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Vorwort zum Anfang vom Ende

Mal ehrlich: Was halten Sie von der Globalisierung? Sie ist ein Witz. Oder eine Katastrophe. Je nach Perspektive.

Sie ist die Zitrone, die uns als Ananas verkauft wurde. Der Schurke, der sich als Messias pries. Sie ruiniert unsere Ersparnisse und Banken. Sie begräbt unsere Kinder unter nie dagewesenen Staatsschulden. Sie löscht ganze Teile von Zulieferketten aus. Was viele vergessen: Schon vor der aktuellen sogenannten Weltwirtschaftskrise war sie ein böses Mädchen. Sie ruinierte das Weltklima und schmolz die Polkappen ab. Wenn demnächst Teile von Kalifornien und ganz Sylt im Meer versinken, passiert das mit freundlicher Empfehlung der Globalisierung. Sie vernichtet außerdem Arbeitsplätze, indem sie sie ins Ausland verlagert. Diese Vernichtung nennt sie euphemistisch »Outsourcing« oder »Offshoring«. Sie ruiniert gleichzeitig aber auch Firmen, die ins Ausland gingen, weil dort angeblich die Arbeitskosten nur ein Drittel so hoch sind (sind sie – aber nicht die Total Cost). Sie ruiniert Firmen via Procurement und nennt das »Low Cost Country Sourcing«. Die Globalisierung hat wahrscheinlich mehr Unternehmen geschädigt als jeder Markteinbruch. Das merkt bloß kaum einer. Und das nicht nur auf Unternehmerseite.

Auf Konsumentenseite stellt uns die Globalisierung »unschlagbar günstige« Rauchmelder ins Discounter-Regal, die nicht einmal einen Vulkanausbruch melden würden, sondern die obendrein selber Feuer fangen. Sie vergiftet unsere Kinder mit Spielzeug. Sie beschert uns Toxine im Milchpulver, Pilze in der Kleidung. Seit der Globalisierung befindet sich die Produktqualität im freien Fall. Noch nie zuvor in der Geschichte der zivilisierten Welt waren Menschen so sehr in Gefahr, Schaden an Leib, Leben und Geldbeutel zu nehmen – und das nur durch den simplen Besuch eines Supermarktes. Eigentlich müsste über jedem Discounter der Warnhinweis stehen: »Dieses Geschäft führt Globalisierungsprodukte und gefährdet damit akut Ihre Gesundheit und Ihren Wohlstand! Betreten auf eigene Gefahr.« Übertrieben formuliert? Das findet der kleine Junge, den die Globalisierung jüngst vom Rad geworfen hat, bestimmt nicht.

Neulich kaufte ein Bekannter für seinen Jüngsten beim Discounter ein Rad. Ein Tretbolzen brach, der Junge brachte sich bei einem Sturz fast um. So etwas wäre bei einem Markenrad in tausend Jahren nicht passiert. Den kleinen Radler schmiss es in voller Fahrt vom Sattel, er überschlug sich, riss sich Ellbogen und Knie auf und holte sich mehr blaue Flecken, als auf den kleinen Körper zu passen scheinen. Und nun kommt das eigentlich Erstaunliche: Was tat der Vater daraufhin? Stürmte er wutentbrannt den Discounter und knallte den fahrenden Metallschrott in den Kassenraum? Fluchte er auf die Globalisierungsganoven, denen nicht einmal das Leben unserer Kinder heilig ist? Schrieb er einen Brandbrief an seinen Abgeordneten, mit dem er endlich eine wirksame Kontrolle des Globalisierungsganoventums forderte?

Nein. Er zuckte bloß mit den Schultern und sagte: »Was will man bei so einem asiatischen Billigkram auch erwarten?« Wohlgemerkt: Sein Sohn hätte sich schwer verletzen können. Und das entlockte ihm nicht mehr als ein müdes Achselzucken. Es ist schlimm genug, was die Globalisierung mit uns, unseren Ersparnissen, Unternehmen und der Volkswirtschaft anstellt. Schlimmer jedoch ist, dass wir es verdient haben. Dass wir uns nicht wehren, ja nicht einmal darüber nachdenken. Dass wir uns auf die faule Haut des Gehorsams legen und »die da oben« machen lassen. Warum geht keiner auf die Barrikaden?

Das ist das eigentlich Erschreckende daran. Die Globalisierung richtet Schäden an, die eine verblüffte Menschheit bislang nur von Kriegen, Seuchen und Naturkatastrophen kannte. Wann gab es das schon? Ganze Staaten manövrieren in den Ruin, Millionen hungern, Zehntausende verlieren ihr sauer Erspartes und/oder ihren Arbeitsplatz, und selbst in God’s own country fristen plötzlich Hunderttausende enteigneter Hausbesitzer ihr karges Dasein in Zeltstädten. Im angeblich reichsten Land der Welt. Wann gab es das schon? In Friedenszeiten? Niemals zuvor. Die Globalisierung hat geschafft, wofür früher Panzer, Raketen und ganze Armeen nötig waren. Wo bleibt der Aufschrei?

Wir lassen uns ausnehmen wie die Weihnachtsgänse, lassen uns Schrottprodukte andrehen, unser Erspartes vernichten, unsere Arbeitsplätze wegnehmen, lassen unsere sauer verdienten Steuerkröten an die Schuldigen der Wirtschaftskrise verschleudern – aber empören wir uns? Nein. Gehen wir auf die Straße? Nein. Zeigen wir den Globalisierungsganoven den Stinkefinger und boykottieren ihre Produkte? Nicht die Bohne. Warum nicht?

Weil die meisten Menschen schlicht zu dumm sind für die Globalisierung. Sie lassen alles mit sich machen. Sie denken nicht nach. Und damit haben sie es nicht besser verdient. Ihnen geschieht die Globalisierung gerade recht. In der Regel. Die offensichtliche Ausnahme sind Sie. Sie halten doch tatsächlich ein Buch in Händen, das sich kritisch bis polemisch mit den Segnungen der Globalisierung auseinandersetzt. Das ist ungewöhnlich. Außerordentlich. Jedoch das einzig Richtige.

Denn wir können die Globalisierung nicht abschaffen. Zwar ist sie für jedermann erkennbar geplatzt wie die Internet-, die Immobilien- und die Kreditkartenblase auch. Die Globalisierung stellt nicht die neue Weltordnung, bietet nicht die versprochene Wohlstandsgarantie, sondern war lediglich die letzte Management-Mode. Doch solange sie übergeschnappten Gierhälsen weltweit weiterhin eine offene Arena bietet, um Firmen und Konsumenten abzuzocken, so lange wird sie auch weiterhin ihr Unwesen treiben. Die einzige Möglichkeit, sich dagegen zu wehren, ist, alle Hoffnung auf die Regierungen und die sogenannte Corporate Social Responsibility der Globalisierungsganoven fahren zu lassen – und endlich damit anzufangen, wieder selber zu denken. Denn die Globalisierungsgaunereien funktionieren nur mit unmündigen Menschen, die nicht selber denken können. Wer selber denken kann, überlebt nicht nur die Globalisierung, sondern kann auch deren unleugbare Chancen nutzen. Selber denken lohnt sich also.

Fangen wir damit an.