© Verlag Friedrich Oetinger GmbH, Hamburg 2005
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Cover und Illustrationen von Katrin Engelking
Reproduktion: Domino GmbH, Lübeck
E-Book-Umsetzung: pagina GmbH, Tübingen 2012
ISBN 978-3-86274-066-6
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Ich heiße Tara und bin neun Jahre alt. Aber noch nicht lange. Ich habe nämlich im November Geburtstag.
Ich wohne im Möwenweg, in Nummer 5e, und zum Glück wohnt Tieneke in 5c, nur zwei Häuser weiter. Tieneke ist meine allerbeste Freundin.
»Stell dir vor, du würdest in Amerika wohnen!«, hat Tieneke zu mir gesagt. »Da könnten wir ja überhaupt nicht zusammen spielen!«
»Stell dir vor, du würdest in Amerika wohnen!«, habe ich gesagt. »Aber übrigens wären wir dann auch keine Freundinnen. Wir kennen uns doch nur, weil wir in derselben Reihe wohnen!«
Und das stimmt auch. Es ist noch nicht mal ein ganzes Jahr her, da sind wir in unser Reihenhaus gezogen: Mama, Papa, ich, Petja (der ist schon fast elf) und Maus (der ist noch im Kindergarten). Und wir haben gleich gewusst, dass wir Glück gehabt haben mit unserem neuen Haus. Weil in unserer Reihe nämlich fast nur Leute mit Kindern wohnen! Und fast nur nette.
Auf der einen Seite von uns, im Endhaus, wohnen Oma und Opa Kleefeld. Die haben natürlich keine Kinder, dafür sind sie ja zu alt. Und unsere echte Oma und unser echter Opa sind sie auch nicht. Aber sie sind genauso lieb.
Auf der anderen Seite sind auch keine Kinder, da wohnen leider die nicht so netten Voisins, die nie wollen, dass man durch ihren Garten läuft, nicht mal, wenn man es furchtbar eilig hat und dringend seine allerbeste Freundin besuchen muss. Aber im Herbst haben Voisins Tieneke und mir trotzdem ganz viel Geld für die armen Kinder in Afrika gespendet, als wir in unserer Klasse einen Sponsored Walk gemacht haben. (Was das ist, erklär ich jetzt nicht.) Und zu meinem Geburtstag haben sie mir Schokolade geschenkt. (Leider Kaffeesahne. Die mag ich nicht.) Und als die Sommerferien zu Ende waren, haben sie sogar ein bisschen bei unserem Sommerferienabschlusstrostgrillfest mitgefeiert. (Wir feiern nämlich immer so viel in unserer Reihe.) Darum sagt Mama, es ist nur eine Frage der Zeit, wann Voisins genauso nett sind wie die anderen Nachbarn auch. Nettigkeit steckt an.
Von den Erwachsenen am alleraettesten ist Michael, der ist der Vater von Fritzi und Jul, das sind meine beiden zweitbesten Freundinnen. (Eigentlich kann man ja nicht zwei zweitbeste Freundinnen haben. Es muss dann zweit- und drittbeste Freundin heißen. Aber ich finde Fritzi und Jul leider ziemlich genau gleich nett. Jul vielleicht ein klitzekleines bisschen netter. Oder Fritzi.)
Fritzi ist acht und Jul ist elf, und sie wohnen genau neben Tieneke. Da können sie sich immer hinten durch die Gärten besuchen, sie haben ja keine Voisins dazwischen. Das finde ich manchmal nicht so gut. Schließlich ist Tieneke meine allerbeste Freundin.
Auf der anderen Seite von Fritzi und Jul kommt schon das andere Endhaus. Da wohnen Vincent und Laurin mit ihrer Mutter, die ist keine von meinen Lieblingsmüttern. Sie ist Lehrerin (aber zum Glück nicht an meiner Schule) und sie ist ziemlich streng und lacht so wenig. Und sie schimpft immer, wenn Vincent und Laurin sich schmutzig machen. Aber so schlimm wie Voisins ist sie nicht.
Petja sagt, ein Glück, dass es Vincent und Laurin gibt, in einer Reihe nur mit lauter Weibern wäre er nämlich keinen Tag wohnen geblieben. Und so schlimm findet er es auch nicht, dass Laurin erst sieben ist und Vincent neun. Weil Vincent ziemlich schlau ist, und Laurin ist ziemlich frech. Da kann Petja mit beiden was anfangen.
Tiere haben wir auch im Möwenweg. Nämlich Tienekes Kaninchen, die heißen Wuschelchen und Puschelchen. Als Tieneke sie gekriegt hat, waren sie noch Babys und sollten mal Zwergkaninchen werden. Aber leider haben sie sich nicht daran gehalten. Und jetzt sind sie schon größer als eine Katze! Der Tierarzt hat gesagt, es sind Belgische Riesen.
Ich darf leider kein Haustier haben. Mama sagt, zwei Brüder sind doch auch ganz nett. Aber ich finde, das ist überhaupt nicht das Gleiche.
(Trotzdem bin ich manchmal froh, dass ich Petja und Maus habe. Nur dass Petja immer alles bestimmen will, ist wirklich ärgerlich.)
Mehr Tiere haben wir also nicht. Maus hatte mal eine Schnecke in einem Marmeladenglas. Die hieß Tinky Winky. Aber eines Tages ist sie ihm ausgebüxt. Er hat sie immer alleine auf unserem Rasen spazieren gehen lassen, weil Schnecken doch so langsam sind. Aber Tinky Winky ist trotzdem abgehauen. Darum habe ich sie auch nicht mit aufs Bild gemalt.
Ist das Bild nicht gut geworden? Ich mag gerne zeichnen. Ich finde, man kann ganz gut sehen, wo wir alle wohnen. Und wie schön wir es haben.
Das haben wir wirklich. Eigentlich haben wir es immer schön im Möwenweg.
Habe ich schon erzählt, dass ich im November Geburtstag habe? Das hab ich nämlich, und das finde ich für einen Geburtstag auch die allerallerbeste Zeit. Weil im November ja sonst nichts los ist und alle sich freuen, wenn sie eingeladen werden.
»Nein wirklich, wie ist das wieder grau heute!«, sagt Mama manchmal, wenn wir im November aus der Schule nach Hause kommen. »Das schlägt ja richtig aufs Gemüt! November ist bestimmt die fürchterlichste Zeit im Jahr!«
Aber das finde ich überhaupt nicht. Ich finde, es muss erst mal eine Weile grau und nebelig und schrecklich sein, damit man sich auch richtig auf die Vorweihnachtszeit freuen kann. Wenn man gleich mit Kerzen und Keksen und Tannenzweigen und Basteln loslegen würde, wäre das ja nichts Besonderes. Vor der schönen Vorweihnachtszeit muss erst mal die graue Vor-Vorweihnachtszeit kommen, finde ich. Damit man immer aufgeregter wird und es gar nicht mehr abwarten kann, bis es endlich Totensonntag ist. Das ist ja der Sonntag vor dem ersten Advent. Vorher darf man es sich nicht weihnachtlich machen.
In den Geschäften halten sie sich aber leider überhaupt nicht daran. Tieneke hatte sogar schon mal eine Tüte mit Weihnachtskeksen dabei, als wir im September bei Brüllhitze im Freibad waren! Die hatte ihre Mutter an dem Morgen im Supermarkt gekauft. Das passt doch wirklich nicht zusammen. Ich hab auch keinen einzigen Keks gegessen. Ich hab mir lieber am Kiosk ein Eis gekauft.
Als wir im November meinen Geburtstag gefeiert haben, hab ich extra aufgepasst, dass es dabei kein bisschen weihnachtlich war. Obwohl mein Geburtstag immer erst nach dem Totensonntag kommt. Aber Geburtstag ist Geburtstag und Weihnachten ist Weihnachten. Das darf man nicht vermischen, finde ich.
Am Morgen nach meinem Geburtstag hat Frau Streng in der Schule gesagt, dass wir am Montag eine Deutscharbeit schreiben würden.
»Nein!«, haben wir alle geschrien.
»Ich geb mir die Kugel!«, hat Adrian gebrüllt. Das sagen sie immer so in der Werbung.
Frau Streng ist unsere Klassenlehrerin und Tieneke und ich finden, dass sie eigentlich Frau Nett heißen müsste. Weil sie nämlich nett ist.
Aber an diesem Morgen haben wir das gar nicht gefunden.
»Wo doch schon so bald Weihnachten ist!«, hat Kiki mit einer ganz lieben Stimme gesagt. »Keine Arbeit! Bitte, bitte!«
»Genau!«, hat Carolin gerufen.
»Genau!«, hab ich auch gesagt. Manchmal kann man Lehrer ja noch rumkriegen.
»Das hat doch nichts mit Weihnachten zu tun!«, hat Frau Streng gesagt. »Aber ich verspreche euch, ich mach die Arbeit nicht zu schwer. Und jetzt wollen wir noch mal üben.«
Es war aber trotzdem sehr schwierig, alles mit Wörtern, die hinten dran ein -ig oder ein -lich haben. Riesig, zum Beispiel. Oder fröhlich. Die schreibt man ja manchmal mit einem -g und manchmal mit einem -ch, und da muss man immer erst so lange überlegen, was richtig ist.
»Können wir nicht lieber eine Mathearbeit schreiben?«, hab ich vorgeschlagen. Mathe kann ich besser.
»Nichts da!«, hat Frau Streng gesagt. »Ihr habt ja noch den ganzen Nachmittag Zeit, um zu üben.«
Darum hatten Tieneke und ich auch ziemlich schlechte Laune, als wir nach Hause gekommen sind.
Aber Mama hat uns ganz vergnügt die Tür aufgemacht. »Na, ihr beiden Mäusegesichter?«, hat sie gefragt. »Hattet ihr einen schönen Tag?«
Zum Glück kommt Tieneke nach der Schule ganz oft mit zu mir, weil ihre Mutter ja arbeitet. Dann isst sie auch immer bei uns, und das ist gut. Weil ich doch sonst nur mit Petja und Maus zusammen essen müsste (und mit Mama natürlich), und da wäre ich das einzige Mädchen gegen zwei Jungs. Aber wenn Tieneke dabei ist, ist es ganz genau gerecht.
»Wir hatten überhaupt keinen schönen Tag!«, hab ich gesagt und meinen Ranzen mit Jacke drin auf den Boden gepfeffert.
Aber als Mama mich so angeguckt hat, hab ich die Jacke doch lieber an die Garderobe gehängt und den Ranzen neben die Treppe gestellt. Tieneke hatte das sowieso schon gemacht. »Wir müssen Montag eine ganz grässliche Arbeit schreiben!«
»Rechtschreibung!«, hat Tieneke gesagt. »Riesig und fröhlich! Das kann ja kein Mensch!«
Petja hat schon am Küchentisch gesessen und so getan, als ob sein Messer und seine Gabel zwei Trommelstöcke sind und der Tisch ist sein Schlagzeug. Das hat er wegen Maus gemacht. Der wollte sich natürlich wieder totlachen.
»Das ist doch Babykram, solches Lich-Dingsbums!«, hat Petja gesagt. »Das Zeugs hatten wir schon vor hundert Jahren!« Petja ist ja schon in der fünften Klasse.
Aber als wir gesagt haben, er soll es mal erklären, wusste er natürlich kein bisschen, wie es geht.
»Nun streitet euch mal nicht!«, hat Mama gesagt. »Wo doch heute unser Backtag werden soll!«
»Backtag?«, hab ich geschrien. »Darf Tieneke mitmachen?«
Mama hat gesagt, aber klar, sie kann jede tüchtige Hand brauchen, bei den Riesenmengen von Keksen, die ihre Familie vor Weihnachten immer verdrückt.
Backtag ist vor Weihnachten immer mit das Allerschönste, finde ich. (Obwohl es vor Weihnachten ja ziemlich viel Schönes gibt.) Und man muss ihn auch immer schon vor dem ersten Advent machen, das ist das Gute, damit man am ersten Advent auch genug Weihnachtsgebäck hat. Darum ist Backtag bei uns immer ganz bald nach meinem Geburtstag.
»Geil!«, hat Petja geschrien. »Ich mach auch mit!«
Das war ja sowieso schon klar. Ich hab aber gewusst, dass Petja um drei zum Judotraining musste. Und ein bisschen darf er ruhig mitbacken, das müssen Männer ja auch lernen.
»Wenn ihr das Geschirr in die Spülmaschine gestellt habt, zeig ich euch mal, was ich eingekauft habe«, hat Mama gesagt.
Wir backen vor Weihnachten immer dieselben drei Sorten Kekse, und wenn es die nicht gibt, ist es keine richtige Vorweihnachtszeit, finde ich. Am liebsten backe ich Kinderkekse, da muss man den Teig ganz platt ausrollen und mit kleinen Förmchen niedliche Figuren ausstechen. Herzen und Sterne und Engel, und einen Elch haben wir auch.
Aber das Schönste kommt erst, wenn wir die Kekse aus dem Ofen geholt haben. Dann malen wir sie nämlich mit Zuckerguss an, das heißt glasieren, und Mama hat dafür in der oberen Küchenschublade extra drei Pinsel, die sind viel breiter als die Tuschpinsel in der Schule, und die nehmen wir nur für Zuckerguss.
»Bitte sehr, meine Damen und Herren!«, hat Mama gesagt und aus dem Wohnzimmer ihren Einkaufskorb geholt. Da waren all die Sachen drin, die sie zum Backen eingekauft hatte.
Und das waren wirklich viele! Wir haben die Päckchen aus dem Korb genommen und nebeneinander auf die Arbeitsplatte neben der Spüle gestellt, und das waren:
Mehl und Zucker und Eier und billige Backmargarine und Milch für den Teig; und für die Glasur Puderzucker und bunte Speisefarben und silberne Zuckerkügelchen und bunte Zuckerkügelchen und bunte Streusel und Schokostreusel und so winzig, winzig kleine Blümchen aus Zucker, die sehen vielleicht nicht richtig weihnachtlich aus, aber dafür sind sie das Hübscheste von allem.
»Krass!«, hat Tieneke geflüstert. »So viel!«
»Das hab ich alles eingekauft!«, hat Maus geschrien. »Ich war das! Mit Mama!«
»Das hast du aber schön gemacht, Maus!«, hab ich gesagt. Obwohl ja wohl jeder Dummi die Sachen aus dem Regal im Supermarkt nehmen kann, das ist schließlich keine Kunst. Aber vor Weihnachten bin ich immer nett zu Maus. Und sonst auch ganz oft.
»Na, dann wollen wir mal!«, hat Mama gesagt. Dann hat sie Tieneke und Petja und mir jedem eine Küchenschürze gegeben: Petja die rot-grün gestreifte, Tieneke die grüne mit den Äpfeln drauf, und ich habe die mit den Kringeln gekriegt, die finde ich sowieso am schönsten. Maus musste ein Geschirrhandtuch umbinden, weil wir leider nur drei Schürzen haben. Aber eine echte Schürze wäre für so einen kleinen Zwerg sowieso viel zu lang gewesen. Da wäre er nur immer gestolpert, und das ist beim Backen ja nicht so gut.
Mama hat zwei Engelkerzenhalter auf die Fensterbank gestellt und die Kerzen angezündet (obwohl es ja noch nicht richtig dunkel war. Aber es war trotzdem feierlich) und ich habe den Kassettenrekorder aus meinem Zimmer geholt mit der Weihnachtsgeschichtenkassette, die wir beim Plätzchenbacken immer hören. Darauf liest ein ganz alter Mann mit einer tiefen Stimme Weihnachtsgeschichten vor, und wenn ich das höre, kriege ich jedes Mal so ein glückliches, besonderes Gefühl. Dann weiß ich, dass es jetzt wirklich Weihnachten wird.
Wir haben die Zutaten abwechselnd in die Küchenmaschine getan, wie wir das immer machen. So kommt ja jeder mal dran. Zuerst durfte Maus die billige Margarine abstechen und ins Rührgerät tun, dann hat Petja den Zucker abgewogen und dazugeschüttet, und ich hab auf den Anschaltknopf gedrückt. Danach sind dann die Eier gekommen (die durfte Tieneke) und das Mehl (das hatte ich) und ganz zum Schluss noch ein Hauch Backpulver und ein winziges bisschen Milch.
Der Teig ist auch sehr schön geworden.
Wir haben ihn in den Kühlschrank gestellt, weil er zum Ausrollen ja kalt sein muss, und Mama hat gesagt, wo wir jetzt sowieso eine kleine Pause machen, können wir auch gleich mal für unsere Deutscharbeit üben.
Ich habe gestöhnt, aber Mama hat schon gesagt: »Der Tag heute ist herrlich!«
Und Tieneke hat gesagt: »Heute ist ein herrlicher Tag.« (Weil man es so machen muss. Man muss das Wort länger machen, dann kann man hören, ob es ein ch-Wort ist oder ein g-Wort. Herrliger Tag klingt ja ganz falsch.)
Da habe ich geseufzt und gesagt: »Mit -ch!«
»Prima!«, hat Mama gerufen. »Mir ist auch schon ganz weihnachtlich!«
»Du bist eine weihnachtliche Mutter«, hab ich gesagt (obwohl das ja komisch klingt), und Tieneke hat gesagt: »-ch!«
Da hat es sogar angefangen, uns Spaß zu machen.
Petja hat sich an die Stirn getippt. »Ihr seid ja durchgeknallt!«, hat er gesagt. »Los, ausstechen!«
Er wollte natürlich, dass wir uns beeilen, damit er vor seinem Judo auch noch mitmachen konnte.
»Sei doch nicht so drängelig!«, habe ich gerufen.
»Sei doch nicht so ein drängeliger Petja!«, hat Tieneke gesagt, und: »Mit -g!«, habe ich gerufen.
»Hä?«, hat Petja gesagt. »Was?« Und dabei hatte er vorhin doch noch behauptet, für einen, der schon in der Fünften ist, sind -ig und -ich eierleicht!
Aber dann hat er es doch verstanden.
Zum Glück haben wir genug kleine Ausstechförmchen und auch ganz viele schöne. Da mussten wir uns nicht streiten. Wir hatten in meiner alten Klasse im letzten Jahr alle eine Ausstechform in unserem Klassen-Adventskalender, und meine war ein Engel von der Seite. Die Plätzchen, die man damit aussticht, werden noch viel niedlicher als der Elch, darum habe ich mir die Form als Erste geschnappt. Leider war sie vom Abwaschen ein bisschen verbogen, und Petja hat meine Plätzchen angeguckt und gesagt: »Was sind denn das für dicke Klöpse? Willst du in diesem Jahr lauter fette kleine Weiber mit Rucksack backen?«
Aber ich fand, dass man ganz gut erkennen konnte, dass es Engel mit Flügeln sein sollten. Tieneke hat gesagt, das findet sie auch. Man muss sich nur ein bisschen Mühe geben.
Genau als wir die Backbleche in den Ofen schieben wollten, hat es an der Haustür geklingelt und Vincent ist gekommen, um Petja zum Judo abzuholen.
»Cool!«, hat er gerufen. »Weihnachtsbäckerei! Kann ich nachher auch mitmachen?«
In dem Augenblick hat grade Mama den Kopf durch die Küchentür gesteckt, um zu gucken, wie weit wir waren, und sie hat gesagt, natürlich darf Vincent auch mitbacken.
»Bestimmt haben die Mädchen nachher sowieso keine Lust mehr«, hat Mama gesagt.
Aber da kannte Mama uns schlecht! Nachdem wir die Kassette zweimal gehört hatten (beide Seiten), war es vielleicht nicht mehr ganz so aufregend, aber schön war es immer noch. Mama hatte Tieneke und mir nämlich erlaubt, dass wir in diesem Jahr auch die Zimtsterne alleine backen durften (das ist immer unsere zweite Kekssorte), weil sie am Vormittag angefangen hatte, den Rummelkeller ein bisschen aufzuräumen, und da wollte sie nicht mittendrin aufhören. Sonst fängt sie nämlich nie wieder an, hat sie gesagt, da kennt sie sich genau.
Darum hat Mama Tieneke und mir also das Rezept für die Zimtsterne hingelegt und die Zutaten gegeben, und dann hat sie noch mal die Kassette umgedreht und ist in den Keller gegangen.
Wir haben alles genau so gemacht, wie es im Rezept stand, Mandeln und Zimt und alles, aber trotzdem ist es kein schön fester Teig geworden, den man ausrollen konnte, um Sterne auszustechen. Sondern nur so eine Art hellgrauer Matsch.
»Sollen wir deine Mutter holen?«, hat Tieneke gefragt. »Vielleicht weiß die ja einen Trick!«
Aber ich hab gedacht, dass Mama in ihrem Keller bestimmt nicht gestört werden will, und außerdem fand ich es auch nicht so gut, dass sie denkt, nun lässt sie uns schon mal so schwierige Kekse machen, und dann geht alles schief.