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Christian Signol

Das wahre Glück
des Lebens

Aus dem Französischen
von Corinna Tramm

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»Nur Mut! Allein die Erde ist ewig.«

Jim Harrison

Inhalt

Einleitung

Die langen Juniabende

Das Feuer

Das Wasser

Die Steine

Die Bäume

Der Frost

Der Tau

Der Regen

Der Schnee

Der Wind

Die Düfte

Die Morgendämmerung

Die Wiesen

Die Klänge

Die Jahreszeiten

Die Wege

Der Himmel

Die Gärten

Die Felder

Die wilden Blumen

Die Wälder

Die Vögel

Die Tiere

Die Früchte

Die großen Kalksteinplateaus

Das Meer

Die Sterne

Die Berge

Die Inseln

Die Flüsse

Die Augenblicke

Ich habe immer gedacht, die Schönheit der Welt sei dazu bestimmt, uns die tragische Kürze unseres Lebens vergessen zu machen. Vielleicht ein Geschenk Gottes – wenn er existiert, wie ich hoffe – aus seinem großen Erbarmen heraus. Doch leider können wir das nicht wissen! Nicht nur, dass wir dieser Erde, die uns trägt, die schlimmsten Verletzungen zufügen, vielmehr und vor allem verhalten wir uns ihr gegenüber wie Fremde – manchmal sogar wie Feinde – und sind nicht mehr in der Lage, zu sehen, wie außerordentlich schön sie ist. Etwa wenn sie uns in kurzen Augenblicken diese Ewigkeitsversprechen liefert, die aus dem Schimmern der Espenblätter in der Sonne hervorgehen, aus einem Mohnblumenteppich, der sich im Samt des Weizens wiegt, aus einem Stück Wald, das sich gegen den blauen Himmel abhebt, oder aus dem Tanz umherschwirrender Schneeflocken in der Nacht.

Deshalb habe ich, der ich unverändert daran glaube, dass die Empfindung von Glück innig mit der der Ewigkeit verbunden ist, niemals die Verbindung abgebrochen, die in meiner Kindheit mit der Welt der Natur geknüpft wurde. Aus einem Instinkt heraus. Als ginge es um mein Überleben, zumindest um mein Glück zu leben.

Ich habe also einen Großteil meiner Zeit mit der Suche nach diesen wunderbaren Empfindungen in den Wäldern, auf den Bergen, in der Nähe der Flüsse, auf den vom Sommer ausgebrannten Kalksteinplateaus oder auf den Wiesen mit den verstreut liegenden offenen Scheunen, in denen das alte Heu schlummert, verbracht. Ich bin überzeugt davon, dass die Erde ewig ist, dass sie vor uns existiert hat und dass sie nach uns existieren wird. Und dass vor allem sie allein die Erinnerung an eine Zeit bewahrt, in der wir noch nicht existierten – eine Erinnerung, die uns nur zugänglich ist, wenn wir uns ihr zuwenden.

Die industrielle Zivilisation ist im letzten Jahrhundert zur städtischen Zivilisation geworden und hat uns von der Welt der Natur entfernt. Es ist sicher das, was das zwanzigste Jahrhundert am besten charakterisiert: die Verbindung mit einer Lebensweise und Werten gebrochen zu haben, die zumindest in den westlichen Ländern von jeher die Fortdauer der Menschlichkeit gesichert hat. Und gleichzeitig das Gleichgewicht gestört zu haben, durch das sie seit jeher lebte. Für immer? Das ist nicht sicher. In Frankreich träumen heute fünfundsiebzig Prozent der Menschen davon, in einem Eigenheim in einem Dorf zu leben, weil sie spüren, dass die großen Metropolen aus Beton und Gleichgültigkeit sie nicht wirklich glücklich machen. Den Kontakt mit der Welt der Sinne wieder aufzunehmen, ist also keine Idee der Vergangenheit, sondern eine Hoffnung für die Zukunft. Eine Hoffnung, die – so wünsche ich mir – die Möglichkeiten der modernen Kommunikation eines Tages einlösen und es damit den Menschen ermöglichen wird, dort zu wohnen, wo sie es möchten.

Denn die Menschen ahnen es, ohne es sich einzugestehen, dass das Glück sich anderswo als in den großen Metropolen verbirgt, wo sie die Überlebensreflexe der Tiere wieder annehmen. Sie wissen insgeheim, dass die Erde ihnen trotz der Schandflecken der industriellen Zivilisation weiterhin leuchtende Abende im Juni schenkt, zartes Moos im Herbstwald, singende Flüsse, Schwalben, die fortziehen, und andere, die wiederkommen, Jahreszeiten voller Licht und andere reich an melancholischer Stimmung. Sie erinnern sich, dass es verschiedene Arten von Wind und Regen gibt, vom Tau feuchte Morgen und solche, die Eis oder Schnee bringen. Die Erde entzündet am Himmel Feuer, deren Farben unser Herz beklommen machen, zur Abenddämmerung wie bei Tagesanbruch. Im Winter schläft sie ein, und im Frühling, mit dem Fliederduft, der sich in der lauen Mailuft erhebt, erwacht sie wieder. Allabendlich können wir die Sterne erblicken, die treu immer wieder aufgehen, wie um unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und uns an etwas zu erinnern.

Die Wissenschaftler behaupten, dass wir von den Sternen abstammen, dass der Kohlenstoff unserer Zellen von derselben Art sei wie ihrer. Ich bin im tiefsten Innern davon überzeugt. Es genügt mir, in den Juninächten die Augen zu heben, um zu verstehen, dass ich ihnen mit meinem ganzen Erinnerungsvermögen gehöre. Aber wer betrachtet heute noch die Sterne am Junihimmel? Daher wollte ich vor allem über sie schreiben. Einmal für diejenigen, die sie nicht mehr sehen, aber auch für alle diejenigen, die sie niemals wirklich betrachtet haben.

Die Welt lebt. Um uns herum. Ohne uns oder mit uns. Schaut sie an. Hört ihr zu. Sie ist Quelle des Glücks, des echten Glücks, das bezaubert und beruhigt, denn es entspringt dem Anbeginn der Zeit. Sie stellt unsere tiefe Wahrheit dar, unsere Geschichte, unsere Erinnerung. Sie ist das, was wir vor allem sind, weil sich unser Bewusstsein zusammen mit dem Universum entfaltet hat.

Wir haben sie vergessen, doch es ist niemals zu spät, sich ihr zuzuwenden, um die Vögel wieder zu entdecken, die Wälder, die Berge, die Flüsse, den Geruch brennenden Holzes, die Schönheit der Früchte, den Gesang der Quellen, den Morgennebel, den von Gewitterwolken schweren Himmel, die Grillen am Abend und die Stille der Nächte. Es ist nicht zu spät, die Beziehung zu dieser Welt wieder aufzunehmen, den mit Heckenrosen gesäumten Pfaden entlang der Weizenfelder zu folgen, deren Ähren im heißen Sommer sanft unter dem Porzellanblau wogen. Es ist nie zu spät, selbst wenn man in der Stadt lebt, den Kopf zu den Sternen zu heben, die Augen zu schließen, sie dann wieder zu öffnen und zu spüren, wie die Erde langsam majestätisch im Ozean des immensen Universums treibt.

Die langen Juniabende

Ihr Duft nach gemähtem Heu hat mich immer tief bewegt, und ich habe mich bemüht, mich niemals davon zu entfernen, denn für mich ist dies der wahre Duft des Glücks. Die Tage sind lang und heiß, der grüne Himmel, der von Schwalben durchzogen wird, schläft im Hochsommer. Wieder und wieder ziehen sie in unendlichen Runden über die Häuser hinweg und zeichnen dabei Arabesken, bei denen ich mich immer gefragt habe, ob sie nicht einen verborgenen Sinn besäßen. Den Sinn des Lebens vielleicht? Oder den unseres Schicksals?

Sie ziehen im Herbst fort, ohne uns etwas zu enthüllen; oder zumindest nichts, was wir nicht erahnt hätten. Doch im Juni waren sie da, um die Langsamkeit der Tage zu unterstreichen, die Langsamkeit der Karren, die das Heu heimbrachten, durchsiebt von Grashüpfern; die der Nächte, die erst nach langen Abenden hereinbrachen. Bauern mit einer ziegelsteinfarbenen Haut schliefen mit offenen Augen über dem hellen Heu. Hunde folgten ihnen abgehetzt mit heraushängender Zunge. Die Schule war an langen, verträumten und sehnsüchtigen Nachmittagen zu Ende gegangen. Vor mir lagen nur noch Tage von unendlicher Freiheit und Milde, mitten in einer Zeit, die aufgehört hatte, voranzuschreiten.

An jedem Juniabend denke ich an den Satz Jean Gionos aus seinem Roman Der Hügel: »Es ist sechs Uhr abends im Sommer. Am Waschplatz wird gesungen.« Die Magie dieses Schriftstellers liegt darin, dass er es verstand, mit nur einem einzigen Satz die Zeit aufzuheben und uns eine Ahnung vom ewigen Frieden zu geben.

Ohne es beschreiben zu können, ist es genau das, was ich zu jener Zeit empfand und was ich bis heute manchmal empfinde, wenn ich mir die Mühe mache, zu diesen gesegneten Orten der ersten Male zurückzukehren, in jenem Alter, in dem die Welt uns den unvergesslichen Abdruck ihrer Schönheit eingraviert.

Es ist ebenfalls der Zauber dieser Juniabende, die die Tage unbegrenzt verlängern, die Zeit in die Länge ziehen, sodass der Eindruck entsteht, die Nacht würde niemals hereinbrechen. Ich habe es immer als göttliche Liebkosung empfunden, doch konnte ich es niemals so gut erklären wie heute. Ich gab mich damit zufrieden, es zu erleben und darüber unendlich glücklich zu sein. Seit jeher. Es genügt mir, mich meinen Erinnerungen hinzugeben, um sogleich dieses Glück der Abende wieder zu spüren, an denen es schien, als würde das Leben niemals enden.

Wir aßen auf der Terrasse Saubohnensuppe und überreife Melonen, dabei wurden wir von Mauerseglern überwacht, die vom Licht wie verrückt waren. Düfte von warmen Pflaumen, von gegossenen Gärten strömten herbei, Geklapper von Geschirr und Stühlen, auf denen man sich von den langen Arbeitstagen ausruhen konnte. Wir aßen langsam, ohne zu sprechen, hörten uns atmen und leben in der Hitze, die nicht schwinden wollte und nach dem kleinsten Lufthauch lechzte! Nichts drängte. Blicke sprachen deutlicher als Worte davon, wie brüderlich die Welt war. Ein Einverständnis war gerade besiegelt worden. Eins geworden mit der Nahrung, so spürte ich, wie ich mit ihr bis in die Schweißtropfen hinein verschmolz, die auf meiner Stirn perlten. Nach der Melone kam der Quark, den ich süßte und auf dem Brot mit dicker Kruste aß, die so schwarz war wie die ausbleibende Nacht. Der Wein, der mit ein wenig Wasser verdünnt wurde, war der aus dem Weinberg, die Früchte die aus dem Garten. Am Ende der Mahlzeit blieben wir lange regungslos sitzen, der kleinsten Bewegung unfähig, und hielten die Augen auf die Bäume gerichtet, in der Hoffnung darauf, die kleinste Bewegung eines Blattes zu entdecken.

Danach gingen wir und legten uns mit einer Decke mitten auf die von Erdklumpen bucklige Wiese. Feucht war die Luft, wie die Haut des Vaters und der Mutter, und schon stieg der kräftige Geruch des Grases auf: ein pfeffriger und klammer Duft, sobald sich Schatten ausbreitete, wie im Sternentau gebadet. Ein einfaches Glück, das von dem harten Boden in keiner Weise beeinträchtigt wurde, nicht mehr als von den harten Stoppeln des Strohs. Mittlerweile hatten die Grillen zu singen begonnen. Langsam kühlte sich die über den Tag erbarmungslos aufgeheizte Luft im leichten Abendwind ab, und die Sterne schienen so nah, dass ich meine Hand nach ihnen ausstreckte.

»Was tust du da?«, fragte meine Mutter.

»Ich hole die Sterne herunter.«

Sie ist nicht mehr da, die Mutter, um mit mir darüber zu lachen, leider, aber die Gegenwart einer Mutter und eines Vaters unter dem Sternenhimmel im Juni, im Duft des gemähten Heus, wird immer einer der wertvollsten Schätze in meinem Leben bleiben.

Später, als Jugendlicher, habe ich in der Unbekümmertheit, die diesem Alter Unvergänglichkeit verleiht, diese Nächte mit dem Fahrrad durchstreift und bin durch die Schwüle des Heus gefahren, deren Schwaden noch nicht eingeholt worden waren. Der Geruch blieb derselbe, lieblich und pfeffrig zugleich, heftig und sanft, penetrant und zeitweise stickig. Ich hatte kein Licht auf diesen Wegen der heimlichen Rendezvous. Ich ließ mich vom Mondschein leiten, dessen Licht in hellen Bächen an den Bäumen herablief. Ich war berauscht von einer Freiheit und einem Glück, die niemals bedroht sein würden. Ich wusste, dass sich da ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens abspielte, und ich fühlte, dass er, was immer auch geschah, einen Teil von mir auf dieser Seite der Welt zurückbehalten würde.

Heute sind die Juniabende mit denen von damals nicht mehr zu vergleichen. Man isst nicht mehr draußen, nicht einmal mehr auf dem Land, wo das Fernsehen wie auch anderswo unsere sklavenhafte Präsenz fordert. Dennoch, wann immer es möglich ist, verlasse ich, gemeinsam mit jener, die seit den Juniabenden meiner Jugend mein Leben mit mir teilt, mit dem Auto die Stadt, um Felder und Wiesen aufzusuchen. Dann beginnt alles wieder von vorn: Die Nacht ist noch nicht hereingebrochen, die Schwaden trocknen auf den Wiesen, wo ihr Duft derselbe geblieben ist. Unschätzbare Wegzehrung, die mich unmittelbar in eine vergangene Zeit versetzen kann und sie für mich genauso erlebbar macht, wie sie früher war. Nicht aus einer eitlen Sehnsucht heraus, sondern einfach, um mir zu beweisen, dass, wenn wir uns verändern, die Welt dieselbe bleibt, dass die Sterne immer scheinen, dass in unserer Nähe der Beweis eines unvergänglichen Universums existiert, mit dem wir – was auch immer wir tun, vielleicht sogar gegen unseren Willen – verbunden sind.

Manchmal passiert es mir auch, dass ich eine Handvoll Heu aufsammle und sie mitnehme in meine Gartenhütte in der Stadt, wo ich sie wie einen unermesslichen Schatz verstecke. Ich fühle mich leicht schuldig, und doch so glücklich, dass ich daran denke wie an die roten Bonbons, die mich in dem großen Glas des nach getrocknetem Hering duftenden Gemischtwarenladens meines Dorfes erwarteten. Ich schleiche mich flüchtig hinein, um es von Zeit zu Zeit einzuatmen und mit geschlossenen Augen die treuen und hilfreichen Empfindungen und Gefühlsregungen von früher wiederzufinden. Erschüttert durch diesen Sprung in der Zeit, weiß ich dann, dass ich die Tür zu einer glücklichen Ewigkeit aufgestoßen habe. Und dass dort, wohin ich gelangt bin, die Spuren hinter meinen Schritten gelöscht werden würden, wenn ich nicht Acht gäbe und mich noch weiter von ihnen entfernte.

Das Feuer

Es hat die Menschen immer fasziniert und hört nicht auf, sie zu beeindrucken und zu berühren. Die Zahl der Pyromanen, die leider jeden Sommer wüten, beweist es ohne Zweifel. Und tatsächlich, die Freude, ein Feuer zu entzünden, ist eine uralte und heilige Freude. Es ist eine wahre Kunst, die man sich erst im Laufe der Jahre und nach langer Praxis erwirbt. Denn es gibt viele Arten, ein Feuer zu entzünden, abhängig von dem Kamin, den man hat, oder dem Ort, an dem man sich befindet. Ich für meinen Teil besitze zwei, und sie gleichen sich nicht. Einen kleinen in der Stadt, in der ich wohne, hinter einer Glasscheibe eingeschlossen, und einen anderen, offenen und sehr viel größeren auf dem Land: Es ist ein echter cantou, ein offener Kamin, wie er früher existierte, als die Frauen auf Dreifüßen in Kesseln oder Kochtöpfen kochten, in denen stundenlang Ragouts, Schmorbraten und Hasenpfeffer vor sich hin köchelten.

Natürlich behandle ich sie nicht auf dieselbe Art und Weise, auch wenn das von mir verwendete Holz identisch ist. Eiche, aber nicht irgendwelche Eiche: eine, die auf der Hochebene geschlagen wird, sie ist massiv, kompakt, schwer, und sie verströmt bei der ersten Flamme einen Duft, den ich am anderen Ende der Welt in einem fremden Land wiedererkennen würde.

Dieses Holz behandle ich mit dem ihm zustehenden Respekt: Ich schlage es im Winter, hole es im Juni herein und lasse es in einem nach allen Seiten hin offenen Schuppen trocknen. Allerdings warte ich drei Jahre, ehe ich es verbrenne, um sicher zu sein, dass es wirklich trocken ist. Ich hole auch Reisigbündel aus kleinen Eichenzweigen und -ästen herein, mit denen ich das Feuer besser entfachen kann als mit dem üblichen verwendeten Kleinholz.

Ein Feuer im cantou muss großzügig und kräftig sein. Das Papier, das ich unter den bronzenen Feuerbock lege, ist Zeitungspapier. Es trägt dazu bei, den Geruch des Eichenholzes zu verstärken. Danach verteile ich die kleinen Zweige kreuzweise, damit es die kleinen Äste stützen kann, die ich darüberlege. Schließlich kommen die zwei oder drei Holzscheite von einem halben Meter, zuletzt ein dicker ganz obenauf. Fertig. Ein Streichholz – nur kein Feuerzeug. Ein wenig Rauch steigt auf – und mit ihm der herbe, warme und sinnliche Geruch aus der Tiefe der Zeit. Es ist der Duft der Schulöfen auf dem Land, morgens, wenn man mit klammen Fingern in den Klassenraum trat, weil man zu viele Schneebälle geworfen hatte. Diese von einem weißen Gitter geschützten Öfen führten den Rauch über ein Rohr ab, das eine seltsame Biegung hatte, bevor es sich über der Geografiekarte in der Wand verlor. Wir legten der Reihe nach Holz nach, doch ich meldete mich immer freiwillig. Lange konnte ich bewegungslos vor dem Ofen in der Hocke sitzen und den Geruch einatmen, der zu meinem großen Glück trotz der verstrichenen Zeit derselbe geblieben ist.

Die ersten zögernden kapriziösen Funken, die schon gelborange sind, erwärmen einem das Herz. Ein Stoß vom Blasebalg mit Lederriemen, und schon entzündet sich das Feuer. Es knistert, versprüht einen Lichtglanz im Raum und seinen vertrauten, beruhigenden und beschützenden Geruch; ein Geruch, so alt wie die Kindheit, der aus der Erinnerung des vertrauten Heims und durch das Blut, den Geist und das Holz weitergegeben wurde.

In diesen Kaminen aus der anderen Zeit ist der Abzug nicht vollkommen ausgereift. Der Rauch tritt aus dem dicken Hauptbalken heraus, der den Steinabzug unterstützt, und breitet sich im Raum aus. Der Geruch ist stärker, und selbst, wenn es ein wenig in den Augen brennt, hält es nicht an: Ein einfacher Luftzug reicht aus, um den Rauch zu vertreiben und das goldene Feuer mit seinen blauen Flügeln endgültig zum Knistern zu bringen.

Ich erinnere mich an den gusseisernen Küchenherd meiner Großeltern. Er heizte das ganze Haus, wenn die Türen der beiden Zimmer offen blieben. Er diente zum Kochen genauso wie zum Heizen. Wasserkessel surrten unablässig darauf: für den Kaffee, für die Wärmflaschen am Abend und zur Freude, den Gesang der uralten Lieder zu hören, die sie summten. Man öffnete die Feuerstelle mit einem Schürhaken und entfernte nacheinander die zum Ofen hin immer größer werdenden Ringe. Mein Großvater entzündete das Feuer mit Zeitungspapier und einem getrockneten Maiskolben, was ihm einen Geruch verlieh, den ich niemals wiedergefunden habe. Es kommt vor, dass ich im November Maiskolben auf den Feldern suche, die von der furchterregenden Maschine in Form einer Gottesanbeterin, die sie heute mäht, verwüstet worden sind, dann aber aufgebe, da ich sonst diese von monströsen Zähnen zerfetzten Wracks trocknen müsste. Glücklicherweise hat das Holz seinen Geruch behalten.

Am liebsten mag ich, wie ich schon sagte, das Holz der Eiche. Das Ahornholz verbreitet einen herberen Geruch, der sicherlich tiefer und geheimnisvoller ist. Es unterhält das Feuer nicht so gut und verbrennt schneller. Wie das Holz der Pappel, der Esche oder der Linde, die für die Kamine nur Nothölzer sind. Nur die Kastanie findet noch Gnade vor meinen Augen. Ihr Holz duftet nicht so gut wie das der Eiche, doch es knistert und knackt fröhlich wie die alten Dielenböden. Es ist ein warmherzigeres, zarteres und nicht so selbstgefälliges Holz wie das der Eiche. Ein Holz, das die Hände besser wärmt als den Körper und fast genauso viel Esprit hat wie die Eiche.

Im Herbst sollte man die Kastanien auf diesem Feuer backen. In der Mitte einer löchrigen Pfanne, nachdem man sie eingeschnitten hat, damit sie nicht platzen. Beim Erhitzen knacken sie mit kurzen Seufzern, wie ein schlafendes Kind. Man kann in derselben Jahreszeit auch Äpfel backen, indem man sie unter der Asche vergräbt. Großer Luxus sind die Kartoffeln, die gegrillt wieder hervorkommen – auf der einen Seite schwarz, noch weich auf der anderen. Ihre Schale muss man essen, sich dabei wie unsere Vorfahren die Finger verbrennen, dieses wertvolle Fleisch genießen, das sie vor einigen Hungersnöten gerettet hat, und im Feuerbock das Glas mit Wein anwärmen, der sie noch lieblicher schmecken lässt.