INHALT

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  1. Titel
  2. Impressum
  3. Widmung
  4. Zitat
  5. Prolog
  6. Teil 1. In the Beginning
  7. Kaba & Nutella – Erste Kindheitserinnerungen
  8. Viel zu viel und viel zu wenig – Meine Eltern
  9. Bier & Schläge – »Papa was a drunken Stone«
  10. Adam & Eva – Nicht immer das Paradies
  11. Löwenzahn im Asphalt – Kuckuckskind
  12. Musik – Meine erste grosse Liebe
  13. Der Bauklotz-Trick – Wunderbare Mädchen
  14. Neue Wohnung – Mannheim-Vogelstang
  15. Wahlfamilie – Die Welt des Theaters
  16. Körperspiele – Nudel-Contest und Schlafsack-Ängste
  17. Teil 2. Coming of Age
  18. Rocker & An 1 – Ferien von den Eltern
  19. Mutter München und die Pension Olive – Mein erster Film
  20. Tschüss Schule! – Aufbruch ins Leben
  21. Tschüss Brille! – Sonya, die erste Beziehung
  22. »Ich fachte, mir platzt das Hirn« – Das erste Mal
  23. Lieben und Lernen – Auf der Schauspielschule
  24. »Ich freu mich auf Morgen früh!« – Ein ganz normales Leben
  25. Untauglich – Der Anti-Einberufungs-Eiweisstrick
  26. Krisenfest – Sonyas Affäre
  27. Die hohe Kunst des Schauspiels – Was einen guten Darsteller ausmacht
  28. Teil 3. Wild Times
  29. Nach der Schauspielschule – Erste Film- und Theaterrollen
  30. Das Ding – London, Vilma und eine abenteuerliche Fahrt
  31. Ibiza 79 – Sonne, Strand und Partys mit Richy Müller
  32. Kiffen, Koks, Konversation – In Amsterdam
  33. Das Boot – Ein Welterfolg
  34. Gesiebte Luft – Wegen Koks im Knast
  35. Die verhasste Leo-Unterhose – Männer
  36. »Du musst dich doof stellen« – Schauspielkunst
  37. Rosana & Rocco – Familie zum Ersten
  38. Butterbrot im Teamtheater – Back to the Roots
  39. Hollywood? – »Nee, besser doch nicht!«
  40. Teil 4. Films & Family
  41. Natascha – Eine Frau fürs Leben?
  42. Wilson und Jimi – Warum sie nicht Klaus und Detlef heissen
  43. »Wo die Sprache aufhört, fängt die Musik an« – In den Charts
  44. Schtonk! Oder Stunk? – Die Oscar-Farce
  45. Bis dass der Tod uns scheidet – Unsere Hochzeit
  46. 40 Jahre – Mehr als 120 Filme
  47. Versöhnung – Mit Cheyenne als Sahnehäubchen
  48. Filme fürs Leben – Leben für den Film
  49. Meine wilden Kerle – Ein gefährlicher Versuch
  50. Mit Wilson und Jimi auf den Spuren von Hendrix – Marokko Revisited
  51. »Schlaf gut, Inge« – Der Tod meiner Mutter
  52. Minus Achtzehn – Trennung von Natascha
  53. Kids – Das Projekt »Familie«
  54. Teil 5. Taday & Tomorrow
  55. Kiki – nicht gesucht und doch gefunden
  56. Magic Moments – Über Beziehungen und Liebe
  57. Die verkorkste Crème Brûlée – Wie Tim Mälzer und Ich Freunde wurden
  58. Über den Tellerrand schauen – Gedanken und Einsichten
  59. »Ich hab noch dreissig Sommer!« – Aussichten
  60. Abspann
  61. Bildtafelteil

Uwe Ochsenknecht
mit Claudia Thesenfitz

WAS BISHER
GESCHAH

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BASTEI ENTERTAINMENT

Für Kiki, Rocco, Wilson, Jimi und Cheyenne

»Wenn du glücklich sein willst – dann sei es!«

Tolstoi

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PROLOG

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Nationaltheater Mannheim, November 1970, 15.20 Uhr

»Ach deswegen hast du so einen doofen Anzug an«, sage ich zu Emil, der eben mit dem Zug aus seiner Heimatstadt im großen Berlin eingetroffen ist.

»Nimm das sofort zurück! Sonst kleb ich dir eine, dass du scheintot hinfällst«, antwortet der und funkelt mich kampfeslustig an.

Ich bin vierzehn und spiele meine erste große Theaterrolle – die des Gustav in der Bühnenfassung von Erich Kästners berühmtem Kinderroman Emil und die Detektive. Tagelang habe ich meinen Text geübt, ihn mit meinen Kumpeln durchgespielt und versucht, mich in den Berliner Jungen einzufühlen. Was ist das für ein Kerl, der mit einer Hupe durch die Hauptstadt läuft und durch sein simples Getröte in Sekundenschnelle eine ganze Kinder-Gang versammeln kann? Er trötet, und sie kommen aus allen Ecken. Kenne ich Jungs, die so sind wie er? Das Kostüm – eine zu kurze Hose mit Hosenträgern und ein zerschlissenes Hemd – sowie meine zerwühlten Haare helfen mir, mich in die Situation des Berliner Straßenjungen hineinzudenken.

Im Stück haben Emil und ich uns gerade kennengelernt, nun sitzen wir nebeneinander auf einer Bank.

»Ich beobachte einen Dieb«, sagt Emil geheimnisvoll zu mir.

»Was? Wen hat er denn beklaut?«

»Mich!«, erwidert er.

Ich gucke ihn verblüfft an und spiele an der Hupe, die aus meiner Hosentasche hängt. »Hundertvierzig Mark hat er mir gestohlen, und jetzt sitzt er da drüben im Café und lässt sich’s gutgehen!«

»Das ist ja wie im Kino«, rufe ich begeistert und starre wie gebannt auf die andere Seite der Bühne in ein Café, das es gar nicht gibt.

Der alte Bühnenscheinwerfer oben an der Decke strahlt mich an, und mit jeder Minute, die ich spiele, versetze ich mich mehr in die Figur hinein. Die Sätze kommen mir ohne Stocken über die Lippen. Ich bin jetzt Gustav, der »Junge mit der Hupe«, und die Tröte gehört zu mir wie ein drittes Bein.

Im Zuschauerraum ist es dunkel, ich sehe nur die Gesichter in den ersten Reihen, und die Leute schauen mich gebannt an, wenn ich spreche. Ich spüre ihre Aufmerksamkeit und ihre Blicke, die mir folgen. Das fühlt sich phantastisch an. Ich höre meine eigene Stimme, während über hundert Menschen im Saal ganz still sind und mir zuhören. Mein Herz klopft mir bis zum Hals vor Freude. Es ist wie ein Rausch, wie Musikhören, wie Tanzen, wie Biertrinken – wie küssen! Und mir geht es nicht alleine so: Auch den anderen merke ich den Spaß beim Spielen an. Wir machen hier etwas Großes – und schaukeln uns gegenseitig hoch. Eine euphorisierende Dynamik entsteht zwischen uns. So etwas Tolles habe ich noch nie erlebt. Das ist spannender als jeder Film, den ich bisher gesehen habe, das ist intensiver als jede Mutprobe, die ich bisher bestehen musste.

An den dramatischen Stellen wird es ganz still im Saal, und bei überraschenden Wendungen ruft ab und an ein Kind erschrocken »Oh« im Zuschauerraum. Wir scheinen also überzeugend zu spielen. Plötzlich – viel zu schnell – ist das Stück dann zu Ende.

Der Vorhang fällt. Lauter Applaus brandet auf. Bravo-Rufe ertönen. Ein völlig neues Glücksgefühl durchströmt mich. Der Beifall prasselt wie eine warme Dusche auf mich nieder. Wir laufen einzeln vor den Vorhang und verbeugen uns vor dem Publikum. Bei jedem von uns wird das anhaltende Klatschen wieder lauter. Ich fühle mich phantastisch. Zum ersten Mal werde ich wirklich gesehen, anerkannt, geliebt …

Ist das hier meine Zukunft?

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