Based on
Star Trek and Star Trek: The Next Generation
created by Gene Roddenberry
Star Trek: Deep Space Nine
created by Rick Berman & Michael Piller
Ins Deutsche übertragen von
Christian Humberg
Die deutsche Ausgabe von
STAR TREK – THE FALL 4: DER GIFTBECHER
wird herausgegeben von Amigo Grafik, Teinacher Straße 72, 71634 Ludwigsburg.
Herausgeber: Andreas Mergenthaler und Hardy Hellstern, Übersetzung: Christian Humberg;
verantwortlicher Redakteur und Lektorat: Markus Rohde; Lektorat: Wibke Sawatzki und Gisela Schell;
Satz: Rowan Rüster/Amigo Grafik;
Titel der Originalausgabe:
STAR TREK – THE FALL: THE POISONED CHALICE
German translation copyright © 2015 by Amigo Grafik GbR.
Original English language edition copyright © 2013 by CBS Studios Inc. All rights reserved.
™ & © 2015 CBS Studios Inc. STAR TREK and related marks and logos are trademarks of CBS Studios Inc. All Rights Reserved.
This book is published by arrangement with Pocket Books, a Division of Simon & Schuster, Inc., pursuant to an exclusive license from CBS Studios Inc.
Print ISBN 978-3-86425-781-0 (Dezember 2015) · E-Book ISBN 978-3-86425-743-8 (Dezember 2015)
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Am 27. August 2385 wurde die neue Raumstation Deep Space 9 eingeweiht (STAR TREK – THE FALL »Erkenntnisse aus Ruinen«). Die tragischen Ereignisse dieses Tages sorgten im gesamten Quadranten für Chaos, auch bei der Wahl eines neuen Kastellans der Cardassianischen Union. Sternenflottenschiffe bemühen sich seitdem, die Sicherheit der Föderation und ihrer Alliierten wiederherzustellen (STAR TREK – THE FALL »Der karminrote Schatten«).
Seit Doktor Julian Bashir, ein abtrünniger Sternenflottenoffizier, die Fortpflanzungskrise der Andorianer beendete, ist der Föderationsrat in Aufruhr. An den Schaltstellen der Macht wogt ein beunruhigender Kampf um die Führung (STAR TREK – THE FALL »Auf verlorenem Posten«).
Diese Geschichte spielt im Anschluss an Bashirs Verhaftung, zwischen dem 20. September und dem 12. Oktober 2385.
Doch immer wird bei solcher Tat uns schon
Vergeltung hier: daß, wie wir ihn gegeben,
Den blutgen Unterricht, er, kaum gelernt,
Zurückschlägt, zu bestrafen den Erfinder.
Dies Recht, mit unabweislich fester Hand,
Setzt unsern selbstgemischten, giftgen Kelch
An unsre eignen Lippen.
– Macbeth; Akt 1, Szene 7
Schwache Strahlungsvorboten zerrissen das Schwarz. Aus einem leuchtenden Wirbel entstieg ein Schiff, dem Schein vertrauter Sterne entgegen.
Glatt und makellos präsentierten sich die eisgraue Hülle und die Warpgondeln der U.S.S. Titan, die soeben den Marsorbit passierte, dem fernen Glanz der Erdensonne. Impulsdüsen leuchteten vor orangefarbenem Feuer, als die Titan schnell auf den dritten Planeten zuhielt und dabei die Schiffsrouten kommerzieller Frachter kreuzte.
In einer anderen Zeit und unter anderen Umständen hätte die Heimkehr dieses fortschrittlichen Forschungsschiffs zu Feierlichkeiten geführt; heute jedoch nicht. Denn es lag ein tiefer Schatten über der Vereinigten Föderation der Planeten. Jeder Bürger dieses großen Bündnisses schien den Atem anzuhalten und zu warten, was als Nächstes geschah.
Captain William Riker verschränkte die Arme vor der Brust. Ernst und nachdenklich sah er zum Hauptbildschirm, über den die Sterne zogen. Die Umstände seiner überhasteten Rückkehr ins Sol-System beschäftigten ihn sehr. Eigentlich bestand die Mission der Titan in der Erforschung unbekannter Regionen des Gum-Nebels im Beta-Quadranten, nun aber war sie erneut von einem dringenden Ruf des Sternenflottenkommandos unterbrochen worden. Beim ersten Mal war der Grund eine gewaltige, invasionswütige Borg-Flotte gewesen. Und auch dieses Mal beruhte die Heimkehr der Titan sehr zu Rikers Missfallen auf einem Akt brutaler Gewalt.
Wie so oft in den vergangenen Tagen ließ er die Ereignisse in seinem Geist Revue passieren, betrachtete sie von allen Seiten, suchte nach dem Sinn.
Nanietta Bacco ist tot. Die Präsidentin der Vereinigten Föderation der Planeten hatte die Föderation durch einige ihrer schrecklichsten Prüfungen gelenkt, nur um durch die Hand eines Mörders zu fallen. Sie war auf der neu errichteten Station Deep Space 9 nahe Bajor erschossen worden, mitten während der Einweihungszeremonie. Die von den anwesenden Reportern gesammelten Bilder hatten sich tief in Rikers Erinnerungen gegraben. Ein Schuss, der durch die Galaxis hallte, so hatten sie geschrieben. Ein einziger Akt, ein Fingerzucken an einem Abzug, und im Nu waren die Sorgen und Nöte der VFP dunkler und bedrohlicher geworden.
Riker hatte nie die Ehre gehabt, Bacco persönlich zu treffen. Doch nach der Borg-Krise hatte sie die Titan kontaktiert und ein Lob ausgesprochen. Die Ehrenplakette mit ihren Worten hing inzwischen an der Wand der Hauptmesse, einige Decks unter Riker. Seine Bewunderung für die unverblümt-direkte Bacco war nur gestiegen, als sie erklärt hatte, man solle sich »all den Formalitätenunfug sparen«, und ihm völlig ironiefrei verkündet hatte, jedes einzelne seiner Besatzungsmitglieder sei jederzeit im Präsidentenbüro zu einem Glas mit ihr willkommen.
»Kommen Sie nur bitte nicht alle auf einmal«, hatte sie lächelnd geendet. Riker bedauerte, die Einladung nun nie annehmen zu können.
»Meldung von Earth Space Central.« Commander Christine Vale, sein Erster Offizier, hob an der Konsole rechts von ihm den Kopf. »Wir können rein. McKinley ist bereit für uns, Sir.«
Riker quittierte den Bericht mit einem knappen Nicken. Vale gab den Befehl an die Lieutenants Aili Lavena und Sariel Rager an Steuer- und Ops-Konsole weiter. Zum ersten Mal bemerkte er die weiß gefärbte Strähne im Haar seiner Stellvertreterin. Dies, entsann er sich, war ein Zeichen der Trauer unter den Bewohnern der Izar-Kolonien.
Auf der Brücke blieb es ungewöhnlich still, als Riker sich umsah. Rager und Lavena befanden sich vor ihm, Vale rechts von ihm. Sein zweiter Offizier Commander Tuvok bemannte hinter ihm die Taktik, gleich neben dem Sicherheitsschef Ranul Keru. Tuvoks vulkanische Miene war stoisch-reserviert wie eh und je. Keru, der cardassianische Wissenschaftsoffizier Zurin Dakal sowie Karen McCreedy vom Ingenieurteam schienen vor lauter Arbeit alles andere vergessen zu haben.
Der Captain der Titan pochte nicht über Gebühr auf Disziplin, und seine Offiziere waren so professionell, dies nicht als Einladung misszuverstehen. Entsprechend blieb die Atmosphäre an Bord stets entspannt, aber nicht zügellos. Doch diese Lockerheit fehlte nun. Niemandem stand der Sinn nach Geplauder.
Riker spannte die Muskeln an und widerstand dem Drang, sich aus seinem Kommandosessel zu erheben. Damit würde er die Anspannung, die auf seinen Besatzungsmitgliedern lastete, auch nicht auflockern. Er hatte nicht weniger viele Fragen als seine Offiziere, und es störte ihn gewaltig, ihnen keinen besseren Halt bieten zu können.
Baccos Tod und der Nebel aus Halbwahrheiten und Ungewissem, der ihn umgab, drohten die Moral der Föderation zu untergraben, ihr mehr zu schaden als die schreckliche Tat selbst. Während der Heimreise der Titan hatten die Berichte nicht nachgelassen – bruchstückhafte, widersprüchliche Nachrichten über einen Zwischenfall im andorianischen System. Riker wusste nur, dass einige Sternenflottenmitglieder verhaftet worden waren – darunter Personen, mit denen er befreundet war – und auf Ermittlungen auf höchster Ebene warteten.
Es hieß, die genetische Krise um die Andorianer und ihren komplexen Fortpflanzungsprozess sei beendet. Andere Quellen sagten, sie sei in totale Anarchie übergegangen. Die andorianischen Besatzungsmitglieder der Titan, die nach dem Zwischenfall mit dem Raumschiff Therin ins Fadenkreuz ihres eigenen Volkes geraten waren, warteten momentan angsterfüllt auf neue Nachrichten von ihrem Planeten und dem Schicksal ihrer Spezies. Andors Föderationsaustritt schmerzte viele von ihnen nach wie vor, ging er doch auf die Weigerung der Sternenflotte zurück, Daten offenzulegen, mittels derer man die Fruchtbarkeitskrise hätte beenden können.
Rikers größte Sorge galt aber den Meldungen über einen bewaffneten Eingriff seitens der Vereinigten Föderation der Planeten. Das alte Sprichwort stimmte: Schneller als der Warpantrieb waren nur Gerüchte. Und laut der Gerüchteküche schoss die Sternenflotte gerade auf ihre eigenen Leute.
Captain Riker sah zur Erde, die auf dem Hauptmonitor größer wurde. Hier, im Nervenzentrum der VFP, so hoffte er, würde sich die Wahrheit zeigen.
»Wir nähern uns McKinley«, sagte Rager, als die rostrote Raumstation über dem Rand des Planeten erschien, die aufgehende Sonne in ihrem Rücken. In ihrer geschwungenen Form glich die Station einer gewaltigen Metallklaue, die nach der Titan zu greifen drohte.
Riker verscheuchte die düsteren Gedanken und räusperte sich. »Manövrierdüsen, Lieutenant. Bringen Sie uns rein.«
»Aye, Sir.« Konzentriert steuerte Rager das Schiff ins Dock. Ein leichtes Ruckeln bewies, dass Traktorstrahlen die Titan erfasst hatten und sicher zum Anleger führten.
»Wir haben Sie, Titan«, kam die Stimme des Dockleiters aus dem Komm-System. »Willkommen daheim. Ich wünschte, die Umstände wären freudiger.«
»Titan bestätigt und dankt, McKinley«, sagte Riker nickend. Als er sich umdrehte, sah er sich Vales strengem Blick gegenüber.
»Da wären wir also«, meinte sie. »Glauben Sie, wir bekommen jetzt ein paar Antworten?«
Riker zögerte. Der Befehl, der ihre Mission im Gum-Nebel unterbrochen hatte, war äußerst knapp formuliert gewesen. Die Antworten, nach denen Vale lechzte, drehten sich nicht minder um die Legitimation besagten Befehls als um die Ermordung der Präsidentin und die Konfrontation auf Andor. »Ich wünschte, ich wüsste es, Chris«, sprach er endlich aus, was ihn seit Erhalt des Befehls beschäftigte. »Eins ist sicher: Eine verfrühte Rückkehr zum Sternenflottenkommando verheißt nichts Gutes.«
Ein akustisches Konsolensignal hinderte Vale an einer Erwiderung. »Wir werden gerufen«, berichtete Tuvok und sah von seiner taktischen Konsole auf. »Die Nachricht hat oberste Prioritätsstufe und kommt direkt aus dem Büro des Sternenflottenkommandos. Admiral Leonard Akaar bittet Captain William T. Riker um seine unverzügliche Anwesenheit im Hauptquartier in San Francisco.«
»Das ging schnell«, kommentierte Vale trocken.
Der Captain stand auf, und sein Erster Offizier folgte ihm. »Sie kennen Akaar«, sagte Riker. »Der lässt nichts anbrennen. Das Schiff gehört Ihnen, Commander. Lassen Sie Lieutenant Radowksi wissen, dass ich unterwegs zu Transporterraum drei bin.«
Er strich sich das Uniformoberteil glatt und ging zum Turbolift. Vale folgte ihm ein paar Schritte. »Ein Rat gefällig?«, sagte sie leise zu ihm. »Versuchen Sie, nicht zu wirken, als schritten Sie zum Galgen.«
Riker blieb auf der Schwelle stehen und sah zu ihr. »Sagen Sie meiner Frau … ich habe so das Gefühl, ich schaff’s heute nicht zum Abendessen.«
Die hohe, gewölbte Decke der Transporterstation des Flottenhauptquartiers erschien über Riker. Dann verklang der Rest des summenden Rematerialisierungseffekts, und zum ersten Mal seit Jahren atmete er Erdenluft.
Vor der Plattform erwartete ihn ein schmaler Felinoid mit dunklem Fell. Er trug ein Padd in den schlacksigen Armen, eine senfgelbe Ops-Uniform und die Rangabzeichen eines Lieutenants Junior Grade. »Captain Riker, Sir. Ich bin Ssura. Admiral Akaar hat mich Ihnen zugewiesen.« Er streckte eine Pfote aus und blinzelte nervös. »Wenn Sie mich bitte begleiten wollen?«
»Aber gerne.« Riker beobachtete Ssuras Gang, betrachtete die weißen Stellen an dessen Hinterkopf. Der junge caitianische Offizier bewegte sich barfuß und nahezu lautlos – genau wie seine Artgenossen auf der Titan.
»Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, Sir: Es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen.« Ssura blickte über die Schulter. »Ihre Missionslogbücher, die Reisen der Enterprise – das alles habe ich an der Akademie gelesen. Inspirierend.«
»Unser Beruf ist, was er ist, Mister Ssura. Ich hatte schlicht das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.«
Der Caitianer legte den Kopf schräg. »Woran erkennen Sie, welche Zeit die richtige ist?«
»Gar nicht«, antwortete Riker. »Das ist der Haken an der Sache.« Er seufzte innerlich, stand ihm doch nicht der Sinn danach, vergangene Missionen durchzukauen. »Lieutenant, kommen wir zur Sache: Vergeude ich meine Zeit, wenn ich Sie frage, warum genau ich herbestellt wurde?«
»Ja, Captain«, antwortete Ssura nickend. »Haben Sie weitere Fragen, die ich nicht beantworten kann?«
»Eine ganze Schiffsladung«, brummte Riker.
Sie betraten einen Turbolift. Der schlanke Junioroffizier gab mit einem Klauenfinger einen Zielcode ein, dann sah er aus weiten grünen Augen auf. »Sir, Sie halten mich sicher für aufdringlich. Das ist nicht meine Absicht, aber … Darf ich offen sprechen?«
Riker nickte kapitulierend. »Betrachten Sie es als Befehl. Bis auf Weiteres.«
»Meine Kollegen … Weitere Offiziere niedrigen Ranges … Sie haben mich gebeten, Sie zu fragen, ob Sie dort draußen im Quadranten etwas aufgeschnappt haben. Über die … aktuellen Ereignisse.«
Wider Erwarten musste Riker lachen. »Dasselbe wollte ich Sie fragen.«
Ssura zuckte mit den Achseln. »Dann vergeuden Sie abermals Ihre Zeit, Sir. Seit dem Tod der Präsidentin gab es kaum offizielle Statements. Der Föderationsrat behauptet, das diene der Sicherheit.«
Riker hob eine Braue. »Und doch quillt jeder Nachrichtenkanal des Quadranten nur so über vor unbestätigten Meldungen und Gerüchten.«
»In der Tat. Wer weiß schon, was wahr ist und was bloße Behauptung?«
Der Turbolift hielt an, die Tür glitt auf. »Da wären wir«, sagte Ssura und führte Riker einen Korridor entlang, den Konferenz- und Besprechungszimmer säumten.
Schon als Ssura den Lift zu den Konferenzanlagen statt zu Akaars Büro im Obergeschoss beordert hatte, war Riker klar gewesen, dass dies kein gewöhnlicher Besuch sein würde. Nun, da sie sich einer der Türen näherten, sah er sich vier Männern in dunklen Anzügen gegenüber, die typische Kleidung der Leibwachen des Föderationsrats.
Die vier Sicherheitsbeamten trugen je ein optisch-akustisches Komm-Gerät über einem Ohr und – in Form einer kleinen Holo-Linse – einem ihrer Augen. Einer von ihnen scannte Riker und Ssura ganz offen mit einem militärischen Trikorder. Doch sie alle traten beiseite, als sich die Tür öffnete.
Riker biss die Zähne zusammen, dachte an Vales Worte über den Gang zum Galgen und trat vor.
Es war ein Gerichtssaal, und Riker stand auf der Anklagebank. Er war nicht zum ersten Mal an einem solchen Ort, wo ernst blickende Senioroffiziere von hohen Sesseln auf ihn herabsahen. Doch bislang hatte er stets gewusst, was ihn erwartete. Hier und jetzt aber war er ratlos.
Hatte er einen Fehler begangen? Hatte er vor lauter Sorgen, die die Föderation aktuell plagten, etwas übersehen? Mit einem Mal fühlte er sich wieder wie ein Kadett, der wegen eines Regelverstoßes zurechtgewiesen wurde.
Ssura blieb in respektvollem Abstand stehen, während Riker auf das Podium zutrat. Direkt vor ihm saß Fleet Admiral Leonard James Akaar, das schroffe Gesicht umgeben von schulterlangem Haar in der Farbe von Waffenmetall. Selbst im Sitzen überragte der große, breitschultrige Capellaner die Vulkanierin mit der olivfarbenen Haut, die rechts von ihm saß, und den Benziten zu seiner Linken um eine ganze Kopflänge. Ein stählerner Blick einte die drei Admirals.
»Captain William T. Riker, Kommandant des Raumschiffs Titan«, stellte er sich formell vor. »Wie befohlen.« Kaum hatten die Worte seinen Mund verlassen, bemerkte Riker eine weitere Personengruppe. Seitlich des Podiums saßen Gestalten in ziviler Kleidung, vermutlich Angehörige des Föderationsrats. Riker merkte sich ihre Gesichter, insbesondere das des Tellariten mit dem zotteligen Bart und dem geflochtenen Haar, der eine zutiefst verächtliche Miene aufgesetzt hatte.
»Riker«, begann Akaar, die Stimme grollend wie Donner. »Sind Sie sich unserer aktuellen Lage umfassend bewusst?«
Er wagte es, vollkommen ehrlich zu seinem Vorgesetzten zu sein. »Umfassend? Das kann ich nicht behaupten, Admiral.«
»Das ändern wir, wenn es so weit ist«, sagte der Benzit.
Akaar fuhr fort. »Aufgrund aktueller Ereignisse müssen wir eine sofortige Neuorganisation vornehmen, insbesondere von ausgewählten Angehörigen der Sternenflotte.« Riker entging nicht, dass Akaar den Zivilisten einen schnellen Seitenblick zuwarf. »Trotz der Bedenken einiger Beteiligter halte ich es für notwendig, neue Befehle zu geben. Sie sind der Empfänger eines solchen, und die Titan ist es ebenfalls.«
Riker spürte, wie das Blut aus seinem Antlitz wich. Mein Schiff. Sein erster Gedanke galt seinem Kommando, das ihm plötzlich zu entgleiten schien. Er nimmt mir mein Schiff weg. Er schluckte schwer, fühlte eine metaphorische Schlinge am Hals seiner Karriere. Nein, sagte er sich. Unmöglich. Nicht nach allem, was wir getan haben. Die Titan verdient Besseres!
Die Vulkanierin las von einem Padd ab, das vor ihr auf dem Tisch lag. »Mit aktueller Sternzeit wird die Forschungsmission der U.S.S. Titan unterbrochen und ihr der Sektor 001 und dessen Umgebung als neues Aufgabengebiet zugewiesen. Das Raumschiff Ganymede wird die Mission der Titan im Gum-Nebel fortsetzen.«
»Sie sind hiermit Ihres Postens als kommandierender Offizier enthoben«, fuhr Akaar fort, Worte wie ein Schlag in die Magengrube. »Zudem erhalten Sie eine neue Aufgabe.« Er stand auf und nickte Riker zu. »Treten Sie vor.«
Riker gehorchte, die Beine schwer wie Blei. Nur mit Mühe fand er seine Stimme wieder. »Sir, was …?«
Akaar ließ ihn die Frage nicht beenden. Stattdessen hob der Admiral die Hand und zog an Rikers Uniformkragen. Als er die Hand wieder sinken ließ, lagen vier goldene Pins darin – das Rangabzeichen eines Captains.
Riker sah Akaar ins Gesicht, doch der strenge Capellaner ließ sich nichts anmerken. Mit der Linken drückte der Flottenkommandant etwas in Rikers Hand, dann trat er zurück.
Will sah hinunter, äußerlich lässig und innerlich entsetzt. Auf seiner Handfläche lag ein neues Rangabzeichen, zwei goldene Pins in einem goldenen Rechteck. Was zum …?
»William T. Riker, Sie werden hiermit in den Rang eines Rear Admirals befördert, mit allen Rechten und Pflichten.« Es war die Vulkanierin, die die Worte aussprach, doch Riker konnte ihr kaum folgen.
»Ihr Aufgabengebiet ist das Sternenflottenkommando«, sagte Akaar knapp. »Ihr Titel lautet ›Flaggoffizier ohne Ressort‹, aber Sie gehören zu meinem Umfeld. Ihre Mission besteht darin, mein Büro während dieser Krise zu unterstützen.«
»Und … meine Besatzung?«
»Sollten Sie dies wünschen, steht es Ihnen frei, die Titan zu ihrem Flaggschiff zu ernennen.«
Riker atmete tief durch. Seine Faust schloss sich um das Rangabzeichen. Er senkte die Stimme. »Admiral Akaar, Sir, ich fürchte, ich kann das nicht annehmen.«
Akaars dunkle Augen funkelten. »Stecken Sie’s an, Mann«, knurrte er wütend. »Oder Sie verlassen diesen Raum mit Ihren Entlassungspapieren. Verstanden?«
Ein Nein war also keine Option. Riker sah zu dem Tellariten und den anderen Zivilisten. Sie erhoben sich von ihren Plätzen, als sei die Diskussion längst beendet. Mit einem Mal fühlte er sich wie eine Spielfigur, die weder die Regeln noch die Mitspieler kannte.
Wut wallte in ihm auf. Er wollte nicht für dumm verkauft werden. Am liebsten hätte er Akaar eine Erklärung abgezwungen, aber die würde er nicht erhalten, und das wusste er. Wenn er Antworten wollte, würde er die Beförderung akzeptieren müssen. Es gab keine Alternative. Denn eines schien sicher: In den Korridoren der Föderationszentrale ging weit mehr vor, als er ahnte.
Riker war, als habe man ihn an eine Klippe gedrängt. Und nun konnte er nur abstürzen … oder standhaft bleiben.
Langsam hob er die Hand zum Kragen und befestigte das Rangabzeichen.
Der Himmel hatte die Farbe von Blei, und die Schneeflocken, die daraus herabfielen, waren reich an Giftstoffen. Der kleine, kalte Planet mit seiner unterdurchschnittlichen Schwerkraft neigte zu Schneestürmen, und die ferne, schwache Sonne vermochte das Land auf kaum mehr als den Gefrierpunkt zu erwärmen. Kreisrunde Türme aus grünlichem Eis, mit Schwermetallen aus dem Boden belastet, streckten sich zu den tief hängenden Wolken. Hinter ihnen, oberhalb des nahen Horizonts, erhellten gelegentliche Blitze die Szenerie.
Dies war keine gastliche Welt, ihre Biosphäre dünn und unerbittlich. Hier gab es kaum Leben, abgesehen von den ebenso hässlichen wie wilden Raubtieren, die einander mit äußerster Brutalität jagten.
Doch es gab die Krieger. Einige von ihnen äußerten den Wunsch, ihre Fertigkeiten zu schulen und sich spontan auf die Pirsch nach einigen der größeren Tiere zu begeben. Ihre Anführerin wischte den Gedanken aber mit einem wütenden Knurren beiseite. Dies war kein Jagdausflug, kein Spaß für Jungspunde. Sie waren wegen einer Mission hier, einer Aufgabe, die von vergossenem und noch zu vergießendem Blut handelte.
Allein die Anführerin kannte den Einsatz genau. Nur sie wusste, weshalb sie auf dieser namenlosen, eisbedeckten Welt waren, und sie teilte dieses Wissen nicht mit ihren Männern. Sie brauchte bloß ihren Gehorsam.
Wüssten sie den Ursprung ihrer Aufgabe, würden einige von ihnen – diejenigen, die schnell handelten und langsam nachdachten – es an der nötigen Hingabe mangeln lassen. Nein, sie brauchten nur zu wissen, was die Anführerin ihnen sagte. Schließlich ging es bei der Mission um Rache, und Rache brachte das Herz eines jeden Klingonen zum Singen.
Commander Ga’trk zog sich die Kapuze ihres grauen Kriegerumhangs vom Kopf. Eisige Kälte schlug ihr ins Gesicht. Schon bildeten sich Eiskristalle an ihren Augenbrauen, und sie wischte sie vorsichtig weg, ohne dass der giftige Schnee in die Nähe ihrer Augen und Lippen kam. Dann sah sie in den Sturm, betrachtete die Bauten unter sich. Neben ihr stand Koir, ihr Untergebener, und scannte die Anlage nach Sensorstrahlen und getarnten Wachen.
Vom Gipfel der Bergkette, auf der sie kauerten, aus konnte Ga’trk sechs kuppelförmige Zelte ausmachen. Es handelte sich um Standardmodelle aus Ferengi-Produktion, wie sie auf Tausenden von Grenzwelten für temporäre Kolonien Verwendung fanden. Biegsame Röhrenkorridore verbanden einige der Zelte miteinander, und schwache Lampen ließen Schleusentüren erkennen.
»Keine Gefahr«, berichtete Koir. »Die Transporthemmer sind noch aktiv.« Seine Worte waren ebenso für ihre Ohren bestimmt wie für die derjenigen, die dem Geschehen über den Monitor auf der Schulter des Kriegers folgten. Von diesem »Auge« aus wurde ein Echtzeit-Holo der Mission hoch aufs Schiff gesendet – und zu dem namenlosen Ort, an dem Ga’trks Herren zusahen und abwarteten.
Die Kommandantin quittierte Koirs Bericht mit keiner Erwiderung. Irgendwo im Camp sorgte ein Generator für ionische Störungen, die ein direktes Beamen verhinderten. Davon würde sich die Klingonin jedoch nicht aufhalten lassen. Worin lag denn schon der Reiz, unmittelbar vor dem Feind zu materialisieren und ihn abzuschlachten, bevor er sich rührte? Wo blieb da die Herausforderung? Genauso gut hätten sie die Anlage vom Orbit aus mit Betäubungsstrahlen beschießen oder per Photonentorpedo vernichten können. Doch nur Schwächlinge bedienten sich solcher Mittel.
Nein. Ga’trk und ihre Einheit würden die stille, tödliche Hand des Imperiums sein. Das war ihre Aufgabe. Sie hatten keinen Namen innerhalb des Militärs. Sie mieden den Prunk, den Ehre und Tribut verhießen und den so viele ihrer Genossen als Messlatte ihrer Würde verstanden. Ihre Trophäen hießen Dunkelheit und Stille, waren unbemerkte Fußstapfen und das spurlose Verschwinden ihrer Feinde.
Commander Ga’trk und ihre Krieger besaßen keine Medaillen. Das Einzige, was sie mit Stolz trugen, war das Wort, das unterhalb des Reichsemblems auf ihrer Brust prangte.
Das Wort lautete qa’. In manchen Fremdsprachen übersetzte man es als Geist, doch das erfasste den Begriff bei Weitem nicht. Diese Krieger waren wie der Atem des Windes, hinterließen nirgends eine Spur. Nichts abgesehen von der Eliminierung ihrer Zielpersonen.
Ga’trk zog ihr mek’leth aus der Scheide unterhalb ihres Umhangs. Mit der anderen Hand zückte sie eine Disruptorpistole. Das war das Signal, auf das Koir und die fünf weiteren Klingonen gewartet hatten.
Hungrigen Wölfen gleich zogen sie über die Bergspitze – schnell und lautlos. Dann teilten sie sich in drei Gruppen, näherten sich dem Camp aus verschiedenen Richtungen.
Die Befehle des Generals waren klar und unmissverständlich. Die Terroristen, die sich hier versteckten, sollten lebend gefasst und später gewaltsam verhört werden. Todesfälle würden daher als Versagen gelten und entsprechend geahndet werden. Ga’trks Krieger wussten ihre Klingen zu führen wie Chirurgen, und sie mussten ebenso präzise vorgehen.
Die Informationen, die sie auf diese Eiswelt führten, waren während einer ganz ähnlichen Mission ans Licht gekommen. Ein orionischer Waffenschmuggler hatte sie verraten, als die Klingonen sein Schiff geentert und die Besatzung getötet hatten. Ga’trk dachte ungern an jenen Einsatz zurück, hatte es ihm doch an der nötigen Struktur gemangelt. Nur Lärm und tumbe Gewalt. Die damaligen Fehler hatten sie gezwungen, sich im Anschluss von zwei ihrer Soldaten zu trennen. Mittels ihres bat’leths.
Sie hoffte, die von den verstorbenen Orionern erhaltenen Daten waren dies wert. Bis sie das Camp erblickt hatte, hatte die Kommandantin diese Mission noch für Unfug gehalten.
Die Feiglinge in ihren Kuppelzelten, die sich im Schnee verbargen und nicht ahnten, dass Killer ihnen folgten, hatten eine Regentin ermordet – nicht Ga’trks eigene Königin, verstand sich, aber die Anführerin eines Alliierten, die ein besseres Schicksal verdient hatte. Bald würden sie dafür büßen.
Als sie das vorderste Zelt erreichten, hob Koir die Fäuste. Rasiermesserscharfe Dolche glänzten darin. Mit zwei Abwärtshieben durchschnitt Koir die Zeltplane, schuf so einen Eingang. Dämmmaterial drang aus den Schnitten, gefolgt von einem Schwall warmer Luft.
Koir trat einen Schritt näher. Ga’trk zögerte jedoch und hielt ihr mek’leth noch etwas fester. Das Innere des Kuppelzelts war leer.
Ein Schaudern, wie es nur jahrelange Erfahrung auf dem Pfad der Krieger lehrte, fuhr Ga’trk bis ins Mark. Sie wirbelte herum, holte Luft für einen Schrei.
Nicht schnell genug.
Tief im Schnee, verborgen vor Koirs Sensorscans, erwachten plötzlich ein Dutzend kreisrunder Kugeln zu flackerndem Leben. Getragen von Antigrav-Generatoren schossen sie bis auf Hüfthöhe empor. Jede der silbrigen Kugeln war von einer orangefarben leuchtenden Linie umkränzt, dem Emitterband für Rundum-Phaserschüsse.
Sie schossen zeitgleich. Jede Kugel entließ einen gleißenden Feuerring, der jeden durchbohrte, der in seinem Weg stand. Niemand konnte ihm entkommen. Einige Krieger wurden wie Nutztiere beim Schlachter zerteilt, andere verloren den Kopf oder andere Gliedmaßen.
Ga’trk sah ihr mek’leth, immer noch fest von ihrer Hand umklammert, in einem Strom aus purpurnem Blut zu Boden fallen. Der Unterarm war knapp über dem Ellbogen abgetrennt und lag nun im schmutzigen Schnee. Sie heulte vor Schmerz, heulte den Sturm an, und rings um sie wurden die Zelte hell. Im Boden verborgene Plasmaladungen flammten auf wie Erntefeuer, verwandelten den Schneesturm in zischenden, giftigen Regen.
Ga’trk stolperte vor, doch die Druckwelle der Plasmaexplosionen riss sie von den Füßen und mit dem Gesicht voran in den Schnee. Der abgetrennte Unterarm war nichts im Vergleich zu dem unbeschreiblichen Schmerz, der folgte, als ihr Umhang Feuer fing und die Rüstungsplatten auf ihrem Rücken in ihr Fleisch schmolzen.
Commander Ga’trk starb mit einem Fluch auf den Lippen. Sie verfluchte den Feind, der sein Gesicht nicht zeigte. Den, der solch feige Fallen stellte. Und mit ihrem Tod wurden sie und ihre Männer, allein auf jenem namenlosen Ball aus Eis und Fels, wirklich fast wie Geister.
In einer Militärbasis auf dem Lichtjahre weit entfernten Planeten Archanis, in einem auf keiner Karte verzeichneten Bunker hinter einer vollkommen nichtssagenden Tür, nahm ein alternder Krieger sein d’k tahg und schnitt sich eine Wunde in den Unterarm. Es war längst nicht die erste, die die Ehrenklinge in die Haut des Generals riss, wie viele weiße Narben verrieten.
Er ließ das Blut von der Klinge zu Boden tropfen und sah zu den anderen Kriegern in der Kommandokammer. Das Bild der Eiswelt verschwand rings um sie, ersetzt durch das Netzmuster des Holodecks. Hinter ihnen warteten schweigend die Techniker und Ops-Mitarbeiter.
Ein tiefes Knurren bahnte sich den Weg aus der Brust des Generals. Es wuchs und wuchs, bis er ihm endlich Stimme schenkte, es Gebrüll werden ließ. Er warf den Kopf in den Nacken, schrie seinen Trotz heraus, und jeder anwesende Klingone tat es ihm gleich.
Als der Todesruf verklungen war, verstaute der alte Soldat seine Klinge und besah sich die neue Wunde. So würdigte er jeden, der unter seinem Kommando fiel. Jede Narbe stand für einen Krieger, ein Schiff, eine Schwadron, die den Weg zum Sto-Vo-Kor angetreten war. Blutzoll, für den er die Verantwortung trug.
»Genug«, murmelte er und wandte sich an seinen Adjutanten. »Das endet jetzt und hier.«
Der Adjutant sah skeptisch zu den übrigen Offizieren. »General, diese Mission entspringt einer dringenden Bitte. Aus den höchsten Kreisen.«
»Das weiß ich, Sie Wicht.« Der General strich sich über den dünner werdenden Bart, massierte sich stöhnend die Stirnhöcker. »Und wir haben getan, was die Allianz von uns verlangt. Doch es reicht. Diese Sache ist keinen weiteren Tropfen klingonischen Blutes wert.«
»Ehrlose Hunde«, murmelte ein anderer Krieger. »Die wussten, dass wir kamen. Vielleicht konnten die Orioner sie warnen …«
»Was sagen wir unserem Verbündeten?«, wollte der Adjutant erfahren. »Man hat uns um diesen Gefallen gebeten, weil wir ihn leisten können! Legen wir wirklich die Hände in den Schoß, nur weil wir Blut schmecken mussten?«
Die Faust des Generals kam aus dem Nichts, eine weit ausholende Rückhand, die dem Adjutanten die Nase brach und sein Gesicht in ein blutüberströmtes Häufchen Elend verwandelte. Er war stark genug, nicht zu fallen, doch er schwankte bedrohlich und hielt sich die Hände vor die Visage.
»Kommen Sie mir nie wieder mit dem Geschmack von Blut!«, drohte der alte Krieger und leckte sich das des Adjutanten von seinem Handschuh. »Man hat uns herbestellt, unsere kriegerischen Talente gepriesen, um diese Tat zu vollbringen. Doch sie ist sinnlos. Sehen Sie das denn nicht, Sie Narr? Unser Verbündeter hat uns nicht gefragt, weil wir geeigneter wären als er, sondern, weil er sich nicht mit mörderischen Taten befassen will – nicht einmal mit denen, die auf gerechter Rache fußen. Er lässt uns Klingonen seine Drecksarbeit erledigen.« Er sah die anderen an, forderte sie zum Widerspruch heraus. Dann schüttelte er den Kopf. »Wir sollen tun, wozu er sich zu fein ist. Aber wir haben längst genug getan.«
Der General trat vor, den strengen Blick fest auf den Adjutanten gerichtet. »Passen Sie auf«, sagte er. »Dies ist die Botschaft, die Sie weitergeben werden. Und zwar wortgetreu, ohne den kleinsten Fehler.« Er wechselte die Sprache, vom Klingonischen zum Föderationsstandard der Menschen. »Sagen Sie ihm, von nun an müsse der Bajoraner selbst Hand anlegen.«
Im Bereitschaftsraum des Captains ertappte sich Vale dabei, wie sie langsam im Kreis ging. Seufzend ließ sie sich auf Rikers Tischkante sinken. Das Padd in ihrer Hand strotzte nur so vor Sternenflottenpapierkram – Andockprotokolle und Ähnliches, die von McKinley rübergeschickt worden waren, kurz nachdem die Titan die Station erreicht hatte. Es waren simple Unterlagen, doch sie bedurften der Unterschrift des Schiffskommandanten, und da Riker wegbeordert worden war, noch bevor die Impulstriebwerke der Titan hatten abkühlen können, war Vale die amtierende Kommandantin.
Sie starrte auf das Display, ohne es wirklich zu sehen, und atmete tief aus. Vor dem Fenster des Bereitschaftsraumes ging die Sonne hinter der Erdkugel auf. Der Planet wirkt wie immer, dachte Vale. Von hier oben sah er friedlich aus, ruhig.
Dort unten regierte allerdings das Chaos, fürchtete sie. Die Vereinigte Föderation der Planeten existierte nun schon seit über zwei Jahrhunderten, und nie zuvor war ihr amtierendes Oberhaupt ermordet worden. Natürlich hatte es Versuche gegeben. Ra-Ghoratreii von Efros war nah dran gewesen, nach dieser ganzen Gorkon-Verschwörung, und erst vor knapp einem Jahr hatte man auf der orionischen Heimatwelt einen Anschlag auf Bacco vereitelt.
Nun aber war es tatsächlich geschehen. Baccos Tod war entsetzlich neu. Nie zuvor hatten die Bürger der Föderation auf diese Art einen Anführer verloren, und niemand wusste es zu verarbeiten. Im ganzen Quadranten hielt man Lichterketten und Gedenkzeremonien ab, und die Bilder der Volkstrauer auf Baccos Heimatwelt Cestus III fuhren jedem ins Mark.
Zumal der Zeitpunkt nicht schlechter hätte sein können. Die Wunden, die die Borg-Invasion der Föderation bereitet hatte, waren noch nicht ganz verheilt, und auch der Umgang mit dem Typhon-Pakt, jenem neuen Machtblock in der galaktischen Arena, normalisierte sich nur langsam. Nun, da man den Gorn und den Romulanern den Ölzweig gereicht hatte, war die Situation ein wenig entspannter geworden. Fast hatte es geschienen, als sei das Schlimmste vorüber und wieder Hoffnung möglich.
Bis zu jener grausamen Attacke auf Bacco. Sie war überall respektiert worden, und ihr Mord traf die Bürger der VFP schwer, insbesondere angesichts der Ungewissheit, was die Beziehungen zu Andor anging. Bacco war tot – und was das bedeutete, vermochte Vale nicht zu sagen.
Gedankenverloren sah sie aus dem Fenster, verlor sich im Sonnenaufgang. Sie staunte, wie kalt ihr war. Anfangs hatte auch Vale schockiert und wütend auf den Mord reagiert, so wie viele ihrer Schiffskollegen. Doch irgendwann hatte sich in ihrem Geist ein Schalter umgelegt und alle Emotionen mitgenommen.
Wenn sie sich jetzt die Nachrichtenbilder des Vorfalls auf der Lichtjahre entfernten DS9 aufrief, dann betrachtete sie sie analysierend, mit klinischer Distanz zum Geschehen. Vor ihrem Posten auf der Titan, vor der Sternenflotte, war Christine Vale Mitglied der Pibroch-Polizei auf Izar gewesen. Und unter ihrem pfeilkopfförmigen Kommunikator und der schwarzen Uniformjacke war sie im Herzen Polizistin geblieben. Sie sah Baccos Tod als einen Tatort; sie distanzierte sich von den emotionalen Konnotationen des Vorfalls und stellte die Fragen, die gestellt werden mussten. Wer war der Schütze? Wie hat er eine Waffe durch die Sicherheitskontrollen der Station bekommen? Was war das Motiv?
Die besten Ermittler der VFP suchten gerade Antworten auf diese und viele weitere Fragen, das wusste Vale. Und am liebsten hätte sie sich ihnen angeschlossen, den Fall übernommen. Vielleicht könnte sie auf diese Weise endlich einen Sinn in der Brutalität erkennen. Vielleicht würde es sich dann endlich anfühlen, als täte sie etwas dagegen.
Seufzend sah sie zurück auf das Padd und ihre eigentlichen Aufgaben. Und sie sprang fast vor Schreck auf, als das Interkom die Stille des Raumes durchschnitt.
»Commander Vale?« Draußen auf der Brücke hielt Tuvok die Stellung. »Uns erreicht eine Nachricht für Sie.«
Vale war allein im Zimmer, dennoch straffte sie die Schultern. »Stellen Sie sie durch, in Ordnung?«
Einen Moment später erklang Will Rikers Stimme im Raum. »Christine? Sind wir unter uns?« Sie hörte Wind leise pfeifen. Stand er etwa auf einem Dach?
»Ich bin allein. Sprechen Sie, Sir.«
»Ich hatte einen … interessanten Vormittag.«
»Darf ich raten? Die hohen Tiere haben Ihnen einen frühen Renteneinstieg empfohlen, Captain?« Es war ein schwacher Versuch, die Stimmung aufzulockern, und er scheiterte.
»Schlimmer«, sagte Riker. »Von jetzt an bin ich ein hohes Tier. Es heißt nicht länger ›Captain‹. Akaar hat mich soeben zum Rear Admiral befördert.«
Sie war sprachlos und brauchte eine ganze Weile, ihre Stimme wiederzufinden. »Bin ich ein schlechter Mensch, wenn mein erster Gedanke die Frage war, ob das Schiff jetzt an mich fällt?«
Vale hörte das kurze Lächeln in seiner Stimme. »Fordern Sie Ihr Glück nicht heraus, Commander. Sie sind genau, wo ich Sie brauche.«
Die nächste Frage fiel ihr noch schwerer. »Sir, ich sag’s einfach ganz direkt: Was zum Donnerwetter ist da unten los?«
»Wüsste ich auch gern. Anscheinend bekomme ich ein Büro und einen Assistenten, aber an Erklärungen mangelt es dieser Beförderung bislang gehörig. Doch hier geht es um mehr als die Nachwehen des Mordes, Chris. Ich brauche da oben Ihre sichere Hand.«
Sie nickte. »Aye, Sir. Die Besatzung sollte es erfahren. Und sie wird Fragen stellen.«
»Dann soll sie sich eine Nummer ziehen und sich hinter mir anstellen.« Er zögerte. »Die Sache ist die: Wir wissen nicht, wie lange die Titan hierbleibt. Mein erster Befehl im neuen Amt lautet also: Erstellen Sie einen Urlaubsplan. Lassen Sie jeden von unseren Leuten an die frische Luft, der es nötig hat. Das haben sie sich verdient. Und die Techniker von McKinley können die Gelegenheit nutzen, das Schiff zu warten. In der Zwischenzeit …« Er verstummte kurz. »In der Zwischenzeit überlege ich, wie ich all das Deanna beibringe. Das wird nicht leicht.«
Grimmige Gewissheit breitete sich in ihr aus. »Captain … Admiral, meine ich … Verstehen Sie mich nicht falsch. Sie verdienen den Lorbeer und all das, aber … das hier kommt völlig aus dem Nichts. Erst recht jetzt, nach dem Anschlag.«
»Glauben Sie mir, das sehe ich genauso. Admiral Akaar hat gewiss seine Gründe, und ich hoffe, er teilt sie mir eher früher als später mit. Legen Sie los, Commander.«
»Aye, Sir«, bestätigte sie. »Und, äh, Glückwunsch.«
»Danke«, sagte Riker. »Oder so.«
Wenigstens die Aussicht war gut.
Über der Bucht, der majestätischen Golden Gate Bridge und den Türmen San Franciscos wehten weiße Wölkchen, von einer Meeresbrise getragen, über einen kristallblauen Himmel. Silberne Punkte – Flugzeuge und andere Transporter – funkelten im Sonnenschein auf den Flugrouten oberhalb der Stadt. San Francisco erwachte, ging zur Arbeit. Riker allerdings war schon seit Stunden im Büro.
Seit der abrupten Beförderung vom Vortag war er kaum zur Ruhe gekommen. Lieutenant Ssura, inzwischen sein ständiger Assistent, hatte ihn zu seinem neuen Arbeitsplatz im Südturm des Sternenflottenkommandos geführt und den frisch gebackenen Admiral den Rest des Tages auf dessen neuen Posten vorbereitet. Als sie endlich fertig waren, hatte auf der Titan bereits Nacht geherrscht; anstatt an Bord zu beamen und Frau und Tochter zu wecken, hatte Riker in den Offiziersgästezimmern auf dem Planeten ein wenig Schlaf gesucht.
Deanna verdaute die Neuigkeiten besser als er. Sie hatte umgehend in den, wie er es nannte, »Counselor-Modus« umgeschaltet und all das gesagt, was er hatte hören müssen, um entspannter zu sein … vorerst. Doch das Gespräch mit ihr hatte ihm tausend neue Fragen beschert. Brauchten sie jetzt ein Haus auf der Erde? Eine neue Schule für Tasha? Will Riker wohnte seit knapp drei Jahrzehnten in Raumschiffkabinen, und ein Umzug auf die Erde kam ihm gleichermaßen banal und fremd vor. Seit der Flucht aus Alaska in seiner Jugend war viel Zeit vergangen. Damals hatte er sich nichts sehnlicher gewünscht, als fortzukommen, deshalb fühlte es sich jetzt eigenartig an, nicht selbst über seine Rückkehr entscheiden zu können.
Er wandte sich vom Fenster ab und dem breiten Schreibtisch zu, auf dem Dutzende von Padds unterschiedlicher Größe sorgfältig gestapelt waren. Das Zimmer war karg eingerichtet; einzig der aldebaranische Farn in seinem Blumentopf und das Gemälde eines Schiffs der alten Mann-Klasse, das einen Kometen verfolgte, verliehen ihm einen Hauch von Individualität.
Außerdem wirkte es klein, obwohl es fast doppelt so groß wie Rikers Bereitschaftsraum auf der Titan war. Riker setzte sich an den Schreibtisch und sah zu den Padd-Stapeln, die Ssura pflichtbewusst vor ihm aufgebaut hatte.
»Ist das hier jetzt mein Kommandosessel?«, fragte er den leeren Raum. Es lag ein Hauch von Verachtung in seiner Stimme, und als er missmutig nach dem obersten Padd griff, schwor er sich, schnellstmöglich auf sein Schiff zurückzukehren. Selbst wenn er die Titan dafür im geostationären Orbit parken musste.
Als er zur Uhr an der Wand blickte, war es zwei Stunden später. Die Stapel waren kaum geschrumpft, nur anders auf dem Tisch sortiert. Er hatte Schiffs- und Besatzungslisten studiert, Lieferungen bewilligt, Missionslogbücher überprüft, Versetzungsanträge und wissenschaftliche Berichte gelesen … Die Liste schien endlos. Eine Lawine aus Papierkram drohte ihn schon am ersten Arbeitstag zu begraben. Und auch sie steigerte seine Frustration.
Akaar zerrt mich aus dem Sessel des Captains, damit ich Sachbearbeiter werde? Abermals erinnerte er sich an seine gestrige Furcht, das Sternenflottenkommando wolle ihn für irgendetwas maßregeln, und für einen kurzen Moment fragte er sich, ob genau dies geschehen war. Die Beförderung zum Admiral war keine Belohnung, sie war eine Strafe. Ich bin da draußen noch nicht fertig, sagte er sich und sah einmal mehr zu dem Raumschiffgemälde.
Das Interkom riss ihn aus seinen trostlosen Gedanken. »Verzeihung, Sir«, erklang Ssuras Stimme, just als die Tür des Büros aufglitt, »aber er bestand darauf, umgehend einzutreten.«
Der grimmig blickende Tellarit von der Beförderungszeremonie stand auf der Schwelle. Hinter seiner Schulter konnte Riker den Vorraum und Ssuras entsetzt geweitete Augen sehen.
»Schon in Ordnung, Lieutenant.«
Die Tür schloss sich hinter dem Tellariten. Der neigte den Schweinskopf zur Seite und studierte das Büro aus tief liegenden Augen. »Stehen Sie nicht auf«, sagte er, während er langsam umherschritt. »Ich sehe ja, wie beschäftigt Sie sind.«
»Mister Velk, richtig?« Riker wusste genau, wer der Zivilist war. In einem kurzen Moment zwischen zwei endlosen Besprechungen hatte er die öffentlichen Datenbänke nach den Männern und Frauen durchforstet, die seinem Rangwechsel beigewohnt hatten. Galif jav Velk war nicht zu übersehen gewesen.
Velk ersparte sich eine Antwort und schenkte sich ein Glas Wasser aus Rikers auf einem Beistelltisch wartenden Karaffe ein. Glaubte man der knappen Biografie in den öffentlichen Netzen, war er einst Repräsentant der größten Bergbau- und Handelskonzerne Tellars gewesen, hatte sich in den 2360ern aber der Politik gewidmet. Irgendwann während der letzten zehn Jahre war er an Ishan Anjar geraten, einen ambitionierten Ratsangehörigen von Bajor. Und eben dieser Ishan fungierte seit Nan Baccos Tod als Übergangspräsident der Föderation. Laut den Statuten behielt er diesen Posten sechzig Tage lang; dann entschieden Neuwahlen, wer ihn dauerhaft bekleidete.
Ishan und Velk waren unverhohlene Militaristen, Befürworter einer starken und gut bewaffneten Sternenflotte. Wo der Bajoraner seine Ansichten allerdings in väterliches Charisma zu kleiden verstand, sprach Velk meist geradeheraus. Dieser kompromisslos denkende Vertreter einer Spezies, für die Sturheit fast schon eine Tugend war, diente Ishan als handverlesener Stabschef.
Doch es kursierten weitere Bezeichnungen für ihn, weniger schmeichelhafte. Einige politische Kommentatoren der Föderationspresse nannten Velk den »Mann fürs Grobe«, und tatsächlich waren seine politische und industrielle Karriere von Entscheidungen geprägt, die man getrost kaltschnäuzig und unerbittlich nennen konnte.
»Wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte Riker und zwang den Zorn nieder, den die ungebetene Störung in ihm weckte.
»Die Rolle, die Sie ausfüllen werden«, begann Velk, der sich noch immer umsah, »ist flexibel. Das werden Sie schon bald begreifen … Admiral.« Sein Blick war an der Skyline jenseits der Bucht hängen geblieben. Den Rang hatte er angefügt, als sei er ihm eben erst eingefallen.
»Das sieht auf meiner Seite des Tisches anders aus«, sagte Riker und deutete auf die Padd-Stapel. »Aber ich lerne schnell.«
»Habe ich gehört.« Velk stellte das Glas ab. Endlich sah er Riker ins Gesicht. »Ich habe momentan viel zu tun. Die Stärke der Föderation steht auf dem Prüfstand, und wir müssen diesem Druck standhalten. Entsprechend besorgt reagiere ich, wenn uns fremde Elemente zusätzliche Probleme bereiten.«
»Ich kann Ihnen nicht folgen«, sagte Riker, obwohl er eine Ahnung hatte, worauf der Tellarit anspielte.
»Ich war gegen Ihre Beförderung, gegen Ihre Rückkehr«, gestand Velk völlig leidenschaftslos. »Ich hielt Sie für ungeeignet, und viele Kabinettsmitglieder teilten meine Meinung. Sie sind kein Diplomat. Sie haben wenig Erfahrung in … Wie sagen die Menschen noch gleich? … Realpolitik.«
Riker biss die Zähne zusammen. Er war kaum richtig eingezogen, schon forderte man ihn heraus. »Ihre Ehrlichkeit ist erfrischend, Mister Velk, und mir sehr willkommen. Doch wie Sie sehen, wartet allerhand Lesestoff auf mich. Hat Ihr Besuch einen bestimmten Grund, oder wollten Sie schlicht die Aussicht genießen?«
»Akaar hat sie befördert«, fuhr Velk fort, als habe Riker nichts gesagt. »Passiert ist passiert. Also arbeiten Sie nun mit dem Kabinett zusammen, und wir müssen das Beste daraus machen. Damit es aber nicht zu Missverständnissen kommt, wollte ich Sie frühestmöglich wissen lassen, wie ich dazu stehe. Mir fehlt die Zeit für falsche Eindrücke.«
»Wenigstens darin sind wir uns einig. Darf ich ebenso aufrichtig zu Ihnen sein?« Riker beugte sich vor und tippte gegen das Rangabzeichen an seinem Kragen. »Ich hege keinen Zweifel, dass mindestens ein Dutzend andere Offiziere besser hierfür geeignet sind. Ehrlich gesagt, überrascht mich, dass Akaar nicht zu Jean-Luc Picard tendierte.«
»Picard?«, wiederholte Velk mit kalter Verachtung. »Der Mann ist unfähig, Befehle zu befolgen. Allerdings geht der Interimspräsident toleranter mit ihm um als ich. Daher befinden sich Picard und die Enterprise derzeit auf einer Mission nach Ferenginar, um sich einer diplomatischen Krise zu widmen.«
Davon hörte Riker zum ersten Mal. In den Geheimdienstberichten des Tages, die er gleich zuerst gelesen hatte, war kein Wort über Probleme mit der Ferengi-Allianz gefallen. »Welche Krise denn?«
»Der Typhon-Pakt macht den Ferengi möglicherweise Avancen, obwohl sie Mitglied im Khitomer-Abkommen sind. Picard soll verhindern, dass sie auf den Pakt hören. Ich hoffe, wenigstens dazu ist er fähig.«
Riker ignorierte die Kritik an seinem einstigen Captain und fuhr fort. »Mister Velk, Sie mögen schlecht über mich und meine Offizierskollegen denken, aber lassen Sie mich eines klarstellen. Wenn die Sternenflotte mich ruft, werde ich alles in meiner Macht Stehende versuchen, die Interessen der Vereinigten Föderation der Planeten zu vertreten. Verstehen Sie mich?«
»Ich glaube schon.« Velk wandte sich zum Gehen, doch Riker stand aus seinem Sessel auf. Er war noch nicht bereit, die Konfrontation zu beenden.
»Wenn Sie schon hier sind, Mister Velk, können Sie mir vielleicht noch kurz etwas erklären.«
Der Tellarit blieb stehen. »Und zwar?«, fragte er.
»Doktor Julian Bashir. Captain Ezri Dax.« Riker sah, wie er die Muskeln anspannte. »Doktor Tovak. Doktor Elizabeth Lense. Doktor Katherine Pulaski. Doktor Lemdock.« Er hielt das Padd mit dem Bericht hoch, der diese Namen enthielt.
»Die Situation dieser Individuen ist nicht Ihre Sorge.«
»Das sehe ich anders.« Riker verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich verdanke einem von ihnen mein Leben. Und laut Sicherheitsdienst der Föderation sitzen sie in Haft und warten auf eine Gerichtsverhandlung. Ich wüsste gern den Grund dafür.«
Velk sah wieder zu ihm. »Das ist eine sehr sensible Angelegenheit. Das andorianische Problem …« Er hielt inne, wirkte kurz äußerst unzufrieden. »Bashir und die anderen verstießen gegen ihren Diensteid. Sie waren so dumm, die Dinge selbst in die Hand nehmen zu wollen.«
Was Velk schlicht als »andorianisches Problem« abtat, war eine biologische Zeitbombe für diese Spezies gewesen. Die Andorianer besaßen vier Geschlechter, und alle vier waren zur Fortpflanzung vonnöten. Aufgrund schwindender Geburtsraten und hohem Säuglingssterben war Andor in eine globale Krise gerutscht – infolge derer das VFP-Gründungsmitglied sogar mit dem Weltenbund brach, den es einst mit erschaffen hatte. Velk hatte recht, wenn er Bashir und den anderen eigenmächtiges Handeln vorwarf. Sie hatten den Andorianern in Eigenregie geholfen. Allerdings nur, weil der Föderationsrat ihnen diese Hilfe verweigerte. Was immer dort draußen in Epsilon Indi geschehen war, Andor tendierte wieder zu einer Rückkehr, und die Faktenlage blieb dünn.