Eine schicksalhafte Verbindung
Mutter - Vater - Kind
Eine schicksalhafte Verbindung
Autorin: Sabine Guhr-Biermann
ISBN 978-3-934982-77-2
© Erstausgabe 2014 Libellen-Verlag · Leverkusenn
Coverfoto: © Tatyana Gladskih - Fotolia.com
Covergestaltung: Bremer-MedienDesign, Stephan Bremer
Layout/Satz: Bremer-MedienDesign, Stephan Bremer
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Ich habe dieses Buch geschrieben, um ein anderes Verständnis für unsere eigen erlebte Kindheit und auch für die Kinder, die unter unserer Obhut aufwachsen, zu bekommen. Es gibt einfach noch zu viele Lebensbereiche, die unsere Kinder als stille Beobachter unbewusst in sich aufnehmen, und die eine Behinderung für ihr eigenes Leben darstellen.
Die meisten Menschen, die dieses Buch lesen werden, werden wissen, was es bedeutet, sich in stundenlangen Therapiesitzungen der übertragenen Verhaltensmuster, die wir uns selbst einst auferlegt haben, bewusst zu werden, um eine andere Ebene des eigenen Verständnisses zu erlangen. Erst wenn wir uns dessen bewusst werden, wer wir sind und was wir wollen, können wir in unserem eigenen Leben glücklich werden. Solange wir jedoch noch Themen der Eltern nachleben, haben wir keine Chance, uns wahrhaftig selbst kennen zu lernen.
Ich möchte mit diesem Buch ein wenig zum Nachdenken anregen, damit wir uns selbst bewusst werden, wer wir sind und was wir wollen. Erst durch das individuelle Erkennen, wer wir sind, können wir unser Leben bewusst selbst gestalten. Ansonsten fühlen wir uns stetig gefangen in einem Schattenreich, das wir uns selbst erschaffen haben. Wir drehen uns dann im Dunstkreis unseres Lebens permanent um die eigene Achse oder anders gesagt, um ein und dasselbe Problem, das wir versuchen im Außen zu lösen, obwohl es nur in unserem Inneren auffindbar ist.
Wir haben die Informationen der Problemstrukturen in unserem tiefen Inneren abgespeichert, ohne dies bewusst zu wissen. Doch woher nehmen wir die Glaubenssätze, die unser Leben prägen? Wir lernen sie in der Kindheit kennen und leben danach. Und damit wir nicht immer das nachleben, was uns unsere Eltern vorgelebt haben und diese Muster auch noch auf unsere Kinder übertragen, möchte ich mit diesem Werk ein wenig Aufklärungsarbeit leisten.
Bestimmt wird sich der eine oder andere Leser betroffen fühlen. Auch war es für mich selbst nicht gerade einfach dieses Buch zu schreiben. Doch wenn wir weiterkommen wollen, sollten wir unsere selbst auferlegte Augenbinde lösen, damit wir einen klaren Blick auf unsere verinnerlichten Strukturen bekommen, denn nur so werden wir eines Tages endlich selbst bestimmend frei sein können.
Ich wünsche Ihnen nun eine tief verbundene Resonanz zu Ihrem inneren Kind, eine positive Öffnung Ihrer inneren Gefängnismauern und eine erleuchtende Erkenntnis Ihres Lebens. Ich beglückwünsche jeden, der sich wirklich auf seinem eigenen Weg der inneren Erkenntnis befindet - dem Weg, der nur so individuell sein kann, wie der Mensch selbst ist. Danke für Ihr Interesse.
Die Autorin
Bevor wir uns mit Übertragungsmustern beschäftigen, müssen wir uns erst einmal damit auseinander setzen, wie wir im eigentlichen Sinne überhaupt funktionieren. Meist denken wir, dass wir eine Person sind, ein Ganzes, welches unterschiedlich reagiert, je nachdem, mit welcher Thematik wir gerade konfrontiert werden. Dies stimmt jedoch nur bedingt. Natürlich fühlen wir uns komplett, zumindest sollte das so sein. Nichtsdestotrotz bestehen wir jedoch aus verschiedenen Energieanteilen, die sich in uns geprägt haben und mit denen wir uns auch auseinander setzen müssen. Diese Teile sind uns in der Ursubstanz vorgegeben, in jedem von uns, damit das Lebensspiel auch farbig bleibt. Würden wir tatsächlich nur aus einem Ganzen bestehen, dann würden wir uns nicht wirklich bewegen, entwickeln und unsere Teile individuell prägen.
Symbolisch gesehen, spalten wir uns in Teilen ab und lernen so mit unterschiedlichen Teilaspekten dynamisch zu leben. Woran Sie das am Besten erkennen können? Ganz einfach, fühlen Sie in sich hinein und fragen sich, ob Sie nicht auch schon mal ganz anders reagiert haben, als Sie ursprünglich reagieren wollten. Das heißt, auf einmal reagieren und fühlen Sie sich anders als kurz zuvor. Sie können sich dieses Phänomen der Stimmungsschwankung noch krasser vorstellen, wenn Sie an den Spruch denken:„Himmelhoch jauchzend - zu Tode betrübt“. Wie kommt eine solche Sinneswandlung zustande?
Ganz einfach: Ein Teil in Ihnen, das eben noch im Vordergrund stand, bereitet Ihnen ein hohes Glücksgefühl, dann übernimmt ein anderes Teil den beliebtesten aller Plätze, vertritt den eigenen Standpunkt und lässt Sie in depressiver Stimmung verstummen. Sie spüren beide Persönlichkeitsanteile zu unterschiedlichen Zeiten und reagieren darauf. Die Emotionen haben Sie im wahrsten Sinne des Wortes „übermannt“.
Dies passiert viel öfter, als wir denken, doch müssen dabei diese emotionalen Schwankungen nicht immer so ausgeprägt spürbar sein wie eben beschrieben. Nein, auch viel kleinere Veränderungen nehmen wir wahr und reagieren darauf. Wenn wir uns innerlich, d.h. unsere Energieanteile in uns, nicht sortiert haben, dann werden wir uns immer wieder ausgeliefert fühlen. Je nachdem, „wer“ dann in uns einen kurzen Augenblick regiert, kann dieser Energieanteil uns, im wahrsten Sinne des Wortes, das so schön geplante Abendessen vermiesen.
Die wahre Lebenskunst des Könnens, der Handlungsfähigkeit liegt nun darin, eine Klarheit für sich zu bekommen, zu wissen, wer alles in einem lebt und auch regiert. Je besser wir uns kennen, desto einfacher können wir mit unserem Leben umgehen. Wir werden lernen müssen, uns selbst zu sortieren, damit wir entsprechende Klarheit bekommen. Somit sollten wir uns einmal ein bisschen von der These weg bewegen, dass wir grundsätzlich in uns gesamt betrachtet suchen müssen.
Alleine der Blick hin zu einzelnen Teilaspekten lässt uns viel leichter erkennen, wer sich alles auf unserer großen Lebensbühne bewegt und regelmäßig an unserem Tagesgeschehen teilnimmt. Schauen Sie einmal in sich hinein. Wer oder was lebt alles in Ihnen und mit welchen Energieanteilen gehen Sie gerne um? Oder welche Energieanteile, die wir auch als Charaktereigenschaften bezeichnen, mögen Sie gar nicht an sich selbst? Bedenken Sie bitte, alles das, was in Ihnen steckt, wird sich über Sie bemerkbar machen und Sie werden auch diese Anteile stetig zu spüren bekommen.
Sie kommen also nicht drum herum, genau auf sich Acht zu geben. Lernen Sie sich besser kennen und Sie werden erfahren, welche verborgenen Schätze in Ihnen schlummern. Sie kommen in Ihrem Leben nicht weiter, wenn Sie stets gegen sich selbst leben sollten. Der Weg hin zu uns selbst ist die einzige Hilfe, die uns wirklichen Nutzen bringen kann. Doch nun gleiten wir tiefer in die Thematik hinein.
Wir alle kennen das. Wir leben übernommene Verhaltensmuster unserer Mutter oder unseres Vaters nach, ohne diese Prägungen, die wir auf uns laden, bewusst wahrzunehmen. Doch irgendwann macht es „klick“ und uns fällt auf, dass wir uns innerlich unter Druck fühlen, obwohl das gar nicht sein muss. Wir spüren einen inneren Kampf.
Die Energieanteile in uns, die in absoluter Überzeugung, übernommene Verhaltensmuster nachleben wollen, übertönen die, die in uns frei sein und sich für die Freiwilligkeit einsetzen wollen. Das hört sich ein wenig kompliziert an, ist es jedoch nicht. Schauen wir uns das Ganze genauer an. Wir alle bestehen, wie schon erwähnt, aus Energieanteilen, die unterschiedlich geprägt sind, die jedoch alle zu Wort kommen wollen. Die innewohnenden Persönlichkeitsanteile prägen unser Meinungsbild.
Je nachdem, welcher Anteil, welche Teilpersönlichkeit sich zum jetzigen Zeitpunkt angesprochen fühlt, dementsprechend leben wir uns. Und so passiert es nicht selten, dass wir sehr stimmungsschwankend reagieren, und zwar immer dann, wenn eine vorne stehende Teilpersönlichkeit mit einer anderen wechselt, also den Platz in uns tauscht. Dann reagieren wir von einem Moment auf den anderen anders und zwar so, wie die nun vorne stehende Teilpersönlichkeit dies von uns verlangt. Doch wie prägen sich diese Anteile? Meist schon aus früheren Leben tragen wir energetische Abspaltungen in uns, die sich immer wieder bemerkbar machen. Doch die Hauptprägung erhalten wir zumeist in unserer Kindheit.
Kleine Kinder lernen von ihren großen Vorbildern, den Eltern. Je stärker sie sich mit ihren Eltern identifizieren, desto mehr Verhaltensmuster übernehmen sie von ihnen und prägen sich somit nach diesen Vorbildern. Da wir jedoch immer nur eine bestimmte Perspektive einer Sache anschauen können, werden die Eltern auch nicht als komplette Persönlichkeiten, sondern nur als Teilpersönlichkeiten identifiziert.
Die komplette Prägung einer Teilpersönlichkeit bleibt jedoch zumeist für einen Außenstehenden verborgen. So können wir auch nur einen Miniteil verstehen und über unser eigenes Verständnis oder auch Unverständnis, also über unsere eigene Wertung gefiltert wahrnehmen. Wir kennen das alle, immer dann, wenn wir uns mit einer uns nahe stehenden Person auseinander setzen, legen wir deren Worte auf die Goldwaage, um vielleicht doch noch einen Funken Kritik erhaschen zu können. Warum wir das tun?
Wir nehmen von unserem Gegenüber verschiedene Worte wahr, die insgesamt betrachtet, etwas vermitteln wollen. Ein Energieanteil in uns will aber nur bestimmte Worte hören und verschleiert alles andere Gesprochene, wird somit nur aufmerksam, wenn es sich angesprochen fühlt, vielleicht ist gerade dieses Teil gewohnt, von anderen Teilpersönlichkeiten in uns permanent für die Schattenseiten des Lebens schuldig gesprochen zu werden.
Und da wir selbst viel zu wenig auf uns Acht geben, kann es uns passieren, dass sich dieses verletzte Teil nun über den äußeren Partner bemerkbar machen will. Es wartet dann lauernd, wann es an der Reihe ist, wann es sich angesprochen fühlt. Jede noch so kleine Möglichkeit wird es nutzen, um sich schmerzlicherweise bemerkbar zu machen. Und dann passiert es: Der Partner benutzt unbeabsichtigt die passenden Worte, das ist die Chance für das verletzte Teil sich persönlich angesprochen zu fühlen und zu reagieren, darauf hat es symbolisch gesehen, nur gewartet.
Jetzt ist der Kanal frei und schon schiebt es sich schwungvoll in den Vordergrund und präsentiert mit Wonne all seine gespeicherte, verletzte Energie. Es kommt mit einem solchen Schwung nach vorne und zeigt stolz seine verletzte, wohlgehütete, gespeicherte Energie, dass die gegenüberstehende Person gar nicht daran vorbeikommt, als diese Energieladung wahrnehmen zu müssen. Sie spürt ganz deutlich, dass sie emotional getroffen wurde. Da wir alle jedoch viel zu wenig gelernt haben, auf uns zu schauen, also in uns selbst zu suchen, passiert es häufig, dass wir den Partner für unsere Verletzung verantwortlich machen. Immerhin hat der Partner die auslösenden Worte gesprochen, die uns an den inneren Schmerz erinnerten.
Dass der Partner dabei etwas ganz anderes im Sinn gehabt haben könnte, liegt dann zumeist fern. So befinden wir uns im inneren Schmerz und reagieren ablehnend auf unser Gegenüber, auf den Schmerzauslöser. Das innere Schmerzteil, das nun besondere Beachtung bekommt, wird alles versuchen, um unseren Blick nach innen gelenkt zu halten, damit wir uns an den alten, innewohnenden Schmerz zu Genüge erinnern können. Doch wie so oft werden wir unseren inneren Schmerz mit einem wütenden Blick auf den Partner eine Zeit lang ausleben, bis wir eine Entspannung erfahren, das heißt, unser Schmerz ein wenig nachlässt.
Wie das kommt? Wir alle nähren tagtäglich unsere Energieanteile mit Energien, damit diese sich auch weiterhin leben können. Natürlich gibt es dabei auch ein Ungleichgewicht. Die Teile, die wir am liebsten mögen, mit denen wir am einfachsten klar kommen, die bekommen das meiste ab. Alle anderen begnügen sich mit dem Rest. Unsere Lieblingsanteile, mit denen leben wir gerne, mit denen kommen wir am einfachsten zu Rande, die sind uns am stärksten vertraut, die wollen wir auch bewusst nähren und alle anderen, die drängen wir zumeist weg.
Damit die Anteile, die wir nicht wahrhaben wollen, die somit eher ein inneres Schattendasein führen, sich überhaupt bemerkbar machen können, brauchen sie eine entsprechende Kraft, um auf unserer Showbühne des Seins auftreten zu können. Damit das überhaupt der Fall sein kann, sammeln diese Energieanteile ihre Rationen an Energie, um sich ein energetisches Reservoir anzulegen. Zum passenden Zeitpunkt, wenn die Lieblingsanteile nicht mehr so bei Kräften sind, suchen sie sich ihre gewohnte Lücke, um sich mit aller Gewalt bemerkbar zu machen. Dann endlich kommen sie zu Wort.
Doch was wollen sie? Nur gehört, wahrgenommen und genauso gewichtet und auch geliebt werden, wie die anderen, beispielsweise die Lieblingsanteile, die wir so gerne an uns mögen und mit denen wir uns gerne verbinden. Doch sie haben für die bewusste Platzierung auf unserer Showlebensbühne nicht allzu lange Zeit, nach einer Weile ist ihr Energiereservoir erschöpft, dann fühlen sie sich leer und ausgepowert. Dann werden sie wieder von anderen Energieanteilen übermannt und ziehen sich in ihr inneres Verlies zurück. Mal wieder haben sie keinen Erfolg gehabt. Mal wieder hat ihnen keiner zugehört. Mal wieder sind sie weggeschickt worden.
Sie ziehen sich leidend zurück, um sich auf ein neues Spiel vorzubereiten: Energien sammeln, strategisch eine Person im Außen suchen, mit der sie sich verbinden können, um sich zum passenden Zeitpunkt auf den großen Augenblick vorzubereiten und dann „zuzuschlagen“. Bei vielen Menschen dauert dieses Spiel ein Leben lang, doch mit der Zeit werden die Auftrittsabschnitte immer kürzer.
Die Schattenanteile verbinden sich immer mehr mit Situationen und Menschen im Außen, bis der Mensch an sich immer dunkler, somit dem negativgelebten Energieanteil immer ähnlicher wird. Immer mehr helle und auch positive, mit Freude gelebte Energieanteile werden durch die Anwesenheit der Schattenanteile übermannt und kommen somit weniger zu Wort. Je mehr dies passiert, desto schwieriger wird es werden, sich wieder zu lösen.
Die wenigstens Menschen kümmern sich bewusst um ihre Persönlichkeitsanteile und so passiert es sehr häufig, dass sie solch belastende Situationen als unangenehm und immer wiederkehrendes Leid erleben müssen. Sie fühlen sich bedrängt und wissen nicht, wie sie mit den Stimmungsschwankungen umgehen sollen.
Sie fühlen sich von „Himmelhoch-jauchzend“ absolut in Hochform, die Lieblingsanteile waren vorne, bis zu „Tode-betrübt“ tief depressiv in sich versunken, die Schattenanteile übernehmen eine Weile die Regentschaft. Da wir uns zumeist bewusst viel zu wenig mit unseren inneren Schwächen auseinander setzen, kommen diese wie Schlossgespenster nach vorne, um sich bemerkbar zu machen. Dann fühlen wir uns negativ umsponnen und werden alles versuchen, um uns wieder aus dieser misslichen Lage zu befreien.
Das heißt, anstatt den Zustand anzuerkennen und uns bewusst um unser inneres Leid zu kümmern, wollen wir diesen Zustand verdrängen und uns mit anderen Sachen ablenken. Funktioniert das nicht mehr, versuchen wir zumeist den äußeren Schmerzbringer/den äußeren Spiegel unserer innerlich erlebten Leidensstruktur, auf unser Leid aufmerksam zu machen, in der Hoffnung, dass er unser Leiden erkennt und uns davon befreit. Das heißt, wir konfrontieren ihn mit unserem Schmerz und zeigen somit, wie weh er uns getan hat, in der Hoffnung, dass er dies das nächste Mal unterlässt.
Wir übertragen ihm eine Teilverantwortung für unser Leben und bitten ihn, auf uns Rücksicht zu nehmen. Tränen sind dabei ein sehr wirksames Mittel, um dem anderen zu demonstrieren: „Hey, du bist schuld, du hast mich verletzt.“ Wüssten wir in diesem Moment, dass nur wir selbst den Schmerz in uns tragen und somit uns nur selbst heilen können, könnten wir mit der Situation ganz anders umgehen. Doch wer hat uns dies gesagt? Wer hat uns gesagt, dass unser Seelenschmerz nur alleine in uns steckt? Kaum einer. Dazu tauchen wir gleich ein wenig in die Kindheit ein, um uns, an die für uns spürbar und von den Eltern übertragenen, schmerzvollen Traueraspekten, zu erinnern.
Doch bevor wir in diesen Bereich wechseln, möchte ich hier noch erwähnen, dass es keine Seltenheit ist, dass wir auch bewusst, also in voller Verantwortung von Mitmenschen verletzt werden. Also, wir haben erfahren, auf der einen Seite brauchen unsere Schattenanteile äußere Mitspieler, die helfen auf den innerlich erlebten Schmerz aufmerksam zu machen. Und so passiert es uns häufig, dass eine äußere, für uns wichtige Person durch Gestik, Worte oder Ähnliches uns an unseren inneren Schmerz erinnert. Doch was ist, wenn jemand dies bewusst tut, das heißt uns bewusst verletzen will? Das passiert häufiger, als wir jetzt vielleicht denken mögen.
Schauen wir uns das ein wenig genauer an: Tauchen Sie dafür mit mir tiefer in eine Beziehung hinein. Anfänglich, wenn wir dem Objekt unserer Begierde näher kommen, dann kennen wir von unserem Gegenüber nur bestimmte Teilenergien und mehr nicht. Doch mit der Zeit lernen wir uns immer besser kennen. Wir alle kennen das, wir treffen auf einen anderen Menschen und zeigen uns natürlich von der besten Seite. Wir zeigen dem anderen, für uns wichtigen Menschen nur das, was wir auch zeigen wollen.
Somit verstecken wir ganz bewusst Schattenanteile, damit diese bloß nicht zu Wort kommen können. Zumeist fühlen wir uns dann auch ein wenig kontrolliert und unsicher, immerhin müssen wir die ganze Zeit, zumindest während der Dauer des Rendezvous darauf achten, dass sich nichts Dunkles in uns rühren und auf der großen Beziehungsbühne mitmischen kann. Symbolisch betrachtet, lassen wir bestimmte Energieanteile in uns die dunklen Anteile beobachten, so dass diese wie gefesselt an der Wand stehen und sich nicht mehr rühren können. Dies kostet uns jedoch enorm viel Kraft und so fühlen wir uns zumeist ein wenig verstockt an. Dieses unbewusst gelebte Verhalten kennen bestimmt viele.
Durch diese Gewichtung und inneren Druckblockaden, die „Guten“ sollen die „Schlechten“ an die innere Wand gedrückt halten, kommen diese trotzdem zu Wort und so passiert es nicht selten, dass wir auf einmal den Kaffee verschütten und peinlich gerötet „aufleuchten“. Die inneren Schattenanteile werden sich darüber bestimmt köstlich amüsieren. Doch mit der Zeit, wenn uns die andere Person vertrauter ist und das ihr entgegengebrachte Bild nicht mehr so wichtig erscheint, dann kommen immer mehr Energieanteile in uns zu Wort und melden sich. Dann zeigen wir mehr und mehr unser wahres Gesicht.
Somit werden auch gerade unsere „Schwächen“ sichtbar. Zur besseren Erklärung: Schwächen sind nur unterdrückte Teilenergien, die wir bewusst nicht leben wollen. Wir zeigen dem Partner mehr und mehr, wer wir sind. So lernt auch er unsere Verletzungen kennen, er lernt und weiß dann, worauf wir reagieren, was uns erfreut, doch auch, was uns traurig stimmt.
Da nicht nur wir alleine diesen Prozess erleben, sondern grundsätzlich, nach dem Gesetz der Resonanz beide Personen, fühlen sich auch beide teilweise entblößt. Um sich das noch einmal genauer bildlich vorzustellen: Die Energieanteile dürfen zu Wort kommen und machen sich mehr und mehr bemerkbar. Viele verbinden sich mit den Energieanteilen des Partners und erkennen Gemeinsamkeiten, doch dies nicht nur, auf der für sie positiv gelebten, sondern auch auf der eher dunklen, unbewussten Seite.
Auch diese Energieanteile schaffen einen Verbund und leben sich darüber. Somit passiert es nicht selten, dass wir uns auf einmal durch unseren Partner absolut emotional getroffen fühlen, ohne genau zu wissen, woher das kommt. Die Schattenanteile in beiden Personen haben sich genauso gesucht, gefunden und natürlich auch verbunden. Nun stehen sie sich gegenüber und leben eine Art Partnerschaft, die jedoch die inneren Geliebtenanteile, also eher die positiv lebenden Persönlichkeitsanteile beeinträchtigen. Diese wehren sich natürlich dagegen und versuchen den Partner madig zu machen, damit die negativ gelebten Schattenanteile nicht zu Wort kommen können.
Wir erkennen solche gelebten Muster immer sehr leicht daran, wenn wir uns stets über unseren Partner ärgern und eigentlich gar nicht richtig wissen, warum wir das tun. Unsere hellen Anteile zeigen uns damit alle negativ gelebten Parts der Schattenanteile des Partners, nur um zu verhindern, dass diese zu Wort kommen und die Partnerschaft regieren könnten. Leider passiert dies sehr häufig, so dass die partnerschafte Gemeinschaftsenergie nach einer Weile durch die Schattenanteile regiert wird.
Noch einmal zusammenfassend: Die inneren Schattenanteile gehen somit genauso wie die Geliebtenanteile auf Partnersuche. Es stellt sich dann hinterher nur noch die große Frage: Wer war für die Partnerauswahl diesmal verantwortlich? Da oftmals eine viel zu große Gewichtung auf den Schattenanteilen liegt, lassen diese sich genüsslich durch die Energiezufuhr nähren und machen sich immer mehr breit. Sie wollen unter keinen Umständen die errungene Rangordnung wieder verlieren, somit tun sie alles dafür, um sich in ihrer erfahrenen Wichtigkeit spüren zu können.
Sie werden alles versuchen, um die komplette Regentschaft über die Partnerschaft zu übernehmen. Sollten sie das schaffen, dann wird in der Partnerschaft einer den anderen immer wieder verletzen. Der eine Partner fühlt sich durch den anderen emotional verletzt und revanchiert sich, indem auch er den anderen verletzt und zwar ganz bewusst. Dies ist eine Ebene, die nicht unterschätzt werden sollte, immerhin nutzt einer die Schwäche des anderen, um sich zu bereichern.
Da beide oftmals im Schmerzpotenzial leben, merken sie das wahrhaftige Geschehen um ihrer inneren Teilenergien zumeist viel zu spät. Dabei wollen die Schattenanteile letztlich doch nur zu Wort kommen, um sich bemerkbar zu machen und endlich bewusst integriert zu werden und mehr nicht. Je mehr uns dieses innere Spiel bewusst ist, desto einfacher können wir den innerlich gelebten Streit wieder schlichten. Immerhin hat jeder seine Schattenseiten und es ist nicht unsere Aufgabe, diese beim Partner ändern zu wollen. Nein, wenn wir was verändern wollen, dann kann dies nur unsere innere Einstellung zum Leben sein.
Doch nun beschäftigen wir uns, wie versprochen, mit den Verhaltensstrukturen, die wir einst von den Eltern übernommen haben.
Wie schon gesagt, wird unser Leben enorm geprägt durch unsere Kindheitserfahrungen und so natürlich auch unser Partnerschaftsbild. Das heißt, je deutlicher unsere Eltern Partnerschaft miteinander gelebt haben, desto stärker haben wir unser eigenes Partnerschaftsbild in uns geprägt. Doch gehen wir vorerst ein wenig in die grundsätzlichen Prägungsmechanismen hinein. Kinder sind von Grund auf neugierig, sie wollen einfach alles wissen. Das ist ein Urinstinkt, der den heranwachsenden Menschen beeinflusst.
Kinder brauchen das Spiel, um spielerisch auszutesten, was sie alles interessieren könnte. Würden sie alle die Lernerfahrungen, die sie machen, zu ernst nehmen, würden sie innerlich verhärten. Doch wie sieht es aus, wenn ein Kind Eltern erlebt, die leiden, und das Kind dadurch automatisch mit in den Bann dunkler Problemebenen gezogen wird? Jedes Kind liebt seine Eltern von Natur aus.
Sollte nun beispielsweise die Mutter unter der Beziehung zu ihrem Mann leiden, kann das Kind sein Dasein nicht mehr so einfach und locker gestalten, da es immer wieder einen Blick auf die leidende Mutter werfen wird. Kinder können uns Erwachsenen gut dabei helfen, unsere Sorgen zu vergessen. Ein Lächeln lässt so manches erwachsene Herz höher schlagen, und durch den erhöhten Pulsschlag lösen wir uns in dem Moment für kurze Zeit von depressiven Verhaltensmustern.
Natürlich nicht dauerhaft. Sie kennen doch bestimmt den Rat: Lachen Sie über eine Situation, die Sie zu erdrücken droht, und schon werden Sie sich schnell wieder besser fühlen. Genauso ergeht es uns, wenn wir in strahlende Kinderaugen schauen. Dann erkennen wir die Leichtigkeit des Lebens, fühlen uns angesprochen und können uns entsprechend freuen.
Kinder wissen das und werden sich entsprechend um ihre Eltern kümmern. So wird auch jedes Kind anfänglich versuchen, die Eltern zu erfreuen, damit es ihnen besser geht. Doch nur eine Weile wird dies der Fall sein, danach nützt auch das schönste Kinderlachen zu wenig. Und da die Kinder sich in dem Moment mit den Problemen der Eltern auseinander setzen, bekommen sie einen Teil der belastenden Energie auf sich selbst übertragen. Das wiederum hat zur Folge, dass sie sich langsam energetisch verdunkeln und ihre eigene Leichtigkeit beschweren. Das einfache Kinderdasein rutscht damit ein wenig in den Hintergrund und die Probleme der Eltern stehen im Vordergrund.
Das Kind reagiert sensibel auf die Eltern, spürt mehr und mehr den Druck, den diese in sich tragen. Hierbei sei jedoch auch erwähnt, dass Kinder dies hauptsächlich tun, wenn Eltern aus Gewohnheit die Übertragung und Mitbelastung der Kinder zulassen. Das heißt, je mehr ein Elternteil gewillt ist, sich durch die Energie des Kindes aufzumuntern, desto mehr wird das Kind belastet sein. Ein Kind kann Trost geben und da einige Erwachsene sich der Belastung des Kindes nicht bewusst sind, nehmen sie die wärmende Energie dankend an. Oftmals haben diese Erwachsenen auch selbst in der Kindheit gelernt sich den Problemen der Eltern zur Verfügung zu stellen, so dass diese Verhaltensweise fast schon Gewohnheit ist.
Dies soll jedoch nun nicht heißen, dass wir uns gar nicht durch unsere Kinder mal in den Arm genommen fühlen dürfen. Im Gegenteil, kleine Kinder geben gerne Energien ab, die sie dann auch dankend wieder empfangen werden. Doch sollte es sich hierbei um keinen Dauerzustand handeln. Die Gewohnheit, das tröstende Kind in der Nähe zu haben, kann in Eltern auch eine große Nachlässigkeit hervorrufen, und so ist es ihnen dann zumeist auch schnell egal, wenn ihre Kinder mitbekommen, dass sie tief im Inneren trauern.
Dies passiert häufig dann, wenn die Eltern selbst als Kinder die trauernde Energie ihrer eigenen Eltern stetig zu spüren bekamen und diese Leidensstruktur selbst nicht bewältigt haben. Dann sind sie es gewohnt und fühlen sich durch die rettende Hand ihrer Kinder ein wenig entlastet und aufgefangen. Die Gefahr, dass der Erwachsene dabei selbst in ein Kindheitsmuster verfällt, ist sehr groß. Die Kinder werden in einem solchen Fall förmlich in die Probleme der Eltern mit eingebunden, und das ist für Kinder absolut negativ.
Das Kind belastet sich mit Problemen, die für sein Alter noch nicht geeignet sind. Das hat zur Folge, dass das Kind sich auf einmal in einem Wust von Problemen wiederfindet, die es bei weitem nicht zu bewältigen weiß.
Wie kann man ein solches Muster als Elternteil verhindern? Ganz einfach, wir alle haben Lernaufgaben, denen wir uns stellen müssen. Und je mehr wir auch innerlich dazu bereit sind, uns unseren Lebensaufgaben zu stellen, desto einfacher werden wir mit unserem Leben verfahren können. Doch wie oft passiert es, dass sich der Erwachsene der Aufgabenstellung seines Lebens gar nicht bewusst ist? Keiner hat ihm gesagt, dass er innere Lernaspekte zu erfüllen hat, die eine weitaus höhere Wertstellung in seinem Leben haben, als beispielsweise der Beruf. Und je mehr er sich nun unbewusst gegen seine eigene Lebensregieanweisung stellt, desto weniger wird er aufräumen, was zur Folge hat, dass er innerlich immer schwerer und behäbiger wird.
Durch diese Unkenntnis versuchen viele verzweifelt den inneren Problemen auszuweichen, um sich der äußeren Realität weiterhin stellen zu können. Doch auch das wird irgendwann nicht mehr funktionieren, denn wir können nicht vor unserem eigenen Leben davonlaufen. Nein, wir müssen uns unserem Lebensprinzip stellen, eine andere Wahl haben wir nicht. Doch wie so oft, fühlen sich viele mit ihren eigenen Problemen überfordert, was wiederum heißt, dass diese kompensiert werden müssen. Doch eins ist sicher: Je älter wir werden, desto mehr werden wir diese Unebenheit in uns auch zu spüren bekommen.
Wir alle tragen Prägungen in uns, die sich immer wieder bemerkbar machen, um bearbeitet und somit bewusst integriert zu werden. Wir können nichts, was in uns ist, einfach ignorieren. Nein, wir müssen uns allen inneren Lebenskonstellationen stellen. Wir werden zumeist ein Leben lang mit Lernthemen konfrontiert. Je mehr wir diese jedoch ignorieren wollen, desto schwieriger wird für uns unser Leben sein.
So sind auch die meisten Eltern immer noch nicht mit sich selbst fertig, wenn sie die Elternschaft antreten, sondern weiterhin mit Themen beschäftigt, was wiederum zur Folge hat, dass sie sich auf die momentane Zeit und auf ihre Kinder gar nicht richtig einlassen können. Tief im Inneren möchten sie jedoch ihren Kindern Gutes tun und von daher trauern sie selbst, wenn sie nicht frei und unbelastet ihren Kindern begegnen können. Immerhin waren auch die Eltern einmal Kinder und haben sich mit Sicherheit vorgenommen, als Eltern anders zu sein, als sie ihre eigenen Eltern in der Lebensrolle als Eltern erlebt haben.
Sollten sie dann auch noch wegen ihrer Elternschaft mit inneren Problemen konfrontiert werden und nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen, wird es mit Sicherheit schwierig werden. Dann tragen sie ihren Kindern und sich selbst gegenüber ein schlechtes Gewissen und wissen nicht mehr ein noch aus. Da Kinder sehr schnell die Gedanken und Wünsche ihrer Eltern ablesen können, werden sie sich auch gerade in einem solchen Fall nicht neutral verhalten können.
Immerhin sprechen die Eltern ihre Kinder darüber unbewusst an, so dass diese die Information bekommen: Mir geht es schlecht, da ich so bin, wie ich bin. Die Kinder versuchen dem Erwachsenen zu vermitteln, dass er fröhlicher und einfacher mit sich umgehen sollte. Sie akzeptieren ihre Eltern immerhin so wie sie sind und sie wollen dem Erwachsenen genau diese gesunde Lebenseinstellung vermitteln: Nimm dich so an, wie du bist, lebe im Jetzt, Hier und Heute und es wird dir gut gehen, glaube mir, ich lebe auch danach.
Kinder, die sich leben, leben genau nach diesem Schema. Sie sind offen für alles Neue, neugierig auf alles, was da kommt und erfreuen sich ihres Lebens. Sie zeigen sofort, wenn ihnen etwas nicht gefällt. Sie weinen und lachen von Herzen. Sie zeigen ihre Freude und auch ihren Schmerz. Sie sind offen für alle Lebensbereiche, die sie interessieren könnten und bleiben in sich weich und geöffnet, wenn sie sich auch weiterhin als normal betrachten.
Doch was ist, wenn das Kind erfährt, dass gewisse Bereiche und Charaktereigenschaften nicht erwünscht sind? In einem solchen Fall versucht das Kind den Eltern zu gefallen und dann kann es sein, dass es sich innerlich zurückzieht und versucht ein Bild von sich abzugeben, das bei weitem nicht dem realen Bild entsprechen muss. So lernt das Kind Teilaspekte von sich selbst zu unterdrücken und das zum angeblichen Wohle der Eltern.
Je mehr das Kind sich selbst unterdrückt, desto mehr stirbt die innere Lebendigkeit und Flexibilität ab. Das heißt, das Kind gibt seine Persönlichkeit in Teilen auf und je mehr das passiert, desto mehr wird das Kind verunsichert und verstört sein. Ein Mensch, der nicht gelernt hat, so sein zu dürfen, wie er ursprünglich ist, wird sich immer fehl am Platze fühlen. Diesem Menschen mangelt es erheblich an Selbstbewusstsein. Dann erlischt in ihm das Gefühl, dass er so, wie er ist, auch in Ordnung ist.
Doch gehen wir noch einmal von der Ursubstanz aus: Kinder sind klein und einfach strukturiert, sie versuchen den Erwachsenen in seiner Einfachheit anzunehmen, ihm also beizubringen: Du bist so, wie du bist in Ordnung. Sollte der Erwachsene dies jedoch nicht glauben, da er selbst in der Kindheit hauptsächlich gelernt hat, sich den Gepflogenheiten anderer anzupassen, dann wird er sich gegen diese Information auflehnen und weiterhin leiden.
Dieses Bild wiederum verunsichert das Kind und es fängt an, an sich selbst zu zweifeln. Immerhin müssen die Erwachsenen es doch wissen, und wenn diese ihren Kindern dann stetig zeigen, dass das Leben voller Leid ist, wird das Kind dies absolut glauben und seine eigene Meinung revidieren. Somit übernimmt das Kind den Glauben der Eltern über das Leben, ohne die wahrhaftigen Hintergründe zu kennen. Schauen wir uns dies einmal genauer an.
So wie die Eltern partnerschaftlich miteinander umgehen, erfährt das Kind in Teilen, wie Partnerschaft zu sein scheint. Doch auch hier müssen wir Unterschiede machen. Eine Tochter beispielsweise wird durch die Beziehung zum Vater beziehungsfähig und darauf getrimmt, wie sie mit dem anderen Geschlecht, mit ihrem späteren Mann umgehen kann. Ist der Vater ihr gegenüber offen und lässt sie auch gefühlsmäßig an sich heran, wird das Kind sich in späterer Partnerschaft emotional geöffnet fühlen.
Wir suchen uns später immer den Partner aus, der uns das, was wir brauchen und auch gewohnt sind, erfüllen kann. Sollten wir also einen liebevollen Vater erlebt haben, dann suchen wir uns auch einen liebevollen Partner aus. Doch auch die umgekehrte Variante ist möglich. Den gewalttätigen Vater erkennen wir in unserem späteren gewaltvollen Partner wieder. Wir werden also nicht von unserem Kindesleid durch das spätere Erwachsenendasein erlöst. Nein, wir wiederholen unsere erlebte Kindheit später immer wieder.
Wir leben in Teilen das nach, was unsere Eltern uns vorgelebt haben. Da wir jedoch nicht gelernt haben, uns auch im Nachhinein mit unserer Kindheit auseinander zu setzen, passiert es nicht selten, dass wir versuchen, unsere Kindheitserlebnisse zu verdrängen, wenn wir dann endlich erwachsen sind. Doch alles das, was wir erlebt haben, wird uns automatisch eines Tages wieder einholen, solange bis wir bereit sind, uns mit unseren eigenen Verhaltensmustern bewusst auseinander zu setzen.
Wählen wir dazu ein Beispiel, um uns dies ein wenig genauer zu verdeutlichen. Ein Kind erfährt in jungen Jahren, dass der Vater sehr aggressiv auf die Mutter reagiert. Der Vater fühlt sich in seinem Leben unwohl und eingesperrt. Natürlich hat ihn keiner eingesperrt. Nein, dieses Gefühl hat er selbst gewählt. Doch das ist ihm nicht bewusst. Wahrscheinlich wird er schon in seiner eigenen Kindheit Gefühle unterdrückt haben, so dass diese nun wie ein großes Manko in seinem Leben immer wieder auftauchen. Ihm wird bewusst, wie wenig er von sich selbst frei leben kann. Dann sieht er seine Familie, all die nicht enden wollende Verantwortung und er fühlt sich weiterhin unter Druck gesetzt.
Er weiß nicht, wie er mit all der Last umgehen soll. Und da er innerlich meint, also ein Teil in ihm, die Familie sei die Fessel, die ihn an seinem Freisein hindert, wird er seinen Unmut kundtun, indem er grantig, sauer und auch aggressiv reagiert, obwohl ihm keiner etwas getan hat. Seine Frau wird wahrscheinlich schon einen disharmonischen Vater erlebt haben und wird sich durch das Verhalten ihres Mannes an die eigene Kindheit erinnert fühlen. Einen Lebenspart, den sie unter keinen Umständen mehr erleben wollte. Innerlich kommt die kindliche Angst vor dem Vater, jetzt dem Partner, wieder in ihr hoch und sie wird sich handlungsunfähig fühlen.
Ja, und das Kind wird ähnliches erleben. Dem Kind sind die Hintergründe nicht bewusst. Es erfährt, der Vater reagiert aggressiv und die Mutter hat Angst. Es versucht in unserem Fall der Mutter eine emotionale Nähe zu geben, damit diese sich dem Vater gegenüber zur Wehr setzen kann. Sie lesen richtig, ein Kind fühlt sich für das harmonische Zusammensein der Familie mit verantwortlich und wird entsprechend reagieren. Das Kind gibt der Mutter stärkende Energie, die diese wiederum auch annimmt. Doch damit kann sie sich trotz alledem ihrem gewalttätigen Mann gegenüber nicht genügend zur Wehr setzen.
Das Kind wird sich mehr und mehr in den Bann der Mutter, verbunden mit der Angst gegenüber dem Vater eingebunden fühlen. Jetzt spätestens wird das Kind parteiisch reagieren müssen, es ist in die zwiespältige Energie zwischen Vater und Mutter eingebunden. Es wird zwischen seinen Eltern wählen müssen, bis es eine einigermaßen klare Basis gefunden hat. In unserem Fall wählt das Kind die Mutter und wird diese immer wieder durch seine eigenen Energien stärken, damit sie sich leben kann.
Die Mutter wiederum kann ihre kindliche Angst, die immer häufiger durch den Partner ausgelöst wird, nicht ohne fremde Hilfe bearbeiten und so wird sie sich immer mehr zurückziehen. Sie wird immer mehr Kind und ähnlich, wie in der Kindheit reagieren. Sollte sie sich früher in ihrer eigenen Kindheit ängstlich zurückgezogen haben, wird sie dies zum jetzigen Zeitpunkt auch wieder tun. Nur mit dem Unterschied, dass sie nun erwachsen ist und auch entsprechend reagieren muss.
Das heißt, der Partner spricht sie nun persönlich an und sie muss reagieren. Also ist sie nun nicht mehr nur Beobachter der Gewalt des eigenen Vaters gegenüber der eigenen Mutter, sondern muss sich selbst entsprechend zur Verfügung stellen und lernen zu handeln. Das wird ihr noch viel mehr Angst machen, da sie sich mit der Situation überfordert fühlen wird. Das Kind spürt die Angst der Mutter immer deutlicher und wird selbst ängstlich gegenüber dem Vater reagieren.