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Barbara Rütting

Was mir immer wieder
auf die Beine hilft

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»Wir sind glücklich,
wenn wir in etwas Größerem aufgehen,
als wir selbst sind.«


Teilhard de Chardin

Die Ratschläge in diesem Buch sind von Autor und Verlag sorgfältig geprüft, dennoch kann keine Garantie übernommen werden. Jegliche Haftung des Autors bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Gesundheitsschäden sowie Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen. Im Gegensatz zur Printausgabe enthält die eBook-Ausgabe weniger Bilder

Manuela Liebler 3. und 5. Bild; Inge Müller 2. Bild; Barbara Rütting 4. Bild; Manu Theobald 1. Bild; alle übrigen Abbildungen: Archiv LangenMüller

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www.nymphenburger-verlag.de

© für die Originalausgabe und das eBook: 2012 nymphenburger in der
F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlag: www.atelier-sanna.com, München
Umschlagmotiv: Norbert Hellinger, München
Zeichnungen: Mascha Greune, München
Satz und Layout: Grafikdesign Storch, Rosenheim
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-485-06049-3

Kennen Sie die Geschichte
von der Hummel?

Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen
ist die Hummel viel zu schwer, um fliegen zu können.
Wie kommt es, dass sie trotzdem fliegt?
Weil sie es nicht weiß!
Oder weil sie sich vielleicht nicht darum schert,
was andere von ihr denken, die ihr nicht zutrauen,
dass sie fliegen kann.
Also fliegen wir doch wie die Hummel!

EINLEITUNG

VORWORT

Nie anfangen aufzuhören – und nie aufhören anzufangen!

1.Teil: BURN-OUT

Wenn die Seele die Sprache verliert, fängt der Körper an zu schreien

Neuanfang

2. Teil: DU BIST, WAS DU ISST

Das A und O – eine vegetarische vollwertige Ernährung

Brauchen wir Nahrungsergänzungsmittel?

Wer oder was ist eigentlich ein Vegetarier?

Kalzium und Eiweiß – für Vegetarier doch kein Problem!

Wo bekomme ich als Vegetarier oder gar Veganer mein Kalzium und Eiweiß her?

Butter oder Margarine?

Was hat es mit den Omega-3-Fettsäuren auf sich?

Wasser und Salz – lebensnotwendig

3. Teil: WAS SONST NOCH KÖRPER UND SEELE ZUSAMMENHÄLT

Die ABWEHRKRÄFTE – wie man sie stärken kann

SelbstAKUPRESSUR – wo drücke ich wann?

Richtiges ATMEN – und was es bewirkt

AUGENÜBUNGEN – mit Ausdauer die Augen stärken

AYURVEDA, die Wissenschaft vom langen Leben

In der Handtasche immer dabei: Dr. BACHS NOTFALLTROPFEN

Auch BERÜHRUNGEN können heilen

Die CHI-MASCHINE – eine Wohltat für die Wirbelsäule

Die DAUERBRAUSE – einfach und genial

Fast schon Alltagsleiden: DEPRESSIONEN, Ängste und Sorgen

ENTSCHLEUNIGEN heißt die neue Zauberformel

Können ERDSTRAHLEN krank machen?

ERKÄLTUNGEN müssen nicht sein

FASTEN heißt nicht hungern

FREITOD – darf ich mir das Leben nehmen?

Zeigt her eure FÜSSE

Lasst die GELENKE frohlocken

Die GLÜCKLICHMACHER Banane, Nüsse und Schokolade

Auf dem Weg zur königlichen HALTUNG heißt es: Kopf hoch!

HEILERDE – eines der ältesten Naturheilmittel

HERZ-KREISLAUF-PROBLEME begleiten mich seit meiner Kindheit

Bei kleinen Unpässlichkeiten HOMÖOPATHIE zu Rate ziehen

INKONTINENZ – wie man vorbeugen kann

KNEIPP – das heißt nicht nur kaltes Wasser

Was tun bei KOPFSCHMERZEN und Migräne?

Krank durch KRÄNKUNG

LACHEN ist die beste Medizin

MEDITATION – wenn ja, warum?

MUDRAS – die faszinierende Welt der Hände

Hildegard von Bingens NERVENKEKSE

Das NICKERCHEN – ein lebensverlängerndes Elixier

P wie PAUSE

PHYTOTHERAPIE in der Küche

POSITIVES DENKEN – seine Kraft und seine Grenzen

QI-GONG-ÜBUNGEN – halten die Säfte im Fluss

RHEUMA? Habe ich heute »im Griff«

Die SAUNA – wer zur Sauna hingehen kann, kann auch hineingehen

SCHLAFLOS – nicht nur in Seattle

SCHÖN – ich soll schön sein? Ich?

Die zwölf SCHÜSSLER-SALZE – aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken

SINGEN nicht vergessen!

Meine TIERE – meine Heiler

TINNITUS vorbeugen

Mit TRIMILIN und Pezziball den Kreislauf ankurbeln

TRINKEN Sie genug?

Der TOD – Feind oder Freund?

Keine VERKALKUNG dank Knoblauch und Zitrone

Die WÄRMFLASCHE – Trösterin in allen Lebenslagen

(Über-)Lebenshilfe YOGA

Der ZAPPELPHILIPP oder die Restless Legs

Und schließlich: der Bakterienkiller ZUNGENSCHABER!

4. Teil: PRÜFET ALLES – UND DAS GUTE BEHALTET

Stimmt die Richtung noch?

Tiereiweißfrei oder vegan, das ist hier die Frage

Die Leiden der neuen Veganerin

Ich wollt’, ich wär vegane Rohköstlerin ... ein Rückblick

Wer soll denn nun was zu welcher Tageszeit essen und warum?

Kann denn Essen Sünde sein?

SCHLUSS

»Tu deinem Körper Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.«

Zu guter Letzt – die Liste der berühmten »famous words«, um zwei erweitert

Dank

Die Autorin

Literaturempfehlungen

Adressen

LESETIPP

Vorwort

VORWORT

Nie anfangen aufzuhören –

und nie aufhören anzufangen!

Wer so alt geworden ist wie ich, hat sich natürlich nicht immer seines Lebens erfreut. Sie sind mir durchaus vertraut, die Tage und Nächte voller Selbstzweifel, Mutlosigkeit, Angst, Trauer, Depressionen, Lebensüberdruss, Todessehnsucht. Ich habe es schon oft erzählt: Gerade sieben Jahre war ich alt, da berichtete meine Mutter, Religionslehrerin unserer Zwergschule, von der Kreuzigung Jesu. Ich war derartig geschockt, dass ich mit einer Art Nervenzusammenbruch ins Bett gesteckt werden musste. In einer Welt, in der Menschen so etwas tun, einen anderen ans Kreuz nageln, wollte ich nicht leben.

Wer derartig empfindsam ist, kann das zwar auch schöne, aber doch auch schrecklich brutale Leben eigentlich nicht ertragen. Länger als zwanzig Jahre wollte ich es auf keinen Fall aushalten. Wie Sie sehen, hat das nicht geklappt. Ich musste mich immer wieder aufrappeln, nicht aufzugeben. Heute kann ich sagen: Es hat sich gelohnt durchzuhalten. Ich fühle mich als zwar kleines, aber wichtiges Glied in dieser einen Weltengemeinschaft, zu deren Glück ich ein bisschen beitragen möchte.

Noch nie zuvor hat die Menschheit über ein derartig reiches Angebot an Ratschlägen verfügt, um gesund, vital und glücklich zu sein. Doch wie weit sind wir davon entfernt! Wie oft habe ich selbst festgestellt: Das Leben ist so schwer! Ich kann ja gar nicht mehr lachen!

Ich bin bis nach Indien gefahren, um wieder lachen zu lernen. Und habe mich dann für ein Leben ohne Sicherheit entschlossen, bereit, immer wieder aufs Neue infrage zu stellen, was mir als Verhaltensmuster irgendwann übergestülpt worden war – sei es durch das Elternhaus, die Erziehung, die Schule, die sogenannte Gesellschaft – oder durch mich selbst, weil ich ja ein liebes Kind sein wollte. So hinterfrage ich täglich: Bin ich die, für die ich mich halte? Und versuche abzustreifen, was nicht (oder nicht mehr) zu mir passt.

Das ist nicht gerade einfach, aber spannend.

Man braucht gar nicht nach Indien zu fahren. Überall finden sich Lebenshilfen in Hülle und Fülle. Dennoch: An den Haaren aus dem Sumpf ziehen muss ich mich selbst – Verantwortung für die eigene Gesundheit übernehmen muss ich selbst, auch heilen muss ich mich letzten Endes selbst. Also wie fangen wir es an, schön gesund zu bleiben? Oder es wieder zu werden?

Teresa von Avila hat es wunderschön ausgedrückt: »Tu deinem Körper Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.«

Aber tun wir alles, damit unsere Seele sich wohlfühlt? Wie viel kostbare Zeit vertrödeln wir mit unnötigen Sorgen! Es scheint, als bräuchten wir immer wieder Krankheiten oder andere Schicksalsschläge, um zu erkennen, was wirklich wichtig ist, um nicht am Gestern zu kleben und sich um das Morgen zu sorgen, sondern ganz im Hier und Jetzt zu leben.

Als junge Frau litt ich an Rheuma: die Folge falscher Ernährung, verstärkt durch seelische Belastung und nicht ausgelebte Aggressionen. Das Rheuma habe ich heute »im Griff«. Sogar einen Burn-out mit heftigen Depressionen habe ich überstanden. Der Frust, als Abgeordnete im Bayerischen Landtag so gut wie nichts bewirken zu können, hat mich fast umgebracht – da reichen auch Frischkornbrei und Melissentee nicht mehr aus. Marcumar und Betablocker hätte ich schlucken sollen bis ans Lebensende – ich, als Gesundheitsapostelin! Was aber brachte die Rettung? Die radikale Änderung der Lebensumstände. Mit zweiundachtzig habe ich noch einmal ganz neu angefangen, habe mein Abgeordnetenmandat zurückgegeben, bin umgezogen in ein kleines Dorf im Spessart und obwohl ich von Natur aus alles andere als robust bin, geht es mir heute mit über achtzig besser als mit dreißig.

Wenn ich mir jedoch meine Altersgenossinnen ansehe: Bandscheibenschäden, Bypässe, Depressionen, künstliche Hüften, Schrittmacher, Hörgeräte, Osteoporose. Das alles soll »altersbedingt« sein, gar »unabwendbares Schicksal«?

Ich behaupte, nein.

Was mich immer wieder auf die Beine gebracht hat, kann auch anderen Menschen helfen.

Es gilt vor allem, immer wieder die Lebensenergie zum Fließen zu bringen und die Abwehrkräfte zu stärken.

Das A und O sind eine gute Verdauung und eine flexible Wirbelsäule. Mehr denn je bin ich überzeugt, dass die vegetarische Vollwertkost die beste Ernährungsform ist. Dazu gehören richtiges Atmen, genügend Bewegung in frischer Luft, Gymnastik, Phytotherapie in der Küche, Meditation und vieles mehr, was ich in diesem Buch beschreibe. Tinnitus kann man ebenso vorbeugen wie Inkontinenz und vor Verkalkung bewahrt uns die äußerst wirksame Knoblauch-Zitronen-Kur.

Ein pralles Leben führen hält gesund. Lachen und Weinen, Freude ins Leben bringen, neugierig bleiben, für andere da sein, dankbar sein. Manchmal hilft auch etwas so Einfaches wie die gute alte Wärmflasche.

Hören wir auf, uns mit anderen zu vergleichen. Andere sind immer schöner, klüger und was weiß ich. Eine Bekannte bemerkte einmal über eine andere: Die sieht von hinten noch besser aus als ich von vorn!

Genießen wir doch besser unsere Einzigartigkeit. Geben wir unsere Schwächen zu, unsere Verletzlichkeit, anstatt sie zu verbergen, wie das »gesellschaftlich« üblich ist.

Ich bin weder perfekt noch topfit und will auch nicht perfekt und topfit sein müssen. Ich bin alt – und das ist gut so!

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1. Teil: Burn-out

Wenn die Seele die Sprache verliert, fängt der Körper an zu schreien

Es ist erstaunlich, wie viele Menschen heute unter burn-out-ähnlichen Zusammenbrüchen leiden, und zwar quer durch alle Bevölkerungsgruppen. Ihre Zahl nimmt rapide zu und es trifft immer mehr junge Menschen.

Ich schildere meinen Burn-out und das (fast) Wiedergesunden im Folgenden so ausführlich, um meinen LeidensgefährtInnen Mut zu machen, nicht aufzugeben.

Wie es dazu kam

Anfang Februar 2009 muss ich es mir endlich eingestehen: Ein Burn-out ist nicht mehr zu leugnen.

Meinen ersten Zusammenbruch im Juni 2006 im Zug hatte ich verdrängt, auf fehlenden Netzfreischalter, geopathische Zonen am Bett, Strahlung durch den Computer geschoben. Das alles waren jedoch nur zusätzliche Krankmacher. Die wirkliche Ursache: meine Arbeit als Abgeordnete im Bayerischen Landtag erschien mir schon damals als zunehmend sinnlos. Ich habe jedoch versucht, dieses Eingeständnis durch noch mehr Action nicht ins Bewusstsein gelangen zu lassen.

Das war 2006 passiert

Totaler Zusammenbruch. Und noch dazu im Zug – acht Uhr drei ab Bernau am Chiemsee, meinem damaligen Wohnort, zum Münchner Ostbahnhof. Eine Besuchergruppe erwartet mich im Landtag zu den üblichen Ritualen: einem Film über den Landtag, dem Besuch von Ausschuss oder Plenum, einem Gespräch und gemeinsamem vegetarischen Mittagessen in der Landtagsgaststätte mit »ihrer« Abgeordneten, nämlich mir, von der erwartet wird, dass sie wieder mal das (selbst geschaffene?) Klischee der strahleäugigen, immer gut gelaunten, nie alternden Mutmacherin bedient; was mir zunehmend schwerer fällt.

Im Zug muss ich alle paar Minuten auf die Toilette, um mich zu übergeben, was eine Frau ermuntert, hinter mir herzusagen: »Sie müssen aber oft!«

Wieder auf meinem Platz, wird mir so schwindlig, dass ich dummerweise aufstehe, um eine Ärztin, die ich im Nebenabteil weiß, um Hilfe zu bitten – höre noch den Knall, wie ich auf dem Gang auf irgendein Eisenteil aufschlage, dann gnädige Ohnmacht.

Als ich wieder zu mir komme, hat man mich auf die Sitzbank gelegt und einen Notarztwagen zum Ostbahnhof bestellt. Dort angekommen, werden die Mitreisenden aufgefordert, den Zug zu verlassen, in die S-Bahn umzusteigen.

Der Krankenwagen bringt mich ins nächste Krankenhaus: Rippenprellung, eine Rippe angebrochen, vermutlich Gehirnerschütterung, am rechten Ellenbogen ist meine Kostümjacke blutdurchtränkt. Ich bitte, die Fraktion anzurufen, da ich die Besuchergruppe nicht betreuen kann.

Später kommt meine Mitarbeiterin, um mich nach Hause zu fahren.

Nach diesem Ereignis rapple ich mich auf und mache weiter. Ein paar Spritzen von meinem Heilpraktiker – und am Tag darauf bin ich wieder in meinem Büro im Landtag. Ich werde 2008 sogar wieder gewählt und nehme die Wahl an – kann doch meine WählerInnen nicht im Stich lassen!

Obwohl die Zusammenbrüche sich häufen, bekommt niemand im Landtag etwas mit, denn ich fehle nicht einen Tag.

Anfang Februar 2009 ist es dann endgültig aus. Nichts geht mehr. Ich bin nicht länger dabei, kaputtzugehen, ich bin kaputtgegangen.

Das Herzflimmern ist fürchterlich, eine Herzklappe funktioniert nicht mehr, der Rhythmus ist außer Rand und Band. Wie schon einmal vor zwei Jahren bin ich wieder zu Marcumar und Betablocker verdonnert, wovon mir übel wird. Das Weglassen der Medikamente kann jedoch zu einem Blutpfropf führen und dieser wiederum zu einem Schlaganfall. Na fein. Und so etwas passiert mir, die ich ständig den Leuten erzähle, wie sie sich gesund essen, gesund atmen, lachen und weinen können!

Dazu kommt eine starke Antriebsarmut. Ich stehe total neben mir. Die einfachsten Tätigkeiten im Haushalt wie Staub saugen, Essen zubereiten, alles wird zu einer unüberwindlichen Hürde, ständig fällt mir etwas aus den Händen. Ähnlich muss es Alzheimerpatienten gehen, die mit der Gießkanne das mit einem Blumenmuster überzogene Bett begießen, in der Annahme, es sei eine Wiese.

Die Vorstellung, einen Koffer packen zu müssen, ein abgebrochener Flaschenkorken, eine umgekippte Tasse Tee, Klingeln an der Tür lösen Panik aus. Mir ist schwindlig, neben Wortfindungsschwierigkeiten quälen mich Gleichgewichts- und Sehstörungen, die Umrisse des Briefträgers zerfließen vor meinen Augen, die Namen der nächsten Freunde fallen mir nicht mehr ein. Spricht mich jemand an, bin ich einem Weinkrampf nahe. Alles ist zu viel. Ich möchte mich nur noch im Bett verkriechen, die Decke über den Kopf ziehen, nicht mehr aufwachen, tot sein.

Innerhalb von ein paar Wochen nehme ich zehn Kilo ab. Dieses vergrämte Gesicht, diese erloschenen Augen, streichholzdürren Ärmchen und Beinchen sollen Teil von mir sein?

Bei Schlagerstars gehen die Alben nach deren Tod angeblich besonders gut. Aber würde nach meinem Hinscheiden noch irgendjemand das Barbara-Rütting-Brot essen wollen? Die großsprecherischen Bücher lesen? Einige könnte man vielleicht umtiteln, zum Beispiel in »Lachen Sie sich tot!«. Das Buch » Ich bin alt und das ist gut so« in » Ich bin tot und das ist gut so – Barbara Rütting plaudert aus dem Jenseits« … exklusiv in Ihrer Sonntagszeitung …

Ich möchte mich unter der Bettdecke verkriechen, auflösen, aus dieser Welt verschwinden, nachdem nun auch noch mein geliebter junger Hund Osho durch einen ärztlichen Kunstfehler auf grässliche Weise umgekommen ist. Todessehnsucht. Wäre da nicht Buddhina, meine letzte, schon recht alte Hündin – sie darf ich nicht verlassen. Solange sie lebt, muss ich durchhalten.

Nach dem ersten Kollaps hätte ich es eigentlich verstehen müssen. Wie viele Signale braucht der Mensch, bis er endlich begreift?

Ich teile dem Vorstand der Grünen mit, dass ich mein Mandat wohl zurückgeben müsse. Der Vorstand schlägt mir vor, ich solle Urlaub nehmen, mich richtig auskurieren, Urlaub bis Ostern, wenn es sein muss, oder noch länger, andere Abgeordnete machten das ja auch, und dann weitermachen, mit weniger Einsatz.

Es stimmt: Ich hatte mir mehr aufgebürdet, als ich hätte müssen, hatte den Ehrgeiz, nicht einen Tag im Landtag zu fehlen – euch werde ich es zeigen! Und das hat sie auch geschafft, die alte Schachtel, in all den Jahren nicht einen Tag gefehlt.

Oder ist es meine Pflicht, trotz allem weiterzumachen? Ist das eine Prüfung, die ich durchstehen muss? Ich bin schon wieder unsicher. Wenn ich jetzt, nach dem gewaltigen Einsatz im Wahlkampf, aufhöre, enttäusche ich meine Wähler und Wählerinnen, werden die Tiere überhaupt keine Stimme mehr haben im Landtag. Wie stolz war ich über die Meldung im »Bernauer Blättchen«: »Der hohe Anteil der Grünen mit fast achtzehn Prozent ist wohl auf die Popularität der Bernauer Abgeordneten Barbara Rütting zurückzuführen!«

Eine andere Zeitung hatte nach meinem Wahlerfolg sogar von einem »grünen Band rund um den Chiemsee« berichtet.

Ohne Mandat werde ich nicht mehr dieses Forum haben, kein Büro, keine Mitarbeiter, kein Budget, verliere eine tolle Pension, werde wieder die Einzelkämpferin sein, die ich vorher war.

Ich versuche, wie bisher meine Newsletter und Meldungen auf die Homepage zu bringen, spüre jedoch immer stärker, dass ich wohl kapitulieren muss.

Das Gefühl, versagt zu haben, gescheitert zu sein, macht sich in mir breit.

Vielleicht sollte ich eine Mediatorin um Rat fragen?

Ich bitte in der Fraktion um Bedenkzeit – und zwei Tage später den Anwalt, beim Landtag den Antrag auf vorzeitige Beendigung meines Mandats einzureichen.

Ich habe mir die Entscheidung wahrlich nicht leicht gemacht. Aber es gibt keine Alternative. Ich höre auf, weil ich weder vor meinen WählerInnen noch vor mir selbst verantworten kann, weiter diesem hohen Haus anzugehören, wenn ich darin so wenig bewirken kann.

Es ist gut und richtig so. Nicht ich habe entschieden – ES hat entschieden. Ich bin erleichtert.

Man schlägt vor, ich solle im Plenum eine Abschiedsrede halten, was aus protokollarischen Gründen dann doch nicht möglich ist – ganz sicher besser so. Die Fraktion will sich mit einer Feier von mir verabschieden, doch auch eine Feier wird es nicht geben – zu schmerzlich. Was sollte man feiern?

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Ich werde den Landtag gar nicht mehr betreten. Werde »gehen, ohne mich noch einmal umzusehen …« (eines meiner liebsten Osho-Zitate).