
Über den Autor
Hinter dem Namen Erin Hunter verbergen sich gleich mehrere Autorinnen: Während Victoria Holmes meistens die Ideen für die Geschichten hat und das gesamte Geschehen im Auge behält, bringen Cherith Baldry, Kate Cary und Tui Sutherland die Abenteuer der Katzen-Clans zu Papier.
Ebenfalls aus der Feder dieses erfolgreichen Autorinnenteams stammt die Bärenfantasy-Reihe SEEKERS. Die Abenteuer der SURVIVOR DOGS schreiben Gillian Philips und Inbali Iserless.
Impressum
Dieses E-Book ist auch als Printausgabe erhältlich
(ISBN 978-3-407-74359-6)
www.beltz.de
© 2009, 2012 Beltz & Gelberg
in der Verlagsgruppe Beltz · Weinheim Basel
Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten
© Working Partners Ltd.
Die Originalausgabe erschien 2004 u.d.T.
Warrior Cats – A Dangerous Path
bei HarperCollins Children’s Books, London
Aus dem Englischen von Friederike Levin
Lektorat: Julia Röhlig
Neue Rechtschreibung
Einbandgestaltung: Hauptmann und Kompanie Werbeagentur, München – Zürich
E-Book: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza
ISBN 978-3-407-74277-3
Dem echten Brombeerpfote
Mit besonderem Dank an Cherith Baldry
WARRIOR CATS
In die Wildnis (Band 1)
Feuer und Eis (Band 2)
Geheimnis des Waldes (Band 3)
Vor dem Sturm (Band 4)
Gefährliche Spuren (Band 5)
Stunde der Finsternis (Band 6)
WARRIOR CATS
Die neue Prophezeiung
Mitternacht (Band 1)
Mondschein (Band 2)
Morgenröte (Band 3)
Sternenglanz (Band 4)
Dämmerung (Band 5)
Sonnenuntergang (Band 6)
WARRIOR CATS
Die Macht der drei
Der geheime Blick (Band 1)
Fluss der Finsternis (Band 2)
Verbannt (Band 3)
Zeit der Dunkelheit (Band 4)
Lange Schatten (Band 5)
Sonnenaufgang (Band 6)
WARRIOR CATS
Special Adventure
Feuersterns Mission
Das Schicksal des WolkenClans
Blausterns Prophezeiung
WARRIOR CATS
Die Welt der Clans
Das Gesetz der Krieger
Alle Abenteuer auch als Printausgaben und Hörbücher bei Beltz & Gelberg
www.warriorcats.de
DIE HIERARCHIE DER KATZEN
|
Anführer |
BLAUSTERN – blaugraue Kätzin mit einer Spur Silber um die Schnauze |
Zweiter Anführer |
FEUERHERZ – hübscher Kater mit rotem Fell; Mentor von WOLKENPFOTE |
Heiler |
RUSSPELZ – dunkelgraue Kätzin |
Krieger |
(Kater und Kätzinnen ohne Junge) |
|
WEISSPELZ – großer, weißer Kater; Mentor von MAISPFOTE |
|
DUNKELSTREIF – schlanker, schwarzgrau getigerter Kater; Mentor von RAUCHPFOTE |
|
FROSTFELL – Kätzin mit schönem, weißem Fell und blauen Augen |
|
BUNTGESICHT – hübsch gescheckte Kätzin |
|
LANGSCHWEIF – Kater mit hellem Fell und schwarzen Streifen; Mentor von WIESELPFOTE |
|
MAUSEFELL – kleine, schwarzbraune Kätzin; Mentorin von DORNENPFOTE |
|
FARNPELZ – goldbraun getigerter Kater |
|
BORKENPELZ – dunkelbraun getigerter Kater; Mentor von ASCHENPFOTE |
|
SANDSTURM – helle, gelbbraune Kätzin |
Schüler |
(über sechs Monde alt, in der Ausbildung zum Krieger) |
|
WIESELPFOTE – schwarz-weißer Kater |
|
WOLKENPFOTE – langhaariger, weißer Kater |
|
MAISPFOTE – Kätzin, weiß mit hellbraunen Flecken |
|
DORNENPFOTE – goldbraun getigerter Kater |
|
RAUCHPFOTE – hellgraue Kätzin mit dunkleren Flecken, hellgrüne Augen |
|
ASCHENPFOTE – hellgrauer Kater mit dunkleren Flecken, dunkelblaue Augen |
Königinnen |
(Kätzinnen, die Junge erwarten oder aufziehen) |
|
GOLDBLÜTE – helles, gelbbraunes Fell |
|
FLECKENSCHWEIF – hell gescheckt; älteste Königin in der Kinderstube |
|
GLANZFELL – sehr hellgraue Kätzin mit ungewöhnlich blauen Augen |
Älteste |
(ehemalige Krieger und Königinnen, jetzt im Ruhestand) |
|
EINAUGE – älteste Kätzin im DonnerClan mit hellem Fell; fast blind und taub |
|
KLEINOHR – ältester Kater im DonnerClan mit grauem Fell und sehr kleinen Ohren |
|
TUPFENSCHWEIF – einst hübsche, schildpattfarbene Kätzin mit einem wunderbar gefleckten Fell |
|
Anführer |
TIGERSTERN – großer, dunkelbraun getigerter Kater mit ungewöhnlich langen Vorderkrallen; gehörte früher zum DonnerClan |
Zweiter Anführer |
SCHWARZFUSS – großer, weißer Kater mit riesigen, pechschwarzen Pfoten |
Heiler |
TRIEFNASE – kleiner, grau-weißer Kater |
Krieger |
EICHENFELL – kleiner, brauner Kater |
|
KLEINWOLKE – sehr kleiner, getigerter Kater |
|
DUNKELBLÜTE – schwarze Kätzin |
|
KIESELSTEIN – silbergrau getigerter Kater; ehemaliger Streuner |
Königin |
MOHNBLÜTE – langbeinige, hellbraun gescheckte Kätzin |
|
Anführer |
RIESENSTERN – schwarz-weißer Kater mit sehr langem Schwanz |
Zweiter Anführer |
LAHMFUSS – schwarzer Kater mit verkrüppelter Pfote |
Heiler |
RINDENGESICHT – brauner Kater mit kurzem Schwanz |
Krieger |
MOORKRALLE – gesprenkelter, dunkelbrauner Kater |
|
SPINNENFUSS – dunkelgrau getigerter Kater |
|
FETZOHR – getigerter Kater |
|
LAUFTATZE – goldbraune Kätzin |
|
KURZBART – braun gescheckter Kater; Mentor von GINSTERPFOTE |
Königinnen |
ASCHENFUSS – graue Kätzin |
|
MORGENBLÜTE – schildpattfarbene Kätzin |
|
Anführer |
STREIFENSTERN – riesiger, hell getigerter Kater mit schiefem Kiefer |
Zweiter Anführer |
LEOPARDENFELL – ungewöhnlich getupfte goldfarbene Kätzin |
Heiler |
SCHMUTZFELL – langhaariger, hellbrauner Kater |
Krieger |
SCHWARZKRALLE – rauchschwarzer Kater |
|
BLEIFUSS – stämmiger, getigerter Kater; Mentor von DÄMMERPFOTE |
|
STEINFELL – grauer Kater mit Kampfnarben an den Ohren |
|
NEBELFUSS – dunkelgraue Kätzin mit blauen Augen |
|
SCHATTENPELZ – tief dunkelgraue Kätzin |
|
GRAUSTREIF – langhaariger, grauer Kater aus dem DonnerClan |
Königin |
MOOSPELZ – schildpattfarbene Kätzin |
Älteste |
GRAUTEICH – dünne, graue Kätzin mit schütterem Fell und Narben an der Schnauze |
KATZEN AUSSERHALB DER CLANS |
|
MIKUSCH – schwarz-weißer Kater; lebt auf einem Bauernhof nahe am Wald |
|
RABENPFOTE – schlanker, schwarzer Kater mit weißer Schwanzspitze |
|
PRINZESSIN – hellbraun getigerte Kätzin mit auffällig weißer Brust und weißen Pfoten; ein Hauskätzchen |
|
WULLE – pummeliges, zutrauliches schwarz-weißes Kätzchen; lebt in einem Haus am Waldrand |
PROLOG
Alles war dunkel. Der Leithund konnte das Kratzen der Krallen hören und den glatten Pelz des Hundes neben sich spüren, sehen konnte er aber nichts. Hundegeruch steckte ihm in der Nase, dazwischen roch er den brennenden Wald.
Unsicher setzte er sich auf den schwankenden Boden, bis der Kasten schlingernd zum Stehen kam. In der Nähe hörte er Menschenstimmen. Er verstand einige Worte. »Feuer … pass auf … Hunde bewachen.«
Der Leithund witterte den Angstgeruch der Menschen, zusammen mit dem bittersüßen Duft nach geschlagenem Holz. Er erinnerte sich, dass er in der vergangenen Nacht hier gewesen war und in der Nacht davor, mehr als vier Pfoten an Nächten. Er hatte mit der ganzen Meute das Gelände durchstreift, Witterung von möglichen Eindringlingen aufgenommen, bereit, sie zu vertreiben.
Der Hund knurrte leise, die Lefzen über scharfen Zähnen zurückgezogen. Das Rudel war stark. Sie konnten rennen und töten. Sie lechzten nach warmem Blut und dem Schreckensgeruch der Beute. Stattdessen waren sie eingepfercht, fraßen, was ihnen Menschen vorwarfen, und gehorchten ihren Menschenbefehlen.
Der Leithund erhob sich auf seine mächtigen Pfoten und rüttelte an den Türen des Kastens, indem er sie mit seinem massigen schwarzbraunen Schädel rammte. Er erhob die Stimme zum Gebell, das in dem engen Raum umso lauter erklang. »Raus! Meute raus! Raus jetzt!«
Die übrigen Hunde fielen ein. »Meute raus! Meute rennt!«
Wie eine Antwort schwangen die Türen auf. Im Zwielicht konnte der Leithund den Menschen stehen sehen, der einen Befehl blaffte.
Der Leithund sprang als Erster ab und landete dicht neben einem Holzstapel in der Mitte des Areals. Mit den Pfoten wirbelte er kleine Asche- und Rußwolken auf. Wie ein schwarzbrauner Strom folgte ihm der Rest der Meute. »Meute folgt! Meute folgt!«, bellten sie. Der Leithund trabte unruhig am Zaun entlang, der Barriere zum Wald. Hinter dem Zaun stützten sich ausgebrannte Baumstämme gegenseitig oder lagen am Boden. Weiter weg rauschte eine Wand aus unversehrten Bäumen im Wind.
Verlockende Düfte strömten aus den blattdichten Schatten. Die Muskeln des Hundes strafften sich. Dort draußen im beutevollen Wald konnte die Meute frei laufen. Dort gab es keine Menschen mit Ketten und Befehlen. Sie würden fressen, so oft sie wollten, denn dort waren sie die Stärksten und Wildesten von allen.
»Frei!«, bellte der Leithund. »Meute frei! Jetzt frei!«
Er trat an den Zaun, presste seine Nase an die Maschen und sog die Düfte des Waldes tief in seine Lungen. Es gab viele Gerüche, die er noch nie gerochen hatte, aber da war einer, den kannte er gut, er war stärker als die übrigen, der Geruch seines Feindes und seiner Beute.
Katzen!
Die Nacht war hereingebrochen. Blattlose Zweige von verkohlten Bäumen zeichneten sich vor dem vollen Mond ab. In der Dunkelheit streiften die Hunde hin und her, dunkle Schatten in der Nacht. Pfoten tappten leise auf Ruß und Sägemehl. Muskeln spielten unter glänzendem Fell. Ihre Augen funkelten. Ihre Kiefer standen offen, entblößten scharfe Zähne und heraushängende Zungen.
Der Leithund schnüffelte unten am Zaun entlang, auf der Suche nach einer bestimmten Stelle, weit weg von der Seite des Geländes, wo der Mensch übernachtete. Vor drei Nächten hatte der Hund ein kleines Loch unter dem Zaun entdeckt. Er hatte gleich gewusst, dass dieser Weg die Meute in die Freiheit führen würde.
»Loch. Loch, wo?«, knurrte er.
Dann entdeckte er die Stelle, an der das Gelände in einer Kuhle abfiel. Seine riesige Pranke kratzte am Boden. Der Hund hob den Kopf, um seinem Gefolge zuzubellen. »Hier. Loch, Loch. Hier.«
Ihre Ungeduld bohrte sich in seine Gedanken, scharf wie Dornen, heiß wie fauliges Fleisch. Sie sprangen zu ihrem Anführer, antworteten auf sein Gebell. »Loch. Loch.«
»Groß, Loch groß«, versprach der Leithund. »Lauft, gleich.«
Er begann, mit der ganzen Kraft seines muskulösen Körpers am Boden zu scharren. Erdkrümel flogen, während das Loch unter dem Maschendrahtzaun größer und tiefer wurde. Die übrigen Hunde liefen umher und witterten in der Nachtluft, die ihnen die Düfte des Waldes zutrug. Ihr Speichel floss bei dem Gedanken an die warmen Körper lebender Beute, in die sie ihre Zähne schlagen würden.
Der Leithund hielt inne, spitzte die Ohren, ob der Mensch unterwegs war, um nach ihnen zu sehen. Aber da war nichts von ihm zu entdecken und sein Geruch wehte schwach aus weiter Ferne.
Der Leithund legte sich platt auf den Boden und quetschte sich in das Loch. Der untere Rand des Zauns schabte an seinem Fell. Der Hund stieß sich heftig mit den Hinterläufen ab, um sich voranzutreiben, bis er sich hochstemmen und draußen im Wald aufrichten konnte.
»Frei, jetzt«, bellte er. »Kommt! Kommt!«
Das Loch wurde immer tiefer, während sich ein Hund nach dem anderen hindurchkämpfte, um sich zu seinem Anführer zwischen den ausgebrannten Bäumen zu gesellen. Sie trotteten hin und her, stießen ihre Schnauzen in die Löcher zwischen den Wurzeln der Bäume, starrten in die Finsternis. In ihren Augen glomm ein kaltes Feuer.
Als sich der letzte Hund unter dem Zaun hindurchgeschoben hatte, hob der Leithund den Kopf und bellte triumphierend: »Lauft. Meute frei. Jetzt lauft!«
Er wandte sich den Bäumen zu und lief davon, kraftvolle Muskeln arbeiteten geschmeidig und schnell. Die Meute strömte hinter ihm her, ihre dunklen Gestalten huschten durch die Waldnacht. Meute, Meute, dachten sie. Meute rennt.
Der Wald gehörte ihnen ganz allein und ein einziger Instinkt beherrschte ihre Sinne: Töten! Töten!
1. Kapitel
Feuerherz’ Fell sträubte sich, als er ungläubig und wütend zu dem neuen Anführer des SchattenClans auf dem Großfelsen aufblickte. Er sah zu, wie der Kater seinen massigen Schädel hin und her wiegte. Muskeln spielten unter seinem glänzenden Pelz und die Bernsteinaugen leuchteten triumphierend.
»Tigerkralle!«, fauchte Feuerherz. Sein alter Feind – der Kater, der mehr als einmal versucht hatte, ihn zu töten – war jetzt eine der mächtigsten Katzen des Waldes.
Der Vollmond stand inzwischen hoch über dem Baumgeviert und ergoss sein kaltes Licht über die Katzen der vier Clans, die sich hier versammelt hatten. Sie alle hatte der Tod von Nachtstern, dem bisherigen Anführer des SchattenClans, tief getroffen. Aber keine Katze im Wald hätte damit gerechnet, dass Tigerkralle, der ehemalige Zweite Anführer des DonnerClans, dessen Nachfolge antreten würde.
Dunkelstreif, der sich an Feuerherz’ Seite hielt, schien vor Schreck erstarrt, seine Augen blitzten. Feuerherz fragte sich, welche Gedanken dem Clangenossen mit dem schwarz-grauen Pelz durch den Kopf gingen. Als Tigerkralle aus dem DonnerClan verstoßen worden war, hatte der seinen alten Freund gefragt, ob er mit ihm gehen würde, was Dunkelstreif abgelehnt hatte. Bedauerte er diese Entscheidung jetzt?
Feuerherz entdeckte Sandsturm, die sich einen Weg durch die Menge zu ihm bahnte. »Was soll das?«, fauchte die hellbraune Kätzin, als sie in Hörweite angekommen war. »Tigerkralle kann den SchattenClan nicht anführen. Er ist ein Verräter!«
Mit pochendem Herzen überlegte Feuerherz. Kurz nach seiner Aufnahme in den DonnerClan hatte Feuerherz entdeckt, dass Tigerkralle den ehemaligen Zweiten Anführer, Rotschweif, ermordet hatte. Nachdem Tigerkralle dann selbst Zweiter Anführer geworden war, hatte er streunende Katzen angestiftet, das Lager des DonnerClans anzugreifen, um Blaustern, die Anführerin, zu ermorden. Tigerkralle hatte ihren Platz einnehmen wollen. Zur Strafe war er aus dem Clan und dem Wald verstoßen worden. Das war gewiss keine ruhmreiche Vergangenheit für den Anführer eines Clans.
»Im SchattenClan wissen sie aber von alldem nichts«, erinnerte Feuerherz Sandsturm jetzt mit leiser Stimme. »Keiner der anderen Clans weiß darüber Bescheid.«
»Dann solltest du ihnen davon erzählen!«
Feuerherz blickte zu Riesenstern und Streifenstern auf, den jeweiligen Anführern des Wind- und des FlussClans, die neben Tigerkralle auf dem Großfelsen standen. Würden sie ihm glauben, wenn er ihnen erzählte, was er wusste? Der SchattenClan hatte sehr unter Braunsterns blutrünstiger Führung gelitten, auf die eine entsetzliche Krankheit gefolgt war. Vermutlich interessierte sich niemand dafür, was ihr neuer Anführer getan hatte, solange er wieder einen mächtigen Clan aus ihnen machte.
Außerdem konnte Feuerherz ein heimliches, wenn auch schuldbewusstes Gefühl der Erleichterung nicht unterdrücken, dass Tigerkralle seine Machtgier nun in einem anderen Clan gestillt hatte. Vielleicht brauchte der DonnerClan jetzt keine Angriffe mehr von ihm fürchten, und Feuerherz konnte wieder durch den Wald laufen, ohne ständig über die Schulter zu blicken.
Widersprüchliche Gefühle kämpften in ihm, denn er wusste, dass er es sich nie verzeihen würde, wenn er tatenlos zusah, wie Tigerkralle wieder an die Macht kam.
»Feuerherz!« Er drehte sich um und erblickte Wolkenpfote, seinen Schüler mit dem langen, weißen Pelz, der flink auf ihn zugetappt kam, dicht gefolgt von der drahtigen Kriegerin Mausefell. »Feuerherz, willst du hier bloß rumstehen und zulassen, dass dieser Haufen Fuchslosung alles an sich reißt?«
»Langsam, Wolkenpfote«, befahl Feuerherz. »Ich weiß, dass ich –«
Er brach ab, als er sah, wie Tigerkralle auf dem Großfelsen vortrat.
»Ich freue mich sehr, dass ich heute Nacht hier mit euch an dieser Versammlung teilnehmen darf.« Der große Tigerkater sprach mit würdevoller Gelassenheit. »Ich stehe hier vor euch als neuer Anführer des SchattenClans. Nachtstern starb an jener Krankheit, der so viele des Clans zum Opfer gefallen sind, und der SternenClan hat mich zu seinem Nachfolger ernannt.«
Riesenstern, der schwarz-weiße Anführer des WindClans, wandte sich ihm zu. »Willkommen, Tigerstern«, begrüßte er ihn respektvoll mit seinem neuen Namen. »SternenClan sei mit dir.«
Streifenstern miaute zustimmend, als der neue SchattenClan-Anführer dankend nickte.
»Es ist mir eine Ehre«, antwortete Tigerstern, »hier mit euch zu stehen, auch wenn ich mir wünschte, die Umstände wären anders.«
»Einen Moment mal«, unterbrach ihn Riesenstern. »Wir müssten zu viert hier stehen.« Er spähte in die Katzenversammlung unter sich. »Wo ist die Anführerin des DonnerClans?«
»Mach schon.« Feuerherz wurde von einer Katze angestupst und sah sich nach Weißpelz um, der sich zu den Kriegern des DonnerClans gesellt hatte. »Du nimmst Blausterns Platz ein, denk dran!«
Feuerherz nickte ihm zu, sprechen konnte er plötzlich nicht mehr. Er spannte seine Muskeln und setzte zum Sprung an. Einen Herzschlag später hangelte er sich auf das Plateau des Großfelsens, um seinen Platz neben den drei Anführern einzunehmen. Für einen Moment stockte ihm bei dem ungewohnten Ausblick der Atem. So hoch oben über der Senke sah er, wie die Muster aus Licht und Schatten auf den Katzen unter ihm wechselten, wenn der Mond durch die Zweige der vier massigen Eichen schien. Feuerherz erschauderte, als er die zahllosen, leuchtenden Augenpaare erblickte.
»Feuerherz?« Er sah auf, als Riesenstern ihn ansprach. »Warum stehst du hier? Ist Blaustern etwas zugestoßen?«
Feuerherz neigte respektvoll den Kopf. »Unsere Anführerin hat in dem Feuer Rauch eingeatmet, und es geht ihr noch nicht gut genug, um zu reisen. Sie wird sich aber erholen«, fügte er hastig hinzu. »Es ist nichts Ernstes.«
Riesenstern nickte und Streifenstern sagte unwirsch: »Können wir jetzt anfangen? Wir verschwenden Mondlicht.«
Ohne auf eine Antwort zu warten, signalisierte der hell getigerte Anführer des FlussClans mit einem Miauen den Beginn des Treffens. Als das Gemurmel der Katzen am Boden verklungen war, miaute er: »Katzen aller Clans, willkommen zu der Versammlung. Heute haben wir einen neuen Anführer unter uns, Tigerstern.« Er deutete mit der Schwanzspitze auf den massigen Krieger. »Tigerstern, bist du jetzt bereit zu sprechen?«
Mit einem ehrfürchtigen Nicken dankte Tigerstern und trat vor, um sich der Katzenversammlung zuzuwenden. »Ich stehe hier vor euch nach dem Willen des SternenClans. Nachtstern war ein edler Krieger, aber er war alt, und er hatte nicht die Kraft, die Krankheit zu besiegen, als sie ihn ereilte. Sein Zweiter Anführer, Hellpelz, starb ebenfalls.«
Feuerherz spürte ein unangenehmes Kribbeln im Fell, als er das hörte. Clan-Anführer erhielten neun Leben, wenn sie sich aufmachten, um sich mit dem SternenClan am Mondstein auszutauschen, und Nachtstern war erst vor wenigen Blattwechseln Anführer geworden. Was war mit seinen neun Leben passiert? Hatte ihn die Krankheit so schlimm getroffen, dass sie ihm alle Leben nehmen konnte?
Unten in der Menge entdeckte Feuerherz Triefnase, den Heiler des SchattenClans, der mit gesenktem Kopf dasaß. Feuerherz konnte sein Gesicht nicht erkennen, aber die geduckte Haltung ließ darauf schließen, dass er trübseligen Gedanken nachhing. Sicher nahm es ihn sehr mit, dachte Feuerherz, dass seine ganze Kunst nicht ausgereicht hatte, seinen Anführer zu retten.
»Der SternenClan hat mich zum SchattenClan geführt, als die Not am größten war«, fuhr Tigerstern oben auf dem Großfelsen fort. »Zu wenige Katzen überlebten die Krankheit, um für die Königinnen und Ältesten zu jagen oder ihren Clan zu verteidigen, und keiner der Krieger war bereit, die Führung zu übernehmen. Darauf hat der SternenClan Triefnase ein Zeichen gesandt, dass ein anderer großer Anführer auftauchen würde. Ich schwöre bei all unseren Kriegervorfahren, dass ich dieser Anführer werden will.«
Aus dem Augenwinkel sah Feuerherz, dass Triefnase unruhig hin und her rutschte. Aus irgendeinem Grund wirkte er bei der Erwähnung der Weissagung noch betrübter.
Feuerherz erkannte plötzlich, dass seine eigene Aufgabe schwieriger geworden war. Wenn es eine Weissagung gegeben hatte, war es der SternenClan selbst gewesen, der Tigerstern zum neuen Anführer des SchattenClans erwählt hatte. Weder Feuerherz noch irgendeiner anderen Katze stand es zu, diese Entscheidung anzuzweifeln. Was konnte er jetzt noch sagen, ohne dass es wie ein Vorwurf gegen den Willen der großen Kriegervorfahren aussah?
»Dem SternenClan sei Dank«, fuhr Tigerstern fort, »dass ich Katzen mitbringen konnte, die bewiesen haben, dass sie bereitwillig für ihren neuen Clan jagen und kämpfen werden.«
Feuerherz wusste genau, welche Katzen Tigerstern meinte – die Streunerbande, die das Lager des DonnerClans angegriffen hatte! Eine sah er direkt unter dem Großfelsen sitzen, einen riesigen roten Kater, der den Schwanz um die Pfoten gelegt hatte. Als Feuerherz ihm zum letzten Mal begegnet war, hatte er mit Buntgesicht gekämpft, weil er in die Kinderstube des DonnerClans einbrechen wollte. Ironischerweise waren einige dieser streunenden Katzen im SchattenClan aufgewachsen und hatten den tyrannischen Anführer Braunstern unterstützt. Sie waren mit ihrem Anführer verjagt worden, als der DonnerClan dem unterdrückten Clan zu Hilfe geeilt war.
Riesenstern trat vor, mit skeptischem Blick. »Braunsterns Verbündete waren grausam und blutrünstig. Ist es wirklich klug, sie wieder in den Clan aufzunehmen?«
Feuerherz konnte Riesensterns Bedenken nachvollziehen, denn jene Katzen hatten den WindClan aus seinem Territorium verjagt und beinahe vernichtet. Er fragte sich, wie viele Krieger des SchattenClans so dachten wie er. Schließlich hatte Braunsterns eigener Clan kaum weniger unter dem Regiment seines mörderischen Anführers gelitten als der WindClan. Ihn überraschte, dass sie die Geächteten anscheinend einfach wieder aufgenommen hatten.
»Braunsterns Krieger sind ihm gefolgt«, antwortete Tigerstern ruhig. »Wer von euch würde das bei dem eigenen Anführer nicht tun? Nach dem Gesetz der Krieger duldet das Wort des Anführers keinen Widerspruch.« Er fuhr sich mit der Zunge über die Schnauze, bevor er fortfuhr. »Diese Katzen waren gegenüber Braunstern loyal. Jetzt werden sie mir ihre Loyalität beweisen. Schwarzfuß, der Braunsterns Zweiter Anführer war, wird jetzt auch mein Stellvertreter werden.«
Riesenstern sah immer noch skeptisch aus, aber Tigerstern hielt seinem Blick stand. »Riesenstern, deine Verachtung für Braunstern ist verständlich. Er hat deinem Clan großes Leid zugefügt. Darf ich dich aber erinnern, dass es nicht meine Entscheidung war, ihn im DonnerClan aufzunehmen und zu pflegen? Ich habe mich als Erster dagegen ausgesprochen, aber als Blaustern darauf bestand, ihm Zuflucht zu gewähren, verlangte die Treue zu meiner Anführerin, dass ich sie unterstützte.«
Der WindClan-Anführer zögerte, dann neigte er den Kopf. »Das ist wahr«, miaute er.
»Dann bitte ich dich nur um eines: Vertrau mir und gib meinen Kriegern eine Chance, zu beweisen, dass sie das Gesetz der Krieger achten und wieder loyale Mitglieder des SchattenClans werden. Der SternenClan helfe mir bei meiner wichtigsten Aufgabe, den SchattenClan wieder gesund und stark zu machen«, gelobte Tigerstern.
Wenn Tigerstern jetzt sein Ziel erreicht hat, dachte Feuerherz hoffnungsvoll, kann er vielleicht wirklich ein großer Anführer werden. Vielleicht hatten die Geächteten eine zweite Chance verdient. Vielleicht galt das auch für Tigerstern. Dennoch sträubte sich jedes einzelne Haar in seinem Pelz. Er wollte klarstellen, dass sich der DonnerClan nicht mehr täuschen ließ.
Tief in Gedanken versunken hätte Feuerherz beinahe das Ende von Tigersterns Ansprache an die Katzenversammlung verpasst.
»Feuerherz?«, miaute Riesenstern. »Willst du jetzt sprechen?«
Feuerherz schluckte nervös und trat vor. Der Fels unter seinen Pfoten fühlte sich kühl und glatt an. Unten konnte er Sandsturm und die anderen Katzen des DonnerClans sehen, die erwartungsvoll zu ihm aufblickten. Die Augen der gelben Kätzin leuchteten voller Bewunderung und gaben Feuerherz neue Kraft. Er würde nicht leugnen, dass vor Kurzem ein Feuer das Lager des DonnerClans verwüstet hatte, wollte aber auch nicht den Eindruck erwecken, als ob der Clan schwach wäre.
»Vor einigen Sonnenaufgängen brach ein Feuer am Baumsägeort aus und fiel über unser Lager her«, begann er seinen Bericht. Leopardenfell, die Zweite Anführerin des FlussClans, hörte aufmerksam zu. Als Feuerherz zu ihr hinübersah, senkte sie den Blick, als ob sie seine Worte sorgsam überdenken würde. Der FlussClan hatte dem DonnerClan geholfen, dem Feuer zu entkommen, und keine Katze wusste so gut wie Leopardenfell, wie angreifbar sie waren.
»Kurzschweif und Flickenpelz sind darin umgekommen, und der Clan trauert um sie. Und besonders trauern wir um Gelbzahn. Sie lief in das brennende Lager zurück, weil sie Kurzschweif retten wollte.« Feuerherz senkte den Kopf, als ihn die Erinnerung an die alte Heilerin zu überwältigen drohte. »Ich fand sie in ihrem Bau, und ich war bei ihr, als sie starb.«
In der lauschenden Katzenversammlung waren Klagelaute zu hören. Nicht nur der DonnerClan hatte Grund, Gelbzahns Tod zu betrauern. Feuerherz sah, dass Triefnase kerzengerade da saß und mit kummervoll überschattetem Blick zum Sternenvlies aufsah. Er war ihr Schüler gewesen, in Gelbzahns Zeit als Heilerin des SchattenClans, bis Braunstern sie verbannte.
»Unsere neue Heilerin wird Rußpelz werden«, fuhr Feuerherz fort. »Blaustern hat zu viel Rauch eingeatmet, aber sie erholt sich. Keines unserer Jungen wurde verletzt. Wir sind dabei, unser Lager wieder aufzubauen.« Er ließ unerwähnt, dass es wegen des verbrannten Waldstücks zu wenig Beute gab und dass ihr Lager immer noch für Angreifer offen dalag, trotz ihrer Bemühungen, die Schutzwälle wieder aufzubauen. »Wir schulden dem FlussClan Dank«, fügte er mit einem respektvollen Blick auf Streifenstern hinzu. »Sie haben uns während des Feuers in ihrem Lager Zuflucht gewährt. Ohne ihre Hilfe wären vermutlich mehr von unseren Katzen zu Tode gekommen.«
Als Streifenstern seine Worte mit einem Nicken anerkannte, konnte Feuerherz nicht widerstehen, noch einen Blick nach unten auf Leopardenfell zu werfen. Die Augen der Kriegerin ruhten fest auf seinem Gesicht.
Nach einem tiefen Atemzug wandte sich Feuerherz an Tigerstern. »Der DonnerClan nimmt zur Kenntnis, dass unsere Kriegerahnen mit dir als Anführer einverstanden sind«, miaute er. »Dein Gefolge hat bei seinen Beutezügen durch den Wald alle vier Clans beraubt. Insofern ist es gut, dass sie jetzt wieder einen eigenen Clan haben. Wir vertrauen darauf, dass sie durch das Gesetz der Krieger gebunden sind und die Grenzen ihres Territoriums einhalten werden.« Er glaubte, ein überraschtes Aufblitzen in Tigersterns Augen zu entdecken, und fuhr mit fester Stimme fort: »Invasionen in das Gebiet des DonnerClans werden wir nicht tolerieren. Trotz des Feuers sind wir stark genug, jede Katze zu vertreiben, die ihre Pfoten über unsere Grenzen setzt. Wir fürchten den SchattenClan nicht.«
Der eine oder andere Krieger unten in der Menge miaute zustimmend. Tigerstern sah ihn an und antwortete mit einer leisen, rauen Stimme, die nicht weiter trug als bis zu den anderen Katzen auf dem Großfelsen: »Mutige Worte, Feuerherz. Ihr habt nichts zu befürchten vom SchattenClan.«
Feuerherz hätte ihm gern geglaubt. Mit respektvoll gesenktem Kopf trat er wieder zurück. Sein Fell hatte sich geglättet, nachdem er seine Ansprache hinter sich gebracht hatte, und so hörte er zu, was Riesenstern und Streifenstern aus ihren Clans Neues zu erzählen hatten – Berichte, wer zum Schüler oder Krieger ernannt worden war, und eine Warnung vor Zweibeinern am Fluss.
Als der formelle Teil der Versammlung vorüber war, sprang Feuerherz zu der Gruppe der Krieger am Fuß des Felsens hinunter.
»Du hast gut gesprochen«, miaute Weißpelz. Sandsturm sah Feuerherz mit leuchtenden Augen an und presste ihre Schnauze an seinen Hals.
Feuerherz leckte ihr kurz über die Wange. »Wir müssen gehen«, miaute er. »Verabschiede dich, und falls irgendeine Katze fragt, sag ihnen, dass es dem DonnerClan bestens geht.«
Überall auf der Lichtung gingen Katzengruppen auseinander, als sich die vier Clans auf den Heimweg machten. Feuerherz sah sich nach seinen restlichen Kriegern um. Er entdeckte eine vertraute blaugraue Gestalt und sprang über die Senke zu ihr hin.
»Hallo, Nebelfuß«, miaute er. »Wie geht es dir? Was macht Graustreif? Ich habe ihn heute gar nicht hier gesehen.«
Graustreif war Feuerherz’ bester Freund und zur selben Zeit wie er im DonnerClan Schüler gewesen. Aber dann hatte sich Graustreif in Silberfluss verliebt, eine junge Kriegerin des FlussClans. Als Silberfluss bei der Geburt ihrer und Graustreifs Jungen gestorben war, hatte Graustreif seinen Clan verlassen, um die Jungen im FlussClan großzuziehen. Und obwohl viele Blattwechsel vergangen waren, vermisste ihn Feuerherz noch immer.
»Graustreif ist nicht mitgekommen.« Die FlussClan-Königin setzte sich und legte den Schwanz sorgsam um die Pfoten. »Leopardenfell hat es ihm nicht erlaubt. Sie war wütend über sein Verhalten während des Feuers. Sie meinte, im Herzen gelte seine Loyalität noch immer dem DonnerClan.«
Feuerherz musste zugeben, dass Leopardenfell möglicherweise recht hatte. Graustreif hatte Blaustern bereits gefragt, ob er zurückkommen dürfe, aber sie hatte Nein gesagt. »Und wie geht es ihm?«, fragte Feuerherz noch einmal.
»Es geht ihm gut«, miaute Nebelfuß. »Und seinen Jungen auch. Er hat mich gebeten, für ihn in Erfahrung zu bringen, wie ihr das Feuer überstanden habt. Blaustern ist doch nicht ernsthaft krank, oder?«
»Nein, es wird ihr bald besser gehen.« Feuerherz bemühte sich, zuversichtlich zu klingen. Es stimmte, dass sich Blaustern von den Folgen der Rauchvergiftung erholte, aber seit einigen Monden wirkte die Anführerin des DonnerClans bedrückt. Sie hatte begonnen, an ihrer eigenen Urteilskraft zu zweifeln und stellte sogar die Loyalität ihrer Krieger infrage. Tigerkralles Verrat hatte sie bis ins Mark erschüttert, und Feuerherz fragte sich, wie sie wohl auf die Nachricht reagieren würde, dass der Zweite Anführer, den sie verbannt hatte, jetzt den SchattenClan anführte.
»Freut mich, dass es ihr besser geht.« Nebelfuß’ Miauen riss ihn aus seinen Gedanken.
Feuerherz’ Ohren zuckten. »Wie geht es Streifenstern?«, fragte er, um das Thema zu wechseln. Der Anführer hatte gebrechlich ausgesehen, als der DonnerClan in seinem Lager Schutz gefunden hatte. Und heute sah er neben Tigerstern noch älter aus, als Feuerherz ihn in Erinnerung hatte. Aber das war vielleicht nicht verwunderlich. Hochwasser hatte die Katzen des FlussClans aus ihrem Lager vertrieben, dann war die Beute knapp geworden, weil Zweibeinermüll den Fluss vergiftet hatte. Zu allem Überfluss war Graustreifs geliebte Silberfluss Streifensterns Tochter gewesen und ihr Tod hatte ihm großen Kummer bereitet.
»Es geht ihm nicht schlecht«, miaute Nebelfuß. »Er hat in letzter Zeit viel durchgemacht. Viel mehr Sorgen mache ich mir um Grauteich«, fügte sie hinzu und meinte damit die Kätzin, die sie von Kindheit an aufgezogen hatte. »Sie kommt mir inzwischen so alt vor. Ich fürchte, sie wird bald zum SternenClan gehen.«
Feuerherz hätte der jungen Königin gern mitfühlend über das Gesicht geleckt, wusste aber nicht genau, ob die FlussClan-Kätzin einen solchen Trost vom Mitglied eines anderen Clans annehmen würde. Feuerherz war neben Grauteich der Einzige, der wusste, dass die gebrechliche FlussClan-Älteste nicht die richtige Mutter von Nebelfuß und ihrem Bruder Steinfell war. Ihr Vater, Eichenherz, hatte sie dem FlussClan gebracht, als sie winzige Junge waren, und Grauteich hatte sich bereit erklärt, für sie zu sorgen. Die richtige Mutter war Blaustern, die Anführerin des DonnerClans.
Als Feuerherz mitfühlend schnurrte und sich von Nebelfuß verabschiedete, wurde er das Gefühl nicht los, dass Blausterns Geheimnis die beiden Clans immer noch in Schwierigkeiten bringen konnte.
2. Kapitel
Das erste Licht der Dämmerung zeigte sich am blassen Himmel, als Feuerherz und seine Krieger ins Lager des DonnerClans zurückkehrten. Obwohl Feuerherz wusste, wie er es vorfinden würde, erschrak er noch immer, wenn er oben auf dem Kamm angekommen war und auf die Verwüstungen hinabblickte. Ginster und Farne waren vollständig heruntergebrannt. Der nackte Erdboden des Lagers lag ungeschützt da, umringt von den Überresten des Schutzwalls aus Dornengestrüpp, den an verschiedenen Stellen Zweige verstärkten, wo die Clan-Katzen mit der Reparatur begonnen hatten.
»Wird es je wieder so sein wie früher?«, miaute Sandsturm, als sie an seiner Seite stehen blieb.
Eine Woge der Erschöpfung überkam Feuerherz, als er daran dachte, wie viel Zeit und Mühe es kosten würde, bis das Lager wieder vollständig aufgebaut war. »Eines Tages bestimmt«, versprach er. »Wir haben schon andere harte Zeiten überstanden. Wir werden überleben.« Er presste seine Schnauze gegen Sandsturms Flanke und ließ sich von ihrem zuversichtlichen Schnurren trösten, bevor er als Erster die Schlucht hinabstieg.
Der Busch, unter dem die Krieger schliefen, existierte noch, aber sein dichtes Dach aus Zweigen war verkohlt. Nur wenige dürre Äste hatten überlebt, die mit kleinen Zweigen verstärkt worden waren. Borkenpelz schritt vor dem Lager der Ältesten auf und ab.
Farnpelz sprang auf die Pfoten, als Feuerherz mit den anderen auftauchte, entspannte sich aber sofort wieder. »Du bist es«, miaute er erleichtert. »Wir hatten die ganze Nacht mit Tigerkralle gerechnet.«
»Nun, ihr braucht euch keine Sorgen mehr zu machen«, miaute Feuerherz. »Er hat zu viel zu tun, um sich mit uns zu befassen. Tigerstern ist der neue Anführer des SchattenClans.«
Farnpelz starrte ihn entsetzt an. »Heiliger SternenClan!«, stieß er ungläubig hervor. »Das kann doch nicht wahr sein!«
»Was hast du gesagt?« Feuerherz wandte sich um und sah Langschweif über die Lichtung springen. »Habe ich richtig gehört?«
»Es stimmt.« Feuerherz sah das blanke Entsetzen im Gesicht des getigerten Kriegers. »Tigerstern hat die Führung des SchattenClans übernommen.«
»Und das haben sie zugelassen?«, miaute Langschweif. »Sind die verrückt?«
»Kein bisschen verrückt«, antwortete Weißpelz, der jetzt Seite an Seite neben Feuerherz stand. Der betagte Krieger kratzte die blanke Erde auf und ließ sich mit einem erschöpften Seufzer nieder. Sein dichtes Fell war nach der weiten Wanderung durch den Wald rußverklebt. »Die Krankheit hat die Katzen des SchattenClans fast ausgerottet. Sie sehnen sich nach einem starken Anführer. Tigerstern muss ihnen wie ein Geschenk des SternenClans vorgekommen sein.«
»Es sieht sogar so aus, als ob sich genau das zugetragen hat«, bestätigte Feuerherz schwermütig. »Offensichtlich hat der SternenClan Triefnase eine Botschaft gesandt, dass ein großer Anführer erscheinen werde.«
»Aber Tigerstern ist ein Verräter!«, protestierte Farnpelz.
»Der SchattenClan weiß davon nichts«, gab Feuerherz zu bedenken.
Inzwischen gesellten sich weitere Katzen zu ihnen. Maispfote und Wieselpfote kamen aus dem Lager der Schüler angerannt; Borkenpelz kam mit Dunkelstreifs Schülerin, Rauchpfote, angetrabt; Fleckenschweif spähte neugierig aus dem Eingang der Kinderstube. Sie bestürmten Feuerherz so sehr mit ihren Fragen, dass er seine Stimme erheben musste, um sich Gehör zu verschaffen.
»Hört mir alle zu«, miaute er. »Es gibt etwas, das ihr wissen solltet.« Außerdem muss ich Blaustern informieren, fügte er im Stillen hinzu und wappnete sich für die Begegnung. »Weißpelz wird es euch erzählen«, fuhr er fort, »und dann will ich eine Morgenpatrouille.« Er zögerte, während er sich in der Katzenversammlung umsah. Die Krieger waren alle erschöpft: Wer nicht an der Versammlung teilgenommen hatte, war zur Bewachung des Lagers wach geblieben.
Bevor Feuerherz eine Entscheidung treffen konnte, meldete sich Borkenpelz zu Wort: »Aschenpfote und ich werden das übernehmen.«
Feuerherz senkte dankbar den Kopf. Der dunkelbraune Krieger war ihm nie wohlgesonnen gewesen, aber er war eine loyale Katze des DonnerClans und schien Feuerherz’ Autorität als Zweiter Anführer zu akzeptieren.
»Ich komme auch mit«, bot sich Mausefell an.
»Und ich«, miaute Wolkenpfote.
Feuerherz schnurrte wohlwollend bei den Worten seines Schülers. Er freute sich, dass sich der Sohn seiner Schwester seit seiner Befreiung aus dem Zweibeinernest mehr engagierte und besser an das Leben im Clan anpasste. Zweibeiner hatten den weißen Kater entführt und eingesperrt und nur durch einen glücklichen Zufall hatte Feuerherz seinen Neffen wiedergefunden und befreien können. »Borkenpelz, Mausefell, Wolkenpfote und Aschenpfote also«, miaute er. »Die Übrigen legen sich schlafen. Später brauchen wir Jagdpatrouillen.«
»Was ist mit dir?«, fragte Dunkelstreif.
Feuerherz holte tief Luft. »Ich werde mit Blaustern reden.«
Der Vorhang aus Flechten vor dem Eingang zu Blausterns Lager am Fuß des Hochsteins war niedergebrannt. Als Feuerherz näher trat, tauchte Rußpelz, die Heilerin des DonnerClans, auf der Lichtung auf und hielt inne, um sich zu strecken. Ihr dunkelgraues Fell war zerzaust und sie sah erschöpft aus von der anstrengenden Pflege des Clans nach dem Feuer. Doch in ihren blauen Augen leuchtete noch immer ein wacher Geist. Feuerherz musste an die Zeit denken, als sie seine ehrgeizige Schülerin gewesen war. Bis sie am Donnerweg verunglückte, weil Tigerkralle Blaustern in eine Falle locken wollte. Die junge Kätzin hatte sich eine bleibende Verletzung an einem Bein zugezogen, weshalb sie nie Kriegerin werden konnte. Aber dem Clan hatte sie stets die Treue gehalten.
Feuerherz trat zu ihr. »Wie geht es Blaustern heute?«, fragte er leise.
Rußpelz warf einen besorgten Blick auf den Bau hinter ihr. »Sie hat letzte Nacht nicht geschlafen«, antwortete sie. »Ich habe ihr Wacholderbeeren zur Beruhigung gegeben, weiß aber nicht, ob sie überhaupt helfen.«
»Ich muss ihr berichten, was sich auf der Versammlung zugetragen hat«, miaute Feuerherz. »Und es wird ihr nicht gefallen.«
Rußpelz sah ihn fragend an. »Warum nicht?«
So knapp wie möglich setzte Feuerherz sie ins Bild.
Stumm vor Entsetzen und mit weit aufgerissenen Augen hörte Rußpelz zu. »Was wirst du tun?«, fragte sie, als Feuerherz geendet hatte.
»Viel kann ich nicht tun. Außerdem ist die Sache vielleicht gar nicht schlecht für den DonnerClan. Tigerstern hat jetzt, was er will, und mit ein bisschen Glück ist er viel zu sehr damit beschäftigt, seinen neuen Clan aufzubauen, um uns zu belästigen.« Als er Rußpelz’ ungläubigen Blick bemerkte, fügte er hastig hinzu: »Wen sie zu ihrem Anführer machen, ist Sache des SchattenClans. Wir werden unsere Grenzen im Auge behalten müssen, ich glaube aber nicht, dass Tigerstern eine große Bedrohung sein wird, wenigstens vorerst nicht. Größere Sorgen macht mir, wie Blaustern die Nachricht aufnehmen wird.«
»Sie wird einen Rückfall erleiden«, miaute Rußpelz ängstlich. »Ich kann nur hoffen, dass ich die richtigen Kräuter finde, um ihr zu helfen. Ich wünschte, Gelbzahn wäre hier.«
»Ich weiß.« Feuerherz presste sich tröstend an Rußpelz’ Flanke. »Aber du wirst es schaffen. Du bist eine hervorragende Heilerin.«
»Das ist es aber gar nicht.« Rußpelz senkte die Stimme zu einem bekümmerten Flüstern. »Sie fehlt mir so sehr, Feuerherz! Immer wieder höre ich sie, wie sie mir erklärt, dass ich nicht mehr Verstand habe als ein neugeborenes Junges – wenn sie mich mal gelobt hat, wusste ich wenigstens, dass sie es auch so meinte. Ich brauche sie, Feuerherz – um sie zu riechen und ihr Fell zu spüren und ihre Stimme zu hören.«
»Ich weiß«, murmelte Feuerherz. Er spürte die Leere in seinem Inneren, als ihn die Erinnerung an die alte Kätzin überwältigte. Er hatte Gelbzahn sehr nahegestanden, seit er sie gefunden hatte, damals, als sie im Gebiet des DonnerClans wie eine Einzelgängerin gelebt hatte. »Aber jetzt jagt sie mit dem SternenClan.«
Und vielleicht hat sie endlich ihren Frieden gefunden, dachte er und erinnerte sich an den Schmerz in Gelbzahns Stimme, als sie im Sterben lag und an ihren Sohn Braunschweif dachte, den mordlüsternen Kater, den sie nie aufgehört hatte zu lieben, obwohl er nicht einmal wusste, dass sie seine Mutter war. Am Ende hatte sie ihn getötet, um ihren Clan vor seinen blutrünstigen Taten zu schützen. Für Gelbzahn hatte die Pein nun ein Ende, aber Feuerherz konnte sich nicht vorstellen, dass er je aufhören würde, sie zu vermissen.
»Du gehst doch bald zu den Hochfelsen, nicht wahr?«, erinnerte er Rußpelz. »Um dich mit den anderen Heilerkatzen zu treffen? Ich glaube, dort wirst du dich Gelbzahn sehr nahe fühlen.«
»Vielleicht hast du recht.« Rußpelz stieß sich von ihm ab. »Willst du wissen, was Gelbzahn sagen würde, wenn sie jetzt hier wäre«, miaute sie. »›Warum stehst du hier herum und jammerst, statt deine Arbeit zu erledigen?‹ Geh du zu Blaustern und sprich mit ihr. Ich werde dann etwas später noch einmal nach ihr sehen.«
»Wenn du dir sicher bist, dass du zurechtkommst«, miaute Feuerherz.
»Mach dir keine Sorgen.« Rußpelz leckte ihm kurz über das Ohr. »Du musst für sie stark sein, Feuerherz«, sagte sie eindringlich. »Sie braucht dich mehr denn je.«
Feuerherz sah der Heilerin nach, als sie schnell davonhumpelte, dann wandte er sich Blausterns Bau zu. Nachdem er tief Luft geholt hatte, rief er eine Begrüßung und trat durch den Spalt.
Blaustern kauerte auf Blättern und Zweigen, die im hinteren Teil der Höhle aufgehäuft lagen, die Vorderpfoten hatte sie untergeschlagen. Sie hielt den Kopf erhoben, ihre Augen sahen Feuerherz aber nicht. Ihr Blick war leer, fixiert auf einen Punkt in weiter Ferne, den nur sie erkennen konnte. Ihr Fell war stumpf und ungeputzt, und sie war so dünn, dass Feuerherz ihre Rippen zählen konnte. Sein Herz zog sich zusammen, voller Mitgefühl und aus Angst um den Clan. Ihre Anführerin hatte sich in eine alte, kranke Katze verwandelt, gebrochen vor Kummer und unfähig, sich selbst zu verteidigen, ganz zu schweigen von ihrem Clan.
»Blaustern?«, miaute Feuerherz zögernd.
Zunächst dachte er, Blaustern hätte ihn gar nicht gehört. Dann, als er tiefer in die Höhle tappte, wandte sie den Kopf. Ihre trüben Augen fixierten ihn, und einen Herzschlag lang sah sie verwirrt aus, als ob sie sich nicht erinnern könnte, wer er war.
Dann stellte sie die Ohren auf, und mit dem Erkennen trat Klarheit in ihren Blick. »Feuerherz? Was willst du?«
Feuerherz neigte respektvoll den Kopf. »Ich komme gerade von der Versammlung, Blaustern. Ich fürchte, es gibt schlechte Nachrichten.« Er hielt inne.
»Nun?« Blaustern hörte sich verwirrt an. »Was ist geschehen?«
»Der SchattenClan hat einen neuen Anführer«, miaute Feuerherz. »Es ist Tigerkralle – jetzt Tigerstern.«
Im selben Moment sprang Blaustern auf. In ihren Augen funkelte kaltes Feuer, und Feuerherz zuckte zusammen, als er das Bild der eindrucksvollen Katze von einst wieder vor sich sah. »Das kann nicht sein!«, fauchte sie.
»Doch, es ist wahr. Ich habe es selbst gesehen. Er hielt eine Ansprache vom Großfelsen, mit den anderen Anführern zusammen.«
Einen Moment lang antwortete Blaustern nicht. Sie schritt in ihrer Höhle auf und ab, ihr Schwanz peitschte hin und her. Feuerherz zog sich zum Eingang zurück, aus Furcht, Blaustern könnte ihn angreifen, weil er die schrecklichen Nachrichten überbracht hatte.
»Wie kann der SchattenClan wagen, so etwas zu tun?«, fauchte sie schließlich. »Wie können sie es wagen, die Katze aufzunehmen, die versucht hat, mich umzubringen – und sie zu ihrem Anführer machen!«
»Blaustern, sie wissen nicht –«, hob Feuerherz an, aber die Anführerin des DonnerClans hörte ihm nicht zu.
»Und die anderen Anführer?«, fragte sie. »Was denken die sich? Wie konnten sie das zulassen?«
»Keine Katze weiß, was Tigerstern dem DonnerClan angetan hat.« Feuerherz gab sich alle Mühe, Blaustern dazu zu bewegen, dass sie logisch dachte. »Streifenstern hat nicht viel dazu gesagt, während Riesenstern zunächst nicht glücklich schien, dass Tigerstern Braunschweifs alte Kumpane zum Clan zurückgeführt hat.«
»Riesenstern!«, fauchte Blaustern. »Wir sollten inzwischen wissen, dass wir ihm nicht trauen können. Schließlich hat er ziemlich schnell vergessen, was wir für seinen Clan getan haben, dass ihr, du und Graustreif, euer Leben riskiert habt, um sie zu finden und heimzubringen.«
Feuerherz wollte protestieren, aber Blaustern ignorierte ihn. »Der SternenClan hat mich verlassen!«, fuhr sie fort, immer noch wütend auf und ab schreitend. »Sie sagten mir, Feuer würde den Clan retten, dabei hat Feuer uns fast zerstört. Wie soll ich je wieder an den SternenClan glauben – vor allem jetzt? Sie verleihen diesem Verräter die neun Leben eines Anführers. Um mich und den DonnerClan scheren sie sich überhaupt nicht!«
Feuerherz zuckte zusammen. »Blaustern, hör mir zu –«
»Nein, Feuerherz, du hörst mir zu.« Blaustern trat näher. Ihr Fell sträubte sich und die Zähne hatte sie wütend gebleckt. »Der DonnerClan ist verflucht. Tigerstern wird den SchattenClan anführen, um uns alle zu zerstören – und vom SternenClan haben wir keine Hilfe zu erwarten.«
»Tigerstern wirkte nicht feindselig.« Feuerherz bemühte sich verzweifelt, zu seiner Anführerin durchzudringen. »In seiner Ansprache schien ihn nichts weiter zu interessieren als die Führung seines neuen Clans.«
Blaustern gab ein bitteres Lachen von sich. »Wenn du das glaubst, Feuerherz, dann bist du ein Narr. Tigerstern wird hier auftauchen, noch vor der Zeit der Blattleere. Merk dir meine Worte. Aber wir werden auf ihn vorbereitet sein. Wenn wir alle sterben müssen, dann werden vom SchattenClan einige mit uns gehen.«
Wieder fing sie an, energisch auf und ab zu schreiten, während Feuerherz entsetzt danebenstand.
»Verdopple die Patrouillen«, befahl sie. »Stell eine Wache vor dem Lager auf. Schick Katzen aus, um die Grenze zum SchattenClan zu bewachen.«
»Wir haben für all das nicht genügend Krieger«, wandte Feuerherz ein. »Alle Katzen sind erschöpft vom Wiederaufbau des Lagers. Wir schaffen nicht mehr als die regulären Patrouillen.«
»Willst du meine Befehle infrage stellen?« Blaustern fuhr herum und baute sich mit drohend zurückgezogenen Lefzen vor ihm auf. Misstrauisch kniff sie die Augen zusammen. »Oder willst du mich auch verraten?«
»Nein, Blaustern, nein! Du kannst dich auf mich verlassen.« Feuerherz wappnete sich, um notfalls Blausterns ausgefahrene Krallen abzuwehren.
Plötzlich entspannte sich die alte Anführerin. »Ich weiß, Feuerherz. Du hast mir stets die Treue gehalten, nicht wie all die anderen.« Von ihrem heftigen Wutausbruch erschöpft, schleppte sie sich zu ihrem Lager zurück.
»Schick die Patrouillen hinaus«, ordnete sie an und ließ sich in die weiche Streu aus Moos und Heide sinken. »Tu es jetzt, bevor der SternenClan uns alle den Krähen zum Fraß vorwirft.«
»Ja, Blaustern.« Feuerherz sah, dass es keinen Sinn hatte, weiter zu widersprechen. Er neigte den Kopf und zog sich aus der Höhle zurück. Blausterns Blick fixierte erneut einen unsichtbaren Punkt. Feuerherz fragte sich, ob sie in die Zukunft blickte, wo sie die Zerstörung ihres Clans mit ansehen musste.
3. Kapitel
Feuerherz schlug die Augen auf und blinzelte gegen das unangenehm helle Sonnenlicht. Er konnte sich immer noch nicht daran gewöhnen, dass die Sonne jetzt, nachdem es kein Blätterdach mehr gab, direkt in den Bau der Krieger schien. Gähnend streckte er seine Glieder und schüttelte sich die Moosfetzen aus dem Fell.
Sandsturm dicht neben ihm schlief noch. Borkenpelz und Dunkelstreif lagen zusammengerollt etwas weiter weg. Feuerherz tappte auf die Lichtung hinaus. Drei Tage waren seit der Versammlung mit Tigersterns Auftritt als Anführer des SchattenClans vergangen, aber bis jetzt deutete nichts auf jenen Angriff hin, den Blaustern befürchtet hatte. Der DonnerClan hatte die Zeit genutzt, um das Lager weiter herzurichten, und obwohl noch immer ein langer Weg vor ihnen lag, bemerkte Feuerherz mit einem Gefühl der Erleichterung, dass an den Grenzen des Lagers wieder eine schattige Farnhecke zu wachsen begann und die Brombeerranken ein festes Dickicht bildeten, um die Königinnen mit ihren Jungen zu schützen.
Als sich Feuerherz auf den Weg zum Haufen mit der Frischbeute machte, sah er die Morgenpatrouille mit Weißpelz an der Spitze zurückkehren. Feuerherz hielt inne und wartete, bis sich der weiße Krieger zu ihm gesellte.
»Irgendwelche Spuren des SchattenClans?«
Weißpelz schüttelte den Kopf. »Nichts«, miaute er. »Nur die üblichen Markierungen entlang der Grenze. Allerdings war da eine Sache …«
Feuerherz spitzte die Ohren. »Was?«
»Nicht weit von den Schlangenfelsen fanden wir eine ganze Strecke mit niedergetrampeltem Gestrüpp, auf dem überall Taubenfedern verstreut lagen.«
»Taubenfedern?«, wiederholte Feuerherz. »Ich habe seit Tagen keine Tauben gesehen. Jagt irgendein anderer Clan in unserem Territorium?«
»Ich glaube nicht. Es roch überall nach Hund.« Weißpelz rümpfte angewidert die Nase. »Es gab auch Hundekot.«