Shakespeare forever
In ihrer berühmten und erfolgreichen Sammlung erzählen die Geschwister Lamb die zwanzig bekanntesten Shakespeare-Stücke in Form einfühlsamer Geschichten nach. Unter Weglassung verzweigter Nebenhandlungen konzentrieren sie sich auf das wesentliche Geschehen um die Hauptgestalten, die sie durch ihr Handeln, ihre Beweggründe und Empfindungen charakterisieren. Das komplexe Geschehen wird verständlich umrissen und die jeweils besondere Atmosphäre vermittelt. In der deutschen Version folgen die Dialoge weitgehend der Schlegel-Tieck’schen Übersetzung. Weit mehr als einfache Inhaltsangaben sind diese Nacherzählungen eigenständige Geschichten, die einerseits raschen Überblick gewähren, andererseits Spannung und Lesegenuss bereiten.
Ein vorzügliches Geschenk für Schüler, Studenten, das junge Kinopublikum der letzten Shakespeare-Verfilmungen und alle, die raschen Überblick suchen. Auch zum Vorlesen für Kinder bestens geeignet.
»Nun endlich auch bei uns: die Dramen in Kurzform.« Schweriner Volkszeitung
Shakespeare
für Eilige
Die zwanzig besten Stücke
als Geschichten
Herausgegeben
von Günther Klotz
Inhalt
Informationen zum Buch
Komödien
Die beiden Veroneser
Der Widerspenstigen Zähmung
Die Komödie der Irrungen
Ein Sommernachtstraum
Der Kaufmann von Venedig
Viel Lärmen um nichts
Wie es euch gefällt
Was ihr wollt
Maß für Maß
Ende gut, alles gut
Perikles, Fürst von Tyrus
Das Wintermärchen
Cymbeline
Der Sturm
Tragödien
Romeo und Julia
Hamlet, Prinz von Dänemark
Othello
König Lear
Macbeth
Timon von Athen
Anhang
Anmerkungen
Nachwort
Über Mary und Charles Lamb
Impressum
Wem dieses Buch gefallen hat, der liest auch gerne …
Es lebten einmal in der Stadt Verona zwei junge Männer von Adel namens Valentin und Proteus, zwischen welchen lange Zeit eine feste, nie unterbrochene Freundschaft bestanden hatte. Sie besuchten fleißig miteinander die Hörsäle und verbrachten ihre Mußestunden meistens einer in des anderen Gesellschaft, ausgenommen wenn Proteus ein junges Mädchen besuchte, das er liebte; und diese Besuche bei seiner Angebeteten und diese Leidenschaft des Proteus für die schöne Julia waren die einzigen Gegenstände, über welche die Freunde nicht übereinstimmten. Denn Valentin, der selbst nicht liebte, fühlte sich mitunter ein bißchen gelangweilt, wenn er seinen Freund immer und ewig von seiner Julia reden hörte, und dann pflegte er wohl über Proteus zu lachen und in scherzenden Ausdrücken über die Leidenschaft der Liebe zu spotten und zu erklären, daß niemals solche müßige Träumereien bei ihm Eingang finden würden; denn er ziehe das freie, glückliche Leben, das er führe, bei weitem den ängstlichen Hoffnungen und Befürchtungen des verliebten Proteus vor.
Eines Morgens kam Valentin zu Proteus, um ihm mitzuteilen, daß sie eine Zeitlang sich trennen müßten, denn er sei im Begriff, nach Mailand zu reisen. Proteus, der gar nicht geneigt war, seinen Freund scheiden zu lassen, brachte viele Gründe vor, um Valentin zu bestimmen, daß er ihn nicht verlassen möchte. Aber Valentin sagte: »Höre auf, mir zuzureden, teurer Proteus. Ich will nicht wie ein Müßiggänger meine Jugend in Trägheit zu Hause hinbringen. Jungen, die stets zu Hause hocken, behalten für immer einen hausbackenen Witz. Wäre deine Neigung nicht gefesselt an die süßen Blicke deiner holdseligen Julia, so würde ich dich bitten, mich zu begleiten, um die Wunder fremder Länder zu beschauen; aber da du verliebt bist, so liebe nur immer weiter, und möge deine Liebe gesegnet sein.«
Sie schieden voneinander mit gegenseitigen Versicherungen unwandelbarer Freundschaft. »Liebster Valentin, lebe wohl!« sagte Proteus; »denke an mich, wenn du irgendein seltenes Ding erblickst, das schön und der Beachtung wert ist auf deinen Reisen, und wünsche mich zu dir, dein Glück zu teilen.«
Valentin trat noch an demselben Tage seine Reise nach Mailand an; und Proteus setzte sich, als sein Freund ihn verlassen hatte, nieder, um einen Brief an Julia zu schreiben; er gab ihn ihrer Dienerin Lucetta zur Besorgung an ihre Herrin.
Julia liebte Proteus ebenso zärtlich wie er sie. Aber sie war eine stolze Jungfrau und glaubte, daß es ihrer weiblichen Würde nicht wohl anstünde, sich zu leicht gewinnen zu lassen. Deshalb tat sie, als bemerkte sie seine Leidenschaft nicht, und sie verursachte ihm im Verlauf seiner Bewerbung viel Aufregung und Unruhe.
Und als Lucetta Julia den Brief überreichte, wollte sie ihn nicht annehmen und schalt ihr Mädchen, daß sie sich Briefe von Proteus geben lasse, und befahl ihr, das Zimmer zu verlassen. Aber heimlich wünschte sie so sehr, den Inhalt des Schreibens zu erfahren, daß sie bald das Mädchen wieder hereinrief, und als Lucetta zurückkam, sagte sie: »Wieviel Uhr ist es?« Lucetta, die wohl merkte, daß ihre Herrin mehr den Brief zu sehen wünschte, als die Tageszeit zu erfahren, antwortete nicht auf ihre Frage, sondern überreichte wieder den zurückgewiesenen Brief. Julia, voll Ärger, daß ihr Mädchen sich die Freiheit nahm, sich den Anschein zu geben, als kenne sie ihren wirklichen Wunsch, zerriß den Brief in Stücke, warf sie auf den Fußboden und wies ihre Dienerin noch einmal hinaus. Als Lucetta im Begriff war, sich zurückzuziehen, hielt sie ihren Schritt an, um die Stücke des zerrissenen Briefes aufzulesen; aber Julia, die sich nicht so von ihnen zu trennen gedachte, sagte, sich ärgerlich stellend: »Geh, mach dich fort! Laß die Papiere liegen. Du hättest sie gern in Händen, mich zu ärgern.«
Julia fing nun an, die zerrissenen Stücke, so gut sich’s machen ließ, zusammenzusuchen. Sie brachte zuerst diese Worte heraus: »Der liebeswunde Proteus«; und sie jammerte laut über diese wie ähnliche Liebesworte, die sie herausbrachte, obgleich sie alle in Fetzen zerrissen waren oder, wie sie sagte, verwundet (durch den Ausdruck »der liebeswunde Proteus« war ihr dieser Gedanke gekommen), und sie sprach zu den Papierstückchen gütige Worte: sie wolle sie an ihrem Busen wie in einem Bette herbergen, bis ihre Wunden alle geheilt wären, und sie wolle jedes einzelne Stückchen küssen, wie um Ersatz zu leisten für ihr Unrecht.
In dieser Weise plauderte sie noch einige Zeit mit sich selbst in anmutigem Spiel, halb Kind, halb Jungfrau, bis sie die Unmöglichkeit erkannte, das Ganze zu entziffern; und zürnend über ihre Lieblosigkeit, solche süßen Liebesworte, wie sie sie nannte, zerstört zu haben, schrieb sie einen Brief an Proteus, der viel freundlicher war, als sie jemals einen geschrieben hatte.
Proteus war entzückt beim Empfang einer so günstigen Antwort auf seinen Brief; und während des Lesens rief er aus: »O süße Liebe, o süße Zeilen, süßes Leben!« Mitten in seiner Begeisterung wurde er unterbrochen durch seinen Vater. »Ei! ei!« sagte der alte Mann, »was für ein Brief ist’s, den du liest?«
»Vater«, erwiderte Proteus, »es ist ein Brief von meinem Freund Valentin in Mailand.«
»Gib mir den Brief; laß sehen, was er enthält«, sagte sein Vater.
»Durchaus nichts Neues«, erwiderte Proteus in großer Bestürzung; »er schreibt mir nur, wie sehr der Herzog von Mailand ihn liebt, der ihn täglich mit Gnadenbeweisen überhäuft, und wie sehr er mich dorthin wünscht, um an seinem Glück teilzunehmen.«
»Und wie stehst du zu diesem Wunsche?« fragte der Vater.
»Nur Eurem Willen bin ich untertan«, erwiderte Proteus, »und nicht darf mir des Freundes Wunsch gebieten.«
Nun traf es sich, daß Proteus’ Vater über diesen Gegenstand mit einem Freunde gerade gesprochen hatte; der Freund hatte gesagt, er wundere sich, daß er es ruhig mit ansehe, wie sein Sohn seine Jugend daheim zubringe, während die meisten ihre Söhne hinaussandten, um auswärts ihr Glück zu machen. »Einige«, sagte er, »schicken sie in den Krieg, um dort ihr Glück zu versuchen, andere zur Entdeckung weit entlegener Inseln, noch andere zum Aufenthalt auf fremden Hochschulen. Da ist zum Beispiel sein Freund Valentin, der ist an den Hof des Herzogs von Mailand gegangen. Euer Sohn ist wohl geeignet für einen dieser Lebenswege, und in seinem reiferen Alter wird es ein großer Nachteil für ihn sein, in seiner Jugend nicht die Welt gesehen zu haben.«
Proteus’ Vater hielt den Rat seines Freundes für sehr richtig, und da Proteus ihm erzählt hatte, daß Valentin seine Gegenwart wünsche, damit er an seinem Glück teilnehmen könne, so beschloß er sofort, seinen Sohn nach Mailand zu schicken; und ohne demselben einen Grund für seinen plötzlichen Entschluß anzugeben, da es die Gewohnheit dieses höchst entschiedenen alten Mannes war, seinem Sohn zu befehlen, nicht mit ihm zu verhandeln, sprach er: »Mein Wille stimmt mit Valentins Wunsch überein«; und da er sah, wie sein Sohn erstaunt dreinblickte, fügte er hinzu: »Sei nicht verwundert, daß ich so plötzlich beschließe, daß du einige Zeit am Hofe des Herzogs von Mailand zubringen sollst. Denn was ich will, das will ich; damit gut! Auf morgen halte dich fertig abzureisen. Kein Einwand gilt; du weißt, ich fackle nicht.«
Proteus wußte, daß es nutzlos war, Einwendungen gegen seinen Vater zu erheben, der nie duldete, daß er über seinen Willen mit ihm rechtete; und er machte sich Vorwürfe, seinem Vater über Julias Brief die Unwahrheit gesagt zu haben: Diese Lüge hatte ihn in die leidige Notwendigkeit versetzt, sie zu verlassen.
Jetzt, da Julia sah, sie müßte Proteus auf lange Zeit verlieren, heuchelte sie nicht länger Gleichgültigkeit; und sie sagten einander ein trauriges Lebewohl unter vielen Schwüren treuer und beständiger Liebe. Sie wechselten sogar Ringe, welche sie beide versprachen ewig zu bewahren zur Erinnerung aneinander; und so trat Proteus nach schmerzlichem Abschied seine Reise nach Mailand an, dem Aufenthaltsort seines Freundes Valentin.
Valentin stand wirklich, wie Proteus es seinem Vater vorgeschwindelt hatte, in hoher Gunst beim Herzog von Mailand; und noch etwas anderes war ihm begegnet, wovon Proteus sich nicht einmal träumen ließ; denn Valentin hatte seine Freiheit, mit der er früher soviel zu prahlen gepflegt hatte, geopfert und war ebenso leidenschaftlich verliebt wie Proteus.
Diejenige, welche diese wunderbare Wandlung in Valentin bewirkt hatte, war Fräulein Silvia, Tochter des Herzogs von Mailand, und sie liebte ihn nicht minder; aber sie verheimlichten ihre Liebe vor dem Herzog, weil er sich zwar sehr gnädig gegen Valentin zeigte und ihn täglich in seinen Palast lud, aber doch seine Tochter für einen jungen Freier zur Gemahlin bestimmt hatte, der Thurio hieß. Silvia jedoch verschmähte diesen Thurio, denn er besaß durchaus nicht das feine Gefühl und die vortrefflichen Eigenschaften Valentins.
Diese beiden Nebenbuhler, Thurio und Valentin, waren eines Tages gerade bei Silvia zum Besuch, und Valentin unterhielt Silvia damit, daß er jedes Wort Thurios ins Lächerliche zog: da trat der Herzog selbst ins Zimmer und teilte Valentin die willkommene Nachricht von der Ankunft seines Freundes Proteus mit. Valentin sagte: »Hätte ich etwas noch zu wünschen gehabt, so wäre es das, ihn hier zu sehen.« Und dann pries er seinen Freund höchlich dem Herzog und sagte: »Gnädiger Herr, ich bin freilich ein träger Müßiggänger gewesen, doch mein Freund hat seine Tage und Stunden zu schönem Vorteil genutzt. Er ist vollkommen an Gestalt und Geist, an jeder Zierde reich, die Edle ziert.«
»Nun, so bewillkommnet ihn, wie er’s verdient«, sagte der Herzog; »Silvia, ich spreche zu dir und zu Euch, lieber Thurio; was Valentin betrifft, so habe ich nicht nötig, ihn dazu aufzufordern.« Hier wurden sie unterbrochen durch Proteus’ Eintritt, und Valentin stellte ihn Silvia vor mit den Worten: »Mein holdes Fräulein, nehmt ihn gütig auf, daß er gleich mir sich Eurem Dienste weihe.«
Als der Besuch beendet war und Valentin und Proteus sich allein miteinander befanden, sagte Valentin: »Nun sprich, wie ging es allen, da du schiedest? Wie steht’s um deine Dame und deine Liebe?« Proteus erwiderte: »Liebesgespräche waren dir zur Last. Ich weiß, du hörst nicht gern von Liebessachen.«
»Ja, Proteus«, erwiderte Valentin, »dies Leben ist nun völlig umgewandelt. Gebüßt habe ich, weil ich verschmäht die Liebe. Denn um der Liebe Hohn an mir zu rächen, nahm sie den Schlaf den Augen ihres Knechtes. O Teurer, Liebe ist eine mächtige Herrin; sie hat mich so gebeugt, daß ich bekenne, es gibt kein Weh, das ihrer Strafe gliche, doch auch nicht größere Lust, als ihr zu dienen. Jetzt mag ich kein Gespräch als nur von Liebe. Jetzt ist mir Frühstück, Mittags-, Abendmahl, Schlummer und Schlaf das bloße Wort der Liebe.«
Dies Bekenntnis von der Veränderung, welche die Liebe bewirkt hatte in Valentins Stimmung, bereitete seinem Freunde Proteus große Genugtuung. Aber »Freund« dürfen wir Proteus nicht länger nennen, denn dieselbe allmächtige Liebe, über die sie eben sprachen, schuf sogar während ihrer Unterhaltung über die in Valentin hervorgebrachte Veränderung in Proteus’ Herzen ihre Wunder. Er, der bisher ein Vorbild treuer Liebe wie vollkommener Freundschaft gewesen war, hatte sich jetzt in dem kurzen Zusammensein mit Silvia in einen falschen Freund und treulosen Liebhaber verwandelt; denn beim ersten Anblick Silvias war alle seine Liebe für Julia verschwunden gleich einem Traum, und nicht hatte seine lange Freundschaft für Valentin ihn zurückgeschreckt von dem Versuch, ihn aus ihrer Zuneigung listig zu verdrängen. Er hatte zwar, wie es gewöhnlich der Fall ist, wenn Menschen, die von Natur gut sind, anfangen zu sündigen, manche Gewissensbedenken, bevor er beschloß, Julia zu verlassen und Valentins Nebenbuhler zu werden; aber letztendlich wurde er Herr über sein Pflichtgefühl und überließ sich fast ohne Gewissensbisse seiner neuen unglücklichen Leidenschaft.
Im Vertrauen teilte Valentin ihm die ganze Geschichte seiner Liebe mit, und wie ängstlich sie dieselbe vor dem Herzog, ihrem Vater, verborgen hätten; auch erzählte er ihm, daß er, an der Möglichkeit seine Zustimmung zu erlangen verzweifelnd, Silvia überredet habe, in der nächsten Nacht ihres Vaters Palast zu verlassen und mit ihm nach Mantua zu gehen. Sodann zeigte er Proteus eine Strickleiter, mittels deren er nach eingetretener Dunkelheit Silvia aus einem der Fenster des Palastes zu entführen gedachte.
Als Proteus diesen vertrauensvollen Bericht von den heiligsten Geheimnissen seines Freundes vernommen hatte, beschloß er – es ist kaum zu glauben, aber doch war es so –, zum Herzog zu gehen und ihm das Ganze zu offenbaren.
Der falsche Freund begann seinen Bericht an den Herzog mit manchen geschickten Redensarten; so zum Beispiel, daß er durch die Gesetze der Freundschaft eigentlich verpflichtet wäre zu verheimlichen, was er jetzt zu enthüllen im Begriff sei, aber die gnadenvolle Gunst, die der Herzog ihm erwiesen habe, und die Pflicht, die ihm auferlegt sei durch diese Gnade, sei für ihn Sporn und Antrieb, das auszusprechen, was sonst kein Gut der Welt ihm je entrisse. Dann erzählte er alles, was er von Valentin gehört hatte, wobei er nicht die Strickleiter unerwähnt ließ und die Art, wie Valentin sie unter einem langen Mantel zu verbergen gedächte.
Der Herzog hielt Proteus für ein wahres Wunder von Rechtschaffenheit, insofern er lieber seines Freundes Plan verraten als ein Unrecht verheimlichen wollte; er pries ihn sehr und versprach ihm, Valentin nicht zu sagen, von wem ihm dieses zu Ohren gekommen war, sondern durch eine List Valentin dahin zu bringen, daß er selbst das Geheimnis verriete. Zu diesem Zweck wartete der Herzog die Ankunft Valentins am Abend ab; er sah ihn bald nach dem Palast hineilen, und er bemerkte zugleich etwas, das in seinen Mantel verhüllt war; er vermutete sofort, daß dies die Strickleiter wäre.
Der Herzog hielt ihn an mit den Worten. »Freund Valentin, wohin in solcher Eile?« – »Mit Eurer Gnaden Gunst«, erwiderte Valentin, »ein Bote wartet, um meinen Freunden Briefe mitzunehmen, und eben wollte ich sie ihm übergeben.« Nun hatte diese Lüge Valentins keinen besseren Erfolg als die Unwahrheit, die früher Proteus seinem Vater vorgespiegelt hatte.
»Sind diese Briefe von großer Wichtigkeit?« fragte der Herzog.
»Sie enthalten nichts weiter, gnädiger Herr«, erwiderte Valentin, »als daß sie meinem Vater mitteilen, daß ich mich an Eurer Gnaden Hof wohl und glücklich fühle.«
»Nun, dann hat die Sache nicht Eile«, sagte der Herzog; »warte noch einen Augenblick bei mir. Ich wünsche deinen Rat in einer Angelegenheit, die mich nah angeht.« Er erzählte dann Valentin eine gut erfundene Geschichte; sie sollte die Einleitung sein, um ihm sein Geheimnis zu entreißen. Valentin wisse, daß er seine Tochter mit Thurio zu vermählen wünsche, aber sie sei widerspenstig und seinen Befehlen ungehorsam. »Sie nimmt weder Rücksicht darauf«, sprach er, »daß sie mein Kind ist, noch scheut sie mich als ihren Vater. Und dieser Hochmut, sage ich dir vertraulich, hat ihr das Vaterherz schon lange entfremdet. Ich hoffte sonst, die letzten Lebensjahre gepflegt von Kindesliebe hinzubringen. Doch jetzt ist mein Entschluß, ein Weib zu nehmen, sie aber dem zu lassen, der sie will. Möge ihre Schönheit ihre Mitgift sein, denn mich und meine Güter schätzt sie nicht.«
Valentin wunderte sich, wo dies alles hinauswollte, und gab zur Antwort: »Was will Euer Gnaden, daß ich hierin tue?«
»Nun«, sagte der Herzog, »die Dame, die ich zu heiraten wünsche, ist wählerisch und spröde und achtet wenig meines Greisenalters Beredsamkeit. Zudem hat sich die Art der Werbung seit meiner Jugend allzusehr verändert; drum wollte ich dich zu meinem Führer wählen, mich anzuweisen, wie ich freien soll.«
Valentin gab ihm im allgemeinen eine Vorstellung von den verschiedenen Arten der Werbung, die damals von jungen Leuten angewandt wurden, wenn sie einer schönen Dame Liebe zu gewinnen wünschten, zum Beispiel Geschenken, häufigen Besuchen und ähnlichem.
Der Herzog erwiderte darauf, daß die Dame jedes Geschenk, welches er ihr sandte, zurückgewiesen habe und daß sie von ihrem Vater so streng gehalten würde, daß niemand bei Tage Zutritt zu ihr erlangte.
»Ei!« sagte Valentin, »dann müßt Ihr sie bei Nacht besuchen.«
»Aber bei Nacht«, sagte der schlaue Herzog, der nun auf das eigentliche Ziel der Unterredung hinsteuerte, »sind ihre Türen fest verschlossen.«
Valentin schlug nun unglücklicherweise vor, daß der Herzog bei Nacht in das Zimmer der Dame mittels einer Strickleiter einsteigen möge; er wolle ihm eine zu diesem Zweck geeignete verschaffen. Und schließlich riet er ihm, diese Strickleiter unter einem Mantel, wie er ihn jetzt trüge, zu verbergen.
»Leih mir deinen Mantel«, sagte der Herzog, der diese lange Geschichte nur ersonnen hatte, um einen Vorwand zu haben, ihm den Mantel abzunehmen. Und kaum hatte er diese Worte gesagt, als er auch schon Valentins Mantel faßte; und indem er diesen zurückschlug, entdeckte er nicht bloß die Strickleiter, sondern auch einen Brief an Silvia, den er sofort erbrach, um ihn zu lesen. Und dieser Brief enthielt einen klaren Bericht über die geplante Flucht. Der Herzog machte Valentin schwere Vorwürfe, daß er sich undankbar erwiesen habe, indem er so die ihm gewährte Gunst vergelte durch das Bestreben, seine Tochter zu entführen; schließlich verbannte er ihn auf ewig vom Hof und aus der Stadt Mailand; und Valentin wurde gezwungen, noch in derselben Nacht abzureisen, ohne auch nur Silvia wiedergesehen zu haben.
Während Proteus in Mailand sich so damit beschäftigte, Verrat an Valentin zu üben, verzehrte sich in Verona die arme Julia in Kummer über Proteus’ Abwesenheit; und ihre Liebe zu ihm überwältigte zuletzt so sehr ihr Schicklichkeitsgefühl, daß sie beschloß, Verona zu verlassen und ihren Geliebten in Mailand aufzusuchen. Und um sich auf dem Wege vor Gefahr zu sichern, legten sie und ihre Zofe Lucetta Mannestracht an, und in dieser Verkleidung reisten sie ab und kamen in Mailand an, bald nachdem Valentin infolge von Proteus’ Verräterei aus der Stadt verbannt war.
Julia betrat Mailand um die Mittagszeit, und sie nahm ihre Wohnung in einem Wirtshaus; und da ihre Gedanken sich alle mit ihrem teuren Proteus beschäftigten, so ließ sie sich in ein Gespräch mit dem Wirt ein, in der Hoffnung, dadurch einige Nachrichten über Proteus zu erhalten.
Dem Wirt gefiel es sehr, daß dieser hübsche junge Mann (denn dafür hielt er sie ja), der, nach seiner äußeren Erscheinung zu schließen, von hohem Stande sein mußte, so freundlich mit ihm sprach; und da er eine gute Seele war, so tat es ihm weh, daß der Fremde so überaus traurig aussah. Und um seinem jungen Gast ein Vergnügen zu bereiten, schlug er ihm vor, er möge mitkommen, um eine herrliche Musik zu hören, die ein vornehmer Herr diesen Abend seiner Geliebten darbringen würde.
Der Grund, warum Julia so gar traurig aussah, war der, daß sie nicht recht wußte, was Proteus denken würde von dem unvorsichtigen Schritt, den sie getan hatte. Denn sie wußte, daß er sie liebte wegen ihres edlen jungfräulichen Stolzes und ihres Seelenadels, und sie fürchtete, sie möchte sich nun in seiner Achtung herabsetzen. Das war es, was ihre Züge so schwermütig und gedankenvoll machte.
Mit Freuden nahm sie das Anerbieten des Wirtes an, mit ihm zu gehen und die Musik zu hören; denn heimlich hoffte sie, sie könnte Proteus unterwegs begegnen.
Aber als sie an den Palast kam, wohin der Wirt sie führte, wurde ihr ganz anders zumute, als wie der freundliche Wirt es gedacht hatte, denn dort erblickte sie zu ihres Herzens Kummer ihren Geliebten, den unbeständigen Proteus, wie er seiner angebeteten Silvia eine Abendmusik brachte und Worte der Liebe und der Bewunderung an sie richtete. Und Julia mußte es mit anhören, wie Silvia von einem Fenster aus mit Proteus sprach und ihm Vorwürfe machte, daß er seine eigene treue Braut vergesse und daß er gegen seinen Freund Valentin so undankbar sei; und dann verließ Silvia das Fenster, weil sie nicht Lust hatte, seiner Musik und seinen schönen Redensarten zu lauschen. Denn sie war ihrem verbannten Valentin treu und verabscheute das unedle Benehmen seines falschen Freundes Proteus.
Obgleich Julia in Verzweiflung war über dasjenige, wovon sie soeben Zeugin gewesen, so liebte sie doch noch immer den unbeständigen Proteus; und da sie hörte, daß er sich kürzlich von einem Diener getrennt habe, so ersann sie unter dem Beistand ihres freundlichen Wirtes den Plan, sich bei Proteus als Edelknaben zu verdingen. Und Proteus ahnte nicht, daß sie Julia wäre, und schickte sie mit Briefen und Geschenken an ihre Nebenbuhlerin Silvia, und er sandte sogar durch sie eben den Ring, den sie ihm als Abschiedsgeschenk in Verona gegeben hatte.
Als sie zu Silvia mit dem Ring kam, war sie sehr froh zu sehen, daß diese die Werbung des Proteus gänzlich verschmähte; und Julia oder der Edelknabe Sebastian, wie sie genannt wurde, kam mit Silvia in ein Gespräch über Proteus’ erste Liebe, die verlassene Julia. Sie ließ (wie man zu sagen pflegt) ein gutes Wort für sich mit einfließen und sagte, daß sie Julia kenne (wie sie wohl durfte, da sie ja selbst die besprochene Julia war); sie erzählte, wie zärtlich Julia ihren Herrn und Gebieter liebe und wie sehr seine Vernachlässigung und Unfreundlichkeit sie grämen würde, und in allerliebstem Doppelsinn fuhr sie fort: »Julia ist ungefähr von meinem Wuchs und meiner Gesichtsfarbe, sie hat dieselben Augen und dasselbe Haar wie ich«, und in der Tat sah Julia wie ein sehr hübscher Jüngling in ihrem Knabenanzug aus. Silvia fühlte Mitleid mit dem lieblichen Mädchen, das so schmählich verlassen war von dem geliebten Mann; und als Julia den Ring überreichte, den Proteus gesandt hatte, wies sie ihn zurück mit den Worten: »Ihm Schmach über Schmach, mir diesen Ring zu schicken! Ich nehme ihn nicht, denn oft hörte ich ihn sagen, daß seine Julia ihn beim Abschied gab. Ich danke dir, hübscher Knabe, weil du Mitleid für sie fühlst, das arme Mädchen! Hier, nimm meine Börse; ich schenke sie dir um Julias willen.« Diese tröstlichen Worte von den Lippen ihrer gütigen Nebenbuhlerin erfreuten das kummerbeladene Herz der verkleideten Julia.
Doch wir müssen zu dem verbannten Valentin zurückkehren. Er wußte kaum, welchen Weg er einschlagen sollte, denn er fühlte wenig Neigung, nach Hause zu seinem Vater als ein in Ungnade gefallener und verbannter Mann zurückzukehren. Als er durch einen einsamen Wald wanderte, nicht weit entfernt von Mailand, wo er seinen teuren Herzensschatz, die geliebte Silvia, zurückgelassen hatte, wurde er plötzlich von Räubern angefallen, die sein Geld verlangten.
Valentin erzählte den Räubern, daß er ein vom Unglück verfolgter Mann sei, daß er in die Verbannung gehe und daß er kein Geld habe; die Kleider, die er am Leibe trage, seien sein ganzer Reichtum.
Als die Räuber hörten, daß er ein unglücklicher Mann wäre, machten sie, betroffen von seiner edlen Miene und seinem männlichen Benehmen, ihm den Vorschlag, daß, wenn er mit ihnen leben und ihr Hauptmann sein wolle, sie bereit wären, sich unter seinen Befehl zu stellen; wenn er aber ihr Anerbieten ausschlüge, würden sie ihn töten.
Valentin, der sich wenig darum kümmerte, was ihm geschähe, willigte ein, mit ihnen zu leben und ihr Hauptmann zu sein, vorausgesetzt, daß sie keine Gewalttätigkeiten verübten an wehrlosen Frauen oder armen Reisenden.
So war der edle Valentin gleich Robin Hood, von dem noch die Volkslieder erzählen, der Hauptmann von Räubern und Geächteten, und in dieser Lage fand ihn Silvia. Das war aber folgendermaßen zugegangen:
Um der Vermählung mit Thurio zu entgehen, auf welcher ihr Vater noch immer bestand, war Silvia zuletzt zu dem Entschluß gekommen, Valentin nach Mantua zu folgen, denn sie hatte gehört, ihr Geliebter habe dort einen Zufluchtsort gefunden. Aber darin war sie nicht recht unterrichtet; denn er lebte noch immer im Wald unter den Räubern, indem er zwar ihr Hauptmann hieß, aber keinen Anteil an ihren Plünderungen nahm, und das Ansehen, das sie ihm übertragen hatten, in keiner anderen Absicht verwertete, als daß er sie zwang, den von ihnen geplünderten Reisenden Barmherzigkeit zu erweisen.
Silvia hatte den Plan erdacht, aus dem Palast ihres Vaters zu entfliehen mit einem alten würdigen Edelmann namens Eglamour; ihn hatte sie mit sich genommen, um einen Schutz auf der Reise zu haben. Sie mußte durch den Wald kommen, wo Valentin und die Räuber hausten; und einer von diesen Räubern bemächtigte sich Silvias, und er würde auch Eglamour gefangengenommen haben, wenn dieser sich nicht durch die Flucht gerettet hätte.
Der Räuber, welcher Silvia aufgegriffen hatte, bemerkte die Angst, in welcher sie sich befand, aber er hieß sie ruhig sein, denn er werde sie nur in eine Höhle führen, worin sein Hauptmann wohne, und sie habe nichts zu fürchten, denn der Anführer sei ein ehrenwerter Mann und zeige sich gegen wehrlose Frauen immer menschlich. Aber Silvia sah wenig Trost darin, daß sie als Gefangene vor den Hauptmann geächteter Räuber geführt werden solle. »O Valentin«, rief sie schmerzlich aus, »das dulde ich deinethalben.«
Aber als der Räuber sie nach der Höhle seines Hauptmanns geleitete, vertrat ihm plötzlich den Weg Proteus, der auf die Nachricht von Silvias Flucht ihren Spuren bis in diesen Wald gefolgt war. Noch immer war Julia, als Edelknabe verkleidet, sein Diener. Proteus befreite jetzt Silvia aus den Händen des Räubers; aber kaum hatte sie Zeit, ihm für den ihr geleisteten Dienst zu danken, da begann er von neuem sie mit seiner Liebeswerbung zu quälen. Und während er sie heftig drängte, in die Heirat mit ihm ihre Einwilligung zu geben, und sein Edelknabe (die unselige Julia) in großer Angst daneben stand – mußte sie doch fürchten, daß der große Dienst, den Proteus soeben Silvia geleistet hatte, sie bewegen würde, ihm eine Gunst zu erweisen –, wurden sie alle gewaltig überrascht durch das plötzliche Auftreten Valentins, der, auf die Nachricht, daß seine Räuber eine Gefangene gemacht hätten, herbeigeeilt war, sie zu trösten und aufzurichten.
Proteus warb noch immer um Silvias Hand, und er fühlte sich so beschämt, von seinem Freund bei dem Verbrechen ertappt zu sein, daß er urplötzlich von Gewissensbissen und Reue ergriffen wurde; und er gab wegen des Unrechts, das er Valentin getan hatte, einen so lebhaften Schmerz kund, daß Valentin, dessen Natur edel und großmütig war, selbst bis zur Überschwenglichkeit, ihm nicht allein verzieh und ihn wieder wie früher als Freund in sein Herz schloß, sondern auch in plötzlicher Aufwallung seines Heldensinns sagte: »Ich vergebe dir ohne Rückhalt; und alles, was von Silvia mir gehört, das opfere ich dir.« Julia, die in ihrer Verkleidung neben ihrem Herrn stand, hörte dies sonderbare Anerbieten, und da sie fürchtete, Proteus würde, da er erst eben sich selbst wiedergefunden hätte, nicht fähig sein, auf Silvia zu verzichten, so fiel sie in Ohnmacht; und alle waren um sie beschäftigt, sie wieder ins Bewußtsein zurückzurufen. Sonst würde Silvia sich auch sehr verletzt gefühlt haben, so an Proteus verschenkt zu sein, obgleich sie sich wohl kaum vorstellen konnte, daß Valentin sein überschwengliches und allzu großmütiges Freundschaftsanerbieten aufrechterhalten würde. Als Julia sich von ihrer Ohnmacht erholt hatte, sagte sie: »Ich hatte vergessen, daß mein Herr mir befahl, diesen Ring Silvia zu übergeben.« Proteus, einen Blick auf den Ring werfend, sah sofort, daß es derjenige war, den er Julia gegeben hatte als Gegengeschenk für den, welchen er von ihr empfangen und welchen er durch den vermeintlichen Edelknaben an Silvia gesandt hatte. »Ha! was ist das?« rief er; »dies ist Julias Ring, wie kamst du zu dem Ring, Knabe?« Julias Antwort war: »Julia selbst gab ihn mir, und Julia selbst brachte ihn hierher.«
Proteus blickte sie jetzt aufmerksam an und erkannte zweifellos, daß der Knabe Sebastian kein anderer war als Julia selber; und die Beweise, die sie von ihrer Beständigkeit und treuen Liebe gegeben hatte, waren von so mächtiger Wirkung auf ihn, daß die Liebe für sie sein Herz wieder erfüllte und er seiner eigenen teuren Braut wieder angehörte. Freudig trat er jeden Anspruch an die schöne Silvia an Valentin ab, der sich so sehr um sie verdient gemacht hatte.
Proteus und Valentin waren noch mitten darin, sich gegenseitig des Glücks zu versichern, das sie über ihre Versöhnung und über die Hingebung ihrer treuen Geliebten empfanden, da wurden sie überrascht durch den Anblick des Herzogs von Mailand und Thurios, die zur Verfolgung Silvias hierhergekommen waren.
Thurio näherte sich zuerst und versuchte Silvia zu ergreifen, indem er rief: »Silvia ist mein.« Da fuhr aber Valentin in feuriger Erregung auf ihn los: »Thurio, zurück! Sagt Ihr noch einmal, Silvia sei Euer, so sollt Ihr Euren Tod sofort umarmen! Hier steht sie, wagt nur, sie anzurühren! Wagt nur, sie anzuatmen, die ich liebe!« Als Thurio, der ein großer Feigling war, diese Drohung vernahm, zog er sich zurück mit dem Worte, er frage nicht nach ihr und nur ein Tor würde sein Leben wagen für ein Mädchen, das ihn nicht liebe.
Der Herzog, welcher selbst ein tapferer Mann war, sagte jetzt in großem Zorn: »Desto niederträchtiger und elender ist es von Euch, solche Mittel um ihren Besitz aufzuwenden, wie Ihr getan habt, und dann sie so leichten Kaufs zu lassen.« Darauf sich an Valentin wendend, sprach er: »Mich freut, Valentin, dein edler Zorn, du wärst der Liebe einer Kaiserin würdig. Nimm deine Silvia, du hast sie verdient.« Valentin küßte darauf demütig dem Herzog die Hand und empfing mit geziemendem Dank das herrliche Geschenk, das er ihm mit seiner Tochter gemacht hatte. Zugleich benutzte er diesen freudigen Augenblick, den gutgelaunten Herzog anzuflehen, er möge die Räuber, mit denen er sich im Walde verbunden habe, begnadigen. Er versicherte, wenn sie gebessert und der Gesellschaft zurückgegeben wären, würde sich unter ihnen mancher treffliche Mann finden, der für große Dienste wohl geeignet wäre; denn die meisten unter ihnen seien ebenso wie Valentin mehr wegen staatsbürgerlicher Vergehungen verbannt, als daß sie gemeiner Verbrechen schuldig gewesen seien. Dem stimmte der Herzog bereitwillig bei; und jetzt blieb nur noch übrig, daß dem Proteus, dem falschen Freunde, als Strafe für seine Liebessünden bestimmt wurde, der Erzählung von der ganzen Geschichte seiner Liebesabenteuer und seiner Treulosigkeiten in Gegenwart des Herzogs beizuwohnen. Und die Scham über die erzählten Dinge wurde als genügende Strafe für sein erwachtes Gewissen angesehen. Hierauf kehrten die Liebespaare nach Mailand zurück, und ihre Hochzeit wurde in Gegenwart des Herzogs mit großem Gepränge und vielen Festlichkeiten gefeiert.
Katharina, die Widerspenstige, war die älteste Tochter Baptistas, eines reichen Edelmannes in Padua. Sie war eine Jungfrau von so unlenksamem Geist und so hitziger Gemütsart, und ihre Zunge war zu so lautem Widerspruch geneigt, daß sie in Padua nur bekannt war unter dem Namen »Katharina, die Widerspenstige«. Es war höchst unwahrscheinlich, ja es schien in der Tat unmöglich, daß sich je ein Mann finden würde, der es wagte, dieses Mädchen zu heiraten, und deswegen tadelte man Baptista sehr, daß er zögerte, seine Zustimmung zu geben zu vielen glänzenden Anträgen, die ihrer liebenswürdigen Schwester Bianca gemacht wurden; denn er wies alle Bewerber Biancas mit der Entschuldigung ab, daß, wenn er erst die ältere Schwester in Ehren los wäre, sie dann volle Freiheit haben sollten, sich an die junge Bianca zu wenden.
Es ereignete sich trotzdem, daß ein Edelmann namens Petruchio nach Padua kam, in der Absicht, sich nach einer Gemahlin umzusehen, und daß dieser, durchaus nicht entmutigt durch jene Berichte von Katharinas Gemütsart, auf die Kunde von ihrem Reichtum und ihrer Schönheit sich rasch entschloß, diesen vielbesprochenen Widerspruchsgeist zu heiraten und Katharina so zu zähmen, daß sie ein sanftes und verträgliches Weib würde. Und sicherlich war keiner so geeignet, mit dieser Herkulesarbeit fertig zu werden, wie Petruchio; denn er besaß einen ebenso stolzen Geist wie Katharina, und er war ein witziger und überaus glücklich angelegter Mann von heiterster Laune, außerdem aber so klug und von so treffendem Urteil, daß er sich wohl darauf verstand, sich leidenschaftlich und höchst aufgeregt zu stellen, während er innerlich so ruhig war, daß er selbst lustig hätte lachen können über seinen eigenen vorgeblichen Zorn, denn seine natürliche Gemütsart war sorglos und behaglich-zufrieden. Die ungestüm polternde Weise, die er annahm, als er Katharinas Gatte wurde, war nur aus Scherz hervorgegangen oder, wenn man es richtiger ausdrückt, aus Verstellung, die ihm sein überaus kluger Verstand eingab, denn er sah darin das einzige Mittel, das leidenschaftliche Gebaren der heftigen Katharina in ihrer eigenen Art zu übertrumpfen.
Als Freier also kam Petruchio zu Katharina der Widerspenstigen, und vor allem wandte er sich zuerst an Baptista, ihren Vater, und er bat um die Erlaubnis, werben zu dürfen um seine liebenswürdige Tochter Katharina, wie Petruchio sie nannte; er sagte mit mutwilligem Scherz, daß er gehört habe von ihrer Schüchternheit und Bescheidenheit und ihrem sanften Benehmen und daß er deshalb von Verona gekommen sei, um ihre Liebe zu werben. Ihr Vater wünschte zwar, sie verheiratet zu sehen, fühlte sich aber doch zu dem Bekenntnis gezwungen, daß Katharina der von ihm entworfenen Zeichnung übel entsprechen würde. Denn bald trat deutlich hervor, aus welcher Art von Liebenswürdigkeit sie bestand: Ihr Musiklehrer stürmte ins Zimmer, um sich zu beklagen, daß die liebenswürdige Katharina, seine Schülerin, mit der Laute seinen Kopf zerschlagen habe, weil er sich erkühnt, in ihrer musikalischen Leistung Fehler zu finden. Als das Petruchio hörte, sprach er: »Das ist ein Prachtmädel; ich liebe sie mehr als je und sehne mich danach, ein bißchen mit ihr zu plaudern«; und um den alten Mann zu einer bestimmten Antwort zu drängen, fügte er hinzu: »Mein Geschäft hat Eile, Signor Baptista, ich kann nicht jeden Tag als Freier kommen. Ihr kanntet meinen Vater. Er ist tot und hat mich als Erben aller seiner Ländereien und Güter hinterlassen. Also sagt mir: Wenn ich Eurer Tochter Liebe gewinne, welch eine Mitgift bringt sie mir ins Haus?« Baptista dachte, dies Auftreten sei ein bißchen derb für einen Freier; aber da er froh war, Katharina verheiratet zu sehen, gab er zur Antwort, daß er ihr zwanzigtausend Kronen zur Ausstattung und bei seinem Tode die Hälfte seines Vermögens geben würde. So fand dieser wunderliche Handel bald beiderseitige Zustimmung, und Baptista ging hin, seine widerspenstige Tochter von der Bewerbung ihres Liebhabers in Kenntnis zu setzen, und schickte sie hinein zu Petruchio, um sein Gesuch anzuhören.
Inzwischen überlegte Petruchio bei sich, auf welche Weise seine Bewerbung anzustellen sei; und er sagte: »Wenn sie kommt, will ich etwas feurig sie freien. Wenn sie mit mir zankt, ei, da will ich ihr sagen, daß sie süß und lieblich singt wie die Nachtigall; und wenn sie düster blickt, da wird es heißen, sie schaue so klar wie Morgenrosen, frisch vom Tau gewaschen. Und bleibt sie stumm und spricht kein einzig Wort, so preise ich die Beredsamkeit ihrer Zunge; sagt sie, ich solle mich packen, danke ich ihr, als bäte sie mich, wochenlang zu bleiben.« Jetzt trat die stattliche Katharina herein, und Petruchio redete sie zuerst an mit den Worten: »Guten Morgen, Käthe, denn so heißt Ihr, höre ich.« Katharina gefiel diese vertrauliche Begrüßung nicht, und so etwas von oben herab sagte sie: »Wer zu mir spricht, nennt sonst mich Katharina.« – »Ihr lügt«, erwiderte der Freier, »denn Ihr werdet schlechtweg Käthe genannt und schmucke Käthe und zuweilen auch Käthe die Widerspenstige; aber Käthe, Ihr seid die niedlichste Käthe der ganzen Christenheit, und darum, Käthe, weil ich Eure Sanftmut in jeder Stadt preisen höre, bin ich gekommen, um Euch zu werben.«
Das war denn eine recht sonderbare Weise zu freien. Sie bewies ihm in lauten und zornigen Ausdrücken, mit welchem Recht sie den Beinamen der Widerspenstigen bekommen hatte, während er noch immer ihre süßen und höflichen Worte pries. Endlich, da er ihren Vater kommen hörte, sagte er in der Absicht, so schnell wie möglich seine Werbung zustande zu bringen: »Süße Katharina, laß uns dies unnütze Geplauder abbrechen, denn dein Vater hat eingewilligt, daß du mein Weib werden sollst; deine Mitgift ist fest bestimmt, und ob du nun willst oder nicht, ich werde dich heiraten.«
Und als nun Baptista eintrat, erzählte Petruchio ihm, seine Tochter hätte ihn gütig aufgenommen und sie hätte versprochen, sich nächsten Sonntag mit ihm zu verheiraten. Das bestritt Katharina; sie sagte, sie wolle lieber ihn am Sonntag gehängt sehen, und ihrem Vater machte sie Vorwürfe, daß er ihre Vermählung mit solchem halbtollen Grobian wie Petruchio gewünscht habe. Petruchio jedoch bat ihren Vater, ihre zornigen Worte nicht zu beachten, denn sie seien übereingekommen, daß sie in seiner Gegenwart noch etwas widerspenstig scheinen solle, aber als sie allein gewesen wären, da hätte er sie höchst zärtlich und liebevoll gefunden; und er sagte zu ihr: »Gib mir deine Hand, Käthe; ich reise nach Venedig, um dir für unseren Hochzeitstag einen schönen Brautstaat zu kaufen. Bereitet das Fest vor, lieber Vater, und bittet die Hochzeitsgäste. Ich stehe dafür ein, daß ich Ringe, hübschen Schmuck und reiche Kleider mitbringe, damit meine Katharina möglichst schön aussehe. Und nun küsse mich, Käthe, denn Sonntag wollen wir Hochzeit halten.«
Am Sonntag waren alle Hochzeitsgäste versammelt, aber sie warteten lange, bis Petruchio kam, und Katharina weinte vor Ärger bei dem Gedanken, daß Petruchio bloß einen Spaß mit ihr habe treiben wollen. Endlich indessen erschien er, aber er brachte nichts von dem Brautschmuck mit, den er Katharina versprochen hatte. Auch war er selber nicht wie ein Bräutigam gekleidet, sondern er trat auf in einem sonderbaren, unordentlichen Anzug, als ob er vorhätte, sich einen Scherz zu machen aus der ernsten Handlung, um deren willen er gekommen war; und sein Diener und selbst die Pferde, auf denen sie geritten waren, befanden sich in gleicher Art in einem elenden und seltsamen Aufzug.
Man konnte Petruchio nicht dahin bringen, seine Kleider zu wechseln; er sagte, Katharina solle sich ja mit ihm verheiraten und nicht mit seinem Anzug; und da man sah, daß es vergeblich war, mit ihm zu streiten, so ging man nach der Kirche. Doch verharrte er noch immer in derselben verrückten Art. Denn als der Priester Petruchio fragte, ob er Katharina zum Weib haben wolle, beschwor er das mit so lauter Stimme, daß der Priester ganz erschrocken sein Buch fallen ließ, und als er sich bückte, um es aufzunehmen, gab ihm der hirntolle Bräutigam einen solchen Stoß, daß der Priester niederfiel und sein Buch zum zweiten Mal. Und die ganze Zeit während der Trauung stampfte er mit dem Fuß und fluchte, so daß die sonst so stolze Katharina vor Angst zitterte. Und als die Feierlichkeit vorüber war, sie sich aber noch in der Kirche befanden, rief er nach Wein und trank der Gesellschaft laut eine Gesundheit zu und warf einen Schluck, der noch am Grunde des Glases war, dem Küster ins Gesicht, indem er für dies seltsame Gebaren keinen anderen Grund angab, als daß der Bart des Küsters dünn und hungrig aussähe und um den Schluck zu betteln schiene während seines Trinkens. Sicherlich gab es nie eine so tolle Hochzeit; aber Petruchio gab sich nur den Anschein dieser Verrücktheit, um desto besseren Erfolg zu haben in seinem Plane, sein widerspenstiges Weib zu zähmen.
Baptista hatte für ein köstliches Hochzeitsmahl gesorgt; aber als sie von der Kirche zurückgekehrt waren, machte Petruchio sein Recht auf Katharina geltend und erklärte seinen Willen, augenblicklich sein Weib nach Hause zu führen. Und keine Vorstellungen seines Schwiegervaters, keine zornigen Worte der erbosten Katharina konnten ihn in seinem Vorsatz wankend machen: Er nahm des Ehemannes Recht in Anspruch, über sein Weib nach Gefallen zu verfügen, und flugs brach er mit Katharina auf. Er schien so unternehmend und entschlossen, daß niemand den Versuch wagte, ihn aufzuhalten.
Petruchio ließ sein Weib ein elendes, mageres und hageres Pferd besteigen, das er für diesen Zweck auserlesen hatte; er selbst und sein Diener ritten nicht besser. Sie reisten auf holperigen und kotigen Wegen; und jedesmal, wenn Katharinas Pferd stolperte, wetterte und fluchte er auf den armen abgetriebenen Gaul, der unter seiner Last nur kaum fortkriechen konnte; er tat, als wäre er der leidenschaftlichste Mann, den es geben könnte.
Endlich, nach einer ermüdenden Tagereise, auf welcher Katharina nichts anderes gehört hatte als das wilde Toben Petruchios gegen die Diener und die Pferde, langten sie bei seiner Wohnung an. Petruchio bewillkommnete sie zärtlich in ihrem Heim, aber er beschloß, sie solle diese Nacht weder Ruhe noch Essen haben. Die Tische waren gedeckt und bald auch die Abendmahlzeit aufgetragen; aber Petruchio tat, als ob er an jedem Gericht etwas zu tadeln fände, warf die Speisen auf den Fußboden umher und befahl den Dienern, sie wegzuräumen. Und alles dies tat er, wie er sagte, aus Liebe für seine Katharina: sie sollte nichts essen, das nicht gut angerichtet wäre. Und als sich Katharina hungrig und müde zur Ruhe begab, fand er ebenso am Bett allerlei auszusetzen und warf die Kissen und Bettücher im Zimmer umher, so daß sie gezwungen war, sich in einen Stuhl zu setzen. Aber auch hier wurde sie, wenn sie einmal einschlummern wollte, augenblicklich geweckt durch die laute Stimme des Herrn Gemahls, der über die Diener wetterte, daß sie seines Weibes Brautbett so schlecht bereitet hätten.
Am nächsten Tage hielt Petruchio dasselbe Verfahren ein: Er sprach noch immer liebevoll mit Katharina, aber als sie zu essen versuchte, fand er an allem, was ihr vorgesetzt wurde, etwas zu tadeln, und warf das Frühstück auf den Fußboden, wie er es mit dem Abendessen gemacht hatte; und Katharina, die stolze Katharina, war froh, die Diener bitten zu können, daß sie heimlich ihr etwas zu essen bringen möchten, aber auf Petruchios Anweisung erwiderten sie, ohne Vorwissen ihres Herrn dürften sie ihr nichts geben. »Ach!« rief sie aus, »wurde ich sein Weib, daß er mich hungern läßt? Bettler, die an meines Vaters Tür kommen, erhalten eine Gabe. Doch ich, die nie gewußt, was Bitten sei, ich sterbe aus Hunger, bin vom Wachen schwindlig, durch Fluchen wach, durch Zanken satt gemacht; und was mich mehr noch kränkt als alles dies, er tut es unterm Schein der zartesten Liebe, behauptet, wenn ich schliefe, wenn ich äße, so würde es augenblicklich tödlich sein.«
Dies Selbstgespräch wurde unterbrochen durch den Eintritt Petruchios. Er hatte, da er ja nicht beabsichtigte, sie ganz verkommen zu lassen, ihr ein kärgliches Mahl gebracht und sagte zu ihr: »Nun, wie geht’s meiner süßen Käthe? Hier, Liebste, siehst du, wie zärtlich besorgt ich bin; ich habe dein Essen selbst angerichtet. Ich sollte doch meinen, diese Güte verdiene Dank. Wie, nicht ein Wort? Ach, dann liebst du die Speise nicht, und alle Mühe, die ich mir gegeben habe, ist zwecklos.« Dann befahl er dem Diener, das Gericht wegzunehmen. Der starke Hunger, der den Stolz Katharinas gebeugt hatte, zwang sie zu sagen, wenn auch mit innerlichem Ärger: »Bitte, laß es stehen.« Aber das war noch nicht genug der Demütigung, wozu Petruchio sie zu zwingen beabsichtigte, und er erwiderte: »Der kleinste Dienst wird ja mit Dank bezahlt, und meiner soll’s, eh du dir davon nimmst.« Darauf brachte Katharina ein widerstrebendes »Ich danke Euch, Herr« hervor. Und nun gestattete er ihr ein kärgliches Mahl einzunehmen, indem er sagte: »Wohl bekommen möge es deinem lieben Herzen, Käthe; aber iß schnell! Und nun, mein süßes Liebchen, wollen wir zurückkehren in deines Vaters Haus und dort nach Herzenslust schwärmen und prunken mit seidenen Kleidern und Hauben und goldenen Ringen, mit Halskrausen und Schärpen und Fächern und reichem Wechsel von Putz und Schmuck«; und um sie glauben zu machen, daß er wirklich die Absicht habe, ihr diese netten Sachen zu schenken, rief er einen Schneider und einen Putzhändler herein, die einige neue für sie bestellte Kleider brachten. Und indem er dann ihren Teller dem Diener gab zum Wegnehmen, ehe sie nur halb ihren Hunger gestillt hatte, sagte er: »Nicht wahr, du bist satt?« Der Putzhändler sagte bei der Überreichung einer Haube: »Hier ist die Haube, die Eure Gnaden wünschten«; aber darauf fing Petruchio von neuem zu wettern an, indem er sagte, die Haube wäre auf einer Suppenschüssel abgeformt und nicht größer als eine Herzmuschel oder Walnußschale; er befahl dem Putzhändler, sie wegzunehmen und eine größere zu liefern. Katharina sagte: »Ich will diese haben; so tragen feine Damen jetzt die Hauben.« – »Wenn du erst fein bist«, erwiderte Petruchio, »sollst du auch eine haben, aber eher nicht.« Die Speise, die Katharina genossen, hatte den gesunkenen Lebensmut wieder etwas gehoben, und sie sagte: »Wie, Herr? Ich denke, ich habe Erlaubnis zu reden, und ich will reden, denn ich bin kein Kind. Schon bessere Leute denn Ihr haben mich meine Meinung sagen hören, und wenn Ihr es nicht könnt, so tätet Ihr besser die Ohren zu verstopfen.« Petruchio beachtete diese zornigen Worte nicht, denn er hatte glücklicherweise bessere Wege, sein Weib zu behandeln, entdeckt, als an einem strittigen Punkt ihr gegenüber festzuhalten; daher lautete die Antwort: »Nun ja, ganz recht, ’s ist eine lumpige Haube; ich habe dich lieb drum, daß sie dir mißfällt.« – »Liebe mich oder liebe mich nicht«, sagte Katharina, »die Haube gefällt mir, und ich will diese Haube oder keine; diese wird mich kleiden.« – »Du wünschest die Kleider zu sehen?« sagte Petruchio, der sich noch immer stellte, als verstünde er sie nicht recht. So trat der Schneider vor und zeigte ihr ein schönes Kleid, das er für sie gemacht hatte. Petruchio, dessen Absicht dahin ging, daß sie weder Haube noch Kleid haben sollte, fand hieran ebenso viel zu tadeln. »Gnade uns der Himmel!« rief er, »was ist das für Zeug! Was? Nennt Ihr dies einen Ärmel? Das gleicht ja einem Vierundzwanzigpfünder, auf und ab gekerbt gleich einem Apfelkuchen.« Der Schneider meinte: »Ihr befahlt mir das Kleid zu machen nach dem neuesten Schnitt der Zeit«, und Katharina sagte, sie habe nie ein so schön gemachtes Kleid gesehen. Dies war genug für Petruchio, und indem er heimlich Auftrag gab, diesen Leuten für ihre Sachen Bezahlung zu geben und ihnen gegenüber die scheinbar wunderliche Behandlung, die er ihnen zuteil werden ließ, zu entschuldigen, trieb er mit grimmigen Worten und wütenden Gebärden den Schneider und den Putzhändler aus dem Zimmer; und dann, sich an Katharina wendend, sprach er: »So, Käthchen, komm; besuchen wir den Vater, so wie wir sind, in unsern schlichten Kleidern.« Und dann ließ er die Pferde vorfahren, mit der Versicherung, sie würden um Mittagszeit Baptistas Haus erreichen, denn es sei jetzt nur sieben Uhr.