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Die Autorin: Brinja Schmidt, M. A. Pädagogik und Musikwissenschaften, ist Krankenschwester mit langjähriger Erfahrung in der Intensivpflege und freiberuflich als Fachautorin tätig.

Brinja Schmidt

Burnout in der Pflege

Risikofaktoren – Hintergründe – Selbsteinschätzung

2., erweiterte und überarbeitete Auflage

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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2., erweiterte und überarbeitete Auflage 2015

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-025767-2

E-Book-Formate:

pdf:       ISBN 978-3-17-025768-9

epub:    ISBN 978-3-17-025769-6

mobi:    ISBN 978-3-17-025770-2

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Inhalt

  1. Vorwort zur zweiten Auflage
  2. 1 Editorial
  3. 2 Aufbau und Anwendung dieses Buches
  4. 3 Persönlichkeitsentwicklung
  5. 3.1 Was bedeutet der Begriff »Persönlichkeitsentwicklung«?
  6. 3.2 Erkennungskriterien für Persönlichkeitsentwicklung
  7. 3.3 Wie vollzieht sich Persönlichkeitsentwicklung?
  8. 3.4 Was hat das alles mit Burnout zu tun?
  9. 3.5 Literatur
  10. 4 Das Burnout-Syndrom: Grundlagen
  11. 4.1 Was bedeutet Burnout?
  12. 4.2 Wie kommt es zu Burnout?
  13. 4.3 Symptome
  14. 4.4 Risikofaktoren
  15. 4.5 Wie kann man dem Burnout-Syndrom vorbeugen?
  16. 4.6 Selbstreflexion
  17. 4.7 Literatur
  18. 5 Burnout: Neue Entwicklungen
  19. 5.1 Entwicklung der Arbeitswelt
  20. 5.2 Wie belastet sind wir? Der Stressreport Deutschland 2012
  21. 5.3 Wie wird die Diagnose Burnout gestellt?
  22. 5.4 Neue Denkanstöße zu Burnout
  23. 5.5 Selbstreflexion
  24. 5.6 Literatur
  25. 6 Stress und Stressbewältigung
  26. 6.1 Woher kommt Stress?
  27. 6.2 Stressreaktionen
  28. 6.3 Verschiedene Erklärungsmodelle von Stress
  29. 6.4 Die gesellschaftliche Bewertung von Stress
  30. 6.5 Stressbewältigung
  31. 6.6 Welchen Gewinn kann man aus diesen Erkenntnissen ziehen?
  32. 6.7 Selbstreflexion
  33. 6.8 Methoden zur Stressbewältigung
  34. 6.9 Zeitmanagement
  35. 6.10 Selbstreflexion
  36. 6.11 Literatur
  37. 7 Bewältigungsstrategien von Patienten und Betreuten
  38. 7.1 Bewältigungstypologien
  39. 7.2 Der charakterlich schwierige Patient
  40. 7.3 Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD – posttraumatic stress disorder)
  41. 7.4 Literatur
  42. 8 Kommunikation
  43. 8.1 Was ist Kommunikation?
  44. 8.2 Wahrnehmung und Interpretation von Informationen
  45. 8.3 Beeinträchtigung der Kommunikation
  46. 8.4 Möglichkeiten der Gesprächsgestaltung
  47. 8.5 Selbstreflexion
  48. 8.6 Validation – der verborgene Zugang zu Menschen
  49. 8.7 Übung
  50. 8.8 Literatur
  51. 9 Mitleid – Einfühlsamkeit
  52. 9.1 Mitleid aus jüdischer und christlicher Perspektive
  53. 9.2 Über die Motivation, anderen zu helfen
  54. 9.3 Verstehendes Einfühlen in der personenzentrierten Gesprächstherapie
  55. 9.4 Wachstum von Mitleid und Einfühlsamkeit im Rahmen der Persönlichkeitsentwicklung
  56. 9.5 Die Neurophysiologie der Empathie
  57. 9.6 Selbstreflexion
  58. 9.7 Literatur
  59. 10 Umgang mit schwierigen Gefühlslagen
  60. 10.1 Ärger
  61. 10.2 Scham
  62. 10.3 Angst
  63. 10.4 Aggressive Verstimmungen
  64. 10.5 Trauer und Depression
  65. 10.6 Literatur
  66. 11 Die Beziehung zu Patienten, Betreuten und Angehörigen
  67. 11.1 Was ist eine Beziehung?
  68. 11.2 Charakteristische Merkmale einer Pflegebeziehung
  69. 11.3 Beziehungsmodelle in der Pflege
  70. 11.4 Was macht Beziehungskompetenz aus?
  71. 11.5 Selbstreflexion
  72. 11.6 Literatur
  73. 12 Die Beziehung zu Kollegen
  74. 12.1 Verschiedene Beziehungsmuster
  75. 12.2 Soziale Unterstützung
  76. 12.3 Selbstreflexion
  77. 12.4 Mobbing
  78. 12.5 Ausgebrannte Teams
  79. 12.6 Konfliktlösung im Team
  80. 12.7 Die Entdeckung des Humors
  81. 12.8 Literatur
  82. 13 Ausblick
  83. Stichwortverzeichnis

Vorwort zur zweiten Auflage

 

 

 

Vor nunmehr zehn Jahren erschien die erste Auflage dieses Buches. Das Thema Burnout ist nach wie vor aktuell und auch von Fachzeitschriften sowie populärwissenschaftlichen Foren aufgegriffen worden. Nun ist es notwendig, dieses Buch zu aktualisieren. Viele der hier verwendeten Grundmodelle sind heute ebenso gültig wie vor zehn Jahren. An mancher Stelle sind allerdings neue Erkenntnisse hinzugekommen, und mein Erfahrungshorizont hat sich erweitert. Diese Erneuerungen fließen in die Überarbeitung ein.

Ziel ist es hierbei nicht, die allerneuesten quantitativen Studienergebnisse zu referieren, vielmehr werden neue Tendenzen in einem extra Kapitel, »Burnout: Neue Entwicklungen«, skizziert. In jedes weitere Kapitel fließen aktuelle Ergänzungen ein. In diesem Rahmen kommen z. B. Zeitmanagement, Validation, soziale Unterstützung und Konfliktlösung zur Sprache. Diese Aktualisierungen werden auch in den Fragestellungen zur Selbstreflexion aufgegriffen.

Neben pädagogischen Tätigkeiten arbeite ich selbst noch immer am Patientenbett in der Intensivkrankenpflege. So habe ich die Entwicklungen der letzten Jahre am Arbeitsplatz direkt miterlebt und weiß, wie es sich anfühlt, jahrelang pflegerisch tätig zu sein. Mir selbst hat die Erarbeitung und Anwendung des Konzeptes in diesem Buch sehr viel gegeben, in vielen zwischenmenschlichen Bereichen habe ich an Sicherheit gewonnen. Auch meine Kraftressourcen kann ich mir besser einteilen. Durch diese langjährige Selbsterfahrung bin ich weiterhin überzeugt von der Wirksamkeit meines Konzeptes der Selbstachtsamkeit und Selbstreflexion, und ich hoffe, dass meine Leser ebenso positive Erfahrungen machen.

 

Brinja Schmidt, Mai 2015

1         Editorial

 

 

Das zentrale Problem vieler Mitarbeiter in helfenden Berufen ist es, eine Balance zwischen mitfühlendem Verstehen einerseits und dem Bedürfnis sich selbst zu schützen andererseits herzustellen. Ist diese Balance gestört, kann das Burnout-Syndrom entstehen. Die große Häufigkeit, mit der es bei Mitarbeitern sozialer Berufe auftritt, zeugt von der Präsenz eines Problems, für das es im Arbeitsalltag wenig Hilfestellungen gibt. Mit diesem Buch möchte ich dazu beitragen, dieses Defizit auszugleichen.

Die eine Seite der Pflegeberufe ist die Lebendigkeit im Umgang mit Menschen, die mich immer wieder in meinem Beruf bestärken. Hierdurch kann das Selbstwertgefühl gefestigt werden, da es angenehm ist, die eigene Kompetenz im pflegerischen Bereich zu spüren. Bei Heilungserfolgen bin ich glücklich, am Genesungsverlauf positiv mitgewirkt zu haben oder einen Menschen begleitet und nach Kräften unterstützt zu haben. Manchmal fühle ich mich durch die entstandene menschliche Nähe bestätigt und erfreut.

Die andere Seite der Pflegeberufe ist die Konfrontation mit traurigen und belastenden Situationen. Ich erlebte bei der Arbeit immer wieder schwierige Situationen, an die ich noch lange Zeit hinterher denken musste. So machen mich menschliche Schicksale manchmal im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos. Besonders bei Menschen, deren Lebensumstände sich durch einen Unfall, eine Erkrankung oder emotionale Belastungen extrem ändern (z. B. Querschnittslähmung, Gehirnverletzungen, chronische Atemwegserkrankungen, degenerative Alterungsprozesse, Desorientiertheit und Verwirrungszustände, Panikattacken usw.), stehe ich am Bett, und alles, was ich sagen will, kommt mir plötzlich unwichtig und belanglos vor. Bei anderen Menschen, die beispielsweise auf ihre Situation mit Aggressivität reagieren, fühle ich mich persönlich getroffen und in meiner Hilfsbereitschaft verletzt, obwohl ich eigentlich weiß, dass ihr Verhalten nicht von mir ausgelöst wurde oder nicht gegen mich persönlich gerichtet ist. Sind meine Erfahrungen auch aus dem speziellen Feld der Intensivpflege, so glaube ich, dass sie auf alle Bereiche der Pflege (stationäre Krankenpflege, häusliche Krankenpflege, stationäre Altenpflege, häusliche Altenpflege) zu übertragen sind. Denn in allen Bereichen begegnet man hilfsbedürftigen Menschen, die mit einer schwierigen Lebenssituation fertig werden müssen. Eigentlich wäre es sehr wichtig, der Konfliktbewältigung schon in der Ausbildung dieser Berufe eine angemessene Unterrichtszeit einzuräumen, damit Auszubildende gar nicht erst unter den neuen Belastungen leiden müssen, sondern über ein gewisses Potenzial an Bewältigungsstrategien verfügen, das im Laufe der Berufstätigkeit weiter ausgebaut werden kann.

Während der Jahre meiner Berufstätigkeit war ich häufig zwischen diesen beiden Polen, dem positiven und dem negativen, hin- und hergerissen. Meine Gefühle wechselten von starkem Idealismus während meiner dreijährigen Ausbildung zur Krankenschwester und der ersten Berufsjahre zu innerer Ermüdung und Lustlosigkeit nach ungefähr zehn Berufsjahren. Das führte dazu, dass ich mich zuerst entschloss, meine Stundenzahl zu reduzieren und später dann ein Hochschulstudium der Pädagogik und Musikwissenschaften begann.

In den ersten Semestern des Studiums verrichtete ich die Arbeit als Krankenschwester in der Intensivkrankenpflege routinemäßig und ohne viel über die Problematik des Berufes nachzudenken, da andere Studieninhalte meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen. Die Beschäftigung mit studienbezogenen Themen eignete sich oft gut dazu, belastende zwischenmenschliche Situationen im Arbeitsalltag schnell zu vergessen.

Ich war lange Zeit der Meinung, dass die Unsicherheiten, die ich in einigen zwischenmenschlichen und emotionalen Situationen immer wieder verspürte, auf mangelnde Berufserfahrung zurückzuführen sind. Inzwischen ist mir aber klar geworden, dass ein Mangel an Ausbildung, bezogen auf diese speziellen Situationen in der Pflege, dafür verantwortlich ist.

Der Abschluss meiner Ausbildung lag bei der Neuerscheinung des Buches 14 Jahre zurück, und damals waren es zwölf Jahre, die ich in der Intensivkrankenpflege tätig war. Zu dem Zeitpunkt musste ich erkennen, dass ich in der ganzen Zeit kaum eine Möglichkeit fand, mich zur Thematik der Gesprächsführung mit Patienten und hinsichtlich des Umgangs mit den eigenen Gefühlen gegenüber Patienten weiterzubilden. Die stationsinternen und innerbetrieblichen Fortbildungsangebote haben häufig Inhalte, die sich auf medizinische, gerätetechnische oder körperpflegerische Aspekte beschränken.

Als mir das Defizit bewusst wurde, suchte ich nach einer Möglichkeit, mein Studium mit meinem Arbeitsalltag zu verknüpfen. Angeregt durch viele Situationen, in denen tragische Geschehen in der Intensivkrankenpflege mich belasten und intensive Kontakte zu Patienten mich bereichern, kam mir die Idee, mich der Problematik des Umganges mit belastenden Situationen im Pflegealltag in meiner Examensarbeit anzunehmen. Ich war selbst überrascht, wie sehr mich die Arbeit an diesem Projekt fesselte und Gefühle in mir weckte, die ich bis dahin noch nie wahrgenommen hatte. Erst durch die Beschäftigung mit diesem Thema und der damit verbundenen Selbstreflexion wurde mir klar, welche Situationen ich mit Patienten als besonders belastend empfinde und welche als unbeschwert. Meine eigenen Reaktionsmuster in solchen Situationen hatte ich mir ebenfalls nur sehr selten bewusst gemacht. Gleichzeitig stellte ich aber auch fest, dass gerade die Wahrnehmung solcher Gefühle und Verhaltensstrukturen eine wichtige Voraussetzung dafür ist, das eigene Verhalten zu verändern. Indem ich die Pflegesituationen bewusst gestalte oder mich in belastenden Situationen rechtzeitig distanzieren kann, kann ich meine Kraft besser einteilen.

Die Struktur der zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen dem Pflegepersonal, den Patienten/Betreuten und deren Angehörigen ist sehr komplex und verläuft selten nach Mustern, die im alltäglichen Leben erlernt werden. Patienten und Angehörige befinden sich meistens in einem Zustand außergewöhnlicher psychischer und körperlicher Beanspruchung. Diese Beanspruchung schlägt sich auf die allgemeine Kommunikationsfähigkeit nieder, was sich dann auch auf das Pflegepersonal auswirkt. Ebenso wird das Personal sehr häufig mit extremen Gefühlslagen von Patienten und Angehörigen konfrontiert, wie Trauer, Niedergeschlagenheit, Angst und Aggressivität.

Durch verschiedene Aspekte des Pädagogikstudiums auf die Problematik der zwischenmenschlichen Interaktion aufmerksam geworden, bemerkte ich in vielen Situationen des Arbeitsalltages, dass es bei der Verständigung und bei der Zusammenarbeit mit Kollegen, Patienten und Betreuten zu Problemen kommt, bei denen viel Kraft verloren geht. An mir selbst und an meinen Kollegen konnte ich Verhaltensmuster erkennen, die von vorbehaltlosem Mitleid über Berufsmüdigkeit bis zu Gefühlskälte und Zynismus reichten. Auf der Suche nach Möglichkeiten zur Bewältigung dieser alltäglichen Gefühlsschwankungen fand ich wiederum wenig Hilfe.

Bei Weiterbildungen wird dieser Aspekt nur selten aufgegriffen, und zusätzlich ist es im Schichtdienst schwierig, an regelmäßigen Veranstaltungen teilzunehmen. Supervisionsgruppen finden oftmals stationsintern statt. Dabei wird häufig nicht bedacht, dass es Überwindung kostet, vor seinen Kollegen die eigenen Empfindungen auszubreiten und zu benennen, gerade dann, wenn es Probleme im Kollegium gibt. In der Literatur gibt es zwar etliche Bücher, die die Problematik des Burnout-Syndroms aufgreifen, aber nur wenige gehen über rein theoretische Erläuterungen hinaus. Daher habe ich mich dazu entschlossen, diese Weiterbildung in Form eines »Arbeitsbuches« anzubieten, in dem theoretische Abschnitte durch praktische ergänzt werden. Das hat den Vorteil, dass sich jeder erst einmal intensiv mit sich selbst beschäftigt und sich über seine eigenen Verhaltensmuster klar werden kann. Weiterhin kann das Arbeitstempo selbst bestimmt werden. Die Aufgabenstellungen können mit größter Offenheit bearbeitet werden, da es niemanden gibt, dem man Rechenschaft schuldet. Auch ungünstige Arbeitszeiten wirken sich auf die Arbeit mit diesem Buch nicht negativ aus, es kann jederzeit zur Hand genommen werden.

Um die Lesbarkeit meiner Texte zu verbessern, werde ich im Laufe dieses Buches von Krankenschwestern, Pflegern, Betreuern, Altenpflegern usw. sprechen. Da es ungünstig ist, in Form von Aufzählungen immer alle angesprochenen Berufsgruppen zu erwähnen, sollten sich alle in Pflegeberufen tätigen Personen beiderlei Geschlechtes gleichermaßen angesprochen fühlen. Ebenso werde ich bei kranken und pflegebedürftigen Menschen von Patienten, Betreuten, Hilfsbedürftigen bzw. von (Heim-)Bewohnern sprechen. Da viele der behandelten Sachverhalte auf alle Pflegeberufe zutreffen, werden im Zweifelsfall immer alle dieser o. g. Personen gemeint sein.

Bei der Literaturrecherche fiel mir auf, dass es im Pflegebereich eine Reihe von Büchern gibt, die ganz klare Verhaltensrichtlinien vorschlagen. Das Verhalten, das für den einen hilfreich ist, muss für den anderen durchaus nicht vorteilhaft sein. Angeregt durch zahlreiche negative Beispiele aus der Literatur wurde mir klar, dass die Aufstellung von Verhaltensmaßregeln, wie sie dem Kranken- und Altenpflegepersonal oft nahe gelegt werden, nicht zu dem gewünschten Erfolg führen würde. Wenn es so einfach wäre, diesen Verhaltens- und Empfindensvorschlägen nachzugehen, gäbe es viele Probleme (z. B. Burnout-Syndrom, Gewalt in der Pflege, Kommunikationsschwierigkeiten) nicht. Die Frage ist eher, warum es den Pflegenden manchmal nicht möglich ist, den Patienten/Betreuten auch psychisch zu unterstützen, obwohl bekannt ist, dass Helfer empathisch, verständnisvoll, gesprächsbereit, freundlich usw. sein sollten. Ich habe aus diesem Grund nach anderen Möglichkeiten gesucht, diesen Problemen zu begegnen, nämlich nach Hilfestellungen, seine eigene Haltung zu finden und seinen persönlichen Lösungsweg selbst zu gestalten.

Aus dieser Erkenntnis entstand das Konzept dieses Buches: eine Form zu bieten, aus der jeder Lesende seinen individuellen Gewinn und Anregungen zur persönlichen Entwicklung ziehen kann.

2         Aufbau und Anwendung dieses Buches

 

 

Dieses Buch bietet theoretisches Wissen und praktische Unterstützung zur

arrow Gegenstand und methodisches Vorgehen arrow

Bewältigung emotionaler Belastungen in Pflegeberufen. Da es in diesen Berufen in verschiedensten Bereichen zu Problemen kommen kann, bei denen unnötig viel Kraft ungünstig eingesetzt wird, werden in den einzelnen Kapiteln verschiedene Themenbereiche behandelt. Dachte man früher, dass es verstärkt die sozialen Berufe sind, in denen die Burnout-Symptomatik auftaucht, so weiß man heute, dass Burnout eigentlich in allen erdenklichen Berufsfeldern auftreten kann. Daher wäre es hilfreich, sich die Anforderungsspektren jeweils genauer anzusehen. In Pflegeberufen liegt der Schluss nahe, dass ein Zusammenhang von Burnout mit dem menschlichen Miteinander besteht. Daher habe ich viele Themen eingebracht, die sich auf problematische Situationen im zwischenmenschlichen Bereich beziehen.

Die Kapitel sind jeweils so aufgebaut, dass sich der theoretischen Abhandlung eines Themengebietes ein Arbeitsteil anschließt. Dieser dient der Selbstreflexion und der Umsetzung von vorgestellten Anregungen in die Praxis. Wie mit den Praxisteilen umgegangen werden soll, erfahren Sie in Kapitel 3, das sich mit der Persönlichkeitsentwicklung beschäftigt.

In diesem Kapitel wird dargestellt, dass Lernprozesse und Entwicklung

arrow Kapitel 3: Persönlichkeitsentwicklung arrow

nicht mit dem Erwachsensein aufhören. Der Begriff des »lebenslangen Lernens« wird aufgegriffen, um Entwicklungsprozesse zu illustrieren. Es werden Bereiche abgesteckt, in denen Persönlichkeitsentwicklung stattfinden kann, sowie Möglichkeiten aufgezeigt, anhand derer man Entwicklungen erfassen kann.

Dieser theoretische Teil des Buches ist wichtig, um eine ungefähre Vorstellung von dem zu bekommen, was unsere jeweilige Persönlichkeit ausmacht. Dann kann man das Konzept dieses Buches besser verstehen und großen Nutzen daraus ziehen.

Es basiert darauf, dass persönliche Lernprozesse durch Selbstreflexion und Selbstwahrnehmung unterstützt werden können. So bekommt man auf individueller Ebene die Möglichkeit, etwas zu verändern, wenn die äußeren Gegebenheiten starr und unveränderbar sind und man das Gefühl hat, sich in einer Sackgasse zu befinden.

Darüber hinaus befasst sich dieses Kapitel mit der Bewältigung von krisenhaften Erlebnissen und deren Potenzial, Veränderungen zu verursachen. Es dient dazu, die Notwendigkeit der Bearbeitung der Aufgaben in den folgenden Kapiteln verständlich zu machen und zu unterstreichen. Die Ausführlichkeit, mit der dieser Themenkomplex theoretisch abgehandelt wird, soll eine Ahnung davon vermitteln, in welchen Bereichen die eigene Entwicklung stattfinden kann. Es soll deutlich werden, dass diese Entwicklung kein passiver Vorgang ist, sondern dass man ihn selbst unterstützen kann. Durch die eigene Aktivität lernt man, auch mit schwierigen Anforderungen des Lebens besser umzugehen.

arrow Kapitel 4: Das Burnout-Syndrom: Grundlagen arrow

Im 4. Kapitel wird das Burnout-Syndrom näher untersucht. Es wird erläutert, was Burnout eigentlich ist, wie es dazu kommt, und wie dieses Phänomen verläuft. Es werden Risikofaktoren beschrieben, die das Burnout-Syndrom begünstigen. Weiterhin werden zahlreiche Symptome aufgezeigt, anhand derer man Burnout-Tendenzen erkennen kann. Es werden Möglichkeiten der Vorbeugung und Begegnung mit Burnout theoretisch aufgezeigt. Daran schließt sich ein praktischer Arbeitsteil an, der helfen soll, die theoretischen Möglichkeiten umzusetzen und zu vertiefen.

arrow Kapitel 5: Burnout: Neue Entwicklungen arrow

Hier werden die neuen Entwicklungen der letzten Jahre, die sich um den Begriff »Burnout« ergeben haben, aufgegriffen. Die Ergebnisse des »Stressreport 2012«, eine Erhebung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, werden referiert. Einige Aspekte werden kritisch hinterfragt. Positive wie negative gesellschaftliche Entwicklungen werden skizziert, und sich daraus ergebende Fragestellungen werden im Reflexionsteil aufgegriffen.

arrow Kapitel 6: Stress arrow

Im 6. Kapitel wird das Thema Stress behandelt. Stress ist eng mit der Burnout-Thematik verbunden, da alle übermäßigen Belastungen zu Burnout führen können. Das Stresserleben ist die psychische Bewertung von Situationen und deren körperliche Folgen. In diesem Kapitel werden verschiedene Stresskonzeptionen vorgestellt. Dabei werden die körperlich-hormonellen, die emotionalen und die verhaltensbezogenen Stressreaktionen umrissen. Stressreaktionen haben aber auch einen Sinn, der sich evolutionär erklären lässt, und sie bergen Chancen, Verhaltensmuster zu ändern oder weiterzuentwickeln.

Im Zusammenhang zum Thema Stressbewältigung floss in den letzten Jahren vermehrt der Begriff »Resilienz« in die Fachliteratur ein, darauf wird kurz eingegangen. Ebenso wird das Thema »Zeitmanagement« angeschnitten. Im praktischen Teil werden zahlreiche Strategien zur Stressbewältigung vorgestellt.

arrow Kapitel 7: Bewältigungsstrategien von Patienten/Betreuten arrow

Im 7. Kapitel stehen die Bewältigungsstrategien von Patienten und Betreuten im Mittelpunkt. Pflegenden ist aus dem Arbeitsalltag bekannt, dass Menschen unterschiedlich auf Erkrankungen und körperliche Einschränkungen reagieren. Hier werden die verschiedenen Typologien beschrieben und charakterisiert. Weiterhin wird dargestellt, wie diese Verhaltensmuster entstehen. Im Arbeitsteil dieses Abschnitts soll herausgefunden werden, mit welchem Bewältigungsverhalten man besser bzw. schlechter umgehen kann.

Ein spezielles Bewältigungsverhalten in traumatischen Situationen ist die »Posttraumatische Belastungsstörung«. Dieses Verhalten wird ebenfalls näher untersucht und erklärt. Auch Helfende bleiben von traumatischen Situationen nicht unberührt. Im praktischen Teil können die Auswirkungen auf das eigene Verhalten reflektiert werden, wodurch die Belastungen eine Entschärfung erfahren.

Es gibt immer Patienten, die als »besonders schwierig« im Umgang empfunden werden. Diesem Problem widmet sich ein eigener Abschnitt.

Das 8. Kapitel befasst sich mit dem großen Feld der Kommunikation. Es

arrow Kapitel 8: Kommunikation arrow

werden einige grundlegende Kommunikationsmodelle vorgestellt, ohne jedoch theoretisch zu sehr in die Tiefe zu gehen. Das Hauptanliegen dieses Kapitels ist es, praktische Tipps zur Gesprächsgestaltung zu liefern. Voraussetzung für eine bewusste Gesprächsführung ist die Fähigkeit, bei der Wahrnehmung von Informationen die Inhalte und die eigenen Interpretationen auseinander zu halten. Weiterhin wird der Umgang mit Konflikten erläutert, die Art und Weise, wie sich Spannungen auf unser Gesprächsverhalten auswirken, und Möglichkeiten aufgezeigt, diese Reaktionsschemata zu durchbrechen. Es wird die Kommunikationstechnik der »Validation« vorgestellt, die derzeit hauptsächlich in der Pflege von demenzkranken Patienten eingesetzt wird. Im praktischen Teil dieses Kapitels kann der Leser über sein eigenes Zuhör- und Sprechverhalten reflektieren und die Unterscheidung von Informationsgehalt und Interpretation üben.

Im 9. Kapitel steht der Themenkomplex Mitleid – Einfühlsamkeit im

arrow Kapitel 9: Mitleid/Einfühlsamkeit arrow

Zentrum des Interesses. Neben neurophysiologischen Abläufen wird die Bedeutung der Begriffe hier hinterfragt. Was bedeutet es für den Arbeitsalltag, wenn Pflegende »mitleiden«, und warum wird es in vielen Fällen von unserem Berufsstand verlangt? Ebenso wird der Begriff »einfühlen« (Empathie) näher untersucht. Ist es möglich, sich in schwer kranke oder andere pflegebedürftige Menschen hineinzuversetzen, ohne selbst zu viel Kraft zu verlieren? Wie kann man diese Erfahrungen bewältigen? Beide Verhaltensweisen sind im Arbeitsalltag nur schwer zu unterscheiden. Die Begriffe Mitleid und Empathie bergen unterschiedliche Qualitäten. Im praktischen Teil kann anhand von Beispielen das eigene Verhalten erfahren und bewusst gemacht werden.

Im 10. Kapitel wird auf den Umgang mit schwierigen Gefühlslagen

arrow Kapitel 10: Schwierige Gefühlslagen arrow

näher eingegangen. Im Pflegealltag ist man häufig mit unangenehmen Stimmungen und Stimmungsschwankungen konfrontiert. Das Pflegepersonal muss diese Stimmungen auffangen und abschwächen, ohne selbst in den Strudel dieser Gefühle zu gelangen. Das ist oft sehr schwer. Am Beispiel von Ärger, Scham, Angst, Aggression, Niedergeschlagenheit und Trauer wird auf die Probleme dieser Emotionen eingegangen und Hinweise zum Schutz der eigenen Ressourcen gegeben. In den Arbeitsteilen soll herausgefunden werden, für welche Gefühlslagen Sie besonders empfänglich sind und welche Ihnen Probleme bereiten. Es kann geübt werden, Distanz aufzubauen, ohne auf unbewusste Abwehrmechanismen wie Zynismus oder Ignoranz zurückgreifen zu müssen.

Im 11. Kapitel werden verschiedene Aspekte der professionellen Beziehung

arrow Kapitel 11: Pflegebeziehung arrow

zu Patienten und Betreuten aufgezeigt. Was verbirgt sich hinter dem Begriff »professionelle« Beziehung? Worin unterscheidet sie sich qualitativ von einer privaten Beziehung? Im Berufsleben sind diese Strukturen schwer zu differenzieren. Zunächst werden die Grenzen und Überschneidungen zwischen diesen Bereichen theoretisch erörtert. Grundsätzliche Aspekte von Bündnissen, wie z. B. ausgesprochene und unausgesprochene Erwartungen, werden behandelt. Ziel ist es, in diesem Kapitel zu lernen, die Form der Beziehung zu Patienten und Betreuten selbst bewusst zu gestalten. So kann man lernen, Nähe zuzulassen, wenn man es für angemessen hält, und Distanz aufzubauen, wenn man Distanz braucht.

arrow Kapitel 12: Beziehung zu Kollegen/Mobbing arrow

Im letzten, dem 12. Kapitel geht es um Beziehungen zu Kollegen. So kraftspendend und bereichernd enge Beziehungen zu Kollegen sein können, so kraftraubend und gesundheitsschädigend können sich Konflikte am Arbeitsplatz auswirken. In diesem Kapitel werden verschiedene Beziehungsmuster wie Abhängigkeit, Macht, Sexualität und Einschmeicheln vorgestellt. Im Arbeitsteil kann reflektiert werden, wie man selbst in Konfliktsituationen reagiert und ob es gegebenenfalls Reaktions- und Beziehungsmuster gibt, die häufig wiederkehren. Sozialer Unterstützung ist ein eigener Abschnitt gewidmet.

Mobbing ist ein Problem, von dem viele Arbeitnehmer heutzutage betroffen sind. Mobbing raubt Kraft und Wohlbefinden, und zwar nicht nur die Kraft des Betroffenen, sondern es wirkt sich auf die gesamte Arbeitsatmosphäre aus. Wie es dazu kommt und wie man damit umgehen kann, ist ebenfalls Thema dieses Kapitels.

Ganze Teams können in den Zustand von Burnout geraten, dieses Thema und auch das Gebiet der Konfliktlösung bilden zwei Absätze dieses Kapitels. Abschließend wird die Ressource, die einem der Humor bieten kann, geschildert.

arrow Kapitel 13 arrow

Zum Abschluss dieses Buches werden die wichtigsten Erfahrungen und Erkenntnisse, die im Laufe der Arbeit erworben wurden, zusammengefasst.

arrow Christliche Grundhaltung arrow

In unserer Gesellschaft war der christliche Glaube in den letzten Jahrhunderten, besonders für Pflegeberufe, sehr prägend. Daher beziehen sich einige Kapitel vor allem auf diese Tradition. Es ist mir wichtig anzumerken, dass es nicht in meiner Absicht liegt, Angehörige anderer Glaubensrichtungen, die hier nicht explizit erwähnt werden, auszugrenzen.

arrow Allgemeine Hinweise arrow

Ebenfalls möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Buch das Resultat einer Forschungsarbeit ist, in der ich dieses Konzept entwickelt habe.

Die Auswahl der theoretischen Modelle, anhand derer ich Sachverhalte darstelle, erhebt nicht den Anspruch auf wissenschaftliche Vollständigkeit. Es gibt viele andere Forscher, die sich mit diesen Themen beschäftigen, hier aber nicht erwähnt werden. Auch die Erläuterung der verwendeten Modelle unterliegt meiner subjektiven Sichtweise. In vielen Fällen sind die Modelle wesentlich komplexer, als ich sie in diesem Buch darstellen konnte. Interessierte Leser finden am Ende jedes Kapitels Literaturhinweise, die einer Vertiefung der Themen dienen.

3         Persönlichkeitsentwicklung

 

 

3.1        Was bedeutet der Begriff »Persönlichkeitsentwicklung«?

Die menschliche Persönlichkeit ist ein umfassender Begriff dafür, was wir

arrow Entwicklung bei Kindern/Erwachsenen arrow

eigentlich sind. Ist bei Kindern die Entwicklung in vielen verschiedenen Bereichen leichter zu erfassen, weil sie im Kindes- und Jugendalter schneller verläuft und leichter zu erkennen ist, kann man Entwicklungen im Erwachsenenalter nicht mehr so leicht mitverfolgen. Daher wurde lange Zeit angenommen, dass die Entwicklung nach der Kindheit, Jugend und Pubertät abgeschlossen sei. Erwachsene wurden sozusagen als »fertige« Menschen angesehen.

Heutzutage weiß man, dass dem nicht so ist, sondern dass auch erwachsene Menschen sich entwickeln. Ein gutes Beispiel dafür, dass dies auch schon immer so war, ist die in Sagen und Märchen häufig auftretende Figur der alten, weisen Frau bzw. des Mannes. In all diesen Geschichten steht das hohe Alter für zunehmende Lebenserfahrung. Die alten Menschen werden oft von Jüngeren aufgesucht, um Ratschläge zu bekommen. In unserer Gesellschaft haben ältere Menschen häufig diesen Status eingebüßt. Äußere Entwicklungen gehen rasant voran, als Beispiel mögen die Fortschritte in der Computertechnologie dienen. Mit diesen Entwicklungen Schritt zu halten ist schon für Erwachsene manchmal schwierig, die mit diesen Medien wenig Kontakt haben. Umso schwieriger ist es für ältere Menschen mitzuhalten. Dadurch kommt es, dass ihre Lebenserfahrung den Jüngeren in vielen Bereichen als nicht mehr zeitgemäß erscheint und nicht mehr gefragt ist. Was den Umgang mit Menschen und die sozialen Erfahrungen betrifft, kann man allerdings nicht von überholten Erfahrungen sprechen. Ein höheres Lebensalter bedeutet häufig auch heute noch eine große soziale Kompetenz.

Die Persönlichkeit entwickelt sich in unterschiedlichen Bereichen, die

arrow Verschiedene Entwicklungsbereiche arrow

teilweise eng miteinander verknüpft sind. Geschwindigkeit und Form, in der sich Persönlichkeitsentwicklung vollzieht, ist in den einzelnen Feldern ganz unterschiedlich und von vielen äußeren (Umfeld, Lebensbedingungen) und inneren Faktoren (Wesenszüge, Gedanken, Emotionen) abhängig. Auch der Lebensweg (Biografie) spielt hierbei eine Rolle. Die folgenden Ausführungen sollen einen kleinen Überblick über verschiedene Entwicklungsfelder geben, denn erst, wenn man eine Vorstellung davon hat, was Persönlichkeitsentwicklung eigentlich ist und was sie bewirken kann, kann man aus diesen Erkenntnissen für sich selbst Nutzen ziehen. Oft ist es einem gar nicht bewusst, in wie vielen Bereichen Entwicklung stattfindet und welches Potenzial ihr innewohnt. Entwicklung, darunter stellt man sich vielleicht Lebenserfahrung oder ein Konglomerat verschiedener Wesensmerkmale vor. Um in diese Vorstellungen etwas Klarheit zu bringen, ist den meiner Meinung nach wichtigsten Entwicklungsbereichen nun jeweils ein kleiner Absatz gewidmet.

Körperliche Entwicklung

Dieser Bereich der Entwicklung ist sehr anschaulich, da körperliche Veränderungen direkt erkennbar sind. Kinder wachsen und verändern ihre Proportionen. Im Erwachsenenalter sind Veränderungen z. B. während Schwangerschaften, bei Gewichtsverlust oder -zunahme feststellbar. Auch körperliche Alterungsprozesse gehören in diesen Bereich.

Entwicklung der Grob- und Feinmotorik

Die Koordinationsfähigkeit der Bewegungen entwickelt sich im Kindes- und Jugendalter, gut nachvollziehbar durch Beobachtungen von außen. Aber auch im Erwachsenenalter werden Bewegungsabläufe vervollkommnet. Die technische Perfektion und Ausdrucksfähigkeit von Berufsmusikern mag hierfür ein gutes Beispiel sein. Auch im handwerklichen Bereich, beim Handarbeiten oder im Sport kann man diese Entwicklung im Erwachsenenalter nachvollziehen.

Geistige Entwicklung

arrow Reflex/Wiederholung arrow

Der Pädagoge Jean Piaget (Piaget 1999) hat sich durch die Erforschung der Entwicklung des Denkens im Kindes- und Jugendalter ausgezeichnet und damit wichtige Grundlagen für seine Nachfolger gelegt, die die weitere Ausbildung dieses Bereiches mit fortschreitendem Lebensalter erforschen. Zunächst übt ein Säugling einfache Reflexmuster. Er saugt und bekommt Milch, er greift nach etwas und freut sich, wenn er irgendetwas zu fassen kriegt, er strampelt und bewegt sich, bis er sich zufällig auf den Bauch dreht usw.

Dann erkennt das Kind die Folgen seines Handelns und erprobt diese durch häufige Wiederholungen. Es übt die Bewegungen, die zum Umdrehen geführt haben bewusst, bis es das Umdrehen kann. Ein Beispiel aus dem späteren Alter ist das Türmchenbauen mit Holzklötzen und das anschließende Umstoßen desselben.

Daraufhin wird dieses Wissen um die Folgen des Handelns bewusst eingesetzt, um die gewünschten Folgen oder Reaktionen hervorzurufen, z. B. wird ein Ball einer Person aktiv zugespielt, damit diese ihn zurückspielt. Oder es kommt zu Trotzanfällen, um die Eltern dazu zu bewegen, die Wünsche des Kindes zu befriedigen.

Auf der nächsten Ebene wird symbolisches Denken möglich. Ein Kind

arrow Symbolisches Denken arrow

kann sich an Dinge erinnern, die nicht mehr vorhanden sind, z. B. an ein Polizeiauto, das es vor einiger Zeit gesehen hat. Vorher waren nur die Dinge vorhanden, die das Kind direkt sehen konnte. Mit dieser Erfahrung lässt die Trennungsangst der Kinder nach, da sie wissen, dass die Eltern noch vorhanden sind, auch wenn sie diese gerade nicht sehen können.

Anschauliches Denken ist der nächste Entwicklungsschritt. Nun können

arrow Anschauliches Denken arrow

beobachtete Abläufe aus der Weltsicht eines Kindes erklärt werden. So machen sich Kinder häufig ihre eigenen Gedanken über das, was sie sehen. Ein Felsen befindet sich z. B. dort, wo er ist, weil er sich ausruhen möchte, oder die Sonne geht abends unter, weil sie müde ist. Auch Erwachsenen sind solche Erklärungsmuster bekannt.

Später werden Zahlenbegriffe, Zeit- und Raumkonzeptionen und

arrow Weitere Entwicklungsschritte arrow

Klassenbildungen (wie: Tauben sind Vögel, Vögel sind Tiere) möglich. Es wird erkannt, dass manche Sachverhalte umkehrbar sind und dass sich Handlungen in Gedanken zurückverfolgen lassen. Es wird gelernt, einfache, logische Vorgänge von Anfang bis zum Ende durchzuführen.

Erst danach ist das Denken so weit entwickelt, dass Hypothesen aufgestellt werden können. In Diskussionen oder beim Theaterspielen können verschiedene Standpunkte eingenommen werden, die nicht der eigenen Überzeugung entsprechen müssen.

Vernetztes, vielperspektivisches Denken bildet sich im Erwachsenenalter mehr oder weniger aus. Die Fähigkeit zur geistigen Weiterentwicklung tragen wir alle in uns.

Selbstverständnis

Babys haben noch keine Vorstellung von sich selbst. Alles, was wahrgenommen

arrow Babys/Kleinkinder arrow

wird, wird als Teil des eigenen Körpers angesehen. Dann erfahren sie, dass ihr Körper nicht mehr zu dem der Mutter gehört, sondern ein eigener ist.

Kleinkinder lernen, dass andere Menschen (zunächst wird diese Erfahrung in der Beziehung zu den Eltern gemacht) andere Gefühle und Bedürfnisse haben als sie selbst. Dabei stehen die eigenen Bedürfnisse zunächst im Mittelpunkt. In dieser Phase ist es noch nicht möglich, die verschiedenen Bedürfnisse verschiedener Menschen zu koordinieren.

Der nächste Schritt ist es, wahrzunehmen, dass andere Menschen auch andere Gedanken haben als sie selbst. So formt sich Schritt für Schritt die Vorstellung über das, was man eigentlich selbst ist. Das geschieht in Auseinandersetzung mit anderen Kindern und Bezugspersonen, wobei die eigenen Interessen im Mittelpunkt stehen.

Im Jugendalter besteht das Selbst aus vielen wechselseitigen Beziehungen

arrow Jugendliche arrow

zu Altersgenossen. Die anderen sind enorm wichtig, um sich selbst wahrzunehmen. Jugendliche existieren sozusagen durch die Nähe, Liebe und Anerkennung von anderen. Die Auseinandersetzung mit anderen ist in dieser Phase stark durch Gruppen- und Modeinteressen bestimmt.

Durch die zunehmende Fähigkeit über Beziehungen zu reflektieren werden eine Kontrolle und die Koordination verschiedener Beziehungen möglich – es entwickelt sich Eigenständigkeit. Erst wenn man seiner Selbst sicher ist, können grundsätzliche Anschauungen und Auffassungen gelebt werden, die einen zur Wahrnehmung und echter Akzeptanz anderer befähigen. In diesem Zusammenhang ist der Name Kegan (Kegan 1986, 2011) zu erwähnen, der diesen Bereich erforschte.

Erleben und Bewusstsein

Die Wahrnehmungen in diesem Bereich resultieren hauptsächlich daraus, inwieweit die Entwicklung des Selbst- und des Weltverständnisses ausgeprägt ist.

arrow Welt der Bilder und Symbole arrow

Kleine Kinder erleben ihre Umgebung häufig durch Bilder und Symbole. Die Welt ist voller Zauber und unerklärlicher Dinge. Daraus entsteht das Gefühl der Bedrohung, der Mystik und des Staunens.

arrow Lustbefriedigung arrow

In der weiteren Entwicklung wird die Welt als Instrument der eigenen Lustbefriedigung erlebt, was zu häufigen Auseinandersetzungen führt, da Kinder nur ihre eigenen Bedürfnisse sehen und befriedigen möchten.

arrow Anerkennung von Regeln/Zielorientiertes Handeln arrow

Später erweitert sich die Sichtweise. Regeln, Normen und Institutionen werden unhinterfragt anerkannt. So kommen z. B. Grundschulkinder der 1. oder 2. Klasse selten auf die Idee, die Schule schwänzen zu wollen. In dieser Phase werden vorhandene Rollenbilder (z. B. Mutter – Vater) übernommen. Normalerweise werden Regeln in der Schule oder im Sportverein anerkannt. All dies gibt den Kindern Sicherheit und kanalisiert ihre Angst vor Unberechenbarem. Die genannten Beispiele beziehen sich verallgemeinernd auf den Normalfall, liegen Verhaltens- oder Entwicklungsstörungen vor, verläuft diese Phase individuell anders.

Zielorientiertes, konkurrierendes Handeln folgt dieser Phase, bis die Fähigkeit erlangt wird, auf andere einzugehen und Toleranz zu zeigen. In dieser Periode kann auch Verletzlichkeit oder Orientierungslosigkeit Ausdruck des eigenen Erlebens sein, da Werte und Normen hinterfragt werden und keine Sicherheit mehr bieten.

arrow Selbstbewusstsein arrow

Erst später ist eine offene, wohlwollende Haltung gegenüber sich selbst und anderen möglich. In diesem Bereich sind die Namen Wilber (Wilber 2001, 2006), Damasio (Damasio 2002, 2013) und Fuhr (Fuhr & Gremmler-Fuhr 2000) zu nennen, durch deren Arbeit die Erforschung der menschlichen Bewusstseinsentwicklung Auftrieb erhielt.

Moralische Grundwerte und Verantwortungsgefühl

arrow Moralisches Handeln von eigenen Bedürfnissen bestimmt arrow

Der Soziologe Kohlberg (Kohlberg 1978, 2006) entwarf dieses Modell der Moralentwicklung. Zu Beginn der Entwicklungslinie steht der Kampf ums Überleben, wie er z. B. in Extremsituationen, im Kriegszustand oder in Katastrophenfällen heute noch zu finden ist. Auch Babys haben viele Reflexe, die ihnen in ihrer Hilflosigkeit das Überleben erleichtern.

Später bestimmen Lust und Unlust sowie Angst vor Bestrafungen oder die Aussicht auf Belohnungen das moralische Handeln. Diese Phase steigert sich zu einer Entwicklungsstufe, in der mit aller Macht versucht wird, die eigenen Interessen durchzusetzen. Hierbei existieren noch keine Schuldgefühle. Erst danach kommt es zur wechselseitigen Fairness, es werden Verträge geschlossen (z. B. »Wenn du mir etwas abgibst, gebe ich dir auch etwas ab!«).

Im weiteren Verlauf der Entwicklung tritt der Wunsch auf, der

arrow Orientierung an ethischen Prinzipien arrow

Vorstellung von einem »guten Kind« zu entsprechen. Das ist die Grundlage, auf der dann Regeln und Gesetze anerkannt werden. Wird diese Anschauung ausgeweitet, wird eine Orientierung am Staatssystem möglich. In diesem Sinne wird auch die demokratische Gesetzgebung anerkannt. Ist die Moralentwicklung weit fortgeschritten, wird eine Orientierung am eigenen Gewissen und an universalen ethischen Prinzipien möglich. Dann werden Menschenrechte und Demokratie anerkannt, ohne dass man per Gesetz dazu verpflichtet werden muss. Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft werden aus eigener Überzeugung gelebt, ohne dass unbedingt ein Glaubensgerüst dahinter stehen muss, dem man sich verpflichtet fühlt. Diese ethischen Prinzipien hat man verinnerlicht.

Weltbild und Glaube

Der Theologe Fowler (Fowler 2000) beschrieb diese Dimension der Entwicklung bezüglich des christlichen Glaubens.

Am Anfang dieser Entwicklung empfindet das Kind sich selbst und die

arrow Die Welt und das Kind sind eins arrow

Welt als eins. Daraufhin werden verschiedene Lebewesen und Objekte wahrgenommen, als hätten sie magische Kräfte. Auch unbelebten Gegenständen wird Leben zugesprochen. Diese Haltung zeigt sich häufig in den Äußerungen von Kindern, z. B. wenn die Sonne hinter Wolken verschwindet, sagen sie: »Die Sonne versteckt sich!«. Aberglauben ist ebenfalls ein Ausdruck eines solchen Weltbilds, denn man selbst verfügt auch über magische Kräfte. Der Ausspruch: »Wenn du nicht aufisst, gibt es morgen schlechtes Wetter!« dürfte allen Lesern bekannt sein und trifft diesen Sachverhalt gut.

Die nächste Entwicklungsstufe ist die Vorstellung von Gut und Böse. Es

arrow Gut und Böse arrow

wird geglaubt, dass das Gute belohnt und das Schlechte bestraft wird. Das führte zur Ausprägung von Ehre und Anständigkeit. Gottesvorstellungen lehnen sich an Gerichtsbarkeit und Gerechtigkeit an.

Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Entmystifizierung der kindlichen

arrow Entmystifizierung/Tolerante Glaubensauffassung arrow

Glaubensvorstellungen, häufig wird sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert. In dieser Entwicklungsphase kommt es z. B. zur Auseinandersetzung mit der Schöpfungsgeschichte, in der Adam und Eva als Vorfahren der Eltern beschrieben werden, und der Evolutionstheorie, die sagt, dass die Menschen von den Affen abstammten. Später entwickelt sich eine übergreifende, tolerante Glaubens- und Weltauffassung, die ökumenisch und dialogorientiert ist.

Bedürfnisse

arrow Grundbedürfnisse arrow

Menschliche Bedürfnisse verändern sich im Laufe des Lebens. Zu Beginn stehen die Grundbedürfnisse nach Nahrung und Wärme sowie das Bedürfnis nach physiologischem Überleben im Zentrum. Weiterhin können das Streben nach Vitalität, nach Sexualität, nach emotionalem Austausch und nach Kommunikation als Grundbedürfnisse bezeichnet werden. Physiologisches Wohlbefinden wird durch Schutz und Geborgenheit, Autonomie, Macht und Initiative gestillt. Der Psychologe Abraham Maslow (Maslow 1981, 2010) sprach hierbei von Mangelbedürfnissen.

arrow Wachstumsbedürfnisse arrow

Sind die Grundbedürfnisse befriedigt, treten Wachstumsbedürfnisse auf. Damit sind Sicherheitsstreben, Leistungsstreben, Identitätsfindung und das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung gemeint. Auch der Drang, Mitgefühl und Liebe zu geben und zu erfahren, ist ein Wachstumsbedürfnis. Erst im Bereich der Wachstumsbedürfnisse wird der Ausbau der Persönlichkeit möglich. Daraus folgt, dass auch äußere Umstände sich auf die Persönlichkeitsentwicklung auswirken können. In Gebieten, wo Hungersnöte herrschen oder andere Grundbedürfnisse nicht befriedigt werden (z. B. das Sicherheitsbedürfnis in Kriegsgebieten), treten Wachstumsbedürfnisse vorübergehend oder andauernd in den Hintergrund.

Kommunikation und Qualität sozialer Beziehungen

arrow Nonverbale/ritualisierte Kommunikation arrow

Im Neugeborenenalter verläuft die Kommunikation nonverbal, durch Mimik, Gesten und Stimme. Die Bindungen sind meist durch Elternschaft gegeben. Sind keine Eltern vorhanden, werden auch Ersatzpersonen akzeptiert, die das Überleben sichern.

Im weiteren Verlauf nehmen Rituale in der Kommunikation eine große Bedeutung ein, so z. B. das Ins-Bett-Bringen der Kinder. Auch in Stammesorganisationen haben Rituale für die Kommunikation eine große Bedeutung. Strikte Rollenaufteilungen bestimmen die Gemeinschaft. Gefühle der Zugehörigkeit herrschen vor.

arrow Machtbeziehungen arrow

Diese Phase mündet in eine Stufe, auf der Machtbeziehungen Vorrang haben. Es wird sich an einer festen »Hackordnung« orientiert, wobei Pakte zwischen Mächtigen und Untergebenen geschlossen werden. Jeder ist vorrangig auf sich selbst konzentriert und möchte seine Interessen durchsetzen. Auch die Kommunikation ist durch häufige Auseinandersetzungen geprägt.

arrow Gruppenbildung arrow

Durch das sich Hineinversetzen in andere werden Zusammenhalte in Gruppen möglich. Soziale Hierarchien sind für das Funktionieren ausschlaggebend, wie z. B. die Anerkennung der Autorität einer Lehrkraft aufgrund ihrer Funktion. Loyalität hat in Beziehungen nun eine große Bedeutung. In der Kommunikation findet man häufig eine Orientierung an Konventionen, wie Höflichkeitsformeln usw.

In der weiteren Entwicklung lässt die Wichtigkeit der Gruppenbildung

arrow Nützlichkeitsbeziehungen arrow

nach, es stehen Nützlichkeitsbeziehungen im Vordergrund. Erfolg ist ausschlaggebend für die Stellung in der gesellschaftlichen Hierarchie. In der Kommunikation gibt es aufgrund dessen ein Konkurrenzdenken, das sich in sachbezogenen Debatten, Streitgesprächen und Diskussionen zeigt.

Auf der nächsten Stufe orientiert man sich erneut an einer Gemeinschaft,

arrow Dialogorientierte Kommunikation arrow

was häufig in ideologischen Bewegungen ausgelebt wird. Es entsteht ein Gemeinschaftsgeist, der auch ökologische Aspekte umfasst. Die Kommunikationsform dieser Phase ist der Dialog, der eher konsensorientiert verläuft.

arrow Images arrow

Impuls: Es gibt natürlich noch viel mehr Entwicklungslinien, die zu verfolgen zwar interessant, aber in diesem Rahmen zu weit führen würde. An dieser Stelle ist der Leser aufgefordert, sich beispielsweise über die Entwicklung des Rollenverständnisses und der Geschlechtsidentifikation, der Sexualität, der Kreativität oder der Ästhetik Gedanken zu machen.

Die geschilderten Entwicklungsschritte stellen nur eine grobe Orientierung

arrow Individueller Entwicklungsablauf arrow

dar. Entwicklung verläuft immer individuell, sodass nicht jede Stufe oder Phase für jeden Menschen die gleiche Ausprägung oder Bedeutung hat. Unsere Persönlichkeit setzt sich aus all den genannten und nicht genannten Entwicklungsdimensionen zusammen.

3.2        Erkennungskriterien für Persönlichkeitsentwicklung

Heutzutage hat man teilweise bereits das Potenzial erkannt, das in dem

arrow Persönlichkeitsentwicklung bei Erwachsenen arrow

Wissen um Persönlichkeitsentwicklung steckt. Das Schlagwort »lebenslanges Lernen« und der Anspruch, mit seinen Fähigkeiten am Arbeitsplatz immer auf dem neuesten Stand zu sein, zeugen davon.

Andere Menschen, alte Freunde, die man lange nicht gesehen hat, mögen vielleicht sagen: »Mensch, du hast dich ja zum Positiven verändert!« oder »Du hast dich ja zu deinem Vorteil entwickelt!«, aber was ist damit eigentlich gemeint? Woran machen diese Menschen ihre Beobachtungen fest?

Meistens verläuft die Entwicklung im Erwachsenenalter nicht so schnell und sichtbar, wie es im Kindes- und Jugendalter der Fall ist. Sie verläuft eher schleichend und verdeckt, als dass man die Dinge so einfach benennen könnte, die sich verändert haben. Und doch lassen sich, wenn man genau hinschaut, viele Kriterien finden, an denen man Persönlichkeitsentwicklung für sich selbst erkennen kann.

arrow Wissenszuwachs arrow

Als erstes Kriterium ist der Wissenszuwachs zu nennen. Durch erweitertes Fachwissen beispielsweise kann sich unser Handeln ändern. Wenn ich über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse z. B. der Dekubitusprophylaxe Bescheid weiß, ändere ich meine vorbeugenden pflegerischen Handlungen. Aber nicht nur im rein fachlichen Bereich ändern sich die Handlungsmuster durch Wissenszuwachs, sondern auch im privaten Leben. Menschliche Handlungen sind allgemein Ausdruck unserer Persönlichkeit, daher dient ein erweitertes Wissen der Persönlichkeitsentwicklung. Mit zunehmendem Wissen ändert sich auch dessen Struktur, denn es werden immer speziellere Details gespeichert und miteinander im Gehirn vernetzt, sodass auch die Denkstrukturen insgesamt vernetzter werden und die gesamte Denkweise komplexer wird.

arrow Selbstbewusstsein im Auftreten arrow

Ein weiteres Kriterium, an dem wir unsere eigene Entwicklung erkennen können, ist unser Auftreten. Vielleicht werden wir im Laufe unseres Lebens selbstsicherer, gelassener, unabhängiger von anderen Meinungen, ruhiger usw. Wenn Sie versuchen, sich zu erinnern, wie Ihr Auftreten früher war und es mit Ihrem heutigen Auftreten vergleichen, werden Sie gewiss Unterschiede feststellen können.

arrow Änderung von Grundeinstellungen arrow

Die Veränderung von Meinungen, Einstellungen und Haltungen bis hin zu Veränderungen des Weltbilds sind ebenfalls ein Kriterium zur Erkennung von Persönlichkeitsentwicklung. Aufgrund zunehmender Lebenserfahrung werden Situationen, Geschehnisse und Begebenheiten unterschiedlich eingeschätzt. Das kann sich in der veränderten Haltung zu politischen Parteien ebenso ausdrücken wie im familiären Bereich, als Beispiele seien hier die Kindererziehung oder die Einstellung zur Pflege bedürftiger Familienangehöriger genannt. Vielleicht werden Einstellungen insgesamt offener, da die Fähigkeit, Dinge aus einer gewissen Distanz heraus zu betrachten, steigt.

arrow Neuorientierung bei den Interessen arrow