Ulrich Offenberg
DIE GESCHICHTE
DES ISLAM
© Verlag KOMPLETT-MEDIA GmbH
2007, München/Grünwald
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20. April 571: | Geburt Mohammeds in Mekka |
577: | Tod der Mutter Amina, Mohammed wächst bei Großvater und Onkel auf |
595: | Hochzeit mit der reichen Kaufmannswitwe Chadidscha |
605: | Wiederaufbau der Kaaba von Mekka |
611: | Erscheinung des Erzengels Gabriel (Dschibril) |
614: | Flucht von Mohammeds Anhängern nach Äthiopien |
619: | Tod von Chadidscha |
621: | Gelöbnis von Àquaba |
622: | Gelöbnis des Krieges |
16. Juli 622: | Emigration von Mohammed nach Medina („Heschra“), Beginn der Zeitrechnung und Jahr 1 im Islam |
24. September 622: | Ende der Flucht aus Mekka |
17. März 624: | Schlacht und Sieg gegen die Mekkaner unter Mohammed |
625: | Erste Niederlage Mohammeds |
627: | Sieg in Medina |
628: | Pilgermarsch gegen Mekka |
630: | Sieg gegen Mekka |
632: | Pilgerkarawane nach Mekka |
8. Juni 632: | Tod Mohammeds |
632 – 661: | Ära der rechtgeleiteten Kalifen |
643: | Eroberung Ägyptens und Zug nach Westen |
661: | Schisma, Teilung in die Glaubensrichtungen der Schiiten und Sunniten |
661 – 750: | Dynastie der Omajaden |
711: | Start der Eroberung Europas |
732: | Schlacht bei Tours & Poitiers stoppt Vormarsch des Islam |
749 bis 11. Jh.: | Kalifat der Abbasiden |
1095 – 1291: | Kreuzzüge der Christen in das „Heilige Land“ |
1258: | Eroberung Bagdads durch die Mongolen |
1299 – 1923: | Dynastie der Osmanen |
1453: | Konstantinopel fällt an die Türken |
1521: | Belgrad wird von den Türken erobert |
1683: | Belagerung Wiens |
1699: | Vertrag von Carlowitz |
1924: | Vertreibung der Haschemiten in Mekka durch die Saudis |
Mohammed, der Barmherzige
Der kriegerische Islam
Kollektive Angst in Europa
Die Eroberung des Westens
Die Historie von Mekka
Versöhnung von Juden und Christen
Das glückliche Arabien
Die Gründung von Mekka
Die Geburt des Propheten
Heirat mit der reichen Witwe
Die Erscheinung des Gabriel
Widerstand gegen die neue Lehre
Die Verbannung der Hashim
Ein Wunder hilft
Mohammeds Reise ins Licht
Die Gelöbnisse von Yathrib
Flucht nach Medina
Der Prediger wird Politiker
Der erste Glaubenskrieg
Angriff auf Mekka
Der Pilgermarsch auf Mekka
Der Harem des Propheten
Die letzten Tage
Unter allen Religionen und Kulturen ist der Islam diejenige, die in Europa am wenigsten verstanden und am meisten gefürchtet wird. Das mag vielerlei Gründe haben. Einer davon ist sicherlich, dass der Islam nach dem Christentum entstand und den Anspruch stellte, alle ihr vorausgegangenen Religionen zu vollenden und zu krönen. Ein anderer Grund ist die Jahrhunderte lange Verbreitung des Islam durch Feuer und Schwert. Dabei wird gerne vergessen, dass etwa die Juden unter dem Schutz der Muslime im Mittelalter eine bedeutend bessere Stellung als zum Beispiel im christlichen Abendland hatten. Mohammed, der Bote Allahs, des einzigen Gottes, hatte nämlich tatsächlich Toleranz gegenüber den Andersgläubigen gepredigt. Davon will wiederum der „islamische Fundamentalismus“ nichts wissen. Auch dadurch werden heute Ängste gegen den Islam geschürt.
Nicht zuletzt verunsichert viele Menschen die Gegenwart so vieler Muslime in Mitteleuropa, deren Sitten und Gebräuche vielen so unverständlich erscheinen. Tatsache aber ist, dass heute immer mehr Europäer und Amerikaner auf der mystischen Suche nach Hoffnung und Frömmigkeit zum Islam übertreten. Die Suche nach einem Halt, den ihnen scheinbar die moderne Zivilisation und selbst viele Kirchen nicht geben können, lassen sie die Suren des Korans studieren.
Umso wichtiger – und interessanter – ist es, die Religion und die Lehre des Islam genauer kennen zu lernen. Nicht nur, um Vorurteile abzubauen, sondern auch um typische Verhaltensweisen der Muslime besser zu verstehen.
Zu allererst muss man die Allgegenwarts-Idee des Islam kennen. Der Gott des Islam ist „gegenwärtig und schauend“, wie es heißt, und jeder Muslim weiß, dass er keinen Atemzug tun kann, ohne diesem allgewaltigen Herrn verantwortlich zu sein – daher die Pflicht, auch die kleinsten Gebote einzuhalten und die scheinbar unwichtigsten Handlungen des Lebens zu heiligen. Diese Gewissheit der Gegenwart Gottes ist auch der Grund für den so genannten islamischen „Fatalismus. Das ist kein Glaube an ein blindes Fatum, sondern das Vertrauen auf einen unendlich weisen Herrn, der in seiner Allwissenheit die Welt so lenkt, wie es am besten ist, so dass am Ende das von ihm geschaffene Werk vollendet sein wird – ein Gefühl, das einem Christen durchaus vertraut sein dürfte.
Die Muslime haben in ihrer Dichtung das Leben oft mit einem Teppich verglichen, dessen endgültiges Muster nur der große Webmeister kennt. So ist der islamische „Fatalismus“ in Wahrheit ein festes Vertrauen auf den Gott, der im Koran „Der Barmherzige der Erbarmer“ genannt wird – und mit diesen Namen beginnt auch jedes Kapitel des Korans. Dieser eine und einzige Gott hat, wie der zweite Satz des Glaubensbekenntnisses versichert, seinen Willen durch die Propheten verkündet, deren letzter Mohammed ist. In seiner Offenbarung ist noch einmal die Fülle der früheren Offenbarungen zusammengefasst, die seit Adam immer aufs Neue der Welt gegeben worden sind.
Für die Muslime ist Mohammed nicht der sinnliche, grausame Politiker, den die Abendländer Jahrhunderte lang in ihm sahen und auch heute noch sehen; für sie ist Mohammed die vollkommenste Vereinigung aller positiven menschlichen Eigenschaften. Ein Fürbitter und liebender Führer seiner Gemeinde, ein Mann, gesandt als „Erbarmung für die Welten, ein Führer, den man verehren und dem man nachfolgen muss“. Der persische Mystiker Dschelaladdin Rumi nannte Mohammed das Gefäß, durch das Gott den Wein der Offenbarung und der göttlichen Liebe fließen ließ.
Es gibt viele Varianten im Islam, da sich die Religion in den vergangenen 1400 Jahren über alle Teile der Welt ausgebreitet hat. Jede Nation, jede der zahlreichen Sprachen, in denen sich die Muslime ausdrücken, hat neue kleine Nuancen hinzugefügt. Und doch bleibt die große Einheit bestehen - wie ein gewaltiger Baum mit Ästen, Zweigen, Blättern, Blüten, Früchten und Nestern für Vögel und andere Tiere. Diese Vielfalt reflektiert die große göttliche Einheit.
Als das Christentum vom Römischen Reich Besitz ergriff, konnte man davon ausgehen, dass nichts die universelle Ausbreitung der christlichen Botschaft würde aufhalten können. Doch im 7. Jahrhundert stoppte der Islam die Lehre Jesu. Es schien, als habe Gott einen schrecklichen Fehler begangen. Palästina und andere Länder des Nahen Ostens waren zusammen mit dem christlichen Ägypten von einem Ungeheuer verschlungen worden, das ohne Vorwarnung aus der arabischen Wüste gekommen war. Die Grundfesten der Welt waren erschüttert worden, und der Schatten der Finsternis hatte sich über das Herz der Christenheit, das Heilige Land, gelegt. So lag es nahe, den Glauben der wilden Eroberer, die aus der Wüste kamen, als satanisch abzuqualifizieren. Papst Innozenz III. hatte Mohammed als „Antichristen“ bezeichnet, fast 700 Jahre später beschrieb ihn der britische Forschungsreisende Doughty als „schmutzigen und perfiden“ Araber.