Luise F. Pusch

Deutsch auf Vorderfrau

Sprachkritische Glossen

Luise F. Pusch

Deutsch auf Vorderfrau

Sprachkritische Glossen

WALLSTEIN VERLAG

Für Joey Horsley

Vorwort

In meinem Blog Laut und Luise auf fembio.org schreibe ich seit 2007 einmal pro Woche über Begebenheiten aus meinem feministischen Alltag. Sehr häufig ist der Anlass sprachlicher Art – ich habe kaum mal eine Glosse verfasst, in der es nicht auch um Sprache ging, genauer gesagt: um feministische Kritik an unserer Männersprache, ein Thema, mit dem ich mich - mit Unterbrechungen – seit über dreißig Jahren beschäftige.

Die in diesem Buch versammelten Glossen unterscheiden sich von meinen anderen Glossen aus den letzten Jahren, die in Die Eier des Staatsoberhaupts (2008) und Der Kaiser sagt ja (2009) gedruckt wurden, dadurch, dass es in ihnen richtig zur Sache geht. Sprachliche Missstände werden nicht nur diagnostiziert, sondern die Therapie wird gleich mit verordnet, nach der Devise: Wir machen unsere Sprache selber und bringen das Deutsche auf Vorderfrau.

Und es folgen praktische Vorschläge für die Entpatrifizierung unserer Sprache, zum Beispiel:

– Schließung von Lücken im Wortschatz: Wie heißt das weibliche Pendant für Vormund, Schirmherr, Gast, Doktor und Professor (als Titel)? Oder es geht um Herrisches innerhalb der Wörter und darum, wie diese Teile für Frauen tragbar gemacht werden können. Beispiele: fachmännischfachkundig/fachfraulich, aber nicht fachfräuisch; PatinMate; SchutzpatroninSchutzmatrone, Patronat/SchirmherrschaftMatronat

– Kreativer Widerstand gegen sprachliche Diskriminierungen (sinnfälligstes Beispiel: Sprachpolitik um das Thema Lesben)

– Wurzelbehandlung oder Feministische Etymologie. Wenn z.B. das Grimmsche Wörterbuch das Wort freuen auf Frau zurückführt, sollten wir dann nicht fräuen statt freuen schreiben, um die schöne Verwandtschaft deutlich zu machen? Wenn Vormund auf die germanische Munt zurückgeht, müsste es doch eigentlich die Vormund heißen.

– Undsoweiter – es ließen sich noch viele Bereiche aufzählen, aber die Leserin (Leser sind immer herzlich mit gemeint) oder die Lehrerin, die die Glossen mit ihrer Klasse behandelt, wird ihre eigenen Ordnungen finden.

Jede Lektion dieses Feminars erörtert sprachliche Innovationen, die die Leserin sofort in ihren Wortschatz und ihre Grammatik übernehmen kann. Ihre Sprache wird dadurch zusehends weniger herrisch und garantiert weiblicher werden. Ich empfehle die Glossen in regelmäßigen Abständen zu sich zu nehmen, etwa eine täglich, oder alle zwei Tage, jede Woche eine – Sie werden selbst herausfinden, wie viel Sie vertragen. Die jeweilige Neuschöpfung sollte bis zur nächsten Lektion im Alltag fleißig geübt werden. Sie werden sich wundern, wie sich Ihre Weltsicht allmählich immer mehr feminisiert – und wie mühelos Sie Ihre Mitmenschen in Staunen versetzen können. Aufmerksamkeit – heute zweifellos das begehrteste Gut – wird Ihnen automatisch und in hohem Maße zuteil, je konsequenter sie die Vorschläge des Feminars umsetzen.

* * *

Mein Blog Laut und Luise ist interaktiv; die Leserinnen arbeiten intensiv mit, werfen in ihren Online-Kommentaren ganz neue Fragen und Aspekte auf, die sie untereinander weiter diskutieren. Immer öfter auch schicken sie mir Sprach- und Lektürefunde, die sie erfreut oder erbost haben, als Material für meinen Blog. Oder sie bitten per Email um Sprachberatung. Manchmal finden diese Fragen Eingang in eine Glosse.

Und so arbeiten immer mehr Frauen und immer öfter auch Männer mit an der Feminisierung der Sprache, des Alltags, der Welt.

Die seltsame Vormund

Neulich schickte mir eine Beamtin vom Jugendamt eine Anfrage: »Ich möchte gerne die richtige weibliche, feministische Form von Vormund benutzen, können Sie mir helfen? Lautet sie Vormundin wie im Duden? Und die Pluralform?« Meine Antwort: »Am besten kreieren Sie sich die richtige feministische Version selber, das mussten wir ja schon öfter tun (vgl. Hausmann, Ratsfrau, die erst belacht wurden und inzwischen gängig sind).

Das Grimmsche Wörterbuch meldet zu Mund (auch oft munt geschrieben): »MUND, f. schutz, schirm, gewalt, ahd. mhd. munt, … als einzelnes wort im nhd. nicht mehr lebend, in einigen … zusammensetzungen der älteren rechtssprache erhalten; vgl. auch mündel, mündig und vormund

Mund in diesem Sinne ist also ein Femininum; es heißt die Mund. Entsprechend müsste es korrekterweise auch die Vormund heißen, aber auch diesen Begriff haben die Männer an sich gerissen, wie alles andere. Ich plädiere also für die Vormund neben der Vormund, ähnlich wie bei die/der Angestellte.

Das Grimmsche Wörterbuch meldet des weiteren: »VORMUNDIN, f., in älterer sprache neben dem häufigeren vormünderin«

Es gibt auch der Mundherr; die entspr. Mundfrau müssten wir ebenfalls kreieren. – Ich rate Ihnen entschieden zu die Vormund, falls Sie nicht Mundfrau/ Mundherr vorziehen, was sich eleganter in den Plural setzen lässt: Mundfrauen und Mundherren (statt fragwürdiger Vormunde oder Vormünder).

Die Beamtin schrieb zurück: »Herzlichen Dank für die Beantwortung meiner Anfrage. Die Vormund klingt etwas seltsam, ich werde aber einen Versuch starten und bin auf die Reaktion gespannt.«

Mai 2006

Knutschfreundinnen

Gestern Nacht strahlte MDR den düsteren dänischen Film Schwarze Ernte von Anders Refn nach einer Novelle von Gustav Wied aus. Falls Sie nicht gerade selbst in düsterer Stimmung sind, sollten Sie sich den Film unbedingt ansehen, wenn er mal wiederholt wird.

Ich habe durch den Film nicht nur einen tiefen Einblick in die Abgründe patriarchalen Familienterrors tun können, sondern auch ein neues Wort kennengelernt. Eine der vier Töchter des despotischen Gutsbesitzers Nils Uldahl-Ege (glänzend, widerlich: Ole Ernst) ist lesbisch; sie knutscht manchmal verstohlen mit ihrer Schwester, dann mit einer Freundin. Die Freundin heiratet einen Nachbarn. Das Gesinde zerreißt sich das Maul über die verlassene Anna in ihrem Liebeskummer: »Sie kommt nicht drüber weg, dass ihre Knutschfreundin weggeheiratet hat. – Klar, die beiden waren Knutschfreundinnen, wusstet ihr das nicht? Männer haben da nichts zu melden.«

Ich hatte das Wort Knutschfreundin noch nie gehört und gebe es hiermit weiter, zu gefälligem Gebrauch. Viele Lesben mögen ja das Wort Lesbe nicht, sagen z. B. lieber frauenliebende Frau, was ich ein bisschen langatmig und anämisch finde. Knutschfreundin ist saftig, deftig und lustig. Joey Horsley und ich haben ja letztes Jahr ein Buch über berühmte Knutschfreundinnen veröffentlicht. Leider kannten wir das Wort Knutschfreundin aber noch nicht, als wir nach einem passenden Titel suchten. Deshalb heißt es schlicht Berühmte Frauenpaare. Passt vielleicht auch besser; nicht alle porträtierten Frauen waren knutschfreudig.

Mai 2006

Alle Menschen sind Lesben?

Am 26. Januar gab es auf arte den französischen Film Neuschnee. Zum Inhalt schrieb save.tv:

Lea und ihre Komplizin wollen in der Weihnachtsnacht ein Kaufhaus ausrauben. Doch Lea gerät in die Fänge eines Nachtwächters. Eigentlich wollte er die Polizei rufen, aber dann verfällt er dem kühlen Charme der Lesbin Lea. …

Das Wort »Lesbin« habe ich zuvor noch nie gehört. Es gehört zu der winzigen Gruppe der abgeleiteten Feminina, denen das männliche Gegenstück fehlt. Zur »Chefin« gibt es den »Chef«, aber wo ist etwa »der Ratte« zu Günter Grassens »Rättin«? Oder »der Wöchner« zur »Wöchnerin«? Nun bringt save.tv das dritte gute Stück in diese Sammlung, die »Lesbin«, welcher »der Lesbe« fehlt. Oder vielleicht doch nicht so ganz?

Zwei schöne Geschichten aus uralten Zeiten fallen mir dazu ein, Anfang bis Mitte der siebziger Jahren, als es das Wort »Lesbe« noch gar nicht gab, nur »lesbisch« und »Lesbierin«. (Inzwischen steht »Lesbe« sogar im Duden, und das, nachdem noch im Jahr 1988 der Bundestag das Wort für seine offiziellen Verlautbarungen verbieten wollte.)

Hier die erste Geschichte, um 1970. Ich liege bei meinem netten Psychoanalytiker auf der Couch und klage darüber, dass meine Mutter es nicht verknusen kann, dass ich mich nur in Frauen verliebe. Da sagt dieser bildschöne Mann ganz ehrlich, fast naiv, einen der wenigen Sätze, die ich in vier Jahren von ihm gehört habe: »Ja aber – findet denn Ihre Mutter Frauen nicht liebenswert?«

(Tatsächlich fand sie Frauen wohl sehr liebenswert, besonders in ihrer Jugend, aber das durfte sie sich, bibeltreu wie sie war, nicht eingestehen, von ausleben ganz zu schweigen.)

Nachträglich kann frau wohl sagen, dass mein Psychoanalytiker ein Lesbe war – einer, der Frauen liebenswert findet.

Ähnlich argumentierte auch der Bruder einer Pastorin, die sich in mich verliebt hatte und mühsam, im Alter von 37 Jahren, ihr Coming-Out im Kreise ihrer Familie machte, allesamt HonoratiorInnen einer kleinen Stadt in Süddeutschland.

Der Bruder beruhigte sie, ganz jovial, sie solle sich darüber nicht so viele Gedanken machen. Er selber sei auch total lesbisch, er fände die Frauen unwiderstehlich.

Unwiderstehlich finde ich die Argumentation dieser beiden Männer – und sehr anmutig.

Kommen wir zurück zu der »Lesbin« aus dem Film Neuschnee. Ich suchte bei Google, ob das Wort sonst wo schon mal vorgekommen ist. Versuchen Sie das lieber nicht: Es eröffnen sich Abgründe von Pornographie – viel mehr, als wenn Sie »Lesbe« eingeben.

»Lesbe« ist also im allgemeinen Sprachgebrauch (wie gesagt: sogar im Duden) als politischer Begriff durchgesetzt, während »Lesbin« wohl eher von solchen Menschen benutzt wird, die sich politisch nicht auskennen.

Aus Konfusion – sei sie bewusst oder unbewusst – kann auch Gutes entstehen. Die Anregung, alle Menschen, die Frauen lieben, als »Lesben« (männlich) bzw. »Lesbinnen« (weiblich) zu bezeichnen, finde ich wegweisend. Dafür nähme ich sogar die »Lesbin« in Kauf.

PS.: Meine Liebste, ebenfalls Lesbin (göttinseidank), ist US-Amerikanerin (derzeit eine eher stressige Identität). Neulich fragte sie mich: Was heißt dieses »lg« am Ende von Emails? Ich erklärte ihr, das käme vom Simsen und stehe für »liebe Grüße«. Schade, sagte sie, ich dachte, es hieße »lesbische Grüße«. Seitdem unterschreibt sie ihre Mails mit »llg«.

Februar 2007

Gästinnen willkommen, auch mit Adlerin

Während meiner Lesereise zum 8. März wurde ich gleich zweimal – in Mainz und in Linz an der Donau – gefragt, ob es das Wort »Gästin« wirklich nicht gebe. Die Fragerinnen waren von Männern belehrt worden, ihr Wunsch, außer »Gästen« auch noch »Gästinnen« einzuladen, sei nicht nur blöd und total überflüssig, sondern zeuge überdies von Unkenntnis der deutschen Sprache und Grammatik.

Ich sagte ihnen, erstens könnten sie im Prinzip sowieso reden, wie sie wollten, das sei ja gerade das Lustige und Kreative an der feministischen Sprachkritik. Ihr Wunsch zeuge von einem schön empfindsamen Sprachgefühl, denn die feministische Grundregel lautet: »Eine Frau wird nicht mit einem Maskulinum bezeichnet.«

Und da der Mond eine Frau ist, heißt sie auf Feministisch und in allen anderen zivilisierten Sprachen eben die Mondin, la lune, la luna usw.

Mein Lieblingsbeispiel ist folgender Ausspruch einer Freundin über ihre Frau: »Beatrix ist meine ruhende Polin.«

Aber selbst wenn wir mal die Grammatik als Argument gelten lassen wollen, lagen bezüglich der »Gästin« eher die Frauen richtig als die vorlauten Männer: Das Wort ist keine feministische Verirrung, sondern gehört sozusagen zum Urgestein der deutschen Sprache – schon im Grimmschen Wörterbuch wird es ausführlich behandelt, mitsamt vielen Belegen aus dem Mittel- und sogar Althochdeutschen. Hier eine polizeiliche Verlautbarung aus Alt-Nürnberg:

das kein burger oder burgerin, gast oder gestin in diser stat Nuremberg … peteln sol.

Sehr schön ist dieser Beleg auch wegen seiner fleißigen Anwendung der Doppelform (wie aus dem feministischen Lehrbuch – wenn es sich auch leider nur um ein Verbot handelt; bei Verboten machen die Herren schon gerne deutlich, dass auch die Frauen gemeint sind).

Und was ist nun mit den Adlerinnen? Die gehören inhaltlich auch hierhin; ich wurde auf der Lesereise auch nach ihnen gefragt, und nach Falkinnen. Da das aber eine längere Geschichte ist, behandle ich sie ein anderes Mal (s. Die Eier des Staatsoberhaupts, S. 140-142). Für heute möchte ich nur noch einmal bekräftigen: Benutzen Sie so viele Feminina, wie Sie können. Die Mondinnen, Adlerinnen und Gästinnen werden sich geehrt und respektiert fühlen. Gar nicht zu reden von den ruhenden Polinnen!

März 2007

Titelei

Passend zu Ostern kommt heute ein Ei bzw. eine Titelei.

Mit Titeln hatten wir es hier ja schön öfter. Die »Frau Bundeskanzlerin« geht uns, nach nur kurzer Einarbeitungszeit, inzwischen allen locker von den Lippen. Nicht so die »Frau Doktorin« oder »Frau Professorin«. Eine Freundin schrieb mir neulich empört, die Bahn hätte aus ihrer »Dr.in« auf der Bahncard einen »Dr. Ing.« gemacht. Ebenso empört meldete eine andere Freundin, ihr Word-Rechtschreibprogramm hätte das Wort »Links händerin« nicht akzeptiert und stattdessen »Linkschänderin« angeboten. Da sage noch einer, wir schändeten die deutsche Sprache mit unseren Feminisierungen. Wir schänden lediglich Links.

Eine Frau, die vor etwa 20 Jahren an der Uni Salzburg promovierte und statt des »Doktortitels« den Titel »Doktorin« haben wollte, belehrten die Beamten süffisant, die weibliche Form von »Doktor« laute »doctrix« – »Doktorin« sei als Titel leider nicht vertretbar, schon aus sprachlichen Gründen. Die ItalienerInnen, immerhin die legitimen ErbInnen der hier an den Haaren herbeigezogenen lateinischen Sprache, sind da nicht so pingelig. Eine Doktorin bekommt den titel »dottoressa«; »dottore« fänden die ItalienerInnen für eine Frau wohl grotesk.

Vor vielen Jahren wurde die unverwüstliche Dauerfrage deutscher Stammtischbrüder »Wie rufe ich bloß nach der Kellnerin? Auf Frollein hören die ja heutzutage nicht mehr« von der Gesellschaft für Deutsche Sprache aufgegriffen für eine ihrer Preisfragen. Den ersten Preis bekam der Vorschlag: »Frau Ober«. Dann doch lieber »Mutter Oberin«, gell?

Die Begründung für die seltsame Preisverleihung lautete: »Ober« sei die Abkürzung von »Oberkellner« – und selbstverständlich auch für »Oberkellnerin«. Nach dieser Sichtweise wäre »Prof.« die Abkürzung sowohl für »Professor« als auch für »Professorin«. Aber »Dr.« funktioniert anders, es besteht aus Onkel Doktors erstem und letztem Buchstaben. Dementsprechend müsste Tante Doktorin (wir sagten als Kinder natürlich »Tante Doktor«) mit »Dn.« oder »Drn« abgekürzt werden. Und die Behörden würden das wieder berichtigen zu »Dirne«, »Dämon«, »Domina« oder was ihnen sonst so einfällt.

Ein Leser schickte mir neulich den Hinweis auf Dr. Robin Herbert. Ja wer mag das sein? Wir denken an Robin Hood oder Robin Williams, schreibt er – käme irgendjemand auf die Idee, dass Dr. Robin Herbert eine Frau ist? Nein! Da Dr. Herbert zur Frau des Jahres ernannt wurde, habe sich die Tatsache ihrer Weiblichkeit vielleicht herumgesprochen. Sicher sei man aber nie, findet er – wenn ein Mann Frauenminister werden könne wie seinerzeit Herbert Haupt in Österreich, wäre es den Jungs auch zuzutrauen, dass sie einen Mann zur Frau des Jahres ernennen. Und deshalb, so argumentiert er völlig zu Recht, muss es heißen: Doktorin Robin Herbert.

Falls es uns aber alles zu lästig wird mit der Feminisierung der Titel, sollten wir uns einfach mit »Hoheit«, »Exzellenz«, »Eminenz«, »Spektabilität«, »Magnifizenz« oder »Majestät« anreden lassen – garantiert weiblich und schön weit oben angesiedelt, wie es uns zukommt. Für jeden Tag ließe sich leicht ein passender weiblicher Titel finden. Am Sonntag z. B. ist doch die Anrede »Ihre Heiligkeit« sehr schicklich und kleidsam!

Ich entnehme diese Anregung zur Selbsthilfe aus Wikipedia. Dort finde ich unter dem Stichwort »Titel« bzw. »Namenszusatz« natürlich keine Frauen.

Aber eben doch eine sehr nette Anregung: »Städte können sich einen Namenszusatz verleihen« – warum also nicht auch wir?

7. April 2007 (Karsamstag)

Die Schutzmatrone

Neulich redigierte ich einen Text über Königin Friederike von Hannover (1778-1841). Folgende Formulierung verusachte mir feministisches Magendrücken: Königin Friederike, die Namenspatronin des »Friederikenstifts« …

Ich eliminierte die Patronin und änderte das zu: Das »Friederikenstift«, benannt nach Königin Friederike …

Der Autorin teilte ich mit, viel lieber noch hätte ich ja von Friederike als »Namensmatrone« gesprochen. Aber das Wort ist wohl noch nicht allgemein anerkannt, was sage ich – außer mir hat es wohl noch kaum ein Mensch benutzt. Dabei setze ich mich schon seit 20 Jahren für die Wiederbelebung der Matrone ein, nämlich immer dann, wenn wieder mal die Frage aufkommt, wie wir denn »einen weiblichen Schutz- oder Namenspatron« oder auch »einen weiblichen Schirmherrn« nennen wollen. Patronin von Lateinisch pater »Vater« erinnert nur aufdringlich ans Patriarchat und an Patronen, damit will eine Frau, die auf sich hält, nix zu tun haben. Und schließlich nennen wir ja eine Mutter auch nicht Vaterin!

Die Wörter Namens- und Schutzmatrone wären also mehr als naheliegend, einsatzbereit sitzen sie da, aber niemand will sie, die Matronen.

Das WDG (Wörterbuch der Deutschen Gegenwartssprache) vermeldet zum Stichwort Matrone: »ältere, ehrwürdige Frau« und bringt als Beispiel: »eine würdige, beleibte, majestätisch dahinschreitende M.« Mit der Würde und Majestät könnten wir uns wohl anfreundinnen, aber dies »ältere« und noch dazu »beleibte« (freundinlicher: stattliche), das mögen wir gar nicht.

Um die Matrone liebzugewinnen, müssten wir erst mal gehörig an unserer Altenfeindlichkeit und an unserem von der Diätindustrie gemästeten Ekel vor der Körperfülle arbeiten. Es kann also noch dauern, bis wir unserer »inneren Matrone« die Freiheit geben. Vielleicht hilft uns ja Godwards »Römische Matrone« auf die Sprünge (Abb. rechts).

Dabei wäre die Matrone auch insofern angenehm, als sich aus ihr per Rückbildung der Matron entwickeln ließe. Wir hätten dann das bildschöne Paar die Matrone und der Matron. Denn: wo eine Patronin denkbar, ja sogar üblich war, müsste im Zuge der Gleichberechtigung auch der Matron seine Heimat finden.

Soll der Schirmherr bzw. Patron froh sein, dass wir ihn nicht Knirps bzw. Mutterich nennen.

Nachtrag: FemBio-Mitfrau Anne Beck schickte wichtige Infos über die neu angefachten Diskussionen zur Erweiterung des erlauchten, aber misslich benannten Kreises der Europa-Patroninnen. Bisher haben wir da die drei Heiligen Birgitta von Schweden, Katharina von Siena und Edith Stein. Neu hinzukommen soll im Jahre ihres 800. Geburtstags 2007, so hofft die thüringische Tourismusbranche, die heilige Elisabeth von Thüringen. Soll uns alles sehr recht sein, solange diese heiligen Matronen nicht weiter unnötig patronisiert werden.

August 2007

Angela Merkel übernimmt das Matronat über die Ausstellung »2000 Jahre Varusschlacht«

Zu meiner letzten Glosse (Die Schutzmatrone) schickten mir viele Frauen wichtige Informationen:

1 Kühne Matronen setzen sich schon lange und entschlossen für die Aufwertung und Wiederbelebung der »Matrone« ein. Patricia teilt uns überdies Folgendes mit:

»Auch benenne ich zuweilen selbstkritisch meine Firmenführung als eine »maternalistische«, was in der üblichen (Wirtschafts-)Literatur im Gegensatz zum Paternalismus ebenfalls selten bis nicht vorkommt. (Google auf Deutsch: 25.400 zu 70 bei paternalistisch-maternalistisch, immerhin.)«