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und die Fußballfalle

erzählt von Marco Sonnleitner

Kosmos

Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin

Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage

der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 - 24. Dezember 2009)

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© 2002, 2008, 2011 Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten.

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on Characters by Rober Arthur.

ISBN 978-3-440-12897-8

Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Tortenschlacht

Es war wie in einem Albtraum. Justus sah alles, als geschähe es in Zeitlupe, und doch war es ihm unmöglich, die Katastrophe zu verhindern.

Von einer Sekunde auf die andere war das struppige Etwas zwischen den am Straßenrand parkenden Wagen hervorgesprungen und auf die Straße gelaufen. Justus riss das Steuer des Pick-ups im Reflex nach rechts und schrammte mit quietschenden Reifen haarscharf an dem Hund vorbei. Doch anstatt weiter auf den Verkehr zu achten oder im Rückspiegel nach dem Hund zu sehen, flog sein Blick einer bösen Vorahnung folgend zum Beifahrersitz. Mit schreckgeweiteten Augen und aufgerissenem Mund starrte er auf die Erdbeertorte, die auf einem Stapel Altpapier thronte.

Gethront hatte. Den Fliehkräften des Ausweichmanövers folgend, schlitterte sie nämlich gerade samt Karton in seine Richtung. Justus’ Augen wurden noch ein Stück größer, als der Karton ins Kippen geriet, und er sog zischend die Luft ein. Irgendjemand hupte, ein Hund bellte, und dann überschlug sich der Karton und fiel kopfüber genau in seinen Schoß.

»Verdammter Mist!«, fluchte Justus und sah entsetzt nach unten.

Instinktiv wollte er auf die Bremse treten, aber er konnte nicht einfach mitten auf der Straße stehen bleiben. Das Auto hinter ihm war ohnehin schon bedrohlich dicht aufgefahren. Ein Parkplatz war weit und breit nicht zu sehen und die nächste Ampel einen Block entfernt.

Justus’ Blick huschte hektisch zwischen Straße und Karton hin und her. Er musste irgendwo anhalten, wenn er von der Torte noch retten wollte, was zu retten war.

Doch diese Hoffnung zerschlug sich in den nächsten Augenblicken. Während er weiter im Verkehr festhing, spürte der Erste Detektiv plötzlich eine unangenehme Nässe, die durch seine Hose drang.

»Nein! Nein!« Justus wusste nicht, ob er sich ekeln oder panisch werden sollte. »Bitte nicht!« In seinem Kopf wechselten sich Bilder einer tortengetränkten Hose, sich totlachender Auktionsbesucher und einer wutschnaubenden Tante Mathilda in Sekundenschnelle ab. Und er hätte nicht sagen können, was für ihn am schlimmsten war.

Endlich erspähte er eine Parklücke und schoss hinein. Über den Bordstein rumpelnd kam er zum Stehen. Justus stellte den Motor ab, zog die Handbremse und verharrte erst einmal ein paar Momente in hoffnungsloser Untätigkeit. Es war ihm völlig klar, was er gleich zu sehen bekäme. Dann atmete er tief durch und fasste unter den Karton, um den Deckel wieder zuzudrücken.

»Na toll.« Der Erste Detektiv verzog das Gesicht. Weich, feucht und noch ein bisschen warm fühlte sich der Erdbeer-Sahne-Teig-Matsch in seinen Fingern an. Justus hob den Karton an, drehte ihn um und wuchtete ihn zurück auf den Altpapierstapel.

»Ganz phantastisch. Igitt!« Der Erste Detektiv besah sich die Bescherung. Über den Sitz und seine Hose – beide hellbeige – ergoss sich zentimeterhoch ein undefinierbarer, süßlich riechender Brei in Rot, Weiß, Dunkel- und Hellbraun. Hier und da schauten einige Schokosplitter und Erdbeeren hervor.

»Das darf nicht wahr sein!« Justus ließ den Kopf auf das Lenkrad sinken und schloss die Augen. Er hätte viel darum gegeben, wenn er die nächsten Stunden hätte überspringen dürfen.

Nachdem er mithilfe des Altpapiers die gröbsten Spuren seines Missgeschicks beseitigt hatte, machte er sich wieder auf den Weg zum Auktionshaus. Onkel Titus würde mittlerweile sicher schon ungeduldig auf ihn warten.

Doch als er endlich in die kleine Seitenstraße einbog, die zum Parkplatz von Settler&Price führte, wartete die nächste Überraschung auf ihn. Bis vor zur Hauptstraße stauten sich die Autos. An ein Durchkommen war nicht zu denken.

»Was ist denn hier auf einmal los?« Justus kurbelte das Fenster herunter.

Wie er steckten viele Fahrer ihre Köpfe aus den Autofenstern und blickten nach vorne. Einige waren auch schon aus ihren Fahrzeugen ausgestiegen und reckten die Hälse. Vereinzelt hallten erste, wütende Huplaute durch die Straßenschlucht.

Der Erste Detektiv konnte undeutlich erkennen, dass sich weiter vorne ein großer Menschenauflauf gebildet hatte. Wie ein lebendiger Riesenknäuel wogte die Masse hin und her. Zu seiner Verwunderung entdeckte Justus, dass der Knäuel farblich durchaus ein gewisses Muster aufwies. Viele Menschen trugen pink-goldene Kleidung, und aus der Mitte des Auflaufs ragten zwei ebenfalls pink-goldene Fahnen wie Bojen aus dem Wasser. Aber am meisten überraschte ihn der weiße Pressewagen, dessen riesige Satellitenschüssel am Rande der Menge in der Sonne leuchtete.

»Was geht da nur vor?« Justus zog die Stirn in Falten. Er stieg aus dem Pick-up und ging zu dem Auto vor ihm, einem Taxi.

»Guten Tag«, grüßte er den Fahrer, der gelassen hinter dem Steuer saß und in einer Zeitung las. »Wissen Sie vielleicht, was da vorne los ist?«

»Keine Ahnung«, antwortete der Mann und drehte den Kopf. »Ich stehe hier schon seit –« Verblüfft hielt er inne, den Blick unverwandt auf Justus’ Hose gerichtet. »Wird das jetzt Mode?«, fragte er grinsend und zeigte auf die verkrusteten Reste der Erdbeertorte.

Justus lief knallrot an. Seine Hose hatte er für den Moment völlig vergessen. »Oh, äh, nein«, stammelte er. »War ein, äh, kleines Malheur.«

»Ein kleines Malheur? Sieht mir eher nach einem größeren aus.« Das Grinsen des Mannes wurde immer breiter.

»Eine Torte«, sagte Justus knapp, doch im selben Moment wurde ihm klar, dass das nicht wirklich eine Erklärung war.

»Eine Torte?« Die Neugier des Mannes war jetzt endgültig geweckt. »Wurde dir davon schlecht, oder was?«

»Nein, nicht was Sie denken. Ich ... mir ist –«

»Oh! Es geht weiter!« Der Taxifahrer deutete nach vorne, wo sich die Wagenkolonne langsam in Bewegung setzte. »Besser, du steigst wieder ein.« Der Mann zwinkerte ihm zu. »Sonst verhaftet man dich noch wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses.«

Justus lächelte süßsauer, war aber gleichzeitig froh, dem peinlichen Gespräch zu entkommen. Er grüßte kurz und lief zurück zum Pick-up.

Im Schritttempo quälte sich die Autoschlange durch die Straße. Justus erkannte zwei Polizisten in Uniform, die sich des Staus angenommen hatten und die Wagen langsam an dem Auflauf vorbeischleusten. Je näher er der Menschenmenge kam, desto mehr bestätigte sich auch sein erster Eindruck. Die meisten Leute hatten irgendetwas Pink-Goldenes an, Trikot, Schal oder Mütze. Offenbar handelte es sich um Fans irgendeines Sportvereins. Aber was hatten die hier zu suchen? Und Justus’ Verwirrung wuchs noch mehr, als er in den Parkplatz von Settler&Price einbog: All diese Fans wollten offenbar in das Auktionshaus! Der Eingang war bereits völlig verstopft, und das Security-Personal hatte alle Mühe, die Massen zurückzuhalten. Während der Erste Detektiv den Pick-up an den Fans vorbeisteuerte, konnte er auf manchen Trikots L.A. Golden Warriors entziffern. Und immer wieder hörte er den Namen Seaman. Justus hatte jedoch keine Ahnung, um was oder wen es sich hier handelte.

Titus entdeckte er wie vereinbart am hinteren Ende des Parkplatzes. Sein Onkel saß neben einem Berg ersteigerten Ramsches, den er in seinem Gebrauchtwarencenter verkaufen wollte. Eine Tüte mit Netzteilen lag auf einem antiken Werkzeugwagen, Pflanzenkübel standen neben einem Bündel Wandschienen, ein Aktenvernichter war dabei, zwei Akkuschrauber, eine Kiste Kinderspielzeug, alte Schallplatten und noch so einiges andere. Auch der Klappstuhl, auf dem Titus vornübergebeugt saß, während er sich den mächtigen Schnurrbart zwirbelte, entstammte der Auktion. Als er Justus entdeckte, sprang er auf und winkte ihn ungeduldig zu sich.

»Wo bleibst du denn?«, rief ihm Titus durch das offene Wagenfenster zu und hob beschwörend die Hände.

Justus hielt neben ihm an und lächelte zaghaft. »Ich hatte einen kleinen, äh, Unfall. Der Pick-up ist okay, aber ...« Er stieg aus und sah vielsagend an sich hinab.

Titus starrte auf die Hose. »Du lieber Himmel! Ist es das, was ich glaube, dass es ist?«

»Ja.« Ein verkniffenes Lächeln.

»Die Torte, die du für Mathilda abholen solltest, weil sie keine Zeit mehr zum Backen hatte? Für ihren Kaffeeklatsch heute Nachmittag?«

»Die Reste davon.«

Titus Jonas bedachte seinen Neffen mit einem mitleidigen Blick. »Dann mach dich mal auf was gefasst, Junge.«

Justus nickte schicksalsergeben. »Und was ist hier los? Ich kam kaum durch. Was wollen die alle hier?«

Titus winkte desinteressiert ab und begann, seine Auktionsbeute auf der Ladefläche zu verstauen. »Irgend so ein Sportass ist vorhin hier angekommen. Mordsschlitten, Riesentamtam. Ich weiß nicht, wer der Kerl ist. Ist mir auch egal. Komm, hilf mir.«

»Ein Sportass, das zu der Auktion will?« Justus hievte einen alten Radiator auf den Pick-up.

»Ich nehm’s an. Ging jedenfalls rein. Seine Frau hatte er auch dabei. Oder seine Freundin. So ein aufgedonnertes Modepüppchen.« Titus Stimme war deutlich anzuhören, was er von Leuten wie dem Sportler und seiner Begleitung hielt.

»Merkwürdig.« Justus schüttelte verwundert den Kopf.

Durch einen Nebeneingang trat in diesem Moment ein Angestellter des Auktionshauses und kam auf sie zu. In seiner Hand baumelte ein verschnörkelter Lampenschirm.

»Hallo? Mr Jonas?«

»Ja?« Titus drehte sich um.

»Den haben Sie vergessen.« Der Mann hielt Titus den Schirm hin.

»Oh! Vielen Dank! Ja, das ist meiner.« Titus nahm dem Mann den Schirm ab und lächelte.

»Keine Ursache. Kann bei dem Durcheinander ja durchaus mal passieren. Einen schönen –«

»Steven!« Ein anderer Angestellter war in dem Nebeneingang erschienen und winkte seinen Kollegen hektisch zu sich. »Komm schnell rein! Beeil dich!«

Der Angesprochene wandte sich überrascht um. »Was ist denn los, Eric?«

»Das musst du dir ansehen! Seaman! Er liefert sich eine Bieterschlacht mit einem Unbekannten am Telefon! Um ein völlig wertloses Bild!«

Das Urteil des Anubis

»Was? Das muss ich sehen!«

Verwundert blickten Titus und Justus dem Mann hinterher, der schnellen Schrittes zu seinem Kollegen eilte. Zusammen verschwanden die beiden kurz darauf in dem Gebäude.

»Wer gibt denn für ein völlig wertloses Gemälde Geld aus?« Titus schüttelte verwirrt den Kopf. Als geschäftstüchtiger Gebrauchtwarenhändler war ihm das absolut unverständlich.

»Und offenbar ziemlich viel Geld.« Auch Justus war neugierig geworden.

Titus kratzte sich am Kinn und schaute seinen Neffen an. »Sollen wir uns das mal ansehen?«, fragte er nach kurzem Überlegen.

Justus lächelte. »Nichts wie rein!«

Während Titus den Pick-up abschloss, nestelte Justus sein Hemd aus der Hose und zog es sich so weit herunter, wie es der Stoff zuließ. Zumindest die gröbsten Flecken konnte er so verbergen. Dann liefen beide durch den Nebeneingang in das Auktionshaus.

Vorbei an der Ausgabestelle für die ersteigerten Artikel eilten sie durch einen verwaisten Gang. Niemand war zu sehen, alle Türen waren geschlossen, aber von weiter vorne drang aufgeregtes Gemurmel zu ihnen. Als sie um die Ecke bogen, erkannten sie schon durch die Glastür, dass der Auktionssaal bis zum Bersten gefüllt war. Überall standen Kunden, Angestellte und Fans herum, von den sicher restlos belegten Sitzplätzen war kaum noch etwas zu sehen, und vom Haupteingang her drängten beständig neue Besucher nach. Es musste sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen haben, dass dieser Seaman hier war. Justus hielt seinem Onkel die Tür auf und schob sich hinter ihm in den Saal.

»8500 Dollar!«, dröhnte die Stimme des Auktionators durch die Lautsprecheranlage. »8500 Dollar von Mr Seaman!«

Justus sah weder den Auktionator noch den Bieter. Im Moment blickte er nur auf Rücken, Krägen und Haare. Leise Entschuldigungen murmelnd, drängte er sich weiter nach vorne.

»Ja ... ja, ich verstehe. 10000 Dollar! 10000 Dollar, meine Damen und Herren!«

Ein Raunen ging durch den Saal. Justus wunderte sich, warum der andere Bieter nicht genannt wurde, aber dann erinnerte er sich an die Worte des Angestellten. Seamans Konkurrent bot über das Telefon. Und offenbar wollte er anonym bleiben.

Endlich hatte sich Justus durch die Reihen stehender Zuschauer gewühlt. Er quetschte sich neben eine Säule und sah die Sitzreihen vor sich. Tatsächlich war kein Platz mehr frei. Der Erste Detektiv erkannte ein paar Leute wieder, die schon hier gewesen waren, bevor er losgefahren war. Dann ließ er seinen Blick schweifen und suchte nach Seaman.

In diesem Moment hob sich in der ersten Reihe eine Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger. Wie ein Mahnmal stand sie für eine Sekunde in der Luft, und Justus konnte gerade noch den massiven Siegelring am kleinen Finger erkennen, bevor der Arm wieder gesenkt wurde.

»11000 Dollar?«, fragte der Auktionator, ein dürrer Mann mit schütterem Haar und einem Mausgesicht, der auf einer kleinen Bühne hinter einem Stehpult stand.

Offenbar fand er Zustimmung, denn sofort wiederholte er eilfertig: »11000 Dollar! Mr Seaman bietet 11000 Dollar!«

Justus reckte den Hals. Das da vorne war also Seaman. Er konnte nur einen dichten, braunen Haarschopf und Teile einer schwarzen Lederjacke erkennen. Das daneben musste seine Frau sein. Eine vogelnestartige Kreation von einem lila Hütchen balancierte auf einem kunstvoll hochgesteckten, blonden Haarthron. Der um die Schultern gelegte grellgrüne Blouson mochte zwar modisch der letzte Schrei sein, aber Justus fand die Kombination farblich äußerst gewagt.

»13000 Dollar! 13000?« Justus richtete seinen Blick auf den Auktionator. Er hielt einen Telefonhörer ans Ohr gepresst und schüttelte ungläubig den Kopf. Ein paar Haare klebten ihm schweißnass auf der glänzenden Stirn.

Sofort hob sich Seamans Arm.

»14000 Dollar?«

Der Auktionator sah hinüber zu dem Bild, das auf einer Staffelei stand, und wieder zurück zu Seaman. Der Sportler nickte.

»14000 Dollar von Mr Seaman geboten.« Ein Flüstern nur. So als traute sich der Auktionator nicht, die Summe zu nennen.

Justus runzelte die Stirn. Das Bild war ausgesprochen scheußlich. Es war recht groß und zeigte eine Szene aus einem altägyptischen Totengericht. Der Erste Detektiv erkannte Osiris, den Gott der Toten, und seine Gattin Isis sowie den schakalköpfigen Gott der Totenriten, Anubis, der die Schicksalswaage bediente und damit das Urteil über den Verstorbenen sprach. Ähnliche und vor allem bessere Darstellungen hatte er schon in vielen Büchern gesehen. Und schönere. Denn abgesehen davon, dass die Ausführung der Figuren sehr laienhaft wirkte, war dieses Bild in Airbrush-Technik angefertigt! Justus war es völlig schleierhaft, wer sich so etwas wohin auch immer hängen würde. Und auch wenn er kein ausgewiesener Kunstexperte war, wusste er: Dieses Bild war nie und nimmer 14.000 oder mehr Dollar wert.

»16000 Dollar!«, hauchte der Auktionator in den Hörer. »16000«, wiederholte er dann genauso leise ins Mikrofon.

Mrs Seaman tippte ihrem Mann auffordernd auf die Schulter, aber das hätte sie gar nicht gemusst. Mit einer fast ärgerlichen Bewegung signalisierte Seaman sein nächstes Gebot.

»17000 Dollar, 17000.«

»Die sind komplett verrückt.« Ein Justus unbekannter Mann, der neben ihm stand, verzog verächtlich den Mund. »Auf 150 Dollar war das Bild angesetzt.« Er sah Justus an und tippte sich an die Schläfe. »150 Dollar!«

»19000 … Dollar.« Der Auktionator wischte sich den Schweiß von der Stirn. Fast flehentlich sah er zu Seaman.

Aber der hatte den Arm schon oben.

»20000?«

Seamans Finger nagelte den Preis fest.

»20000 Dollar.« Der Auktionator griff wieder zum Hörer, lauschte und – stutzte. »Hallo?« Er drückte den Hörer fester ans Ohr. »Hallo?« Verwirrt sah er sich um.

»Was ist jetzt?«

Justus hörte zum ersten Mal Seamans Stimme. Ein tiefer, befehlsgewohnter Bass.

»Ja, also …« Der Auktionator wirkte verwirrt. Offenbar war niemand mehr in der Leitung. »Da stimmt irgendetwas mit dem Telefon nicht.«

»Und?«, fragte Seaman ungeduldig. »Das ist doch nicht mein Problem. Ich habe ein Gebot abgegeben. Soll ich bis morgen warten?«

Unruhe kam im Saal auf.

»Nein, natürlich nicht, Mr Seaman, aber ich muss erst sichergehen, dass … Eric!«, rief der Auktionator nach hinten. »Weißt du, was da los ist? Die Leitung ist tot.«

»Keine Ahnung«, ertönte eine Stimme aus dem Hintergrund. »Vielleicht spinnt die neue Anlage wieder. Wäre ja nicht das erste Mal.«

»Kannst du mal nachsehen?«, fragte der Auktionator unsicher.

»Klar, ich geh mal runter.«

Seaman stand auf. »Hören Sie!«, rief er wütend und fuchtelte mit seinem Zeigefinger in die Richtung des Auktionators. »So läuft das nicht. Ich werde sicher nicht warten, bis Sie Ihre Kabel sortiert haben.«

»Mr Seaman, aber ich kann –«

»Holen Sie mir Ihren Boss!«

In dem Moment schlängelte sich ein älterer Mann durch die Zuschauer und hielt auf Seaman zu. Er hatte volles, weißes Haar und war auffällig gut gekleidet.

»Mr Seaman. Mein Name ist James Settler.« Er streckte Seaman die Hand hin und bedeutete dann seinem Auktionator mit einer eindeutigen Geste fortzufahren. »Natürlich haben Sie recht. Sie dürfen selbstverständlich nicht der Leidtragende unserer technischen Probleme sein. Mr Jinks, worauf warten Sie?«

»Äh, ja, natürlich, also«, der Auktionator lächelte hilflos, »20000 Dollar zum Ersten …«, immer noch hielt er sich den Hörer ans Ohr, »zum Zweiten …«, er schürzte die Lippen und verkündete: »Und 20000 Dollar zum Dritten.« Ein kleiner Hammer sauste aufs Pult. »Verkauft an Mr Seaman.«