cover.jpg

img1.jpg

 

Nr. 327

 

Die vier Unheimlichen

 

Riesenrobot OLD MAN schlägt zurück – und die Irrfahrt der CREST beginnt

 

von K. H. SCHEER

 

img2.jpg

 

Nach der erfolgreichen Aktion in Magellan ist für Perry Rhodan und seine Terraner eine neue Gefahr entstanden. Ein Gegner, der mit unheimlichen Machtmitteln ausgerüstet ist, tritt auf den Plan: Tro Khon, Zeitpolizist und Schwingungswächter!

Am 22. 12. 2435 irdischer Zeitrechnung wird Tro Khon durch einen Hyperalarm aus seinem lebenserhaltenden Tiefschlaf geweckt. Er aktiviert seinen Dolan, ein künstliches Lebewesen, das ihm als Raumschiff dient, und begibt sich in den Einsatz.

Tro Khons Auftrag ist klar umrissen. Er soll die terranischen »Zeitverbrecher« stellen und zur Verantwortung ziehen. Doch schon nach dem ersten Gefecht muß der Zeitpolizist erkennen, daß die Terraner stärker sind, als er ursprünglich erwartete.

Am 4. 1. 2436 nimmt Tro Khon den Kampf erneut auf. Mit seinem Dolan stößt er gegen OLD MAN vor und bringt binnen kurzem den Riesenroboter unter seine Befehlsgewalt – und damit ist etwas eingetreten, was den verantwortlichen Führungskräften des Solaren Imperiums Anlaß zu größter Besorgnis gibt. Denn nun steht zu befürchten, daß der Zeitpolizist die Machtmittel OLD MANs gegen die Menschheit einsetzt.

Wie rigoros und gnadenlos die Schwingungswächter gegen sogenannte »Zeitverbrecher« vorzugehen pflegen, ist bereits bekannt – und es wird befürchtet, daß der Menschheit ein ähnliches Schicksal droht wie den Gurrads von Magellan.

Am 12. 1. 2436, nachdem der Riesenrobot OLD MAN, mit sechs Schwingungswächtern an Bord, Fahrt in Richtung Milchstraße aufgenommen hat, kommt es zur entscheidenden Auseinandersetzung! Die Solare Flotte schlägt zu – und für die Männer der CREST beginnt die Irrfahrt und die Invasion der VIER UNHEIMLICHEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Großadministrator entschließt sich zum Angriff auf OLD MAN.

Atlan, Roi Danton, Melbar Kasom und Oro Masut – Ein Transmittersprung führt sie ins Ungewisse und Unbegreifliche.

Oberst Merlin Akran – Kommandant der CREST IV.

Leutnant George Terminow – Diensthabender Offizier in der Transmitterstation der CREST.

Gucky – Der Mausbiber spricht mit einem Unsichtbaren.

Icho Tolot – Wissenschaftler von Halut und Kampfgefährte der Terraner.

1.

 

Leutnant George Terminow war Wachoffizier in der Transmitterhalle des Solaren Flottenflaggschiffes CREST IV.

Sein Dienst hatte vor zwei Stunden begonnen. Nach weiteren zwei Stunden würde er enden, vorausgesetzt, es kam niemand auf die Idee, die bedingte Gefechtsbereitschaft zu einem Gefechtsalarm auszudehnen. In diesem Falle hätte Terminow auf seinem Posten verweilen müssen.

Terminow dachte an den aufreibenden Dienstbetrieb der letzten Wochen und an die gemütlich eingerichtete Offiziersmesse VII, in der man normalerweise in aller Ruhe die anspruchslose Schiffskost einnehmen konnte. Terminow hatte diese Messe in den letzten dreißig Tagen Bordzeit nur zweimal gesehen. Die ständige Gefechtsbereitschaft des Flaggschiffes hatte die Lebensgewohnheiten der Besatzung bis an die Grenzen des Erträglichen unterbrochen.

Terminow vernahm das Geräusch eines Prallfeldprojektors. Ohne sich umzusehen, wußte er, daß der robotgesteuerte Küchenwagen schon wieder unterwegs war, um erschöpften und schlafbedürftigen Männern die Speisen auf die Stationen zu bringen.

Sergeant Saragol, der diensthabende Techniker am Kontrollpult der Frequenzsynchronisatoren drei und vier, schaltete den transparenten Energieschirm ab und öffnete mit der Hand das kleine Klappfenster im Terkonitstahl seines Gefechtsstandes.

Terminow schaute mit einem Gefühl der Neugierde zu Saragol hinüber. Der Sergeant bemühte sich, seinen Kopf durch die Öffnung zu zwängen. Er hatte es schon oft versucht.

Terminow, ein kahlköpfiger Zweimeter-Riese, dreiundzwanzig Jahre alt, Karatemeister in der Klasse normalhumanoider Lebewesen im Bereich der Heimatflotte, zwang sich zu einem gequält wirkenden Lächeln.

»Sarag – vor vier Wochen habe ich über Ihre Halswirbelverrenkungen noch gelacht. Jetzt gehen Sie mir auf die Nerven. Machen Sie um Himmels willen das Luk zu, entfernen Sie Ihr Gesicht aus meinem Blickbereich und kümmern Sie sich um Ihre dienstlichen Obliegenheiten.«

Leutnant Terminow erhob dozierend den Zeigefinger und schüttelte gleichzeitig den Kopf.

»Zwecklos, Sarag. Ich werde Sie auf keinen Fall kurzfristig beurlauben, nur damit Sie sich irgendwo den Magen vollschlagen können. Das Luk zu!«

»Aber der Geschmacktöter ist schon wieder unterwegs, Sir«, vernahm der Diensthabende die klagend hervorgebrachte Antwort seines Untergebenen. Terminow seufzte. Er lehnte sich in seinem Kontrollsessel zurück, drückte die Stiefelsohle gegen die Metallkante des Schaltpultes und schwenkte somit den Sitz um hundertachtzig Grad herum.

Antony Saragols lange Nase ragte noch immer aus dem Klappfenster hervor. Terminow kannte die leiblichen Nöte des dürren Mannes, dem man nachsagte, er könne ungeheure Portionen verschlingen.

Saragol bemühte sich, seinem Faltengesicht einen Zug von Demut und innerer Verzweiflung zu verleihen.

»Ich habe Sie eigentlich nie für einen Unmenschen gehalten, Sir«, gestand er und schlug die Augen nieder. Terminow entging es trotzdem nicht, daß er scharf gemustert wurde.

»Sie lauern auf meine Reaktionen, daß ich mich frage, welcher Fehlbeurteilung Ihrer angeborenen Fähigkeiten Sie Ihren Posten zu verdanken haben.«

»Ich melde mich zur USO, Sir«, grollte der Sergeant. »Wissen Sie, wie erstklassige Männer dort verpflegt werden?«

»Erstklassige!« betonte Terminow. »Sie sollten sich wirklich mit Ihren Kontrollen beschäftigen. Der Küchenroboter wird auch zu Ihnen kommen. Allerdings –«, Terminow wiegte den Kopf, – »allerdings können Sie dieser unbestechlichen Maschine auf keinen Fall die dreifache Ration abschwatzen.«

»Sie kennen mein Leid«, erklärte Saragol düster. »Sir, Sie sind so groß und stark, und ich bin so klein und schwächlich, daß Sie ...«

Aufleuchtende Kontrollampen und das Schrillen der Manöverglocken hinderten Antony Saragol an der Vollendung seiner Ausführungen. Mit einer gemurmelten Verwünschung zog er seinen Kopf aus dem Luk zurück, schloß es und schaltete wieder den Energieschirm ein, der seinen Gefechtsstand vor den gefährlichen Sekundäreinflüssen eines arbeitenden Transmitters schützte.

George Terminow drehte seinen Kontrollsessel erneut herum. Vor ihm rundete sich das Hauptschaltpult, von dem aus er die Transmitteranlage des Flaggschiffes schalttechnisch beherrschen konnte.

Der rechteckige Bildschirm direkt vor seinem Gesicht leuchtete auf. Das Brustbild eines dunkelhäutigen Afroterraners erschien.

»Zentrale, Wachhabender«, erklärte Oberstleutnant Ishe Moghu, der Erste Kosmonautische Offizier des Ultraschlachtschiffes.

»Wer hat in der Transmitterhalle die Verantwortung?«

Terminow meldete sich mit Rang und Namen.

»Ah, Sie sind es, Terminow. Wir empfangen Kodesignal 1311 vom Flaggschiff USO. Der Lordadmiral kommt an Bord. Sorgen Sie für eine exakte Ausjustierung Ihrer T-Empfänger. Rechnen Sie mit einer Rematerialisierungsmasse von insgesamt vier Personen. Der Ertruser Melbar Kasom kommt mit. Alles klar?«

»Station klar, Sir. Besondere Anweisungen? Ehrenformation, Eskorte?«

»Nichts dergleichen«, winkte der I. O. ab. »Das fehlte noch. Atlan würde Sie sehr verwundert ansehen und dabei an unsere Situation denken. Begrüßen Sie ihn leger aber respektvoll. Noch etwas ...!«

Ishe Moghu unterbrach sich, wendete den Kopf und sah anscheinend in die riesige Zentrale des Ultraschlachtschiffes hinein.

»Der Chef öffnet soeben den Schnellverbindungsschacht. Ich nehme an, er wird den Arkoniden gleich nach der Ankunft begrüßen wollen. Hier einige Daten, die Sie eigentlich nichts angehen ...!«

»Danke, Sir«, unterbrach Terminow trocken.

Moghu lächelte flüchtig. Dann wurde sein Gesicht wieder ernst.

»Die zwölfte Besprechung verläuft ebenso unfruchtbar und nervenzermürbend wie alle anderen zuvor. Sämtliche Größen des Imperiums aus Wissenschaft, Technik und Flottenführung sind an Bord. Falls sich Perry Rhodan etwas seltsam verhalten sollte, sehen Sie darüber hinweg. Jedermann außer ihm weiß, daß er am Ende seiner Nervenkraft angelangt ist. Richten Sie sich danach – und machen Sie vor allem keine Fehler. Ende.«

Terminows »In Ordnung, Sir«, verhallte ungehört. Moghu hatte schon wieder abgeschaltet.

George zog das Mikrophon seiner Stationsverbindung vor die Lippen und rief die verantwortlichen Techniker der Transmitterhalle an.

»... das gilt vor allem für Sie, Sergeant Saragol. Wenn Sie sich einfallen lassen, den Chef mit bekümmerter Miene auf die schlechte Verpflegung hinzuweisen, zeige ich Ihnen höchstpersönlich den neuen Batron-Griff aus der hohen Schule der historischen und dennoch sehr modernen Karatekünste. Haben wir uns ganz klar verstanden?«

Saragol antwortete nicht. Er hatte verstanden!

Schweigend, in sich gekehrt, beobachtete er die ausschlagenden Meßzeiger seiner Synchronisatoren. Die IMPERATOR III, das Flaggschiff der USO, suchte Kontakt. Die routinemäßigen Ausführungsmeldungen wurden von Terminow diesmal gewissenhafter überprüft als sonst. Vor drei Tagen war es durch eine Abweichung im Entzerrungstaster des großen Materialtransmitters zu einem folgenschweren Unfall gekommen, bei dem hundert Schweine ihr Leben eingebüßt hatten. Hundert Stück Schlachtvieh, von der USO spendiert und über dreißigtausend Lichtjahre hinweg transportiert, ehe sie überhaupt in der Großen Magellanschen Wolke angekommen waren, hatte den fünftausend Mann der CREST IV schon Tage zuvor das Wasser im Mund zusammenlaufen lassen.

Dann aber war der Gaumengenuß durch einen technischen Versager im Hauptentzerrer auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Wenn Terminow daran dachte, lief ihm jetzt noch die Galle über.

Männern wie Lordadmiral Atlan und dem ertrusischen USO-Spezialisten Melbar Kasom durfte ähnliches auf keinen Fall passieren. Also überprüfte Terminow mit seinem Spezialrechner nochmals alle Daten, die von den einzelnen Stationen hereinkamen.

Auch vor seinem Kommandostand baute sich nun der Abwehrschirm auf. Er hing wie eine durchsichtige Halbkugel vor dem Pult und schirmte es gegen die beiden leichten Transmitter ab, die in dem von hier aus überblickbaren Teil der Halle standen.

Die Feldlinien zuckten an den Leitern empor. Sie verdichteten sich zu einem fauchenden Energiestrom von tiefroter Farbe. Über den Polsäulen berührten sich die beiden Ströme und bildeten somit den bekannten Spitzbogen moderner Transmitter. Zwischen ihnen entstand das schwarzblaue, grenzenlos wirkende 5-D-Feld, in dem der entstofflichte Hyperimpuls ankommen und anschließend rematerialisieren mußte.

Terminow trat plötzlich der Schweiß auf die Stirn. Unbegründeterweise dachte er wieder an die hundert Schweine, deren schreckliches Ende in der Bordzeitung der CREST gebührend gewürdigt worden war.

Die IMPERATOR III sendete noch immer nicht. Terminow zwang sich zur Ruhe.

Weit hinter ihm öffneten sich die vorschriftsmäßig geschlossenen Strahlschutzschleusen. Ein hochgewachsener, hagerer Mann in einfacher Borduniform trat ein. Das allgegenwärtige Robotsteuerelement der Transmittersektion gab einen Impuls an die vier Kampfmaschinen, die reglos rechts und links der Panzerschleuse standen. Die vier Giganten nahmen im gleichen Sekundenbruchteil die Individualschwingungen des eintretenden Mannes auf und identifizierten ihn als Chef des Solaren Imperiums, Großadministrator Perry Rhodan.

Die Armstummel mit den eingebauten Energiewaffen zuckten salutierend nach oben. Metallische Sohlen knallten auf den Boden.

Rhodan verzog das Gesicht und warf einen unwilligen Blick auf die Maschinen. Die Salutordnung schrieb eigentlich den sofortigen Aufmarsch von einundzwanzig Robotern vor. Diese friedensmäßige Vorschrift war jedoch schon vor Wochen aufgehoben worden.

Perry blieb stehen, sah sich die fast drei Meter hohen Giganten an und tippte entsagungsvoll an seine etwas zerbeulte Schirmmütze.

Rhodan wartete, bis die Maschinen seinen Gruß registriert und wieder ihre normale Wachstellung eingenommen hatten. Langsam, die Hände auf dem Rücken verschränkt, schritt er an den einzelnen Schaltkabinen vorbei, nickte flüchtig zu den grüßenden Männern hinüber und blieb im Eingang zur Transmitterhalle stehen.

Sein schmales Gesicht war unbewegt. Nur die grauen Augen zeigten Leben. Sie schienen mit einem Blick alles zu erfassen, was überhaupt bemerkenswert war.

Terminow hob lediglich grüßend die Hand. Er drehte sich nicht um. Seine Aufmerksamkeit galt den Kontrollen.

»Darf man noch näherkommen?« vernahm er die Stimme des fast legendären Mannes, der am 8. Juni 2436 seinen fünfhundertsten Geburtstag erleben würde. Bis dahin mußte aber noch ein halbes Jahr vergehen. An Bord der CREST IV schrieb man erst den 12. Januar.

»Das Feld steht, aber die Gefahrenlinie ist noch dunkel. Wenn Sie nähertreten möchten, Sir – hier gibt es einen zweiten Sessel.«

Terminow vernahm die Schritte des Großadministrators. Rhodan verlor kein Wort über die überflüssige Empfangszeremonie.

Er drehte den Sitz herum, setzte sich und lehnte sich zurück. Als er die Mütze abnahm, fiel ihm eine Strähne seines dunkelblonden Haares in die Stirn. Rhodan wirkte müde und abgespannt; aber welcher Mann auf der CREST war nicht ebenfalls müde!

Rhodan stellte fest, daß die Empfangsjustierung stand. Es gab nichts zu bemängeln.

»Die jungen Terraner verstehen ihr Fach, nicht wahr?« sprach er Terminow an.

Der Leutnant wandte kurz den Kopf. War das spöttisch, aufrichtig oder nur ganz gedankenlos gemeint gewesen? Man kannte und fürchtete den trockenen, oftmals sarkastischen Humor des Großadministrators.

Rhodan blickte ihn sinnend an. Er schien schon vergessen zu haben, was er soeben gesagt hatte. Terminow entschloß sich, die Bemerkung zu ignorieren. Er fühlte, daß dieser Mann, auf dessen Schultern die Verantwortung für viele Milliarden Menschen und ein riesiges Sternenimperium lastete, ganz unbewußt eine Höflichkeitsfloskel gebraucht hatte.

Rhodan massierte mit beiden Händen die Muskulatur seiner Oberschenkel. Offenbar hatte er sehr lange gestanden. Terminow kam ein Gedanke.

»Sir, wenn ich meine Knochen kaum noch spüre, lege ich die Beine hoch. Die Einfassungsleiste eignet sich vorzüglich als Haltepunkt.«

Rhodan runzelte überrascht die Stirn. Sein Blick schweifte zwischen dem jungen Offizier und der Leiste hin und her. Plötzlich verzogen sich seine Lippen zu einem winzigen Lächeln, von dem man nie wußte, ob es Ironie, Duldsamkeit, oder eine Bedrohung ausdrücken sollte.

»Schön, sehr schön, Leutnant – äh ...!«

»Terminow, Sir, George Terminow. Wie alle Leutnants in meinem Alter Mädchen für alles. Man nennt den ständigen Wechsel in der Manöver- und Gefechtsrolle ›Erfahrungsprogramm‹. Zur Zeit plage ich mich damit ab, die Funktionen eines Transmitters zu begreifen.«

»Eine wichtige Aufgabe! Ich hoffe, Sie sind nicht für den Tod der armen Borstentiere verantwortlich.«

»Dann hätte ich mich längst vor Verzweiflung ins Vakuum gestürzt, Sir.«

Rhodan konnte plötzlich lachen. Sein Gesicht entspannte sich. In den so abweisend blickenden Augen glomm der Funke des Humors auf. Er verlor sich rasch wieder.

»Dann besteht ja die Hoffnung, daß Sie Atlan und seinen ertrusischen Schwergewichtler heil an Bord bringen. Wie war doch Ihr Name?«

George sagte ihn nochmals. Perry Rhodan nickte sinnend. Als er den Blick des jungen Mannes auf sich ruhen fühlte und den Schimmer der Verehrung und Achtung in den dunklen Augen erkannte, wurde der Großadministrator plötzlich nervös.

Sofort begann er mit der peinlich genauen Selbstdiagnose, der er sich neuerdings in stärkerem Maße zu unterwerfen pflegte.

Womit und wodurch hatte er diese bedingungslose Hingabe seiner Männer zu ihm, dem legendären Mann, der nur durch seinen Zellaktivator am Leben erhalten wurde, in diesem Umfang verdient? Wieso kam es, daß selbst die Fähigsten unter ihnen über seine Schwächen und Fehler hinwegsahen?

War es das Fluidum vergangener Taten und Erfolge? War es das Bewußtsein in jedem Menschen, daß die Erde wahrscheinlich seit Jahrhunderten eine radioaktive Wüste ohne Leben wäre, wenn er nicht so gehandelt hätte, wie es ihm sein Gewissen, seine Selbstachtung und seine Liebe zur Menschheit vorgeschrieben hatten?

Nein, daran allein konnte es nicht liegen. Der fast Fünfhundertjährige, der infolge des frühen biologischen Alterungsstopps aussah wie ein Achtunddreißigjähriger, versuchte vergeblich, Rechenschaft vor sich selbst abzulegen und des Rätsels Lösung zu finden.

Mit einem Hüsteln zog er die Beine an und legte die Füße auf die Leiste.

»Terminow, das war der beste Rat, den ich seit Wochen erhalten habe. Vielen Dank. Ich erinnere mich übrigens an Ihre sportlichen Leistungen. Verzeihen Sie, wenn ich nicht sofort daraufkam.«

George drückte auf den Schalter des Feinjustierers. Eine Überlappungszacke war ausgewandert. Seine Stimme klang sehr ruhig.

»Sir, ich glaube, Sie haben jetzt andere Dinge im Kopf, als sich ausgerechnet an meine Laufbahn als Sportler zu erinnern.«

Da war es schon wieder – dieses sofortige Verzeihen; der augenblicklich in Wort und Tat erkennbar werdende Beweis, daß man einem Perry Rhodan einfach nicht grollen konnte.

»Das verhätschelte große Kind der Flotte!« hatte seine Gattin Mory einmal treffend gesagt.

Perry hüstelte erneut und warf einen unsicheren Blick auf die kräftigen und doch so feinfühligen Hände des jungen Offiziers, von dem das Wohlergehen fünftausend anderer Männer ebenso abhängen konnte wie von einem Flaggoffizier mit höchstem Rang.

Rhodan zwang sich, die Kontrollen zu beobachten. Das lenkte ihn ab. Fast gegen seinen Willen drängte sich eine inhaltsschwere Frage auf seine Lippen:

»Terminow, was würden Sie tun, wenn Sie nach der zwölften Generalbesprechung mit den klügsten Männern der Menschheit und den aufrichtigsten Freunden aus anderen Völkern noch immer nicht ersehen könnten, welche Maßnahme für das Wohlergehen aller die einzig richtige wäre?«

George überlegte nur kurz. Eine grüne Kontrollampe zeigte an, daß man auf der IMPERATOR den Sendetransmitter einschaltete.

»Wenn ich Perry Rhodan wäre, Sir, würde ich tun, was mir mein Instinkt und meine Erfahrung rieten. Ich würde mir alles anhören, mein Wissen um alle Dinge der Vergangenheit in die Waagschale werfen und handeln, ohne noch lange zu fragen.«

»Damit haben Sie mir aber nicht geholfen, junger Freund.«

Terminow schaute seinen höchsten Vorgesetzten fest an.

»Das weiß ich, Sir. Ich, George Terminow, müßte unter allen Umständen die Ratschläge großer und berühmter Männer befolgen, denn mir fehlt alles, was Sie auszeichnet. Deshalb kann ich nur sagen, was ich bereits ausgesprochen habe. Ich ... entschuldigen Sie, die IMPERATOR strahlt ab.«

Die Torbogensäulen aus reiner Energie begannen zu flammen. Weit im Hintergrund dröhnten Hochleistungsreaktoren und Umformerbänke. Der zur Rematerialisierung erforderliche Kraftaufwand war nicht weniger klein als die Energieentwicklung für den Abstrahlungsprozeß.