Timo Parvela
Ella und die falschen Pusteln
Aus dem Finnischen von
Anu und Nina Stohner
Mit Bildern von Sabine Wilharm
Carl Hanser Verlag
Die Originalausgabe erschien 2006 unter dem Titel Ella – Varokaa lapsia! bei Tammi in Helsinki.
Das Hörbuch Ella und die falschen Pusteln, gelesen von Friedhelm Ptok, erscheint bei Igel Records.
ISBN 978-3-446-24097-1
© Text Timo Parvela 2006
© der deutschen Ausgabe Carl Hanser Verlag München 2012
Alle Rechte vorbehalten
Aus dem Finnischen von Anu und Nina Stohner
Satz im Verlag
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Ich liebe euch
Ich heiße Ella, und ich gehe in die zweite Klasse. Unsere Klasse ist sehr nett, und unser Lehrer ist auch sehr nett. Oder jedenfalls war er es früher. In letzter Zeit war er nämlich ein bisschen komisch. Es fing gleich am ersten Schultag nach den Ferien an.
»Ich liebe euch«, sagte der Lehrer, als er in die Klasse kam. »Ich liebe euch und meine Arbeit. Es juckt mich in den Fingern, endlich wieder die goldenen Wissenskörner auszusähen, die ihr auf eurem Weg ins Leben aufpicken sollt. Mein Kopf sprudelt vor neuen Ideen, und mein Herz will fast zerspringen vor Lust, euch die Richtung zu weisen. Es schnürt mir den Hals zu, wenn ich euch so zart und verletzlich vor mir sitzen sehe. Aber habt keine Angst, der warme Mantel der Bildung wird eure klammen Gehirne wärmen, und euer Lehrer wird euch Wachs in die Ohren stopfen, damit die Sirenen des falschen Wissens euch nicht in die Irre führen. Und solltet ihr euch doch einmal an falschem Wissen den Magen verderben, dann will ich euer Haferbrei sein. Gemeinsam werden wir die steilen Höhen der Bildung erklimmen, und sollten wir uns dabei noch so viele Blasen an den Füßen holen. Ich bin euer Lehrer, und koste es mich das Leben!«
In unserem Klassenzimmer war es totenstill. Dann gab es das erste Knacken, als Hanna der Kiefer herunterklappte, und das zweite Knacken, als ich meinen Bleistift zerbiss. Timo kicherte nervös, Tiina schniefte vor Rührung, und unser Rambo drohte, dass er dem Lehrer seine Wissenskörner in den Hals stopft, wenn er mit dem Liebesquatsch nicht sofort aufhört. Mika fing natürlich an zu heulen und wollte nach Hause, weil ihm der Lehrer Angst machte. Mika ist echt eine Heulsuse.
Der Erste, der wieder was sagen konnte, war Pekka. Pekka ist der Sohn unserer Direktorin und unser Klassendödel.
»Genau den Traum hab ich schon mal gehabt«, sagte er. »Als Nächstes bläht der Lehrer sich auf und wird ein Ballon, dann fliegt er davon, und ich schieße ihm mit der Steinschleuder hinterher. Ich treffe ihn am Po, und er lässt mordsmäßig einen fahren. Das ist ein Spitzentraum, weckt mich bloß nicht auf!«
Aber es war kein Traum, das wussten wir genau, weil wir ja die Augen offen hatten. Gerade malte der Lehrer ein riesengroßes Herz an die Tafel, um uns zu zeigen, wie unheimlich lieb er uns hatte.
»Ich bin so glücklich«, sagte der Lehrer und starrte aus dem Fenster irgendwo ins Weite. Eine Träne kullerte ihm über die Wange. Es war traurig, dass es dem Lehrer schon so schlecht ging, wo wir doch erst seit zehn Minuten in der Schule waren.
»Klarer Fall«, sagte Timo.
»Meinst du, er wird wieder erpresst?«, fragte Hanna.
»Meinst du, er ist wieder verliebt?«, fragte Tiina.
»Meinst du, sie wollen ihn wieder aus der Wohnung werfen?«, fragte ich.1)
1) All das ist dem Lehrer schon passiert. Das kann man in den anderen Ella-Büchern nachlesen.
»Meinst du, es hilft, wenn ich euch allen eins auf die Nase gebe?«, fragte der Rambo.
»Oder denkst du, dass er sich zu einem Ballon aufbläht?«, fragte Pekka.
»Quatsch, der Lehrer ist schwer krank«, sagte Timo, und wir sahen ein, dass er natürlich recht hatte. Timo hat immer recht. Er ist unser Klassengenie.
»Wir beginnen mit einer kleinen Schreibaufgabe. Holt bitte eure Stifte und Hefte heraus!«, sagte der Lehrer. »Wir schreiben ein Gedicht, und der Titel des Gedichts lautet: ›Was ist Glück?‹«
Das war eine Überraschung. Wir waren uns ganz sicher gewesen, dass wir in der ersten Stunde nach den Ferien eine Geschichte schreiben würden. Das machten alle zweiten Klassen, hatten uns die Drittklässler erzählt, und der Titel der Geschichte lautete: »Was ich im Sommer erlebt habe«. Besonders sicher war sich Tiina gewesen, darum hatte sie in den Ferien schon eine Geschichte geschrieben. Zwanzig Seiten lang war die.
»Ich hab’s gewusst«, schniefte Mika, der auch schon eine Geschichte dabeihatte. Die hatte allerdings seine Mutter geschrieben.
Für den Rest der Stunde stand der Lehrer wieder am Fenster. Er schaute seltsam lächelnd auf den Lehrerparkplatz, obwohl es dort außer Autos nichts zu sehen gab. Er tat uns richtig leid. Bestimmt hatte er große Schmerzen von der schweren Krankheit, die er hatte. Trotzdem hielt er tapfer durch, und am Ende der Stunde schrieb er sogar selbst ein Gedicht an die Tafel:
Was ist Glück?
Das Glück hat vier Räder
und Sitze aus Leder.
Es fährt bei Hagel, Schnee und Eis,
wenn man es nur zu fahren weiß.
Ich führe gar zu gerne
davon und in die Ferne.
Das Recht auf einen Lieblingsplatz
Wir saßen auf einem Felsen im Hof eines alten, leer stehenden Häuschens nicht weit vom Stadtpark. Die Tante, die in dem Häuschen gewohnt hatte, war am Anfang der Sommerferien ausgezogen. Meiner Meinung nach war der Felsen auf ihrem Hof der beste Felsen der Welt. An Sommerabenden war er schön warm, und im Winter konnte man von ihm herunter in den Schnee hüpfen. Außerdem war es ein guter Platz, um eine Krisensitzung abzuhalten.
»Dem Lehrer geht es richtig schlecht«, sagte Timo.
»Er hat bestimmt eine ganz fürchterliche Krankheit«, seufzte Hanna.
»Wahrscheinlich ist sie noch schlimmer als Gürtelrose«, sagte Tiina.
»Was soll denn an einer Gürtelhose schlimm sein?«, fragte Pekka.
»Gürtelrose«, sagte ich. »Sie hat Gürtelrose gesagt.«
»Und was ist das?«, wollte Pekka wissen.
»Keine Ahnung«, sagte Tiina. »Meine Oma hat das mal gehabt.«
»Und ist es ansteckend?«, fragte ich.
»Keine Ahnung«, sagte Tiina.
»Ich steck dich in die Rosenhecke auf dem Schulhof, wenn du mich mit deinem Gürtel ansteckst«, drohte der Rambo.
»Wenn sich einer ansteckt, dann bestimmt ich«, beschwerte sich Mika.
Am Ende wollte sich keiner von uns anstecken, aber viel wichtiger waren natürlich die Sorgen, die wir uns um unseren Lehrer machten.
»Das Problem ist, dass er wahrscheinlich gar nicht weiß, wie schlecht es ihm geht«, sorgte sich Hanna.
»Und das ist seltsam«, sagte ich. »Wenn ich die ganzen Sachen hätte: Fingerjucken, Herzsprünge, Sirenengeheul in den Ohren und all so was – da wüsste ich doch, dass ich schwer krank bin.«
»Und dann behauptet er auch noch, er wäre so glücklich«, erinnerte sich Tiina.
»Vielleicht ist das gerade das Heimtückische an seiner Krankheit: dass sie so glücklich macht, dass der Patient gar nicht weiß, wie krank er ist«, überlegte Timo.
Schon der bloße Gedanke an so eine Krankheit ließ uns erschauern. So was war womöglich lebensgefährlich! Wenn man sich zum Beispiel Bauchschmerzen vorstellte, die glücklich machten: Je schlimmer die würden, desto mehr müsste man lachen, und je mehr man lachen müsste, desto schlimmer würden sie. Wir mussten dem Lehrer helfen, das stand fest.
»Aber wie soll das gehen?«, wollte Hanna wissen.
»Erst müssen wir herausfinden, was seine Symptome zu bedeuten haben«, sagte Timo, der die tollsten Wörter kennt.
»Und wie finden wir das heraus?«, fragte ich.
»Ganz einfach: Wir fragen einen Arzt«, verkündete Timo.
Genau da sahen wir den Lehrer kommen. Er führte seine Hunde Koj und Ote aus. Das heißt, genau genommen sind sie keine Hunde, sondern Halbkojoten. Und eigentlich führte der Lehrer auch nicht sie aus, sondern umgekehrt. Jedenfalls kamen sie jetzt als Erste durch die Gartenhecke des Häuschens geschossen und zerrten den Lehrer hinter sich her. Sie kamen direkt zum Fuß unseres Felsens. Wir drückten uns oben ganz flach gegen den Stein, damit sie uns nicht bemerkten, vor allem der Lehrer nicht. Erst wollten wir wissen, was er für eine Krankheit hatte.
»So«, hörten wir ihn zu Koj und Ote sagen, »dann macht mal euer Geschäftchen. Ihr mögt den Felsen, stimmt’s? Es ist euer Lieblingsplatz, hab ich recht? Ich mag ihn auch, wisst ihr: ein Felsen auf einem netten Hof, ein altes Häuschen aus Holz, was will man mehr! Jeder sollte das Recht auf einen Lieblingsplatz haben, Menschen genauso wie Tiere, hab ich recht, Jungs? Seht ihr, da wären wir wieder mal der gleichen Meinung.«
»Der gleichen Meinung worüber?«, hörten wir eine tiefe Stimme fragen und waren natürlich verdutzt. Wir hatten gar nicht gewusst, dass die Hunde des Lehrers sprechen konnten. Aber mindestens einer von ihnen konnte es. Vielleicht Koj?
»Über den Felsen hier«, sagte der Lehrer.
»Über den kann man eher geteilter Meinung sein«, hörten wir eine andere Stimme sagen.
Anscheinend sprach Ote auch.
»Er steht nämlich im Weg«, sagte Koj.
»Und darum muss er weg«, sagte Ote.
»Das soll jetzt ein Scherz sein, oder?« Die Stimme des Lehrers klang verwundert. Vielleicht hatte er bisher auch nicht gewusst, dass Koj und Ote sprechen konnten. Jedenfalls fanden wir es witzig, dass der Lehrer gerade noch geglaubt hatte, dass die Hunde den Felsen genauso mochten wie er, wo sie ihn in Wirklichkeit weghaben wollten.
»Wir machen keine Scherze.«
»Dafür ist unser Amt nicht zuständig.«
»Und wofür ist Ihr Amt zuständig?«, fragte der Lehrer.
Das interessierte uns auch. Von einem Hundeamt hatten wir nämlich noch nie gehört.
»Für das Graben von Gruben.«
»Und für den ordnungsgemäßen Abtransport des Aushubs.«
Wir nickten einander zu. Es klang ein bisschen kompliziert, aber Amtshunde mussten sich wahrscheinlich so ausdrücken.
»Außerdem kümmern wir uns um die Bausubstanz.«
»Und um Wasserschäden.«
Das klang noch ein bisschen komplizierter, aber wahrscheinlich gab es auch unter Amtshunden alle möglichen Spezialisten.
»Ich fahre den LKW und berechne, was zu berechnen ist.«
»Ich bediene den Bagger und zeichne, was zu zeichnen ist.«
Das wunderte uns jetzt ein bisschen. So was hätten wir Hunden nicht zugetraut.
»In größere Brocken wie den hier müssen wir manchmal Löcher bohren ...«, sagte der eine.
»… und sie wegsprengen, das geht nicht anders«, schloss der andere.
Das wunderte uns jetzt sehr. Dass Hunde was wegsprengten, hatten wir noch nie gehört. Wir krochen vorsichtshalber nach vorne an die Kante des Felsens und spähten hinunter. Neben dem Lehrer und den Hunden standen zwei Männer mit gelben Helmen auf dem Kopf.
»Aber der Felsen stört doch niemanden«, sagte der Lehrer.
»Angeblich doch.«
»Weil er eine Gefahr für Kinder ist.«
»Für Kinder? Sehen Sie hier Kinder?«, fragte der Lehrer.
»Nein. Aber sie können trotzdem an dem Felsen hochklettern und runterfallen.«
»Und wessen Kinder, wenn ich fragen darf?«
»Die Kinder der Bewohner des Hochhauses, das hierher gebaut wird, wenn die alte Bruchbude da endlich abgerissen ist.«
»Außerdem stinkt es hier nach Hundepisse, das wäre für die Bewohner des Hochhauses eine Zumutung.«
»Dieser Felsen darf nicht gesprengt werden, auf keinen Fall. Wenn es sein muss, lasse ich den ganzen Hof hier zum Schutzgebiet erklären«, sagte der Lehrer.
Aber die Männer lachten nur, und der Lehrer tat uns leid.
»Bei uns sind Sie sowieso an der falschen Adresse. Beschweren Sie sich beim Besitzer«, riet ihm einer der Männer.
»Oder beim Parlament«, fügte der andere hinzu.
»Das hier ist ein Lieblingsplatz. Jeder sollte in diesem Land das Recht auf einen Lieblingsplatz haben«, versuchte es der Lehrer.
»Suchen Sie sich woanders einen. Den Kameraden hier gibt’s in zwei Wochen nicht mehr«, sagte der eine Gelbhelm.
»Bumm und weg!«, sagte der andere.
Dann war es still.
Wir spähten immer noch über die Kante des Felsens und sahen, wie die Männer davongingen. Unser Lehrer war neben Koj und Ote in die Hocke gegangen und kraulte ihnen das Fell. Sie taten uns alle so leid: der Lehrer, der schwer krank war und es selbst nicht wusste, die Hunde, die ihren Lieblingsplatz verlieren sollten, und der schöne Felsen, den man wegen einem blöden Hochhaus in die Luft sprengen wollte. Wir selbst taten uns natürlich auch leid. Und wie!
Bumm!
Sagen Sie bitte »Aaah!«
Noch am selben Nachmittag gingen wir zum Arzt.
»Glaubt ihr, der erzählt uns einfach so, was dem Lehrer fehlt?«, fragte Tiina.
»Haben Ärzte nicht eine Schweigepflicht?«, erinnerte sich Hanna.
»Ich hab jedenfalls eine«, sagte Pekka.
»Wieso das denn?«, fragte ich.
»Mein Vater hat mir verboten, meiner Mutter von seiner neuen Angel zu erzählen, weil wir wegen der kein Geld haben, um die Spülmaschine zu reparieren«, erklärte Pekka.
»Natürlich können wir ihn nicht einfach so fragen. Wir müssen schlau sein«, sagte Timo.
Und darum verkleideten wir uns. Das machen wir oft, wenn wir schlau sein müssen. Diesmal bastelten wir uns aus Watte falsche Bärte, nur Mika nicht, weil er unbedingt als Batman gehen wollte, und der Rambo nicht, weil er sich überhaupt nicht gern verkleidet. Wir sollten ihn damit bloß in Ruhe lassen, sonst würde er uns die Wattebäusche einzeln abreißen, drohte er.
Die Verkleidung brauchten wir für Timos Plan, und der war genial: Weil wir den Arzt nicht einfach fragen konnten, was dem Lehrer fehlte, musste einer von uns so tun, als hätte er genau dieselbe Krankheit. Wir überlegten eine Weile, dann wählten wir Pekka dafür aus.
»Und was soll ich sagen?«, wollte er wissen.
»Mach einfach den Mund auf und sag ›Aaah!‹«, sagte Hanna.
»Und danach zählst du alles auf, was der Lehrer uns aufgezählt hat«, sagte Timo.
Dann waren wir dran. »Der Nächste, bitte!«, sagte die Sprechstundenhilfe, und wir marschierten mit wackelnden Bärten ins Sprechzimmer.
Am Gesichtsausdruck des Arztes sahen wir, dass er uns nicht erkannte, obwohl er gleichzeitig unser Schularzt war.
»Die Zwerge erkenne ich, aber wer von euch ist Schneewittchen?«, fragte er, als wir vor seinem Schreibtisch standen. Dann musste er lachen.
Wir verstanden gar nicht, was an dem blöden Witz so komisch sein sollte. Von uns war doch niemand ein Zwerg. Höchstens Pekka ist ein bisschen kleiner als wir anderen, aber das liegt nur an seinen kurzen Beinen.Vielleicht hätte der Arzt mal zum Augenarzt gehen sollen.
»Wir sind keine Zwerge«, sagte Timo.
»Sondern verkleidete Schüler«, erklärte es Hanna genauer.
»Darauf wäre ich im Leben nicht gekommen«, sagte der Arzt.
»Und ich bin Batman«, sagte Mika.
»Hab ich’s mir doch gedacht«, sagte der Arzt. »Und was fehlt unserem Batman?«
»Keiner nimmt mich ernst«, schniefte Mika, der wirklich eine alte Heulsuse ist.
»Da geht’s dir genau wie mir«, seufzte der Arzt.
»Wieso? Bist du auch Batman?«, fragte Pekka, der wirklich ein Dödel ist.
Aber der Arzt hatte seine Frage zum Glück überhört. »Und ihr anderen? Seid ihr Verwandte?«, wollte er wissen.
»Nein«, sagte Timo und schüttelte dabei so sehr den Kopf, dass ihm sein falscher Bart abfiel.
»Bartausfall im fortgeschrittenen Stadium«, stellte der Arzt fest.
»Ich bin ein Verwandter«, sagte Pekka. »Ich bin mit meinem Vater verwandt. Meine Mutter sagt, wir wären wie eineiige Zwillinge.«
»So, so«, sagte der Arzt. »Na, dann wollen wir mit dir auch anfangen. Verwandte sind meine Lieblingspatienten, müsst ihr wissen. Und als Erstes hören wir den jungen Mann mal ab …«
Aber er hörte Pekka überhaupt nicht ab. Er stellte ihm keine einzige Frage. Stattdessen drückte er ihm ein rundes silbernes Ding auf die Brust.
»Nichts Besonderes zu hören«, sagte der Arzt.
Dabei hatte er Pekka immer noch nichts gefragt.
»Pekka, erzähl dem Onkel Doktor doch mal, was dir fehlt!«, sagte Hanna.
»Nichts«, sagte Pekka.
»Aber natürlich fehlt dir was«, sagte Timo und zwinkerte Pekka zu. Dann zwinkerte ich ihm zu und danach alle anderen, außer dem Rambo, der lieber jedem eins mit der Faust aufs Auge zwinkern wollte, bevor er selbst blöd in die Gegend zwinkerte. Und Mika zwinkerte auch nicht. Stattdessen fing er an zu heulen, weil er angeblich nicht zwinkern konnte.
»Mir scheint, hier ist eher ein Augenarzt gefragt«, sagte der Arzt und hörte sich dabei irgendwie erleichtert an.
»Auf keinen Fall«, widersprach ihm Timo.
»Höchstens ein Fingerarzt«, sagte Hanna. »Pekkas Finger jucken nämlich.«
»Aha«, seufzte der Arzt. »Dann wollen wir uns die Finger doch mal ansehen.«
Er nahm Pekkas Hände in seine eigenen und untersuchte sie ganz genau.
»Wann jucken sie denn?«, fragte er.
»Immer wenn ich Körner sähe«, sagte Pekka.