1. CAPTAIN KAY BROOKS
2. BUERGER MC-001212
3. DAS ›WALD-DORF‹
4. ALGORN
5. AUFBRUCH
6. DIE STADT
7. MAINCITY
8. DER DIAMANT
9. KAYNARD JEREMY BROOKNESS
10. MERRON-CITY
11. URÇILLION
12. TASKOLAN
13. GALTHEE
© 2006 by Basilisk Verlag, Reichelsheim
Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Umschlaggestaltung: m@us+co, Christopher Grieser
Umschlagillustration: © Jan Balaz
Satz und Layout: Factor 7
ISBN 3-935706-23-5
Die Schreibweise in diesem Buch entspricht den Regeln der neuen Rechtschreibung.
Finsternis, rabenschwarze, undurchdringliche Finsternis …
Schmerzen, jeden Punkt seines Körpers durchdringend, jeden Nerv erfassend, furchtbare, höllische Schmerzen.
Kein Wunder, denn höchstwahrscheinlich befand er sich bereits in der tiefsten Hölle. Denn eines war ihm mehr als deutlich bewusst:
Er war tot! Mausetot!
Zerlegt in die Urbausteine der Materie, verwandelt in Energie und Strahlung.
Nur zu genau erinnerte er sich der letzten Sekunden seines Lebens …
»… Captain Kay Brooks! Drehen Sie ab, um Gottes Willen, drehen Sie endlich ab! Captain Brooks!!! Kommen Sie sofort zurück! Ihre beiden Begleiter, Lieutenant Gerome und Captain Glass wurden gerade vernichtet! Captain Brooks!!! Kehren Sie um! Captain Kay Brooks …!!!«
Geflissentlich ignorierte er die auffordernde, beinahe schon verzweifelt klingende Stimme des Kampfleitoffiziers. Er hörte einfach nicht hin. Er war hier draußen. Er allein entschied!
Dass seine Kampfgefährten gefallen waren, mitsamt ihren schnellen Deltajägern in flammende, verwehende Gase zerlegt, hatte er schon längst bemerkt. Der dringende Rückruf war in dieser Situation nur noch sinnlos und lästig. Eine echte Chance besaß er sowieso nicht mehr! Sein Rückweg war durch den überraschend in seinem Rücken aufgetauchten caldonischen Kreuzer endgültig abgeschnitten worden. Aus und vorbei!
Die hysterische Stimme einer Frau, überlagert von haltlosem Schluchzen:
»Kay! Kay! Komm zurück, Kay!«
Zu spät! Entschlossen unterbrach er die Tonverbindung zum weit entfernten Kreuzer. Vor ihm tauchte das schwer angeschlagene Kampfschiff der Caldonier auf.
Kalt, hart, unerbittlich sein Gesichtsausdruck. Zum Äußersten entschlossen huschten die Finger seiner Rechten über die Tastaturen, während er mit der Linken nach wie vor die knapp fünf Zentimeter über einer ebenen Fläche frei schwebende Kugel fest und sicher umfasst hielt.
Mit Druck, Zug und leichten Drehbewegungen, in Relation zur Fläche, ließ sich der Jäger mühelos durch den dreidimensionalen Raum steuern. Sofern die Antriebsaggregate und die Andruckabsorber wie vorgesehen funktionierten. Ununterbrochen den Kurs wechselnd, rasche, schnelle Haken schlagend, den gleißenden Bahnen der feindlichen Strahlgeschütze ausweichend, kämpfte er sich näher und näher an das gegnerische Schiff heran. Der von hinten anfliegende Kreuzer konnte nicht mit voller Feuerkraft eingreifen, da seine Schüsse ansonsten unweigerlich seinen eigenen Kameraden getroffen hätten.
»Na warte, du verräterischer Bastard! Wenigstens dich nehme ich mit!«
Entschlossen tippte er den endgültigen Code ein, ehe er sich zufrieden zurücklehnte. Der anvisierte Gegner befand sich in Reichweite!
Eingehüllt von einem grellen, wabernden Leuchten erloschen seine Gedanken.
Im gedämpften Licht der Einsatzzentrale des schweren Föderationskreuzers ›Atoise‹ registrierten die Kampfleitoffiziere und Kampfbeobachter vor der halbrunden Steuerkonsole entsetzt und von ohnmächtigem Zorn erfüllt das Geschehen.
Inmitten des Halbrundes schwebte die gestochen scharfe, absolut farbgetreue, dreidimensionale Projektion des Kampfgebietes, so dass sie alles genauestens mitverfolgen konnten. Dicht vor ihnen, auf den Bildschirmen der einzelnen Leitstände, waren die Daten der drei um ihre Existenz kämpfenden Jäger eingeblendet gewesen. Zwei der Schirme waren inzwischen erloschen.
Die Caldonier hatten sie verraten, waren ins Lager der Feinde Terras umgeschwenkt. Vollkommen unvermutet und nicht vorhersehbar, hatten sie die terranischen Begleitjäger angegriffen! Dennoch hatten sie deren Reaktion und Kampfkraft gewaltig unterschätzt. Ihr eigener Kampfraumer war inzwischen selbst schwer beschädigt worden.
Zwar war das verräterische Schiff rechtzeitig auf genügend Abstand zur ›Atoise‹ gegangen, aber für seinen Verrat hatte es einen hohen Preis bezahlen müssen! Und Captain Kay Brooks schien den Preis mit tödlicher Entschlossenheit weiter in die Höhe treiben zu wollen!
Vielleicht wäre er damit sogar durchgekommen.
Aber plötzlich tauchte unerwartet der zweite caldonische Kampfraumer aus dem Hyperraum auf.
»Nein, Kay! Nein! Nicht, Kay!!!« Die junge Frau im Leitstand sprang auf und schrie in höchstem Entsetzen. Der kommandierende Offizier schaltete sich umgehend auf ihren Leitstand und erkannte die fürchterliche Wahrheit.
Captain Kay Brooks hatte soeben seine Schutzschirme sowie alle Triebwerke abgeschaltet. Die gesamte Energie der Meiler floss dadurch in die Strahlgeschütze, ihnen eine Leistung zukommen lassend, welche sie nur wenige Sekunden lang aushalten würden! Zweihundertfünfzig Prozent Feuerkraft, einzig für einen kurzen Augenblick! Danach würde sich der Jäger zusammen mit seinem tapferen Piloten in einer unkontrollierten Explosion für immer auflösen.
Leise, dennoch von allen im Rund des Leitstandes klar zu verstehen, an die weinend zusammengebrochene Frau gerichtet, die ruhige Stimme des Kommandanten:
»Wenn ihre Zeit gekommen ist, müssen Helden tun, wofür Helden bestimmt sind!«
Der dritte Bildschirm erlosch. Noch immer gestochen scharf und klar war hingegen das Bild in der Mitte der Schiffszentrale. Der gewaltige Strahlschuss des dem Untergang geweihten Jägers zerfetzte endgültig das angeschlagene Caldonierschiff. Gleichzeitig, mit der eintreffenden Druckwelle der Explosion, barsten die Energieumformer des Jägers, während in derselben Nanosekunde eine Breitseite des zweiten Caldonierraumers die kleine, tollkühne Maschine erreichte.
Sekunden später verschwand das Caldonierschiff. Der mit höchster Geschwindigkeit heranrasenden, kampfstarken ›Atoise‹ wollte es sich keinesfalls stellen.
Zwei Medizinandroiden führten die still vor sich hinweinende junge Frau behutsam aus dem Leitstand. Major Corrl hatte ihren Freund verloren.
Deprimiert sah ihr der kommandierende Offizier nach. Verdammter Krieg! Immer erwischte es die Besten und Tapfersten zuerst. Und ahnungsvoll fragte er sich, wie viele Opfer dieser intergalaktische Krieg noch fordern würde. Verrat und Hinterlist griffen mehr und mehr um sich. Verbündete um Verbündete fielen von den Terranern ab, zogen sich zurück oder wechselten gar aktiv ins Lager der Feinde.
Ob Terra diesen Krieg noch gewinnen konnte? Hoffentlich wussten die Sternenlords, was sie taten! Jetzt gab es noch eine unangenehme Aufgabe zu erledigen. Dem Oberkommando schnellstens beibringen, dass jetzt auch die Caldonier ihnen in den Rücken gefallen waren. Dabei erinnerte er sich wieder an den letzten Gesichtsausdrucks des dem Tode geweihten Captains. Als dieser erkannt hatte, dass er den Verrätern nicht davonkommen würde, hatte er eine tiefe und ruhige Gelassenheit gezeigt – zufrieden seinem Schicksal ins Antlitz gesehen.
Captain Kay Brooks und seine Kameraden, sie waren als Helden gefallen!
Major Raoul Anderson fror.
Seine Schmerzen waren so gut wie verschwunden und die Finsternis wich einer strahlenden Helligkeit. Mühsam versuchte er sich aufzurichten und zu orientieren. Funkelnde, glitzernde Eisbrocken lagen auf der Kanzel und mehrere Hand voll dünner, kalter Schnee waren hereingeweht worden.
Kanzel? Schnee?
Er war doch tot? Oder etwa nicht? Vorsichtig sah er sich um. Anscheinend befanden sich die verformten Überreste seiner Pilotenkanzel noch um ihn herum.
Mühsam dachte er nach. Und zählte zusammen.
Erstens, der Explosionsdruck des Caldonierraumers, zweitens, der Strahlschuss des zusätzlich aufgetauchten Angreifers, beide gleichzeitig von entgegengesetzten Seiten Druck auf den Jäger ausübend. In derselben Millisekunde mussten die überlasteten und explodierenden Fusionskammern seiner Strahlgeschütze buchstäblich einen eigenen Gegendruck ausgeübt haben, zudem, das fiel ihm erst jetzt ein, hatte er im Eifer des Gefechtes vergessen, den automatischen Hochlauf des gesondert eingebauten Schutzschirmes, welcher nur die Pilotenkanzel umgab, zu unterbinden. In äußersten Notfällen, wenn die Maschine nahezu verloren war, sollte diese Einrichtung das Leben des Piloten zusätzlich schützen. Zumal der körpereigene, im Kampfgürtel eingebaute Schutzschirm nur im Freien anlief.
Durch die ungeheuren Energieentfaltungen auf kleinstem Raum und dem Einfluss von verschiedenen höherdimensionalen Kraftfeldern musste sich die normale Raumstruktur kurzfristig geändert haben. Ein kleiner, gewaltsam herbeigeführter, rein zufällig entstandener Riss im Raum-Zeit-Kontinuum. Höchstwahrscheinlich war er räumlich sehr weit versetzt worden. Ein Zufall mit einer Wahrscheinlichkeit von Eins zu wer weiß wie vielen Milliarden?
Gut! Also hatte er eine zweite Chance erhalten! Sobald er wieder zurück war, würde er es den verfluchten, gemeinen Bastarden heimzahlen! Garantiert war dies ein Wink und Auftrag des Schicksals! Er überlegte weiter …
Wer weiß, wo er wohl gestrandet war? Jedenfalls lebte er noch und atmete schon länger die, wenn auch recht dünne und kalte Luft dieser ihm unbekannten Welt ein. Und wo Eis war, gab es Wasser. Und wo Wasser war, meist auch Pflanzen und Leben. Leben? Er würde vorerst teuflisch aufpassen müssen! Vielleicht war seine Glückssträhne soeben vorbei und von einem Augenblick zum andern konnten ihm die Abwehreinrichtungen einer feindlich gesinnten Bevölkerung das Leben zur Hölle machen. Oder es gab hier, auf diesem Planeten, überhaupt kein intelligentes Leben. Wie dem auch war, er musste so schnell wie möglich von hier weg und sich umsehen!
Polternd und klirrend fielen die Eisstückchen von der Kanzelhaube, als er diese mit aller Kraft ruckartig hochschob.
Vorsichtig kletterte er hinaus und sah sich neugierig um.
Wie erwartet, war von seinem Jäger nichts mehr zu sehen. Lediglich die arg zerschrammte und angeschmolzene Kapsel der Pilotenkabine war noch, wenigstens größtenteils, vorhanden. Allem Anschein nach war er in ziemlicher Höhe auf einem gigantischen Gletscher gestrandet. Kein Wunder, dass die Luft hier derart dünn war!
Langsam begriff er das ungeheure Ausmaß an Zufall und Glück, welches ihn gerettet hatte. Wahrscheinlich war er weiß glühend, wenn auch noch vom Schutzschirm umhüllt, durch die Atmosphäre dieser Welt gerast und extrem flach auf diesem gut zehn Kilometer langen und schätzungsweise mehr als tausend Meter breiten Gletscher gelandet.
Sein für planetare Einsätze vorgesehener Kampfanzug und das zusätzliche Ausrüstungsmaterial in dem Behältnis hinter seinem Pilotensitz waren praktisch unbeschädigt geblieben. Nachdenklich stand er vor dem Wrack. Schließlich entschied er sich, den schweren Energiestrahler umzuhängen sowie die Ausrüstung seines Gürtels zu vervollständigen, nicht zu vergessen, sich in die Taschen zu füllen, was hineinpasste. Lauter nützliche Sachen, scheinbar winzig, im Ernstfall dennoch äußerst wirkungsvoll!
Trotzdem, es war höchste Zeit, von hier wegzukommen! Er fühlte sich wie auf einem Präsentierteller.
Einen Moment lang überlegte er. Den Antigrav benutzen, ja oder nein? Wenn man ihn bereits geortet hatte, kam es auf die höherdimensionalen Impulse sowieso nicht mehr an. Und wenn nicht, allemal besser das kleine Ortungsrisiko eingehen, als unversehens in einer tückischen Gletscherspalte zu verschwinden. Zumal daraufhin automatisch sein Schutzschirmgenerator anspringen würde, der wiederum genauso leicht geortet werden konnte. Natürlich nur, wenn man über entsprechende Geräte verfügte. Und das setzte schon einige Intelligenz und wissenschaftliches Können voraus.
Also erhob er sich kurz entschlossen einige Meter hoch in die Luft und glitt danach schnell über den Gletscher in Talrichtung, ohne den zurückbleibenden Wrackteilen noch einen einzigen Blick zu gönnen. Am Ende des Gletscherfußes, einer gewaltigen, sicherlich zweihundert Meter hohen, lotrecht abfallenden Eiswand, schwebte er weit ins Tal hinab und ließ sich sanft zu Boden sinken.
Ein schmaler Bach, gespeist vom eiskalten Wasser aus dem Gletschermund, grünes Gras, winzige bunte Blumen und sogar ein daumengroßer Käfer! Eine Welt, erfüllt mit Leben!
Zumal er weiter unten im leichten Dunst einen immer größer werdenden Wald erblickte. Hohes Gras, übergehend in niedrige Sträucher, kleine Bäume und gewaltige Baumriesen. Grün, saftig und, alles in allem, völlig unberührt wirkend.
Trotzdem musste er vorsichtig sein! Er schwebte weiter, um kurz darauf in das Dämmerlicht des Waldes einzutauchen.
Lautlos schlich sie näher.
Wie gut, dass sie die Zeichen des Himmels beachtet hatte! Der helle Feuerschein in der Nacht hatte ihr reiche Beute verhießen. Ihr, der besten, wenn auch eine der jüngsten Jägerinnen der Sippe! Allein, ohne jegliche Begleitung, hatte sie sich hoch in dieses abgelegene Seitental gewagt. Und dabei den leichtsinnigen, tollpatschigen Städter erblickt!
Was für eine hochwillkommene Beute!
Der Mann würde einen kräftigen Arbeitssklaven abgeben. Und dessen Kleidung erst! Hervorragendes, langschäftiges Schuhwerk, dazu eine dunkelblaue Kombination mit einem breiten, aus matt schimmernden Metallgliedern bestehenden Gürtel sowie metallischen Ärmelmanschetten. Am Hals war das Gebilde mit einem helleren, flachen Metallreif abgeschlossen. Nur das längliche, seltsam fremdartig wirkende Gerät auf seinem Rücken entzog sich einer genaueren Bestimmung.
Wirklich, eine lohnende Beute! Scheinbar lautlos und unsichtbar glitt sie näher. Ihr ahnungsloses Opfer hatte es sich kurz vor einem leicht abfallenden Wiesenstück bequem gemacht und bestaunte anscheinend die Aussicht.
Fein! Nur einige wenige schnelle Schritte und zum Abschluss ein kräftiger Sprung. Danach mit dem Messerknauf ein gut gezielter Schlag auf den Hinterkopf des Mannes und sie hatte gesiegt! Sie richtete sich auf. Und hetzte los …
Flach flog sie durch die Luft auf den ahnungslosen Mann zu.
… und landete bäuchlings mit dem Gesicht im Dreck! Aufschreiend ließ sie ihr Messer los. Ein Fuß war ihr brutal aufs Handgelenk getreten und stieß ihr vor Schmerz losgelassenes Messer mit einem kräftigen Tritt weit zur Seite. Im nächsten Moment packte sie jemand mit eiserner Gewalt am Genick, hob sie hoch, schüttelte sie kurz aber kräftig und ließ sie danach einfach wieder zu Boden fallen!
Mit heftig schmerzendem Hinterteil saß sie geschockt da, kaum fähig, den hoch aufgerichtet vor ihr stehenden Mann ungläubig zu betrachten.
Wie hatte der sich nur derart schnell zur Seite bewegen können? Und woher nahm er zudem auch noch diese unglaubliche Kraft?
Ihr Nacken schmerzte und das laute Rauschen und Dröhnen in ihren Ohren verhinderte, dass sie verstand, was der Mann zu ihr sagte. Der sah sie nur kurz abschätzend, beinahe beleidigend an, wandte sich schließlich ab und schritt weiter.
Galthee verstand die Welt nicht mehr! Sie hatte immer gelernt, dass Städter langsam und träge waren. Aber wenn sie Frauen aus der Wildnis erwischten, wurden diese umgehend von ihnen vergewaltigt! Zumindest erzählten dies alle aus der Sippe. Und dieser Mann tat nichts dergleichen – einfach nichts! Obwohl ihr ledernes Jagdhemdchen bei dem missglückten Angriff gerissen war, ihre festen Brüste dadurch gut zu sehen waren, hatte der Mann sie keines weiteren Blickes gewürdigt!
Unverständlich! Jetzt packte sie die blanke Wut. Nicht mit ihr! Blitzschnell rannte sie zu ihrem Messer, hob es auf und griff den davonschreitenden Fremden erneut an. Gleich darauf saß sie verblüfft auf dem Boden, sich die brennende linke Wange reibend.
Aller guten Dinge sind drei. Als sie sich, diesmal mit schmerzender rechter Wange, erneut auf dem Boden wiederfand, hatte sie es begriffen! Dies war kein dummer, wehrloser Städter, von denen man ihr erzählt hatte. Dies hier war ein harter, erfahrener Kämpfer, wahrscheinlich schneller und besser als die besten Kriegerinnen ihrer Sippe.
Das war keine Beute für sie! Dennoch, vielleicht war es klugerweise angebracht, ihm in achtungsvoller Entfernung nachzulaufen und ihn genau zu beobachten. Wer weiß? Vielleicht ergab sich später eine passende Gelegenheit?
Ein schwacher Stromstoß seiner linken Manschette signalisierte, dass das als intelligent eingestufte Wesen ziemlich nahe war. Am Günstigsten war es wohl, dem Unbekannten eine vermeintliche Chance zum Angriff zu bieten. Dann war er darauf vorbereitet und konnte der Gefahr leichter begegnen. Seit dem Vorfall mit den elenden Caldoniern war er sowieso geladen und es drängte ihn, seine Wut und Frustration an einem ebenbürtigen Feind auszulassen.
Zwei leichte Schritte und ein etwas stärkeres Auftreten. Elegant wich er zur Seite und sein Angreifer krachte neben ihm auf den Boden. Entwaffnen, hochheben, und ein Durchschütteln seines Gegners waren reine, in vielen Übungen antrainierte Reflexhandlungen. Enttäuscht ließ er seinen Gefangenen sofort wieder fallen.
Ein junges Mädchen!
Eher mager denn üppig, und dazu recht jung aussehend. Nein, er kämpfte nicht gegen Kinder!
»Wie heißt du?«
Sie antwortete ihm nicht. Klar, woher sollte sie auch seine Sprache kennen? Vielleicht kannte sie auch überhaupt keine Sprache. Ihre primitive Kleidung, ein zerrissenes Fellhemd und ein lederner Lendenschurz, zeugte nicht gerade von hoher Zivilisation, zumal sie auch keine Beinkleidung, wie Schuhe oder ähnliches, zu kennen schien.
Er schritt weiter. Immerhin, es gab Menschen auf dieser Welt! Vielleicht war er hier ja nur am Rand der Wildnis gelandet, unter Umständen gab es sogar richtige Städte auf diesem Planeten? Hoffnungsvoll machte er sich auf den Weg. Das Kind hatte er in Gedanken bereits abgehakt. Zum Glück warnten ihn seine kleinen, hoch technisierten Helferlein. Die Kleine wurde ihm langsam lästig. Sie besaß weit mehr Ausdauer, als er ihr zugetraut hätte.
Nach dem dritten vergeblichen Versuch gab sie erst einmal auf. Dennoch folgte sie ihm weiterhin recht hartnäckig, wenn auch in geziemender Entfernung. Mist! Unerwartet kam ihm das Schicksal zu Hilfe.
Vor ihm fiel das Gelände über eine rund hundert Meter tiefe, nicht erklimmbare Felswand senkrecht ab. Dieses Felsenband erstreckte sich gut und gerne über mehrere Kilometer in die Breite. Sie musste, um dieses Hindernis überwinden zu können, außen um die Felsen herumlaufen.
Er hingegen …
Fröhlich lächelnd winkte er seiner Verfolgerin zu und schritt über die unheilvolle Kante. Natürlich fing die Antigraveinrichtung seinen Sturz wie vorgesehen ab und wenige Sekunden später verschwand er im unten angrenzenden Dickicht. Sehr schön! Vor der aufdringlichen, kleinen Lady würde er jetzt wohl einige Zeit lang sicher sein!
Galthee schrie entsetzt auf.
Zuerst hatte sie verwundert bemerkt, dass sich der Mann umgedreht und ihr freundlich zugewinkt hatte. Bisher hatte er sie einfach nicht beachtet, obwohl sie schnell erkannt hatte, dass er sich ihrer Verfolgung voll bewusst war.
Aber jetzt …
Noch immer empfand sie blankes Entsetzen und eisige Kälte strich ihren Rücken hinab. Unwillkürlich setzte sie sich ins Gras, verständnislos die leere Felskante betrachtend.
Der Mann war in den Tod gesprungen! Einfach so! Unerklärlich, grundlos!
Lange dachte sie nach, ehe sie zu einem Entschluss gelangte. Sie würde das Felsband umgehen und nach den Überresten des Mannes suchen. Sicherlich war davon noch einiges für sie verwendbar. Aber sie musste sich beeilen, bevor andere ihn fanden! Schnell erhob sie sich und schritt energisch aus. In wenigen Einheiten würde die Dämmerung hereinbrechen und ihre Suche beenden.
Die Nacht war ereignislos verstrichen und nach einer gründlichen Wäsche im klaren, kühlen Wasser des kleinen Baches, wenn auch ohne die gewohnten Lotions und Duftwässerchen, von Ultraschallrasur und Ähnlichem ganz zu schweigen, fühlte er sich wieder einigermaßen gesäubert und vor allem äußerst hungrig. Seit seinem Detachement als Begleitjäger des angeblich in diplomatischer Mission fliegenden Caldoniers hatte er nichts mehr gegessen. Nach dem kleinen, harmlosen Auftrag wären sie gemütlich zurück zur ›Atoise‹ geflogen und hätten zum wer weiß wievielten Male versucht, die Bordkantine leer zu futtern.
Wie auch immer, die ›Atoise‹ war Vergangenheit, genauso wie die Notrationen an Bord seines Jägers. Zeit, sich umzustellen! Die nächsten Bordkantinen und Stützpunktcasinos waren mit einiger Sicherheit viele Lichtjahre weit entfernt. Zu Fuß verdammt lange.
Etwas ratlos sah er auf den Wald. Keine Ahnung, was genießbar war. Jetzt hätte die Kleine vielleicht helfen können. Er verwarf den Gedanken wieder. Was wäre, wenn sie ihm immer noch an den Kragen wollte …?
Schwierig, schwierig.
Nachdenklich glitt sein Blick über den leise murmelnd dahinplätschernden Bach. Die Lösung seiner Probleme sprang ihm unmittelbar in die Augen. Ein wirklich ansehnlicher Fisch schnellte hoch und schnappte gierig nach einem übers Wasser flitzenden Insekt. Sekunden später, den kleinen Handstrahler im Anschlag, stand er fangbereit im knietiefen Wasser. Die Waffe war auf einen eng gebündelten Strahl mit minimaler Leistungsabgabe eingestellt – schließlich wollte er sein Essen nicht atomisieren.
Keine fünf Minuten später lag ein lebloser Haufen Fische am Ufer. Zufrieden betrachtete er seinen Fang. Im Laufe der Zeit hatte der Bach genügend dürres Holz angeschwemmt. Er musste nur zugreifen, und bald danach brutzelten die ersten ausgenommenen Fische über einer kleinen Flamme.
Zu Trinken gab es kühles Wasser. Zudem bekam man davon hinterher keine Kopfschmerzen. Der sanfte Stromstoß seiner Ärmelmanschette riss ihn aus seinen stillen Betrachtungen. Nicht zu fassen! Die Kleine war wirklich hartnäckig. Andererseits, wenn er sie als Verbündete gewinnen konnte? Einen Versuch schien es ihm jedenfalls wert.
Unmöglich!
Wie sehr sie auch suchte, nirgends war der abgestürzte Körper des Mannes zu finden! Verhext! Wie vom Erdboden verschluckt!
Das konnte nicht sein! Niemals! Er musste, es gab keine andere denkbare Möglichkeit, irgendwo hier, zerschmettert zu Füßen der Felswand liegen. Ob ihn wohl ein Tier – ausreichend kräftige Aasfresser gab es genügend – weggeschleppt hatte? Enttäuscht lief sie in den Wald. Was sollte es, dachte sie, neue Jagd, neues Glück.
In diesem Moment erblickte sie die nicht zu übersehenden Abdrücke der Sohlen des Mannes im weichen Waldboden. Für einen kurzen Augenblick, wirklich nur einen Herzschlag lang, starrte sie fassungslos auf die Spur. Sogleich folgte sie der Fährte, bis die Dämmerung der Verfolgung ein Ende setzte. Zum Übernachten kletterte sie einfach auf den nächsten Baum, sich in einer bequemen Astgabel mit einer kräftigen Schnur festbindend.
Beim ersten Morgengrauen, ziemlich durchgefroren und nicht richtig ausgeschlafen – sie hatte die tiefe Nachttemperatur gründlichst unterschätzt – setzte sie sich wieder auf die Spur des geheimnisvollen Mannes. Wie hatte der nur den Sturz über die Felswand überlebt? Je mehr sie nachdachte, desto ungeheuerlicher kam ihr der gestrige Vorgang vor.
Wer war, was war er? Und woher kam er?
Allmählich machte sich in ihren Eingeweiden nagender Hunger breit. In ihrem Eifer, die Fährte nicht zu verlieren, hatte sie seither bewusst auf die Nahrungssuche verzichtet. Einerseits, die Fußstapfen waren mehr als deutlich zu erkennen, als ob der Mann keinerlei Wert darauf legen würde, unentdeckt zu bleiben, andererseits, wenn sie jetzt versuchte, ein paar Früchte zu suchen, wer weiß, was sonst noch so alles dazwischen kommen konnte und sie, kurz vor dem Ziel, um dem verdienten Erfolg bringen würde.
Gerade als der Hunger unerträglich zu werden begann, zog ein leichter Rauchgeruch zwischen den Bäumen hindurch. Welch eine bodenlose Unvorsichtigkeit von dem Mann! Als sich aber der wunderbare Duft von gebratenem Fisch ausbreitete, konnte sie der Versuchung nicht mehr widerstehen und sie schlich näher und näher. Das Wasser lief ihr im Mund zusammen, sie alle Vorsicht vergessen lassend. Wachsam schob sie sich durch das niedrige Gebüsch am hoch liegenden Bachrand und spähte aufmerksam hinunter.
Da lag doch der Mann allem Anschein nach gemütlich im Sand, gut zwei Längen neben einem kleinen Feuer, zwei Astgabeln als Halterungen, ein grüner Zweig als Spieß, und briet sich gemütlich eine unfassbare Anzahl frischer Fische! Wie hatte er die nur dermaßen schnell gefangen?
Angestrengt dachte sie nach. Gestern, als genügend Gelegenheit dazu gewesen war, hatte er ihr nichts angetan. Wenn sie sich also unbemerkt bis in die Nähe des Feuers schleichen würde, umgehend wieder blitzschnell losrannte, konnte sie mit ihrer Beute wieder auf dem sicheren Rückzug sein, bevor der Mann sie erreichen und festhalten konnte. Gedacht, getan. Gerade als sie den Fisch schnappte, fiel ihr Blick auf den noch immer ruhig Daliegenden. Sie bemerkte, wie er sie interessiert, aber keineswegs unfreundlich musterte. Trotzdem zog sie sich vorsichtig ein paar Schritte zurück, ehe sie den erbeuteten Fisch heißhungrig verschlang.
Anschließend, weiterhin hungrig, betrachtete sie die noch daliegenden, rohen Fische, unschlüssig, wie es weitergehen sollte. Plötzlich sprang sie erschrocken zurück.
Der Mann war aufgestanden und trat langsam näher ans Feuer heran, steckte zwei weitere der köstlichen Fische auf einen der noch daliegenden, vermutlich erst vor kurzem geschnittenen Äste und legte diesen behutsam in die Astgabeln. Verlockend hingen die beiden Fische über der heißen Glut.
Er verhielt sich augenscheinlich so, als ob sie ein scheues, wildes Tier wäre, welches er nicht verscheuchen wollte. Das ärgerte sie. Mutig kam sie näher, während sich der Mann betont langsam wieder zurückzog, sie dabei aber nicht aus den Augen ließ. Argwöhnisch, dem Mann keinesfalls den Rücken zukehrend, ließ sie sich am Feuer nieder, legte trockenes Holz nach, drehte und wendete die Fische gleichmäßig über der Hitze.
Als das Mahl gut durchgebraten war, reichte sie zögernd dem Mann den Spieß. Dieser bedeutete ihr, sich zuerst zu nehmen.
Freudig biss sie in das zarte Fleisch, langsam und genüsslich kauend. Als sie dem Mann den zweiten Fisch reichen wollte, auch wenn sie diesem dabei unangenehm nahe kam, wehrte dieser ab und deutete auf die Fischreste am Boden. Fünf einzelne Fischköpfe! Sie verstand. Also, wenn der nicht satt war!
Beruhigt aß sie weiter, zumal der andere Fisch ihr sozusagen auch noch gehörte. Und außerdem lagen da ja noch eine Hand voll roher Fische am Boden. Sicherlich durfte sie davon anschließend einige mitnehmen, hatte ihr der Mann ja durch seine Gesten klar gemacht, dass er durchaus gewillt war, mit ihr zu teilen.
Zufrieden trat sie ans Wasser, vorsichtig einige Schlucke trinkend. Der Mann rührte sich nicht. Mutig geworden, beschloss sie, wenn er schon so zurückhaltend blieb, sich auch noch gleich der Morgenwäsche hinzugeben. Sicherheitshalber lief sie ein paar weitere Schritte zur Seite. Sie wollte ihn durch ihren nackten Anblick nicht in Versuchung führen.
Leider wurde aus ihrer löblichen Absicht nichts. Laut grölend und sichtlich hocherfreut kamen fünf kräftige Männer den Bach herab. Ihr Anführer war begeistert.
»Eine nackte Waldfrau und ein fetter Städter! Jungs, heute ist unser Glückstag!«
Galthee erschrak zutiefst. Sie waren verloren! Fünf kräftige Farmer, bekannt dafür, dass diese Waldfrauen brutal missbrauchten und sie sich hernach als Sklavinnen hielten, sofern diese die Massenvergewaltigung durch die erwachsenen Männer des Farmerdorfes überlebten. Schlimmeres hätte ihr nicht widerfahren können!
Und der fremde Mann? Der begriff gar nichts, sondern stieg in aller Ruhe die Uferböschung hoch und wartete gemütlich ab. Was für eine Dummheit! Das eigenartige Ding, welches er bisher auf dem Rücken getragen hatte, lag, wie ihr erst jetzt auffiel, weit hinter ihm im Gras. Entweder war es, entgegen ihrer ersten Vermutung, doch keine fremdartige Waffe, oder der Städter war sich der Gefahr, die auf sie beide zukam, nicht bewusst!
Immerhin, ihn glaubte sie inzwischen zu kennen. Er würde ihr nichts tun. Und vielleicht konnten sie im entstehenden Getümmel sogar noch entwischen? Entschlossen, unter Zurücklassung aller Kleidungsstücke, stieg sie ebenfalls die Uferböschung hoch und stellte sich neben den Mann.
Zu ihrer Verblüffung reagierte der anders als erwartet. Erschrocken schrie sie auf, als der Mann sie blitzschnell ergriff. Gleich darauf beruhigte sie sich wieder. Der Mann hatte sie einfach ein paar Schritte weiter hinten abgesetzt und trat jetzt wieder nach vorne. Das verstand sie nicht. Wollte er, der schwache, einfältige Städter, sie etwa beschützen? Denn dieser stand jetzt abwartend zwischen ihr und der sich freudig unterhaltend näher kommenden Meute. Sie schüttelte sich, als die Männer sich laut zurufend gegenseitig in ihren Schilderungen überboten, was sie nachher mit ihr anstellen wollten. Gleich nachdem sie es dem Städter besorgt hätten.
Interessant! Sehr interessant! Die fünf unwillkommenen Kerle sprachen, wenn auch nicht besonders gut, ein recht altertümlich wirkendes Standardgalaktisch. Gut! Sehr gut! Wenigstens würde es auf dieser Welt keine unüberwindlichen Sprachprobleme geben! Jetzt waren die Kerle bis auf knapp zehn Meter heran. Nahe genug, entschied er.
»Hallo, Jungs! Wenn ihr jetzt schön brav in einem weiten Bogen um uns herum weitergeht, passiert euch gar nichts! Ansonsten glaube ich, würdet ihr es schnell bereuen, falls dies anschließend überhaupt noch möglich ist!«
Das Mädchen hinter ihm schrie überrascht auf. Ein kurzer Blick zurück, aber da war nichts, außer dass sie ihn unverständlicherweise wie ein Gespenst ansah. Was sollte es! Welcher Mann verstand schon die Frauen? Er hatte, jedenfalls in diesem Augenblick, keine Zeit für sie übrig. Freundlich betrachtete er die fünf Halunken. Nach den Caldoniern kamen ihm die fünf lausigen Strolche gerade recht. Er hatte da noch einiges an Frust abzubauen. Schade, dass sie nur eine Hand voll waren!
Eines war schnell klar, sie gingen nicht brav weiter! Sich mehr oder weniger gegenseitig behindernd, kamen sie herbeigestürmt. Jeder wollte der Erste sein, der auf den frechen Städter einschlug. Umso schneller konnte man anschließend über die Waldfrau herfallen. Captain Kay Brooks war in seinem Element. Nicht umsonst gehörte er einer absoluten Eliteeinheit an, wo immer die sich auch gerade herumtrieb. Nicht zu vergessen, seine besondere, nahezu einmalige, nur wenigen Auserwählten vorbehaltene Spezialausbildung!
Kaum zwanzig oder dreißig Herzschläge später war die Angelegenheit schnell zu Ende. Alle fünf Angreifer lagen am Boden. Nachdenklich und ernüchtert sah er auf die vorher so überheblich wirkenden Männer hinab. Die zwei, die laut aufschreiend über die Böschung zurückgeflogen waren, würden nie mehr eine Frau anfassen. Nicht in diesem Leben. Starr, mit entsetzt aufgerissenen Augen, blickten sie gen Himmel.
Zwei weitere krümmten sich schmerzerfüllt und heulend am Boden. Sie hatten, wie es aussah, einiges gebrochen. Nur der letzte Angreifer, welcher rechtzeitig gemerkt hatte, an was für einen unverdaulichen Brocken sie da geraten waren, saß, mit nur einem gebrochenen Arm, schmerzvoll stöhnend am Boden, angstvoll und schreckensbleich seinen Gegner anblickend. Er verstand die Welt nicht. Fünf zu eins gegen einen Städter! Und nun dies! Schmerzerfüllt heulte er auf, als ihn der Mann lässig hochhob und leicht schüttelte.
»Hör genau zu, du fiese Ratte! Wenn ihr, das heißt alle deine Kameraden und sonstigen Mitglieder einer Drecksbande, wenn ihr euch noch einmal an einer der Waldfrauen vergreift, werde ich euer stinkendes Nest gnadenlos auslöschen! Und jetzt verschwinde und hole den Rest eurer feigen Bande, damit sie die da«, und er deutete achtlos auf die sich noch immer unter erheblichen Schmerzen windenden Angreifer, »damit sie diese da versorgen können! Los, mach schon!«
Ein kräftiger Schubs und der Bursche rannte aufheulend davon, über den Bach hinweg, umgehend im Wald untertauchend.
Der Captain überlegte. Wie ging es jetzt weiter? Dabei fiel ihm wieder das Mädchen ein. Dies stand noch immer da und schien das Geschehen nicht zu begreifen. Angstvoll wich sie zurück, als er näher kam. Augenblicklich blieb er stehen. Sollte sie doch machen, was sie wollte! Er verspürte wirklich keine Lust, sich länger mit dem widerborstigen Ding abzuplagen.
Mit einfachen Handzeichen und Gesten versuchte er ihr klar zu machen, dass sie ebenfalls verschwinden sollte, bevor eine weitere Horde dieser bösartigen Männer auf der Bildfläche erscheinen würde. Das Mädchen starrte ihn noch immer wie ein Gespenst an, schluckte und würgte, ehe sie meinte:
»Sie können ja sprechen! Warum haben Sie bisher nie etwas gesagt?«
Ziemlich vorwurfsvoll und zudem recht unverschämt, die junge Dame! Jetzt war das Staunen an ihm.
»Ich habe dich gestern nach deinem Namen gefragt! Da hast du nicht geantwortet! Deshalb dachte ich, du kannst nicht sprechen oder meine Sprache nicht verstehen!«
Beide sahen sich noch immer entgeistert an, dann musste er über seinen Irrtum lachen.
»Gut! Nachdem dies also geklärt wäre, ich heiße Kay! Und du?«
»Galthee!«
»Fein! Wie gesagt, nenne mich einfach Kay, einverstanden, Galthee?«
Das Mädchen nickte zögernd, dabei auf die Männer weisend:
»Darf ich mir von denen ein oder zwei Messer nehmen?«
»Ja, gern! Warum fragst du?«
Stockend kam die Erklärung.
»Sie haben diese Männer besiegt! Alles, was diese bei sich haben, gehört ab sofort damit Ihnen!«
Er nickte verstehend. Eine primitive Barbarenwelt!
»Diese Kerle haben nichts, was ich gebrauchen könnte! Aber da wäre noch etwas: Sage bitte Du oder Kay zu mir! Komm jetzt, lass uns weitergehen! Wo liegt dein Dorf?«
Galthee, im Begriff, sich die Messer zu holen, zeigte nach rechts.
»Dort, in diese Richtung!«
»Schön! Aber jetzt ziehe dich endlich wieder an! Wir werden ein Stück im Bach aufwärts gehen und nachher einfach spurlos verschwinden!«
Vergnügt dachte er daran, wie sich die Eingeborenen wohl anstellen würden, wenn er, mit Galthee auf den Armen, sich eine größere Strecke ohne Spuren zu hinterlassen mithilfe der Antigraveinrichtung fortbewegen würde. Außerdem sah es nach Regen aus. Danach ginge mit Spurenlesen sowieso nichts mehr. Grinsend watete er ins Wasser. Galthee folgte wortlos.
Eigentlich ein recht angenehmes Mädchen, überlegte er. Was die albernen Gänse, Verzeihung, die freundlichen Kameradinnen an Bord der ›Atoise‹, nach einem derart aufregenden Abenteuer alles zu schwatzen gehabt hätten?
Wirklich, eine einnehmende Welt! Genau die richtige Herausforderung für einen Captain der terranischen Elitetruppen! Und erst recht für ihn! Bei den dreizehn Flammenzungen der Ewigkeit! Es ging wirklich nichts über eine kleine, unverhoffte Abwechslung!
Staunend stand Galthee am Rande des kleinen Sees, welcher von einem über eine hohe Felswand herabdonnernden Wasserfall geschaffen war, im knöcheltiefen Nass und beobachtete das ungewöhnliche Verhalten Kays.
Da der Abfluss des Gewässers recht flach verlief, wollten sie sich, nach der in einer nicht gerade sauberen Höhle verbrachten Nacht, hier, an dieser Stelle, gründlichst waschen. Das endlos herabstürzende Wasser hatte sich im Felsenkessel eine tiefe Kuhle gegraben, an deren Abfluss eine breite Kiesbank, auf der sie gerade stand, aufgeschüttet war.
Gestern, sie waren kaum in den Bach getreten, hatte es ungewöhnlich heftig sowie zu ihrem äußersten Missvergnügen zudem noch recht kalt und eisig, zu regnen begonnen. Einerseits gut, waren dabei ihre Spuren unwiederbringlich getilgt worden, andererseits schlecht, denn sie war diese unerwartete Kälte nicht gewohnt.
Ihr bisheriger, zugegebenermaßen recht erfolgloser Jagdzug hatte sie hoch ins Gebirge geführt. Derzeit befanden sie sich in einem weiten Hochtal. Sie selbst war jedoch normalerweise mehr in den tieferen Ausläufern des Gebirges zu Hause. Mit der ungewohnten Kälte kam sie deshalb nicht zurecht. Kurz hatte sie sich gefragt, woher die fremden Männer derart überraschend gekommen waren. Sie waren, genau wie sie, eher Bewohner des flachen Tieflandes. Anscheinend hatten sich diese auf eine ausgedehnte Treibjagd begeben und waren dabei rein zufällig auf sie beide gestoßen.
Jedenfalls war sie gestern steif und klamm von Kay, trotz ihres, wenn auch schwachen Protestes, ohne viel Federlesens unter den Arm genommen worden. Als sie zu sehr zappelte, hatte er sie sich über die Schulter gelegt. Nach kurzer Zeit fand sie es recht angenehm, getragen zu werden und irgendwann war sie erschöpft eingeschlafen.
Als sie erwachte, befand sie sich in einer kleinen Höhle. Ein hell brennendes Feuer wärmte sie langsam wieder auf und der verlockende Duft nach gebratenem Wild hing in der Luft. Wie der Mann das wohl alles allein, ohne jegliche Hilfe, zu Wege gebracht hatte? Er hatte sogar einen beachtlichen Haufen halbwegs trockenes Gras herbeigeschafft und in zwei Bündeln auf dem Boden ausgebreitet. Nachdem sie sich gesättigt hatte, nahm sie ihr Bündel hoch, legte es einfach neben dem von Kay nieder, kroch eng an dessen Seite und schlief gleich darauf wieder ein. Sie hätte ein paar Felldecken mitschleppen sollen, dachte sie noch, ehe ihr die Augen zufielen.
Natürlich war Kay klar, dass ihre scheinbare Zutraulichkeit nichts weiter bedeutete, als dass sie zum Schutz vor der Kälte der Nacht seine Körperwärme suchte. Am Morgen war sie eng an Kay geschmiegt aufgewacht und zuerst über ihr eigenes Verhalten, welches ihr jetzt so richtig bewusst wurde, recht erschrocken gewesen. Was hätte der unbekannte, fremde Mann in der Nacht alles mit ihr anstellen können!? Nicht auszudenken!
Plötzlich fiel ihr wieder ein, wie sie sich gestern noch darüber geärgert hatte, dass Kay sie für ein Kind, zumindest für ein sehr junges Mädchen, hielt.
Aus seinen wenigen, sparsamen Äußerungen und seiner zurückhaltenden Art ihr gegenüber ging dies deutlich hervor.
Püüh! Wenn der wüsste! Viele in ihrem Alter, sie zählte immerhin schon volle neunzehn Sonnenumläufe, hatten selbst schon zwei oder gar drei Kinder! Sie wusste genau, was ein Mann mit einer Frau trieb und umgekehrt, auch wenn sie selbst, für sich, davon noch keinen Gebrauch gemacht hatte.
Ein eigenes Kind hätte sie in ihrem Freiheitsdrang ziemlich eingeschränkt. Eine Anzahl Jahresperioden lang schwerfällig mit einem dicken Bauch herumlaufen, wie es viele junge Frauen in ihrem Alter taten, nein, diese Mühe und Plage war nichts für sie. Zumal die nicht zu umgehende Geburt schon mancher Frau das Leben gekostet hatte. Und das alles wegen Liebe?
Liebe, was war das überhaupt? Sie konnte nichts damit anfangen.
Ihre Freundinnen versuchten es ihr zu beschreiben, auch die Lust und Wonnen, die man angeblich beim Verkehr empfand, aber sie konnte sich das nicht so recht vorstellen. Zumal keiner der Männer aus der Sippe sie interessierte. Ein elender Haufen dummdreister, geiler Hohlköpfe!
Einigen ihrer Freundinnen schien es sogar Spaß zu machen, jeden der Kerle, der sichtbar erregt angeschlichen kam, mit der Hand, hinter irgendwelchen Büschen, schnell zu melken. Ehrlich, Männer schienen sich nicht sehr von Ziegen zu unterscheiden. Vom Geruch her jedenfalls schon gar nicht! Und genau wie diese kamen sie immer an, wenn sie gemolken werden mussten. Kaum waren sie leer, gingen sie töricht lächelnd weiter. Galthee hatte es einmal versucht, aber das weißlich unangenehm riechende, klebrige Zeug, welches die Männer urplötzlich in kurzen zuckenden Stößen von sich gaben, dabei tierische Grunzlaute der Begeisterung ausstoßend, fand sie einfach zutiefst widerwärtig. Und wenn sie sich zudem vorstellte, dass diese Schweinerei in ihren Körper gelangen würde, nein Danke!
Dummerweise schien sie mit dieser Meinung recht allein dazustehen, was die Männer anfangs nur aufstachelte, sich mit ihr zu befassen. Nachdem aber der erste von ihr mit dem Messer einen kräftigen Schnitt in das auffordernd vorgereckte Teil abbekam, – es blutete unwahrscheinlich und der Mann schrie wie verrückt – ließ man sie in Ruhe – anscheinend waren die Männer an dieser Stelle außergewöhnlich empfindlich, ließ man sie allgemein in Ruhe.
Ihre Freundinnen hatten nur gelacht und gemeint, eines Tages würde sie schon noch auf den Geschmack kommen. Nie im Leben, hatte sie sich geschworen!
Und nichts Unangenehmeres konnte sie sich vorstellen, als von einem, oder, wie gestern beinahe, von mehreren Männern gewaltsam genommen und mit diesem Schmutz besudelt und abgefüllt zu werden. Zumal man ihr erklärt und sie es anlässlich des ersten Paarungsaktes ihrer älteren Schwester miterlebt hatte, dass es einer Frau, am Anfang zumindest, sehr wehtat. Und dazu noch die Schmerzen, das Blut und all die anderen unappetitlichen Umstände bei einer Geburt! Und wie hässlich Neugeborene aussahen! Tierkinder waren da von Anfang an gleich viel hübscher!
Glücklicherweise hatte Kay sie vor dieser widerlichen Tortur durch die Farmer bewahrt! Und sie seinerseits bisher in keinster Weise bedrängt!
Soeben hatte er sich gleichgültig neben ihr am Ufer ausgezogen, ohne sie, die sie sich ebenfalls zögernd ihrer Bekleidung entledigte, auch nur eines Blickes zu würdigen. Das lange Ding auf seinem Rücken hatte er behutsam zur Seite gelegt. Anscheinend war es für ihn wichtig und nützlich, sonst wäre er mit dem unbekannten Gerät nicht derart achtsam umgegangen. Seine Kleidung schien aus recht vielen Teilen zu bestehen, wie sie neugierig feststellte: der äußeren blauen Hülle, bestehend aus einem Hosen- und Hemdteil mit den flachen Metallringen an den Ärmeln, darunter noch mal eine eng anliegende Hose sowie ein ärmelloses Hemd, Kleidungsstücke, welche er jetzt ebenfalls ablegte. Nur der breite Gürtel, an dem die beiden blauen Überteile befestigt waren, ein breiter Kranz silbergrauer, metallener Facetten, den behielt er an.
Sie konnte nicht anders, ihre Augen hingen bewundernd an dem hoch gewachsenen Mann. Breite Schultern, schmale Hüften, seine Haut, in einem weitaus hellerem Ton gehalten als sie jemals gesehen hatte, kräftige, elastische Muskeln, und, wenn sie es recht bemerkt hatte, ihr wurde unangenehm warm bei diesem Gedanken, war sein Geschlecht bereits im Ruhezustand beträchtlich größer als die kleinen Dinger, welche den Männern ihrer Sippe mehr als lächerlich zwischen den Beinen herumbaumelten.
Nur kurz hatte sie dieses Bild betrachten können. Sekunden später war der auch schon, mit dem Kopf voran, weit hinaus in die grün schimmernde, tödliche Tiefe des grundlos scheinenden Wassers gesprungen!
Zehn Herzschläge, zwanzig Herzschläge, dreißig …
Galthee war wie gelähmt vor Schreck und dem Schock über diese selbstmörderische Handlung.
Urplötzlich, genauso wie er im Wasser verschwunden war, kam er an einer gut zwanzig Mannlängen entfernten Stelle wieder hoch, hielt sich mit dem Kopf fünf oder sechs Herzschläge lang über der Oberfläche, um gleich darauf wieder zu verschwinden!
Eindeutig, der Mann bewegte sich näher und näher an den gefährlichen Wasserfall heran! Und es schien ihm auch noch unbändigen Spaß zu machen! Jedenfalls glaubte sie, dass sein Herumgeplansche bis hierher zu vernehmen wäre, obgleich ihr bewusst war, dass sie durch das immerwährende Dröhnen der herabstürzenden Wassermassen von ihm auf diese Entfernung absolut nichts hören konnte.
Nach einer kleinen Ewigkeit, wie ihr schien, kam er mit rhythmischen Armbewegungen recht zügig wieder heran.
»Wow! Das hat gut getan! Hast du ein Stück Seife dabei?«
Galthee dachte nach. Nein, das Wort ›Seife‹ kannte sie nicht.
»Was ist ›Seife‹?«
»Na was schon! Ein Körperreinigungsmittel! Man wäscht sich damit!«
Galthee verneinte. Er seufzte entsagend. Dies war eine wirklich rückständige Barbarenwelt!
Vier Tage waren sie inzwischen unterwegs.
Galthee lief trotz ihrer nicht geringen Last leichtfüßig vor ihm her, ihn auf einem verborgenen Weg zu ihrem ›Wald-Dorf‹, so hatte er den Begriff verstanden, führend. Die Behausungen der fünf Männer, die er so schnell und gründlich abgefertigt hatte, bezeichnete sie als ›Farm-Dorf‹. Anscheinend wurde dort in größerem Umfang planmäßig Ackerbau und Viehzucht betrieben. Auch schien es sich dabei um die fünf- bis zehnfache Einwohnerzahl eines Walddorfes zu handeln.
Die ›Waldbewohner‹, Galthee bezeichnete sich und ihre Angehörigen mit diesem Namen, hausten anscheinend in einer Art Sippe und lebten von den Früchten des Waldes und den dort wild lebenden Tieren, welche sie in geschickt angelegten Fallen und Schlingen fingen. Sie besaßen weder richtige Spieße, noch Pfeil und Bogen. Armbrüste kannten sie schon gar nicht.
Explosivstoffe? Fehlanzeige!
Ziemlich stressig, ihr Leben und Überleben, dazu manchmal auch äußerst karg. Zumal die Männer, laut Galthees Aussagen, zu kaum etwas taugten und alle höheren Arbeiten, wie Fallen aufstellen, fischen und das Dorf leiten zum Beispiel, von Frauen erledigt wurden. Anscheinend eine Art Matriarchat.
Galthee blieb kurz stehen, um ihm freudig klar zu machen, dass sie bald in ihrem Dorf angelangt sein würden. Mit beiden Händen formte sie geschickt einen Hohlraum und blies kräftig hinein. Ein weithin schallendes, zwitscherndes Pfeifen entstand, ähnlich dem Ruf eines Raubvogels.
Zweimal wiederholte sie den Ruf, ehe ganz in der Nähe ein gleichartiges Zeichen als Antwort erklang.
Galthee schnappte sich ihr vorübergehend abgelegtes Bündel, ein recht schweres Stück Wildbret, gut und gerne ein Viertel ihres eigenen Körpergewichtes betragend, lud es sich wieder über die Schulter und schritt eilig weiter. Er selbst trug ein ebenfalls frisch erlegtes Tier, ein recht ansehnliches Exemplar, allerdings noch vollständig in das Fell eingeschlagen. Es war nicht seine Art, sich unnötig zu beschmutzen.
Andererseits wollte er Galthee unterstützen, indem sie, sozusagen als Einstand für ihn, eine kräftige Mahlzeit mitbrachten. Es hatte sich glücklicherweise ergeben, dass Galthee nicht mitbekam, wie er mit seiner kleinen Handstrahlwaffe mühelos die zwei Tiere, sie erinnerten ihn an eine Art Rehe, erlegt hatte. Es schien im besser so.
Genauso wenig wie sie bemerkt hatte, wie er sie, als sie auf seiner Schulter eingeschlafen war, mithilfe der Antigraveinrichtung zur Höhle gebracht hatte.
Schon viel zu viel hatte er von sich preisgegeben, zum Beispiel, als er demonstrativ, in kürzester Zeit, die fünf unfreundlichen Gesellen ohne Mühe erledigt hatte. Zumal Galthee noch immer rätselte, wie er den vermeintlichen Sturz über das Felsenband überlebt hatte.
Nein, bevor er nicht wesentlich mehr über diesen Planeten wusste, auf dem er gestrandet war, war es besser, wenn er seine Karten nicht vorzeitig ausspielen würde. Es ging eben nichts über ein paar zusätzliche Asse im Ärmel!
Aufmerksam sah er sich um und lächelte.
›Wald-Dorf!‹
Sie hatten ihre Unterkünfte, ihr ›Dorf‹, wortwörtlich mitten in den Wald, genauer gesagt, in rund drei bis fünf Metern Höhe in die Bäume gebaut und diese über schmale Hängebrücken untereinander verbunden.
Nicht die erste Primitivgemeinschaft, die er kannte, welche sich zum Schutz gegen Angreifer, wilde Tiere und nicht zuletzt gegen Schlangen, Skorpione und ähnliche Gefahren in diese für Störenfriede nicht leicht erreichbaren Höhen zurückgezogen hatte. Außerdem verwehrte das dichte Blattwerk zudringliche Blicke und verbarg sie vor eventuellen Feinden.
Wenn diese schlechte Kletterer oder darüber hinaus nicht schwindelfrei waren, versprach dieser Sicherheitsabstand zum Erdboden einen einigermaßen guten Schutz. Für einen kurzen Moment stellte er sich den Angriff eines einzelnen Kampfroboters der Flotte vor.
Ein einziger, leicht aufgefächerter Feuerstoß, aus kilometerweitem Abstand, abgefeuert aus einem Hochenergiestrahler, knapp eine Million Grad im Kernschusskanal, nur zwei bis drei Sekunden lang, und hier würde auf viele Jahre kein Wald mehr stehen. Oder gar der Fernangriff mit einem einfachen Jäger!
Noch wirkungsvoller, eine einzige, volle Breitseite der ›Atoise‹! Und selbst riesige Kontinente wären in Sekunden vernichtet!
Energisch riss er sich zusammen. Vorbei, längst vorbei!
Die zwei jungen Damen, die ihn und Galthee, vor allem ihn, in respektvollem Abstand misstrauisch hergeleitet hatten, blieben angesichts des sie erwartenden Empfangskomitees achtungsvoll stehen, anscheinend dasselbe von ihm erwartend. Da konnten sie lange warten! Ironisch lächelnd schritt er unbeirrt weiter, geradewegs auf die größte, auffällig in der Mitte des siebenköpfigen Teams stehende Frau zu. Erschrocken wich diese einen Schritt zurück, als er dicht vor ihr anhielt. Er wollte keine stundenlangen Diskussionen, sondern von Anfang an klare Verhältnisse.
Das erlegte Tier lässig von der Schulter gleiten lassend, fiel es der Frau voll auf die Füße, worauf sich diese verblüfft noch weiter zurückzog. Er sprach laut und deutlich im weiten Umkreis vernehmbar:
»Ich grüße die Bewahrerinnen der Sippe und bitte sie, mein kleines Geschenk gütigst anzunehmen!«