Henning Mankell

Tiefe

ROMAN

Aus dem Schwedischen
von Verena Reichel

Paul Zsolnay Verlag

Die Originalausgabe erschien erstmals 2004

unter dem Titel Djup

im Leopard Förlag in Stockholm.

ISBN 978-3-552-05762-3

© Henning Mankell 2004

Alle Rechte der deutschsprachigen Ausgabe

© Paul Zsolnay Verlag Wien 2005/2015

Schutzumschlaggestaltung: Peter-Andreas Hassiepen, München, unter Verwendung des Gemäldes »Die Gerechtigkeit und die göttliche Rache verfolgen das Verbrechen«, von Pierre-Paul Prud´hon (1758–1823), Musée de l´Hótel Sandelin, Saint-Omer

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Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Teil 1

DAS GEHEIME GESPÜR FÜRS LOT

1

Es hieß, die Schreie der Irren seien bei Windstille übers Meer zu hören.

Besonders im Herbst. Die Schreie gehörten zum Herbst.

Im Herbst beginnt auch diese Geschichte. Mit feuchtem Nebel, ein paar zögernden Wärmegraden und einer Frau, die plötzlich erkennt, daß sie der Freiheit nahe ist. Sie hat ein Loch in einem Zaun entdeckt.

Es ist Herbst 1937. Die Frau, Kristina Tacker, war viele Jahre in der großen Nervenklinik außerhalb von Säter eingesperrt. Gedanken an Zeit hatten für sie jeden Sinn verloren.

Lange betrachtet sie das Loch, als würde sie seine Bedeutung zunächst nicht verstehen. Der Zaun war stets wie eine Hülle, der sie nicht zu nahe kommen sollte. Er ist eine Grenze mit einer ganz bestimmten Bedeutung. Aber diese plötzliche Abweichung? Dieser Punkt, an dem der Zaun aufgebrochen ist? Zu dem, was eben noch verbotenes Terrain war, ist von unbekannter Hand ein Tor geöffnet worden. Es dauert lange, bis sie es begreift. Dann kriecht sie vorsichtig durch das Loch und befindet sich außerhalb des Zauns. Sie steht regungslos und horcht, den Kopf zwischen die angespannten Schultern gezogen, gewärtig, daß jemand kommt und sie packt.

Während der zweiundzwanzig Jahre, die sie in der Nervenheilanstalt eingesperrt war, hatte sie nie das Gefühl, von Menschen umgeben zu sein, sondern von Atemzügen. Die Atemzüge waren ihre unsichtbaren Wärter.

Hinter ihr liegen die schweren Körper der Häuser wie schlummernde Raubtiere, zum Sprung bereit. Sie wartet. Die Zeit gibt es nicht mehr. Niemand kommt und zwingt sie zur Rückkehr.

Erst nach langem Zögern tut sie einen Schritt nach vorn, dann noch einen, und verschwindet zwischen den Bäumen.

Sie befindet sich in einem Nadelwald. Es riecht scharf, wie von brünstigen Pferden. Sie meint einen Pfad am Boden zu ahnen. Sie bewegt sich langsam, und erst als sie den schweren Atem der Nervenheilanstalt nicht mehr spürt, wagt sie es, sich umzudrehen.

Um sie herum gibt es nur Bäume. Daß der Pfad eine Einbildung war und jetzt verschwunden ist, kümmert sie nicht, da sie ohnehin kein Ziel hat. Sie ist wie ein Baugerüst um einen leeren Raum herum. Es gibt sie nicht. Innerhalb dieses Baugerüsts ist weder ein Haus noch ein Mensch entstanden.

Da draußen im Wald bewegt sie sich sehr schnell, als hätte sie trotz allem ein Ziel zwischen den Bäumen. Aber oft steht sie auch ganz still, als wäre sie im Begriff, sich selbst in einen Baum zu verwandeln.

Im Nadelwald existiert keine Zeit. Nur Holzstämme, vor allem Kiefern, hin und wieder Tannen. Und Sonnenstrahlen, die lautlos auf die feuchte Erde treffen.

Sie beginnt zu zittern. Ein Schmerz kommt unter der Haut angekrochen. Erst glaubt sie, es sei dieser entsetzliche Juckreiz, der sie mitunter überfällt, so daß den Pflegern nichts anderes übrigbleibt, als sie anzuschnallen, damit sie nicht ihre Haut zerkratzt. Dann erkennt sie, daß es etwas anderes ist, was sie zittern macht.

Sie erinnert sich, daß sie dereinst einen Mann hatte.

Woher der Gedanke kommt, weiß sie nicht. Aber sie erinnert sich ganz deutlich, daß sie verheiratet war. Er hieß Lars, daran erinnert sie sich. Er hatte eine Narbe über dem linken Auge und war dreiundzwanzig Zentimeter größer als sie. An mehr kann sie sich im Augenblick nicht erinnern. Alles andere hat sie verdrängt und in die Dunkelheit verwiesen, die sie in sich trägt.

Doch die Erinnerung kehrt zurück. Sie sieht sich verwirrt zwischen den Stämmen des Nadelwalds um. Warum fällt ihr hier ihr Mann ein? Er, der den Wald haßte und den es immer zum Meer zog? Er, der Kadett war und später Seevermesser und Marinekapitän mit geheimen militärischen Aufträgen?

Der Nebel weicht, er verflüchtigt sich lautlos.

Sie steht völlig regungslos da. Irgendwo flattert ein Vogel auf. Dann ist es wieder still.

Mein Mann, denkt Kristina Tacker. Einst hatte ich einen Mann, unsere Leben berührten sich, umschlossen uns. Warum erinnere ich mich jetzt an ihn, kaum daß ich ein Loch im Zaun gefunden und all die mich bewachenden Raubtiere hinter mir gelassen habe?

Sie sucht in ihrem Kopf und bei den Bäumen nach einer Antwort.

Da ist nichts. Da ist überhaupt nichts.

2

Spätabends finden die Wärter Kristina Tacker.

Es herrscht Frost, der Boden knirscht unter den Füßen. Sie steht regungslos in der Dunkelheit und starrt auf einen Baumstamm. Was sie sieht, ist keine Kiefer, sondern ein einsam gelegener Leuchtturm auf einer Klippe irgendwo weit draußen in den kargen und verlassenen Schären. Sie merkt kaum, daß sie mit den stummen Bäumen nicht mehr allein ist.

Kristina Tacker ist an diesem Tag im Herbst 1937 siebenundfünfzig Jahre alt. In ihrem Gesicht gibt es noch eine Schicht erhaltener Schönheit. Es ist zwölf Jahre her, seit sie zuletzt ein Wort geäußert hat. In ihrem Krankenjournal wird Tag für Tag, Jahr für Jahr, ein einziger Satz wiederholt:

Die Patientin ist gleichbleibend unerreichbar.

In derselben Nacht: Es ist dunkel in ihrem Zimmer in der großen Klinik. Sie ist wach. Der Strahl eines Leuchtturms streicht vorbei, ein ums andere Mal, wie eine lautlose Uhr aus Licht in ihrem Kopf.

3

Dreiundzwanzig Jahre zuvor, auch da an einem Herbsttag, stand er, der ihr Mann war, und betrachtete das Panzerschiff Svea, das am Galärvarvskaj in Stockholm vertäut lag. Lars Tobiasson-Svartman war Marineoffizier, er betrachtete das Schiff mit wachsamen Augen. Hinter den verrußten Schornsteinen nahm er das Kastell und die Skeppsholmskyrka wahr. Das Licht war grau, er kniff die Augen zusammen.

Es war Mitte Oktober 1914, der große Krieg herrschte seit zwei Monaten und neunzehn Tagen. Lars Tobiasson-Svartman verließ sich nicht vorbehaltlos auf die neuen, eisenbeschlagenen Kriegsschiffe. Die älteren Schiffe aus Holz gaben ihm immer das Gefühl, einen warmen Raum zu betreten. Die neuen Schiffe mit ihrem Rumpf aus vernieteten Panzerblechen waren kalte, unberechenbare Räume. Insgeheim argwöhnte er, daß diese Schiffe sich nicht zähmen ließen. Hinter den mit Kohle beheizten Dampfmaschinen oder den neuen Motoren, die mit Öl betrieben wurden, walteten andere Kräfte, die sich nicht kontrollieren ließen.

Hin und wieder kam eine Bö von der Ostsee her.

Er stand an dem steilen Landungssteg, zögernd. Es verwirrte ihn. Woher kam die Unsicherheit? Sollte er seine Reise abbrechen, ehe sie überhaupt angefangen hatte? Er suchte nach einer Erklärung. Aber alle seine Gedanken waren fort, verschluckt von einer Nebelbank in seinem Innern.

Ein Matrose hastete den Landungssteg hinunter. Das brachte ihn wieder ins Jetzt zurück. Keine Kontrolle zu haben war eine Schwäche, von der niemand wissen durfte. Der Matrose nahm seinen Koffer, die Kartenrolle und das eigens angefertigte braune Futteral, in dem er sein kostbarstes Meßinstrument verwahrte. Er wunderte sich, daß der Matrose das sperrige Gepäck ganz allein trug.

Der Landungssteg schwankte unter seinen Füßen. Zwischen dem Schiffsrumpf und dem Kai war das Wasser zu sehen, dunkel, unerreichbar.

Er dachte an die Worte seiner Frau, als sie sich in der Wohnung in der Wallingata getrennt hatten.

»Jetzt beginnt etwas, wonach du dich schon lange gesehnt hast.«

Sie standen in der dunklen Diele. Sie wollte ihn zum Schiff begleiten, um Abschied zu nehmen. Aber gerade als sie den einen Handschuh anzog, begann sie zu zögern, genau wie er selbst es soeben am Landungssteg getan hatte.

Sie konnte nicht sagen, warum der Abschied plötzlich zu schwer geworden war. Das war nicht nötig. Sie wollte nicht weinen. Nach neun Ehejahren wußte er, daß es für sie schwieriger war, sich ihm weinend zu zeigen als nackt.

Sie nahmen rasch Abschied. Er versuchte ihr zu erklären, daß er nicht enttäuscht war.

Innerlich verspürte er Erleichterung.

Er blieb mitten auf dem Landungssteg stehen und fühlte, wie das Schiff sich fast unmerklich bewegte. Sie hatte recht. Er sehnte sich fort. Doch er war keineswegs sicher, wonach er sich eigentlich sehnte.

Gab es ein Geheimnis, das er selbst nicht kannte?

Er liebte seine Frau über alles. Jedesmal, wenn er eine Dienstreise antrat und sie zum Abschied küßte, sog er wie nebenbei den Duft ihrer Haut ein. Es war, als würde er diesen Duft lagern wie einen guten Wein oder vielleicht wie Opium, das er hervorholen konnte, wenn er sich so verlassen fühlte, daß er Gefahr lief, die Kontrolle über sich zu verlieren.

Noch immer benutzte seine Frau ihren Mädchennamen. Warum, das wußte er nicht, und er wollte auch nicht fragen.

Ein Schlepper ließ drüben am Kastellholm Dampf ab. Er fixierte eine Sturmmöwe, die unbeweglich im Aufwind über dem Schiff verharrte.

Er war ein einsamer Mensch. Seine Einsamkeit war wie ein Abgrund, und er fürchtete, daß er sich eines Tages hineinstürzen würde. Er hatte berechnet, daß der Abgrund mindestens vierzig Meter tief sein mußte und daß er sich mit dem Kopf voran hinunterwerfen mußte, um mit Sicherheit tot zu sein.

Er befand sich exakt in der Mitte des Landungsstegs. Mit Augenmaß hatte er die totale Länge auf sieben Meter geschätzt. Jetzt befand er sich also dreieinhalb Meter vom Kai entfernt und ebenso weit von der Reling des Schiffs.

Seine frühesten Erinnerungen handelten von Entfernungen. Zwischen ihm selbst und seiner Mutter, zwischen seiner Mutter und seinem Vater, zwischen Fußboden und Decke, zwischen Unruhe und Freude. Sein ganzes Leben handelte von Entfernungen, davon, sie zu messen, zu verkürzen und zu verlängern. Er war ein einsamer Mensch, der ständig nach neuen Entfernungen suchte, um sie zu bestimmen oder abzulesen.

Entfernungen zu messen glich einer Beschwörung, es war sein Instrument, um die Bewegungen von Zeit und Raum zu zügeln.

Die Einsamkeit war von Anbeginn, soweit er sich erinnern konnte, wie seine zweite Haut gewesen.

Kristina Tacker war nicht nur seine Frau. Sie war auch der unsichtbare Deckel, den er über den Abgrund legte.

4

Ein kaum merklicher Nieselregen zog an diesem Oktobertag 1914 über Stockholm hin. Von der Wallingata war sein Gepäck auf einer Karre über die Brücke zum Djurgården und Galärvarvskaj gezogen worden. Obwohl nur er und der Mann mit dem Karren dabei waren, hatte er das Gefühl gehabt, an einer Prozession teilzunehmen.

Die Koffer waren aus braunem Leder. In dem speziell angefertigten Futteral aus Kalbsleder lag sein kostbarster Besitz. Es war ein Lot für präzise Seevermessung.

Das Lot war aus Messing, hergestellt 1701 in Manchester von Maxwell & Swansons Marinetechnische Betriebe. Optische und navigationstechnische Instrumente wurden von geschickten Spezialisten angefertigt und in der ganzen Welt verkauft. Das Unternehmen war zu Ruhm und Ansehen gelangt, da Kapitän Cook ihre Sextanten favorisierte, auch noch auf seiner letzten Reise in den Pazifik. Man warb damit, daß sogar japanische und chinesische Seefahrer diese Produkte benutzten.

Wenn er nachts mit einer schwer faßbaren Unruhe aufwachte, stand er auf und holte das Lot hervor. Er nahm es mit ins Bett, preßte es an die Brust und schlief dann gewöhnlich wieder ein.

Das Lot atmete. Der Atem war weiß.

5

Das Panzerschiff Svea war auf der Lindholmen-Werft in Göteborg gebaut worden und im Dezember 1885 vom Stapel gelaufen. 1914 hatte man es aus dem aktiven Dienst zurückgezogen, da es bereits unmodern geworden war. Doch der Beschluß war rückgängig gemacht worden, da die schwedische Marine nicht für den großen Krieg plante. Das Leben des Schiffs wurde im Augenblick der Schlacht verlängert. Als ob man ein Arbeitspferd im letzten Moment begnadigen und wieder auf die Straße schicken würde.

Lars Tobiasson-Svartman wiederholte im Kopf rasch die wichtigsten Schiffsmaße. Die Svea war 75 Meter lang und hatte eine äußerste Breite von gut 14 Metern. Die Bestückung mit schwerer Artillerie bestand aus zwei 25,4-Zentimeter-Kanonen M/85 mit großer Reichweite, produziert von Maxim-Nordenfelt, London. Die mittelschwere Artillerie umfaßte vier 15-Zentimeter-Kanonen, ebenfalls in London hergestellt. Hinzu kam die leichtere Artillerie sowie eine unbekannte Anzahl von Maschinengewehren.

Er ging weiter in Gedanken durch, was er über das Schiff wußte, das ihn erwartete. Die Besatzung bestand aus 250 Berufssoldaten und wehrpflichtigen Matrosen sowie dem Offizierskorps von 22 Mann.

Die Antriebskraft, die in dem Schiff vibrierte, kam von zwei liegenden Verbundmaschinen, die ihre Pferdestärken aus sechs Dampfkesseln bezogen. Die Geschwindigkeit war auf einer Probefahrt mit 14,68 Knoten gemessen worden.

Es gab ein weiteres Maß, das ihn interessierte. Der Abstand zwischen Kiel und Grund am Galärvarvskaj betrug gut zwei Meter.

Er drehte sich um und sah zum Kai hinüber, als hätte er gehofft, seine Frau wäre trotz allem gekommen. Aber da waren nur ein paar Jungen mit Angeln und ein betrunkener Mann, der in die Knie ging und dann langsam umfiel.

Die Böen von der Ostsee her wurden immer kräftiger. Sie waren hier oben auf dem Deck des Schiffs am Landungssteg stärker zu spüren.

6

Er wurde von einem Flaggsteuermann aus seinen Gedanken gerissen. Der Mann schlug die Hacken zusammen und stellte sich als Anders Höckert vor. Lars Tobiasson-Svartman salutierte, aber es bereitete ihm Unbehagen. Jedesmal, wenn er die Hand zum Mützenrand heben mußte, durchlief ihn ein Schauder. Als nähme er an einem lächerlichen Spiel teil, das er verabscheute.

Anders Höckert zeigte ihm seine Kabine, die gleich unter dem Niedergang an Backbord lag, mit direkter Verbindung zur Kommandobrücke und der Abschußzentrale der Kanonen.

Anders Höckert hatte ein Muttermal im Nacken, knapp über dem Kragen.

Lars Tobiasson-Svartman kniff die Augen zusammen und fixierte das Muttermal. Wie immer, wenn er am Körper eines Menschen Leberflecke entdeckte, versuchte er zu sehen, was sie darstellten. Sein Vater, Hugo Svartman, hatte eine Gruppe von Muttermalen am linken Oberarm gehabt. In seiner Phantasie war es ein Archipel aus namenlosen kleinen Inseln, Felsen und Schären. Die weißen Haare bildeten die Fahrrinnen, die sich begegneten und einander kreuzten. Wo auf dem linken Arm seines Vaters verlief die tiefste Fahrrinne? Wo wäre es am sichersten, ein Schiff entlangzusteuern?

Das geheime Gespür fürs Lot, für Maße und Entfernungen, das sein Leben prägte, hatte seinen Festpunkt in Bildern und Erinnerungen an die Muttermale des Vaters.

Lars Tobiasson-Svartman dachte bei sich: Ich suche immer noch nach unbekanntem Grund in mir, nach nicht vermessenen Tiefen, unerwarteten Hohlräumen. Auch in mir selbst muß ich ein sicheres Fahrwasser kartographieren und bezeichnen.

Anders Höckerts Muttermal glich einem Stier, kampfbereit, die Hörner gesenkt.

Anders Höckert öffnete die Tür der Kabine. Lars Tobiasson-Svartman hatte einen geheimen Auftrag und konnte daher die Kabine nicht mit einem anderen Offizier teilen.

Das Gepäck, die Kartenrollen und das braune Futteral mit dem Seevermessungsinstrument standen schon im Geräteraum. Anders Höckert salutierte und verließ die Kabine.

Lars Tobiasson-Svartman setzte sich in die Koje und ließ sich von der Einsamkeit umfangen. Im Rumpf vibrierten die Kessel, die nie ganz gelöscht waren, selbst wenn das Schiff am Kai lag. Er sah durch das Bullauge hinaus. Der Himmel war plötzlich blau, der Regen war vorübergezogen. Das machte ihn froh, oder vielleicht erleichterte es ihn. Der Regen beschwerte ihn wie fast unsichtbare kleine Gewichte, die gegen seinen Körper schlugen.

Für einen kurzen Augenblick überfiel ihn die Sehnsucht, das Schiff zu verlassen.

Er rührte sich nicht.

Langsam begann er, seine Koffer auszupacken. Jedes Kleidungsstück hatte seine Frau sorgfältig ausgewählt. Sie wußte, welche Sachen er am liebsten trug und bei sich haben wollte. Sie hatte sie mit liebevollen Bewegungen zusammengefaltet.

Trotzdem kam es ihm jetzt so vor, als hätte er keins der Kleidungsstücke je gesehen oder in den Händen gehalten.

7

Das Panzerschiff Svea verließ den Galärvarvskaj am selben Abend um 18 Uhr 15. Um Mitternacht, als sie die äußeren Schären passiert hatten, wurde ein südsüdöstlicher Kurs aufgenommen und die Geschwindigkeit auf 12 Knoten erhöht. Es blies ein stark böiger Nordwind, 8 bis 12 Meter pro Sekunde.

Lars Tobiasson-Svartman umklammerte in dieser Nacht sein Lot fest. Seine Gedanken kreisten um seine Frau und ihre duftende Haut. Hin und wieder dachte er auch an den Auftrag, der ihn erwartete.

8

Im Morgengrauen, nach einem unruhigen Schlaf mit unklaren und entgleitenden Träumen, verließ er die Kabine und ging an Deck. Er stellte sich in Lee an eine Stelle, die von der Kommandobrücke aus nicht zu überblicken war.

Eins seiner Geheimnisse verbarg sich in einer der Kartenrollen, die in seiner Kabine lagen. Dort verwahrte er die Werftzeichnung der Svea. Das Schiff war vom Schiffsbaumeister Göthe Wilhelm Svenson auf der Werft von Lindholmen konstruiert worden. Nach seiner Zeit als Ingenieur beim Königlichen Marineingenieurskorps 1868 hatte er eine erstaunliche Karriere als Schiffskonstrukteur gemacht. 1881, im Alter von dreiundfünfzig Jahren, war er zum Präsidenten des Marineingenieurskorps ernannt worden.

Am selben Tag, an dem Lars Tobiasson-Svartman vom Marinestab den Bescheid bekam, daß die Svea für den Transport zu seiner geheimen Kommandosache bestimmt war, schrieb er an Ingenieur Svenson und bat um eine Kopie der Konstruktionszeichnungen. Als Grund gab er ein »eingefleischtes und möglicherweise ein wenig lächerliches Sammlerinteresse an Zeichnungen von Kriegsschiffen« an. Er war bereit, tausend Kronen für die Zeichnungen zu zahlen.

Drei Tage später kam eine persönliche Botschaft aus Göteborg. Der Mann, der die Zeichnungen ablieferte, hieß Tånge und war Kontorist. Er trug offensichtlich seine Sonntagskleidung. Lars Tobiasson-Svartman nahm an, daß Ingenieur Svenson ihn angewiesen hatte, sich in korrekter Kleidung einzufinden.

Lars Tobiasson-Svartman hatte nicht daran gezweifelt, daß die Zeichnungen verkäuflich seien. Tausend Kronen waren viel Geld, selbst für einen erfolgreichen Ingenieur wie Göthe Wilhelm Svenson.

9

Er versuchte, sich den steigenden und sinkenden Bewegungen des Schiffs anzupassen. Er dachte an den Abend, an dem er im Wohnzimmer in der Wallingata über die Zeichnungen gebeugt saß. Da hatte eigentlich die Reise begonnen.

Es war Ende Juli, die Hitze drückend, alle warteten auf den großen Krieg, der jetzt unausweichlich schien. Die Frage war nur, wann die ersten Schüsse abgefeuert werden würden, und von wem, auf wen. Die Depeschenbüros der Zeitungen füllten ihre Schaufenster mit hitzigen Berichten. Gerüchte kamen auf und wurden verbreitet, niemand wußte etwas Genaues, aber alle meinten, gerade sie hätten die richtigen Schlußfolgerungen gezogen.

Über Europa flogen unsichtbare Telegramme zwischen Kaiser, Generälen und Ministern hin und her. Die Telegramme waren wie ein verirrter, aber gefährlicher Vogelschwarm.

Auf dem Schreibtisch hatte ein Zeitungsausschnitt mit der Photographie des deutschen Schlachtkreuzers Goeben gelegen. Der Dreiundzwanzigtausend-Tonner war das schönste, aber auch das furchterregendste Schiff, das er je gesehen hatte.

Seine Frau kam ins Zimmer und berührte behutsam seine Schulter. »Es ist schon spät. Was ist denn so wichtig?«

»Ich studiere das Schiff, auf dem ich reisen werde. Da es für mich Zeit wird, an einen unbekannten Ort zu gehen.«

Sie strich ihm immer noch über die Schulter. »Unbekannter Ort? Mir mußt du doch sagen können, wohin du fährst?«

»Nein. Nicht einmal dir.«

Die Finger tasteten über seine Schulter. Ihre Hand streifte den Stoff kaum. Trotzdem spürte er die Bewegung im tiefsten Innern.

»Was kannst du von all diesen Strichen und Zahlen ablesen? Ich kann nicht einmal erkennen, daß es ein Schiff ist.«

»Ich sehe gern das, was man nicht sehen kann.«

»Was ist das?«

»Die Idee. Das, was dahintersteckt. Der Wille vielleicht, der Ehrgeiz. Ich weiß es nicht sicher. Aber es gibt immer etwas dahinter, was man nicht sofort entdecken kann.«

Sie seufzte ungeduldig. Sie hatte aufgehört, mit den Fingern über seine Schultern zu streichen, und begann statt dessen, ungeduldig mit dem Zeigefinger gegen sein Schlüsselbein zu trommeln. Er versuchte zu deuten, ob sie ihm eine Mitteilung schickte.

Schließlich nahm sie die Hand weg. Er stellte sich vor, es sei ein Vogel, der aufflatterte.

Ich sage nicht die Wahrheit, dachte er. Ich vermeide es, zu sagen, wie es ist. Daß ich nach einem Punkt an Deck suche, wo man mich von der Kommandobrücke aus nicht sehen kann.

Was ich eigentlich suche, ist ein Versteck.

10

Er sah aufs Meer hinaus.

Fetzen von Nebelwolken, ein einsamer Keil von Seevögeln.

Erinnerungsbilder hervorzurufen erforderte Genauigkeit und Geduld. Was war dann geschehen, an jenem Abend im Juli, kurz bevor die Kriegserklärungen ausgefertigt wurden? Was an den Tagen der drückenden Hitze, in denen Millionen von jungen Menschen in Europa rasch mobilisiert wurden?

Er hatte die Zeichnungen eine knappe Stunde lang studiert, dann hatte er den Punkt gefunden, nach dem er suchte. Er wußte, wo er sein Versteck einrichten konnte.

Er schob die Zeichnungen beiseite. Von der Straße her hörte er ein unruhiges Brauereipferd wiehern. In einem der inneren Zimmer der großen Wohnung stellte Kristina Porzellanfiguren um, die sie von ihrer Mutter bekommen hatte. Ein Klang wie von gedämpften Glocken. Obwohl sie seit neun Jahren verheiratet waren und selten ein Abend verging, an dem sie nicht in den Regalen umräumte, war noch keine Figur zu Boden gefallen und zerbrochen.

Aber danach? Was war dann geschehen? Er konnte sich nicht erinnern. Es war, als wäre in der Erinnungsflut ein Leck entstanden. Etwas war verronnen.

Der Juliabend war windstill gewesen, die Hitze drückend, die Temperatur hatte 27 Grad betragen. Vereinzelte Donnerschläge waren aus der Richtung von Lidingö zu hören gewesen, wo sich schwarze Wolken vom Meer her näherten.

Er dachte an die Wolken. Sie riefen in ihm eine Unsicherheit hervor: Ob er sich eine Wolkenformation leichter merken konnte als das Gesicht seiner Frau?

Er schüttelte die Gedanken ab und blinzelte ins Morgengrauen hinaus. Was sehe ich? dachte er. Dunkle Felseninseln an einem noch frühen schwedischen Herbstmorgen. Irgendwann in der Nacht hatte der wachhabende Offizier den Rudergänger angewiesen, den Kurs in eine südlichere Richtung zu verändern. Die Geschwindigkeit betrug sieben oder vielleicht acht Knoten.

Fünf Knoten bedeutet Frieden, dachte er. Sieben Knoten ist eine geeignete Geschwindigkeit, wenn man in einem geheimen und eiligen Auftrag ausgesandt wird. 27,8 Knoten bedeutet Krieg. Das ist die höchste Geschwindigkeit, die die Goeben erreicht, obwohl ihre Dampfmaschinen nach hartnäckigen Gerüchten an einem Konstruktionsfehler leiden, der zu einem schwerwiegenden Leck führt.

Ihm kam der Gedanke, daß man den Punkt vorhersagen kann, an dem ein Krieg begonnen, aber nie, wann er enden wird.

11

Von Steuerbord aus, wo er unter der Treppe versteckt stand, sah man die Landlinie im Licht der Morgendämmerung. Felsinseln und äußere Schären stiegen und sanken in der rauhen See.

Hier beginnt und endet ein Land, dachte Lars Tobiasson-Svartman. Doch die Grenzlinie ist gleitend, es gibt keinen exakten Punkt, an dem das Meer endet und das Land beginnt. Die Felseninseln sind über der Meeresoberfläche kaum sichtbar. In früheren Zeiten hatten die Seeleute diese Klippen und Felsbuckel für merkwürdige und entsetzliche Wasserungeheuer gehalten. So kann ich mir auch diese Klippen vorstellen, die langsam aus dem Meer steigen wie Tiere. Aber sie erschrecken mich nicht. Für mich sind diese Klippen, die zwischen den brechenden Wellen auftauchen, nichts anderes als nachdenkliche und völlig harmlose Flußpferde, von einer Art, die es nur in der Ostsee gibt.

Hier beginnt und endet ein Land, dachte er wieder. Ein Felsen, der bedächtig seinen Rücken streckt. Ein Felsen, der Schweden heißt.

Er ging vor zur Reling und schaute in das bleigraue Meer, das entlang der Wasserlinie des Zerstörers strudelte. Das Meer weicht nie zurück, dachte er. Das Meer verkauft nie seine Haut. Im Winter ist es wie gefrorene Haut. Der Herbst ist Stille, Erwartung. Plötzliche Ausbrüche heulender Winde. Der Sommer ist nichts anderes als ein flüchtiges Aufblinken im spiegelglatten Wasser.

Das Meer, die Landhebung, all das Unbegreifliche, ist wie die langsame Bewegung von der Kindheit bis zum Alter und zum Tod. In allen Menschen findet eine Landhebung statt. Aus dem Meer kommen all unsere Erinnerungen.

Das Meer ist ein Traum, der nie seine Haut verkauft.

Er lächelte. Meine Frau will es mir nicht zeigen, wenn sie weint. Vielleicht will ich ihr aus denselben Gründen, welche es nun auch sein mögen, nicht zeigen, wer ich bin, allein mit dem Meer.

Er kehrte zu seinem Platz in Lee zurück. Am Heck leerte ein verfrorener Matrose einen Eimer mit Essensresten ins Wasser. Möwen folgten dem Kielwasser des Schiffs wie eine wachsame Nachhut. Das Deck war wieder leer. Er betrachtete weiterhin die Felseninseln. Das Morgenlicht wurde stärker.

Die Felsen und Inseln sind nicht nur Tiere, dachte er. Sie sind auch Steine, die sich vom Meer loslösen. Es gibt keine Freiheit ohne Anstrengung. Aber diese Steine sind auch Zeit. Steine, die sich langsam aus dem Meer erheben, das niemals zurückweicht.

Er nahm eine Berechnung des Standorts vor. Vor elf Stunden hatten sie Stockholm verlassen. Er berechnete erneut die Geschwindigkeit und korrigierte sie auf neun Knoten. Sie befanden sich im nördlichen Schärengebiet von Östergötland, südlich von Landsort, nördlich vom Leuchtfeuer von Häradskär, südlich oder östlich von Fällbådarna.

Er kehrte in seine Kabine zurück. Außer dem Matrosen hatte er niemanden von der großen Besatzung des Schiffs gesehen. Und natürlich hatte niemand ihn selbst oder sein Versteck entdeckt.

Er betrat die Kabine und setzte sich auf den Rand der Koje. In dreißig Minuten würde er in der Offiziersmesse frühstücken. Um halb zehn sollte er sich im privaten Salon des Befehlshabers einfinden. Fregattenkapitän Hans Rake sollte ihm die geheimen Instruktionen überreichen, die bisher im Tresor des Schiffs eingeschlossen waren.

12

Er fragte sich plötzlich, warum er so selten lachte.

Wessen war er beraubt worden? Warum dachte er so oft, er sei aus schlechtem Erz gegossen?

13

Er saß auf dem Rand der Koje und ließ den Blick langsam in der Kajüte herumwandern.

Sie maß zwei mal drei Meter, wie eine Gefängniszelle mit einem in Messing gefaßten Bullauge. Unter dem Geräteraum lag der Korridor, der die verschiedenen Teile des Schiffs miteinander verband. Nach der Konstruktionszeichnung, die er sich bis ins kleinste Detail eingeprägt hatte, gab es auch zwei wasserdichte senkrechte Schotten links von der Kajüte, aber zwei Meter tiefer im Schiff. Über seinem Kopf verlief die Treppe, die zur Mittschiffskanone an Steuerbord führte.

Er dachte: Die Kajüte ist mein fester Punkt. Mitten in diesem Punkt befinde ich mich genau in diesem Augenblick. Irgendwann in der Zukunft wird es präzise Meßinstrumente geben, die die exakte Position der Kajüte in jedem gegebenen Augenblick nach Längen- und Breitengraden zu bestimmen vermögen. Die Position wird bis auf den Bruchteil einer Sekunde auf der Weltkarte festzustellen sein. Wenn es soweit ist, wird es keinen Platz mehr für Götter geben. Wer braucht einen Gott, wenn die exakte Position eines Menschen festgestellt werden kann, wenn die innere Position eines Menschen exakt mit der äußeren Position zusammenfallen wird? Wer davon lebt, Spekulationen über Aberglauben und Religion anzustellen, muß dann etwas anderes finden, um sich zu versorgen.

Scharlatane und Seevermesser stehen jeder auf seiner Seite der entscheidenden Trennungslinie, unwiderruflich. Nicht der Datumslinie oder dem Nullmeridian, sondern der Linie, die das Meßbare von dem trennt, was nicht gemessen werden kann und was daher auch nicht existiert.

Er zuckte zusammen. Irgend etwas an diesem Gedanken verwirrte ihn. Aber er kam nicht darauf, was es war.

Er nahm seinen Rasierspiegel aus dem Etui, das Kristina Tacker mit seinen Initialen und einer kindlich geformten Rose bestickt hatte.

Jedesmal, wenn er in den Spiegel sah, holte er tief Luft. Es war, als bereitete er sich auf einen Abstieg in große Tiefe vor. Er bildete sich ein, im Spiegel einem fremden Gesicht zu begegnen.

14

Stets durchzog ihn ein heftiges Gefühl der Erleichterung, wenn er seine Augen erkannte, die gerunzelte Stirn, die Narbe über dem linken Auge.

Er betrachtete sein Gesicht und dachte daran, wer er war. Ein Mann, der in der schwedischen Flotte Karriere gemacht hatte, mit dem Ehrgeiz, eines Tages die Hauptverantwortung für die Kartierung der geheimen militärischen schwedischen Fahrwasser übertragen zu bekommen.

War er sonst noch etwas?

Eine Person, die unentwegt Abstände und Tiefen vermaß, in der äußeren Wirklichkeit ebenso wie in dem Meer, das in seinem Innern noch nicht kartiert war.

15

Er strich sich mit der Hand über die Wangen, legte den Spiegel zurück ins Etui. Er war außerdem ein Mann, der seinen Nachnamen geändert hatte. Anfang März 1912 war sein Vater verstorben. Ein paar Wochen vor der Eröffnung der Olympischen Spiele im neugebauten Ziegelstadion von Stockholm beantragte er beim Königlichen Patent- und Registrierungsamt eine Namensänderung. Um den Abstand zu seinem verstorbenen Vater zu vergrößern, hatte er beschlossen, den Mädchennamen seiner Mutter zwischen seinen Vornamen und den Namen Svartman zu stellen. Seine Mutter hatte immer versucht, ihn vor dem launischen und ständig aufbrausenden Vater zu schützen. Sein Vater war tot. Aber auch tote Menschen können eine Bedrohung darstellen. Von nun an würde seine Mutter auch in seinem Namen als schützende Mauer gegenwärtig sein.

Er legte das Spiegeletui weg und klappte den Deckel einer Holzschachtel auf, die er auf den kleinen Tisch mit Sturmkante gestellt hatte. Darin befanden sich vier Uhren. Drei Uhren zeigten exakt die gleiche Zeit. Sie kontrollierten einander. Bei der letzten, die er von seinem Vater geerbt hatte, waren die Zeiger unbeweglich. Da war die Zeit stehengeblieben.

Er klappte den Deckel über den Uhren zu. Drei zeigten ihm die Zeit, die vierte den Tod.

16

Drei Offiziere erhoben sich und betrachteten ihn neugierig, als er die Messe betrat. Einen Mann mit kurzsichtigen Augen kannte er. Es war der Flaggsteuermann Höckert, der ihn am Abend zuvor am Landungssteg begrüßt hatte.

Höckert stellte ihn den beiden anderen in der Messe vor. »Meine Kollegen hier sind Leutnant Sundfeldt und Artilleriekapitän von Sidenbahn.«

Der Artilleriekapitän war groß und schlank und roch stark nach Rasierwasser oder Gin.

»Sie fragen sich natürlich, was ein Artilleriekapitän an Bord eines Schiffs zu suchen hat? Gewöhnlich bewegen wir uns mit größerer Stärke und Entschlossenheit an Land. Mitunter können aber Artilleriekapitäne auch an Bord eines Panzerschiffs nützlich sein. Besonders wenn neue Kanonenbesatzungen trainiert werden sollen und Mangel an Offizieren herrscht.«

Sie setzten sich. Ein Messestewart servierte Kaffee. Keiner stellte irgendwelche Fragen. Fregattenkapitän Rake hatte die Offiziere natürlich darüber informiert, daß sie auf ihrer Fahrt zu den äußersten Schären von Östergötland einen Kapitän mit Geheimauftrag an Bord haben würden.

Leutnant Sundfeldt und Artilleriekapitän von Sidenbahn verließen die Messe.

»Haben Sie den Befehlshaber des Schiffs getroffen?« fragte Höckert.

Er sprach einen ausgeprägten Dialekt, möglicherweise småländisch, oder er kam aus Halland oder Bohuslän.

»Nein«, erwiderte Lars Tobiasson-Svartman. »Fregattenkapitän Rake ist ein Mann, den ich nur über Gerüchte kenne.«

»Gerüchte sind meist falsch oder übertrieben. Aber immer gibt es einen wahren Kern. Die Wahrheit über Rake ist, daß er sehr tauglich ist. Möglicherweise ein wenig träge. Aber wer ist das nicht?«

Höckert stand auf, schlug die Hacken zusammen und salutierte andeutungsweise. Lars Tobiasson-Svartman beendete sein Frühstück allein. Von Deck war Leutnant Sundfeldts wütende Stimme zu hören. Aber er konnte nicht verstehen, worüber er sich so erregte.

Es war jetzt heller Tag. Fregattenkapitän Rake wartete. Aus dem Tresor würde er die geheimen Instruktionen holen.

Das Panzerschiff steuerte südwärts. Der Wind war noch immer böig und schien zwischen den Himmelsrichtungen zu kreisen. Auf dem Land hatte es wieder zu regnen angefangen.

17

Die Begegnung zwischen Fregattenkapitän Rake und Lars Tobiasson-Svartman wurde durch ein unerwartetes Intermezzo gestört. Sie hatten sich gerade die Hand gegeben und sich auf die festgeschraubten Ledersessel in Rakes Salon gesetzt, als Leutnant Sundfeldt zur Tür hereinkam und mitteilte, ein Mann von der Besatzung sei erkrankt. Ob der Zustand lebensbedrohlich sei, könne er nicht beurteilen, aber der Mann habe starke Schmerzen.

»Niemand kann so starke Schmerzen simulieren«, sagte Leutnant Sundfeldt.

Rake saß für einen Moment schweigend da und betrachtete seine Hände. Er war als ein Mann bekannt, der für seine Besatzung eintrat, und daher war Lars Tobiasson-Svartman nicht erstaunt, als Rake sich erhob.

»Es ist ein Unglück, daß der Schiffsarzt Hallman Urlaub bekommen hat, um an der Hochzeit seiner Tochter teilzunehmen. Wir müssen unser Treffen verschieben.«

»Selbstverständlich.«

Rake war schon fast an der Tür des Salons, als er sich umdrehte. »Kommen Sie mit. Einen kranken Mann der Besatzung zu besuchen läßt sich hervorragend damit kombinieren, das Schiff in Augenschein zu nehmen. Wer ist es?«

Die Frage war an Leutnant Sundfeldt gerichtet.

»Der Bootsmann der Stammbesatzung Johan Jakob Rudin.«

Rake suchte in seinem Gedächtnis. »Rudin, der in Kalmar angemustert hat?«

»Stimmt genau.«

»Was ist passiert?«

»Er hat Bauchschmerzen.«

Rake nickte. »Meine Bootsmänner klagen nicht ohne Grund.«

Sie verließen den Salon, passierten einen engen Korridor und traten dann hinaus auf eine Treppe. Der böige und kalte Wind ließ sie sich ducken. Leutnant Sundfeldt ging an der Spitze, danach Fregattenkapitän Rake und zuletzt Lars Tobiasson-Svartman.

Wieder hatte er die Empfindung, an einer Prozession teilzunehmen.

»Ich bin seit neunzehn Jahren Befehlshaber auf den Schiffen der Flotte«, sagte Rake. Er rief laut, um sich im Wind verständlich zu machen.

»Bisher habe ich erst vier Besatzungsmänner verloren«, fuhr er fort. »Zwei sind an starken Fieberanfällen gestorben, ehe wir sie an Land bringen konnten, ein Maschinist ist rücklings von einer Treppe gestürzt und hat sich den Hals gebrochen. Ich glaube immer noch, daß der Mann betrunken war, auch wenn es sich nicht beweisen ließ. Außerdem hatte ich einmal einen psychisch kranken Unteroffizier, der sich ungefähr in der Höhe des Leuchtturms von Grundkallen ins Meer stürzte. Hinter dieser Katastrophe lag etwas Unwürdiges, Schulden und gefälschte Wechsel. Ich hätte vielleicht die Gefahr erkennen müssen. Aber es ist meist schwer, Besatzungsmänner zu hindern, die wirklich entschlossen sind, sich über Bord zu werfen. Wir haben natürlich immer Schiffsärzte an Bord, ausgenommen auf dieser Reise. Aber die Ärzte der Flotte gehören selten zu den kompetentesten.«

Rake unterbrach sich und deutete irritiert auf einen Eimer, der neben einer Leiter lag. Leutnant Sundfeldt rief einem Matrosen zu, diese Schlamperei sofort zu beseitigen.

»Schon früh in meiner Karriere habe ich etwas über medizinische Diagnostik gelernt«, fuhr Rake fort. »Abgesehen davon, daß ich natürlich Zähne ziehen kann. Es gibt eine Anzahl von äußerst wirksamen Hilfsmitteln, um Menschen am Leben zu erhalten. Ich tröste mich und schmeichle mir vielleicht auch damit, daß meine Kapitänskollegen oft eine bedeutend höhere Anzahl von Toten auf ihren Schiffen zu beklagen haben als ich.«

Über verschiedene Treppen suchten sie sich ihren Weg zu den am tiefsten gelegenen Räumen des Schiffs. Lars Tobiasson-Svartman spürte, daß sie sich jetzt genau auf der Höhe der Wasserlinie befanden. Die Luft war drückend, der Ölgeruch stickig.

Sie stiegen weiter hinab in die Tiefe.

18

Der Bootsmann lag in seiner Hängekoje. Es roch muffig und nach Schweiß und Angst.

Lars Tobiasson-Svartman fiel es schwer, in der Dunkelheit Einzelheiten zu erkennen. Seine Augen brauchten lange, um sich an den Übergang von Hell und Dunkel zu gewöhnen.

Rake zog seine Handschuhe aus und beugte sich über die Koje. Rudins Gesicht glänzte, seine Augen irrten unruhig umher. Er glich einem verschreckten gefangenen Tier.

»Wo sitzt der Schmerz?« fragte Rake.

Rudin schlug die Decke zurück und lag im Hemd da. Er zog es über dem Brustkorb hoch. Die drei Männer beugten sich gleichzeitig über die Koje. Rudin deutete auf einen Bereich rechts vom Nabel. Allein die Handbewegung ließ ihn vor Schmerzen grimassieren.

»Wie lange tut es schon weh?« fragte Rake.

»Seit gestern abend. Wir hatten Stockholm gerade verlassen, als es anfing.«

»Anhaltend oder stoßweise?«

»Erst stoßweise, jetzt anhaltend.«

»Haben Sie diesen Schmerz schon früher einmal gehabt, Rudin?«

»Ich weiß es nicht.«

»Denken Sie nach. Kein Schmerz gleicht dem anderen.«

Rudin lag unbeweglich da und dachte nach. »Nein«, sagte er dann. »Diese Schmerzen sind neu. Ich habe noch nie zuvor so etwas empfunden.«

Rake legte seine magere Hand auf den Bereich, in dem Rudin Schmerzen hatte. Er übte mit der Handfläche Druck aus, erst leicht, dann stärker. Rudins Gesicht verzerrte sich, und er stöhnte.

Rake nahm die Hand weg. »Es ist vermutlich eine Blinddarmentzündung.«

Er richtete sich auf. »Sie müssen operiert werden. Es wird gutgehen.«

Rudin schaute seinen Kapitän dankbar an und zog die Decke wieder bis zum Kinn hoch. Trotz der Schmerzen salutierte er in seiner liegenden Stellung.

Sie kehrten aufs obere Deck des Schiffs zurück. Rake erteilte Leutnant Sundfeldt die Anweisung, der Funker solle die Thule kontaktieren, eins der Kanonenboote erster Klasse, mit der die Svea gleich östlich des Leuchtturms von Sandsänkan ein Treffen vereinbart hatte.

»Sie müßten sich jetzt auf nördlichem Kurs befinden, irgendwo zwischen Västervik und Häradskär«, sagte Rake. »Das Kanonenboot soll so schnell wie möglich entgegenkommen, um Rudin an Bord zu nehmen und ihn nach Bråviken zu bringen. Norrköping hat ein gutes Lazarett. Ich möchte keinen meiner Bootsmänner verlieren.«

Leutnant Sundfeldt grüßte und verschwand. Schweigend kehrten sie in den Salon zurück. Rake hielt ihm ein Zigarrenetui hin. Lars Tobiasson-Svartman lehnte dankend ab. Er hatte zu Beginn seiner Ausbildung zum Schiffsoffizier versucht zu rauchen. Unter allen Kurskameraden waren nur drei Nichtraucher. Aber er konnte es sich nicht angewöhnen. Den Rauch einer Zigarre oder Zigarette in die Lungen einzuziehen verursachte bei ihm Erstickungsgefühle, die schnell in Panik umzuschlagen drohten.

Rake zündete sorgfältig seine Zigarre an. Die ganze Zeit horchte er auf die Vibrationen im Schiffsrumpf. Lars Tobiasson-Svartman war dieses Verhalten bei erfahrenen älteren Kapitänen seit langem aufgefallen. Sie standen auf der Kommandobrücke, auch wenn sie in ihrem Salon saßen und Zigarren rauchten. Die Vibrationen im Rumpf schienen sich in Bilder zu verwandeln, die ihnen mitteilten, wo auf See sie sich befanden.

Dann sprachen sie über den Krieg.

19

Rake berichtete, die englische Flotte habe in großer Eile und einer gewissen Unordnung bereits am 27. Juli ihre Basen auf Scapa Flow verlassen, obwohl noch keine Kriegserklärungen vorlagen. Die Admiralität habe erklärt, man gedenke nicht, der deutschen Hochseeflotte eine Möglichkeit zu geben, die englischen Schiffe anzugreifen, solange sie sich an ihren Basen befänden. Periskope deutscher U-Boote seien am 27. Juli im Morgengrauen von den Mannschaften englischer Fischerboote gesichtet worden. Die Trawler, durch die Pentland Firth unterwegs zu den Fischgründen der Doggerbank weiter draußen in der Nordsee, hatten mindestens drei U-Boote gesichtet.

Lars Tobiasson-Svartman konnte die Kartenbilder vor sich sehen. Er hatte ein fast photographisches Gedächtnis, wenn es um Seekarten ging. Scapa Flow, Pentland Firth, die Basen der britischen Marine auf den Orkneyinseln; er konnte sogar aus dem Gedächtnis die wichtigsten Angaben über die Tiefen in den Einmündungsrinnen der verschiedenen Naturhäfen abrufen.

»Möglicherweise wird die englische Flotte eine Überraschung erleben«, sagte Rake nachdenklich.

Lars Tobiasson-Svartman wartete auf eine Fortsetzung, die nicht kam.

»Was für eine Überraschung?« fragte er, nachdem er ein angemessenes Schweigen gewahrt hatte.

»Daß die deutsche Marine bedeutend besser gerüstet ist, als die arroganten Engländer es sich vorstellen.«

Rakes Worte hatten einen deutlichen Nebensinn. Schweden war noch nicht in den Krieg einbezogen, aber die schwedische Flotte bereitete sich darauf vor, daß dies bald geschehen könnte. Dann sollte es auch keinen Zweifel darüber geben, wo die Sympathien des schwedischen Militärs lagen. Auch wenn die Regierung und der Reichstag Schweden als neutral erklärt hatten.

Das Gespräch verebbte.

Rake legte die Zigarre in einen schweren Aschenbecher aus Porphyr, stand auf, nahm einen Schlüssel von der Uhrkette und kniete sich vor den großen schwarzen, im Boden verschraubten Tresor.

Die geheimen Instruktionen lagen in einer einfachen Stoffmappe, zugebunden mit einem blau-gelben dünnen Seidenband. Rake übergab Lars Tobiasson-Svartman die Akte und kehrte zu seiner Zigarre zurück.

Er öffnete die Mappe. Obwohl er das Ziel seines Auftrags kannte, waren ihm die detaillierten Pläne des Marinestabs unbekannt. Er setzte sich auf seinen Stuhl, balancierte die Mappe auf den Knien und begann zu lesen.

Aus dem Augenwinkel sah er, daß Rake den Rauch seiner Zigarre beobachtete.

20

Das Panzerschiff vibrierte wie ein keuchendes Tier.

Lars Tobiasson-Svartman verglich die verschiedenen Schiffstypen oft mit den Tieren der schwedischen Fauna. Die Torpedoboote glichen Wieseln und Iltissen, Panzerschiffe waren rasch zuschlagende Falken, Kreuzer jagten wie hungrige Wolfsrudel, große Schlachtschiffe waren einsame Bären, die sich nicht gern reizen ließen. Tiere, die in der Natur Feinde waren, konnten als Schiffssymbole dazu gebracht werden, zusammenzuarbeiten und sich sogar füreinander zu opfern.

Er las auf dem Aktendeckel, daß die Instruktionen vertraulich und ausschließlich für Kapitän Lars Svartman bestimmt waren. Sie konnten in ausgewählten Teilen kopiert werden, doch das Original sollte Rake zurückgegeben werden, ohne daß es die Kajüte verlassen hatte.

Für die schwedische Flotte existierte seine Namensänderung noch nicht, obwohl er seine Vorgesetzten, nachdem vom Königlichen Patent- und Registrierungsamt der Bescheid gekommen war, umgehend informiert hatte.

An Bord dieses Schiffs und für den Marinestab war er noch immer Lars Svartman, sonst nichts.

Er las:

Ihre Aufgabe wird es sein, unverzüglich Kontrollmessungen der besonderen und vertraulichen militärischen Fahrwasser vorzunehmen, die Kalmarsund, den südlichen Teil, mit den nördlichen, mittleren und südlichen Einmündungen nach Stockholm verbinden. Besonders bedeutsam sind die Kontrollmessungen der Sunde, Durchfahrten und übrigen Einmündungen, die 1898 und 1902 im Verhältnis zu dem für jeden Schiffstyp angegebenen größtmöglichen Tiefgang beim Leuchtturm von Sandsänkan verzeichnet sind. Als Basis für die Seevermessungen dient das Panzerschiff Svea. Meßschiffe werden das Kanonenboot Blenda sowie die notwendigen Barkassen und Wachboote sein.

Auf die einleitende Instruktion folgten detallierte Anweisungen, die genauestens befolgt werden sollten.

Er schlug die Mappe zu und verknotete das Seidenband.

»Keine Abschriften?«

»Ich denke nicht, daß ich sie brauche.«

»Sie sind noch jung«, sagte Rake und lächelte. »Alte Männer verlassen sich nicht auf ihr Gedächtnis. Junge Männer verlassen sich manchmal zu sehr darauf.«

Lars Tobiasson-Svartman erhob sich und schlug die Hacken zusammen. Es war, als gäbe er sich selbst einen Tritt. Rake machte eine Geste mit der Hand, um zu zeigen, daß Lars Tobiasson-Svartman die Stoffmappe auf den Tisch legen könne.

»Es wird einen langen Krieg geben«, sagte Rake. »Lord Kitchener vom englischen Oberkommando hat das begriffen. Ich fürchte, daß sein deutscher Gegenpart noch nicht verstanden hat, daß dieser Krieg grausamer werden wird als alle früheren in der schrecklichen Geschichte der Menschheit.«

Rake verstummte, als wären seine Gedanken zu überwältigend geworden.

Dann fuhr er fort. »Tausende Männer werden sterben. Hunderttausende, vielleicht Millionen. Es gibt Leute, die glauben, der Krieg könne bis Weihnachten beendet sein. Ich bin der Überzeugung, daß er viele Jahre währen wird. Mehr Schiffe als in irgendeinem früheren Krieg werden versenkt werden. Die Tonnagen, die gesprengt werden und untergehen, wird man eines Tages in Milliarden Tonnen zählen.«

Rake verstummte wieder. Abwesend fingerte er an dem blau-gelben Seidenband.

Mehr Menschen als je zuvor werden ertrinken, dachte Lars Tobiasson-Svartman. Matrosen und Kommandanten werden in dem brennenden Inferno zu Tode kommen. Die Ostsee, die Nordsee, der Atlantik, vielleicht auch noch andere Meere werden von Schreien erfüllt sein, die langsam erstickt werden und verstummen.

Tausend Seeleute wiegen etwa sechzig Tonnen. Im Krieg geht es nicht nur darum, wie viele Menschen fallen. Es geht auch darum, daß eine große Anzahl lebender Tonnen in tote Tonnen verwandelt wird.

Man spricht vom toten Gewicht eines Schiffs. Auch das Gewicht eines Menschen kann in die Maßeinheiten des Todes umgerechnet werden.

21

Er verließ den Salon.

Zerrissene Wolken jagten über den Oktoberhimmel. Er dachte an den Auftrag, der ihn erwartete. Zugleich fragte er sich, ob Rake recht habe. Würde der Krieg so entsetzlich und lang werden, wie er es prophezeit hatte?

Das Schiff drosselte die Geschwindigkeit und legte sich langsam in den Wind. Er sagte sich, daß es beidrehte, um auf das Kanonenboot zu warten, das Rudin nach Norrköping bringen sollte.

Er ging weiter zu seiner Kajüte. Dort legte er die Uniformjacke ab, schnürte die Schuhe auf und streckte sich in der Koje aus. Jemand hatte das Bett gemacht, während er bei Rake war.

Er lag mit den Händen unter dem Kopf, fühlte die schwachen Vibrationen, die durch das Schiff pulsierten, und durchdachte das, was ihn erwartete.

22

Es war wie ein Ritual.

Ein neuer Auftrag mußte nicht unbedingt erschreckend sein, weil er geheim war. Was er vor sich hatte, würde von Routine geprägt sein, nicht von unvorhersehbaren dramatischen Ereignissen.

Er haßte Unordnung und Chaos. Die Meerestiefen zu kartieren erforderte eine große Ruhe, eine fast meditative Stille.

In Friedenszeiten werden die neuen Kriege vorbereitet, dachte er. Die schwedische Flotte hatte seit Mitte des 19. Jahrhunderts eine große Anzahl von Expeditionen losgeschickt, um entlang der schwedischen Küsten alternative Fahrwasser ausfindig zu machen. Einige dieser Expeditionen waren schlecht organisiert und unzulänglich geführt, andere waren erfolgreich.