Vorwort
1. Advent: Als habe einer gewartet (Sacharja 9,9)
2. Advent: Die Hilfe vor der Tür (Lukas 21,28)
3. Advent: Den Weg bereiten (Jesaja 40,3.10)
4. Advent: So viele Lichter (Philipper 4,4.5)
Christfest und 1. Sonntag nach dem Christfest: Die Macht des Wortes (Johannes 1,14)
Altjahrsabend: Silvester (Psalm 103,8)
Neujahr: Der Zauber des Neuanfangs (Kolosser 3,17)
2. Sonntag nach dem Christfest: Das Ganze sehen (Johannes 1,14b)
Epiphanias: Das wahre Licht (1. Johannes 2,8b)
1. Sonntag nach Epiphanias: Gesegnet sein (Römer 8,14)
2. Sonntag nach Epiphanias: Unter seinem Dach (Johannes 1,17)
3. Sonntag nach Epiphanias: An Gottes Tisch (Lukas 13,29)
4. Sonntag nach Epiphanias: Im Nachhinein (Psalm 66,5)
5. Sonntag nach Epiphanias: Schön unter Gottes Blick (1. Korinther 4,5b)
Letzter Sonntag nach Epiphanias: Wie die Sonne (Jesaja 60,2)
Septuagesimae: Barmherzige Gerechtigkeit (Daniel 9,18)
Sexagesimae: Das Herz berührbar halten (Hebräer 3,15)
Estomihi: Hinschauen und Standhalten (Lukas 18,31)
Invokavit: Als der Teufel verschwand (1. Johannes 3,8)
Reminiszere: Mit der Sehnsucht leben (Römer 5,8)
Okuli: Gespannt zwischen Gestern und Morgen (Lukas 9,62)
Lätare: Wie der Himmel wächst (Johannes 12,24)
Judika: Der ganz andere Gott (Matthäus 20,28)
Palmarum: Einer will nach unten (Johannes 3,14.15)
Gründonnerstag: Ins Leben gezeichnet (Psalm 111,4)
Karfreitag: Mitten im Leben (Johannes 3,16)
Osterfest: Maria (Offenbarung des Johannes 1,18)
Quasimodogeniti: Von der Hoffnung (1. Petrus 1,3)
Miserikordias Domini: Durch die Freiheit begleitet (Johannes 10,11.27.28)
Jubilate: Den Koffer öffnen (2. Korinther 5,17)
Kantate: Dem Wunder antworten (Psalm 98,1)
Rogate: Beten (Psalm 66,20)
Himmelfahrt bis Exaudi: Himmelfahrt bis Exaudi: Hinreißend, der Himmel (Johannes 12,32)
Pfingstfest: Regenbogen (Sacharja 4,6)
Trinitatis: Wo Gott heute sein könnte (Jesaja 6,3)
1. Sonntag nach Trinitatis: Der genaue Blick (Lukas 10,16)
2. Sonntag nach Trinitatis: Halleluja (Matthäus 11,28)
3. Sonntag nach Trinitatis: Gefunden werden (Lukas 19,10)
Johannis: Johannes und Jesus (Johannes 3,30)
4. Sonntag nach Trinitatis: Christus hat keine Hände (Galater 6,2)
5. Sonntag nach Trinitatis: Der Engel mit den behutsamen Händen (Epheser 2,8)
6. Sonntag nach Trinitatis: Vaters Hand (Jesaja 43,1)
7. Sonntag nach Trinitatis: Herzlich willkommen (Epheser 2,19)
8. Sonntag nach Trinitatis: Ihr seid das Licht (Epheser 5,8.9)
9. Sonntag nach Trinitatis: Das geliehene Leben (Lukas 12,48)
10. Sonntag nach Trinitatis: Das nicht an Grenzen gebundene Volk Gottes (Psalm 33,12)
11. Sonntag nach Trinitatis: Ganz unten beginnt ein neues Leben (1. Petrus 5,5)
12. Sonntag nach Trinitatis: Mittendrin (Jesaja 42,3)
13. Sonntag nach Trinitatis: Vom Weltgericht (Matthäus 25,40)
14. Sonntag nach Trinitatis: Die Schatzkiste (Psalm 103,2)
15. Sonntag nach Trinitatis: Von den Sorgen (1. Petrus 5,7)
16. Sonntag nach Trinitatis: Unter den Blättern (2. Timotheus 1,10)
17. Sonntag nach Trinitatis: Durch die Zweifel getragen (1. Johannes 5,4)
Michaelis: Der Engel (Psalm 34,8)
Erntedank: Durch unsere Hände (Psalm 145,15)
18. Sonntag nach Trinitatis: Resonanzräume Gottes sein (1. Johannes 4,21)
19. Sonntag nach Trinitatis: Heil im Versehrten (Jeremia 17,14)
20. Sonntag nach Trinitatis: Richtschnur für das Leben (Micha 6,8)
21. Sonntag nach Trinitatis: Amy (Römer 12,21)
Reformationstag: Die Arbeit der Engel (1. Korinther 3,11)
22. Sonntag nach Trinitatis: Sich selbst verzeihen (Psalm 130,4)
23. Sonntag nach Trinitatis: Ins unsterbliche Leben (1. Timotheus 6,15.16)
24. Sonntag nach Trinitatis: Tüchtig gemacht (Kolosser 1,12)
Drittletzter Sonntag des Kirchenjahres: Gehalten (2. Korinther 6,2)
Vorletzter Sonntag des Kirchenjahres: Himmel und Hölle (2. Korinther 5,10)
Gedenktag der Entschlafenen: Absurdes Spiel (Psalm 90,12)
Bußtag: Der gestrichene Feiertag (Sprüche Salomos 14,34)
Letzter Sonntag des Kirchenjahres: Gehen können (Lukas 12,35)
Dank
Textnachweis
Erdennah – himmelweit: Anders kann ich Gott nicht denken. Erdverbunden, ein Mensch wie wir, nah, an unserer Seite. Und doch größer als alles, was wir über ihn sagen und denken können. Himmelweit in seiner Liebe.
Erdennah – himmelweit: So möchte ich glauben. Bodenständig, hinschauend, fragend, begleitend, zweifelnd. Und doch offen und weit, hoffend, staunend und träumend.
Aufmerksam will ich bleiben, will das Leben erkunden und Hinweise entdecken, wie Himmel und Erde, Gott und Mensch miteinander verbunden sind. Beharrlich möchte ich sein und mich hineinziehen lassen in einen Glauben, der die Erde verändert. Und ich wünsche mir Worte, die lebendig sind, die neue Wege und Weisen finden, um von und mit Gott zu sprechen.
Aus dieser Sehnsucht heraus ist dieses Buch entstanden, das Sie in den Händen halten. Wie schön wäre es, wenn es Sie begleiten dürfte, Woche für Woche und zu den besonderen Anlässen des Kirchenjahres!
Erdennah – himmelweit: Vielleicht liegt das Buch aufgeschlagen an einem Platz in Ihrer Wohnung. Im Vorbeigehen schauen Sie ab und zu hinein, und es ergeben sich Beziehungen zwischen den Texten und Ihrem Alltag. Vielleicht blättern Sie manchmal darin wie in einem Lesebuch und Sie entdecken eine Verbindung zu Ihrem Leben. Oder Sie werden mithilfe des Registers fündig, wenn Sie etwas zu einem bestimmten Thema oder einer Bibelstelle lesen möchten.
Die Formen in diesem Buch sind vielfältig, sie möchten anregen: sich selbst auf Spurensuche zu begeben, eine eigene Sprache zu finden, zu erzählen oder zu fragen, zu dichten oder zu beten. Das wünsche ich mir: dass wir, Sie und ich, mit unseren Worten und unserem Leben von und zu dem sprechen, der ganz nah ist und der uns zugleich den Himmel öffnet.
Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.
(Sacharja 9,9)
Sie drückt die Klinke hinunter und öffnet die schwere Tür. Lange schon ist sie nicht mehr hier gewesen. Jetzt betritt sie leise den Kirchenraum.
Langsam geht sie nach vorn, Schritt für Schritt, schaut auf das runde Fenster über dem Altar, das im Sonnenschein bunte Lichtflecken in den Raum wirft. Es kommt ihr vor, als sei die Kirche kleiner geworden.
Sie setzt sich in die zweite Bank. Da hat sie als Konfirmandin immer gesessen. Eigentlich ist sie damals ganz gern hergekommen. Sie mochte besonders die Lieder. Und den Segen zum Schluss. Aber das durfte man natürlich nicht sagen.
Sie schaut auf den Adventskranz, der neben dem Altar hängt. Drei neue Kerzen, eine angebrannte. Es geht im Eiltempo auf Weihnachten zu.
Sie ist schon lange nicht mehr in einer Kirche gewesen. Keine Zeit. Im Advent schon gar nicht. Da ist ja so viel zu tun.
Nein, eigentlich ist es nicht nur die Zeit, die fehlt. Ehrlich gesagt war sie auf den lieben Gott in den letzten Jahren nicht gut zu sprechen. Die Trennung von ihrem Mann, das war hart. Und dann noch der Tod ihrer Mutter, der so plötzlich kam. Tränen steigen ihr in die Augen. Sie vermisst sie noch immer. Manchmal hat sie sich gefragt, wo da Gott wohl geblieben ist. Ob er sie vergessen hat?
Ihr Blick fällt auf das Bild über dem Altar: Maria, Josef und das Kind. Ein Säugling, gerade erst geboren. Doch von seiner Krippe geht ein Lichtschein aus. Sie spürt ihre alte Sehnsucht wieder, nach einem, der Licht in dunkle Zeiten bringt. „Ich habe Gott aus den Augen verloren“, denkt sie.
Sie nimmt das Gesangbuch, das hat wohl einer in der Bank liegen gelassen. Lied Nummer eins steht an der Anschlagtafel. Neugierig schlägt sie es auf. Das erste Lied im Gesangbuch ist ein Adventslied: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“.
Sie denkt daran, wie sie vorhin die schwere Kirchentür geöffnet hat. Zum ersten Mal seit langem. Sie ist froh, dass sie gekommen ist. Es ist, als habe hier einer auf sie gewartet.
Guter Gott,
wie schwer ist das:
den Riegel zurückzuschieben,
den Schlüssel zu drehen,
die Tür zu öffnen.
Wie viel Mut kostet es,
den Zaun abzubauen,
die Mauern zu öffnen,
die Grenzen zu weiten.
Mach uns empfänglich
für deine Weise,
zu uns zu kommen.
Damit wir dich willkommen heißen
mit offenem Herzen
und sanftem Mut.
Seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.
(Lukas 21,28)
Was ist heute hinter der Tür? Einen Moment hält er inne, spürt sein Herz klopfen. Er stützt sich auf seinen Stock, dann drückt er sachte die Klinke hinunter und betritt das Zimmer. „4711“ hängt im Raum, nur ein Hauch. Sie sitzt im Sessel, es scheint einer der besseren Tage zu sein.
„Hallo, mein Schatz“, sagt er, „wie geht es dir heute?“, und schaut in ihre Augen. Wasserblau sind sie, immer noch. Sie sieht ihn an, fremd, als müsse sie weit zurückgehen in die Erinnerung. Er nimmt ihre Hand, streicht darüber. Worte sind gar nicht nötig, denkt er.
Auf dem Tisch steht ein Adventsgesteck. Er stellt ein paar Spekulatius dazu und legt eine CD mit Adventsliedern in den CD-Player. Gemeinsam hören sie eins ihrer Lieblingslieder: „Wie soll ich dich empfangen und wie begegn‘ ich dir?“
Früher hat sie das immer gemacht: die Wohnung adventlich geschmückt und mit der Familie jeden Sonntag die Kerzen angezündet. Manchmal haben sie Adventslieder gehört. Sie hat sogar oft mitgesungen.
Er reicht ihr einen Spekulatius. Das Essen fällt ihr schwer. Immer wieder fallen Krümel aus ihrem Mund. Er wischt sie weg mit seinem karierten Taschentuch.
„Weißt du noch, wie wir früher mit den Kindern um den Adventskranz gesessen haben?“, fragt er. „Deine Zimtsterne waren immer so lecker.“ Es scheint ihm, als wolle sie lächeln.
„Seid unverzagt, ihr habet die Hilfe vor der Tür“, singt der Chor im Hintergrund. Er denkt daran, wie er jeden Tag vor ihrer Tür steht. Er fühlt sich oft so hilflos. Unverzagt zu sein, das ist gar nicht so einfach ...
Und doch, das ist ein schöner Gedanke: Seid unverzagt, ihr habet die Hilfe vor der Tür. Dort steht einer, der mit ihm das Zimmer betritt. Einer, der hilft und ihm das Herz stärkt. Das brauche ich, denkt er. Und sie wohl auch. Das verbindet uns miteinander.
Dann nimmt er die Streichhölzer und zündet die Kerzen an. Zwei Kerzen für den zweiten Advent. Eine für dich und eine für mich, denkt er.
Unter den Engeln
von Bethlehem
ist einer,
der schweigt.
Es hat ihm
die Sprache verschlagen.
Das Lied
von der großen Freude,
es scheint ihm
unangebracht.
Selbst in der
Heiligen Nacht.
Er hat das
Elend gesehen.
Unter den Engeln
von Bethlehem
ist einer,
er weint
mit dir.
Bereitet dem Herrn den Weg; denn siehe, der Herr kommt gewaltig.
(Jesaja 40,3.10)
Der Ewige kommt ins Zeitliche. Er kommt mit unvorstellbarer Kraft. Wer jedoch einen gewalttätigen Herrscher erwartet, der mit Trara und Getöse daherkommt, der irrt. Vielmehr wird der, der da kommen soll, im Umfeld des Bibelverses beschrieben mit den sanften Bildern eines guten Hirten: Er wird die Herde weiden, er wird die Lämmer in seinen Arm sammeln und im Bausch seines Gewandes tragen, und die Mutterschafe wird er führen.
Einige Jahrhunderte später werden andere Menschen auf diese Bilder zurückgreifen, wenn sie Jesus beschreiben.
Heute, wiederum viele Jahrhunderte später, werden wir hineingenommen in die Geschichte Gottes, der sich und sein Kommen uns Menschen verspricht. Heute werden wir aufgefordert, ihm den Weg zu bereiten.
Ich frage mich, wie sich vielleicht auch damals die Menschen gefragt haben: Wie soll das gehen, dass wir den Weg bereiten für diese kraftvolle und doch so sanfte Ankunft? Wir, einfache Menschen, die an die Zeit gebunden sind und in ihr vergehen, wir, ein welkendes Gras, das von einem Atemzug Gottes verweht werden kann? Wie soll es möglich sein, dass wir, die Sterblichen, dem Ewigen eine Bahn machen?
Tröstet, redet freundlich, hat Jesaja damals gesagt, und die Worte klingen bis ins Heute: Auch die Vorbereitung auf Gottes Kommen soll nicht von Trara und Getöse begleitet sein, sie soll auf den hinweisen, der kommen wird, soll ihm entsprechen. Freundlich soll sie sein, liebevoll, tröstend. Ausgestattet mit einer sanften Kraft, beharrlich und unbeirrbar. Getragen von einer Hoffnung und einem Versprechen: Gott kommt. Der Ewige will im Zeitlichen wohnen.
Ja, so könnte es werden, so könnte der Weg das Ziel sein: Bis er kommt, der uns aufhebt und uns birgt im Bausch seines Gewandes, bis er uns leitet, dieser gute Hirte, der unser Leben ins Ewige fließen lässt und den Tod beendet auf immer.
Über den Feldern
von Bethlehem
klingt Licht,
schwingt sich
ein klarer Ton
in die Welt,
erobert sich
Resonanzräume
im Widerständigen,
im Leeren –
Räume auch im
harten Holz
unserer Herzen,
in denen einer
am Rande der Nacht
von Freude singt.
Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich:
Freuet euch! Der Herr ist nahe! (Philipper 4,4.5)
Adventszeit. So viele Lichter. Kommt eins an bei mir?
Ich fahre in die Stadt, gegen Abend. In den Fenstern leuchten die Lichter. Sterne, Engel, Weihnachtsmänner. Weiß, bunt und manchmal blinkend. Was aber mag hinter den Fenstern sein? Ein Kind, das gespannt auf Weihnachten wartet. Mutter oder Vater im Vorweihnachtsstress. Vielleicht auch eine ältere Frau, ihr Mann ist gestorben, schon vor langer Zeit. Aber die Lichter zu Weihnachten, die stellt sie trotzdem aufs Fensterbrett.
Adventszeit. So viele Lichter. Kommt eins an bei ihr?
In den Geschäften das Neonlicht. Adventskranz und Weihnachtbaum mühen sich da fast vergeblich. Gut ausgeleuchtet präsentieren die Tische ihr Angebot: Bücher, Kleider, CDs, DVDs, Düfte, Spielzeug und vieles mehr. Sorgsam dekoriert mit glitzernden Bändern, künstlichen Zweigen, Sternendeckchen und viel Papier. Ich sehe einen Mann, der sich ratlos durch die Ware kramt.
Adventszeit. So viele Lichter. Kommt eins an bei ihm?
Auf dem Weihnachtsmarkt erleuchten die Glühbirnen jeden Stand. In meiner Nase Geruchskuddelmuddel: Anisbonbons, Grünkohl, Glühwein und Fettgebäck. Und in den Ohren Geräuschsalat: Stille Nacht, Jingle Bells, Gesprächsfetzen, Rampampampam. Menschenmassen schieben mich durch die Straßen. Angesäuselte Menschen mit Weihnachtsmannmützen ziehen grölend zum nächsten Glühweinstand.
Adventszeit. So viele Lichter. Kommt eins an bei ihnen?
Als ich zu Hause bin, lösche ich das Licht. Dann zünde ich eine Kerze an. Nur für mich. Ich schaue zu, wie die Flamme das Wachs verzehrt und es verwandelt in warmes Licht.
Ich denke an den Gott, der sich selbst an uns Menschen verschenkt, um Licht in unser Leben zu bringen. Denke an Menschen, die ihre Zeit hergeben, ihre Kraft, ihre Gedanken, Liebe und Mitgefühl, damit die Welt heller wird.
Adventszeit. So viele Lichter. Kommt eins an bei mir?
Guter Gott,
manchmal bist du ganz in der Nähe,
doch ich spüre dich nicht.
Manchmal gäbe es Gründe zur Freude,
doch ich sehe sie nicht.
Manchmal spricht einer stärkende Worte,
doch ich höre sie nicht.
Manchmal reicht mir jemand die Hand,
doch ich nehme sie nicht.
Schenke mir offene Sinne für die Momente,
in denen der Himmel zur Erde kommt.
Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit.
(Johannes 1,14)
Worte treffen ins Mark, gehen unter die Haut. Worte prägen und formen Menschen. Sie wirken in den Körper hinein, nehmen Gestalt an, werden Fleisch.
„Das schaffst du doch sowieso nicht“, hört einer wieder und wieder. Und er lässt den Kopf hängen, seine Gesten werden zurückhaltend und verzagt.
„Du hast es gut gemacht“, hört eine andere, und sie schaut einem strahlend ins Gesicht. Aufrecht und beschwingt geht sie ihren Weg.
Gottes Wort ist Fleisch geworden. Man kann es sehen und berühren in einem Menschen, in Jesus, der über die Erde gegangen ist. Seine Herrlichkeit war seine Niedrigkeit. Und seine Kraft war die Liebe.
Geschichten erzählen davon und zeigen es mir: Da sehe ich den kleinen Zachäus (Lukas 19,1–9). Klein nicht nur wegen seiner Körpergröße, nein, auch wegen der Verachtung, die ihn trifft, und den Worten, die ihm nachgeworfen werden. Klein, weil er genau weiß, er tut anderen Unrecht. Dann kommt Jesus und sieht ihn an. Zachäus schaut sich durch seine Augen selbst ins Gesicht. Jesus heißt nicht gut, was er getan hat. Aber er verachtet ihn nicht. Er zeigt ihm, wie er als aufrechter Mensch leben kann.
Auch in anderen bewirkt Jesus Veränderungen in Seele und Körper. Blinden öffnet er die Augen durch seine Worte. Einem, der starr und unbeweglich ist, gibt er Muskelkraft und Geschmeidigkeit zurück, ja, er weckt sogar ein totes Mädchen auf, indem er zu ihr sagt: „Steh auf.“
Gottes Wort ist Fleisch geworden. Da ist nichts, was weit weg ist, vertagt auf später. Es ist schon da: Mit Jesus ist es in die Welt gekommen. Es ist unter uns Menschen und verändert etwas in Körper und Seele. Es öffnet mir die Augen und macht mich beweglich, es ruft mich ins Leben und schenkt mir einen aufrechten Gang.
Ich will es weitergeben mit meinen Händen, weitersagen mit meinem Mund. Die Welt wird sich verändern durch dieses Wort, wenn es durch uns, unsere Menschenmünder, Menschenherzen, Menschenhände geht.
Ein Wort
nimmt Gestalt an
in diesem Kind.
Geht über die Erde,
teilt sich aus:
sättigt und heilt,
befreit und belebt.
Wandert durch die Zeiten
vom Damals ins Heute,
sucht eine Wohnung
in dir und mir.
Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte.
(Psalm 103,8)
Silvester, der letzte Tag des Jahres. Mithilfe der Zeitungen und Fernsehsendungen konnten wir es noch einmal an uns vorbeiziehen lassen.