jahren habe ich ihm gesagt, daß er aufhören soll, zu meinem Landungssteg zu kommen, wenn er nur Werbung hat. Ich will von all diesen Sonderangeboten für Computer und Eisbein nichts wissen. Ich sagte ihm, daß ich mich keinen Menschen aussetzen wolle, die versuchten, über mein Leben zu bestimmen, indem sie mich mit Sonderangeboten jagten. Das Leben handelt nicht von Sonderangeboten, versuchte ich ihm zu erklären. Das Leben handelt im Grunde von etwas Wesentlichem. Ich weiß nicht, wovon, aber man muß doch annehmen, daß es wesentlich ist und daß der verborgene Sinn sich auf einer höheren Ebene als auf der von Rabattmarken und Rubbellosen abspielt.
Wir stritten uns. Es war nicht das erste Mal. Manchmal glaube ich, unser Zorn hält uns zusammen. Aber von da an brachte er keine Werbung mehr. Das letzte Mal, als er einen Brief für mich hatte, war es ein Schreiben von der Gemeinde. Das ist siebeneinhalb Jahre her, es war an einem Herbsttag mit einer steifen Brise von Nordost und niedrigem Wasserstand. Man teilte mir mit, daß ich eine Grabstätte auf dem Friedhof zugewiesen bekommen habe. Jansson behauptete, alle würden das bekommen. Es war ein neuer Service: Wer hier draußen wohnte und Steuern bezahlte, sollte wissen, wo seine Grabstätte lag, falls er hingehen und herausfinden wollte, wen er als Nachbarn bekommen würde.
Es war der einzige Brief, den ich in den letzten zehn Jahren bekommen hatte. Abgesehen von den trostlosen Rentenbescheiden, Steuererklärungen und Bankauszügen. Jansson taucht immer gegen zwei auf. Ich vermute, daß er zu mir kommen muß, um von der Post die volle Kostenerstattung für das Boot oder den Hydrokopter verlangen zu können. Ich habe auch versucht, ihn zu fragen, wie es sich verhält, aber er antwortet nicht. Möglicherweise bin ich es tatsächlich, der ihm Arbeit gibt. Weil er im Winterhalbjahr dreimal und im Sommer fünfmal die Woche an meinem Landungssteg anlegt, ist die Tour nicht abgeschafft worden.
Vor fünfzehn Jahren gab es hier draußen auf den Inseln etwa fünfzig ganzjährige Bewohner. Es gab sogar ein Boot, das vier Kinder zur Dorfschule brachte und wieder abholte. Dieses Jahr sind wir nur noch zu siebt, und nur einer ist unter sechzig. Das ist Jansson. Er ist der jüngste von uns und daher am meisten darauf angewiesen, daß wir anderen uns am Leben halten und darauf bestehen, hier draußen auf den Schären zu wohnen. Sonst wird seine Stelle abgeschafft.
Mir würde das nichts ausmachen. Ich mag Jansson nicht. Er ist einer der schwierigsten Patienten, die ich je hatte. Er gehört zu einer Gruppe von äußerst schwer zu behandelnden Hypochondern. Vor vielen Jahren, als ich ihm in den Rachen geschaut und den Blutdruck kontrolliert habe, sagte er plötzlich, er glaube, einen Gehirntumor zu haben, der seine Sehkraft beeinträchtige. Ich erwiderte, ich hätte keine Zeit, mir seine eingebildeten Gebrechen anzuhören. Aber er gab nicht auf. Etwas sei im Begriff, sich in seinem Gehirn festzusetzen. Ich fragte ihn, warum er das glaube. Hatte er Kopfweh? Schwindel? Andere Symptome? Er ließ nicht locker, bis ich ihn in das Bootshaus zerrte, wo es dunkler ist, und in seine Pupillen geleuchtet und erklärt hatte, alles wirke normal.
Ich bin überzeugt, daß Jansson im Grunde kerngesund ist. Sein Vater ist siebenundneunzig Jahre alt und lebt in einem Pflegeheim, ist aber klar im Kopf. Jansson und sein Vater sind seit 1970 zerstritten. Damals dachte Jansson nicht daran, seinem Vater bei der Aalfischerei zu helfen, sondern fing statt dessen an, in einem Sägewerk in Småland zu arbeiten. Warum er ein Sägewerk wählte, habe ich nie verstanden. Daß er seinen tyrannischen Vater nicht ertrug, kann ich natürlich begreifen. Aber ein Sägewerk? Für mich ist es zwecklos zu versuchen, ihn zu verstehen, da ich zu wenig weiß. Aber seit 1970 waren sie verfeindet. Jansson kehrte erst aus Småland zurück, als der Vater so alt war, daß er in ein Pflegeheim zog. Sie sprechen nicht miteinander.
Jansson hat eine ältere Schwester, Linnea, die auf dem Festland wohnt. Als sie noch verheiratet war, betrieb sie den Sommer über ein Café. Aber dann starb ihr Mann, er stürzte auf dem Hang hinunter zum Supermarkt, und sie schloß das Café und wurde religiös. Sie ist die Botin zwischen Vater und Sohn. Ich möchte wissen, was sie einander zu sagen haben. Vielleicht vermittelt sie seit Jahren nur eine große Stille zwischen den beiden.
Janssons Mutter ist seit vielen Jahren tot. Ich bin ihr ein einziges Mal begegnet. Da war sie schon unterwegs in die erschreckende Nebelwelt der Senilität und glaubte, ich sei ihr Vater, der irgendwann in den zwanziger Jahren gestorben war. Es war ein erschütterndes Erlebnis.
Heute hätte ich kaum so heftig reagiert. Aber damals war ich anders.
Eigentlich weiß ich gar nichts über Jansson, außer daß er mit Vornamen Ture heißt und Postillion ist. Ich kenne ihn nicht, und er kennt mich nicht. Aber wenn er um die Landzunge herumkommt, stehe ich gewöhnlich unten am Landungssteg und warte. Ich stehe da und frage mich, warum, und ich weiß, daß ich keine Antwort bekommen werde.
Es ist, wie auf Gott oder Godot zu warten, aber statt dessen kommt Jansson.
Ich setze mich an den Küchentisch und schlage das Logbuch auf, das ich in all den Jahren geführt habe, seit ich hier wohne. Ich habe nichts zu erzählen, und ich kann mir auch nicht vorstellen, daß es jemand interessieren sollte, was da steht. Aber ich schreibe trotzdem. Jeden Tag, jahraus, jahrein, ein paar Zeilen. Über das Wetter, die Anzahl der Vögel vor meinem Fenster, meine Gesundheit. Nichts weiter. Wenn ich will, kann ich ein Datum von vor zehn Jahren aufschlagen und nachlesen, daß eine Blaumeise oder ein Austernfischer auf dem Steg saß, als ich hinunterging, um auf Jansson zu warten.
Ich schreibe eine Chronik über ein Leben, das jede Orientierung verloren hat.
Der Vormittag war vergangen.
Es war Zeit, die Mütze über die Ohren zu ziehen, sich in die bittere Kälte hinauszubegeben und auf Janssons Ankunft zu warten. In dieser Kälte mußte er in seinem Hydrokopter stark frieren. Manchmal meine ich, einen schwachen Duft von Alkohol zu riechen, wenn er am Steg angelegt hat. Ich kann ihn verstehen.
Als ich vom Küchentisch aufstand, erwachten die Tiere zum Leben. Die Katze war als erste an der Tür, der Hund war bedeutend langsamer. Ich ließ sie hinaus und schlüpfte in einen mottenzerfressenen Pelz, der meinem Großvater gehört hat, wickelte einen Schal um den Hals und zog die dicke Militärmütze aus dem Zweiten Weltkrieg über den Kopf. Dann ging ich zum Steg hinunter. Die Kälte war schneidend. Ich blieb stehen und horchte. Noch immer kein Laut. Keine Vögel, nicht einmal Janssons Hydrokopter.
Ich konnte ihn vor mir sehen. Es war, als käme er in einer altertümlichen Straßenbahn, bei der der Fahrer draußen stehen muß. Seine Winterkleidung war unbeschreiblich. Mäntel, Jacken, Stücke von einem Pelz, sogar einen alten Bademantel wickelte er um sich herum, wenn es so kalt wie heute war. Ich habe ihn oft gefragt, warum er sich nicht einen der modernen Thermoanzüge anschaffte, die ich in einem Geschäft auf dem Festland gesehen hatte. Er erwiderte, er würde ihnen nicht trauen. Natürlich liegt es nur an seinem Geiz. Auf dem Kopf hatte er die gleiche Pelzmütze wie ich. Das Gesicht schützte er mit einer Bankräubermütze und einer alten Motorradbrille.
Ich fragte ihn, ob es nicht die Pflicht der Post sei, ihn warm einzukleiden. Da bekam ich nur undeutliches Gemurmel zur Antwort. Jansson will so wenig wie möglich mit der Post zu tun haben, obwohl sie sein Arbeitgeber ist.
Auf dem Eis neben dem Steg lag eine erfrorene Sturmmöwe. Die Flügel waren zusammengefaltet, die gefrorenen Beine ragten steil in die Höhe. Die Augen glichen zwei funkelnden Kristallen. Als ich sie auf einen Stein am Ufer legte, hörte ich das Motorengeräusch des Hydrokopters. Ich mußte nicht auf die Uhr schauen, um zu wissen, daß er pünktlich war. Jansson kam direkt von Vesselsö. Da wohnt eine alte Frau, Asta Karolina Åkerblom.
Sie ist achtundachtzig Jahre alt, hat starke Schmerzen in den Armen, weigert sich aber hartnäckig, ihr Leben auf der Insel aufzugeben, auf der sie geboren ist. Jansson hat erzählt, daß sie kaum noch sehen kann, jedoch weiterhin Pullover und Socken für ihre vielen Enkel strickt, die überall im Land verteilt sind. Ich möchte wissen, wie die Pullover aussehen. Kann man wirklich stricken und verschiedenen Mustern folgen, wenn man halb blind ist?
Der Hydrokopter näherte sich und tauchte an der Landzunge auf, die Richtung Lindsholmen liegt. Es ist ein bemerkenswerter Anblick, wenn das insektenartige Boot sich zeigt und man den eingemummelten Mann am Steuer sieht. Jansson stellte den Motor ab, der große Propeller verstummte, er glitt an den Steg heran und riß seine Brille und die Maske ab. Sein Gesicht war rot und verschwitzt.
»Ich habe Zahnweh«, sagte er, nachdem er mühsam auf den Landungssteg geklettert war.
»Meinst du, daß ich was dagegen tun kann?«
»Du bist Arzt.«
»Aber kein Zahnarzt.«
»Es tut hier unten links weh.«
Jansson sperrte den Mund auf, als hätte er plötzlich hinter mir etwas Entsetzliches entdeckt. Meine eigenen Zähne sind in einem einigermaßen guten Zustand. Mir reicht gewöhnlich ein Zahnarztbesuch pro Jahr.
»Ich kann nichts tun. Du mußt zum Zahnarzt gehen.«
»Du kannst es dir doch wenigstens anschauen.«
Jansson würde nicht lockerlassen.
Ich ging ins Bootshaus und holte eine Taschenlampe und einen Halsspatel. »Mach jetzt den Mund auf!«
»Er ist auf.«
»Sperr ihn weiter auf.«
»Ich kann nicht.«
»Dann sehe ich nichts. Dreh dein Gesicht zu mir!«
Ich leuchtete Jansson in den Mund und schob die Zunge zur Seite. Die Zähne waren gelb und voller Zahnstein. Er hatte viele Plomben. Aber das Zahnfleisch wirkte gesund, und ich konnte keine Löcher entdecken. »Ich kann nichts sehen.«
»Aber es tut doch weh.«
»Du mußt zum Zahnarzt. Nimm eine Schmerztablette!«
»Die sind mir ausgegangen.«
Aus meiner Medikamentenschublade suchte ich eine Schachtel mit Schmerztabletten heraus. Er steckte sie in die Tasche. Wie üblich machte er keine Anstalten zu fragen, was es kostete. Weder die Konsultation noch die Schmerztabletten. Jansson ist ein Mensch, der meine Großzügigkeit für gegeben nimmt. Wahrscheinlich mag ich ihn deshalb nicht. Es ist schwierig, jemand, den man nicht mag, zum engsten Freund zu haben.
»Ich habe ein Päckchen für dich. Es ist ein Geschenk der Post.«
»Seit wann macht die Post Geschenke?«
»Es ist ein Weihnachtsgeschenk. Jeder bekommt ein Päckchen von der Post.«
»Wozu?«
»Ich weiß nicht.«
»Ich will nichts haben.«
Jansson kramte in seinen Säcken und überreichte mir ein kleines, flaches Päckchen. Auf dem Umschlag wünschte mir der Generaldirektor der Post frohe Weihnachten.
»Es kostet nichts. Wirf es weg, wenn du es nicht haben willst.«
»Du kannst mir nicht weismachen, daß man von der Post irgend etwas gratis kriegt.«
»Ich will dir gar nichts weismachen. Alle bekommen das gleiche Päckchen. Und es kostet nichts.«
Janssons Hartnäckigkeit ist für mich manchmal sehr anstrengend. Ich hatte keine Kraft mehr, hier in der Kälte zu stehen und mit ihm zu streiten. Ich riß das Päckchen auf. Es enthielt zwei reflektierende Bänder und die Aufforderung: »Sei achtsam im Verkehr. Grüße von der Post.«
»Was soll ich mit Reflexbändern anfangen? Hier gibt es keine Autos, und der einzige Fußgänger bin ich.«
»Eines Tages bist du es vielleicht leid, hier zu wohnen. Dann können Reflexbänder nützlich sein. Hast du etwas Wasser? Ich muß eine Tablette nehmen.«
Ich habe Jansson niemals mein Haus betreten lassen. Auch diesmal hatte ich nicht die Absicht. »Du mußt einen Becher mit Schnee am Motor schmelzen.«
Ich ging ins Bootshaus, suchte den Deckel einer alten Thermoskanne heraus und preßte Schnee hinein. Jansson warf eine der Brausetabletten hinein. Während der Schnee an dem heißen Motor schmolz, standen wir schweigend da und warteten.
Er leerte den Becher. »Ich komme am Freitag wieder. Dann fällt es über Weihnachten aus.«
»Ich weiß.«
»Wie wirst du Weihnachten feiern?«
»Ich werde Weihnachten nicht feiern.«
Jansson machte eine Geste zu meinem roten Haus hin. Ich befürchtete, er würde in seinen zusammengewürfelten Sachen wie ein geschlagener Ritter in einer allzu schweren Rüstung umfallen. »Du solltest Lichterketten um dein Haus wickeln. Das belebt.«
»Nein danke. Ich ziehe die Dunkelheit vor.«
»Warum kannst du es dir nicht ein bißchen gemütlich machen?«
»Ich habe es genau so, wie ich es haben will.«
Ich drehte ihm den Rücken zu und begann, zum Haus zurückzugehen. Die Reflexbänder warf ich in den Schnee. Als ich auf der Höhe des Holzschuppens war, hörte ich den Hydrokopter mit einem Aufheulen starten. Es klang wie ein Tier in äußerster Not. Der Hund saß auf der Treppe und wartete. Er kann dankbar dafür sein, daß er nichts hört. Die Katze lauerte am Apfelbaum und betrachtete die Seidenschwänze, die an der Speckschwarte herumpickten.
Manchmal fehlt mir jemand zum Reden. Die Gespräche mit Jansson sind eigentlich keine. Nur Geschwätz. Steggeschwätz. Er schwatzt von Dingen, die mich nicht interessieren. Er verlangt, daß ich Diagnosen über seine eingebildeten Krankheiten stelle. Mein Steg und mein Bootshaus sind zu einer Art Privatklinik mit einem einzigen Patienten geworden. Im Lauf der Jahre habe ich Blutdruckmanschetten und Instrumente für die Entfernung von Wachspfropfen neben den alten Fischergarnen im Bootshaus gelagert. Mein Stethoskop hängt zusammen mit einem Lockvogel, den mein Großvater angefertigt hat, an einem Holzhaken. In einer speziellen Schublade verwahre ich verschiedene Medikamente, die Jansson eventuell brauchen könnte. Die Bank auf dem Steg, auf der mein Großvater gern saß und Pfeife rauchte, nachdem er die Flundergarne gesäubert hatte, nutze ich jetzt als Untersuchungsliege, wenn Jansson sich hinlegen muß. Im Schneegestöber habe ich seinen Bauch abgetastet, wenn er glaubte, von Magenkrebs befallen zu sein, und ich habe seine Beine untersucht, wenn er überzeugt war, daß er an schleichendem Muskelschwund litt. Oft habe ich gedacht, daß meine Hände, die einst dazu dienten, komplizierte Operationen durchzuführen, jetzt einzig und allein dazu taugten, plumpe Leibesvisitationen an Janssons beneidenswert wohlbehaltenem Körper durchzuführen.
Aber Gespräche? So kann man unsere Art, miteinander zu schwatzen, nicht nennen.
Ich war manchmal in Versuchung, Jansson nach seinen Ansichten zu fragen. Über das Leben und den Abgrund, der uns erwartet. Aber er würde nicht verstehen. In seinem Leben geht es um Briefe, Briefmarken, Einschreibe- und Wertbriefe, Ein- und Auszahlungen und eine ungeheure Menge Werbung. Außerdem hat er Probleme mit seinem Boot und mit dem Hydrokopter. Wenn das Meer eisfrei ist, benutzt er ein umgebautes Fischerboot, das er in Västervik gekauft hat. Darin befindet sich ein uralter Säfflemotor, der es bestenfalls auf acht Knoten bringt. Den Hydrokopter hat er in Norwegen gekauft, und er hat zugegeben, daß er gründlich übers Ohr gehauen wurde. Bei all seinen Problemen hat Jansson höchstwahrscheinlich keine Ansichten über den Abgrund.
Jeden Tag mache ich jetzt einen Rundgang um mein eigenes Boot, das an Land steht. Es ist nun drei Jahre her, seit ich es heraufzog, um es in Ordnung zu bringen. Daraus wurde nichts. Es ist ein feines geklinkertes Holzboot, das jetzt von Wetter und Nachlässigkeit zerstört wird. Es sollte nicht so sein. Im Frühjahr will ich mich ernstlich damit befassen.
Ich frage mich, ob ich das wirklich tun werde.
Ich ging hinein und machte mit meinem Puzzle weiter. Das Motiv ist ein Gemälde von Rembrandt, Die Nachtwache. Ich habe es vor langer Zeit bei einer Lotterie gewonnen, die vom Krankenhaus in Luleå veranstaltet wurde. Damals war ich seit kurzem dort Chirurg und versteckte meine Unsicherheit hinter einer großen Portion Selbstgefälligkeit. Da das Motiv dunkel ist, ist es ein sehr schwieriges Puzzle. An diesem Tag schaffte ich es nur, ein einziges Teil zu plazieren. Ich machte mir etwas zu essen und hörte während der Mahlzeit Radio. Das Thermometer zeigte jetzt minus 21 Grad. Es war sternklar, und es würde vor der Morgendämmerung noch kälter werden. Es schien auf einen Kälterekord hinzusteuern. War es je so kalt gewesen? Vielleicht in einem der Kriegswinter? Ich beschloß, Jansson danach zu fragen, der über solche Dinge gewöhnlich Bescheid weiß.
Etwas beunruhigte mich.
Ich legte mich aufs Bett und versuchte zu lesen. Ein Buch über die Ankunft der Kartoffel in unserem Land. Ich hatte es schon mehrmals gelesen. Vermutlich, weil darin keine Gefahren lauern. Ich konnte umblättern, ohne von etwas Unangenehmem und Unerwartetem überfallen zu werden. Um Mitternacht löschte ich das Licht. Meine beiden Tiere waren schon eingeschlafen. Es knackte und ächzte in den Holzwänden.
Ich bemühte mich, einen Entschluß zu fassen. Sollte ich weiterhin meine Festung bewachen? Oder sollte ich mich geschlagen geben und versuchen, etwas aus dem Leben zu machen, das wahrscheinlich noch vor mir lag?
Ich faßte keinen Entschluß. Ich lag da und schaute in die Dunkelheit hinaus und dachte, mein Leben würde weitergehen wie bisher. Nichts Entscheidendes würde geschehen.
Es war Wintersonnenwende. Die längste Nacht und der kürzeste Tag des Jahres. Später würde ich denken, daß es eine Bedeutung hatte, die mir nicht bewußt war.
Es war ein ganz gewöhnlicher Tag gewesen. An dem es sehr kalt war, und an dem eine erfrorene Sturmmöwe und zwei Reflexbänder von der Post draußen im Schnee an meinem Landungssteg lagen.
WEIHNACHTEN GING vorüber. Silvester ging vorüber.
Am dritten Januar zog ein Schneesturm vom Finnischen Meerbusen über das Schärenmeer. Ich stand oben auf dem Felsen hinter dem Haus und sah, wie sich die schwarzen Wolken am Horizont türmten. Innerhalb von elf Stunden schneite es vierzig Zentimeter. Ich mußte durch ein Küchenfenster kriechen, um die Haustür freizuschaufeln.
Als der Schneesturm vorüberzog, notierte ich in meinem Logbuch: »Die Seidenschwänze verschwunden. Die Speckschwarte verlassen. Minus sechs Grad.«
Insgesamt 68 Buchstaben und ein paar Punkte. Wozu tat ich das?
Es war Zeit für mich, in mein Eisloch einzutauchen. Der Wind schnitt durch den Körper, als ich zum Steg stapfte. Ich hackte das Loch auf und stieg hinunter. Die Kälte brannte.
Gerade als ich herausgeklettert war, um zum Haus zurückzukehren, wurde es zwischen zwei Windböen still. Etwas bewirkte, daß ich Angst bekam und den Atem anhielt. Ich drehte mich um.
Draußen auf dem Eis stand ein Mensch.
Eine schwarze Gestalt in all dem Weißen. Die Sonne lag knapp über dem Horizont. Ich kniff die Augen zusammen, um zu erkennen, wer es war. Ich konnte sehen, daß es eine Frau war. Es sah aus, als stünde sie da an ein Fahrrad gelehnt. Dann erkannte ich, daß es ein Rollator war. Ich fror so sehr, daß ich zitterte. Wer es auch war, ich konnte nicht nackt neben meinem Eisloch stehen. Ich eilte zum Haus hinauf und fragte mich, ob ich ein Gespenst gesehen hatte.
Nachdem ich mich angezogen hatte, nahm ich mein Fernglas und stieg auf den Felsen hinauf.
Ich hatte es mir nicht eingebildet.
Die Frau auf dem Eis war noch da. Ihre Hände ruhten auf den Griffen des Rollators. Über einem Arm hing eine Handtasche. Sie hatte einen Schal um die Zipfelmütze gewickelt, die tief in die Stirn gezogen war. Ich hatte Schwierigkeiten, ihr Gesicht im Fernglas zu erkennen. Woher kam sie? Wer war sie?
Ich versuchte zu denken. Wenn sie hier richtig war, wollte sie mich besuchen. Hier gibt es niemand außer mir.
Ich hoffte, sie hätte sich verirrt. Ich wollte keinen Besuch bekommen.
Noch immer stand sie regungslos da, die Hände auf den Handgriffen des Rollators. Ich verspürte ein wachsendes Unbehagen. Es war etwas Bekanntes an der Frau draußen auf dem Eis.
Wie war sie mit dem Rollator durch den Schneesturm übers Eis gelangt? Es waren drei Seemeilen bis zum Festland. Es erschien unglaublich, daß sie so weit gegangen war, ohne zu erfrieren.
Mehr als zehn Minuten stand ich da und betrachtete sie durch das Fernglas. Gerade als ich das Fernglas absetzen wollte, drehte sie langsam den Kopf und blickte in meine Richtung.
Es war einer der Augenblicke im Leben, in denen die Zeit nicht nur still steht, sondern tatsächlich nicht mehr existiert.
Sie kam in den Augen des Fernglases auf mich zu, und ich sah, daß es Harriet war.
Obwohl ich sie zuletzt in einem Frühling vor fast vierzig Jahren gesehen habe, wußte ich, daß sie es war. Harriet Hörnfeldt, die ich mehr geliebt habe als jede andere Frau.
Ich war seit ein paar Jahren Arzt, zum grenzenlosen Erstaunen meines Vaters, des Kellners, und zum fanatischen Stolz meiner Mutter. Es war mir gelungen, mich aus der Armut zu befreien. Damals wohnte ich in Stockholm, der Frühling 1966 war sehr schön, es war, als ob die Stadt überkochen wollte. Etwas war im Begriff zu geschehen, meine Generation hatte die Dämme durchbrochen, die Türen der Gesellschaft aufgerissen und forderte eine Veränderung. Harriet und ich gingen gern in der Abenddämmerung durch die Stadt.
Harriet war ein paar Jahre älter als ich und hatte nie daran gedacht, weiterzustudieren. Sie arbeitete als Verkäuferin in einem Schuhgeschäft. Sie sagte, daß sie mich liebte, und ich sagte, daß ich sie liebte, und jedesmal, wenn ich sie in das kleine Untermietzimmer an der Hornsgatan begleitete, schliefen wir miteinander auf einer Ausziehcouch, die jeden Moment zusammenzubrechen drohte.
Unsere Liebe flammte heftig, kann man sagen. Trotzdem habe ich sie verraten. Ich hatte vom Karolinska Institutet ein Stipendium bekommen, um mich in den USA weiter auszubilden. Am 23. Mai sollte ich nach Arkansas fahren, um ein Jahr lang fort zu sein. Das war es zumindest, was ich Harriet gesagt hatte. Aber das Flugzeug nach Amsterdam und New York ging schon am 22. Mai.
Ich sagte ihr nicht einmal auf Wiedersehen, ich verschwand einfach.
Während des Jahres in den USA ließ ich nichts von mir hören. Ich wußte nichts über ihr Leben, und ich wollte nichts wissen. Es kam vor, daß ich aus Träumen aufwachte, in denen sie sich das Leben genommen hatte. Das Gewissen plagte mich, aber es gelang mir immer, es zu betäuben.
Langsam verblich ihr Bild in meinem Gedächtnis.
Ich kehrte nach Schweden zurück und begann im Krankenhaus von Luleå zu arbeiten. Andere Frauen traten in mein Leben. Mitunter, vor allem wenn ich allein war und zuviel getrunken hatte, konnte ich mir einbilden, ich müßte herausfinden, was mit ihr geschehen war. Dann rief ich die Auskunft an und fragte nach Harriet Kristina Hörnfeldt. Immer legte ich den Hörer auf, bevor die Telefonistin die Suche beendet hatte. Ich hatte nicht den Mut, sie zu treffen. Ich hatte nicht den Mut, die Wahrheit herauszufinden.
Jetzt stand sie mit einem Rollator da draußen auf dem Eis.
Es waren exakt siebenunddreißig Jahre her, seit ich verschwunden war, ohne genau zu erklären, warum. Ich war sechsundsechzig Jahre alt. Also war sie neunundsechzig, bald siebzig. Ich wäre am liebsten ins Haus gegangen und hätte die Tür hinter mir zugemacht. Wenn ich dann wieder auf die Treppe hinausträte, wäre sie verschwunden. Es gab sie nicht. Was sie auch vorhatte, sie würde eine Luftspiegelung bleiben. Ich hatte ganz einfach nicht gesehen, was ich gesehen hatte. Sie hatte nie da draußen auf dem Eis gestanden.
Es vergingen ein paar Minuten.
Das Herz klopfte wild. Die Speckschwarte im Baum vor dem Fenster hing noch immer verlassen da. Die kleinen Vögel waren nach dem Sturm noch nicht zurückgekehrt.
Als ich das Fernglas an die Augen hob, sah ich, daß sie ausgestreckt auf dem Eis lag, rücklings ausgestreckt, die Arme vom Körper abstehend. Ich warf das Fernglas hin und eilte hinunter zur Eiskante. Mehrmals stürzte ich in dem tiefen Schnee. Nachdem ich zu ihr auf das Eis hinausgekommen war, fühlte ich, ob das Herz schlug, und als ich mich über ihr Gesicht beugte, konnte ich ihren Atem ahnen.
Ich würde es nicht schaffen, sie zum Haus zu tragen. Ich holte die Schubkarre, die an der Rückseite des Geräteschuppens stand. Noch bevor es mir gelang, sie hineinzuhieven, war ich klatschnaß geschwitzt. So schwer war sie nicht gewesen, als wir uns kannten. Oder war ich es, der so viel Kraft verloren hatte? Harriet saß zusammengestaucht in der Schubkarre, eine groteske Gestalt, die noch immer ihre Augen nicht geöffnet hatte.
An der Strandkante blieb die Schubkarre hängen. Für einen kurzen Augenblick überlegte ich, ob ich sie mit Hilfe eines Seils hinaufziehen sollte. Aber ich verwarf den Gedanken wieder, es war allzu unwürdig. Ich holte eine Schaufel aus dem Bootshaus und schippte den Pfad frei. Der Schweiß lief mir unter dem Hemd herunter. Ununterbrochen behielt ich Harriet im Blick. Sie war noch immer bewußtlos. Ich fühlte noch einmal ihren Puls. Er ging schnell. Ich schippte aus Leibeskräften.
Schließlich war es mir gelungen, sie zum Haus zu schleppen. Die Katze saß auf der Bank unter dem Fenster und beobachtete alles. Ich legte Bretter über die Treppe, öffnete die Haustür und nahm mit der Schubkarre Anlauf. Nach drei Versuchen brachte ich Harriet und die Schubkarre in meinen Flur. Der Hund lag unter dem Küchentisch und verfolgte das Geschehen. Ich scheuchte ihn hinaus, schloß die Tür und hob Harriet auf die Küchenbank. Ich war so verschwitzt und außer Atem, daß ich mich hinsetzen und ausruhen mußte, ehe ich sie untersuchte.
Ich maß ihren Blutdruck. Er war niedrig, aber nicht bedenklich. Ich zog ihr die Schuhe aus und betastete ihre Füße. Sie waren kalt, aber nicht steif. Sie hatte also keine Erfrierungen erlitten. Ihre Lippen deuteten auch nicht darauf hin, daß sie ausgetrocknet war. Der Puls ging langsam hinunter auf 66 Schläge pro Minute.
Ich war gerade im Begriff, ein Kissen unter ihren Kopf zu legen, als sie die Augen aufschlug. »Du riechst schlecht aus dem Mund«, sagte sie. »Du hast einen schlechten Atem.«
Das waren ihre ersten Worte nach all diesen Jahren. Ich hatte sie draußen auf dem Eis gefunden, wie ein Irrer hatte ich gekämpft, um sie in mein Haus zu bekommen, und das erste, was sie sagte, war, daß mein Atem schlecht sei. In diesem Moment war ich versucht, sie wieder hinauszuwerfen. Ich hatte sie nicht gebeten zu kommen, ich wußte nicht, was sie wollte, und ich fühlte, wie mein schlechtes Gewissen sich regte. War sie hier, um mich zur Rede zu stellen?
Ich wußte es nicht. Aber konnte es einen anderen Grund geben?
Ich merkte, daß ich Angst hatte. Es war, als wäre eine Falle zugeschnappt.
HARRIET SAH sich langsam im Zimmer um. »Wo bin ich?«
»In meiner Küche. Ich habe dich draußen auf dem Eis gesehen. Du bist gestürzt. Ich habe dich hierher gebracht. Wie geht es dir?«
»Mir geht es gut. Aber ich bin müde.«
»Möchtest du Wasser trinken?«
Sie nickte. Ich holte ein Glas. Sie schüttelte den Kopf, als ich sie stützen wollte, und setzte sich auf. Ich betrachtete ihr Gesicht und dachte, daß sie sich nicht sehr verändert hatte. Sie war älter geworden, aber nicht anders.
»Ich muß ohnmächtig geworden sein.«
»Hast du Schmerzen? Fällst du öfter in Ohnmacht?«
»Es kommt vor.«
»Was sagt der Arzt?«
»Der Arzt sagt nichts, da ich ihn nicht frage.«
»Dein Blutdruck ist normal.«
»Ich habe nie Probleme mit dem Blutdruck gehabt.«
Sie betrachtete eine Krähe, die an der Speckschwarte vor dem Fenster hing. Dann sah sie mich mit ganz klaren Augen an. »Es wäre falsch von mir, zu behaupten, es täte mir leid, falls ich dich störe.«
»Du störst nicht.«
»Natürlich tu ich das. Ich komme, ohne mich angemeldet zu haben. Aber das ist mir egal.«
Sie richtete sich auf der Bank auf.
Plötzlich begriff ich, daß sie Schmerzen hatte. »Wie bist du hierher gekommen?« fragte ich.
»Warum fragst du nicht, wie ich dich gefunden habe? Ich wußte von dieser Insel, wo du deine Sommer verbringst und daß sie an der Ostküste liegt. Es war nicht ganz einfach, dich zu finden. Aber schließlich ist es doch gelungen. Bei der Post wußte man, wo ein Fredrik Welin wohnt. Und sie berichteten auch von einer Person, die die Post austrägt.«
Langsam kehrte ein Erinnerungsbild zurück. Ich hatte von einem Erdbeben geträumt. Ein gewaltiges Dröhnen hatte mich umgeben, aber plötzlich war es wieder still geworden. Der Krach hatte mich nicht geweckt, vielmehr schlug ich die Augen auf, als wieder Stille eintrat. Vielleicht war ich ein paar Minuten wach gewesen und hatte in die Dunkelheit hinaus gelauscht. Die Katze hatte zu meinen Füßen geschnarcht.
Alles war wie gewöhnlich gewesen. Ich war wieder eingeschlafen.
Jetzt wurde mir klar, daß das Dröhnen im Traum Janssons Hydrokopter gewesen war. Er war es, der Harriet hierher gebracht und sie auf dem Eis abgesetzt hatte.
»Ich wollte früh am Morgen kommen. Es war, wie in einer Höllenmaschine befördert zu werden. Er war sehr nett. Aber teuer«, sagte Harriet.
»Was mußtest du zahlen?«
»300 für mich und 200 für den Rollator.«
»Das ist ja unverschämt!«
»Gibt es hier noch jemand anders, der einen Hydrokopter hat?«
»Ich werde dafür sorgen, daß er die Hälfte der Summe zurückzahlt.«
Sie deutete auf das Glas.
Ich füllte es mit Wasser. Die Krähe an der Speckschwarte war verschwunden. Ich stand auf und sagte, daß ich ihren Rollator holen würde. Meine Stiefel hatten große Pfützen auf dem Boden hinterlassen. Der Hund tauchte von der Rückseite des Hauses auf und folgte mir hinunter zum Strand.
Ich versuchte, ganz klar zu denken.
Nach fast vierzig Jahren war Harriet aus der Vergangenheit zurückgekehrt. Es zeigte sich, daß es ein trügerischer Schutz war, den ich hier draußen auf der Schäre errichtet hatte. Ein trojanisches Pferd in Form von Janssons Hydrokopter hatte meine Festungsmauer gerammt und sich obendrein reichlich dafür bezahlen lassen.
Ich ging aufs Eis hinaus.
Es wehte schwach aus Nordost. Ein Vogelkeil zog draußen am Rand des Blickfelds vorbei. Die Schären lagen weiß da. Es war ein Tag mit jener sonderbaren Stille, die man nur erlebt, wenn das Meer eisbedeckt ist. Die Sonne stand niedrig am Himmel. Der Rollator war im Eis festgefroren. Ich machte ihn vorsichtig los und schob ihn zum Land. Der Hund trottete hinterher. Bald würde ich ihn einschläfern müssen. Ihn und die Katze. Sie waren alt und plagten sich mit ihren Gebrechen herum.
Als wir am Strand angekommen waren, ging ich ins Bootshaus und holte eine alte Decke, die ich auf Großvaters Bank ausbreitete. Ich konnte nicht zum Haus hinaufgehen, ohne zu wissen, was ich machen sollte. Es gab nur einen einzigen Grund dafür, daß Harriet hier war. Sie würde mich zur Rede stellen. Nach all diesen Jahren wollte sie wissen, warum ich sie verlassen hatte. Was sollte ich erwidern? Das Leben war vergangen, es war, wie es war. Angesichts dessen, was mir zugestoßen ist, sollte Harriet dankbar dafür sein, daß ich aus ihrem Leben verschwunden bin.
Es wurde kalt auf der Bank. Ich wollte gerade aufstehen, als ich in der Entfernung Laute hörte. Stimmen und Geräusche von Motoren wandern weit über Wasser und Eis. Ich begriff, daß es Jansson war, der mit seinem Hydrokopter unterwegs war. Heute war kein Posttag. Aber er übte vielleicht seine illegale Taxitätigkeit aus. Ich ging wieder zum Haus hinauf. Die Katze saß auf der Treppe und wartete. Aber ich ließ sie nicht hinein.
Bevor ich die Küche betrat, warf ich einen Blick auf mein Gesicht im Spiegel, der im Flur hängt. Ein hohläugiges, unrasiertes Gesicht. Die Haare ungekämmt, zusammengepreßte Lippen, tiefliegende Augen. Schön war es nicht. Im Gegensatz zu Harriet, die sich ziemlich gleich geblieben war, hatte ich mich in all den Jahren verändert. Ich glaube, ich habe gut ausgesehen, als ich jung war. Jedenfalls hatte ich damals einen Schlag bei Frauen. Bis das geschah, was meinem Leben als Arzt ein Ende setzte, nahm ich es genau damit, wie ich aussah und wie ich mich kleidete. Als ich hierher auf die Insel zog, setzte der Verfall ein. Irgendwann entfernte ich die drei weiteren Spiegel, die es im Haus gab. Ich wollte mich selbst nicht sehen. Es konnte ein halbes Jahr vergehen, ohne daß ich an Land fuhr und mir die Haare schneiden ließ.
Ich strich mit den Fingern die Haare glatt und betrat die Küche.
Die Bank war verlassen. Harriet war weg. Die Tür zum Wohnzimmer war angelehnt, aber das Zimmer war leer. Bis auf den großen Ameisenhügel. Dann hörte ich, wie auf der Toilette gespült wurde. Harriet kehrte in die Küche zurück und setzte sich wieder auf die Bank.
Wieder erkannte ich an ihren Bewegungen, daß sie Schmerzen hatte. Aber wo im Körper die Schmerzen steckten, konnte ich nicht ausmachen.
Sie setzte sich so auf die Bank, daß das Licht vom Fenster auf ihr Gesicht fiel. Es war, als könnte ich sie sehen, wie sie damals an jenen hellen Frühlingsabenden aussah, als wir in Stockholm herumliefen und ich die ganze Zeit plante, mich ohne Abschied davonzumachen. Je näher der Tag rückte, um so öfter beteuerte ich, daß ich sie liebte. Ich fürchtete, sie würde meine Gedanken lesen, meinen genau geplanten Verrat entdecken. Aber sie glaubte mir.
Sie sah zum Fenster hinaus. »Da sitzt eine Krähe an dem Fleischstück in deinem Garten.«