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CHRISTIAN MEIER

Erlösmodelle

im E-Publishing

Wie sich Medien auf Tablets

und Smartphones neu erfinden können.

Interviews, Analysen, Essays

Kress

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ohne Zustimmung der Haymarket Media GmbH, Hamburg, ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen,

Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Verlag:

tredition GmbH, Hamburg

ISBN: 978–3–8424–0040–5

Inhaltsverzeichnis

Zur Einführung

1   Digitale Innovation – ein Anfang

Apples iPad:

Die Verlage sind am Zug

Lukas Kircher, Kircher Burkhardt:

„Viel ausprobieren“

Mark Rolston, frogdesign:

„Mobile ist das neue Leben“

2   Die Strategien der Verlage

Medien-Apps:

Eine Chance, nicht mehr

Axel Springer AG:

Im iPad-Fieber

Moritz von Laffert, Condé Nast Deutschland:

„Kulturelle Revolution“

Jonas von Hedenberg, Bonnier Zeitschriften:

„Versuch und Irrtum“

Spiegel-Verlag:

Die Pad-Men

Thomas Lindner, Gruner+Jahr:

„Der Featuritis widerstehen“

Tom Standage, The Economist:

„Nicht mit Print verheiratet“

TBWA Berlin Digital Arts:

Die iPad Essentials

3   Bezahlinhalte – jetzt oder nie?

Janet Robinson, New York Times Co.:

„Innovation ist unser Freund“

Merrill Brown, Journalism Online:

„Schnell handeln“

Gabor Steingart, Verlagsgruppe Handelsblatt:

Gegen die Umsonst-Kultur

4   Schöne neue Vertriebswelt

Online-Kioske:

Digitale Büdchen

Online-Kioske II:

Keine Trampelpfade

5   Mobile Media in Marketing und Werbung

Werbemittel App:

Goldbären-Games

Marco Koeder, Cybermedia:

„Wie die Lemminge“

Mehrdad Piroozram, Widgetlabs:

Eintrittskarte in Markenwelt

6   Der gläserne Nutzer

Nutzerforschung:

Zauberwort Mehrwert

Weiterführende Studien zu Apps, Tablets und Co.

Auf die Stärken besinnen

Wohl kein anderes Thema hat die Medienwelt im Jahr 2010 derart elektrisiert wie die Entwicklung von Tablet-PCs und mobilen Applikationen für diese Geräte. Vor allem Verlage beschäftigen sich mit der Frage, wie sie ihre Inhalte auf neuen Wegen erfolgreich an Nutzerzielgruppen vermarkten können. Im Unterschied zum „World Wide Web“, wo die Nutzer es nie gelernt haben, für Inhalte zu bezahlen (was einige kommerzielle Inhalteproduzenten seit einiger Zeit unter großen Anstrengungen nachträglich durchzusetzen versuchen), versprechen die relativ geschlossenen Anwendungen und die sich abzeichnenden Distributionsstrukturen bei iPad & Co. einen Durchbruch in Sachen Bezahlinhalte. So jedenfalls die Hoffnung der klassischen Medienunternehmen, deren Geschäfts- und Erlösmodelle im digitalen Zeitalter unter Druck stehen: Was am herkömmlichen Computerbildschirm bislang als No-go galt – Medienangebote gegen Bezahlung zu empfangen oder gar zu „abonnieren“ wie ein gedrucktes Magazin oder eine Zeitung – soll auf dem Tablet-Bildschirm Wirklichkeit werden.

Die Voraussetzungen scheinen, bei allen verbleibenden Unsicherheiten, gut. Die Prognosen für die erst beginnende massenmediale Verbreitung des iPads und seiner Nachahmer wurden binnen weniger Monate deutlich nach oben korrigiert. Der geschlossene Charakter der Applikationen auf diesen Geräten weist darauf hin, dass Nutzer (auf dem Sofa?) wahrscheinlich mehr Zeit mit Medienangeboten verbringen werden als im flüchtigen WWW. Werbung könnte in solchen Umfeldern intensiver wirken. Und bei E-Readern wurde bereits beobachtet, dass Menschen durchaus bereit sind, für gute Inhalte zu bezahlen.

Medienhäuser, zuletzt von der Doppelwirkung „Weltwirtschaftskrise plus Geschäftsmodell-Revolution“ gebeutelt, besinnen sich auf ihre Stärken. Die Macher geraten beinahe ins Schwärmen: „Wir haben im Netz zu früh gesagt, dass Google das Maß aller Dinge ist“, meint der Designer Lukas Kircher im Gespräch mit kress (Seite 14 dieses Sammelbandes): „Darum haben wir es dort mit gleichförmigen, usability-optimierten Textarchiven zu tun. Alles ist der technischen Machbarkeit der Suchmaschinen unterworfen. Ein Device wie das iPad drängt sich geradezu auf, um Geschichten wieder blattmacherischer zu erzählen.“ Und Moritz von Laffert von Condé Nast frohlockt (Seite 35): „Große Printmarken können auf dem iPad ihre Strahlkraft noch besser ausspielen als im Internet. SEO (Search Engine Optimization, Anm. d. Red.) tritt wieder mehr in den Hintergrund zugunsten eines Markenversprechens.“

Allerdings dürfe sich die Diskussion nicht darin erschöpfen, „wie man das angeknackste Geschäftsmodell wieder repariert“, meint Mark Rolston, Chefkreativer von frogdesign, mit Blick auf die Musikindustrie (Seite 18), die vom digitalen Zeitalter ähnlich überrumpelt wurde wie später die Verlage. Überhaupt empfiehlt es sich, bei aller Euphorie, etwas Wasser in den Wein zu gießen: Bislang wurden weder genug belastbare Erkenntnisse zu den Nutzungsgewohnheiten hinsichtlich der neuen Geräte gesammelt, noch besteht Klarheit über Preis- und Distributionsmodelle. Was bei Publikumsmedien noch machbar erscheint – ein paar Euro für eine Ausgabe am elektronischen Kiosk –, stellt die Produzenten von Fachinformation vor eine Herausforderung.

Der Mediendienst kress hat die Diskussion in der Branche zu diesen Themen intensiv begleitet. Eine Auswahl aktueller Beiträge haben wir in diesem Band zusammengefasst; die meisten stammen aus der Feder von Christian Meier aus der kress-Hauptstadtredaktion. Meier sprach im Jahr 2010 für kress mit praktisch allen führenden Medienhäusern über ihre Strategien fürs iPad und für das, was danach kommen könnte. So entstanden zahlreiche Artikel und Interviews, die verschiedene Aspekte von Produktkonzepten und Erlösmodellen beleuchten. Die Macher und Strategen dahinter zielen auf einen Markt, der zwar nach wie vor in den Kinderschuhen steckt, aber ein Massenmarkt zu werden verspricht.

Ob Springer oder Handelsblatt, ob Spiegel oder Condé Nast – Chefredakteure und Medienmanager werkeln eifrig an neuen Lösungen. Zeitdruck spielt dabei offenbar ebenso eine Rolle wie Erwartungshaltungen im eigenen Haus und intensive Beobachtung durch die Konkurrenz. Das Jahr 2010, für das so manches Medienhaus euphorisch seine ersten Apps avisiert hatte, war dabei wesentlich durch zwei Aspekte geprägt, die miteinander zusammenhängen: die Suche nach dem „richtigen“ Produktkonzept (Inhalt, Aufbereitung und Vermarktung medialer Inhalte) und Unsicherheiten hinsichtlich der Distributionsmöglichkeiten in der neuen mobilen Tablet-Welt, vor allem durch Apples iTunes-Store. „Ob den Verlagen der Durchbruch für Bezahlinhalte gelingt, ist völlig offen“, notierte kress bereits im Februar: „Technologie diktiert den Inhalteproduzenten die Bedingungen.“ Die Diagnose: „Verlage spielen nun auf Feldern, deren Form und Belag sie sich nicht mehr aussuchen können.“

Seitdem dieser problematisierende Überblicksartikel, den wir an den Anfang der vorliegenden Textsammlung gestellt haben (Seite 10), erschienen ist, hat sich in der Branche freilich einiges getan. Im zweiten Teil dieses Dossiers werfen wir einen Blick auf die Strategien einzelner Medienhäuser: Manager und Verantwortliche standen im Gespräch mit kress Rede und Antwort. Der dritte Teil konzentriert sich auf die Chancen, mit Inhalten Geld zu verdienen. Merrill Brown, der Chefstratege des US-Unternehmens Journalism Online erklärt, warum Strategien hinter Bezahlschranken differenziert geplant werden müssen. Unter der Überschrift „Vertrieb“ werden im vierten Teil Versuche deutscher Verlage beschrieben, ihre neuen Produkte angemessen zu distribuieren. Hierbei geht es um nichts Geringeres als die spannende Begegnung zweier Distributions-Welten mit ganz eigenen Logiken: Deutsches Grosso trifft auf den internationalen Markt für Smartphones und Tablets.

Das fünfte Kapitel hat den Einsatz mobiler Applikationen für Marketing und Werbung zum Thema: Stephan Meixners Text „Von Goldbären-Games und Graffiti-Guides“ (erschienen im Frühjahr 2010) leitet dieses Kapitel ein; kress-Autor Torsten Zarges blickt dem Entwickler der Vodafone-iPhone-App, Mehrdad Piroozram, über die Schulter; und der Mobile-Experte Marco Koeder konstatiert im Interview mit Blick auf Japan, die Zukunft sei „Werbung, die als Information daherkommt“.

Über das tatsächliche Nutzungsverhalten der mobilen Wundergeräte durch die Bevölkerung oder wenigstens jene Vorreiter, die schon ein iPad haben, ist in deutschen Fachmedien bislang wenig berichtet worden. Erste Studien und Untersuchungen liegen vor; Christian Meier hat für diesen Band eine Auswahl zusammengestellt und knapp kommentiert (Teil VI). Die Reihenfolge der Beiträge in der vorliegenden Textsammlung orientiert sich nicht an Erscheinungsdatum oder Aktualität, sondern an den genannten inhaltlichen Aspekten. Dabei geben die deutlich mit Datum gekennzeichneten Beiträge jeweils den aktuellen Stand zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung wieder. Auf diese Weise ist eine Zusammenschau entstanden, die gegen Ende eines bewegten Jahres 2010 zwar nicht überall den „letzten Stand“ referiert, wohl aber eine Entwicklung skizziert – inklusive spannender Momentaufnahmen, die dazu geeignet sein mögen, einer euphorischen Diskussion um Neues, Mögliches und Machbares Konturen zu verleihen. Viele beschriebene Aspekte grundsätzlicher Natur haben Bestand und werden die Medien- und Media-Branche in den kommenden Jahren weiterhin in Atem halten.

Alle in diesem Band versammelten Artikel und Interviews wurden im kressreport veröffentlicht, dem gedruckten Informationsdienst der Marke kress (Chefredakteur: Eckhard Müller). Seit mehr als vier Jahrzehnten steht die Marke kress für aktuelle und investigative Berichterstattung über Medien und Media – ob gedruckt oder mit dem digitalen Fachinformationsangebot unter kress.de, das Ende 2010 die Zahl von einer Million Besuchen pro Monat überschritten hat und zu den führenden Angeboten in seinem Bereich zählt. Abonnenten erhalten alle zwei Wochen die gedruckte kress-Version mit vielen vertiefenden Hintergrundinformationen und haben Vollzugriff auf das kress-Archiv seit 1966. Weitere Informationen gibt es unter kress.de/abo.

Heidelberg/Berlin, im Dezember 2010

Sebastian Vesper, Editorial Director, Haymarket Media

KAPITEL 1

Digitale Innovation – ein Anfang

Medien produzieren Inhalte – Texte, Bilder, Videos. Neue Kanäle stellen sie vor neue Herausforderungen.

Wie können klassische Medienunternehmen innovative Wege in der digitalen Welt gehen?

APPLES IPAD (5. FEBRUAR)

Die Verlage sind am Zug

Ob den Verlegern der Durchbruch für Bezahlinhalte mit dem iPad gelingt, ist offen. Technologie diktiert die Bedingungen

In der sogenannten normalen Welt ist es so: Hat ein Unternehmen Interesse an den Produkten eines anderen Unternehmens, weil sie gut zu dem passen, was man selber gerade entwickelt, dann geht man zu der Firma und verhandelt. In der Apple-Welt läuft das anders. Dort stehen die Interessenten Schlange, um ein neues, zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal erhältliches Gerät mit Inhalten versorgen zu dürfen.

Große Erwartungen

Verleger von Zeitungen und Zeitschriften auf der ganzen Welt baggern seit Monaten nach Terminen, um mit Apple über das neue iPad zu sprechen. Kein Printmedium kam ohne großen Artikel aus. Ein klarer Beleg dafür, welche Hoffnungen klassische Medienunternehmen und ihre Chefredakteure in das Gerät setzen. Denn für diejenigen Verlage, die hauptsächlich von Erlösen mit Printmedien leben, soll der iPad nichts weniger als das Tor zu digitalen Bezahlinhalten aufstoßen. Wie beim iPhone will die Branche massig Apps entwickeln, die gegen Bares das Lesen digitaler Versionen der Printtitel ermöglichen.

Die Vorstellung des Tablet-PCs stellt somit auch einen Paradigmenwechsel dar. Es sind Technologieunternehmen, die den Medien künftig die Gefäße entwerfen, in die sie ihre Inhalte füllen können. Anders gesagt: Verlage spielen nun auf Feldern, deren Form und Belag sie sich nicht mehr aussuchen können.

Passen iPad und Inhalte überhaupt zusammen?

Zumindest für einen Teil der deutschen Verlage scheint diese gravierende Veränderung zunächst sekundär zu sein. Entscheidender ist die Frage, ob das iPad und die Inhalte zusammenpassen. Bei Springer heißt es, das iPad erschließe ein „neues Format“. Daniel Puschmann, der stellvertretende Geschäftsleiter von Bauer Digital, sagt, das iPad könne zu einer „wesentlich attraktiveren Plattform als die bisherigen Produkte“ werden. Mit den anderen Produkten meint Puschmann E-Reader wie die von Amazon oder Sony. Obwohl man sich bereits in Gesprächen mit Apple befinde, wolle man sich aber von „Euphorie und Hektik“ nicht überrollen lassen. Ähnlich äußert sich Frank-H. Häger, bei der Ganske Verlagsgruppe zuständig für elektronische Medien. Besonders in den Sparten Reise und Ratgeber eröffneten die Darstellungsmöglichkeiten des iPad mehr Spielräume. „Es würde mich nicht wundern, wenn Apple auch hier einen neuen Standard definiert.“

Doch „definiert“ ist das Stichwort. Denn was negativ ins Gewicht fällt, ist die Macht von Apple. Die Preisgestaltung für künftige Angebote können die Verlage nicht unabhängig vornehmen. Entsprechen die Inhalte einer App nicht den moralischen Vorstellungen des kalifornischen Unternehmens, kann die Anwendung auch mal für ein paar Wochen aus dem Angebot genommen werden. Der „stern“ musste das bei seiner App, auf der offenbar ein paar blanke Busen zu viel eingespeist waren, schmerzlich erfahren. Jegliche Informationen über die Käufer und Leser einer App verbleiben bei Apple, Amazon macht es genauso.

„Es muss sichergestellt sein, dass Apple keinerlei inhaltlichen Eingriffe vornehmen kann“, sagt Ulrich Hegge, Chef des Media Innovation Labs bei Burda. „Das wäre vollkommen inakzeptabel.“ Bei einer Kooperation müssten Erlöse „fair und transparent“ geteilt werden. Erlöse aus dem Verkauf von iPhone-Apps werden bisher im Verhältnis 30 % (Apple) zu 70 % (Produzenten) geteilt.

Medium der Entschleunigung

Was Verlagen allerdings noch mehr zu denken geben könnte: Steve Jobs hat bei der Präsentation des iPad keine Infrastruktur für Zeitungen und Zeitschriften vorgestellt, in der die Medienunter nehmen ihre Inhalte gegen Bezahlung anbieten könnten. Für Musik, Videos (iTunes) und Bücher (iBookstore) gibt es solche Plattformen. „Mich hat das überrascht“, sagt Ulrich Hegge. „Darum hängen wir als Entwickler auch ein wenig in der Luft.“ Wie aus einzelnen Verlagen zu hören ist, stellt Apple Verlagen immerhin ein Software Developer Kit (SDK) zur Verfügung, mit dem sie Anwendungen programmieren und testen können. In den USA sollen der Verlag der „New York Times“ sowie die Medienkonzern Gannett („USA Today“) und Hearst iPad-Apps fertig entwickelt haben.

Nun zu den positiven Aspekten für die Verlage. Was Internet-Pioniere und Open-Source-Anhänger kritisieren – die Geschlossenheit des Apple-Systems und die Tatsache, dass das Gerät nicht multitasking-fähig ist – könnte für Inhalte anbieter zu einem großen Plus werden. Denn ihr Ziel muss es sein, Anwendungen zu entwickeln, die man wie eine multimediale Zeitschrift anschaut und entdeckt. Hier einen Text größer ziehen, da ein Video anklicken, dort eine Animation oder ein Audio-File starten. Eine perfekte Tablet-Anwendung müsste die volle Aufmerksamkeit des Nutzers auf sich ziehen und eine Welt in sich dar stellen. Was im Übrigen auch ein gutes Argument für die werbungtreibende Industrie wäre, in solchen Umfeldern An zeigenkampagnen zu schalten. Wo das Internet flüchtig ist, wäre eine iPad-App ein Medium der Entschleunigung durch Ausschaltung anderer Einflüsse.

Völlig offen ist indes, ob die Verlage zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt genug Know-how haben, um solche Anwendungen zu entwickeln. „Wir müssen uns ganz ehrlich fragen, ob wir das Können und die Kenntnisse haben, richtig gute Produkte für digitale Lesegeräte anzubieten“, sagt Hegge. Während die Verlage bei Printmedien bewiesen hätten, dass sie Inhalte ansprechend verpacken und verkaufen können, stehe der Beweis in der digitalen Welt noch aus.

Digitale Inhalte werden sich künftig vermutlich stärker differenzieren. Eine Nachricht ist bereits heute eine Ware, die kostenlos im Internet abgerufen werden kann. Reportagen, exklusive Geschichten, vielleicht auch Meinungen und viele Multimedia-Elemente wandern hinter Bezahlschranken oder gleich in Apps, die es nur gegen Geld und auf bestimmten Endgeräten geben wird. Ginge diese Strategie auf, wäre allerdings die Frage, was dann noch in die gedruckte Zeitung soll. Ist das klassische Geschäftsmodell aus Druck und Vertrieb von Inhalten plus Anzeigenverkauf noch zu retten?

„Printanzeigen haben im Marketing eine unersetzliche Funktion“, sagt Andreas Schilling, Chef des Burda Community Network. Eine Beschleunigung der Abwanderung von Anzeigen ins Internet sei durch neue Endgeräte nicht zu erwarten. Beim Druckriesen Prinovis betont Sprecher Alexander Adler, gedruckte Medien werde es „immer“ geben. Substitutionseffekte durch neue Geräte seien bisher nicht absehbar. Auch Springer-Mann Christoph Keese mag noch nicht prognostizieren, ob Geräte wie das iPad Auflagenverluste der Printmedien beschleunigen: „Der Vertrieb gedruckter Medien muss sich in puncto Effizienz und Wirtschaftlichkeit ebenso weiterentwickeln wie neue digitale Vertriebswege und Plattformen.“

Mehr als ein großes iPod Touch? Apples Tablet-Computer iPad weckt die Sehnsüchte der Medien, endlich im Internet Geld zu verdienen

Bleiben die Alternativen zum drohenden Oligopol der Plattform-Anbieter Apple, Amazon und Co. Bertelsmann und der konzerneigene Deutsche Pressevertrieb (DPV) entwickeln eine verlagsübergreifende Vermarktungsplattform für digitale Inhalte. Bewusst soll die Plattform geräteunabhängig funktionieren, sagt die Leiterin der DPV-Marktkommunikation, Suntka von Halen. Ziel sei, auf einer Website eine „breite Content-Mischung“ aller Kooperationspartner anzubieten. Welche Verlage mitmachen, will von Halen nicht sagen. Transparenz und Kontrolle über Inhalte und Kunden sind die Vorteile der DPV-Lösung. Ob diese, auch ohne schickes Gerät als Anreiz, allerdings eine überzeugende Antwort auf die Bedürfnisse der Leser findet, ist völlig offen.

L. KIRCHER, KIRCHERBURKHARDT (14. MAI)

„Viel ausprobieren“

Der Designer Lukas Kircher glaubt nicht an Faksimiles als Antwort der Verlage auf das iPad

Rät zum Frühstückstisch-Test: Editorial Designer Lukas Kircher

Lukas Kircher hat schon mal Notizblöcke in der exakten Größes eines iPads drucken lassen, inklusive gerundeter Ecken. Die hat der geschäftsführende Gesellschafter der Berliner Agentur KircherBurkhardtAxel SpringerApple