cover
e9783641122461_cover.jpg

Inhaltsverzeichnis

Die Wissenschaft vom Lesen
Das Rätsel des Primaten, der lesen kann
Biologische Einheit und kulturelle Vielfalt
Hinweise für den Leser
1. Kapitel - Wie lesen wir?
Das Auge: ein unvollkommener Sensor
Schriftzeichen in Tausendundeiner Gestalt
Verstärkung kleiner Unterschiede
Jedes Wort ist wie ein Baum aufgebaut
Lautlos lesen
Grenzen des Lautes
Die verborgene Logik der Rechtschreibung
Der unmögliche Traum von der orthografischen Transparenz
Die zwei Wege des Lesens
Ein Kopf voller Enzyklopädien
Eine Versammlung von Dämonen
Parallel lesen
Aktive Entschlüsselung von Buchstaben
Zusammenschlüsse und Wettbewerb in den mentalen Lexika
Vom Verhalten zu den zerebralen Abläufen
2. Kapitel - Buchstäblich – das Gehirn
Joseph-Jules Dejérines Entdeckung
Reine Alexie (Wortblindheit)
Verräterische Schädigungen
Moderne Analyse der Schädigungen
Lesen im Gehirn – im Gehirn lesen
Alle lesen mit dem gleichen Hirnschaltkreis
Eine Hirnregion für geschriebene Wörter?
Das Gehirn in Echtzeit
Elektroden im Kopf
Positionsinvarianz
Unterschwellige Worterkennung
Die kulturelle Prägung der Großhirnrinde
Chinesisch Lesen
Zwei japanische Leseweisen
Über die visuellen Wortformen hinaus
Laut und Bedeutung
Umwandlung von Buchstaben in Laute
Zugang zum Sinn
Eine Flutwelle im Gehirn
Die Einheit in der Vielfalt
Paradoxe Universalität
3. Kapitel - Die Neuronen des Lesens
Affe. Mensch und Lesen
Spezialisierte Neuronen für Objekte
Großmutterneuronen
Ein Alphabet im Affengehirn
Protobuchstaben
Das Erlernen von Formen
Der Lerninstinkt
Neuronales Recycling
Die Geburt einer Kultur
Die Neuronen des einzelnen Lesers
Neuronen für Bigramme
Ein neuronales Baumschema der Wörter
Wie viele Neuronen benötigt das Lesen?
Simulation der Großhirnrinde eines Lesers
Kortikale Umwege, die das Lesen beschränken
4. Kapitel - Die Erfindung der Schrift
Verwandte Züge der Schriftsysteme
Die goldene Zahl der Schrift
Natürliche und künstliche Zeichen
Prähistorische Vorläufer der Schrift
Von der Buchhaltung zur Schrift
Grenzen der Piktografie
Das Alphabet – eine geniale Vereinfachung
Vokale als »Mütter des Lesens«
5. Kapitel - Lesen lernen
Die Geburt eines künftigen Lesers
Drei große Schritte zum Leseerwerb
Wahrnehmung von Phonemen
Graphem und Phonem: Das Henne-Ei-Problem
Die orthografische Etappe
Das Gehirn des Leseanfängers
Das Gehirn des Analphabeten
Was geht verloren, wenn wir lesen lernen?
Wenn Buchstaben Farben haben
Neurowissenschaften und Unterricht
Die große Debatte über Lehrmethoden
Die Ganzwortmethode – eine Illusion?
Die Ineffizienz der Ganzwortmethode
Vorschläge für den Leseunterricht
6. Kapitel - Das Legasthenikergehirn
Was ist Legasthenie?
Störungen der Lautverarbeitung
Das biologische Substrat der Legasthenie
Ein erster Verdacht: der linke Schläfenlappen
Neuronale Migration
Die legasthenische Maus
Die Genetik der Legasthenie
Die Legasthenie überwinden
7. Kapitel - Lesen und Symmetrie
Wenn Tiere rechts und links verwechseln
Verwechslung von links und rechts beim Menschen
Evolution und Symmetrie
Wahrnehmung von Symmetrie und Symmetrie des Gehirns
Heutige Nachfolger Ortons
Beschränkungen eines symmetrischen Organismus
Symmetrie bei einzelnen Neuronen
Symmetrische Verbindungen im Gehirn
Schlafende Symmetrie
Lesen oder der zerbrochene Spiegel
Zerbrochener Spiegel ... oder verhüllter Spiegel?
Symmetrie. Lesen und neuronales Recycling
Ein überraschender Fall von Spiegel-Legasthenie
8. Kapitel - Eine Kultur der Neuronen
So löst sich das Paradoxon des Lesens auf
Universelle kulturelle Formen
Neuronales Recycling und zerebrale Prozessoren
Auf dem Weg zu einem Verzeichnis kultureller Invarianten
Warum sind wir die einzige Spezies mit Kultur?
Plastizität nur beim Menschen?
Erkennen, was im Geist des Gegenübers vorgeht
Ein universeller neuronaler Arbeitsbereich
Schluss - Die Zukunft des Lesens
Anhang
Abbildungen
Anmerkungen
Bibliografie
Bildnachweis
Dank
Copyright

Danksagung

Meine Arbeiten über das Lesen und seine Grundlagen im Gehirn sind in enger Kooperation mit meinem Freund Laurent Cohen entstanden. Er ist Professor für Neurologie an der Klinik La Pitié-Salpêtrière und ein herausragender Spezialist für das Lesen und seine Störungen. Aus unseren lebhaften Diskussionen sind viele der hier entwickelten Ideen hervorgegangen. Außerdem danke ich allen unseren Mitarbeitern und hier vor allem Raphael Gaillard, Antoinette Jobert, Sid Kouider, Denis Le Bihan, Stéphane Lehéricy, Jean-François Mangin, Nicolas Molko, Lionel Naccache, Jean-Baptiste Poline, Philippe Pinel, Mariano Sigman und Fabien Vinckier.

Im Laufe der Jahre habe ich aufgehört, die Kollegen aufzulisten, die mich durch die sehr umfangreiche Literatur über die Wörter und die mit ihnen verbundenen Leiden geführt haben. Manche haben mir ihre Arbeiten zugesandt, andere meine Aufsätze anlässlich der Veröffentlichung gelesen – oft mit kritischem und deshalb nützlichem Blick. Einige haben Kapitel des vorliegenden Buches gelesen oder mir gestattet, Bilder aus ihrer Arbeit zu reproduzieren. Sie können unmöglich alle genannt werden, doch besonders verpflichtet bin ich Irving Biederman, Catherine Billard, Brian Butterworth, Alfonso Caramazza, Jean-Pierre Changeux, Joe Devlin, Guinevere Eden, Uta Frith, Albert Galaburda, Jonathan Grainger, Ed Hubbard, Alumit Ishai, Nancy Kanwisher, Régine Kolinsky, Heikki Lyytinen, Bruce McCandliss, Yasushi Miyashita, Jose Morais, John Morton, Kimihiro Nakamura, Tatiana Nazir, Eraldo Paulesu, Monique Plaza, Michael Posner, Cathy Price, Franck Ramus, Marcin Szwed, Sally und Bennett Shaywitz, Dan Sperber, Liliane Sprenger-Charolles, Ovid Tzeng und Joe Ziegler.

Odile Jacob hat dieses Buch aufmerksam gelesen, was seinem Aufbau sehr zugute kam – dafür möchte ich mich herzlich bei ihr bedanken. Cyrille Bégorre-Bret und Émilie Barian waren mir ebenfalls eine große Hilfe. Außerdem danke ich Roger Chartier, der mir im Verlauf eines mitreißenden Gesprächs geholfen hat, einige Aspekte der Geschichte des Lesens zu begreifen. Ihm verdanke ich einige Zitate, die den Text bereichern  – speziell das Gedicht von Francisco de Quevedo, das als Leitmotiv dient. Christian Marendez hat mir geholfen, sein Filterungsprogramm zu nutzen, mit dem der Verlust der Auflösung auf der Retina simuliert werden kann.

Besonders erwähnen möchte ich meine Gattin Ghislaine Dehaene-Lambertz, die zugleich treue Mitarbeiterin, Mutter, beständige Quelle der Ermutigung und kritische Leserin ist – ohne sie wäre all das nicht möglich gewesen.

Anhang

Schluss

Die Zukunft des Lesens

Schrift – die Kunst, dem Geist über die Augen Gedanken zu vermitteln – ist die große Erfindung der Welt. Groß hinsichtlich der erstaunlichen Spannweite von Analyse und Kombination, die selbst der gröbsten und allgemeinsten ihrer Ausformungen zugrunde liegt; groß, sehr groß insofern, als sie uns in die Lage versetzt, mit den Toten, den Abwesenden und den Ungeborenen über alle Entfernungen von Zeit und Raum hinweg zu sprechen, und groß nicht nur wegen ihres unmittelbaren Nutzens, sondern auch wegen der unermesslichen Unterstützung für alle anderen Erfindungen.

Abraham Lincoln

Am Ende unserer Reise durch das Gehirn erscheint das Lesen zugleich als Ergebnis der Evolution des Menschen und als einer der entscheidenden Gründe für die kulturelle Explosion. Die Erweiterung unserer präfrontalen Großhirnrinde, dieser »Kathedrale« des Geistes, hat es unserer Spezies ermöglicht, die Schrift zu erfinden. Diese Erfindung wiederum hat unsere mentalen Fähigkeiten dadurch gesteigert, dass sie uns mit einem echten zusätzlichen Gedächtnis ausgestattet hat; extern und dauerhaft erlaubt es uns, die Toten »mit den Augen zu hören«, wie der Dichter Francisco de Quevedo formuliert hat, und das Denken toter Schriftsteller mit einigen Jahrhunderten Abstand wiederaufleben zu lassen. Insofern ist das Lesen die erste »Prothese des Geistes«1 – eine Prothese, die Generationen von Schreibern bestmöglich an die Schaltkreise unseres Primatengehirns angepasst haben.

Wie die Neurowissenschaften des Lesens zeigen, verfügt jedes Kindergehirn über neuronale Schaltkreise, die zum Lesen umgewidmet werden können. Damit besteht weiterhin viel Hoffnung – selbst für legasthenische Kinder und erwachsene Analphabeten. Die Plastizität des Gehirns ermöglicht es häufig, die Legasthenie mithilfe alternativer zerebraler Pfade zu umgehen. Wir verstehen immer besser, wie das Lesen sich bei kleinen Kindern entwickelt – auf soliden kognitiven Grundlagen beruhende Lesesoftware und deren Feinabstimmung auf das Gehirn jedes einzelnen Kindes sollten allen neue Hoffnung geben, für die Lesen eine Qual ist.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich behaupte nicht, dass die Neurowissenschaften bald alle pädagogischen Probleme beseitigen werden oder der von Kognitionsforschern optimierte PC demnächst die Lehrer ersetzen wird. Meine Botschaft ist bescheidener: Ein wenig Wissenschaft kann nicht schaden, und es ist wichtig, dass Eltern und Erzieher eine klare Vorstellung davon bekommen, was das Lesen im Gehirn des Kindes bewirkt. Sein Sehsystem und seine Sprachareale ergeben eine wunderbare kleine Maschine aus Neuronen, die von der Erziehung zu einem geschulten Lesesystem umgeformt werden. Wenn man dessen innere Funktion kennt, kann das den Leseunterricht nur erleichtern – davon bin ich zutiefst überzeugt.

Damit will ich nicht sagen, dass die Neurowissenschaften am Ende die Experimentalpsychologie oder die Pädagogik ersetzen werden. Im Labor legen vor allem die Psychologen fest, wie die MRT-Bilder des Lesens protokolliert werden. Im Klassenzimmer bleibt allein der Lehrer die maßgebliche Person. Er muss sich Übungen, Kniffe und Spiele ausdenken, mit denen die Kinder für das Lesen zu gewinnen sind. Er ist hier mit speziellen Problemen konfrontiert – sie erfordern pädagogisches Fachwissen, das ich zutiefst achte. Ich glaube einfach, dass weder Psychologen noch Lehrer es sich erlauben können, wissenschaftliche Erkenntnisse zu ignorieren, die erklären, weshalb das Gehirn des Kindes für die eine oder andere Methode mehr oder weniger empfänglich ist.

Deshalb hoffe ich, dass Pädagogik, Psychologie und Neurowissenschaften ihre Forschung bündeln, um die Wissenschaft des Lesens auszuweiten. Die schwierigste Frage betrifft hier die optimalen Bedingungen für den Leseunterricht – wie müsste man vorgehen, damit alle Kinder ohne Tränen lesen lernen? Um hier eine Antwort zu finden, könnte man doch die Einrichtung von Versuchsklassen oder sogar von Forschungslaboren im Bereich der Schulen ins Auge fassen – dort ließen sich regelrechte pädagogische Versuchsreihen durchführen. Lehrer und Forscher würden hier täglich Seite an Seite arbeiten, gemeinsam über neue Unterrichtsmethoden nachdenken und einander anregende Fragen stellen: Wäre es besser, den Bewegungsablauf des Schreibens zusammen mit der Buchstabenerkennung zu lehren? Ist es sinnvoll, schon sehr früh kleine Sätze verfassen zu lassen? Würde man Zeit gewinnen, wenn man die Aufmerksamkeit der Kinder systematisch auf die Stolpersteine symmetrischer Buchstaben wie »b« und »d« lenkte? Derzeit kann niemand behaupten, die Antwort auf diese Fragen zu kennen, aber wir sollten sie mit möglichst strengen Methoden gemeinsam erforschen.

Außerdem sollte man nicht außer Acht lassen, dass manche Fragen bereits schlüssig beantwortet wurden. Ungeachtet der sozialen Herkunft profitieren alle Kinder, wenn sie so früh wie möglich die Verbindungen zwischen Buchstaben und Lauten lernen.2 Das ist eine gut abgesicherte Tatsache, die durch viele pädagogische Experimente gestützt ist und mit dem übereinstimmt, was wir von der Organisation des Lesergehirns wissen. Es wäre ein schwerer Fehler, unter dem Vorwand von Experimenten oder der Freiheit des Unterrichtenden hinter diese Position zurückzugehen.

In dem Maß, wie sich ein wissenschaftlicher Konsensus über die Mechanismen des Lesens herausbildet, sollte der Leseunterricht in eine echte »Neuropsychopädagogik« übergehen – in eine vereinheitlichte und kumulative Wissenschaft, in der die Freiheit des Lehrers nicht verneint, sondern auf die pragmatische Suche nach einem besser strukturierten und effizienteren Unterricht gelenkt wird. Die Wissenschaft wiederum kann dadurch zur Lehrmethodik beitragen, dass sie Erzieher mit dem anspruchsvollen Konzept des Experimentierens vertraut macht – was nicht darauf hinausläuft, am Vorabend angelesene vage Ideen zu testen. Experimentieren erfordert geduldige und sorgfältige Planung der Versuche. Ehe man innovative Unterrichtsstrategien hervorbringt, muss man alle bereits vorliegenden Wissensquellen heranziehen. Zum Experimentieren gehört auch, jede neue Entwicklung mit einer Kontrollsituation zu vergleichen (anderer Tag, andere Übung, anderes Klassenzimmer ...). Ich bin mir sicher, dass der Leseunterricht durch Experimentieren signifikant verbessert werden kann. Dazu wird jedoch methodische Strenge und Aufmerksamkeit nötig sein – das bezieht sich nicht nur auf die jüngsten Befunde der Kognitionswissenschaft, sondern auch auf die von Lehrern gesammelte umfangreiche praktische Erfahrung.

Leider leben wir in einer Welt, in der Unterrichtsreformen weiterhin vorwiegend ein nützliches Wahlkampfthema für Politiker sind. Schulpolitik hängt nur allzu oft von den gerade aktuellen politischen Konstellationen ab. Entscheidungen werden oft aufgrund gut gemeinter ideologischer Positionen getroffen, doch wo es an rationalem Denken fehlt, werden gute Absichten häufig in fehlgeleitete Unterrichtsverfahren umgesetzt. Progressive Linke haben die Ganzheitsmethode unter dem Vorwand unterstützt, sie bewahre die Kinder vor dem »totalitären« Zwang, entziffern und buchstabieren zu müssen – Kinder sollten die Freiheit haben, im je eigenen Tempo zu lernen. Umgekehrt wird die (durchaus begründete) These, wonach Hirnorganisation und genetisches Erbe die Lernvorgänge einschränken, reflexartig, aber unbegründet, als »rechtslastig« etikettiert. Solche Einstellungen haben mit den harten Fakten des Lesenerwerbs wenig zu tun.

Es ist unannehmbar, dass Etikettierungen an die Stelle der Reflexion treten oder Einfälle von Politikern die geduldig zusammengetragenen Erkenntnisse der Wissenschaft ersetzen. Deshalb sollten wir schnellstens ein paar einfachen Wahrheiten zum Leseunterricht wieder zu ihrem Recht verhelfen: Nein, Kinder sind nicht alle verschieden – ihre Lernrhythmen mögen unterschiedlich sein, aber alle besitzen die gleichen Gehirnschaltkreise, und alle profitieren davon, wenn sie die Verknüpfungen von Graphemen und Phonemen in strikter Weise erlernen. Eine freiheitliche Schule zeichnet sich nicht dadurch aus, dass sie das Kind wählen lässt, welche Texte es lernen will, sondern dadurch, dass sie jedem Kind schnell beibringt, wie die Schriftzeichen zu entziffern sind. Das ist die einzige Methode, die es ihm ermöglicht, selbst neue Wörter zu lernen, autonom zu werden und sich allen Wissensgebieten zu öffnen. Dieser Unterricht lässt sich in normalen Klassen mit 25 oder 30 Schülern durchführen – mittels einer Pädagogik und Gruppenübungen, die (möglichst auf nationaler Ebene) strikt vorgeplant sind. Doch selbstverständlich muss darauf geachtet werden, legasthenische Kinder schnell durch genormte audiovisuelle Tests ausfindig zu machen, damit sie von einer durch phonologische Übungen unterstützten Pädagogik profitieren können. Und schließlich reicht es nicht aus, das Entziffern zu lernen – wichtig ist auch, den Wortschatz des Kindes zu stärken und ihm die Struktur der Sprache beizubringen (Vorsilben, Nachsilben, Wortstämme), besonders wenn es aus einer sozial benachteiligten Familie stammt oder als Muttersprache nicht die Landessprache gelernt hat.

Diese und viele andere in diesem Buch entwickelte Vorstellungen sind politisch weder links noch rechts – es sind die ersten Früchte dieser neuen Wissenschaft des Lesens, deren jüngste Fortschritte ich geschildert habe. In Zukunft kommt es darauf an, das Organ besser zu verstehen, das uns lesen lässt, und unseren Kindern das Lesen, diese bemerkenswerte Erfindung, besser zu vermitteln. Diese nützlichen Erkenntnisse sollten möglichst vielen Menschen vermittelt werden. Ich persönlich jedenfalls lese immer wieder mit Vergnügen das Glaubensbekenntnis eines großen Lesers, des Humanisten Jacques Amyot (1513–1593):

»Lektüre, die zugleich gefällt und nützt, ergötzt und belehrt, hat alles, was man sich wünschen kann.«

Abbildungen

e9783641122461_i0076.jpg
e9783641122461_i0077.jpg

Abbildung 2.1 Nach einem Schlaganfall kommt es nicht selten vor, dass der Patient die Lesefähigkeit verliert und damit »wortblind« wird. Die 1892 in Déjerines Autopsiebericht geschilderten Schädigungen (oben) entsprechen denjenigen bei heutigen Patienten. Diese wurden durch Magnetresonanz sichtbar gemacht (unten, nach cohen et al., 2003). In beiden Fällen ist der hintereTeil der linken Hirnhälfte geschädigt. Durch den Abgleich mit Daten von Patienten ohne Wortblindheit ist es möglich, den Ort ganz präzise festzulegen: Es ist die untere Schläfenregion im Hinterhaupt (weißes Kreuz), deren Schädigung das Lesen systematisch beeinträchtigt. Manchmal gelingt es wortblinden Patienten, die Wörter Buchstabe für Buchstabe zu entziffern, doch anders als beim normalen Leser nimmt die zum Lesen erforderliche Zeit mit der Buchstabenzahl zu. Die Patienten haben die schnelle und parallele Worterkennung verloren.

 

©Abb. 2.1

e9783641122461_i0078.jpg

Abbildung 2.2 Das klassische neurologische Modell des Lesens (oben) wird heute durch ein viel differenzierteres Schema paralleler Verarbeitung ersetzt (unten). Die linke Schläfenregion des Hinterhauptes erkennt die visuelle Form der Wörter. Sie verteilt die visuellen Informationen auf viele Bereiche der ganzen linken Hirnhälfte, die in unterschiedlichem Ausmaß in die Repräsentation der Bedeutung, der Laute und derAussprache der Wörter einbezogen sind. Alle grün und orange markierten Regionen sind nicht auf das Lesen spezialisiert: In erster Linie bearbeiten sie die gesprochene Sprache. Lesen zu lernen besteht also darin, die Sehareale mit den Spracharealen zu verknüpfen. Die bidirektionalen Verbindungen zwischen den Regionen sind noch nicht alle im Detail bekannt. Die tatsächlichen Verbindungsweges des Gehirns sind wahrscheinlich noch weit differenzierter als in diesem Schema dargestellt.

e9783641122461_i0079.jpg

Abbildung 2.3 Eine historische Abbildung: Die Gehirnareale der Sprache, 1988 mit einer Positronenkamera erstmals sichtbar gemacht (nach Petersen et al., 1989). Erkennbar an der Position eines Punktes, aktiviert die lautlose Lektüre (oben rechts) eines Wortes die Prozesse der visuellen Worterkennung. Sie sitzen im hinterenTeil der linken Hirnhälfte, speziell in den Hinterhauptregionen und der unteren Schläfenregion des Hinterhauptes. Anschließend wird die Information der Aufgabe entsprechend zu den an der Repräsentation des Klangs (oben links), der Wortzusammensetzung (unten links) oder des Sinnes (unten rechts) beteiligten Bereichen weitergeleitet.

 

©Abb. 2.3

e9783641122461_i0080.jpg

Abbildung 2.4 Bei jedem, der lesen gelernt hat, ist die Aktivierung der linken Schläfenregion des Hinterhauptes problemlos zu beobachten. Für diesen Versuch werden den Teilnehmern zwei geschriebene oder gesprochene Wörter präsentiert. Sie müssen beurteilen, ob es sich um identische oder verschiedene Wörter handelt. Bei sieben verschiedenen Probanden aktivieren die geschriebenen Wörter die linke Schläfenregion des Hinterhauptes, deren Position ungeachtet der Variabilität von Hirnrindenfaltungen erstaunlich reproduzierbar ist. Gesprochene Wörter wiederum aktivieren diesen Bereich nicht (Dehaene et al., 2002).

 

©Abb. 2.4

e9783641122461_i0081.jpg

Abbildung 2.5 Die zentrale Sehregion ist von einem Mosaik spezialisierter visueller Detektoren belegt. Jeder Sektor der Großhirnrinde reagiert vorzugsweise auf eine bestimmte Objektkategorie. Die Zuordnung dieser Reaktionen von Häusern bis hin zu Gesichtern, Wörtern und Gegenständen ist bei allen Menschen gleich. Somit aktiviert das Lesen ein reproduzierbares seitliches Hinterhauptareal, das stets zwischen den Reaktionen auf Gesichter und den Reaktionen auf Objekte liegt (nach Ishai et al., 2000, und Puce et al., 1996).

 

©Abb. 2.5

e9783641122461_i0082.jpg

Abbildung 2.6 Die bildgebenden Verfahren für das Gehirn machen eine sehr feine Selektivität der unteren Schläfenhirnrinde für Gesichter und Schriftzeichen sichtbar. Die abwechselnde visuelle Präsentation von Gesichtern und Buchstabenfolgen aktiviert unterschiedliche Territorien der linken unteren Sehrinde. Diese Territorien weisen bei fünf verschiedenen Probanden eine ähnliche Verteilung auf – Buchstaben werden stets links von den Gesichtern verarbeitet (nach Puce et al., 1996).

 

©Abb. 2.6

e9783641122461_i0083.jpg

Abbildung 2.9 Unabhängig von ihrer Position auf der Retina laufen alle gelesenen Wörter in der Schläfenregion der linken Hirnhälfte im Hinterhauptbereich zusammen (räumliche Invarianz). Bei diesem Versuch lesen die Probanden Wörter, die links oder rechts vom fixierten Blickpunkt erscheinen. Etwa 150–170 ms nach dem Erscheinen desWortes zeigt sich auf der dem Wort entgegengesetzten Seite eine erste negative Welle. Sie hängt mit der Aktivierung einer im hinteren Bereich des Gehirns liegenden Sehregion namens V4 zusammen. In diesem Stadium bleibt die visuelle Information auf eine Hirnhälfte beschränkt. Etwa bei 180–200 ms tritt jedoch eine zweite negative Welle auf, und zwar ungeachtet der Präsentationsseite immer auf der linken Kopfseite. Die MRT bestätigt diese Konvergenz derAktivierung in der unteren Schläfenregion der linken Hirnhälfte im Hinterhauptbereich (nach cohen et al., 2000).

 

©Abb. 2.9

e9783641122461_i0084.jpg

Abbildung 2.10 Visuelle Invarianz beruht zumTeil auf den zwischen den Hirnhälften verlaufenden Verbindungen des Balkens. Ein links vom Fixationspunkt präsentiertes Wort wird zunächst von den Seharealen der rechten Hälfte bearbeitet und muss dann in die Region der visuellen Wortformen in der linken Hirnhälfte übertragen werden. Ein dank der Diffusions-MRT sichtbar gemachtes umfangreiches Faserbündel verbindet diese Bereiche (oben rechts). Bei einem Patienten mit einer Schädigung im hinteren Bereich des Balkens ist diese Übertragung unterbrochen,was das Lesen links präsentierter Wörter unmöglich macht (nach cohen et al., 2000, und Molko et al., 2002).

 

©Abb. 2.10

e9783641122461_i0085.jpg

Abbildung 2.11 Die linke Schläfenregion des Hinterhauptes hat die kulturellen Konventionen des Lesens verinnerlicht. Präsentiert man zwei Mal das gleiche Wort, verringert sie die Aktivität. Das bedeutet, sie erkennt das Wort auch dann, wenn es statt in Kleinbuchstaben in Großbuchstaben erscheint. Entscheidend ist, dass sie die Wörter selbst dann weiterhin erkennt, wenn die Klein- und Großbuchstaben einander nicht ähneln (wie bei »E« und »e«) und allein aufgrund einer kulturellen Konvention assoziiert sind. Die rechte Region dagegen scheint nur auf die visuelle Ähnlichkeit der Buchstaben zu reagieren, nicht aber auf kulturelle Konventionen (nach Dehaene et al., 2004).

 

©Abb. 2.11

e9783641122461_i0086.jpg

Abbildung 2.12 Die japanische Schrift verwendet zwei völlig verschiedene Systeme: Kanji, einen Satz von wenigstens 3000 Schriftzeichen, die den Sinn der Wörter wiedergeben (linke Spalte), und Kana mit 46 Symbolen, die für die Aussprache der Silben und grammatikalische Kategorien stehen (rechte Spalte). Ungeachtet dieser Unterschiede sprechen beide Notationen die linke seitliche Hinterhauptregion an – praktisch an der gleichen Stelle wie bei Lesern des lateinischen Alphabets (nach Nakamura et al., 2005).

 

©Abb. 2.12

e9783641122461_i0087.jpg

Abbildung 2.13 Die linke Schläfenregion des Hinterhauptes analysiert die geschriebenen Wörter und leitet sie über umfangreiche Faserbündel an die Sprachareale weiter. Mit Diffusions-MRT können diese Bündel zunehmend besser sichtbar gemacht werden. Hier erkennt man die Rekonstruktion eines großen anatomischen Verbindungsweges, des unteren Längsbündels, das zum vorderen Schläfenlappen projiziert. Außerdem projizieren zahlreiche U-förmige Fasern im Nahbereich entlang der Oberfläche der Hirnrinde (nach catant et al., 2003).

 

©Abb. 2.13

e9783641122461_i0088.jpg

Abbildung 2.14 Wenn man ein Wort hört oder liest, treten die Signale aus verschiedenen Wegen in die Hirnrinde ein. Dann aber läuft die Aktivität in denselben Spracharealen zusammen. Jedes Bild ist eine Momentaufnahme der Hirnaktivität an der Rindenoberfläche zu verschiedenen Zeitpunkten nach dem Erscheinen des Wortes. Abgebildet ist nur die linke Hirnhälfte. Während des Lesens beginnt die Aktivität bei etwa 100 Millisekunden im Hinterhauptpol. Bei 170 Millisekunden breitet sie sich zur linken seitlichen Hinterhauptregion aus, wo vermutlich die visuelle Wortform analysiert wird. Anschließend kommt es zu einer explosionsartigen Aktivitätsausweitung in viele Schläfen- und Stirnregionen, die auch beim Hören der Wörter aktiv sind (nach Marinkovic et al., 2003).

 

©Abb. 2.14

e9783641122461_i0089.jpg

Abbildung 2.15 Die obere Schläfenregion beteiligt sich an der Umwandlung von Buchstaben in Laute. Mit bildgebenden Verfahren kann man die durch den Anblick eines Buchstabens aktivierten Sehregionen leicht von den durch das Hören eines Tones aktivierten Hörbereichen unterscheiden. Eine ganze Partie der gelb markierten oberen Schläfenhirnrinde ist multimodal, das heißt, sie wird sowohl durch Schrift als auch durch Gesprochenes aktiviert (nach Van Atteveldt et al., 2004).

 

©Abb. 2.15

e9783641122461_i0090.jpg

Abbildung 2.16 Die Transparenz der Orthografie wirkt sich auf die Organisation des Lesergehirns aus. Schriften unterscheiden sich nach der Größe der Einheiten, die sie notieren (Phonem, Silbe oder Wort), sowie nach dem Grad der Transparenz, das heißt der Regelmäßigkeit der Beziehung zwischen Schrift und mündlicher Sprache (oben). Kontrastiert man das Lesen im Italienischen, einer sehr regelkonformen Sprache, mit dem Englischen, wo es ein Übermaß an Ausnahmen gibt, so stellt man kleine Änderungen innerhalb eines umfangreichen Netzwerks gemeinsamer Hirnareale fest (Mitte): Das Italienische erleichtert den direkten Zugang zu den Hörarealen des Schläfenlappens, während das Englische die Region der visuellen Wortformen und die linke untere Stirnregion stärker beansprucht (nach Paulesu et al., 2000).

 

©Abb. 2.16

e9783641122461_i0091.jpg

Abbildung 3.1 Die beim Menschen mit der visuellen Worterkennung verknüpfte Region gehört zum unteren Schläfenbereich der Großhirnrinde. Diese Region ist bei allen Primaten an der Erkennung von Gegenständen und Gesichtern beteiligt. Trotz eines enormen Unterschieds der Rindenoberfläche (oben) gibt es in der zellulären Organisation der Schichten des Kortex im Gehirn des Menschen wie des Makaken zahlreiche Ähnlichkeiten, die es ermöglichen, vergleichbare Regionen zu umreißen (unten, Regionen durch Farben gekennzeichnet).

e9783641122461_i0092.jpg

Abbildung 3.2 Die aufgezeichneten Signale einzelner Neuronen in der unteren Schläfenregion der Großhirnrinde von Makaken zeigen eine bemerkenswerte Selektivität. Bei hundert präsentierten Bildern wird die Entladungsrate dieses Neurons nur durch den Anblick eines Stuhles nennenswert gesteigert (nachTamura &Tanaka, 2001).

 

©Abb. 3.2

e9783641122461_i0093.jpg

Abbildung 3.4 Manche Neuronen im unteren Schläfenbereich der Großhirnrinde reagieren auf Formen selektiv und invariant. Dieses Neuron zeigt bei der Präsentation eines ringförmigen Objekts eine starke Entladung und eine geringere bei der Präsentation eines »Dreibeins«. Die Reaktion ist unabhängig von der Ausrichtung des Objekts im Raum (nach Booth & Rolls, 1998).

 

©Abb. 3.4

e9783641122461_i0094.jpg

Abbildung 3.6 Die schrittweise Vereinfachung Tanakas enthüllt eine Mikrotopografie im Schläfenbereich der Großhirnrinde. Ein Bild, das ein Neuron zu heftiger Reaktion anregt, wird zunehmend vereinfacht, bis man die elementarste Form gefunden hat, die eine zumindest ebenso starke Reaktion auslöst (oben). Manche dieser Minimalformen lassen an Buchstaben denken. Die darauf reagierenden Neuronen sind in Säulen angeordnet. Bewegt man sich an der Oberfläche der Hirnrinde weiter, verändert sich die bevorzugte Form kontinuierlich (nach Tanaka, 2003).

 

©Abb. 3.6

e9783641122461_i0095.jpg

Abbildung 3.10 Weit gespannte Gradienten kortikaler Spezialisierung könnten erklären, weshalb die Region der Worterkennung immer an der gleichen Stelle der Großhirnrinde zu finden ist. Die gesamte untere Sehrinde wird von einem weit gespannten Gradienten durchzogen (oben): Die seitlichen Regionen reagieren besser auf Bilder, die im Zentrum der Retina – der Fovea – erscheinen (blau), während die im Zentrum des Gehirns liegenden Regionen besser auf Bilder am Rand der Retina reagieren (grün). Für Lesen und Gesichtererkennung ist eine genaue Analyse der Details erforderlich, weshalb sie in die Gehirnregionen fallen, die der Fovea zugeordnet sind – sie ist die Zone der höchsten Präzision in der Retina (unten; nach Hasson et al., 2002).

 

©Abb. 3.10

e9783641122461_i0096.jpg

Abbildung 3.11 ImVerlauf der Entwicklung sind die Netzwerke des Lesens flexibler als im erwachsenen Gehirn. Bei dieser jungen Patientin wurde das normalerweise mit der visuellen Worterkennung befasste Areal der linken unteren Schläfenregion im Zuge einer Operation im vierten Lebensjahr entfernt (die Schädigung ist auf den oberen Bildern erkennbar). Bei einem Erwachsenen würde das zu einer hochgradigen Wortblindheit führen. Das Mädchen jedoch hat ohne große Schwierigkeiten lesen gelernt. Sieben Jahre darauf funktioniert das Netzwerk des Lesens normal, aber das beim Anblick der Wörter aktivierte Areal hat sich in die rechte Hirnhälfte verlagert – die Stelle liegt genau symmetrisch zur normalen Position.

e9783641122461_i0097.jpg

Abbildung 4.1 Hinter der scheinbaren Vielfalt der Schriften verbergen sich universelle Regelmäßigkeiten, die tief in unserer Sehrinde verankert sind. So hat Marc changizi gezeigt, dass alle Schriften (alphabetische ebenso wie logografische oder Silbenschriften) auf einen kleinen Fundus von Zug-Konfigurationen zugreifen, deren Häufigkeiten einem universellen Profil folgen (oben).Die häufigsten Konfigurationen sind jene, die sich auch in Bildern der Natur (unten) wiederfinden und wahrscheinlich schon von den Neuronen der unteren Schläfenhirnrinde kodiert sind, noch ehe wir das Lesen lernen (nach changizi et al., 2006).

 

©Abb. 4.1

e9783641122461_i0098.jpg

Abbildung 6.1 Eine intensive Nachschulung mithilfe des computers ermöglicht es, die Gehirnaktivierung legasthenischer Kinder wieder an die normalen Werte anzunähern. Die Bilder zeigen jene Hirnregionen, die aktiviert sind, wenn Kinder entscheiden, ob zwei Buchstaben sich reimen. Nach demTraining steigt die Aktivität in Schläfen- und Scheitelregionen an, die zwar in der Nähe der entsprechenden Bereiche normaler Kinder liegen, sich aber nicht mit ihnen decken. Regionen der rechten Hirnhälfte (hier nicht sichtbar) zeigen ebenfalls einen Wiederanstieg der Aktivität (nach Temple et al., 2003).

 

©Abb. 6.1

e9783641122461_i0099.jpg

Abbildung 8.1 Bei nichtmenschlichen Primaten bleibt die Produktion von Schriftzeichen und Grafiken minimal. Ein junger Schimpanse kann vom 13. Monat an lernen, auf einem berührungsempfindlichen Bildschirm ein paar Kurven zu zeichnen (oben, nach Tanaka et al., 2003). Die »Komposition « unten stammt von einem erwachsenen Schimpansen, der fast frei im Waldreservat von Mefou in Kamerun lebt – man hat ihm Pinsel und Farbe bereitgelegt (© canadian Ape Alliance).

 

©Abb. 8.1

e9783641122461_i0100.jpg

Abbildung 8.2 Lesen ist nur ein Beispiel für den außerordentlichen Erfindungsreichtum der Spezies Mensch. Nur ihr gelingt es, die Schaltkreise des Gehirns für neue kulturelle Aktivitäten umzuwidmen. Die aristotelische Vorstellung eines »Allgemeinsinns«, in dem die fünf Sinne verschmelzen und der mit Vorstellungsvermögen und Erfindung verknüpft ist, findet sich als eine Art Echo in den weitreichenden Verbindungsbündeln, die beim Menschen ganz besonders entwickelt sind. Sie sammeln die aus verschiedenen Hirnregionen stammenden Informationen und setzen sie in flexibler Weise neu zusammen. In diesen Netzwerken finden unablässig spontane endogene Aktivitäten statt. Jean-Pierre changeux und ich nehmen an, dass das Zusammentreffen dieser spontanen Aktivität mit den sensorischen Eingangssignalen mit der bewussten Erfassung der Außenwelt zu tun hat. Innerhalb eines »bewussten inneren Milieus« ermöglicht sie zudem Erkundung und Innovation.

 

©Abb. 8.2