Transeuropalauf
TransEurope-FootRace 2003
Unterstützung bei der Überarbeitung (2007)
Siegfried Bullig
Günter Böhnke
Ingo Schulze
wurde am 08. Februar 1948 in Tangermünde geboren.
Seit 1978 ist er Ultralangstreckenläufer und seit 1996 Organisator von vielen Volks- und Stadtläufen.
Spezialisiert hat er sich inzwischen auf Mehrtagesläufe:
- Deutschlandlauf 1998, 2005, 2006 und 2007
- „Internationaler Spreelauf“ 2000, 2001, 2002 und 2004
- „TransEurope-FootRace“ 2003
Dieses Buch soll das Erlebnis „TransEurope-FootRace 2003“ greifbar machen und nachempfunden werden. Es war ein Abenteuer mit all seinen Freuden und Leiden.
Es wurde besonders Wert darauf gelegt, aufzuzeigen mit welchen Problemen bei so einem gewaltigen Unternehmen zu rechnen ist.
Es soll aber auch ein Leitfaden für Läufer sein, die sich auf ähnliche Unternehmen vorbereiten wollen.
Jeder Lauf hat seinen eigenen Charakter
Ingo Schulze
Transeuropalauf 2003
Lissabon – Moskau
5.036 km in 64 Tagesetappen
Engelsdorfer Verlag
2007
Bibliografische Information durch
die Deutsche Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Copyright (2007) Engelsdorfer Verlag
2. veränderte Neuauflage
Alle Rechte bei den Autoren
Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)
www.engelsdorfer-verlag.de
Ja, der Zieleinlauf. Die Teilnehmer und Betreuer liefen im Pulk und die Polizei vorweg. An einer Kreuzung versuchte ich herauszubekommen, wo nun der „Verneigungshügel“ war. Laut der Skizze, die man mir am Abend zuvor gezeigt hatte, hätte es noch geradeaus gehen müssen und dann rechts. Die Polizei leitete uns aber gleich nach rechts und sofort wieder links. Eine Korrespondentin von der ARD bezweifelte diese Streckenführung ebenso wie ich. Nun waren wir vor dem sogenannten „Verneigungshügel“ im Victory Park. Die Beschreibung passte auch irgendwie. Hier ließ ich die Läufer einlaufen und verließ sie, denn hier konnte es nicht sein und ich versuchte mich schlau zu machen.
Wieder ergriff mich leichte Panik. Über 5000 km habe ich die Truppe durch ganz Europa geführt und nun muss ich das Ziel suchen? Wo waren die Schnarcher, die mich hier unterstützen sollten? Woher sollte ich denn wissen, wo das Ziel ist? 400 Meter weiter standen etwa 30 Journalisten und Dr. Ralph Esper von der Firma Bayer und warteten auf die „TE-FR“ Läufer.
Verflucht, ich also auf den kürzesten Weg dorthin zurück, wo ich meine Truppe verlassen hatte. Prima, sie waren noch alle beieinander. Schnell sammelte ich sie ein, um sie zum endgültigen Ziel zu führen. Bevor es weiterging, musste ich noch ein Problem bewältigen. Joachim Barthelmann hatte ein Problem mit einem Polizisten, weil er mit seinem Auto mitten im Park stand. Da durfte auch niemand parken, geschweige fahren. Hier war ja wohl eine Ausnahme oder wusste er nicht, um was es ging? Die Polizei war doch voraus gefahren und wir hinterher und nun wollte er kassieren?
Ein Offizieller der Stadt wollte, dass wir uns in Bewegung setzten. Ich machte ihm klar, dass erst mein Problem gelöst werden muss. Er wollte die Läufer/innen zum Weiterlaufen bringen. Ich bestand darauf, dass erst einmal der Polizist besänftigt wird und verhinderte das Weiterlaufen. Nach der Problembehandlung konnte dann wieder gestartet werden. Ich setzte mich an die Spitze der Läufer, und die letzten 400 Meter wurden in der Gruppe gelaufen.
Dieses war für mich ein bewegender Augenblick. Auch wenn der Zieleinlauf nicht ganz geglückt war, so wurden doch alle mit einem Blitzlichtgewitter und Interview im Ziel dafür entschädigt. Kameras, Blitzlichtgewitter! Man, so etwas erleben sonst nur Schumi & Co!
Jetzt kam das, wovor ich mich die ganze Zeit fürchtete: Kein Siegestaumel, keine Freude, keine Traurigkeit, keine Tränen der Erleichterung und Ergriffenheit. Ich wollte heulen: „Mensch Leute, nun freut euch doch endlich, es ist geschafft, ihr müsst nicht mehr laufen, verdammt noch einmal, freut euch endlich!“ Ich sah nur in leere Gesichter. Mir ging es aber auch nicht anders, denn wo war meine Freude, meine Erleichterung? Ich war doch jetzt in einer Situation, in der ich die ganze Welt hätte umarmen sollen! Was stand mir noch bevor? Siegerehrung und dann die Heimfahrt. In wenigen Tagen wieder daheim. Mensch Ingo, gehe aus dir heraus, lasse einen Freudenschrei hören! Es ist vorbei!
Der Sieger Robert Wimmer freute sich, aber sah so die Freude eines Siegers aus, der den längsten Ultralangstreckenlauf der Menschheitsgeschichte gewonnen hat? Es wird für uns alle noch lange brauchen, um all dieses zu begreifen und zu verkraften! Ja, er freute sich und man sah es ihm an. Auch er hatte Probleme, seinen Emotionen freien Lauf zu lassen!
Die russische Presse und die Moskauer Bevölkerung hat vom Einlauf der Läufer, die immerhin 64 Tage unterwegs waren und 5036 km liefen, kaum Notiz genommen. Man machte im Vorfeld so viele Versprechungen, was alles auf die Beine gestellt werden sollte. Die Läufer sollten beim „All Russia Day“ einlaufen. Das wäre die absolute Krönung gewesen. Nun, das hatte nicht hingehauen, weil Herr Putin gerade diesen Samstag zum Werktag erklärt hatte. Somit liefen wir wohl trotzdem am Samstag ein, aber der „All Russia Day“ fand nun am Sonntag statt. Somit fiel der grandiose Empfang der Läufer ins Wasser.
Ich hatte hier keinerlei Möglichkeit etwas anderes zu arrangieren, was zu einem würdigeren Empfang der Läufer beigetragen hätte. Hier waren die Leute vor Ort gefragt. Wäre es ein Problem gewesen, einige Sportvereine zu mobilisieren? Hätte die russische Presse nicht etwas ausführlich über den „TE-FR“ berichten können, um so Leute auf die Strecke zu bringen? Meine Läufer liefen nach 64 Tagen unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Moskau ein. Ich bat eindringlich darum, dass man mir Zeitungsartikel der russischen Presse zukommen lassen möge. Ich bekam sie nicht!
Es ging dann mit dem Bus zum „Roten Platz.“ Hier hatte ich im ganzen Durcheinander Mist gebaut. Ich hatte vergessen, den Leuten eine Zeit mitzugeben, bevor die sich den „Roten Platz“ anschauten. Ich war aber von der ganzen Sache genauso überwältigt. Der Gedanke kam noch hinzu, dass ich es wirklich geschafft hatte, die Meute ohne große Zwischenfälle nach Moskau gebracht zu haben und meine Arbeit beinahe abgeschlossen war. Ich rannte auf dem „Roten Platz“ hin- und her und versuchte meine Läufer und Betreuer einzufangen. Der Einwand, dass ich auch vorher hätte sagen können, wann wir uns wieder treffen, war akzeptiert, aber daran lies sich jetzt nicht mehr ändern!
Die Presse saß mir im Nacken, und sie wollte auf dem „Roten Platz“ die Siegerehrung. Klar, hier konnte man eine Siegerehrung zwar unter erschwerten Bedingungen machen, aber gleichzeitig hatten wir die richtige Kulisse. Die Durchführung fiel mir sehr schwer, denn wie jeder erkennen konnte, war ich gesundheitlich sehr angekratzt, und meine Stimme war manchmal kaum noch zu hören. Hier spricht man wohl auch von einem so genannten „Burn out Syndrom“. Es bekam jeder seine Medaille und wir konnten zahlreiche Fotos vor dem Kreml machen. Das war es doch, was wir wollten! Wir wollten doch alle in Moskau ankommen, das war doch jetzt geschafft!
Mir wurde immer wieder gesagt, dass in Moskau alles sehr teuer ist, dass Moskau eine der teuersten Städte der Welt ist. Man hat das Kapital in Moskau gesehen. Moskau ist nicht Russland. Moskau ist mit jeder europäischen Großstadt vergleichbar. Jedoch einige km abseits von Moskau sieht es dann wieder anders aus, dann ist man in Russland. Russland, wie wir es kennen gelernt haben. Arm und zerfallen. Die Leute machten einen gleichmütigen und verhärmten Eindruck. Wir wurden, so hatte ich das Gefühl, von der Bevölkerung abgeschottet. Dieses Gefühl wurde durch die ständige Polizeipräsenz verstärkt. Sie waren für unsere Sicherheit vor Ort, und gerade das brachte mich immer wieder auf den Gedanken, wie wäre es ohne die ständige Präsenz gelaufen? Überfälle, Autodiebstahl? Waren das von mir überängstliche Gedanken? Was für Gedanken hätte ich hier sonst haben sollen? Wurde ich nicht oft genug gewarnt durch:
- Leute die ich in Deutschland kannte, zum Beispiel LKW Fahrer, die zu ihrer Sicherheit in Konvois durch Russland fuhren.
- Merkblätter der Behörden.
- Hinweise, die ich bei meiner Erkundungsreise im Vorfeld schon erhielt und so weiter.
Es wäre töricht gewesen, hier jetzt noch Blauäugigkeit zu zeigen. Es waren Fakten, die aber zum Glück nicht eintraten. Wir waren zu keinem Zeitpunkt wirklich gefährdet, auch wenn sich die Nackenhaare einige Male kräuselten!
Ich müsste mich bei allen Beteiligten für den unwürdigen und kalten Empfang entschuldigen. Der „nette Empfang“ in Moskau hat mir dann auch das Fernbleiben beim „All Russia Day“ am Sonntag leicht gemacht. Mir wurde zwar gesagt, dass man auf unsere und insbesondere auf meine Anwesenheit großen Wert legt, denn wir sollten uns hier gegenseitig unterstützen, aber damit konnte ich nichts anfangen. Um was für eine gegenseitige Unterstützung handelte es sich?
Dann ging es zur Firma BAYER. Die Firma BAYER hat uns mit einem schönen Abendessen, in einem eigens dafür hergerichteten Festzelt, verwöhnt. Das war ein Festschmaus! Vorher hielt der Geschäftsführer, Herr Harder, eine Ansprache und überreichte dem Gesamtsieger Robert Wimmer einen schönen Pokal.
Ich verkündete noch einmal die Namen der 22 durchgekommenen und die Namen der Etappenläufer, wobei ich einige Male die Nennung der Zeiten vergaß. Dann würdigte ich die Leistungen der Läufer, die vorzeitig abbrechen mussten. Die Betreuer nannte ich nicht mehr namentlich, weil ich dieses schon auf dem Roten Platz getan hatte. Ich wollte das Ganze auch nicht in die Länge ziehen, denn ich bemerkte schon die ersten Unruhen. Meine Stimme versagte immer mehr ihren Dienst. Das Sprechen wurde allmählich schmerzhaft und ich sehnte selbst das Ende meiner Rede herbei. Die letzten Sätze waren nur noch ein Krächzen und kaum hörbar.
Viel später sagte mir mal ein Teilnehmer, dass es nicht so gut war, dass ich keine speziellen Finisher Medaillen hatte. Das war richtig und auch ungeschickt von mir gelöst. Denn die Medaille, die jeder im Zieleinlauf bekam, bekamen auch Etappenläufer, Bürgermeister usw. Ich war hiermit um eine Erfahrung reicher.
Ein riesiges Feuerwerk usw., das wäre es gewesen. Es war leider nicht möglich, wer hätte es auch bezahlen sollen? Bayer hatte den Abschluss des „TE-FR“ weitgehendst gerettet. Nach dieser Tortour für Läufer und Betreuer war es dennoch mager, was Bayer aber nicht zu vertreten hatte. Hier hatte ich auf ganz andere Leute gehofft. Was ich den ganzen Tag nicht verstand, war die Tatsache, dass BAYER und die Deutsche Botschaft nicht zusammen etwas veranstaltet hatten. Ich hatte hier bereits in Deutschland darum gebeten. Stattdessen wollte die Botschaft, dass die Läufer am nächsten Tag, nach dem „All Russia Day“, in die Botschaft zu einer kleinen Feierstunde kommen sollten.
Während alle ihre verdiente Feier genossen, und es sich noch lange schmecken ließen, legte ich mich ins Auto. Ich wollte nur für einen Moment die Augen schließen, aber dann schlief ich so fest, wie zu keiner Zeit des gesamten „TE-FR“. Es war nur ein Schlaf über etwa 45 Minuten, aber es tat gut. Ich wachte durch viel Gemurmel auf. Die Teilnehmer begaben sich zum Bus, um in die Unterkunft zu fahren. Bernard fiel gerade jetzt ein, dass sein Wohnmobil in Lesnoi Gorodok stand, und er darin schlafen wollte. Wer sollte ihn jetzt zurückfahren? Die meisten hatten etwas getrunken, waren zu müde oder hatten das Problem, den Rückweg zu finden. Ein Mitarbeiter von Bayer erklärte sich zu der Fahrt bereit.
Vorgesehener Ablaufplan für Sonntag, 22. Juni 2003
10:00 Uhr Ein Bus holt die Teilnehmer von der Unterkunft, ab und führt
sie zum „All russischen Tag des olympischen Laufes“
11:00 Uhr Start über 1, 2 oder 3 km
11:20 Uhr? Pressekonferenz, Teilnehmer?
14:00 Uhr Ende
Bis 18:00 Uhr zur freien Verfügung
18:00 Uhr Empfang in der „Deutschen Botschaft“
Pos. Nr. Vorname und Name Nation Zeit
1 17 Robert Wimmer Deutschland 480:29:51
2 44 Martin Wagen Schweiz 494:44:52
3 46 Wolfgang Schwerk Deutschland 501:32:15
4 36 Janne Kankaansyrjä Finnland 510:33:40
5 9 Karl Graf Deutschland 512:46:10
6 25 Luc Saint Priest Frankreich 547:43:25
7 7 Dusan Mravlje Slowenien 565:42:53
8 27 Cor Westhuis Holland 588:47:55
9 5 Hans-Jürgen Schlotter Deutschland 591:40:27
10 43 Joachim Hauser Deutschland 593:53:54
11 14 Werner Alfred Selch Deutschland 601:43:51
12 6 Franz Häusler Deutschland 619:26:22
13 1 Manfred Leismann Deutschland 652:16:11
14 33 Aldo Maranzina Italien 666:21:48
15 11 Günter Böhnke Deutschland 668:35:53
16 19 Yuji Takeishi Japan 670:40:52
17 15 Stefan Schlett Deutschland 714:49:04
18 18 Tsuyoshi Sugawara Japan 718:50:14
19 47 Yasuo Kanai Japan 739:46:08
20 42 Mariko Sakamoto Japan 785:23:15
21 29 Koji Sekine Japan 788:36:27
Bereits ausgeschieden / Sonderwertung Rollstuhl
Km Nr. Vorname / Name Nation Zeit
5036.0 40 B. Grojean ( Rollstuhl ) Frankreich 469:32:12
4800.8 37 Yoichi Tanabe Japan 671:39:11
4621.6 12 Brigitta Biermanski Deutschland 673:37:34
3669.1 35 Ondrej Gondás Slowakei 351:33:22
3428.3 22 Takao Nakahama Japan 466:57:38
3237.2 20 Hiroko Okiyama Japan 340:22:28
2907.9 10 Sigrid Eichner Deutschland 472:02:06
2650.6 23 Martina Hausmann Deutschland 400:22:13
2337.6 45 Donald Winkley USA 334:02:21
2233.7 21 Kenji Hara Japan 283:39:48
2000.7 38 Kazuko Kaihata Japan 288:23:50
1762.5 13 Michael Purwins Deutschland 272:35:51
1496.9 39 Michael Misteli Schweiz 177:59:27
1414.9 3 Walter Zimmermann Deutschland 177:25:59
1217.7 26 Michael Hadderfeld Deutschland 150:22:18
1063.7 2 Peter Rossow Deutschland 166:27:00
871.9 34 Carlos Machado Brasilien 132:55:42
813.1 24 Peter Wimmer Deutschland 105:57:34
792.3 30 Helmut Schieke Deutschland 101:10:25
708.0 4 Jürgen Hitzler Deutschland 90:47:55
478.9 31 Marios Fournaris Griechenland 64:49:58
421.9 32 Barbara J. Frye, PhD USA 57:18:18
322.3 41 Reino Uusitalo Finnland 45:43:53
Es liegt klar auf der Hand, dass ich im Vorfeld nicht dreimal durch alle Länder reisen kann. Hier müssen entweder Leute vor Ort sein, oder aber Leute, die sich hier einbringen und entsprechende Arbeit leisten.
Da dieser Lauf auch durch Osteuropa ging, mussten in diesen Ländern einige Besonderheiten beachtet und erfüllt werden. Auch hier fanden sich Leute vor Ort, die diese Aufgabe übernahmen. Zu berücksichtigen sind auch die zahlreichen Vereine, Polizeidienststellen und sonstige Hilfskräfte. Es ist also ein Heer von Helfern erforderlich gewesen, um diese Aufgaben zu bewältigen. Mein ganz besonderer Dank gilt den Leuten die wochenlang oder sogar während der gesamten Zeit vor Ort waren. Diese waren enorm angespannt.
Ich war immer wieder bemüht, mich gerade um diese Leute zu kümmern und hoffe, dass es mir wenigstens halbwegs gelungen ist. Es war mir leider nicht möglich, mich bei jedem Einzelnen persönlich zu bedanken. Ich denke aber, dass jeder versteht, was ich hier zum Ausdruck bringen möchte.
Es war zum Schluss beinahe unüberschaubar, und so passierte es mir unterwegs durchaus, dass sich jemand bei mir vorstellte, den ich noch nie gesehen hatte. Aber wir kannten uns über den Emailverkehr bestens. Oftmals hatte ich auch Probleme, den Namen einzuordnen. Nehmen wir alle Teilnehmer, Helfer, Organisationen, Etappenläufer usw. Dann kommen hier etwa 350 Namen zusammen, mit denen ich konfrontiert wurde. Viele gaben nur ein kurzes Gastspiel. Hier ist zu ersehen, was dieses für einen Informationsaustausch darstellte. Es war wie ein Mosaik, wenn ein Steinchen im Mosaik fehlte, dann musste ich zusehen, woher ich dieses bekam.
Ich möchte mich bei den Helfern bedanken und ihnen gratulieren, dass sie im Wesentlichen zum Gelingen dieser Veranstaltung beigetragen haben. Sie waren ein wichtiger Bestandteil des „TE-FR“. Es ist auch ihr Verdienst, dass dieser Lauf, trotz vieler Probleme, zu einem Erfolg wurde. Sie waren bei einem Lauf dabei, der wahrscheinlich nie wieder wiederholt wird.
Jürgen Ankenbrand: Er war unser „Hoffotograf“ und übernahm später zusätzlich den einen oder anderen Versorgungsposten. Im weiten Vorfeld hat er für den „TE-FR“ viel geleistet. So erwähne ich hier nur die zahlreichen Übersetzung und das Mitwirken bei der umfangreichen Korrespondenz.
Sebastian Seyrich: Er hatte die Homepage gestaltet und gepflegt. Er machte jeden Tag die Auswertung und war dann auf der Suche nach einem Internetanschluss. Dieses war nicht immer leicht, und er war dann bis spät Abends unterwegs. Sebastian hatte auch das Programm erstellt. Mit diesem war es für ihn ein Einfaches, die aktuellen Daten sofort zu erstellen.
Else und Martin Bayer: Sie waren für den Einkauf zuständig und kümmerten sich um das Frühstück, wenn es anders nicht zu organisieren war. Der tägliche Einkauf war nicht immer leicht für sie.
Brigitte und Joachim Barthelmann: Sie brachten etwa 27000 Aufklebern an allen möglichen und unmöglichen Stellen an und stellten somit sicher, dass sich die Läufer nicht verliefen. Leider gab es hier in den Städten einige vorwitzige Zeitgenossen, die der Meinung waren, dass sich ein Pfeil in entgegengesetzter Richtung besser macht. Die beiden mussten ihre müden Knochen auch immer wieder in Richtung Erde drehen, da sie noch zusätzlich Kreidepfeile auf dem Asphalt malten. Joachim war auch Schatzmeister während des Rennens. Ab Weißrussland waren die Barthelmanns auch im Einkauf eingebunden.
Inge Schulze: Meine Frau war die ersten zwei Tage vor Ort und später während der gesamten Deutschlandetappe. Ansonsten hielt sie mir im Vorfeld den Rücken frei und erledigte Arbeiten, die normalerweise in mein Ressort fielen. Ohne die liebe Ehefrau geht es nun mal nicht!
Brigitte Leismann: Sie war mit ihrem Manfred unterwegs, um die Strecke zu erkunden. Anschließend brachten sie das Erkundete zu Papier. Während des Unternehmens war sie immer wieder vor Ort, was für das Unternehmen sehr wichtig war.
Ingrid Böhnke: Sie begleitete ihren Mann Günter Böhnke. Auch sie war für mich gerade in Frankreich mit ihren Französisch-Kenntnissen unbezahlbar. Sie übernahm im weiteren Verlauf der Veranstaltung täglich zwei Versorgungspunkte und war mit Peter Rossow ein eingespieltes Team. Dass sie jeden Tag zwei Verpflegungspunkte übernahm, war mir eine Zeit lange nicht ganz recht und auch unangenehm, aber sie machte mir klar, dass es seine Richtigkeit hat. Ich besuchte ihren Verpflegungsstand sehr gern, denn dort konnte ich immer mal wieder mein Herz ausschütten oder einen Schrei rauslassen, und das tat mir gut.
Manfred Borm: Viele Zentner, ja Tonnen wurden von ihm bewältigt. Die Arbeit wurde ihm nicht immer leicht gemacht, und ich spürte am eigenen Leib, war es hieß, das Gepäck auszuladen. Einige Teilnehmer füllten Ihre Gepäckstücke nach und nach mit Blei? Es waren im Schnitt etwa 150 Gepäckstücke zu schleppen. Nicht erwähnt die Schlafsäcke, die zum Teil lose im Fahrzeug lagen. Manfred entpuppte sich aber auch als ausgezeichneter Quartiermeister.
Thomas Dornburg: Er war bis Deutschland dabei. Er verwöhnte die Teilnehmer mit heißen Speisen, die er oft im offenen Feuer zubereitete. Hier kamen ihm die Erfahrungen vom „DL98“ und den Spreeläufen sehr entgegen und konnte sie gut umsetzen.
Ludger Triebus: War ebenfalls im Vorfeld sehr aktiv. Die für ihn wichtigste Arbeit war die Visumbeschaffung und Beantwortung von Fragen in dieser Angelegenheit. Er bemühte sich auch um das Finden von Sponsoren, was in der jetzigen Wirtschaftslage keine leichte Aufgabe war. Ein kleiner Erfolg gelang ihm jedoch bei der Firma AGROTOP.
Jacques Delaporte: Er kümmerte sich im weitem Vorfeld um die Unterkünfte und Versorgung in Frankreich. Außerdem übersetzte er mir zahlreiche Schreiben. Wenn es mit dem Essen Probleme gab, dann sind wir wie in Spanien verfahren und gingen ins Restaurant.
Alexander Korowin: Er war schon im Vorfeld eine wichtige Hilfe für uns und konnte schon viele Wege ebnen. Im Wesentlichen war er für Sponsoring in Russland zuständig, was aber auch hier leider sehr schwierig war. Er bemühte sich auch um Genehmigungen bei den Russischen Behörden. Es galt außerdem sonstige Kontakte herzustellen, die dem „TE-FR“ nützlich waren. Er unterstützte Manfred und Brigitte auch bei der Streckenerkundung in Russland.
Luis Santos: Übersetzungen von Deutsch in Portugiesisch
Anna Mayer: Übersetzungen von Deutsch in Englisch
Marie Therese Bouvot: Ich habe sie nie gesehen, wir haben aber sehr viel miteinander telefoniert. Marie kümmerte sich in Frankreich um die verkehrsrechtliche Anordnung.
Anna Lina Salchow: Meine kleine Nichte. Sie war leider nur bis Bordeaux bei uns, aber ich bin mir sicher, dass es ihr bei uns gefallen hat.
Alexandra Schätti: Sie ist die Verlobte vom Zweitplatzierten Martin Wagen und wollte in erster Linie in seiner Nähe sein. Tagsüber stellte sie sich als Verpflegungsposten zur Verfügung. In Frankreich war sie eine unentbehrliche Hilfe, wenn ich mich um die Unterkünfte und das Essen kümmern musste. Hier kamen mir ihre Französisch-Kenntnisse sehr entgegen. Sie war auch sehr aktiv bei der Speisenbestellung in Russland und war darum bemüht, den Geldbeutel des „TE-FR“ zu schonen. Hier hat sie gnadenlos gehandelt und gefeilscht.
Neza Mravlje: War die persönliche Betreuerin ihres Vaters Dusan. War aber durchaus bereit, dem Unternehmen behilflich zu sein.
Heiko Friedrich: Unser Vereinskassier. Er hatte es nicht immer leicht. Es wurden oftmals Forderungen gestellt, denen wir aufgrund der Gemeinnützigkeit eines Vereins nicht nachkommen konnten, und auf der anderen Seite mussten wir Zahlungen vornehmen, für die wir dann wieder eine Grundlage der Gemeinnützigkeit brauchten.
Peter Rossow: War eigentlich Teilnehmer, aber nachdem er nach vielen Kilometern ausstieg, stellte er sich der Organisation zur Verfügung. Mir war klar, dass in Deutschland Schluss für ihn ist, und ich fieberte diesem Tag sorgenvoll entgegen. Dann eröffnete er mir, dass er bis zum Schluss bleibt. Es tat meiner Seele gut, und ich konnte ihm es nicht genug danken.
Daan Albert Rob: Er war leider nur bis Frankreich dabei. Daan hatte eine schwere Herzkrankheit. Nach einigen Aufregungen in den Städten ist er dann heim gefahren.
Nikolai Hildebrand: Ist Russlanddeutscher. Ab Deutschland stellte er seinen VW-Bus mit Anhänger als Gepäckfahrzeug zur Verfügung, welches er selbst steuerte. Nikolai lebt seit 20 Jahren in Deutschland. Seine perfekten Russisch-Kenntnisse waren für uns sehr wertvoll, und beim Einkauf war er für das Unternehmen unbezahlbar.
Wolfgang Leicht: Koordinator für Deutschland. Hier hat er hervorragende Arbeit geleistet. Man merkte hier den Profi. Es fand ein regelmäßiger Datenabgleich statt, so dass ich jederzeit auf dem neuesten Stand war.
Kurt Wieting: Er war mit seiner Frau etwa 10 Tage in Portugal und Spanien, um für den „TE-FR“ alles vorzubereiten. In den Etappenzielen wurden wir schon erwartet und beim Namen Wieting wusste man bestens Bescheid. Die Versorgung war in diesen Ländern wenig problematisch. Wenn es keine andere Möglichkeit gab, so habe ich ins Restaurant eingeladen.
Anke Vyslouzil: Anke war leider nur bis Frankreich dabei, dann rief die Familie und der Beruf. Ich freute mich, dass ich sie in Deutschland noch einige Tage dabei hatte.
Barbara Graf-Grabow: Barbara ist die Schwester von unserem Teilnehmer Karl Graf. Sie stand der Organisation ab Deutschland zur Verfügung. Es machte ihr sehr großen Spaß, was sie immer wieder zum Ausdruck gab. Durch ihre ruhige angenehme Art wirkte sie sehr positiv auf die Teilnehmer.
Alexander Kizil: Er lief die erste Etappe mit. Manfred und Brigitte Leismann unterstützte er bei der Streckenerkundung in Weißrussland. Vor Ort hat er für uns noch einiges regeln können.
Nadja Chernikowa: Sie stieß ab polnischer Grenze zu uns und begleitete das Unternehmen in Weißrussland und der Russischen Föderation. Ich hatte vorher mit ihr per E- Mail korrespondiert und erwartete sie erst kurz vor Moskau. Erst wenige Tage später erkannte ich, dass sie die Dame war, welche ich erst in Moskau erwartete. So spielt das Leben!
Bruno Maurer: Mit ihm hatte ich zahlreiche Telefongespräche. Wir lernten uns dann in Warschau persönlich kennen. Er war in Warschau unentbehrlich, und ich freute mich, seine Bekanntschaft gemacht zu haben. Er war sehr hilfsbereit!
Joanna Majda: Über diese Dame schreibe ich gern. Ich hatte nur wenig Kontakt im Vorfeld und dennoch war ich guter Dinge, denn sie hatte bereits im weiten Vorfeld alle Adressen für Polen. Was sollte ich da noch viel sagen. Sie war eine sehr ruhige und sympathische Person. Sie hatte alles sehr perfekt vorbereitet. Man merkte sofort, dass hier mit sehr viel Sorgfalt vorgegangen wurde. In Polen stimmte wirklich alles, und das war auch immer wieder von den Teilnehmern und Betreuern zu hören!
Sigrid Eichner, Takao Nakahama, Helmut Schieke und Carlos Machado: Waren ausgestiegene Teilnehmer, die sich aber im weiteren Verlauf des Rennens der Organisation zur Verfügung stellten, wenn sie nicht gerade selber wieder eine Etappe liefen. Diesen Leuten ein ganz besonderes Dankeschön.
Gisela: Sie begleitete das Unternehmen, zusammen mit Brigitte Leismann, bis Frankreich und einige Etappen in Deutschland.
Manfred Leismann: Manfred war der Ideengeber zum „TE-FR“. Er erfüllte sich selbst einen Traum. Im Wesentlichen war er für die Streckenerkundung zuständig. Während des Rennes war er Teilnehmer und konnte sich auf das Rennen konzentrieren.
Ingo Schulze: Auf meine Person möchte ich selbst nicht weiter eingehen. Ich habe lediglich versucht einen Job auszuführen und hoffe, dass es mir halbwegs gelungen ist. Die oft gestellte Frage: „Wird es einen weiteren „TE-FR“ geben? Ich denke mit Sicherheit ja“.
Die Liste muss nicht unbedingt komplett sein! René Wallesch, Nobohiko Hagura, Heinz Jäckel, Akihiro Inoue, Stephan Isringhausen, Simone Keller, Michael Link, Frank Hildebrand, Reinhard Schulze, Charly Meyer, Alexander Roth, Frank Nümann, Wolfgang Flottmann, Horst Preißler, Ulrich Schulte, Dr. Christoph Wenzel, Hiromi Komatsu, Günter Guderley, Erich Mickler, Stefan Noack, Tanaka Katsuhiro, Holger Ristau, Ullrich Zach, Michael Lorenz, Walter Rieger, Rainer Wachsmann, Jörg König, Alexander Kizil, Ludger Triebus und viele andere.
- Ich war glücklich, dass alles vorbei war.
- Ich war glücklich, dass es so Viele geschafft hatten.
- Jeder der durchgekommen ist, kann sich damit schmücken, dass er den „TE-FR“ bestanden hat. Man wird sie noch lange feiern. Für diese Leistung beneidete ich jeden einzelnen Läufer! Sie haben das geleistet, wovon ich viele Jahre nur träumen durfte. Ich bin aber auch stolz darauf, dass ich so vielen Leuten zu diesem Erfolg verhelfen konnte.
Am nächsten Tag wollten wir mit einer großen Truppe zum „All Russia Day“ und am Abend war ein Besuch bei der Deutschen Botschaft angesagt. Ich nahm an Beidem aus gesundheitlichen Gründen nicht teil.
Ich war krank, und außerdem hatte ich jetzt nur noch einen Wunsch: ab nach Hause! Ich war über mich selbst erstaunt. Es zählte nach 10 Wochen plötzlich jede Minute. Einigen Anderen erging es ebenso, obwohl diese mir Tage zuvor ins Gewissen geredet hatten, dass ich bis Montag bleibe. Auch sie hatten nur den einen Gedanken: nach 64 Tagen Dauerstress endlich wieder in die gewohnte Umgebung.
- Die Vision von Ingo Schulze als Gesamtverantwortlicher + Manfred Leismann als Streckenmeister ist Wirklichkeit geworden.
- Erstmals wurden 8 Länder mit 7 Sprachen durchlaufen.
- Eine organisatorische Meisterleistung der gesamten Mannschaft. Ohne deren entbehrungsreichen Einsatz der Einlauf in Moskau überhaupt nicht möglich gewesen wäre.
- Mit 5.036 Kilometern war es der längste jemals organisierte Lauf.
- Mariko Sakamoto aus Japan ist die erste Frau die zwei Kontinentalläufe beendet hat.
- Stefan Schlett und Dusan Mravlje sind die ersten Läufer die je drei Kontinente in einem Wettkampf durchquert haben (USA, Australien und Europa).
- Zwei Kontinente haben jetzt Martin Wagen aus der Schweiz (Sieger in den USA 2002), Wolfgang Schwerk, Deutschland (Teilnehmer in Australien 2001), Manfred Leismann, Deutschland (Teilnehmer in den USA 1995), Yuji Takeishi und Koji Sekine, beide Japan und Teilnehmer in den USA 2002.
- Bernard Grojean, Frankreich. Er hat als erster Rollstuhlfahrer einen Transkontinentallauf beendet.
- Keiner von den Ultramarathonexperten hätte gedacht, dass 50 % der gestarteten Teilnehmer Moskau erreichen wird. Die Schätzungen gingen von 10 bis maximal 18 Finishern.
Durch die ausführliche Berichterstattung vor, während und nach der Veranstaltung konnten weltweit mindestens 384 Millionen Leser-, Hörer- und Zuschauerkontakte über Radio-, TV- und Printmedien generiert werden.
In den Zeitungen und Zeitschriften erschienen weit über 1000 Artikel bzw. Fotos zum „TE-FR“ (Gesamtauflage über 60 Mio.) mindestens 128 Radiostationen sendeten alleine in Deutschland Beiträge mit einer Tagesreichweite von rund 65 Mio. Zuhörern. Ferner wurden 82 TV- Berichte in Deutschland ausgestrahlt, die zusammen mit Beiträgen von Deutsche Welle TV weltweit über 110 Mio. Zuschauer über den „TE-FR“ informierten.
Besondere TV-Highlights waren mehrere Live-Berichte im ARD- Morgenmagazin, sowie Berichterstattungen bei der Zielankunft in den ZDF-„heute“-Nachrichten (19:00 Uhr Sendung) bzw. in der ARD- „Tagesschau“ um 20:00 Uhr.
Weitere Daten: 789 Artikel in Tageszeitungen berichteten mit einer Auflage von 49.264.188, 2 Fachzeitschriften mit einer Auflage von 88.500, 56 Anzeigenblätter mit einer Auflage von 7.294.218, 13 Magazine mit einer Auflage von 1.999.631. In den BAYER Medien waren 51 Artikel mit einer Auflage von 2.506.200, 82 Fernsehsendungen mit einer Zuschauerbeteiligung von 110.370.000, 128 Rundfunksendungen mit 65.947.000 Hörern. Diese Aufzählung ist bei Weitem nicht vollzählig, was besonders die Printmedien betrifft.
Quelle: „Main – Echo“ vom 17./18. April 2003
Oliver Kahn:
„Ich habe den größten Respekt vor Sportlern, die mit Ehrgeiz, Leidenschaft und unbändigem Willen Leistung vollbringen – so wie diese Ultra-Marathonläufer. Das ist schon Wahnsinn.“
Rudi Völler:
„Hut ab – das ist einfach unglaublich, was diese Athleten leisten. Ich habe das nicht glauben wollen, dass diese Menschen 64 Tage rund 80 km laufen. Ich habe angenommen, dass sie sich abwechseln würden, wie in einer Staffel. Aber alleine – unfassbar.“
Heike Drechsler:
„Als ich das erste Mal davon hörte, dachte ich nicht, dass so etwas – erst recht nicht in einer Gruppe – möglich sein kann. Nach wie vor fällt es mir schwer, zu glauben, dass solch eine Energieleistung realisierbar ist.“
Boris Becker:
„An die eigenen Grenzen zu stoßen, die eigenen Grenzen sogar überwinden – das ist vielleicht das größte menschliche Abenteuer. Diese Läufer leisten etwas, das fern jeder Vorstellungskraft liegt.“
Dr. Dieter Lagerström, von der Sportschule Köln gab in einem Zeitungsbericht zum „TE-FR“ folgendes von sich: „Das ist nur eine Frage der systematischen Vorbereitung. Hirten im afrikanischen Hochland laufen jeden Tag 60 bis 80 Kilometer.“ Lagerström fragt auch provozierend: „Warum nehmen Menschen solche Strapazen auf sich?“ „Warum sitzt jemand 16 Stunden am Computer, um ein Buch zu schreiben?“ Zum Schluss fügte er hinzu: „Bekloppt ist und bleibt bekloppt. Das muss man akzeptieren!“
Manfred Borm, Brigitte und Joachim Barthelmann, Hans-Jürgen Schlotter, Sebastian Seyrich, Werner Selch und ich machten uns auf den Weg nach Deutschland. Von der Russischen Föderation nach Weißrussland gab es, wie schon einmal erwähnt, keine Probleme. Etwas geärgert haben mich die Mautgebühren. Die mussten wir zwar nur ein paar mal zahlen und der Preis war mit einem bis zwei Euro sehr gering und dennoch ärgerte es mich, dass ich die Mautgebühr nicht mit russischem Geld zahlen durfte, sondern nur mit Euro oder Dollar. Was soll’s, aber nachvollziehen konnte ich es nicht, und mir fehlte die Einsicht. Gegen 22:00 Uhr trafen wir an der Grenze Weißrussland nach Polen ein und wir bereiteten uns auf eine längere Wartezeit vor.
Längere Wartezeit? Ha! Man sagte uns, dass wir ab 10:00 Uhr am nächsten Tag mit der Abfertigung rechnen dürfen, und die Zollstation macht jetzt dicht. Hier witterte die Grenzmafia ihr Geschäft. Man bot mir an, gegen Zahlung von 300 Euro pro Fahrzeug eine Abfertigung innerhalb von sechs Stunden zu garantieren. Wir waren mit vier Fahrzeugen vor Ort, dass hätte satte 1200 Euro ausgemacht. Ich schickte sie zum Teufel, aber die Brüder blieben hartnäckig, und sie hinderten mich lange daran, dass ich im Auto mal ein Auge dichtmachte. Nachts musste ich raus, aber ein Töpfchen war nicht auszumachen. In Richtung Büsche war schon ein richtiger Trampelpfad und man suchte sich einen möglichst neuen angelegten Trampelpfad, um in Ruhe sein Geschäft zu erledigen.
Am nächsten Morgen kam gegen 10:30 Uhr etwas Leben in den Zollbereich, wenn auch sehr schleppend, aber wir waren inzwischen abgehärtet. Ich musste hier und dort eine Gebühr zahlen. Ich bekam hier einen Stempel und dort einen. Wir verglichen immer wieder die Anzahl der Stempel, um bloß nicht wieder zurückgeschickt zu werden.
Es waren etwa fünf Kontrollschleusen zu passieren und es kam jedes mal Hektik unter den Wartenden auf, wenn sich ein Zöllner aus seiner Erstarrung löste, das bedeutete aber meistens, dass er sich nur recken wollte, oder ging es wirklich weiter? Eine Frau mit zwei kleinen schreienden Kindern drückte einem Zöllner etwas in die Hand und sie wurde vorgezogen. Wahrscheinlich war es nur ein netter Händedruck?
Dann endlich erreichten wir gegen Abend die letzte Schleuse und wir bangten darum, dass wieder Feierabend gemacht wurde. Es schien hier auch etwas zügiger zu gehen. Ich erspähte hier sogar eine Toilette und eine Möglichkeit etwas zu kaufen. Aber außer ein paar trockenen Keksen war hier nicht viel mehr zu bekommen, und wir nagten daher auf diesen Dingern und waren froh, überhaupt etwas zwischen den Zähnen zu haben. Ich wollte endlich auf die Toilette, denn mein Tempotüchervorrat für den Gang in die Büsche ging zur Neige. Ich schlappte am Toilettenmann vorbei, um die langersehnte Örtlichkeit aufzusuchen. Ein energisches Pochen gab mir zu verstehen, dass ich noch einmal zurückkommen sollte. Mit einem bösen Blick zeigte er auf dem Teller, wo sich einige Rubel befanden. Also, erst zahlen und dann ab auf die Latrine. Ich erkannte, dass hier sogar ein Toilettenmann eine gewisse Machtstellung hatte. Nach dem Motto: „Wenn ich nicht will, dann kommst du nicht auf meine Latrine.“ Der konnte seine Latrinenanlage behalten und schadenfroh pinkelte ich gegen die Rückseite seiner Anlage.
Nach etwa 22 Stunden hatten wir die Grenze passiert, und wir konnten unsere Fahrt in Richtung Heimat fortsetzen. Nach wenigen Kilometern sahen wir wieder Rasthäuser und richtige Geschäfte. Zwischen Polen und Russland waren Welten. In einem kleinen Gasthaus aßen wir etwas und legten uns dann für einige Stunden in unseren Fahrzeugen zum Schlafen. Auf dem Parkplatz standen mehrere Lkws, und wir fühlten uns dort einigermaßen sicher.
Manfred Leismann hatte mit seiner Brigitte noch mehr Probleme an der Grenze. Etwas war mit Brigittes Reisepass nicht in Ordnung, und sie mussten insgesamt etwa 36 Stunden ausharren und konnten erst nach Einschaltung der Deutschen Botschaft ihre Fahrt fortsetzen.
Manfred Leismann, Werner Sonntag, Günter Böhnke, Uli Schulte, Stephan Steppenhahn und Rainer Wachsmann
Ich hatte mich intensiv beinahe zwei Jahre darauf vorbereitet, nachdem Manfred Leismann mit dieser Sache an mich herangetreten war. Es war für uns beide ein Traum. Er, weil er einen Kontinentallauf bereits in den USA bestritten hatte, und für mich war dieser Traum als Teilnehmer noch in einer Schublade. Ich machte mir schon vor langer Zeit so meine Gedanken. Von Nord nach Süd wäre vielleicht noch OK, aber von Südwest nach Nordost, nach Moskau? Warum gerade Moskau? Ausgerechnet Moskau? Was soll’s, warum auch nicht! Heute weiß ich nicht, ob ich es bereue, denn man hatte mich vor vielen Gefahren und Problemen gewarnt. Ich wollte von alledem nichts wissen und sah hier nur die absolute Herausforderung, der ich mich stellen wollte. Was wollte ich mir und anderen damit beweisen?
Ich habe Erfahrungen beim „Deutschlandlauf 1998“ und beim „Spreelauf“ 2000, 2001 und 2002 sammeln können. Diese Erfahrungen kamen mir beim „TE-FR“ zugute. Gerade aufgrund der Erfahrungen beim "DL98" war ich auf Vieles vorbereitet. Auf einigen Sitzungen wies ich die Leute auf viele Unzulänglichkeiten hin, die auf uns alle zukommen würden. Hier wurde ich von jedem beruhigt, dass es schon alles nicht so schlimm werden wird.
Was mich nach dem Lauf am allermeisten freute, waren die Nachrichten von einigen Teilnehmern, dass sie in ihrer Heimatstadt gefeiert und von der Presse geradezu umlagert wurden. Es gab Fernsehauftritte, Einträge ins goldene Buch der Stadt, Ehrenmitgliedschaften und sonstige Ehrungen. Es waren Teilnehmer von denen die Nachbarn wussten, dass sie Laufen, aber ansonsten wurden sie kaum beachtet, und nun standen sie im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Oft wurde bei mir angerufen, weil man Bilder übermittelt haben wollte, Auskünfte, Adressen, Telefonnummern, E-Mail Adressen. Interessant ist der Akteur. Das ist bei jedem Boxkampf, Tennisspiel oder Autorennen so. Die Organisation steht im Hintergrund, und wer sich mit dieser Rolle nicht abfinden kann, der ist auf dem falschen Platz.
Ich hatte einige Male die Gelegenheit Vorträge über den „TE-FR“ zu halten. Aber auch Werner Selch, Markus Müller und Robert Wimmer hielten Vorträge über den „TE-FR“. Markus Müller war kein Teilnehmer und war auch nicht vor Ort während des Rennens. Er war erfolgreicher Teilnehmer beim TransAustralia-FootRace und setzte sich im Vorfeld sehr für den „TE-FR“ ein. Nun, er hatte einerseits gut reden, denn er war ja nicht dabei, als Ingo Schulze die Leute „verschlissen“ hatte. Auf der anderen Seite war er bei meinem „DL98“ und bei einem meiner „Spreeläufe“ dabei. Er konnte sich über die Veranstaltungen von Ingo Schulze durchaus äußern. Er war dann auch beim TransAustralia-FootRace dabei und hatte hier Vergleichsmöglichkeiten.
Mir wurde nach dem Lauf häufig gesagt, dass nicht Ingo Schulze allein diesen Lauf gemacht hat. Das ist natürlich völlig richtig. Ich hatte wohl die Gesamtverantwortung und Leitung, aber ohne die vielen Leute im Hintergrund war das natürlich nicht zu machen. Ich möchte das Unternehmen mal mit einem Orchester vergleichen. Da gibt es Geigen, Trompeten, Piano, Klarinetten, Schlagzeug und vieles mehr und oben an steht der Dirigent. Das Orchester stellt nichts Vernünftiges auf die Beine, wenn die Trompeten oder die Geigen fehlen. Fehlen diese, dann muss neu organisiert werden und irgendwie haut es dann schon hin, aber die Qualität? Wir sind uns alle einig darüber, wenn der Dirigent schlapp macht, die Musiker ihre Instrumente einpacken können.
Das Ziel wurde von mehr Teilnehmern erreicht, als man sich hat träumen lassen. Es gab keine nennenswerten schweren Zwischenfälle. Wir hatten viel Glück und ein Heer von Schutzengeln. Wer braucht diesen Beistand aber nicht? Brauchen wir nicht alle viel Glück und Schutzengel? Nun, der Eine mehr, und der Andere weniger. Ich brauchte eben mehr!
Der Organisator des „Trans Amerika 2004“, Alan Firth aus den USA, mit dem ich einige Zeit Kontakt hatte, fragte an, ob ich mit dem längsten Lauf der Welt nur das Jahr 2003 meinte? Alan merkte an, dass es bereits zweimal einen Lauf über die Distanz des „TE-FR“ hinaus gab. Nämlich 1928 mit 3352 Meilen / 5398 km und 1929 mit 3531 Meilen / 5686 km. Diese Strecken wurden in 84 Tagen bewältigt.
Ich habe das Rennen nach dem Vorbild des „TransAmerika“ und des „TransAustralia“ aufgebaut. Diese Rennen wurden in 64 bzw. 63 Tagen gelaufen und bewegten sich im Bereich von 4100 bis 4700 km. Der „Trans Amerika 2002“ ging über die Distanz von 3084 Meilen / 4961 km in 71 Tagen. Der „TE-FR“ ist also mit den Läufen von 1928, 1929 und 2002 nicht zu vergleichen.
Alan sagte aber noch etwas: Er verfolgte mit großem Interesse den „TE-FR“ in seiner Vorbereitung und Durchführung. Er bot auch einem Mitarbeiter des „TE-FR“ seine Hilfe und Erfahrung an. Leider hatte ich hiervon keine Kenntnis vom Angesprochenen. Alan wollte beim „TransAmerika“ nicht die Gesamtverantwortung für Unterkunft, Transfers und Übernachtungen übernehmen und gab diese Verantwortung an seine Teilnehmer bzw. deren Betreuer weiter. Es war für die Teilnehmer daher sehr kostspielig, aber die Organisation wurde dadurch in hohem Maße entlastet, da jeder eine große Eigenverantwortung trug. Es wurden auch kaum Beschwerden an ihm herangetragen. Die Betreuer wurden von den Teilnehmern angewiesen, für gute Unterkünfte und Verpflegung zu sorgen. Man konnte daher nicht mit der Organisation meckern. Aber anders gesagt: Hätte der Teilnehmer ständig auf seinen Betreuer geschimpft, so hätte dieser irgendwann das Weite gesucht, was übrigens auch vorgekommen ist! Ich will es mal so sagen: Der „TE-FR“ war ein ALDI oder ein NECKERMANN Lauf. Ein Lauf für Leute die sich Amerika oder Australien nicht leisten konnten, denn hier sind mindestens 10.000 bis 12.000 Dollar hinzulegen. Aber auch ein einfacher Wüstenlauf kostet für eine Woche schon 3000 Euro und noch mehr!
Ein Lauf dieser Art geht an die Substanz. Egal, ob man Organisator ist oder zur Betreuermannschaft gehört oder die Strecke laufen muss. Man ist anschließend platt und sagt: „Nie, nie wieder!“ Von diesem Ausspruch ist man überzeugt und kein Mensch könnte einem umstimmen. Warum rappel ich mich nocheinmal auf? Habe ich noch nicht genug vom „TE-FR“? Man möge mir glauben, denn ich sage es aus vollem Herzen. Ich fühle mich derzeitig als einzigen Menschen, der verrückt genug ist einen zweiten „TE-FR“ zu wagen. Klingt es überheblich? Ja, irgendwie schon, aber ich sehe bis zum Horizont niemanden, der bereit wäre mir diese „Arbeit“ abzunehmen! Ich werde wieder Prügel einstecken, dennoch: ich bin dabei!