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Sigrid Neureiter

Burgfrieden

Kriminalroman

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Impressum

Personen und Handlung sind frei erfunden.

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sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

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Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

E-Book: Mirjam Hecht

Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

unter Verwendung eines Fotos von: © LianeM – Fotolia.com

ISBN 978-3-8392-3792-2

Null

Blasius Botsch, Direktor auf Schloss Runkelstein bei Bozen, faltete die Bügel seiner Brille ineinander und verstaute die Sehhilfe in dem dafür vorgesehenen Etui. Mit leicht gerunzelter Stirn betrachtete er die holzvertäfelte Tür, die von seinem Büro zum Zimmer seiner Mitarbeiterin führte. Was ging da draußen vor? Eben vernahm er Francesca Rossis kräftiges Organ, heute eine Oktave höher als gewöhnlich. »Il direttore non c’è per nessuno per il momento.«

Nachdenklich zupfte Blasius Botsch an den Barthaaren seines Kinns. Er war also für niemanden zu sprechen. Schon wieder nicht. Langsam übertrieb Francesca es ein wenig. Ihre Sorge um seine Gesundheit in allen Ehren, aber wen er empfing und wen nicht, entschied er immer noch selbst. Entschlossen stapfte er zur Tür und öffnete diese mit einem kräftigen Ruck.

Der Mann, dessen Wortschwall im südländischen Dialekt eben noch an des Direktors Ohr gedrungen war, schwieg abrupt. Blasius bot sich ein Bild, als hätte jemand mitten in der Vorführung den Film angehalten: Francesca stand hinter ihrem Schreibtisch, einem beeindruckenden Möbel aus dem 16. Jahrhundert, ein wenig vorgeneigt, so dass der Brustansatz am Ausschnitt ihrer Seidenbluse sichtbar wurde. Die rechte Hand hielt sie ausgestreckt und zugriffbereit in Richtung des Mannes, der seinerseits wie erstarrt von einer unsichtbaren Kraft mitten in der Bewegung gestoppt schien.

Blasius betrachtete die untersetze, bullige Gestalt mit den derben Gesichtszügen. Das war doch Speranza, der Bauarbeiter aus Süditalien – aus Kalabrien, wenn er sich recht entsann –, der seit ein paar Tagen im Lager zu Gange war. Was hielt er da in seiner drohend zur Decke gereckten Faust? Wenn das ein Bescheid des Denkmalamtes war – bei Umbauarbeiten in der Burg konnte man nie vorsichtig genug vorgehen –, dann würde dieser bald zur Unleserlichkeit verknittert sein, so fest hielt der Mann das Papier umklammert. Apropos Papier. Genau betrachtet hatte es keinerlei Ähnlichkeiten mit den amtlichen Schreiben, die Blasius Botsch zuhauf auf seinen Schreibtisch bekam. Weitsichtig wie er war, hatte er keine Mühe, den Gegenstand, den Speranza immer noch sichtlich aufgeregt in der Hand hielt, auch aus der Entfernung in Augenschein zu nehmen. Die Blätter wirkten seltsam vergilbt, das Material ungewohnt rau. Und was war das für eine Schrift? Um die lesen zu können, musste er doch etwas näher an den Mann herangehen. Zunächst galt es aber, die Situation zu beruhigen beziehungsweise Streithahn und -henne aus ihrer Erstarrung zu erlösen.

»Speranza, mi dica, che cosa è successo, sagen Sie, was ist passiert?« Der Mann hatte sich offenbar wieder gefangen und setzte zu einem neuerlichen Wortschwall an. Begleitet wurde dieser von mehrfachen Versuchen Francescas, den Bauarbeiter zu unterbrechen und auf Deutsch Blasius davon in Kenntnis zu setzen, dass der Mann – der Terrone, so nannte sie ihn in Verwendung jenes abfälligen Ausdrucks, den die Nord- für die Süditaliener übrig haben – nur des Direktors kostbare Zeit stehlen wolle.

Mit der erhobenen Linken und einem leichten Kopfschütteln gebot Botsch Francesca Einhalt, während er die Rechte beruhigend auf Speranzas Schulter legte und ihn in Richtung seines Büros schob. Drinnen nahm er dem Mann sachte, aber bestimmt die Seiten aus der Hand. Dieser hatte sie, wie aus seinem Bericht hervorging, kurz zuvor entdeckt, als bei Stemmarbeiten für den Einbau eines neuen Gefriergeräts eine Mauer nachgegeben hatte. Die Blätter hatten in dem Hohlraum dahinter gelegen. Zunächst wollte Speranza sie zusammen mit dem Bauschutt entsorgen, doch irgendetwas machte ihn stutzig. Schließlich hatte er sich dazu entschieden, den Fund dem Direktor persönlich zu übergeben, und da war er nun.

Blasius Botsch hatte aufmerksam zugehört, mehrmals genickt und sich am Kinnbart gezupft. Jetzt breitete er die Blätter auf seinem Schreibtisch aus, legte eines neben das andere und strich ein jedes sorgsam mit dem Ärmel seines Jacketts aus grob gewirktem Leinen glatt. Durch die dünn umrandeten Gläser seiner Brille, die nun wieder an ihrem Platz auf seinem breiten Nasenrücken saß, studierte er aufmerksam das vor ihm Liegende. Speranza schien die Feierlichkeit des Augenblicks erkannt zu haben und übte sich in Schweigen, nur hin und wieder unterbrochen von einem scharfen Ausatmen, mit dem er seiner Anspannung Luft machte.

Jetzt blickte Blasius von seiner Lektüre auf und wandte sich dem Mann zu. »Ha agito benissimo, signor Speranza. Mi ha fatto un grande favore, La ringrazio di cuore. Sie haben genau richtig gehandelt und mir einen großen Gefallen erwiesen, für den ich mich herzlich bedanke.« Ehe sich Speranza versah, hatte der Direktor ihn wieder hinauskomplimentiert und ihn mit der nachdrücklichen Bitte, dem Mann einen Grappa als Stärkung zu servieren, Francescas Obhut überlassen.

Allein in seinem Büro nahm Blasius die Seiten noch einmal unter die Lupe. Dass es sich bei dem seltsamen Material nicht um Papier, sondern um Pergament handelte, darüber bestand kein Zweifel. Was aber sagte ihm der Inhalt? In Blasius begann sich ein Verdacht zu regen. Noch einmal beugte er sich über die Blätter: Etwas größer als das gängige A4-Format waren sie auf beiden Seiten engzeilig in einer Art Kursivschrift beschrieben. Immer wieder gab es Durchstreichungen, Ausbesserungen und Einfügungen. Das Eigentümlichste daran aber war die Sprache: ein kaum verständliches, sehr altertümlich klingendes Deutsch.

Blasius Botsch erhob sich wieder von seinem Sessel und stellte sich auf die Zehenspitzen, so dass er jetzt aus der Vogelperspektive einen Blick auf den Schreibtisch und das darauf ausgebreitete Pergament werfen konnte. Plötzlich sprang es ihm förmlich in die Augen: Der Name, den er mit einem Mal erkennen konnte, ließ seinen Atem rascher gehen. Jetzt wusste er, was zu tun war. Entschlossen griff er zum Telefon und tippte eine Nummer in die Tastatur.

Eins

Hört alle her, endlich habe ich meinen Landsitz!

Nun brauche ich weder im Februar zu frieren

Noch weiterhin knausrige Herren anzubetteln.

Denn nun hat der großzügige König dafür gesorgt,

dass mir im Sommer kühl und im Winter warm ist.

Nach Walther von der Vogelweide »Ich hân mîn lêhen«

Jenny Sommer joggte die Talfer entlang, jenes Flüsschen, das aus dem Südtiroler Sarntal kommend mitten in Bozen in den Eisack mündet. »Gut, dass ich meine Laufschuhe dabei habe«, gratulierte sie sich selbst. Diese und einen Fahrradhelm hatte sie nämlich immer im Gepäck, egal wohin sie fuhr und egal, ob sie deshalb belächelt wurde oder nicht. »Bewegung hält jung«, lautete das Motto der Absolventin des Salzburger Instituts für Germanistik und nunmehr selbstständigen Beraterin für Public Relations. In Wien, wo sie erfolgreich eine PR-Agentur betrieb, war sie Mitglied in einem exklusiven Fitnessclub. Auf Reisen dagegen vertraute sie zur Erhaltung ihrer sportlichen Figur auf Schusters Rappen und den Drahtesel. Eine Strecke zum Laufen fand man schließlich überall und wenn nicht, dann konnte man sich immer noch ein Fahrrad ausleihen.

Bozen, die Hauptstadt der ›Autonomen Provinz Bozen – Südtirol‹ – so die offizielle Bezeichnung der zu Italien gehörenden Region – kannte Jenny schon von früheren Reisen. Seit sie die Talfer Promenade entdeckt hatte, gehörte die idyllische Laufstrecke die Weingärten entlang und mit herrlichem Blick auf die umliegenden Berge bei ihren Besuchen in der Provinzhauptstadt mit dem südlichen Flair zu ihrem Pflichtprogramm.

Heute, an einem Sommernachmittag Anfang Juli, schien ganz Bozen hier auf den Beinen zu sein. Jogger, Radfahrer, Mütter oder Väter, die Kinderwägen vor sich herschoben – sie alle nutzten die Gelegenheit zu ein wenig Bewegung an der frischen Luft.

Jenny passierte Schloss Maretsch, eine Burg, die seit dem 13. Jahrhundert wuchtig ihren Platz in der Flussebene behauptete und heute als Tagungszentrum diente. Die Kirchturmuhr der nahe gelegenen Deutschordenskommende schlug zweimal. »16.30 Uhr«, konstatierte Jenny, »da kann ich noch einen kleinen Abstecher in die Altstadt machen.«

Auf Höhe der Talferbrücke, die das historische Zentrum mit dem Stadtteil Gries verbindet, bog Jenny nach links ab und lief auf die Fußgängerampel zu. Plötzlich hörte sie Bremsen quietschen. Augenblicklich stoppte sie mitten im Laufschritt und sprang zur Seite. Jetzt erkannte sie die Ursache des durchdringenden Kreischens: Ein Radler hatte sein Gefährt dicht vor ihr zum Stehen gebracht. Konnte der nicht aufpassen, wo er hinfuhr. Jenny sah ihn herausfordernd an.

»Hoppla, musst du Obacht geben.« Der hatte Nerven. Bog da mit einer Affengeschwindigkeit in die Promenade ein, ohne nach links und rechts zu schauen. Jetzt gab er auch noch ihr die Schuld. Wie kam er dazu, sie einfach zu duzen? Dem würde sie’s geben.

Sie hatte eine scharfe Erwiderung auf der Zunge, da trat ihr Kontrahent schon wieder in die Pedale und sauste davon. Jenny schickte eine Salve wütender Blicke in den Rücken des Davonradelnden. Pikiert schüttelte sie den Kopf: Keine Manieren mehr die jungen Männer heutzutage. Aber von so einem ließ sie sich nicht die Laune verderben. Entschlossen nahm sie ihren Laufschritt wieder auf.

*

Prof. Arthur Kammelbach, Inhaber des Lehrstuhls für Ältere deutsche Literatur an der Universität Salzburg, frönte inzwischen einer ganz anderen Passion: Er machte ein Nickerchen. Zu seiner vollen Länge von 1,90 Meter ausgestreckt lag er angekleidet auf dem King Size Bett in seinem Bozener Quartier, als es an der Tür klopfte.

Arthur schreckte hoch. War er schon wieder eingeschlummert? Irgendetwas stimmte nicht mit ihm in letzter Zeit. Wenn er wieder in Salzburg war, musste er unbedingt seinen Hausarzt aufsuchen. Eigentlich hatte er das ja schon fest vorgehabt, aber ein Anruf war ihm dazwischengekommen: Sein ehemaliger Studienkollege Blasius Botsch, nunmehr Direktor auf Schloss Runkelstein, hatte sich in einer dringenden Angelegenheit an den Professor gewandt. Bei Bauarbeiten in dem zum Küchenlager umfunktionierten Burgverlies war eine bisher unbekannte Handschrift entdeckt worden. Und wenn sein Freund Blasius sich nicht sehr täuschte, dann stammten die Verse auf den Pergamentbögen von niemand Geringerem als dem großen Liederdichter Walther von der Vogelweide.

Arthur war sofort klar gewesen, dass, wenn der Fund sich als echt erwiese, dies eine Sensation wäre. Denn jene Lieder und Sprüche, die der Nachwelt unter Walthers Namen bisher erhalten geblieben waren, hatten erst etwa 100 Jahre nach des Dichters mutmaßlichem Tod in die großen Prachthandschriften Eingang gefunden. Folglich konnten sie kaum als authentisch gelten. Das Mindeste, wovon man ausgehen musste, war, dass bei der mündlichen Überlieferung einiges verlorengegangen, anderes hinzugefügt worden war.

Nun also ein Manuskript, das, wenn schon nicht vom Schöpfer persönlich, so doch zumindest in seinem Auftrag und auf jeden Fall zu seinen Lebzeiten angefertigt worden war. Arthur Kammelbach blieb zunächst skeptisch. Doch das, was ihm Blasius wortreich am Telefon geschildert hatte, war in jeder Hinsicht dazu angetan, seine Bedenken zu zerstreuen. Denn auf den Pergamentblättern befanden sich laut den Ausführungen des Burgdirektors nicht nur Verse mit vielen Durchstreichungen, Ausbesserungen und Einfügungen – allein das schon ein eindeutiger Hinweis darauf, dass hier der Verfasser selbst am Werk gewesen war. Es gab noch ein weitere Besonderheit: Neben den Versen enthielt die Handschrift kurze Kommentare, in denen der Dichter sich jeweils zu Entstehung und Inhalt der Texte, aber auch zur eigenen Befindlichkeit äußerte.

Überzeugt war Arthur aber noch immer nicht.

»Was macht dich eigentlich so sicher, dass die Zeilen von Walther stammen?«

Blasius Botsch schien auf die Frage gewartet zu haben. Schon nach wenigen Augenblicken, in denen nur noch ein Knistern an Arthurs Ohr drang, vernahm er wieder den wohlklingenden Bariton des Freundes:

»Ich, Walther von der Vogelweide, schreibe diese Zeilen im Winter meines Lebens. Aus dem Landsitz, den mir der Kaiser versprochen hat, ist nichts geworden. Da freute ich mich wohl zu früh. Nun aber habe ich bei den Herren der Burg Runkelstein gnädige Aufnahme gefunden. Ich kehre damit dorthin zurück, wo alles begann: in meine Heimat Tirol.« Der Burgdirektor hatte eine gewichtige Pause eingelegt und war dann fortgefahren: »So beginnt eine der Seiten des Manuskripts, vermutlich die erste und freilich in Mittelhochdeutsch. Ich habe mir erlaubt, schon eine kleine Übersetzung anzufertigen. Du wirst beim Studium des Originals zweifellos noch viel gelehrtere Einsichten gewinnen, als mir dies mit meinem bescheidenem Wissen möglich ist.«

Das war typisch Blasius. Der Professor hatte den Studienkollegen als klugen Kopf und netten Kerl in Erinnerung. Aber er hatte schon immer eine Neigung zum understatement gehabt, daran hatte sich offenbar nichts geändert. Was er da allerdings vorgetragen hatte, klang in höchstem Maße interessant. Eine Reise nach Bozen rechtfertigte dies allemal.

Was Arthur allerdings Kopfzerbrechen bereitete, war die Tatsache, dass er es alleine wohl kaum schaffen würde, die Echtheit der Handschrift zu überprüfen. Umfangreiche Vergleiche mit Texten Walthers, aber auch anderer mittelhochdeutscher Dichter würden erforderlich sein, um auch nur zu einem einigermaßen gesicherten Ergebnis zu kommen. Ohne ein kompetentes Fachkollegium wäre die Sache nicht zu bewerkstelligen. Die bis Oktober dauernden Sommerferien nahten, vor dem Herbst würde sich da nichts machen lassen.

Dann war ihm allerdings eine Idee gekommen. Nichts sprach dagegen, die Sache mit einigen seiner Studenten durchzuziehen. Das Semesterende würde ihm da sogar entgegenkommen, denn es gab noch einige, die ihre Zensuren auf Hochglanz bringen wollten. In Aussicht zu stellen, dass die Arbeit an der Handschrift in die Benotung mit einfließen würde, stellte kein Problem dar. Im Gegenteil, das war learning by doing. Er würde ohnehin nur den Tüchtigsten seines Seminars eine Chance geben.

»Blasius, du hast mich überzeugt. Ich nehme Anfang Juli ein paar Tage frei und komme nach Runkelstein.« Der Freund hatte einen Seufzer der Erleichterung ausgestoßen. Als ihm Arthur allerdings eröffnete, dass ihn ein Team aus »einem halben Dutzend junger Experten« zur Unterstützung begleiten werde, zeigte sich Blasius weniger begeistert. Die Sache sei noch geheim, nicht einmal das Assessorat in Bozen habe er bisher verständigt, äußerte er seine Bedenken.

Arthur gelang es, diese zu zerstreuen. Die Zusicherung höchster Diskretion verbunden mit dem Argument, dass das Prüfungsverfahren im Team wesentlich rascher und fundierter vonstattenginge, als einer allein es schaffen könne, hatten Blasius schließlich zum Umdenken gebracht. »In dem Fall musst du selbst für eure Unterkunft sorgen. Auf meinem Ansitz in Nals, wo ich dich ursprünglich als Gast willkommen heißen wollte, habe ich leider nicht genügend Zimmer.«

Der Professor versicherte ihm, er werde sich um das Quartier für sich und seine Leute kümmern. Sein Assistent Lenz Hofer, gebürtiger Bozner aus St. Magdalena und damit ortskundig, sei genau der richtige Mann für diese Aufgabe. Der hatte sich dann auch sofort erboten, mit seinem Onkel, einem angesehenen Architekten und Besitzer einer hochherrschaftlichen Villa, ja beinahe eines Schlösschens, unweit der Burg Runkelstein und nahe genug am Zentrum, Rücksprache zu halten.

Das nun wieder hatte Arthur mit seiner Bitte nicht bezwecken wollen. Wie kam der Architekt dazu, ihm völlig Unbekannte zu beherbergen?

»Musst dir keine Sorgen machen«, hatte Lenz nur gemeint. Sein Onkel sei viel auf Reisen und stelle die Villa großzügig Freunden und Verwandten zur Verfügung. Er Lenz habe als Lieblingsneffe sowieso einen Stein im Brett.

Schließlich hatte Arthur eingewilligt. Da Blasius in sein ursprüngliches Angebot, sämtliche Spesen zu übernehmen, wohl nur den Professor, nicht aber die gesamte Gruppe eingeschlossen hatte, war die Unterbringung im Haus von Lenz’ Onkel eine willkommene Möglichkeit, die Reisekosten gering zu halten. Dass Arthur unter diesen Umständen auch Lenz Hofer einlud, ihn zu begleiten, war selbstverständlich. Wenn es der Assistent auch an einem gewissen wissenschaftlichen Eifer mangeln ließ, so war er ihm mit seinem Organisationstalent schon bei so manchen Forschungsreisen, die Arthur zu unternehmen pflegte, eine echte Stütze gewesen.

Die Studenten waren dann auch schnell gefunden. Drei Freiwillige hatten sich unter jenen, die Arthur für befähigt hielt, gemeldet. Dass zu diesen auch sein Neffe Mordred Leitner gehörte, war zwar nicht ganz im Sinne des Professors gewesen, wollte er doch jedwedem Verdacht der Vetternwirtschaft von Anfang an einen Riegel vorschieben. Da aber gegen die Leistungen des Neffen grundsätzlich nichts einzuwenden war und alle anderen in Frage kommenden bereits fest mit Urlauben oder Ferienjobs verplant waren, hatte Arthur eingewilligt.

Schließlich hatte sich auch noch seine Kollegin, die Dozentin Xenia Schmied-Schmiedhausen, erboten mitzukommen und ihre »kritische Perspektive«, wie sie es ausdrückte, einzubringen. Arthur schätzte Xenia als brillante Wissenschaftlerin, obwohl ihm ihr Ehrgeiz, mit dem sie ihre Karriere vorantrieb, zuweilen etwas übertrieben schien. Doch im Hinblick darauf, dass Blasius Botsch plante, die Handschrift, sobald deren Echtheit zweifelsfrei bestätigt war, der Öffentlichkeit zu präsentieren, konnte es auf keinen Fall schaden, eine zweite Akademikerin von Rang im Boot zu haben.

Was Arthur auf die spontane Idee brachte, auch noch seine ehemalige Dissertantin Jenny Sommer einzuladen. Die hatte zwar der Uni, kaum dass ihr Studium zu Ende war, den Rücken gekehrt. Aber als PR-Profi konnte sie ihnen zweifelsfrei von Nutzen sein. So waren sie also heute Vormittag in Salzburg in den Zug gestiegen und schließlich in Bozen und hier in der »Villa Wasserschloss«, so der Name des inmitten eines romantischen Gartens an der Talfer gelegenen Anwesens, gelandet. Lenz, der schon vorausgefahren war, um alles vorzubereiten, wollte direkt vor Ort zu ihnen stoßen.

»Herr Professor, bittschön.« Nochmaliges Klopfen und die Stimme Maria Koflers, Haushälterin und gute Seele der Villa Wasserschloss, riss ihn aus seinen Gedanken. Er schwang, so rasch ihm dies in seinem immer noch etwas benommenen Zustand möglich war, die Beine auf den Boden, schlüpfte in seine Hausschuhe und öffnete die Tür. »Tschuldigen, der Herr Hofer wär’ jetzt da.« Arthur strich sich die schon ziemlich ergrauten Haare in die Stirn und folgte Maria in die Lobby.

*

Jenny war in Bozens Zentrum angelangt. Das Archäologiemuseum, vor dem ein Ötzi-Plakat für eine Sonderausstellung über den »Mann aus dem Eis« warb, und den Obstmarkt, eine weitere touristische Attraktion der Stadt, hatte sie schon hinter sich gelassen. Nun befand sie sich in den berühmten Portici, den Lauben. Die Gasse war im Mittelalter und noch lange Zeit danach das Handelszentrum Bozens gewesen, wo sich die Kaufleute aus dem Norden und dem Süden getroffen hatten, um miteinander Geschäfte zu machen. Unter den Laubengängen, daher der Name, wurde während der viermal im Jahr stattfindenden Messen die Ware ausgelegt und war so vor Wind und Wetter geschützt. Heute gaben sich dort alteingesessene Bozner Betriebe wie Gasser, Thaler und Kogler ein – wohl nicht ganz freiwilliges – Stelldichein mit den Shops internationaler Luxusmarken vom Rang eines Emporio Armani, eines Max Mara oder einer Luisa Spagnoli.

Jenny verlangsamte ihr Tempo. Ein Boutiquebesuch war zwar nicht nur wegen ihrer inadäquaten Kleidung tabu. Auch die Preise überstiegen Jennys Schmerzgrenze. Zumindest einen Blick in die Auslagen wollte sie riskieren. Während sie die ausgestellten Modelle betrachtete, ließ sie sich noch einmal das Telefonat mit Arthur Kammelbach durch den Kopf gehen. Es war noch keine Woche her, dass der Professor sie in ihrer Agentur angerufen und gefragt hatte, ob sie ihn nach Bozen begleiten wolle. Zunächst war sie aus allen Wolken gefallen. Zugegeben, sie war auch nach ihrer Promotion mit ihrem Doktorvater, der nach wie vor eine Art Mentor war, in Kontakt geblieben. Aber dieses Angebot kam doch etwas überraschend. Arthur hatte ihr Zögern offenbar bemerkt und sie rasch aufgeklärt: Er stelle gerade eine Expertengruppe zusammen, deren Aufgabe es sei, die Echtheit einer Handschrift, die man auf Schloss Runkelstein gefunden hatte, zu überprüfen.

»Wenn das Ergebnis positiv ist – und daran hege ich kaum mehr Zweifel – wollen wir den Fund in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorstellen. Ich würde mich sehr freuen, wenn du als PR-Profi uns dabei unterstützen könntest.«

Das war typisch Professor Kammelbach: Er schaute auf seine ehemaligen Doktorkinder wie ein Hirte auf seine Schäflein, stand ihnen mit Rat und Tat zur Seite, auch noch lange nachdem sie – wie er es nannte – »aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaft ins wahre Leben ausgeflogen« waren. Jenny hatte sein Angebot, ohne lange nachzudenken, angenommen. Ein wenig Abstand vom Agenturalltag würde ihr gut tun. Kurz entschlossen hatte sie ihre Aufgaben an ihren Kollegen delegiert – sie war ja schließlich die Chefin – und die Koffer gepackt. Nun befand sie sich gemeinsam mit Arthur und weiteren Mitgliedern der insgesamt siebenköpfigen Delegation in Bozen. Heute Abend würde es ihnen zu Ehren einen Empfang auf Runkelstein geben. Für die kommenden Tage stand dann die Überprüfung der Handschrift auf dem Programm.

*

Jenny war fast am Ende der Laubengasse angekommen. War das nicht Xenia Schmied-Schmiedhausen, die da gerade die Athesia Buchhandlung betrat? Die Dozentin, die sie noch von Studienzeiten her kannte, schien immer noch der gleiche Bücherwurm wie damals zu sein. Schon im Zug nach Bozen hatte sie ihre Nase fast die ganze Zeit in irgendwelche Unterlagen gesteckt. Eine Unterhaltung mit ihr war kaum möglich gewesen. Wenn überhaupt, dann hatte sich Schmied-Schmiedhausen an den Professor gewandt, um seine Meinung zu irgendeiner wissenschaftlichen These einzuholen. Der wiederum zeigte wenig Lust, sich auf einen akademischen Diskurs einzulassen, und hatte eher einsilbig geantwortet.

Jenny fragte sich gerade, ob die Dozentin wohl mit dem Bus in die Altstadt gekommen war, als sie ihrer plötzlich in der Silbergasse wieder ansichtig wurde. Wie war das möglich? Eben hatte sie sie noch zwei Gassen weiter die Buchhandlung betreten sehen, und jetzt tauchte sie plötzlich hier auf. Jenny sah sich noch einmal um, konnte die groß gewachsene, knochige Frau aber nirgends entdecken. Sie musste sich wohl geirrt haben.

*

»Hallo Frau Doktor, so sportlich unterwegs?« Eine Männerstimme riss Jenny aus ihren Gedanken, als sie gerade auf den Waltherplatz einbog. Vor ihr stand Mordred Leitner, der Student mit dem ungewöhnlichen Vornamen, und leckte genüsslich an einer der bunten Eiskugeln seines Tüteneises. Neben ihm hielt auch seine Kommilitonin Tina Ebner eine Eistüte in der Hand. Jenny fragte sich gerade, ob sich wohl die gesamte Delegation hier im Zentrum Bozens versammelt hatte, als ihr auffiel, dass einer der Studenten fehlte: Der Dritte im Bunde, Lukas Gruber. Sie beschloss, gar nicht auf Mordreds Bemerkung und sein anzügliches Grinsen einzugehen.

»Wo ist denn euer Kollege? Wie seid ihr überhaupt hergekommen?« Tina und Mordred warfen sich einen Blick zu, den Jenny nicht zu deuten wusste. Dann platzte das Mädchen heraus:

»Wir sind mit der Vespa hier, die haben wir schon vorher übers Internet gebucht. Der Lukas wollte eigentlich mitkommen. Ich weiß auch nicht, wo er steckt.«

Mordred, der sich bis dahin schweigend seinem Eis gewidmet hatte, schien seine Sprache wiedergefunden zu haben.

»Der kann uns ruhig gestohlen bleiben. Ohne ihn haben wir’s doch viel gemütlicher, wir zwei.« Vertraulich legte er einen Arm um Tinas Schultern, den diese aber gleich wieder abschüttelte.

»Geh, der wird scho’ no’ kommen.«

Tina hatte wieder zum ausgeprägten Dialekt ihrer oberösterreichischen Heimat zurückgefunden. Der war Jenny schon während der Zugfahrt aufgefallen. Auch dass Mordred Leitner sehr von sich eingenommen zu sein schien, war ihr nicht entgangen. Jetzt hatte ihm die Studentin aber einen Dämpfer versetzt. Tina Ebner schien jedenfalls eine zu sein, die sich nichts gefallen ließ.

»Bis heute Abend.« Jenny verabschiedete sich. Als sie die in weißen Laaser Marmor gemeißelte Statue Walthers von der Vogelweide passierte, sah sie den, von dem gerade die Rede gewesen war: Lukas Gruber. Der schmale, zurückhaltende Junge, der Mordred und dem Mädchen heute bei der Herfahrt im Zug gegenübergesessen hatte, schien auf jemanden zu warten. Von seinem Standort konnte er den gesamten Platz überblicken. Er musste gesehen haben, wie Mordred und Tina mit ihr gesprochen hatten. Seltsam, dass er nicht längst zu den anderen gestoßen war. Jenny wurde aus seinem Verhalten nicht schlau.

Wieder schlug eine Kirchenglocke, diesmal war es die der Dominikanerkirche. Jenny zählte fünf Schläge. Jetzt wurde es aber höchste Zeit. Wenn sie noch duschen und sich umkleiden wollte, musste sie sich beeilen. Sie beschleunigte ihr Tempo.

*

Als Arthur die Lobby betrat, kam ihm sein Assistent Lenz Hofer entgegen.

»Gehen wir in die Sala terrena. Ist es angenehm dort im Gartensalon.« Arthur konnte sich ein Lächeln über die Marotte des jungen Mannes, Subjekt und Prädikat zu vertauschen, nicht verkneifen. Auf seine Nachfrage hin hatte ihm dieser einmal erklärt, wie es dazu gekommen war: Lenz hatte schon mehrmals an so genannten »Poetry Slams« oder auch »Dichterschlachten« genannten Wettbewerben teilgenommen. Dabei ging es darum, einen selbst geschriebenen Text innerhalb einer bestimmten Zeit einem Publikum vorzutragen, das dann als Wertungsrichter fungierte. Der seiner Ansicht nach besseren Rhythmik wegen war Lenz schon früh auf die Idee gekommen, den Satzbau zu verändern, wobei ihn dialektale Gepflogenheiten ebenso inspirierten wie die moderne Stilrichtung des Rap, einem der Hip-Hop-Kultur entstammenden Sprechgesang. In Verbindung mit dem kehligen Südtiroler Akzent gab dies seiner Poesie eine durchaus originelle Note. Irgendwann hatte sich das dann auch in seine Alltagssprache eingeschlichen.

Solange sich diese Gepflogenheit auf Lenz’ Umgangssprache beschränkte, nicht aber seine Ausdrucksweise in seiner Funktion als Assistent bei Lehrveranstaltungen beeinflusste, konnte der Professor gut damit leben. Er hatte ohnehin die Erfahrung gemacht, dass Studenten mit ausgeprägtem Dialekt viel selbstverständlicher Zugang zum Mittelhochdeutschen fanden als ihre zur Hochsprache erzogenen Kollegen.

In der lichtdurchfluteten Sala terrena, die die Villa mit der Veranda und dem großflächigen, fast parkähnlichen Garten verband, deutete Lenz mit einer einladenden Bewegung auf die bequemen Korbsessel. »Du magst einen Veneziano?« Da war es wieder: Ein Frage klang bei Lenz wie eine Feststellung und umgekehrt. Arthur hielt allerdings nichts von dem neumodischen Drink, einer Mischung aus Aperol und Prosecco.

»Lieber einen Campari mit Eis, wenn es keine Umstände macht.«

Über das Haustelefon bestellte Lenz bei Maria die Getränke, mit denen diese wenig später erschien. Arthur nahm seinen Campari und prostete dem jüngeren Kollegen zu.

»Also dann, auf einen gelungenen Abend und erfolgreiche Tage auf Runkelstein.« Lenz tat es dem Professor gleich und hob sein Glas mit der hell orangenen Flüssigkeit.

»Alles ist zu eurer Zufriedenheit?«

  

Wäre jedenfalls schade, wenn sie sich ausgerechnet mit seinem Assistenten nicht vertrug. Arthur hatte gehofft, die Teilnehmer der Delegation rasch zu einem dream team zusammenschweißen zu können. Lenz hatte er dabei die Rolle als Statthalter vor Ort und Jenny quasi die der Außenministerin zugedacht. Spannungen zwischen den beiden waren da fehl am Platz.

Ob er Lenz ins Gebet nehmen und herausfinden sollte, was los war? Arthur sah zu seinem Assistenten hinüber, der wieder Platz genommen hatte. Auf dem Tischchen vor ihm stand immer noch der Veneziano, aus dem die munteren Kohlensäurebläschen entwichen waren. Die Flüssigkeit war so trüb geworden wie der Blick, mit dem Lenz in sein Glas starrte.

*

In der Schlosskapelle auf Runkelstein betrachtete sich Francesca Rossi in dem großen Standspiegel. Man hatte das ebenerdig gelegene Gotteshaus in eine Garderobe umfunktioniert, damit sich die Schauspieler, die derzeit mit Aufführungen von Umberto Ecos »Der Name der Rose« im Burghof gastierten, umziehen konnten. Heute war spielfrei, und Francesca hatte den niedrigen, von romanischer Rundbogen-Architektur bestimmten Raum ganz für sich.

Mehr als 13 Jahre waren vergangen, seit sie das erste Mal hier gestanden hatte. Damals waren die Renovierungsarbeiten auf Runkelstein, das in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts auf einem Felsen am Eingang zum Sarntal errichtet worden war, noch in vollem Gange. Nach einer wechselvollen Geschichte, die vor allem in den Anfängen von Nikolaus und Franz Vintler, einem aufstrebenden Brüderpaar aus dem reichen Tiroler Bürgertum, geprägt worden war, hatte der österreichische Kaiser Franz Josef die Burg 1893 der Stadt Bozen geschenkt. Von da an sollte es noch über 100 Jahre dauern, bis Runkelstein mit seinem einzigartigen Freskenzyklus im Jahr 2000 für das Publikum geöffnet wurde.

Francesca riss sich von ihren Gedanken los. Bis zur Ankunft der Delegation aus Salzburg war zwar noch Zeit, aber mit dem, was sie vorhatte, konnte man nicht früh genug beginnen. Langsam begann sie, die Knöpfe ihres langen, prächtigen Gewandes aus rotem Samt einen nach dem anderen zu schließen. Sie hatte sie selbst von Hand angefertigt, als der Direktor vor ein paar Jahren die Idee gehabt hatte, besondere Gäste mit mittelalterlichen Darbietungen zu beglücken. Ihr war die Rolle der Frau Minne, jener allegorischen Figur, die über die Liebenden wacht, zugefallen. Blasius Botsch selbst hatte die Rolle des Sängers Walther von der Vogelweide übernommen.

Blasius. So viele Jahre waren sie jetzt schon ein Paar und immer noch ein heimliches. Was ihrer Beziehung keineswegs schadete, sondern im Gegenteil dafür sorgte, dass das Feuer ihrer Liebe stets mit einer frischen Brise neu entfacht wurde.

In letzter Zeit machte er ihr allerdings ein wenig Sorgen. Nicht nur, dass er all ihre Bemühungen um seine Gesundheit in den Wind schlug. Er ließ es sich auch nicht nehmen, mit jedem Mitarbeiter, der dies begehrte, persönlich zu sprechen. In ihren Augen war das verlorene Liebesmüh, vor allem, wenn es um die Süditaliener ging. Erst neulich wieder hatte er diesen Speranza, diesen Kalabrese, so mir nichts dir nichts in sein Büro geführt.

Bene, das, was der gefunden hatte, schien ja wirklich eine Sensation zu sein. Aber genauso gut hätte er ihr die Handschrift überlassen können, sie hätte sie Blasius dann schon zu gegebener Zeit vorgelegt. So aber hatte sie vor verschlossenen Türen warten und am Ende dem Kerl noch einen Grappa servieren müssen.

Francesca stemmte die Hände in die wohlgerundeten Hüften und drehte sich noch einmal vor dem Spiegel. Gut sah sie aus, immer noch, mit ihren 57 Jahren. Schade, dass sie ihr volles, von nur wenigen silbrigen Fäden durchzogenes Haar heute unter einem Hut verstecken musste. Aber der gehörte zum Kostüm, ebenso wie die Schnabelschuhe. Die würde sie ganz zum Schluss überstreifen. Etwas anderes hatte jetzt Vorrang. Vorsichtig öffnete sie die hölzerne Schatulle, die sie behelfshalber auf dem steinernen Altar deponiert hatte. Beinahe andächtig entnahm sie ihr zwei lange schwarze Zöpfe, die sie seit ihrem zwölften Lebensjahr aufbewahrte.