Biografie
Bernard Craw wurde 1972 in Bramsche geboren. Nach Bundeswehr und Studium der Wirtschaftsinformatik zog er nach Schwaben und später in seine Wahlheimat Köln, wo er heute lebt. Er ist ledig, katholisch und im Hauptberuf als Projektleiter für einen internationalen Konzern tätig.
Seit der Schulzeit schreibt Craw Kurzgeschichten und Romane, wobei häufig ein militärisches Setting für das fantastische Genre adaptiert wird. Mit Karma erschien 2007 sein erster Classic BattleTech-Roman. Seitdem veröffentlichte er in der Reihe Das Schwarze Auge zahlreiche Fantasy-Romane.
Craw schätzt stimmige Gesellschaftsentwürfe, selbstbewusste Figuren und konsequente Handlungsführungen, bei denen die Sympathieträger nicht unter Naturschutz gestellt werden.
Wer sich über seine schriftstellerischen Aktivitäten informieren möchte, kann dies auf http://www.bernardcraw.net/ tun.
Titel
Bernard Craw
Die Andurienkriege 1
Präludium
Zwanzigster Roman in der Welt von
BattleTech©
Originalausgabe
Impressum
Ulisses Spiele
Band US41020EPUB
Titelbild: Alex Pascenko
Satz, Layout & Umschlaggestaltung: Ralf Berszuck
E-Book-Gestaltung: Michael Mingers
©2011 The Topps Company, Inc. All rights reserved.
Präludium, Classic BattleTech, BattleTech, BattleMech and ’Mech are registered trademarks and/or trademarks of The Topps Company Inc. in the United States and/or other countries. Catalyst Game Labs and the Catalyst Game Labs logo are trademarks of InMediaRes Productions, LLC.
Deutsche Ausgabe Ulisses Spiele GmbH, Waldems, unter Lizenz von INMEDIARES PRODUCTIONS, LLC., also doing business as CATALYST GAME LABS.
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Print-ISBN: 978-3-86889-164-5
E-Book-ISBN: 978-3-86889-836-1
Danksagung
Mit Dank an Silvia
die die Begeisterung für die Welt
des 31. Jahrhunderts mit mir geteilt hat.
Prolog
Jojoken, Andurien
Herzogtum Andurien
11. September 3030 TNZ
... Wenn aber eine lange Reihe von Misshandlungen und gewaltsamen Eingriffen ... einen Anschlag an den Tag legt, sie unter unumschränkte Herrschaft zu bringen, so ist es ihr Recht, ja ihre Pflicht, solche Regierung abzuwerfen ...
– Präambel der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, 1776 –
Manche behaupteten, die Wolkenquallen hätten ein besonders sensibles Gehör. Diese Annahme fußte auf der Tatsache, dass sich die Oberfläche der durchscheinenden Tiere kräuselte, wenn Schallwellen darauf trafen. Eine Zeit lang hatten die Bars in Jojoken blaue, rosafarbene und mintgrüne Exemplare in Lufttanks gehalten und sie mit unterschiedlichen Tönen gereizt, um die abendlichen Gäste mit dem daraus resultierenden Farbspektakel zu unterhalten. Die saftige Strafe, die ein Gericht im letzten Jahr wegen ›Tierquälerei‹ verhängt hatte, hatte dieser Mode ein Ende bereitet.
Obwohl für ein menschliches Ohr nichts zu hören gewesen wäre außer dem Heulen des Windes, bildete sich eine handtellergroße Delle im Schirm der blassgelben Qualle, die sich kurz darauf in konzentrische Wellen auf der Membran verflüchtigte. Das Tier sank in den Wolkendunst herab, filterte Feuchtigkeit heraus und streckte die meterlangen Härchen, die vom Rand seines Körpers ausgingen. Vorsichtig stellte es Kontakt zu den Extremitäten eines violetten Artgenossen her.
Unter den Wasserdampfformationen zog ein Gorn seine Bahn. Die Urahnen des Raubvogels waren eine Kombination aus der DNS von Steinadlern mit planetarem Genmaterial gewesen. Der Gorn war ein ›Nischenerfolg‹, wie die Xenobiologen es nannten. Das bedeutete, er war gut genug angepasst, um sich in einer ökologischen Nische erfolgreich zu behaupten, dabei aber nicht so dominant, dass er andere Elemente des Ökosystems ausgerottet hätte. Er verließ sich weitgehend auf seine Augen, die auf das Erkennen von Bewegungen spezialisiert waren. Dadurch konnte er Echsen und Nager am Boden ausmachen. Wenn er in dieser Höhe flog, stand ihm der Sinn nach kleineren Vögeln.
Einige davon flatterten weit unter ihm in einem aufgeregten Schwarm über dem in der gesamten Inneren Sphäre berühmten botanischen Garten von Jojoken. Gewöhnlich scherten sie sich nicht um ihre Umgebung, wenn sie sich schnatternd auf den Ästen eines der vielen Bäume niederließen, deren Samen von den entlegensten Planeten herangeschafft worden waren. Heute allerdings war die gewohnte Ruhe gestört. Über das weite Areal hallten die Rufe der Menge, die Jojokens Straßen überflutete, Fahnen und Transparente schwenkte, sich in den Armen lag und Wanderkapellen beklatschte. Zum herzoglichen Palast hin nahm der Lärm ab. Hier konnte man die wohlgesetzten Töne vernehmen, die vielleicht auch die Wolkenqualle weit über dem Entstehungsort zu ihrer halbbewussten Reaktion veranlasst hatten. Folgte man den Klängen, tauchte man durch ein gekipptes Fenster im dritten Stock in ein von der Morgensonne hell durchflutetes Zimmer ein. Die Decke war reich stuckatiert. Zwischen den Schnörkeln und Ranken aus weißem Gips waren in kräftigen Farben Bilder in den Putz gemalt. Sie zeigten Reiter, Jäger, BattleMechs auf grünem Gras vor blauem Himmel. Die Gardinen vor den meterhohen Fenstern waren zurückgezogen. Da die Scheiben beinahe bis zum Boden reichten, konnte man den Eindruck gewinnen, in der Gartenanlage zu sitzen, die sich dahinter bis zum bebauten Stadtgebiet erstreckte. An den Wänden hingen einige ovale, in Öl gemalte Porträts. Die Möblierung dagegen war sparsam. Neben der Tür standen ein Sekretär und ein Schrank mit zahlreichen Ablagefächern auf dem parkettierten Boden, in der Mitte des Raumes ein geöffneter Flügel. Dalma saß neben ihrer Großmutter und sah zwischen deren Händen und den Noten hin und her. Sie durfte umblättern. Dazu musste sie sich konzentrieren und der schnellen Melodie Chopins folgen. Der Komponist des prästellaren Zeitalters setzte noch immer Maßstäbe, was die Komplexität und Schnelligkeit der Tonabfolgen anging. Es gab Passagen, in denen Dalmas Augen den Fingern ihrer Großmutter kaum folgen konnten. Das machte aber nichts, sie war ohnehin noch zu jung für Chopin. Dalma konnte Daumen und kleinen Finger noch nicht weit genug spreizen, um die Tasten den Noten entsprechend hinunterzudrücken.
Zwei Zeilen bevor die letzten Takte des Blattes erreicht waren, schlug Dalma die nächste Seite auf. Ihr war klar, dass die Herzogin dem aktuellen Geschehen im Geiste immer ein ganzes Stück voraus war. Sie musste nicht in das Gesicht schauen, um zu wissen, dass die alte Dame jetzt lächelte, wie immer, wenn sie und ihre Enkelin sich ohne Worte verstanden. Manchmal war die Seelenverwandtschaft unheimlich für die Dienstboten, etwa, wenn sich die beiden unabhängig voneinander für Kleider in exakt dem gleichen Farbton entschieden. Natürlich war Dalmas Äußeres bei aller Traditionalität deutlich verspielter, schließlich war sie erst zehn, wohingegen die Vorbereitungen für die Feierlichkeiten zum achtzigsten Namenstag der Herzogin bereits weit fortgeschritten waren.
Am Ende des Stückes löste sich ihre Großmutter von Chopins Vorgaben. Ihre Melodie drehte einige lustige Schnörkel, was Dalma lachen ließ. Dann allerdings kehrte Catherine Humphreys in das Raster der Punkte und Striche auf dem Notenblatt zurück und pendelte sich auf den vorbestimmten Schluss ein.
Dalma klatschte. »Das hat mir gut gefallen!« Sie achtete darauf, ihre Worte so zu wählen, dass sie den Erwartungen genügten, die ihre Großmutter an Ausdrucksformen stellte. »Du machst immer etwas Überraschendes!«
Die Herzogin lächelte und strich ihr über den Hinterkopf.
Die Rufe der Menge in der Stadt wurden hier zu einem Rauschen. Einzelne Stimmen konnte man nicht heraushören. »Onkel James hat mir erzählt, die Leute auf Atreus werden sehr erstaunt sein von der Unabhängigkeit.«
»Wann hat er denn das gesagt?«
»Heute beim Frühstück. Sofort nach deiner Erklärung auf den Vidsendern.«
»Er hat recht. Nur gäben sie es niemals zu.«
»Wieso nicht?«
»Weil jeder ihnen sagen würde, sie hätten es vorhersehen müssen. Schon lange bevor du geboren warst, hat man in Andurien von der Unabhängigkeitserklärung gesprochen.«
»So lange ist das her?«
Die Herzogin nickte lächelnd. Ihre Augen wurden etwas durchsichtiger als sonst, wie immer, wenn sie sich erinnerte. »Wir sind stets ein stolzes Volk gewesen hier in Andurien. Es liegt in unserem Blut.«
»Wieso sind die Leute auf Atreus dann überrascht?«
»Das ist so, wie wenn wir auf Xanthe sind und dein Kindermädchen dir sagt, du sollst Schal und Mütze anziehen. Du weißt, dass du dir im Schnee leicht einen Schnupfen holen kannst, man erklärt es dir beinahe jeden Tag. Aber weil du immer gut angezogen bist, denkst du nicht daran. Irgendwann lässt du dann deinen Mantel offen und schon bist du erkältet. Alle sagen dir: ›Daran hättest du denken sollen‹, aber das hast du nicht.«
»Und so etwas passiert Erwachsenen auch?«
»Viel häufiger als Kindern. Wir haben so viele Jahre von der Abspaltung geredet, dass auf Atreus niemand damit rechnet, dass wir es dieses Mal ernst meinen.«
»Deswegen sind sie überrascht. Gleichzeitig kommen sie sich dumm vor, weil man es ihnen immer schon gesagt hat.«
»Genauso ist es.« Großmutter strich ihr nochmals über den Hinterkopf. »Ich kann heute leider nicht viel Zeit mit dir verbringen, Dalma. Eine Menge Leute wollen mich sprechen. Wir dürfen also nicht trödeln.« Sie schlug die Chopinnoten zu und blätterte ›Die junge Pianistin‹ auf.
»Es ist so laut heute«, klagte Dalma und sah in den Garten hinaus.
»Du musst deine eigene Melodie im Herzen tragen und immer auf sie lauschen. Vom Radau draußen darfst du sie niemals übertönen lassen.«
Dalma nickte.
»Das hier ist heute gut für den Anfang: ›Thema mit Variationen‹ von Walzer.« Es war eines der Standardstücke für Klavierschüler. Nicht zu kompliziert, aber schon mit einigen raffinierten Passagen. Zudem erforderte es die Fertigkeit, mit beiden Händen unterschiedliche Noten zu spielen.
»Das kann ich auswendig«, verkündete Dalma.
»Da bist du mir voraus«, lächelte die Herzogin. »Heute will ich einmal genau auf die Noten schauen und die Ohren spitzen, ob du die Komposition der Meisterin auch exakt wiedergibst.«