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© Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft mbH, Köln
Gesamtherstellung: Naumann & Göbel Verlagsgesellschaft mbH, Köln Realisation und Redaktion: Neslihan Kilic, Frank Müller, Olaf Rappold, Michaela Salden, Anja Schlatterer, Anette Vogt (red.sign, Stuttgart)
Alle Rechte vorbehalten

ISBN (Print): 978-3-625-11637-0
ISBN (Epub): 978-3-8155-7805-6

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Wetter und Klima

Dr. Peter Göbel

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Inhalt



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(c) NASA (GSFC/J. Descloitres, MODIS Rapid Response Team)

Vorwort

Beim Nahen der Eiszeit schickt ein gewisser Mr. Antrobus seiner Familie ein Telegramm: „Macht den Kindern keine Angst wegen der Kälte, haltet sie bloß warm. Verbrennt alles, außer Shakespeare.“ Zugegeben, nur wenige Wissenschaftler halten derzeit eine Eiszeit für das gefährlichste Klimaphänomen, das die Menschheit bedrohen könnte. Betrachtet man jedoch das Klima vergangener Jahrmillionen, zeigt sich schnell, dass Kaltzeiten wieder und wieder die Erde heimsuchten und dabei häufig auch gewaltige Katastrophen verursachten und sogar das Aussehen unseres Planeten völlig veränderten.

Aber auch in naher Vergangenheit ist der Einfluss des Klimas auf unseren Planeten und seine Bewohner wesentlich größer gewesen, als man gemeinhin vermutet. So gibt es beispielsweise überraschende Querbeziehungen zwischen der Geschichte der Menschheit und der des Klimas, etwa zwischen dem Zeitalter der Reformation und dem Beginn der „Kleinen Eiszeit“, der Französischen Revolution und kurzfristigen Klimaschwankungen gegen Ende des 18. Jahrhunderts.

Heute, in einer Zeit, in der der Mensch die Folgen seiner Eingriffe in das Klima immer deutlicher zu spüren bekommt, sammeln Wissenschaftler weltweit Fakten zu Klimaveränderungen, auch in grauer Vorzeit, diskutieren die möglichen Folgen und initiieren Forschungsprojekte zu geeigneten Gegenmaßnahmen, wie beispielsweise dem Umstieg auf andere Energieformen.

Doch auch ganz abgesehen von der momentanen – durch immer neue Katastrophenmeldungen befeuerten – Medienpräsenz der Themen „Wetter“ und „Klima“ sind diese beiden Naturphänomene an sich eigentlich schon faszinierend genug. Und das vor allem aus zwei Gründen. Da ist zum einen die unglaubliche Vielfalt der Erscheinungen: ein tobender Orkan und die stille Morgenröte, nässetriefende Nebelwälder und staubtrockene Hitzewüsten, eiskalte Blizzards und gemächlich über den Himmel ziehende Wolkengebilde. Und zum andern ist da die „Hautnähe“ des Wetters und Klimas für den Menschen, im Guten wie im Schlechten, vor Jahrhunderten wie heute.

Um das Wettergeschehen überhaupt verstehen zu können, müssen zunächst einmal die Grundlagen des irdischen Klimasystems, der Aufbau und die Zusammensetzung der Erdatmosphäre sowie die grundlegenden Vorgänge, die sich in ihr abspielen, beleuchtet werden. Dazu gehören so alltägliche Phänomene wie die Entstehung von Regen und Schnee oder von Tau und Reif, aber auch so spektakuläre und gleichzeitig verheerende wie tropische Wirbelstürme und Tornados oder Regen- und Trockenzeiten. Außerdem ist es notwendig, den Blick über die Grenzen der eigenen Klimaprovinz hinaus auf die anderen Klimazonen der Erde zu richten. Schließlich dauert das Zeitalter der klimatischen „Globalisierung“ auf unserem Planeten bereits Jahrmilliarden; die „Chaos-Theorie“ behauptet sogar, der Flügelschlag eines Schmetterlings in Tokio könne am anderen Ufer des Pazifiks einen Wirbelsturm auslösen.

Übrigens: Das eingangs erwähnte Zitat stammt aus einem Schauspiel des US-amerikanischen Schriftstellers Thornton Wilder (1897–1975). Im amerikanischen Original von 1942 lautet sein Titel „The Skin of our Teeth“. Der deutsche Titel liest sich indes viel packender. Er heißt nämlich „Wir sind noch einmal davongekommen“, in diesem Fall der drohenden Eiszeit. Doch ob wir künftigen Klimakatastrophen, seien es Eis- oder Hitzezeiten, entkommen, das kann niemand vorhersehen.

Was genau ist eigentlich Wetter?

Die Zustände der Atmosphäre

Eine Insel im pechschwarzen Weltraum, bunt schillernd und zerbrechlich wie eine Seifenblase. So zeigt sich unser Planet aus dem Blickwinkel der Wettersatelliten. Die von den künstlichen Erdtrabanten zu den Bodenstationen übermittelten Bilder zeigen auch, dass die Lufthülle des „Blauen Planeten“ ständig in Bewegung ist. Wolkenspiralen drehen sich im Kreis, Wolken entstehen und vergehen. Und schon in der nächsten Stunde kann der Anblick völlig anders sein.

Wetter, Witterung, Klima

Jeder redet über das Wetter, jeder wird von ihm beeinflusst, ob nun die Wochenendpläne sprichwörtlich ins Wasser fallen oder verschneite Straßen den Verkehr lahmlegen. Und dennoch werden Wissenschaftler und Laien nicht unbedingt das gleiche meinen, wenn Sie den Begriff „Wetter“ verwenden.

Die Eigenschaften der Atmosphäre und die Vorgänge, die sich in ihr abspielen, ändern sich fortwährend. Je nachdem, wie schnell sich die Eigenschaften und Vorgänge ändern, unterscheiden die Wissenschaftler drei Zustände der Atmosphäre:

Das Wetter ist dabei der Zustand der Lufthülle zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort. Ihm ist meist nur eine Dauer von wenigen Stunden bis maximal einem Tag beschieden.

Die Witterung ist der durchschnittliche oder auch vorherrschende Wetterablauf innerhalb einiger Tage bis zu ganzen Jahreszeiten.

Das Klima schließlich bezeichnet den mittleren Zustand der Atmosphäre und den durchschnittlichen Witterungsablauf in einem Jahr, wiederum an einem bestimmten Ort.

Klimaforscher und Wetterfrösche

Die beiden Wissenschaftszweige, die sich mit dem Klima und dem Wetter beschäftigen, heißen Klimatologie und Meteorologie. Im letzten Begriff steckt das griechische Wort „metéoros“ („in der Luft schwebend“). Ursprünglich waren damit vor allem Leuchterscheinungen in der Atmosphäre gemeint.

Die heutige Meteorologie, die sich im letzten Jahrhundert zur exakten Naturwissenschaft entwickelt hat, untersucht alle möglichen Himmelsphänomene, von A wie Abendrot bis Z wie Zyklone.

Klimatologen hingegen beschäftigen sich mit der Beschreibung und den Gesetzmäßigkeiten des Klimas.

Das Klima in Deutschland

Um den Zustand der Lufthülle richtig zu beschreiben, muss man viele verschiedene Bausteine des Wetters, der Witterung und des Klimas beobachten und messen. Ein zutreffendes Bild des Klimas eines Ortes ergibt sich auch erst dann, wenn die Beobachtungen und Messungen lange genug durchgeführt werden, denn es können von Jahr zu Jahr beträchtliche Schwankungen auftreten. Deshalb hat es sich eingebürgert, die Durchschnittswerte der Lufttemperatur und des Niederschlags in drei Jahrzehnten zu ermitteln. Die vom Deutschen Wetterdienst gefundenen Werte gelten zum Beispiel für die Jahre 1961 bis 1990. Danach beträgt die mittlere Lufttemperatur in unserem Land rund 8°C, im Durchschnitt fallen knapp 800 Liter Regen und Schnee auf jeden Quadratmeter. 2020, wenn der nächste Bezugszeitraum endet, könnten die Werte wegen des Klimawandels allerdings völlig anders ausfallen.

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Ein Satellitenbild liefert nur eine Momentaufnahme der Atmosphäre. Um Klimate zu erfassen, benötigt man langjährige statistische Datenerhebungen.

(c) NASA (JPL)

Woraus besteht die Luft?

Der atmosphärische Gascocktail

Unsere Erde ist ein Planet der goldenen Mitte. Sie bewegt sich auf einer Bahn um die Sonne, auf der die Zufuhr von Sonnenenergie nicht zu groß, aber auch nicht zu klein ist. Von glühender Hitze und eisiger Kälte bleibt sie daher verschont. Und im Unterschied zu kleineren Himmelskörpern reicht ihre Anziehungskraft aus, um Gasmoleküle in dem für das irdische Leben genau richtigen Mischungsverhältnis an sich zu binden.

Das Gasmeer

Die Planeten in den äußeren Zonen des Sonnensystems besitzen Atmosphären, die größtenteils aus Wasserstoff und Helium bestehen. In der Lufthülle der Erde kommen diese beiden Gase als sogenannte Spurengase nur in sehr geringen Anteilen vor. Die Erdatmosphäre besteht fast ausschließlich aus Stickstoff und Sauerstoff. In einem gut gelüfteten Zimmer mit 100 Kubikmeter Rauminhalt nimmt Stickstoff etwas über 78 Kubikmeter, Sauerstoff knapp 21 Kubikmeter ein. Einen weiteren Kubikmeter füllt das Edelgas Argon aus. Der Gesamtinhalt dieser drei Hauptbestandteile der Luft beträgt 99,964 Prozent. Die restlichen 0,036 Prozent oder 36 Liter verteilen sich auf mehr als ein Dutzend verschiedener Gase, darunter Kohlendioxid, Neon, Methan und nicht zuletzt auch einige industriell hergestellte gasförmige Stoffe wie die Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKWs), die beim Abbau der Ozonschicht (S. 192) und dem vom Menschen verstärkten Treibhauseffekt (S. 164) eine entscheidende Rolle spielen.

Abgesehen vom Wasserdampf, der in der Liste der Luftgase meist nicht genannt wird, halten die gasförmigen Bestandteile der Atmosphäre ihre Prozentanteile bis auf mehrere Stellen hinter dem Komma geradezu pedantisch ein. Daher weicht die Zusammensetzung der Luft in Höhen bis über 50 Kilometer praktisch nicht von der in bodennahen Schichten ab. An der speziellen Mixtur ändert sich also kaum etwas, wohl aber an der Menge der Luftteilchen in einem Kubikmeter. Sie nimmt zur Höhe hin rasch ab – die Luft wird „dünner“. Rund 99 Prozent der Luftteilchen drängen sich in den unteren 30 Kilometer hohen Schichten der Erdatmosphäre.

Himmelsblau

Das Firmament erstrahlt in allen möglichen Farben, von Blutrot über Goldgelb bis Rabenschwarz. Die typische Farbe des Tageshimmels ist jedoch ein mehr oder weniger intensives Blau, zumindest dann, wenn er nicht völlig von Wolken verhüllt wird. Den Farbton verdankt der Himmel der unsichtbaren Luft: Die Moleküle des Gasgemischs bewirken die sogenannte Streuung, bei der Lichtstrahlen aus ihrer ursprünglichen Richtung abgelenkt werden. Am stärksten werden die Strahlen am blauen bis violetten Ende des Spektrums gestreut und dabei gleichmäßig über das Firmament verteilt. Je trockener die Luft ist, umso intensiver wird das Himmelsblau; Feuchtigkeit macht sich dagegen durch milchig-weiße Farbtöne bemerkbar.

Ein Blick zurück

Der Aufbau der heutigen Lufthülle ist lediglich ein Bild eines ganzen Filmstreifens, der seit der Entstehung der Erde vor gut 4,5 Milliarden Jahren abgespult wird. Die Zusammensetzung der Luft hat sich im Lauf der Erdgeschichte immer wieder verändert. Bis vor ungefähr 2,5 Milliarden Jahren enthielt die Gashülle wegen der ständigen Vulkanausbrüche zum Beispiel noch viel mehr Kohlendioxid als heute. Die Weichen zur sauerstoffreichen Atmosphäre wurden vor rund zwei Milliarden Jahren durch die Evolution von Organismen gestellt, die zur Photosynthese befähigt waren. Sie erzeugen seither große Mengen von Sauerstoff, dem Lebenselixier in unserer Atmosphäre.

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Abgase von Autos, Flugzeugen oder Kohlekraftwerken erhöhen den Anteil des Kohlendioxids in der Luft, der momentan bei etwa 0,04 Prozent liegt. Dadurch wird das fragile Gasgemisch der Atmosphäre nachteilig beeinträchtigt, eine globale Erwärmung des Klimas ist die Folge.

(c) photos.com

Was „verschmutzt“ unsere Luft?

Feste und flüssige Bestandteile der Luft

Die Luft über den Ozeanen, den Hochgebirgen und allgemein in den höheren Schichten der Atmosphäre gilt als „Reinluft“. Denn sie enthält neben den Gasen nur relativ wenige flüssige und feste Bestandteile aus natürlichen und künstlichen Quellen. Der Begriff „Reinluft“ hat einen positiven Klang. Aber wäre es für die Erde und ihre Bewohner ein Segen, wenn die Luft absolut rein wäre? Nein, eher eine Katastrophe!

Winzig, doch enorm wichtig

Die meisten chemischen Substanzen, die man kennt, kommen unter den normalen Temperatur- und Druckbedingungen an der Erdoberfläche und in der unteren Erdatmosphäre nur in einer bestimmten Form vor: entweder im festen, flüssigen oder gasförmigen Zustand. Zu den wenigen Ausnahmen gehört Wasser. Wassertropfen und Eiskristalle unterschiedlicher Größe bilden die Wolken und gehen als Regen oder Schnee auf den Erdboden nieder. Gasförmiger, unsichtbarer Wasserdampf ist fast ausschließlich in den untersten Schichten der Lufthülle enthalten, wo er einen Anteil von ein bis vier Prozent pro Kubikmeter Luft hat. In größeren Höhen enthält die Atmosphäre praktisch keinen Wasserdampf mehr. Von sämtlichen Wasservorräten unseres Planeten besitzt die Lufthülle ohnehin lediglich einen winzigen Bruchteil: 0,001 Prozent – das ist weniger als der Baikal, der tiefste See der Erde, birgt. Doch was wäre der Planet ohne Wolken, Regen, Schnee … und letztlich die Lebewesen, die auf die Wasserzufuhr aus diesem verschwindend kleinen Reservoir angewiesen sind!

Mehr Wasserdampf in der Atmosphäre allein würde das Problem der Wasserknappheit aber auch nicht lösen. Um Wasserdampf in Niederschlag zu verwandeln, sind nämlich feste Partikel notwendig, an denen sich die Feuchtigkeit niederschlagen kann. Solche Keime oder Kerne liefert die Erde glücklicherweise reichlich: durch die Brandungswellen aufgewirbelte Meersalzkörnchen, fein verteilter Gesteinsstaub, vulkanische Asche, Rußteilchen, die von Wald- und Buschbränden stammen. Sie alle filtern gewissermaßen die in der Höhe nutzlose Feuchtigkeit aus und befördern das Wasser dorthin, wo es gebraucht wird: zum Erdboden.

Vom Winde verweht

So wie in den Ozeanen treiben im Luftraum Myriaden mikroskopisch kleiner Organismen frei umher: Algen, Bakterien, Viren, Tiere wie Spinnen, Schmetterlinge oder die Gewittertierchen, die vor einem Gewitter in Massen auftreten. Alle können nicht oder kaum aus eigener Kraft fliegen. Sie lassen sich vielmehr vom Wind verwehen. Zum Luftplankton gehören auch Bestandteile von Pflanzen: Pollen, Sporen und Samen erfüllen die Luft in riesigen Mengen. Eine einzige Blüte der Pfingstrose produziert zum Beispiel im Jahr mehr als drei Millionen Pollenkörner. „Reines“ Gas ist die Luft, die wir atmen, also bei Weitem nicht.

Die hauchdünne Biosphäre

Die Erdatmosphäre überlappt sich in den untersten Schichten mit der Biosphäre, dem von Lebewesen besiedelten Raum unseres Planeten. Dieser Raum hat an der gesamten Masse der Erde einen noch geringeren Anteil als die Lufthülle und ist eine noch dünnere, verletzlichere Haut. Das Leben spielt sich fast ausnahmslos am Rand des festen Erdballs in einer etwa 120 Meter dicken Schicht ab, die ungefähr der Wipfelhöhe der höchsten Bäume entspricht; nur einzelne vom Wind verdriftete Mikroorganismen kommen noch in 40 oder 50 Kilometer Höhe vor. Unter der festen Erdoberfläche endet die Biosphäre ungefähr in 120 Meter Tiefe. Insgesamt ist sie also meist nur bis zu 240 Meter dick.

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Nur in hohen Konzentrationen kann man feine Partikel in der Luft mit dem bloßen Auge erkennen, so zum Beispiel im Frühjahr und Sommer während des Pollenflugs.

(c) picture-alliance/dpa

Wie gliedert sich die Luft?

Die Schichten der Atmosphäre

Wer bei wolkenlosem Himmel nach oben schaut, blickt in ein riesiges, scheinbar endloses und ungegliedertes Luftmeer. In Wirklichkeit aber besteht die Lufthülle aus mehreren Sphären und sogenannten Pausen.

Pausen und Sphären

In einer Pause ändert sich bekanntlich etwas. Zum Beispiel wird die Arbeit durch eine Zeit der Erholung unterbrochen. Bei den Pausen der Erdatmosphäre ändert sich vor allem die Lufttemperatur, oft abrupt innerhalb einer vergleichsweise dünnen Schicht. Solche Grenzschichten durchziehen die Lufthülle und gliedern sie in mehrere Stockwerke.

Die unterste markante Pause, die sogenannte Tropopause, verläuft ungefähr acht bis 18 Kilometer über dem Erdboden, über den Polen niedriger, über dem Äquator höher. Sie begrenzt die darunter liegende Troposphäre, in der sich fast alle Wettervorgänge abspielen. Innerhalb dieses untersten Atmosphärenstockwerks sinkt die Temperatur zur Höhe hin bis auf weit unter −45°C an der Tropopause.

In der Stratosphäre, der nächsten Etage, bleibt die Temperatur zunächst annähernd gleich, steigt anschließend aber bis zur Stratopause in rund 50 Kilometer Höhe kräftig an und pendelt sich dort bei 0°C ein. Ursache der Erwärmung ist die Ozonschicht, in der ein großer Teil der Sonnenenergie aufgenommen und in Wärme umgewandelt wird. Oberhalb der Stratopause folgen noch zwei weitere große Stockwerke. Zwischen 50 und 85 Kilometer erstreckt sich die Mesosphäre. In dieser Etage sinkt die Temperatur zur Obergrenze hin bis auf eisige −90°C. Jenseits der Mesopause geht es innerhalb der Thermosphäre mit den Temperaturen aber unaufhaltsam bergauf. 1000°C werden an der Thermopause in 500 bis 1000 Kilometer Höhe gemessen. Welchen Einfluss die Vorgänge in den beiden obersten Stockwerken auf das Wetter am Boden haben, ist unbekannt – er wird jedoch nur klein sein.

Kollisionen am Himmel

Der Sonnenwind ist ein Strom elektrisch geladener Teilchen, der sich mal schwächer, mal stärker von der Sonne her durch das Weltall bewegt. An der Magnetopause werden diese Teilchen vom Erdmagnetfeld wie in einem Netz eingefangen. Von hier werden sie auf verschlungenen Bahnen in tiefere Schichten der Atmosphäre geführt, wo sie irgendwann auf Luftmoleküle treffen. Beim Zusammenstoß kommt es zu farbenprächtigen Leuchterscheinungen, den Polarlichtern.

Ihren Namen bekamen die Leuchtphänomene aufgrund der Tatsache, dass sie im äußersten Norden und Süden der Erde, in den Polargebieten, am häufigsten zu beobachten sind. Zuweilen kann man das Farbenspektakel aber auch am Himmel über Mitteleuropa bewundern.

Das Ende unserer kleinen Welt

Auf Satellitenbildern erscheint die Grenze zwischen der hellen Lufthülle und dem dunklen Weltraum als eine deutliche, fast messerscharf gezogene Linie. Doch an dieser Schicht endet die Hülle unseres Planeten noch lange nicht. Ihre Grenze deckt sich vielmehr mit der Magnetopause, der äußeren Grenzfläche des Erdmagnetfelds, die sich an der Sonnenseite in rund 60 000 Kilometer Entfernung befindet. An der Nachtseite beträgt die Distanz dagegen bis zu sechs Millionen Kilometer.

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Ein Polarlicht erleuchtet den Nachthimmel über Tromsø in Norwegen. Die Ursache dieses Phänomens liegt im von der Sonne ausgehenden Sonnenwind.

(c) mauritius images (Bard Loken)

Warum ist es auf der Erde nicht zu warm und nicht zu kalt?

Die Sonne – Kraftwerk im All

Der Mensch, alle anderen Lebewesen auf der Erde und vor allem die Wettermaschine brauchen ständig neue Energie. Ein ungefähr 150 Millionen Kilometer von unserem Planeten entfernter Stern versorgt sie mit Licht und Wärme – Tag für Tag, Jahr für Jahr, kostenlos und zuverlässig. Gegenüber dieser Energiequelle im All sind die Energiereservoire der Erde wie die Hitze des Erdinneren oder die Gezeitenkräfte praktisch bedeutungslos.

Heiße und kalte Nachbarn

Die Nachbarn der Erde – der Mond sowie die Planeten Mars und Venus – haben ihr eigenes, extremes Wetter. Der Erdtrabant hat keine Atmosphäre, die Temperaturen schwanken daher zwischen etwa 120°C bei Vollmond und −130°C bei Neumond.

Im Sommer des Mars betragen die Temperaturen an der Oberfläche mal −30, mal −90°C.

Die Gashülle der Venus heizt sich dagegen am Boden auf mehrere Hundert Grad auf. Dies liegt zum Teil an der sonnennäheren Umlaufbahn des Planeten, vor allem aber am hohen Gehalt des Treibhausgases Kohlendioxid in seiner Atmosphäre. Er liegt bei rund 96 Prozent.

Eine glühende Gaskugel

Seit Urzeiten läuft in der Sonne der Prozess der Kernfusion ab, bei dem leichte Wasserstoffkerne zu einem schwereren Kern, in diesem Fall Helium, verschmolzen werden. Die Umwandlung von einem einzigen Gramm Wasserstoff liefert die Energiemenge, mit der man den jährlichen Energiebedarf von 40 bis 50 mitteleuropäischen Privathaushalten decken könnte. Im Zentrum des gigantischen Reaktors werden aber in jeder Sekunde ungefähr fünf Millionen Tonnen Wasserstoff umgewandelt. Die dabei entstehende Energie strömt zur Oberfläche der glühenden, rund 6000°C heißen Gaskugel und verteilt sich von dort in alle Richtungen des Weltraums – nur etwa zwei Milliardstel davon treffen auf den äußeren Rand der Erdatmosphäre.

In der Lufthülle der Erde kommt es dann zu enormen Verlusten. An Wolken und Luft prallt ein Großteil der Energie gleich wieder in den Weltraum zurück, weniger als die Hälfte erreicht die Oberfläche unseres Planeten. Für weitere Verluste sorgt, dass die Erdoberfläche selbst ständig Energie abstrahlt, sogar mehr, als sie erhält. Eigentlich müsste deshalb die dünne Schicht, in der Lebewesen existieren können, immer kälter werden. Der natürliche Treibhauseffekt verhindert jedoch die Abkühlung: Ähnlich wie die Glasscheiben eines Treibhauses lassen Luftschichten die kurzwellige Strahlung der Sonne passieren, während sie einen großen Anteil der langwelligen Wärmeausstrahlung an die Erdoberfläche zurückgeben. Die Rolle der Glasscheiben übernehmen dabei natürliche Treibhausgase, vor allem Wasserdampf und Kohlendioxid. Ihnen ist es zu verdanken, dass im irdischen Treibhaus weltweit durchschnittliche Temperaturen von etwa 15°C statt −18°C herrschen.

Energie im Überfluss

Obwohl immer noch große Mengen von Energierohstoffen wie Kohle oder Erdöl neu entdeckt werden, werden diese Energiequellen irgendwann versiegen: bei Erdöl und Erdgas in ein paar Jahrzehnten, bei Kohle und Uran in mehreren Jahrhunderten. Die Reserven an Sonnenenergie reichen dagegen für die Ewigkeit, wenigstens mit den Zeitmaßstäben des Menschen gemessen. Erst in schätzungsweise fünf Milliarden Jahren wird das Kraftwerk im All seinen Betrieb einstellen.

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Auf der Sonne brodelt es: Materie wird bogenförmig oft Zigtausende von Kilometern ins All geschleudert. Die Materieströme werden Protuberanzen genannt.

(c) NASA (JPL)

Warum gibt es Tag und Nacht, Sommer und Winter?

Die Entstehung von Tages- und Jahreszeiten

Ohne weiter nach dem Warum zu fragen, nehmen die meisten Erdbewohner den Wechsel von Tag und Nacht, von Sommer und Winter einfach so hin. Dabei handelt es sich eher um einen leicht verständlichen Rhythmus, den neben der Erddrehung vor allem der ungefähre Wert von 23,5 Grad nüchtern, aber zutreffend erklärt.

Kleine Ursache, große Wirkung

Man nehme einen Globus, wie er im Handel angeboten wird. Dann richte man das Licht einer Lampe – die Sonne dieses Experiments – auf das verkleinerte Abbild des Planeten Erde aus und gebe ihm einen kleinen Schups, sodass sich der Globus vom Nordpol (oben) aus betrachtet entgegen dem Uhrzeigersinn dreht. Dabei wandert die Grenze zwischen Hell und Dunkel, zwischen Tag und Nacht, als mehr oder minder scharf begrenzte Linie von Ost (rechts) nach West (links) über den Globus. Die Sonne geht im Osten auf und im Westen unter dem Horizont unter – der helle Tag und die dunkle Nacht wechseln sich ab, und das seit über vier Milliarden Jahren.

Was hat es nun mit den 23,5 Grad auf sich? Wie bei einem guten Globus so auch bei der Erde ist die Achse, um die sich beide drehen, um ziemlich genau 23,5 Grad gegen die Senkrechte gekippt. Diese Schieflage behält die Erde während ihres jährlichen Umlaufs um die Sonne bei. Und das ist der entscheidende Grund für den Wechsel der Jahreszeiten.

Die Erdachse neigt sich nämlich der Sonne mal mehr, mal weniger zu, und je nach Monat und Tag treffen deren Strahlen im steilen oder flacheren Winkel auf die Erdoberfläche. Da die Zufuhr von Sonnenenergie bei steilem Einfallen der Strahlen besonders stark ist, verschiebt sich mit dem Erdumlauf auch der Gürtel der stärksten Sonneneinstrahlung über die Erdoberfläche. Zweimal im Jahr, um den 21. März und um den 23. September, also zu Frühlings- bzw. Herbstanfang, liegt er genau über dem Äquator. Im folgenden Vierteljahr verschiebt sich der Gürtel nord- bzw. südwärts bis zu den Wendekreisen, die er um den 21. Juni (Sommeranfang) im Norden beziehungsweise um den 22. Dezember (Winteranfang) im Süden erreicht. Danach wandert er wieder zum Äquator zurück.

Sonnige Zeiten

In der Wettervorhersage für den kommenden Tag wird ein wichtiger Baustein des Wetters gebührend hervorgehoben: die Sonnenscheindauer. Denn nicht nur für die Nutzung der Sonnenenergie als alternativer Energiequelle spielt die Zeit, in der die Sonne mit voller Kraft strahlt, eine entscheidende Rolle. Was die Anzahl der sonnigen Stunden betrifft, liegen unsere Breiten weltweit recht genau im Mittelfeld. Gut 4000 Stunden im Jahresdurchschnitt erstrahlt die Sonne über dem Südwesten der USA, maximal etwa 2000 Stunden pro Jahr beträgt die Sonnenscheindauer zwischen der Ostsee und den Alpen.

Im Zwielicht

Mit dem Sonnenuntergang endet der helle Tag natürlich nicht schlagartig, so als ob Petrus den Lichtschalter betätigt hätte. Ebenso wenig wird es bei Sonnenaufgang sofort strahlend hell. Derart abrupte Wechsel der Beleuchtung gibt es nur auf Himmelskörpern, die keine Atmosphäre besitzen, etwa dem Erdmond. Auf der Erde sorgt die Lufthülle durch Ablenkung der Lichtstrahlen dafür, dass der helle Tag und die dunkle Nacht morgens und abends während der Dämmerung fließend ineinander übergehen.

Das stimmungsvolle Zwielicht dauert je nach Jahreszeit und geographischer Breite unterschiedlich lange. In Mitteleuropa ist es zum Beispiel nach Sonnenuntergang durchschnittlich noch etwa eine gute halbe Stunde lang hell.

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Wenn die Sonne unter dem Horizont verschwunden ist, sorgt die Ablenkung der Lichtstrahlen dafür, dass der Himmel noch einige Zeit in herrliche Farben getaucht wird.

(c) mauritius images (John Warburton-Lee)

Vulkane – was bewirken sie bei Wetter und Klima?

Feuer und Wasser

Wetter und Klima sind in erster Linie das Ergebnis der tages- und jahreszeitlich sowie regional unterschiedlichen Zufuhr von Sonnenenergie. Daneben spielen aber auch irdische Faktoren eine wichtige Rolle. Der Treibhauseffekt der Atmosphäre (S. 164) gehört dazu, genauso wie das Geflecht der Meeresströmungen, die Gebirge, das Pflanzenkleid und nicht zuletzt die Aktivität der Feuerberge.

Ein Unglück kommt selten allein

„Andauernd hallten Donnerschläge durch die Nacht, so laut, dass einem das Trommelfell schmerzte. Die Atmosphäre war mit Elektrizität aufgeladen, Telefone fingen von selbst an zu klingeln …“ Der Bericht eines russischen Vulkanologen beschreibt kein normales Gewitter, sondern die Folgen eines vulkanischen Aschenregens, der am 30. März 1956 im Umkreis des Vulkans Bezymianny auf der Halbinsel Kamtschatka im Fernen Osten Russlands niederging. 35 Jahre danach, im Juni 1991, traf es die Dörfer am Fuß des Vulkans Pinatubo auf den Philippinen. Nach einem heftigen Ausbruch lösten starke Taifunregen in den lockeren Aschenschichten an den Hängen des Feuerbergs verheerende Schlammströme aus. Nicht selten arbeiten Vulkanausbrüche und Wetter Hand in Hand, folgen gewaltige Unwetter heftigen Eruptionen. Selbst längerfristige Folgen für die Witterung und das Klima sind möglich, wie der Ausbruch des Tambora im April 1815 auf der indonesischen Insel Sumbawa beispielhaft bewies.

Bei diesem stärksten Vulkanausbruch in historischer Zeit wurden schätzungsweise 100 Kubikkilometer Asche und Schwefelgase bis zu 70 Kilometer hoch in den Himmel geschleudert. Sie verteilten sich in der Atmosphäre, schwächten als Schleier die Zufuhr von Sonnenenergie und führten so zum härtesten „Vulkanischen Winter“ seit Menschengedenken. Er dauerte mindestens drei Jahre. 1816, das „Jahr ohne Sommer“, ist bis heute das kälteste Jahr seit Beginn regelmäßiger Wetteraufzeichnungen. Weltweit kühlte sich das Klima drastisch um etwa 2,5°C ab – es gab auch in den sonst warmen Jahreszeiten Frost, Schneefälle, heftige Gewitter und starke Regengüsse. Und die extreme Witterung führte wiederum zu Missernten, Hungersnöten, Aufständen der verzweifelten Bevölkerung und Auswanderungswellen von Europa nach Amerika.

Wasser aus vulkanischer Glut

Die Erdatmosphäre enthält zwar nur sehr wenig Wasser, insgesamt sind jedoch die Wasservorräte unseres Planeten gewaltig. Woher stammen diese Schätze, ohne die ein Leben auf der Erde unmöglich wäre? Aus Quellen, an die man zuerst nicht denkt: den Vulkanen.

Sie sind die wichtigsten Wasserspender, indem sie das im Innern der Erde enthaltene Wasser an die Erdoberfläche transportieren. Lava enthält zwischen 0,1 und sieben Prozent Wasser. Bei Vulkanausbrüchen gelangt es in den Schmelzen an die Erdoberfläche. Jahr für Jahr dringen so etwa 0,3 Kubikkilometer Wasser aus den Kratern. Dieser ständige Wasserstrom könnte beispielsweise den Wasserinhalt der Atmosphäre in 40 000 Jahren, einem geologisch äußerst kurzen Zeitraum, vollständig erneuern.

Tambora macht Weltgeschichte

Der Ausbruch des Tambora hatte bereits nach ein paar Wochen, im Juni 1815, weltpolitische Folgen. Damals erlebte nämlich Napoleon I. sein berühmtes „Waterloo“, vor allem wegen widrigen Wetters. Heftige Regengüsse verwandelten das Schlachtfeld in Belgien in eine Schlammwüste, in der die Franzosen ihre schweren Geschütze nicht rechtzeitig in Stellung bringen konnten und so den Truppen der Briten und Preußen unterlagen.

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Bei Ausbrüchen von Vulkanen – hier eine Eruption des Ätnas auf Sizilien – werden neben Aschen und weiteren festen Bestandteilen auch noch große Mengen an Gasen (vor allem Schwefelgase) aus dem Erdinnern nach oben befördert.

(c) mauritius images (Westend61)

Wie beeinflussen die Ozeane das Klima?

Meere und Meeresströmungen

Der „Blaue Planet“ Erde verdankt seinen Beinamen dem vom Weiß der Wolken durchsetzten Blau der Lufthülle und dem Blau der Ozeane. Diese beiden Sphären des Planeten sind auf vielfältige Weise miteinander verknüpft. Und da nahezu drei Viertel der Erdoberfläche von den Ozeanen mit ihren Randmeeren eingenommen werden, haben diese einen erheblichen Einfluss auf das Erdklima.

Wasser, ein ganz besonderer Stoff

Um Wasser in einem Kochtopf zu erhitzen, muss sehr viel Wärmeenergie aufgewendet werden. Einmal erhitzt, lässt sich die Wassertemperatur jedoch mit verhältnismäßig geringer Energiezufuhr, etwa einem Teelicht, fast konstant halten – denn Wasser speichert die Wärme viel besser als die Luft und gibt sie nur langsam wieder ab.

Dieses Phänomen ist eine wichtige Ursache für den Einfluss, den die Weltmeere auf das Klima ausüben: Sie wirken als Wärmespeicher und mildern dadurch die Temperaturextreme zwischen den Tages- und Jahreszeiten. Zudem werfen Wasseroberflächen einen mehr oder minder großen Anteil der Sonnenenergie gleich wieder in den Weltraum zurück. Wie das Glitzern des Meeres bei Sonnenuntergang verrät, ist der gespiegelte Anteil bei tiefem Sonnenstand groß, bei hohem Sonnenstand hingegen sehr gering. Die tropischen Meere, über denen die Sonne im Jahreslauf meist hoch über dem Horizont steht, saugen daher die Sonnenenergie förmlich an, während in den Polargebieten das Licht der tief stehenden Sonne die Meeresoberfläche nur streift und keine nennenswerte Energiezufuhr bewirkt. So kommt es zu erheblichen Temperaturunterschieden – im Wasser und in den darüber lagernden Luftmassen. Meeresströmungen wie der Golfstrom, der eine Art Fernwärmeheizung Nordeuropas ist, sorgen für einen Ausgleich: sie transportieren ständig Wärme und Feuchtigkeit aus einer Klimazone in die andere.

Versiegt der Golfstrom?

Meeresströmungen können sich im Lauf der Zeit verändern und so zum Wandel des Erdklimas beitragen. Im UN-Klimabericht wird davor gewarnt, dass der Golfstrom, der den Norden Europas mit Wärme und feuchter Luft versorgt, vielleicht eines Tages versiegt.

Dies hätte große Auswirkungen: Zum Beispiel frören die norwegischen Häfen, die heute im Winter durch das subtropische Wasser eisfrei gehalten werden, in der kalten Jahreszeit zu – mit verheerenden Folgen für die Volkswirtschaft des Königreichs. Auf der anderen Seite wäre in Zeiten globaler Erwärmung eine leichte Abkühlung nicht unwillkommen.

Wüsten am kalten Meer

Einer der erstaunlichsten Effekte von Meeresströmungen ist die Tatsache, dass kalte Ströme zuweilen an Küsten extrem trockene Wüsten entstehen lassen. Zu diesen Küstenwüsten, in denen meist nur Nebelschwaden ein wenig Feuchtigkeit spenden, gehört beispielsweise die Atacama an der Pazifikküste Südamerikas.

An ihr fließt der kalte Humboldt-Strom vorbei. Über dem kalten Wasser bildet sich zwar häufig Nebel, der vom leichten Seewind ins Landesinnere geweht wird, Regengüsse – im Allgemeinen dann durch das El-Niño-Phänomen (S. 118) verursacht – sind dagegen sehr selten. Grund: An der kalten Meeresoberfläche kühlt sich die Luft ab, wird dadurch schwerer, kann folglich nicht aufsteigen und in der Höhe Wolken bilden. Und wo es keine Wolken gibt, regnet es auch nicht.

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Die Atacama im Norden Chiles, hier ein Satellitenbild, liegt unmittelbar am Meer und gilt als eine der trockensten Wüsten der Welt.

(c) ESA

Weshalb bilden Gebirge Wetterscheiden?

Klimascheiden und Wetterseiten

Unsere Erde ist ein flacher Planet: Weniger als zehn Prozent seiner Oberfläche ragen 1000 Meter und mehr über das Niveau der Ozeane auf. Gebirge sind also eher Ausnahmen. Trotzdem haben Berge und Gebirge einen erheblichen Einfluss auf das Erdklima, können es in weitem Umkreis deutlich verändern, steuern die Entwicklung von Tiefdruckwirbeln, bilden markante Wetterscheiden und haben vielleicht der Erde die jüngsten Eiszeiten beschert.

Heilige Berge in Gefahr

In vielen Religionen gelten hohe Berge als heilige Stätten, für orthodoxe Hindu, gläubige Buddhisten oder tibetische Schamanen vor allem der Kailasa im westlichen Tibet. Die Verehrung hängt damit zusammen, dass man die Gipfel als Wohnsitze der Götter betrachtet, hat aber auch handfeste klimatische Gründe.

Die Schnee- und Eismassen, die sich auf ihnen ansammeln, sind für die Wasserversorgung der Menschen am Fuß der Berge unverzichtbar, besonders in den Trockengebieten der Erde. Ohne das Schmelzwasser aus den natürlichen Wasserschlössern könnten sie nicht existieren. Mit dem Gletscherschwund (S. 172) wird jedoch auch diese Quelle wahrscheinlich bald versiegen.

Wetterscheiden

Manch Urlauber musste es vielleicht schon am eigenen Leib erfahren: Während eine Gebirgsflanke im grauen Nass eines Dauerregens versinkt, herrscht an der gegenüberliegenden das schönste Wetter. Gebirge bilden vielfach markante Grenzen, die klimatische Welten voneinander trennen, am eindrucksvollsten wohl die südlichen Anden, wo über den Eisfeldern Patagoniens im Jahresdurchschnitt rund 10 000 Liter Regen und Schnee pro Quadratmeter niedergehen, während im Regenschatten des Hochgebirges weniger als 200 Liter fallen. Die extremen Unterschiede kommen in diesem Fall dadurch zustande, dass die Anden quer zur vorherrschenden Windrichtung innerhalb der Westwindzone der Südhalbkugel verlaufen.

Dabei sind die klimatischen Folgen nicht zwingend auf Gebirge und Vorgebirge begrenzt. Häufig reichen sie weit darüber hinaus. Auf den Inseln an der deutschen Ostseeküste scheint zum Beispiel die Sonne überdurchschnittlich lang, weil die Hochgebirge Skandinaviens für föhnartige Winde (S. 96) sorgen, wodurch sich die Wolken auflösen. Und mancher Tiefdruckwirbel, der uns erreicht, ist jenseits des Atlantiks im Windschatten der Rocky Mountains entstanden.

Doch nicht nur Hochgebirge prägen das Wetter und das Klima. Im Prinzip hat jede Erhebung der Erdoberfläche vom Maulwurfshügel an aufwärts ihre Wetterseite. In Mitteleuropa tragen beispielsweise Bäume an der Südwestseite ihrer Stämme einen auffällig dichten Bewuchs aus Algen und Flechten. Diese Seite ist hierzulande die Wetterseite, weil Wind und Regen überwiegend aus Südwesten kommen und die Südwestseite zugleich am stärksten von der Sonne beschienen wird.

Die Wiege der Eiszeiten?

Gebirge sind mobile Gebilde, die ihre Höhe und Gestalt ständig verändern, wenn auch nur in Millimeterbeträgen pro Jahr. Der Himalaya, das mächtigste Gebirge der Erde, wächst zum Beispiel ständig weiter in den Himmel und damit in das Stockwerk des ewigen Eises.

Nach einer von vielen Theorien über die Entstehung der Eiszeiten war die „Heimat des Schnees“, was der Name „Himalaya“ bedeutet, zusammen mit dem benachbarten Hochland von Tibet der Auslöser der Eiszeiten. Denn indem sich das Gebirge immer mehr mit Eis verhüllte, warf seine Oberfläche zunehmend das Sonnenlicht zurück und förderte damit die Abkühlung der Erde.

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Derart mächtige Gebirge wie die Anden, hier der Cerro Torre im argentinischen Teil Patagoniens, sind stets auch Wetterscheiden und das Schmelzwasser ihrer Gletscher speist Flüsse und Seen.

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Warum bedroht die Klimakatastrophe vor allem den Norden?

Landmassen und Pflanzenkleid

Die bevölkerungsreichsten Länder der Welt – China, Indien, Russland, die USA und die Staaten der Europäischen Union – liegen alle in der nördlichen Hemisphäre. Und gerade für diese sind die Prognosen der Klimaforscher besonders düster. Ursache ist der ungebremste Ausstoß von Treibhausgasen. Hinzu kommt, dass es im Norden weniger natürliche „Puffer“ gibt und dass diese noch dezimiert werden.

Ungleich verteilt

Die weltweit führenden Energieverbraucher, mit großem Abstand die USA vor der Volksrepublik China, haben ihren Sitz polwärts des nördlichen Wendekreises. Beiderseits des Äquators wird dagegen in der Regel sehr sparsam mit der Energie umgegangen. Ein Einwohner des Tschad verbraucht zum Beispiel im Jahresdurchschnitt weniger als ein Promille des Energiebedarfs eines US-Bürgers. In den anderen Industrieländern sind der Energieverbrauch und damit der Ausstoß von Treibhausgasen zwar geringer, doch ändert dies nichts daran, dass auf der Nordhalbkugel verschwenderisch mit den Rohstoffen umgegangen wird.

Dabei ist die Nordhälfte unseres Planeten aus zwei Gründen für einen Klimawandel mit unabsehbaren Folgen besonders anfällig. Zum einen nehmen die Landmassen auf der Nordhalbkugel fast zwei Drittel der Erdoberfläche ein (auf der Südhalbkugel dagegen weniger als ein Fünftel), zum andern ist in dicht besiedelten Industriestaaten die Waldfläche allgemein sehr gering. Das Meer und der Wald aber könnten als natürliche Puffer Klimaänderungen verhindern oder zumindest abmildern.

Im Unterschied zu den Meeren erhitzen sich Landmassen bei Sonneneinstrahlung sehr stark und rasch, kühlen sich durch Ausstrahlung aber auch genauso stark und rasch ab. Der Temperaturverlauf ist daher im Innern der Kontinente immer viel extremer als an den Küsten, wo die Wassermassen der Meere für einen Wärmeausgleich sorgen. Maximal kann unter kontinentalen Klimabedingungen zwischen den höchsten und den tiefsten Temperaturen im Jahr eine Spanne von 100°C liegen. Und selbst geringe Anstöße von außen können den Verlauf der Temperaturkurve noch unausgeglichener machen.

Natürliche Klimaanlagen