Nr. 753
Strategen des Universums
Sie sind die letzten von Balayndagar – sie sind bereit, der Menschheit zu helfen
von ERNST VLCEK
Anfang September des Jahres 3581 hat sich eine weitere Phase im Schicksal der Erde vollzogen. Zusammen mit Luna, der Sonne Medaillon und dem Planeten Goshmos Castle ist Terra in der flammenden Öffnung des »Schlundes« verschwunden.
Reginald Bull und die Männer und Frauen der OGN, die sich als einzige von 20 Milliarden Terranern rechtzeitig in den freien Raum des Mahlstroms retten konnten, wissen nicht, was aus ihrer Heimatwelt und deren aphilischen Bewohnern geworden ist – sie können nur vage Spekulationen anstellen.
Perry Rhodan hingegen kann nicht einmal dieses tun, denn er weiß nichts vom Verschwinden der Erde. Er, zusammen mit Tausenden von Getreuen, hat nach einer mehr als vier Jahrzehnte währenden Odyssee, die das Raumschiff SOL vom Mahlstrom der Sterne durch kosmische Weiten führte, endlich die Milchstraße erreicht.
Hier, im alten Heimatbereich der Menschheit – der, mit Ausnahme der Dunkelwolke Provcon-Faust, wo Atlan und Julian Tifflor das Neue Einsteinsche Imperium der Menschheit begründet haben, noch immer von den Laren und den Überschweren beherrscht wird –, muss Perry Rhodan sich erst neu zurechtfinden und die allgemeine Lage erkunden.
Er tut dies, indem er das Solsystem anfliegt, wo er von Galto Quohlfahrt, dem Freund der Posbis, erwartet und über die gegenwärtige galaktische Situation unterrichtet wird.
Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse entschließt sich Perry Rhodan zum 80-Jahresplan, der den schnellstmöglichen Sieg über die Laren verspricht.
Die Hauptrolle in diesem Plan spielen die letzten Kelosker – denn sie sind die STRATEGEN DES UNIVERSUMS ...
Die Hauptpersonen des Romans
Perry Rhodan – Der Terraner »schenkt« den Laren eine neue Strategie.
Galto Quohlfahrt – Der Posbi-Wissenschaftler flieht in die Gefahr.
Thaleia Dunn – Ein Mädchen mit einem festen Vorsatz.
Tallmark, Sorgk und Llamkart – Drei von 26 Flüchtlingen aus Balayndagar.
Hotrenor-Taak – Der »Verkünder der Hetosonen« wird geködert.
1.
Thaleias Tagebuch:
29. 10. 3581
Ach, wie mich ausdrücken, wo beginnen?
Bin ich doch immer noch so aufgeregt von dieser unerwarteten Begegnung, dass meine Hände zittern und meine Wangen glühen. Vielleicht sollte ich warten, bis sich meine Hände beruhigt haben und ich auch wieder in der Lage bin, meine Gedanken zu ordnen. Aber andererseits will ich meine Gefühle niederschreiben, solange sie noch taufrisch sind, und versuchen, den Zauber des ersten Moments einzufangen.
Ich habe den Mann meiner Träume gefunden.
Es war im Observatorium, als ich an einer Führung teilnahm, um durch das Positronikteleskop einen Blick auf »Kobold« zu werfen, den Zwergstern, der durch seine ungeheure Masse die Erde ersetzte und das Solsystem im Gleichgewicht hielt. Ich habe keinen Blick auf Kobold werfen können, denn gerade als ich an die Reihe kam, da tauchte er auf. Als sich unsere Blicke kreuzten, da wusste ich sofort, dass wir füreinander bestimmt sind. Dabei weiß ich nicht einmal, wie er heißt und wer er ist. Aber der traurige Blick seiner Augen zeigte mir, dass er ein tragisches Schicksal zu tragen hat. Und die fünfzehn Roboter, die man Posbis nennt, und die ebenso vielen unförmigen quallenartigen Wesen, die ihn eskortierten, machten deutlich, dass er kein freier Mann war. Doch trotz dieser aufmerksamen Wachtposten gelang es ihm, mir eine Nachricht zukommen zu lassen.
Was für ein Mann! Er sieht nicht nur gut aus, sondern ist auch tollkühn. Es gibt keinen an Bord der SOL, der sich mit ihm messen könnte. Er ist stattlicher als Perry Rhodan, geheimnisvoller als der verschollene Alaska Saedelaere und stärker als Icho Tolot. Jetzt ist es mir unverständlich, wie ich nur für sie schwärmen konnte, wo es ihn gibt. Gegen ihn verblassen sie alle. Ob er es schafft, seinen Bewachern zu entkommen und sich mit mir an dem vereinbarten Ort zu treffen? Bestimmt! Ich kann es kaum erwarten, mit ihm allein zu sein. Diesmal, dessen bin ich ganz sicher, handelt es sich nicht bloß um eine kindliche Schwärmerei von mir, sondern es ist Liebe auf den ersten Blick.
*
»Galto«, sagte ich zu meinem Spiegelbild und wischte ein imaginäres Staubkörnchen von meiner blanken Schädeldecke, »du kannst mit deinem Aussehen durchaus zufrieden sein.«
Sofort war einer der fünfzehn Matten-Willys heran, der meine Handbewegung falsch gedeutet haben musste, und erkundigte sich besorgt: »Warum befühlst du deinen Kopf, Galto? Hast du Migräne? Oder juckt es dich? Wenn du irgendwelche Beschwerden hast, werden wir dich selbstverständlich sofort behandeln ...«
Die anderen Willys stimmten ein Klagegeschrei an, und die fünfzehn Posbis, die nicht weniger um mein körperliches Wohlbefinden besorgt waren, zeigten ihre Einsatzbereitschaft an, indem sie ihre Sehmechanismen auf mich richteten; beim geringsten Symptom einer Unpässlichkeit hätten sie mich gepackt, auf die Krankenstation geschleppt und mich einer eingehenden Untersuchung unterzogen, die unweigerlich zu irgendeiner Behandlung geführt hätte. Meine Leibwächter fanden immer irgendeinen Grund, mich zumindest örtlich zu verarzten.
Das hätte mir jetzt gerade noch gefehlt!
»Sachte, sachte, kein Grund zur Aufregung«, beruhigte ich sie. »Ich fühle mich topfit. Habe mich noch nie besser gefühlt.« Und ich fügte schnell hinzu, als ich die ungläubigen und skeptischen Blicke aus den Stielaugen der Willys merkte: »Ehrenwort. Ich strotze förmlich vor Gesundheit. Findet ihr nicht auch, dass ich wie das blühende Leben aussehe? Und seid einmal ehrlich, bin ich nicht von geradezu herb-männlicher Schönheit?«
Natürlich übertrieb ich bewusst. Aber ich war momentan gerade in einer solchen Stimmung.
Einige meiner Willys hatten kopfähnliche Gebilde mit menschlichen Gesichtern aus sich wachsen lassen.
Einer meinte mit bedrückter Miene: »Nein, gesund wirkst du nicht, Galto. Siehst eher kränklich aus. Wir sollten herausfinden, an welcher Krankheit du laborierst.«
»Wie kannst du deinen unvollkommenen Körper nur als schön bezeichnen?«, sagte ein anderer Willy vorwurfsvoll. »Er ist viel zu anfällig gegen Verletzungen und Krankheiten.«
»Natürlich«, pflichtete ein dritter Willy bei. »Du solltest dir wenigstens unseren Vorschlag ernsthaft überlegen, deine kaum geschützten Halswirbel gegen solche aus Verdichtungsstahl ersetzen zu lassen.«
»Meine Halswirbel sind gut genug geschützt«, meinte ich lachend und tätschelte meinen feisten Nacken. »Ihr habt mich immerhin so gemästet, dass ich überall gut gepolstert bin.«
»Das war das mindeste, was wir für dich tun konnten«, erklärte ein Willy. »Deine Körperfülle ist natürlich ein noch äußerst unzureichender Schutz. Wir haben viel bessere Möglichkeiten ...«
Ich seufzte. Es war das alte Lied. Die Willys ließen sich keine Gelegenheit entgehen, um mich auf die Unzulänglichkeit meines menschlichen Körpers hinzuweisen. Doch – es war ohnehin nicht mehr alles menschlich an ihm.
Immerhin hatten sie mir bereits einen Fußknöchel gegen einen solchen aus Verdichtungsstahl vertauscht, ebenso war mein rechter Unterschenkel inklusive Knie künstlich. Zwei Finger der linken Hand und den Daumen der rechten hatten sie mir ebenfalls durch Prothesen ersetzt. Als mir einmal das Missgeschick passierte, dass ich mir die Ohren in einen Druckhelm einquetschte, da hatten die Matten-Willys in Übereinkunft mit den Posbis dies sofort »korrigiert« und mir umgehend metallisch verstärkte Plastikohren verpasst.
Und was war aus meiner schwarzen Lockenpracht geworden? Die Willys hatten sie als gefahrvollen Bakterienherd klassifiziert und mir eine Glatze verordnet. Aber nicht, dass sie mich bloß kahlgeschoren hätten, nein, nein, so einfach machten sie es sich nicht, meine treusorgenden Matten-Willys. Meine spiegelblanke Schädeldecke war synthetisch!
An meine inneren Organe hatten sie sich bisher noch nicht herangewagt. Aber nicht, weil sie vor diesem Schritt zurückschreckten, sondern weil sie nicht das Risiko eingehen wollten, dass ich durch eine plötzliche Umstellung psychische Störungen davontragen würde. Sie wollten schrittweise vorgehen und ihrem Endziel zustreben: Mein Gehirn im Körper eines Roboters. Irgendwann, das war mir klar, würde es dazu kommen.
Aber bis dahin wollte ich tapfer um jedes meiner Glieder und Organe kämpfen. Ich musste nur aufpassen, dass ich mich nicht verletzte. Denn jede Hautabschürfung war für die Willys Vorwand genug, die Vorbereitungen für eine Amputation zu treffen.
Diesbezüglich musste ich höllisch aufpassen. Denn den Willys entging nichts, und sie begleiteten mich überall hin auf Schritt und Tritt. Freilich – und darüber freute ich mich jedes Mal diebisch – gelang es mir relativ oft, ihnen zu entwischen. Und dann tobte ich mich aus wie ein Haluter zur Drangwäsche!
Soweit war es wieder einmal. Mein von den Posbis als artverwandt anerkanntes Gehirn hatte sich schon einen Plan zurechtgelegt.
Zuvor wollte ich mir aber noch einen kleinen Scherz mit meinen »Säuglingsschwestern« erlauben. In ihrer stark übertriebenen Fürsorglichkeit schrien sie ja förmlich danach, gefoppt zu werden.
Also wandte ich mich dem Schrank zu, den ich zuvor unbemerkt präpariert hatte. Die Schiebetür glitt bei meiner Annäherung automatisch auf. Als ich jedoch meine Hand durch die Öffnung steckte, kam es zu dem von mir vorprogrammierten Kurzschluss – und die Tür schnappte wieder zu. Meine Hand war eingeklemmt.
Ich zog eine eindrucksvolle Schau ab, schrie wie unter Schmerzen und tat, als versuche ich verzweifelt, meinen Arm zu befreien.
Die Matten-Willys gerieten augenblicklich in helle Aufruhr.
»Halte aus, Galto!«, redeten sie mir tröstend zu. Und: »Nur Mut. Beiß die Zähne zusammen. Dir wird gleich geholfen werden.«
Ich biss die Zähne zusammen – übrigens meine dritten! –, aber nur um das Lachen zu unterdrücken. Die Willys krochen unter mich, um mich auf ihre Körper zu betten, so dass ich eine weiche Unterlage hatte, bestrichen mit ihren Pseudopodien mein Gesicht und hielten mir die Hand, während sie mir ununterbrochen Mut zusprachen. Einer der Willys drehte fast durch, weil ihm die anderen den Platz verstellten und ihn so daran hinderten, mir beizustehen. Er versetzte seinen Körper in rotierende Bewegung, so dass der diamantharte Belag seiner Teleskopfüße auf der Kabine des Bodens ein infernalisches Geräusch verursachte.
Jetzt verschafften sich die Posbis Platz. An ihrer Spitze jener, der für meine körperliche Gesundheit verantwortlich war und die entsprechende Diagnoseausrüstung eingebaut hatte.
»Ich bekomme meinen Arm nicht frei«, beteuerte ich.
»Nur keine Gewalt anwenden«, beruhigte er mich. »Verhalte dich ganz ruhig, Galto.«
»Aber wollt ihr denn nicht versuchen, die Tür aufzubrechen?«, rief ich den anderen Posbis zu.
»Gar nicht nötig«, erwiderte der Diagnose-Posbi. »Wir können die Amputation an Ort und Stelle vornehmen. Bringt die Prothese.«
Jetzt brach mir der Schweiß aus. Mit einer solch rigorosen Maßnahme hatte ich nicht gerechnet. Die Posbis konnten meinen Arm tatsächlich innerhalb kürzester Zeit gegen eine Prothese auswechseln, denn für jedes meiner Glieder und jedes Organ lag ein Ersatz längst bereit.
»Aber das war doch alles nur ein Scherz!«, erklärte ich, drückte mit der freien Hand die Schiebetür auf und nahm meinen Arm aus der Öffnung. Die Matten-Willys, die davonrotiert waren, um die Prothese zu holen, hörten mich nicht mehr.
»Da seht!«, rief ich und hielt ihnen den Arm hin, der eingeklemmt gewesen war; machte Greifbewegungen, schlenkerte ihn und zeigte dabei mein breitestes Grinsen. »Ich kann den Arm bewegen wie immer. Es ist ihm überhaupt nichts passiert. Und ich verspüre keinen Schmerz. Ich habe euch hereingelegt, ha, ha!«
Es war ein gekünsteltes Lachen. Und weder die Posbis noch die Matten-Willys waren davon beeindruckt. Ich ahnte, dass ich diesmal zu weit gegangen war.
Wo blieb denn nur Gucky? Hatte er unsere Abmachung vergessen? Er hätte längst schon hier sein müssen.
»Tut mir leid, Galto«, sagte der Anästhesie-Posbi. »Aber ich muss dir eine Narkose geben.«
»Der Arm ist nicht zu retten«, sagte ein Willy mit falschem Bedauern.
»Betrachte die Amputation als nächsten Schritt zur Vollkommenheit, Galto.«
»Seht nur die Druckstelle, wie schrecklich verfärbt sie ist!«, jammerte ein Willy, der meinen Arm förmlich mit den ausgefahrenen Stielaugen betastete. Dabei handelte es sich bloß um einen kaum sichtbaren blauen Fleck.
Jetzt wurde es mir zu bunt. Ich versuchte mich gewaltsam zu befreien. Aber die Willys hielten mich zwar so sanft, dass sie mir nicht weh taten, aber nichtsdestotrotz unerbittlich fest.
»Da kommt die Prothese!«, rief der Willy, der den Armersatz brachte und hielt ihn wie eine Trophäe hoch. »Alles zur Operation vorbereitet? Galto wird doch noch früher die Vollkommenheit erlangen, als wir alle zu hoffen wagten.«
»Narkose, oder nur örtliche Betäubung, Galto?«, fragte mich der Anästhesist. »Willst du nicht zusehen und diesen Augenblick des Triumphs miterleben? Du sagst nichts? Du überlässt also die Entscheidung mir ...«
Ich gab jeglichen Widerstand auf und fügte mich in mein Schicksal. Wozu auch wehren? Ich hätte doch nur einen Aufschub des Unausweichlichen erreicht. Und um ganz ehrlich zu sein – mein in posbi-logischem Denken geschulter Verstand sagte mir, dass die Prothese tatsächlich viel vollkommener war als mein eigener Arm.
Dennoch atmete ich auf, als ich eine bekannte Stimme sagen hörte: »Hallo, Freunde. Veranstaltet ihr hier eine Massenkeilerei? Oder wollt ihr nur wieder mal dem armen Galto ›Posbi‹ Quohlfahrt ein Organ grapschen?«
Die Willys waren so überrascht, dass sie mich freiließen. Ich begab mich sofort zu Gucky, der keine fünf Schritt entfernt materialisiert war.
»Liegt etwas Wichtiges vor, Gucky, dass du so unerwartet hereinplatzt?«, erkundigte ich mich scheinheilig; und so leise, dass nur er es hören konnte, fügte ich hinzu: »Wo hast du denn so lange gesteckt?«
»Ich wollte dich ein wenig schwitzen lassen«, antwortete er ebenso leise. Laut fügte er hinzu: »Und ob es was Wichtiges gibt. Dringlichkeitsstufe eins. Du wirst auf der SOL bereits sehnsüchtig erwartet. Der Fortbestand der Menschheit hängt von deinem Einsatz ab.«
Das war natürlich zweideutig gemeint, denn der Mausbiber wusste von meinem Rendezvous.
»Wenn das so ist, dann komme ich selbstverständlich mit«, erklärte ich. Ich wandte mich den Willys zu, die ein Bild des Jammers boten. Auf ihren langsam zerfließenden menschlichen Gesichtern zeichnete sich nun grenzenlose Enttäuschung ab. Und selbst der Transplantations-Posbi, obwohl er als Roboter keine Gefühle ausdrücken konnte, kam mir irgendwie enttäuscht vor, wie er mit der Armprothese in seiner Operationshand dastand. In diesem Augenblick empfand ich ehrliches Mitleid mit meinen Beschützern.
»Ihr habt gehört, dass die Pflicht ruft«, erklärte ich ihnen.
»Selbstverständlich werden wir dich auf deiner Mission begleiten, Galto«, erboten sich die Posbis und Matten-Willys einstimmig.
»Tut mir leid«, sagte Gucky ohne Bedauern. »Aber mit allen gleichzeitig kann ich nicht zur SOL teleportieren.«
Und bevor es meine Beschützer noch verhindern konnten, ergriff er meine Hand und entmaterialisierte mit mir zur SOL.
Ich war frei! Endlich hatte ich wieder einmal meine Aufpasser für eine Weile abgeschüttelt. Und auf der SOL mit ihrer Gesamtlänge von über 6500 Metern mussten sie mich erst finden!
Ich zweifelte nicht daran, dass ich irgendwo ein verschwiegenes Plätzchen finden würde, wo ich mich ungestört meiner Rendezvouspartnerin widmen konnte.
2.
Nach allem, was Galbraith Deighton über die Vorgänge in der Provcon-Faust wusste, fand er, dass Perry Rhodan sich mit der erlittenen Schmach relativ gut abgefunden hatte. Nichts mehr war ihm davon anzumerken, dass ihn die Menschheit des NEI praktisch abgelehnt hatte und dass er bei seinem alten Freund Atlan auch nicht die erwartete Unterstützung gefunden hatte.
Als Erster Gefühlsmechaniker wusste Deighton, dass Rhodans Ausgeglichenheit nicht nur äußerlich war. Er hatte sich auch innerlich mit der neuen Situation abgefunden.
So gesehen, war es ganz gut, dass Rhodan diese Erfahrung schon so früh gemacht hatte. Denn nun konnte er sich den anderen wichtigen Problemen mit vollem Einsatz widmen.
Und zu tun gab es genug.
Der Abstecher in die Provcon-Faust hatte aber noch etwas Gutes gehabt: Rhodan war mit der SZ-2 zurückgekehrt, so dass die SOL nun wieder komplett war.
Und mit ganz leeren Händen war Rhodan auch nicht von Gäa zurückgekommen. Zusammen mit seinem Team hatte er etliche interessante Geheiminformationen über das NEI herausbekommen und hatte darüber hinaus auch von Ras Tschubai und Senco Ahrat, die sich mit der SZ-2 eine geraume Weile in der Provcon-Faust aufgehalten hatten, weitere Daten erhalten.
»Ich verstehe nicht ganz, warum dir Atlan das geforderte Ultraschlachtschiff nicht zur Verfügung gestellt hat, Perry«, sagte Galbraith Deighton auf dem Weg zu SENECA. »Das hätte uns viel Zeit und Ärger erspart.«
Die zusammengekoppelte SOL stand in der Nähe des Solsystems in Warteposition, nur wenige tausend Kilometer von der BOX-1278 entfernt, die von Galto »Posbi« Quohlfahrt befehligt wurde.
Deighton verzog unwillkürlich die Mundwinkel zu einem angedeuteten Grinsen, als er an diesen Mann dachte, der mit den Posbis zusammenlebte und von ihnen als einer der Ihren anerkannt wurde. Galto Quohlfahrt war zweifellos das wunderlichste Original, das die Menschheit des 36. Jahrhunderts hervorgebracht hatte.
»Ich verstehe Atlan schon«, erwiderte Rhodan, »wenngleich es mir schwerfällt, seine Handlungsweise zu akzeptieren. Er gab mir das Schiff nur aus Angst vor Repressalien der Laren nicht. Er will den Status quo nicht gefährden, weil der der Neuen Menschheit eine gewisse Sicherheit garantiert.«
»Dabei vergisst Atlan aber, dass ihm der Status quo auf lange Sicht nichts einbringt«, erwiderte Galbraith Deighton.
Rhodan winkte ab. Sie stiegen aus einem Antigravschacht.
»Über diese Problematik sind schon zu viele Worte gefallen. Atlan hat es seiner eigenen Sturheit zu verdanken, wenn wir uns das benötigte Schiff auf andere Weise beschaffen. Also kapern wir einfach einen Ultrariesen. Wir kennen inzwischen genügend Stützpunkte des NEI außerhalb der Provcon-Faust und wissen, wo wir unser Schiff zu suchen haben.«
Galbraith Deighton hätte noch weitere Einwände parat gehabt, aber es war keiner darunter, den er nicht schon vorgebracht hätte.