Inhaltsverzeichnis
Titel
Impressum
Vorwort
Danksagung
Hinweise zu diesem Bericht
Einleitung
Executive Summary
1 Investition in Gesundheit – eine neue Politik
2 Betriebliche Gesundheitspolitik: Vision, Leitbild, Ziele
3 Der neue Interventionstyp
4 Fördernde Faktoren
4.1 Demographischer Wandel
4.2 Gesetzliche Grundlagen
4.3 Nutzen stiftende Wirkungen
4.4 Kosten senkende Wirkungen
5 Hemmende Faktoren
5.1 Unterbewertung von Sozial- und Humankapital durch die Unternehmensführungen
5.2 Kultur der Reparatur und Kompensation
5.3 Fehlende Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse
5.4 Nichtberücksichtigung weicher Faktoren in der Unternehmensbewertung
6 Europäischer und nationaler Diskussionsstand zur betrieblichen Gesundheitspolitik
7 Die Empfehlungen der Kommission
7.1 Empfehlungen an die Betriebe
7.2 Empfehlungen an die Sozialpartner
7.3 Empfehlungen an den Staat
7.4 Empfehlungen an die überbetrieblichen Akteure
7.5 Empfehlungen an Bildung und Wissenschaft
7.6 Empfehlungen an die Hans-Böckler-Stiftung und die Bertelsmann Stiftung
8 Literatur
9 Glossar
Mitglieder der Expertenkommission »Die Zukunft einer zeitgemäßen betrieblichen Gesundheitspolitik«
Danksagung
Ohne die Mithilfe kreativer und engagierter Mitarbeiter, die für die Verantwortlichen in ihrer oftmals bescheidenen und unspektakulären Art eine große Unterstützung waren, hätten die Arbeit der Kommission und dieser Bericht nicht realisiert werden können. Ein ganz besonderes Dankeschön richten wir an dieser Stelle an Christian Gösel, Nico Julius, Andrea Maasmeier, Michael Noweski, Rosi Pulfrich, Andreas Rödel, Anja Schmidt, Albrecht Schnabel, Dagmar Siewerts, Uta Walter und Silke Weber. Besonderer Dank gilt Prof. Dr. Franz Xaver Kaufmann für kritische Anmerkungen zum Text.
Hinweise zu diesem Bericht
In der Expertenkommission »Die Zukunft einer zeitgemäßen betrieblichen Gesundheitspolitik« haben Fachleute aus Politik, Wirtschaft, Verbänden der Sozialversicherung und der Wissenschaft eng zusammengearbeitet. Ihr Ziel war es, Anforderungen an eine zukunftsfähige betriebliche Gesundheitspolitik zu formulieren und entsprechende Reformen anzustoßen. Die Kommission nahm im Jahr 2001 auf Initiative der Bertelsmann Stiftung und der Hans-Böckler-Stiftung ihre Arbeit auf. In vier Arbeitsgruppen wurden die Ergebnisse zu verschiedenen Themen erarbeitet, die in die Reformvorschläge der Kommission für eine aktive betriebliche Gesundheitspolitik eingeflossen sind.
Arbeitsgruppe 1: | Wandel der Arbeitswelt |
(Leitung: Prof. Dr. Ekkehart Frieling) |
Arbeitsgruppe 2: | Gesundheitliche Folgen und Herausforderungen |
(Leitung: Prof. Dr. Johannes Siegrist) |
Arbeitsgruppe 3: | Auftrag, Problemverständnis und Handlungsschwerpunkte überbetrieblicher Akteure |
(Leitung: Prof. Dr. Rolf Rosenbrock) |
Arbeitsgruppe 4: | Auftrag, Problemverständnis und Handlungsschwerpunkte betrieblicher Akteure |
(Leitung: Prof. Dr. Dieter Frey) |
Vorsitzender der Kommission war Dr. Hermann Rappe. Die wissenschaftliche Leitung hatte Prof. Dr. Bernhard Badura.
Für die beiden Stiftungen haben Dr. Erika Mezger von der Hans-Böckler-Stiftung und Detlef Hollmann von der Bertelsmann Stiftung in der Kommission mitgearbeitet und deren Aktivitäten koordiniert.
Eine Liste der Mitglieder der Expertenkommission befindet sich im Anhang des Berichts. Dort befindet sich auch eine Übersicht der Mitglieder der vier genannten Arbeitsgruppen.
Mit Ausnahme der Empfehlungen drückt der Text nicht in jeder Formulierung die Meinung der Gesamtkommission aus, da eine wörtliche Übereinstimmung des Textes mit der Meinung aller Mitglieder der Kommission nicht vorausgesetzt werden kann. Die Arbeitsgruppenberichte sind Ergebnisse der jeweils Beteiligten. Dort vertretene Ansichten entsprechen ebenfalls nicht in jedem Fall der Meinung der Gesamtkommission.
Diese Publikation verwendet vorwiegend die männliche Sprachform. Bei allen männlichen Funktionsbezeichnungen sind stets auch Frauen gemeint.
Vorwort
Globalisierung – Digitalisierung – demographischer Wandel: Synonyme für gesellschaftliche Entwicklungen, die die Industrienationen vor neue Herausforderungen stellen und den Komplexitätsgrad erhöhen. Wie lässt sich in diesem Zusammenhang ein Thema wie die betriebliche Gesundheitspolitik einordnen? Ein Randthema der globalen Unternehmensentwicklung? Eine Frage für wissenschaftliche Analysen ohne große praktische Relevanz? Letztlich eine Frage der Krankenstände und damit verbundener Kosten?
»Es gibt wichtigere Themen.« Dieser Einwand ist möglicherweise von vielen Seiten zu hören, wenn man die Ergebnisse einer Kommission zur betrieblichen Gesundheitspolitik vorstellen will. Die Bedeutung eines Themas ist aber immer abhängig vom Standpunkt des Lesers und auch davon, ob es den Autoren gelingt, Zusammenhänge deutlich zu machen. Nur auf den zweiten Faktor kann man in einem Bericht wie diesem Einfluss nehmen. Dies ist der Kommission gelungen, die betriebliche Gesundheitspolitik aufzuwerten und ihren vorbeugenden Charakter zu stärken sowie die Diskussion auf die Selbstverantwortung der Unternehmen zu lenken.
Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten sind in vielerlei Hinsicht von Bedeutung. Selbstverständlich ist für den Menschen selbst »gesund sein und bleiben« ein wichtiges, aber auch nicht immer beachtetes Motiv der Lebensgestaltung.
Ein Unternehmen, das über leistungsfähige und motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügt, hat bessere Chancen, erfolgreich im Wettbewerb zu bestehen.
Für den Sozialstaat ist Gesundheit aus volkswirtschaftlicher Sicht ein nicht unbedeutender Faktor.
Eine betriebliche Gesundheitspolitik soll die Menschen an ihren Arbeitsplätzen erreichen und Arbeitsplätze so gestalten, dass sie möglichst beiden Zielen dient, der Gesundheit der Beschäftigten und über eine entsprechend gestaltete Unternehmenskultur auch dem Erfolg des Unternehmens und letztlich der Gesellschaft.
Eine neue betriebliche Gesundheitspolitik ist daher eine politisch schwierige und fachlich komplexe Aufgabe. Die Hans-Böckler-Stiftung hat gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung bereits in ihren Überlegungen bei der Konstituierung der gemeinsamen Expertenkommission »Zukunft einer zeitgemäßen betrieblichen Gesundheitspolitik« besonders auf zwei Dimensionen hingewiesen: auf die Bedeutung von Unternehmenskultur und Führung einerseits und auf Mitbestimmung und Partizipation der Beschäftigten andererseits–Aspekte übrigens, die sich durchaus sinnvoll ergänzen.
Stichworte, die die neue Dimension der betrieblichen Gesundheitspolitik –wie sie von der Expertenkommission gefordert wird–verdeutlichen, sind präventive statt nur nachträglich reparierende Aktivitäten sowie ganzheitliche Ansätze, die auf den gesamten Betrieb und seine Organisation zielen. Eine Politik, die von der Führung her auf die Beteiligung der Betroffenen und Belegschaften und deren Aktivierung gerichtet ist und nicht nur auf das herkömmliche System von Experten. Schließlich geht es um ein Verständnis betrieblicher Gesundheitspolitik nicht im Sinne eines bloßen Kostenfaktors, sondern als Eckpunkt wirtschaftlichen Wachstums und betrieblicher Effizienz.
Ein Konzept betrieblicher Gesundheitsförderung muss ein plurales Konzept sein, es muss die Vielfalt der Realität als Chance begreifen und unterschiedlichen Bedingungen gerecht werden. Elemente von Dezentralisierung, Beteiligung, Anreizen und Hilfen im Sinne einer Unterstützung zur Eigeninitiative und Selbstorganisation werden immer wichtiger.
Damit reihen sich die Ergebnisse der Expertenkommission in eine europäische Dimension ein: die Sozialpolitische Agenda, die anlässlich des Europäischen Rates von Nizza verabschiedet wurde. Sie sieht vor, Europa bis zum Jahre 2010 zu dem wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Alle europäischen Länder sollen sich daran beteiligen, ein dauerhaftes Wachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen zu schaffen.
Daran weiter zu arbeiten und neben der Quantität auch die Qualität der Arbeit nicht aus den Augen zu verlieren, wird für beide Stiftungen auch in Zukunft von großer Bedeutung sein.
Im Rahmen der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ins Leben gerufenen »Initiative Neue Qualität der Arbeit« werden die Bertelsmann Stiftung und die Hans-Böckler-Stiftung noch in diesem Jahr in einem Folgeprojekt mit der Umsetzung der aus der Expertenkommission gewonnenen Ergebnisse beginnen.
Wir bedanken uns sehr bei dem Vorsitzenden der Expertenkommission Dr. Hermann Rappe, der den Mut gehabt hat, diese Aufgabe in einer Zeit zu übernehmen, in der mehr die Quantität als die Qualität der Arbeit die öffentlichen Diskussionen bestimmt.
Wir bedanken uns auch besonders bei Prof. Dr. Bernhard Badura, der die wissenschaftliche Profilierung durch seine Mitwirkung sichergestellt hat.
Prof. Dr. Dieter Frey, Prof. Dr. Ekkehard Frieling, Prof. Dr. Rolf Rosenbrock und Prof. Dr. Johannes Siegrist haben es durch ihr Engagement als Leiter der Arbeitsgruppen möglich gemacht, umfangreiche Fragestellungen zu bearbeiten. Dafür bedanken wir uns recht herzlich.
Unser besonderer Dank gehört allen Mitgliedern der Expertenkommission, die mehr als zwei Jahre an diesem Bericht mitgearbeitet und ihre Zeit und ihr Wissen eingebracht haben. Ohne sie wären diese Expertenkommission und dieser Bericht nicht möglich gewesen.
Liz Mohn
Präsidiumsmitglied
Bertelsmann Stiftung
Prof. Dr. Heide Pfarr
Geschäftsführerin
Hans-Böckler-Stiftung
Einleitung
Das neue Menschenbild betrieblicher Gesundheitspolitik und die Führung gesunder Organisationen
Der folgende Bericht empfiehlt eine Neuausrichtung und Aufwertung betrieblicher Gesundheitspolitik. Unternehmen, Verwaltungen und Dienstleistungsorganisationen werden zukünftig mehr Verantwortung für Wohlbefinden und Gesundheit ihrer Mitarbeiter übernehmen müssen: wegen ihrer dadurch erreichbaren höheren Wettbewerbsfähigkeit, also aus eigenem wirtschaftlichen Interesse, und zur Entlastung sozialstaatlicher Aktivitäten, deren dämpfende Wirkung auf die Lohnnebenkosten ebenfalls den Unternehmen zugute kommt.
Die zentralen Herausforderungen unserer Zeit – Globalisierung, Alterung der Bevölkerung und ein gewandeltes Krankheitspanorama –lassen keine andere Wahl. Bisherige Konzepte der Arbeits- und Systemgestaltung müssen auf den Prüfstand. Wenn es zutrifft, dass nicht die Technik, sondern die damit arbeitenden Menschen die wichtigste Ressource unserer Volkswirtschaft bilden, welche Vorstellungen vom Menschen sollen dann zukünftig Gültigkeit besitzen, und welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Führung komplexer Organisationen?
Das neue Menschenbild
Über Jahrtausende hinweg bedeutete menschliche Arbeit vor allem Einsatz physischer Energie: zur Jagd, zum Sammeln von Früchten, beim Anbau von Pflanzen und der Haltung von Tieren. Auch die mit Beginn der Industrialisierung einsetzende Produktionsarbeit wurde im Wesentlichen als physisches Geschehen betrachtet. Gedanken und Gefühle, Kultur und Herkunft der Beschäftigten galten als vernachlässigbare Größen. Selbst als im Boom der Nachkriegsjahre der Arbeitskräftemangel mit Hilfe von »Gastarbeitern« bewältigt wurde, waren in erster Linie »Hände« und »Muskelleistungen« gefragt. Abgesehen von einer kleinen Minderheit von »Kopfarbeitern« wurde Arbeit mit körperlicher Leistung gleichgesetzt, das physische Leistungsvermögen des Menschen besonders hoch geschätzt.
Wenige Jahrzehnte später stehen wir vor einer völlig neuen Situation. Die wechselseitige Durchdringung von Industrie- und Dienstleistungsproduktion, das starke Wachstum von Bildungs- und Gesundheitsleistungen haben zu einem grundlegenden Wandel der Arbeitsanforderungen, insbesondere zu einer höheren Wertschätzung von Qualifikation, Wissensarbeit und sozialer Kompetenz geführt.
Mit den zunehmenden Kenntnissen über Neuroanatomie und die Wechselwirkungen zwischen Psyche, Hormon- und Immunsystem, mit dem wachsenden Interesse von Psychologen, Soziologen und Gesundheitswissenschaftlern an der Erforschung der Ursachen guter Gesundheit, mit den sich stabilisierenden Erkenntnissen zum Einfluss sozialer Faktoren auf Gesundheit, Krankheit und Sterblichkeit hat sich zugleich ein neues Verständnis von der wechselseitigen Beeinflussung sozialer, psychischer und biologischer Prozesse entwickelt, ist ein neues Bild vom Menschen als einem sozialen Wesen entstanden, das zur Bewältigung seiner äußeren Anforderungen in Arbeit, Familie, Freizeit, aber auch zur Regulierung seines »inneren Milieus«, d.h. seiner Psyche und biochemischen Reaktionen, auf Interaktionen mit anderen Menschen angewiesen ist.
Im Kern lässt sich dieses neue, ganzheitliche Menschenbild wie folgt zusammenfassen:
1. Die seit René Descartes in der Medizin über Jahrhunderte denk-und handlungsleitende Vorstellung einer strikten Trennung von »Geist« und »Körper« ist überholt. Denken, Fühlen und somatische Prozesse verlaufen vielmehr parallel und hoch vernetzt: Psyche und Biochemie des Menschen befinden sich in permanenter Kommunikation. Von besonderer Bedeutung sind dabei bestimmte Gehirnregionen, wie z.B. Cortex, Hypothalamus und limbisches System, die Produktion von Stresshormonen und die Immunreaktionen.
2. Neben Kognition und Motivation spielen Emotionen eine wesentliche Rolle bei der alltäglichen Situationsbewältigung. Emotionen beeinflussen Denken, Handeln und körperlichen Zustand. Anhaltend negative Gefühle wie Angst, Wut oder Hilflosigkeit beeinträchtigen Gedächtnisleistung und Motivation; auf Dauer können sie auch das Immunsystem schädigen und die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder anderen somatischen Störungen begünstigen. Selbstwert- und Selbstwirksamkeitsgefühl hingegen beeinflussen das Leistungs- und Sozialverhalten positiv.
3. Die soziale Vernetzung des Menschen hat maßgeblichen Einfluss auf seine kognitive Leistungsfähigkeit (Problemlösung) und sein emotionales Gleichgewicht (Gefühlsregulierung). Stabilität, Qualität, Umfang und Funktionalität sozialer Netzwerke, insbesondere das in ihnen bestehende Vertrauen (Klima), beeinflussen das »innere« Verhalten, d.h. Kognition, Motivation, Emotionen und biochemische Reaktionen ihrer Mitglieder, aber auch das »äußere« Verhalten, z.B. Umfang und Qualität der geleisteten Arbeit.
4. Gemeinsame Überzeugungen, Werte und Regeln (Kultur) stiften Sinn, erleichtern Kooperation und erlauben hohe Berechenbarkeit der Lebens- und Arbeitswelt. Sie wirken Unsicherheit, Ungewissheit und Desorientierung entgegen. Dadurch helfen sie, Stress zu vermeiden und erleichtern seine Bewältigung.
All dies wird Konsequenzen haben für die Arbeits- und Organisationsgestaltung. Es wird auch Konsequenzen darauf haben, wie Menschen in Organisationen eingesetzt, angesprochen und geführt werden. Menschen sind mehr als physische »Arbeitsmaschinen«. Sie sind auch mehr als rationale Maximierer individuellen Nutzens. Zum Erhalt von Wohlbefinden, Gesundheit und Arbeitsfähigkeit sind sie angewiesen auf sinnvolle Betätigung in einem Netzwerk vertrauensvoller, Anerkennung spendender und unterstützender zwischenmenschlicher Beziehungen.
Gesunde Arbeit in gesunden Organisationen
Parallel zum Wandel unseres Menschenbildes haben sich unsere Vorstellungen von Arbeit gewandelt. Arbeit beinhaltet Umgang mit Technik, mit Informationen und – darin liegt ihr sozialer Charakter – Umgang mit Menschen: mit Kollegen, Vorgesetzten, Klienten, Schülern, Patienten, Kunden. Arbeitsleistungen erbringen heißt: Informationen verarbeiten, Geräte bedienen, mit Menschen zusammenarbeiten, dabei auftretende Probleme lösen, auf Gefühle anderer Rücksicht nehmen und die eigenen Gefühle kontrollieren. Organisiertes, d.h. kooperatives und zur Verfolgung gesetzter Ziele koordiniertes Handeln erfordert deshalb mehr als hoch entwickelte Technik (»Sachkapital«) und hohe fachliche Kompetenz (»Humankapital«). Es erfordert zusätzlich soziale Kompetenz, Vertrauen, Vernetzung, Identifikation mit den gestellten Aufgaben, mit dem Team und der Organisation. Das wiederum setzt einen gewissen Vorrat gemeinsamer Überzeugungen, Werte und Regeln (»Sozialkapital«) voraus.
Häufig beschworene Erfolgsfaktoren wie Teamarbeit, Vertrauenskultur und Transparenz erfordern ein Klima gegenseitiger Hilfe und eine Kultur der fairen Zusammenarbeit, auch über Abteilungsgrenzen und Berufsgruppen hinweg. Und sie erfordern eine hohe Qualität mitarbeiterorientierter Führung. Gesund ist Arbeit, die als sinnhaft und wertvoll erlebt wird. Gestellte Aufgaben sollten als verständlich und lösbar erscheinen, Arbeit, Organisation und Führung als transparent, berechenbar und beeinflussbar. Soziale Kompetenz, Vertrauen und Vernetzung sollten gefördert und Führungskräfte ebenso sorgfältig auf ihre Führungstätigkeit wie auf ihre fachlichen Anforderungen vorbereitet werden.
Menschen unterscheiden sich erheblich in der Fähigkeit zur Sinngebung ihres Tuns, in ihrem Verständnis von Arbeit und Organisation und in ihrer Fähigkeit, eigene Bedürfnisse oder Erwartungen an Aufgabenstellungen und Ziele ihrer Organisation anzupassen. Auch Organisationen unterscheiden sich erheblich in ihrer Fähigkeit, Sinn zu vermitteln, in ihrer Bereitschaft, Transparenz herzustellen und in ihrem Vermögen, Motivation, Bindung und Leistungsbereitschaft ihrer Mitarbeiter durch geeignetes Kommunikations- und Entscheidungsverhalten zu mobilisieren. Hier liegt der Schlüssel für mehr Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen ebenso wie für mehr Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter. Und deshalb liegt hier auch das zentrale Arbeitsgebiet betrieblicher Gesundheitspolitik.
Je mehr wir darüber lernen, umso deutlicher wird, dass unterstützend erlebte soziale Netzwerke einerseits und gemeinsame Überzeugungen, Werte und Regeln andererseits sich auf beides positiv auswirken: die Leistungsfähigkeit eines sozialen Systems und die psychische und physische Gesundheit seiner Mitglieder, und dass hierbei erhebliche Synergien freigesetzt werden. Vertrauensvolle Beziehungen erleichtern Kooperation. Gemeinsame Überzeugungen, Werte und Regeln ermöglichen Berechenbarkeit des Organisationshandelns (Entscheidungen, Beförderungen, Kommunikation). Im Falle verloren gegangener Bindung (»innere Kündigung«), weitgehend zerrütteter Beziehungen (»Mobbing«) und weitgehender Abwesenheit gemeinsamer Überzeugungen, Werte und Regeln (»Anomie«) leidet nicht nur die Leistungskraft eines sozialen Systems, sondern wegen der dadurch zunehmenden Beanspruchung auch die Gesundheit seiner Mitglieder.
Führung