Das Buch
Robert Hunter, Anfang zwanzig, ist das Wunderkind der amerikanischen Polizei. Er verfügt über eine besondere Gabe: Er weiß, was Mörder denken. Als jüngster Ermittler in der Geschichte der USA tritt er in den Dienst des LAPD Morddezernats. Worüber sein neuer Chef alles andere als glücklich ist. Was soll er mit diesem Anfänger? Er übergibt ihm einen einfachen Selbstmord.
Am Tatort angekommen, stellt Hunter fest, dass das Apartment von innen verschlossen war. Auf dem Bett liegt eine junge Frau in einer riesigen Blutlache. Trotzdem plagen Hunter schnell Zweifel. Er glaubt nicht an Selbstmord. Und beginnt mit der Jagd auf den Mörder …
Hunter und Garcia sind eine Legende beim LAPD – sie knacken selbst die schlimmsten Fälle. Und es sind immer die schlimmsten Fälle, die sie bekommen. Hier jetzt endlich die Story, wie alles begann: Hunters erster Fall, den er und seine Fans niemals vergessen werden.
Der Autor
Chris Carter wurde 1965 in Brasilien als Sohn italienischer Einwanderer geboren. Er studierte in Michigan forensische Psychologie und arbeitete sechs Jahre lang als Kriminalpsychologe für die Staatsanwaltschaft. Dann zog er nach Los Angeles, wo er als Musiker Karriere machte. Gegenwärtig lebt Chris Carter in London. Seine Thriller um Profiler Robert Hunter sind allesamt Bestseller.
Von Chris Carter sind in unserem Hause bereits erschienen:
One Dead
Der Kruzifix-Killer
Der Vollstrecker
Der Knochenbrecher
Totenkünstler
Der Totschläger
Chris Carter
One Dead
Der erste Fall für Robert Hunter
Aus dem Englischen
von
Sybille Uplegger
Ullstein
Besuchen Sie uns im Internet:
www.ullstein-buchverlage.de
Wir wählen unsere Bücher sorgfältig aus, lektorieren sie gründlich mit Autoren und Übersetzern und produzieren sie in bester Qualität.
In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass sich die Ullstein Buchverlage GmbH die Inhalte Dritter nicht zu eigen macht, für die Inhalte nicht verantwortlich ist und keine Haftung übernimmt.
Deutsche Erstausgabe im Ullstein eBook
1. Auflage Mai 2014
© für die deutsche Ausgabe
Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2014
© Chris Carter 2013, Published by Arrangement
with Luiz Montoro
Titel der englischen Originalausgabe:
The Hunter (Simon & Schuster Inc.)
Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München
Titelabbildung: FinePic®, München
ISBN 978-3-8437-0458-8
Alle Rechte vorbehalten.
Unbefugte Nutzung wie etwa Vervielfältigung,
Verbreitung, Speicherung oder Übertragung
können zivil- oder strafrechtlich
verfolgt werden.
E-Book: LVD GmbH, Berlin
1
»Sie wollen mich wohl verscheißern«, sagte Scott Wilson, Detective beim Raub- und Morddezernat des Los Angeles Police Department, als hätte man ihm soeben den dümmsten Witz des Jahrhunderts erzählt.
Wilson stand im Büro von Captain William Bolter und starrte auf das Blatt Papier, das dieser ihm kurz zuvor gereicht hatte.
»Sie geben mir einen Selbstmord, Captain?«, fragte Wilson, als könne er es immer noch nicht glauben.
Captain Bolter war Mitte fünfzig, sah aber gut und gerne zehn Jahre jünger aus. Er war groß, von kräftiger Statur, hatte einen Schopf dichter graumelierter Haare und einen buschigen Schnauzbart. Er war eine beeindruckende Persönlichkeit, die von jedem im LAPD mit dem entsprechenden Respekt behandelt wurde. Nach einem flüchtigen Blick auf seinen Detective zuckte er ungerührt mit den Schultern: »Worüber beklagen Sie sich eigentlich?«, fragte er, während er zu seinem Platz hinter dem großen unaufgeräumten Schreibtisch zurückging. »Ich dachte, hier reißen sich alle um die einfachen Fälle.« Mit einem Nicken deutete er auf das Blatt in Wilsons Hand. »Und viel einfacher als das da wird’s nicht. Die Frau hat sich die Pulsadern aufgeschlitzt und ist in ihrem Bett verblutet. Eine glasklare Sache.«
Das Gesetz im Staate Kalifornien schrieb vor, dass jeder Selbstmord zunächst wie ein Mord behandelt wurde. Ein Detective des Morddezernats musste an den Schauplatz des Geschehens fahren und Ermittlungen einleiten. Sobald zweifelsfrei feststand, dass Fremdverschulden ausgeschlossen werden konnte, war der Fall für das LAPD erledigt und wurde zu den Akten gelegt. Die Sache würde nicht mehr als vierundzwanzig, allerhöchstens achtundvierzig Stunden in Anspruch nehmen.
»Klar«, sagte Wilson, während er das Blatt wieder auf den Schreibtisch des Captains legte. »Ich liebe glasklare Sachen, aber bei Selbstmord hat man immer so viel Papierkram, Captain, das wissen Sie doch selbst. Papierkram, der schnellstens erledigt werden muss.« Er deutete in Richtung des angrenzenden Großraumbüros. »Auf meinem Schreibtisch stapeln sich vierzehn ungelöste Mordfälle. Ich stecke so tief in der Arbeit, dass ich nicht mal Zeit für eine Pinkelpause habe, und jetzt soll ich einen, vielleicht sogar zwei Tage drangeben, nur weil so eine Tussi sich das Licht ausgeknipst hat?«
»Irgendjemand muss es machen.«
»Geben Sie Perez den Fall«, schlug Wilson vor. »Der steht auf Papierkram.«
»Perez liegt im Krankenhaus. Er wurde letzte Woche angeschossen, schon vergessen?« Captain Bolter schüttelte bedauernd den Kopf. »Tut mir leid, mein Freund, aber Sie werden wohl in den sauren Apfel beißen müssen. Ich habe sonst niemanden.«
In diesem Augenblick klopfte es an der Tür.
»Herein«, rief der Captain.
Die Tür wurde geöffnet, und ein Mann Mitte zwanzig steckte den Kopf ins Büro. Er trug einen dunklen Anzug, in dem er sich nicht sonderlich wohlzufühlen schien, und war etwas über eins achtzig groß, hatte breite Schultern und einen muskulösen Körperbau. Sein jugendliches Gesicht strahlte eine innere Ruhe aus, die auf Zuverlässigkeit und Entschlossenheit hindeutete. Sein wacher, scharfer Blick ließ darauf schließen, dass er über ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein verfügte, ohne jedoch zur Selbstüberschätzung zu neigen.
»Und wer in drei Teufels Namen sind Sie?«, knurrte Captain Bolter mit zusammengekniffenen Augen.
Der junge Mann trat ein, schloss die Tür hinter sich und näherte sich dem Schreibtisch. »Mein Name ist Robert Hunter, Sir. Ihr neuer Detective?« Er überreichte dem Captain einige unterschriebene Formulare.
»Falsches Stockwerk, Junge«, sagte Wilson und wies zur Tür. »Das hier ist das Raub- und Morddezernat – für die Erwachsenen. Sie suchen wahrscheinlich das Dezernat für Wirtschaftskriminalität oder die Rechercheabteilung. Die sind zwei Etagen tiefer.«
Hunter nickte. »Ja, das ist mir bekannt, vielen Dank, aber ich bin hier richtig.«
Wilson lachte. »Das ist ja wohl ein Witz. Sie sehen aus, als wären Sie nicht mal alt genug zum Rasieren.«
Wilsons Reaktion war für Hunter keine Überraschung. Ein Officer beim LAPD verbrachte im Durchschnitt mindestens sechs Jahre auf Streife, bevor er sich um einen Posten als Detective bewerben durfte. Wurde seine Bewerbung angenommen, dauerte es in der Regel noch weitere vier bis fünf Jahre, bis man ihn für eine Stelle im Raub- und Morddezernat auch nur in Betracht zog. Nur wenige schafften es bis dorthin. Die Detectives des Raub- und Morddezernats galten als die Elite des LAPD. Wilson kannte keinen unter dreißig, der es so weit gebracht hatte.
Hunter war sich dieser Tatsache durchaus bewusst. Schon bei seinem Eintritt ins LAPD war sein Ziel das Raub- und Morddezernat gewesen, und insgeheim war er stolz darauf, es in Rekordzeit geschafft zu haben.
Dass heute ein neuer Detective bei ihm anfangen sollte, hatte Captain Bolter vollkommen vergessen. Irgendein Wunderkind mit einem Doktortitel in Kriminalpsychologie, das, wenn man den Gerüchten Glauben schenken durfte, für eine Stelle beim LAPD sogar ein Jobangebot des FBI ausgeschlagen hatte.