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Michael Rohrlich
Filesharing – Rechtliche Fallen und Probleme

schnell+kompakt
ISBN: 978-3-86802-614-6
© 2012 entwickler.press

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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Lektorat: Sebastian Burkart
Korrektorat: Frauke Pesch
Satz: Dominique Kalbassi
Umschlaggestaltung: Maria Rudi

Alle Rechte, auch für Übersetzungen, sind vorbehalten. Reproduktion jeglicher Art (Fotokopie, Nachdruck, Mikrofilm, Erfassung auf elektronischen Datenträgern oder andere Verfahren) nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Jegliche Haftung für die Richtigkeit des gesamten Werks, kann, trotz sorgfältiger Prüfung durch Autor und Verlag, nicht übernommen werden. Die im Buch genannten Produkte, Warenzeichen und Firmennamen sind in der Regel durch deren Inhaber geschützt.

Vorwort

Je mehr das Internet an Bedeutung für unseren Alltag gewinnt, desto mehr sind auch digitale Medieninhalte auf dem Vormarsch. Wurden vor etwa 30 Jahren noch Kassetten in Tapedecks abgespielt und die Lieblingslieder manuell aus dem Radio aufgenommen, wird diese lästige Aufgabe heutzutage von spezieller Software erledigt, die automatisiert Mengen von Songs aus Internetradios aufnimmt, betitelt, zurechtschneidet und in saubere Ordnerstrukturen ableget. Natürlich finden einzelne Songs, ganze Alben oder gar komplette Discografien auch auf andere Weise ihren Weg auf die heimische Festplatte.

Das Zauberwort heißt in vielen Fällen: Filesharing. Mittels spezieller Software lassen sich digitale Güter aus dem Internet, genauer noch: von Computern anderer Filesharing-Nutzer, simpel und schnell auf den eigenen Rechner kopieren. Filme, Songs, Software, aber auch Bücher und Apps gelangen auf diese Art und Weise millionenfach jeden Tag in den Besitz von Personen, die keinen Cent für diese Inhalte bezahlen. Allerdings zeigt z.B. das Ergebnis einer Umfrage des Instituts American Assembly der Columbia University, USA, überraschenderweise, dass Tauschbörsenteilnehmer zwar eine größere Sammlung an digitalen Musiktiteln als der Durchschnitt besitzen, aber auch mehr Geld für Musikstücke ausgeben, als Nicht-P2P-Nutzer.

Es existieren neben dem Filesharing natürlich noch andere Methoden, um unentgeltlich an fremde Werke zu gelangen – viele Wege führen zur CD-ROM. Aber Filesharing ist leicht zu bedienen und erfreut sich nach wie vor größter Beliebtheit. In erster Linie sind wohl Kinder und Jugendliche unter den regelmäßigen Nutzern solcher Angebote, allerdings nicht ausschließlich. Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass so ziemlich alle Altersstufen, Bildungsgrade und Berufe vertreten sind. Es ist kaum Unrechtsbewusstsein vorhanden, da ja vordergründig niemand wirklich zu Schaden kommt. Eine Kopie verletzt bzw. vernichtet ja nicht das Original, und außerdem hätte man den Song, das Video oder die Software ja sonst gar nicht gekauft – das sind nur zwei der „beliebtesten“ Ausreden von Filesharing-Nutzern. Aufgrund der andauernden Medienpräsenz des Themas muss heutzutage eigentlich jedem bewusst sein, dass er gegen geltendes Recht verstößt… und dennoch ist keine merkliche Reduzierung der Download-Zahlen zu vermelden.

Und das, obwohl dieser „Volkssport“ mittlerweile insbesondere von der Film- und Musikindustrie mehr als argwöhnisch beobachtet wird. Sozusagen als Gegenbewegung hat sich eine regelrechte „Abmahnindustrie“ gebildet, in deren Zentrum sich neben den eigentlichen Rechteinhabern Ermittlungsfirmen und auch Rechtsanwälte etabliert haben, die auf bisweilen recht fragwürdige Art und Weise Geld damit verdienen, Filesharing-Nutzer zu entlarven. Ist dies gelungen, folgt in aller Regel eine Abmahnung mit entsprechender Honorarforderung des abmahnenden Anwalts und in manchen Fällen sogar ein strafrechtliches Nachspiel. Aufgrund der Tatsache, dass es auf diesem Gebiet unterschiedliche Ansichten hinsichtlich der Auslegung der gesetzlichen Voraussetzungen gibt, wird einem „Abmahnunwesen“ Tür und Tor geöffnet. Zwar gab es die eine oder andere Reaktion von Seiten der Politik, indem etwa im Herbst 2008 die so genannte „100-Euro-Abmahnung“ eingeführt wurde, allerdings sind diese Änderungen weitgehend verpufft und zeigen im Alltag kaum Wirkung. Es gibt eine Unmenge an gerichtlichen Entscheidungen, die es Betroffenen schwer machen, den Durchblick zu behalten. Nur wenige Themen sind so dynamisch und zugleich praxisrelevant, wie Urheberrechtsverletzungen im Internet.

Nicht zuletzt aus diesem Grund ist die Idee zu diesem Buch entstanden. Es soll – getreu dem Motto der Reihe – schnell und kompakt über die rechtliche Situation beim Filesharing aufklären und gleichermaßen als „Erste-Hilfe-Katalog“ dienen. Demzufolge finden sich hier nicht nur das nötige juristische Grundlagenwissen, sondern auch zahlreiche Praxistipps für den Umgang mit Abmahnungen oder auch Strafverfahren. Es wurde bewusst weitgehend auf das Zitieren von Paragrafen bzw. Urteilen verzichtet, um die ohnehin schon schwierige Materie nicht noch komplizierter zu gestalten. Allerdings kann die Kenntnis eines bestimmten Urteils unter Umständen auch von Vorteil sein. Die im Ratgeber in Bezug genommenen Entscheidungen können per Onlinesuche oder auf bestimmten juristischen Internetseiten, wie etwa dem Portal Rechtssicher.info des Autors, recherchiert werden. Hier finden sich neben den Entscheidungen auch zahlreiche Gesetzestexte.

Zwar kommt ein juristischer Ratgeber nicht gänzlich ohne den einen oder anderen Fachbegriff aus, aber auch auf „Fachchinesisch“ wurde so weit wie möglich verzichtet. Erfahrungsgemäß ist es jedoch recht praktisch, wenn man den einen oder anderen Ausdruck im Zusammenhang mit Filesharing schon einmal gehört hat und damit etwas anfangen kann.

Eines muss jedoch klargestellt werden: Kein noch so guter Ratgeber kann die juristische Beratung im individuellen Einzelfall ersetzen. Daher kann dieses Werk lediglich dazu dienen, die Grundlagen zu vermitteln. Es soll in erster Linie ein Problembewusstsein schaffen und insbesondere Minderjährigen, aber auch deren Erziehungsberechtigten, als Leitfaden dienen.

Rechtsanwalt Michael Rohrlich

www.ra-rohrlich.de

Würselen, im Oktober 2012

1 Einführung

Mit dem Filesharing verhält es sich wahrscheinlich so, wie mit dem Hören von Schlagermusik – viele Menschen tun es, aber keiner will es so recht zugeben. Zwar zeigen aktuelle Statistiken, wie etwa die des Vereins zur Hilfe und Unterstützung gegen den Abmahnwahn e.V., dass die Zahlen der urheberrechtlich motivierten Abmahnungen in letzter Zeit rückläufig sind. Das dürfte jedoch nicht an der entsprechend gesunkenen Zahl von illegalen Downloads, sondern eher daran liegen, dass die Nutzer glauben, inzwischen neue, vermeintlich sichere Wege gefunden zu haben, die eigenen Festplatten zu befüllen. Das zeigt nicht zuletzt der Aufwärtstrend bei den gerichtlichen Verfahren auf diesem Sektor.

Aber was ist Filesharing überhaupt? Eine erste Antwort auf diese Frage liefert – wie so oft – Wikipedia:

„Filesharing (englisch für Dateien teilen, sinngemäß Dateifreigabe oder gemeinsamer Dateizugriff) ist das direkte Weitergeben von Dateien zwischen Benutzern des Internets (meist) unter Verwendung eines Filesharing-Netzwerks. Dabei befinden sich die Dateien normalerweise auf den Computern der einzelnen Teilnehmer oder dedizierten Servern, von wo sie an interessierte Nutzer verteilt werden. Im Regelfall werden Dateien von den einzelnen Nutzern sowohl heruntergeladen – der sog. download (engl.) – als auch gleichzeitig an andere Netzwerkteilnehmer hochgeladen – der sog. upload (engl.). Für den Zugriff auf Filesharing-Netzwerke sind spezielle Computerprogramme, Browser oder Browser-Add-ons erforderlich.“

(Quelle: Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Filesharing, 05.10.2012)

Dieser ursprünglich aus dem Englischen stammende Begriff bedeutet also so viel wie „Dateien teilen“. Im Kern geht es darum, den eigenen Rechner zu einem Teil eines großen Tauschnetzwerks zu machen, das mittels spezieller Software seinen Teilnehmern den Zugriff auf die freigegebenen Inhalte der jeweils anderen Teilnehmer erlaubt. Software mit so klangvollen Namen wie eDonkey/eMule, AppelJuice, Kazaa, Bearshare, StealthNet, LimeWire, BitTorrent usw., erlaubt das schnelle und einfach Auffinden aller erdenklichen Medieninhalte.

Die Technik, die hierbei zum Einsatz kommt, nennt sich „Peer-to-Peer“ (kurz auch als „P2P“ bezeichnet). Sinngemäß übersetzt heißt dies „Dateiübertragung von Rechner zu Rechner“. Im Gegensatz etwa zu einem gebräuchlichen Computer-Netzwerk in einem Unternehmen, erfolgt bei einem Peer-to-Peer-Netzwerk die Kommunikation nicht zentral über einen Server, sondern zwischen den einzelnen Teilnehmern des Netzwerks. Hier können also alle teilnehmenden Rechner auf die jeweils anderen zugreifen, sodass u. a. auch gleichzeitige Downloads von mehreren Quellen realisierbar sind.

Egal, was die Teilnehmer eines P2P-Filesharing-Netzwerks für andere freigeben, eDonkey & Co. finden und liefern es zuverlässig. Das grundlegende Prinzip ist dabei allen Programmen gleich: Es wird versucht, die vom Nutzer angeforderte Datei bei so vielen Quellen wie möglich herunterzuladen. Dadurch werden die Download-Geschwindigkeiten erhöht. Je mehr Teilnehmer es also gibt, desto größer ist die Chance, das Gesuchte auch tatsächlich zu finden bzw. es umso schneller herunterladen zu können.

Je nach eingesetzter Software lässt sich mehr oder weniger detailliert konfigurieren, ob und welche Inhalte freigegeben werden oder dass gar ein kompletter Verzicht auf die Freigabe eigener Inhalte erfolgen soll. Je mehr Teilnehmer in so einem Filesharing-Netzwerk allerdings letztere Variante wählen, desto mehr läuft das dem Grundprinzip des Filesharings diametral entgegen. Es ist daher generell so, dass alle Programme zumindest die Datei(en) zum Upload für andere freigeben, die gerade heruntergeladen werden. Wenn man also gerade beispiels- und illegalerweise den aktuellen James-Bond-Streifen „Skyfall“ herunterlädt, tröpfelt die Videodatei häppchenweise auf die eigene Festplatte, wobei die einzelnen Datenpakete zugleich anderen Nutzern ebenfalls zum Download bereitgestellt werden.

Als Alternativen zum Filesharing sind etwa das Usenet oder auch Webdownloads zu nennen. Das Usenet stellt sozusagen einen eigenständigen Zweig neben dem World Wide Web dar, der schon wesentlich länger existiert. Ursprünglich war das Usenet als digitales „schwarzes Brett“ gedacht, als Diskussionsplattform für reine Textinhalte. Inzwischen werden im Bereich des so genannten „Binary Usenet“ jedoch auch Dateien jeglicher Art ausgetauscht. Der Vorteil hierbei ist der anonyme Zugriff und die maximale Downloadgeschwindigkeit. Allerdings ist der Zugriff auf das Binary Usenet regelmäßig nur gegen Entgelt möglich. Das ist bei Webdownloads von so genannten Sharehostern grundsätzlich anders, hier gibt es zumeist eine kostenfreie Zugriffsmöglichkeit auf die von anderen Nutzern dort abgelegten und freigegebenen Dateien. Wer jedoch Wartezeiten, begrenzte Dateigrößen oder gedrosselte Downloadgeschwindigkeiten umgehen will, muss sich registrieren und Gebühren zahlen. Sharehoster, wie etwa der wohl prominenteste Vertreter Rapidshare, sind auf das Speichern, Verwalten und Verteilen von Dateien spezialisiert. Man benötigt lediglich einen handelsüblichen Browser sowie einen Link auf die jeweilige Webadresse, um die betreffende Datei herunterladen zu können.

Um es ganz klar zu sagen: Die Nutzung von Filesharing-Software an sich ist nicht illegal. Die einzelnen Programme können in der Regel jedenfalls für den Privatgebrauch kostenlos heruntergeladen und genutzt werden, etwa für den schnelleren Download von großen Dateien. So werden beispielsweise stets die aktuellen CD-/DVD-Dateien des Linux-Betriebssystems (u a. Ubuntu, Debian etc.) auch zum Download via Filesharing-Software angeboten, um die Ladezeit zu verkürzen. Auch die Nutzung von Usenet-Angeboten oder Webdownloads sind grundsätzlich nicht rechtswidrig. Es kommt immer auf die konkreten Inhalte an, die getauscht bzw. heruntergeladen werden.

So jedenfalls der Grundsatz – die einzelnen Problemkreise dieser Materie gilt es im Rahmen dieses Ratgebers zu klären. Ob und inwieweit der Internetanschlussinhaber haftet, ob Eltern für ihre Kinder verantwortlich sind, ob Gäste des Hauses beaufsichtigt bzw. belehrt werden müssen, wie gut die technische Absicherung des Routers bzw. des Computers sein muss, wer sich wann wodurch strafbar macht und wie kostspielig es werden kann, wenn man erwischt wird – diese Fragen und noch einiges mehr zählen zu den wichtigsten Aspekten beim Thema Filesharing.

Sowohl aus technischer wie auch aus juristischer Sicht ist hier noch längst nicht alles abschließend geklärt, sodass die Gemengelage für den „Otto-Normal-Bürger“ nur schwer überschaubar ist.