Kosmos
Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin
Umschlaggestaltung von eStudio Calamar, Girona, auf der Grundlage
der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)
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© 2011, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan
Based on characters by Robert Arthur.
ISBN 978-3-440-13267-8
Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Die drei ??? bahnten sich ihren Weg durch die Menschenmenge. Justus wie ein Flaggschiff voraus, Peter und Bob in seinem Kielwasser hinterher.
»Mann! Von dem Typen mit dem Löwengebiss und den Spitzohren träume ich sicher heute Nacht.« Peter schnitt eine furchterregende Grimasse.
»Ich fand den Krötenkerl am widerlichsten«, sagte Bob. »Möchte gar nicht wissen, was der sich da immer in seinen Schlund gestopft hat.«
»Das waren doch alles nur Artefakte aus Science-Fiction-Filmen«, wandte Justus ein. »Aber der Film über das Roswell-Alien hat mir wirklich einen Schauer über den Rücken gejagt.«
Bob nickte. »Weil man bis heute nicht sicher weiß, was an der Sache dran ist.«
»Genau. Keiner kann mit letzter Sicherheit sagen, was sich im Juni 1947 in New Mexico ereignet hat. Das ist nach wie vor ein Mysterium.«
Peter sah Justus verschmitzt von der Seite an. »Wobei es für mich ja schon längst klar ist, dass Außerirdische unter uns leben.«
»Tatsächlich?«
»Klar doch. Man erkennt sie daran, dass sie Wörter wie Arsefakt oder Misterion benutzen.« Der Zweite Detektiv tippte sich an die Schläfe. »Muss ich zu Hause unbedingt in meinem Wörterbuch nachschlagen.«
Bob lachte.
»Dann merke dir bitte richtigerweise Artefakt und Mysterium«, korrigierte Justus. »Aber für mich ist ja schon längst klar, dass deine latente Xenoglossophobie des Öfteren zu einer galoppierenden Pseudolalie führt. Daran wird auch dein neues Wörterbuch nichts ändern, wie ich befürchte.«
Peter stutzte kurz, nickte dann einsichtig und klopfte Justus beruhigend auf die Schulter. »Ich weiß, ich weiß, du kannst nicht anders. Und ich verspreche dir, dass ich dich nicht an den meistbietenden Wissenschaftler verscherbeln werde. Du bist mein Freund, Justus vom Planeten Superhirnus.«
Lachend steuerten die drei Detektive auf den Ausgang zu.
Die Abteilung für amerikanische Geschichte im Natural History Museum in Los Angeles war für die nächsten sechs Wochen Ort einer mit Spannung erwarteten Ausstellung des SETI-Instituts aus Mountain View. Zahllose Bilder, Filme, Texte und Gegenstände kreisten alle um ein Thema: Außerirdisches Leben.
Die drei ??? wollten sich diese einmalige Gelegenheit natür-lich nicht entgehen lassen und waren bereits am zweiten Tag der Ausstellung ins NHM gefahren. Und obwohl der Andrang enorm war, hatten sich die Jungen über vier Stunden von Alien-Nachbildungen erschrecken lassen, hatten verwackelte Amateurfilme angesehen und geheimnisvollen Radio-Signalen gelauscht, gruselige Originaldokumente hinter Glas betrachtet und durch zahlreiche Bücher geblättert. Aber einen echten, unwiderlegbaren Beweis für außerirdisches Leben hatte auch diese Ausstellung nicht vorzuweisen. Die Wahrscheinlichkeit jedoch, dass es extraterrestrische Lebensformen geben könnte, war nicht ganz von der Hand zu weisen. Das sah inzwischen sogar Justus so, der normalerweise allem Unerklärlichen sehr skeptisch gegenüberstand. Doch für diese Ausstellung gab es einen besonderen Grund.
»So, Kollegen, jetzt gilt es.« Der Erste Detektiv zeigte auf die große Lostrommel, die am Ausgang der Abteilung aufgebaut war. Ein Museumsangestellter saß an einem Tisch daneben.
»Ich ziehe als Erster, okay?«, fragte Peter. Justus und Bob nickten. Die drei stellten sich vor die Lostrommel und der Museumsangestellte, auf dessen Namensschild ›Brian‹ stand, nahm die Abdeckung von der durchsichtigen Loskugel.
»Viel Glück!« Brian lächelte Peter zu.
Der Zweite Detektiv griff in die Trommel und fischte ein Loskärtchen heraus. Hastig riss er den Falz ab, öffnete das Papier und entfaltete es.
»Eine Niete.« Peters Mundwinkel sanken herab.
»Tut mir leid.« Brian zuckte die Schultern.
»Und der Andrang für den Vortrag ist wirklich so groß, dass Sie die Eintrittskarten verlosen müssen?«, fragte Justus, während Bob in der Lostrommel wühlte.
»Jeder will zu Abakulow«, erklärte Brian. »Was nach seiner Ankündigung ja kein Wunder ist.«
Justus nickte. Natürlich. Seit Vladas Abakulow, der umstrittene litauische Alien-Forscher, verkündet hatte, dass er den Beweis für außerirdisches Leben auf der Erde habe, stand die Öffentlichkeit kopf. Und am übernächsten Sonntagabend, am 22. Oktober, wie sich Justus schon vor Wochen rot in seinem Kalender angestrichen hatte, wollte Abakulow seinen Beweis hier im NHM der Welt präsentieren. Der Run auf die Karten für den Vortrag war so groß gewesen, dass sich das NHM gezwungen gesehen hatte, die Karten zu verlosen.
Bob zog ebenfalls eine Niete. LEIDER NEIN, stand auf dem Kärtchen.
Jetzt konnte nur noch Justus auf sein Glück hoffen.
»Wie stehen denn die Chancen?«, fragte der Erste Detektiv.
»Etwa eins zu fünfhundert«, antwortete Brian. »Unser großer Saal fasst tausend Menschen und wir rechnen mit einer halben Million Besuchern in den nächsten zehn Tagen. Wenn es mehr werden, hat der Rest eben Pech gehabt.«
»Eins zu fünfhundert!« Justus zog die Augenbrauen hoch. Dann griff er in die Lostrommel. Er arbeitete sich bis zum Boden durch und holte ein Kärtchen heraus. Im letzten Moment ließ er es aber noch einmal fallen und nahm eines, das ganz obenauf lag. Langsam löste er den Falz ab, entfaltete das Papier und sah zunächst mit geschlossenen Augen drauf. Dann öffnete er die Augen.
Schweigend starrte er auf die Karte.
»Was ist? Mach es nicht so spannend!«, sagte Bob ungeduldig.
»Hast du eine?« Peter drängte sich neben seinen Freund.
Justus hielt die Karte hoch und strahlte. »Dritte Reihe, Platz dreiundzwanzig!«
Als sie vor dem Museum ins Freie traten, blickte Peter skeptisch in den Himmel. Dicke, graue Wolken schoben sich vom Pazifik her ins Landesinnere. »Die haben den Regen doch erst für heute Nacht angesagt. Wir hätten besser mit dem Auto fahren sollen.«
»Sieht tatsächlich so aus, als würde das gleich losgehen«, stimmte ihm Bob zu. »Und wenn man dem Wetterbericht glauben kann, wird es die nächsten Tage schütten wie aus Eimern. Da habe ich ja gar keine Lust drauf.«
»Und ich erst«, knurrte Peter. »Ich wollte eigentlich mein neues Surfbrett einweihen, das ich zum Geburtstag bekommen habe.«
»Ach, ein bisschen Regen. Das ist doch auch mal schön«, sagte Justus leichthin und lief lächelnd auf die Bushaltestelle zu.
Peter sah ihm stirnrunzelnd hinterher. »Gleich wachsen ihm Flügel.«
Die drei Jungen waren bis Venice Beach mit den Rädern gefahren und von da aus mit dem Bus in die Stadt. Auf der Fahrt zum Strand hielt das Wetter noch, aber als sie aus dem Bus stiegen, fielen die ersten Tropfen vom Himmel.
»Na super! Das nenn ich Timing.« Peter schlug den Kragen seiner Jacke hoch.
Bis hinter Pacific Palisades blieb es bei einigen wenigen Tropfen. Aber kurz vor Rocky Beach nahm der Wind zu und die Tropfen wurden größer. Der Regen würde nicht mehr lange auf sich warten lassen.
»Leute, lasst uns in die Pedale treten!«, rief Peter. »Ich habe keine Lust, bis auf die Haut nass zu werden. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es vielleicht, noch einigermaßen trocken anzukommen.«
»In Ordnung.« Bob hob sich aus dem Sattel und beschleunigte.
Auch Justus hatte nichts dagegen einzuwenden, obwohl er ansonsten jede Art von körperlicher Anstrengung vermied. Doch heute konnte nichts seine Stimmung trüben.
Kurz vor dem Schrottplatz begann es richtig zu regnen. Die Straßen wurden schmierig und die Sicht zunehmend schlechter, da die schwarzen Wolken das Licht schluckten. Justus und Bob gaben den Kampf auf und achteten lieber darauf, nicht auch noch zu stürzen. Peter hingegen wollte den Wettlauf gegen die Nässe unbedingt gewinnen. Das Wasser spritzte zu beiden Seiten seiner Reifen, während er auf die letzte Kurve zujagte.
»Zweiter, pass auf!«, brüllte Justus gegen den Regen, aber sein Freund war schon außer Hörweite.
»Dieser Irre!« Bob schüttelte den Kopf.
Im nächsten Moment passierte es. Justus und Bob hörten einen Aufschrei, gefolgt von einem zweiten Schrei, danach ein lautes Hupen. Und dann krachte es fürchterlich.
»Peter! Nein!«
»Zweiter!«
Justus und Bob gefror das Blut in den Adern. Den Geräuschen nach zu urteilen, musste etwas Schreckliches passiert sein. Sie rasten um die Ecke, Bob knapp vor Justus.
»Hey!« Eine junge Frau stand wie aus dem Erdboden gestampft direkt vor Bob. Der dritte Detektiv konnte gerade noch rechtzeitig den Lenker herumreißen und legte eine Vollbremsung hin. Justus wich geistesgegenwärtig aus.
»Seid ihr verrückt?« Die Frau hob die Arme und schüttelte den Kopf.
Aber Justus und Bob hörten sie gar nicht. Sie starrten zu Peter. Er lag vor dem riesigen Kühlergrill eines Dodge RAM und schnaufte heftig. Die linke Seite seines Gesichts war aufgeschürft und er hielt sich den rechten Ellbogen. Sein Fahrrad lag verbeult zwischen drei Mülltonnen am Straßenrand.
»Zweiter? Alles okay?«
»Peter! Ist dir was passiert?«
»Weiß nicht«, stöhnte der Zweite Detektiv.
Der Fahrer des Dodge stieg aus, ein Mann mit Cowboyhut und Lederjacke. »Meine Güte, Junge, hast du keine Augen im Kopf?« Der Mann wirkte ebenso erschrocken wie Justus und Bob.
»Tut mir leid«, sagte Peter mit schmerzverzerrtem Gesicht.
»Hast du dich verletzt?«
»N-nein, ich glaube nicht. Es tut nur höllisch weh.«
»Du siehst aber schlimm aus.« Bob deutete auf Peters Gesicht.
»Wir bringen ihn zu einem Arzt«, entschied Justus.
»Wartet, langsam.« Peter rappelte sich vorsichtig hoch. »Ich denke, ganz so schlimm ist es nicht. Ein paar Pflaster und ich bin wieder einsatzfähig.« Er griff sich ans Knie und sah zu der Frau hinüber. »Ist Ihnen etwas passiert, Miss?«
Die junge Frau schüttelte ihren roten Lockenkopf. »Nein, aber das war knapp.«
»Entschuldigung. Das war echt blöd von mir. Ich wollte noch einigermaßen trocken zu Hause ankommen und habe einfach nicht mehr aufgepasst. Tut mir leid.«
»Mann, Peter. Mir ist fast das Herz stehen geblieben.« Bob atmete tief durch.
Der Mann meldete sich zu Wort. »Also, wenn bei euch alles klar ist, mache ich mich wieder auf den Weg. Ich hab’s eilig.«
»Wir kommen zurecht, vielen Dank.« Peter humpelte probehalber ein paar Schritte hin und her. Sein Knie hatte offensichtlich auch gehörig etwas abbekommen. »Alles halbwegs im grünen Bereich. Und noch mal Entschuldigung.«
»Pass das nächste Mal besser auf. Kein trockenes Hemd ist einen Unfall wert.« Der Mann tippte sich an die Hutkrempe, stieg in seinen Wagen und fuhr los.
Bob wandte sich zu der Frau um. »Und ich hätte Sie auch noch beinahe über den Haufen gefahren.«
»Ist schon gut. Verarztet jetzt mal lieber euren Freund.«
»Das ist eine hervorragende Idee.« Justus wollte endlich ins Trockene. »Können wir noch etwas für Sie tun?«
Die Frau zögerte. »Das kommt darauf an. Du sagtest vorhin«, sie schaute Peter an, »du wolltest schnell ins Trockene, und hast auf den Schrottplatz da gedeutet. Und du heißt Peter.«
»Ja, das ist richtig.« Der Zweite Detektiv sah sie fragend an.
»Könnte es vielleicht sein, dass ihr die drei ??? seid?«
»Das ist korrekt«, erwiderte Justus erstaunt.
»Dann könnt ihr tatsächlich etwas für mich tun. Ich wollte nämlich zu euch.«
Einige Minuten später betraten die drei Detektive und Michelle Lannigan, wie sich die junge Frau vorgestellt hatte, die Küche der Familie Jonas. Tante Mathilda und Onkel Titus waren beim Einkaufen. Justus holte den Verbandskasten und die Hausapotheke aus dem Schrank und Peter wusch sich an der Spüle den Schmutz ab.
»Du musst die Wunden unbedingt desinfizieren«, sagte Michelle. »Sonst entzündet sich das.«
»Damit geht’s.« Justus hielt ein braunes Fläschchen hoch.
»Brennt bestimmt wie der Teufel, oder?« Peter verzog das Gesicht.
»Dein Sturz war schmerzhafter.« Michelle nahm Justus das Fläschchen ab, holte sterile Tupfer aus dem Verbandskasten und ging zu Peter. »Stillhalten!«
Vorsichtig säuberte und desinfizierte sie Peters Wunden. Der Zweite Detektiv gab keinen Laut von sich, aber seinem Gesicht war anzusehen, dass es ziemlich wehtun musste.
»Das wird einige Zeit dauern, bis es verheilt ist.« Michelle deutete auf die Schürfwunden im Gesicht. »Aber Narben bleiben wohl keine zurück.«
»Der Schönheitswettbewerb war schon.« Peter lächelte verkniffen und hoffte, dass die Tortur bald vorbei war.
»Was machen dein Arm und dein Bein?«, fragte Bob.
»Noch dran. Spür ich ganz deutlich.«
»Aber gebrochen ist nichts?«
»Ich glaube nicht.« Peter bewegte den Ellbogen und das Knie.
»Scheint in Ordnung zu sein«, befand Justus. »Mit einem Bruch wäre dir das nicht möglich. Es handelt sich wahrscheinlich um eine schwere Prellung.«
»Zwei«, jammerte Peter. »Zwei schwere Prellungen.«
Michelle ließ die Arme sinken. »So, fertig. Noch ein Pflaster auf die Stirn und eines auf die Wange und dann solltest du dein Gesicht ein wenig kühlen, damit die Schwellung nicht zu stark wird.« Sie sah Justus an. »Habt ihr Kühlpads im Haus?«
»Diese mit Gel gefüllten Beutel?«
»Genau.«
Während Michelle Peter mit Pflastern versorgte, sah Justus im Eisfach des Kühlschranks nach. »Da ist eines.« Er holte einen länglichen Beutel heraus, der mit einer bläulichen, gallertartigen Masse gefüllt war.
»Prima.« Michelle nahm ihn entgegen, wickelte ihn in ein Küchentuch und legte ihn Peter auf die Wange. »Und das jetzt schön eine Weile drauflassen!«
Peter nickte. »Danke. Vielen Dank. Du scheinst das nicht zum ersten Mal zu machen.«
»Ich habe zwei jüngere Brüder, die dauernd mit aufgeschlagenen Knien oder anderen Schrammen nach Hause kamen. Ich habe tatsächlich Übung in so was.«
Justus bat Michelle, Platz zu nehmen, und Bob holte Limonade aus dem Kühlschrank. Peter legte den Kopf in den Nacken und humpelte ebenfalls an den Tisch.
»So«, begann der Erste Detektiv und sah Michelle an. »Was führt dich denn nun zu uns?«
Michelle lächelte unsicher. »Also …« Sie wich den Blicken der drei ??? aus. »Das ist alles … ungewohnt und auch ein bisschen peinlich für mich.« Sie sah auf ihre Hände. »Dass ihr mir vielleicht helfen könnt, weiß ich von Adam. Adam Campbell. Er ist ein guter Freund von mir.«
»Die Sache mit dem Schloss«, erinnerte sich Bob an einen ihrer zurückliegenden Fälle.
»Und wobei können wir dir helfen?«, ermunterte Justus Michelle.
Sie zögerte wieder. »Ich bin Bühnenbildnerin an der Opera Califia.«
»Opera Califia? Dieses private Opernhaus am östlichen Rand der Innenstadt?«, fragte Justus nach und Peter und Bob nickten. Die drei Detektive kannten das kleine Festspielhaus natürlich, auch wenn noch keiner von ihnen dort eine Aufführung besucht hatte.
»Das wurde doch vor ungefähr zehn Jahren von Jason McDourmit, diesem reichen Verleger, gegründet. Er hat die Oper nach der legendären Amazonenkönigin Califia benannt, einer möglichen Namenspatronin Kaliforniens.«
»Du kennst dich aber gut aus«, staunte Michelle.
»Gut auskennen ist Justus’ Geburtsfehler«, witzelte Peter, der manchmal einfach nicht begreifen konnte, was da alles im Kopf des Ersten Detektivs Platz fand.
Michelle lächelte und fuhr fort: »Jason McDourmit ist allerdings vor drei Jahren gestorben. Jetzt leitet Ronald Pounder das Haus.« Wieder hielt sie inne.
»Und dass du hier bist, hat irgendetwas mit dieser Oper zu tun?«, ermutigte sie diesmal Bob.
»Ja. Richtig.« Sie brach wieder ab, holte dann aber Luft und straffte sich, als hätte sie eine Entscheidung getroffen. Mit festem Blick sah sie von einem zum anderen. »An unserer Oper stimmt etwas nicht. Ich weiß, es hört sich reichlich abstrus an, doch – da ist irgendein … Wesen. Irgendeine Kreatur treibt sich dort herum.«
Die drei ??? sahen sie aufmerksam an. Insbesondere der Erste Detektiv war hellwach. Eine merkwürdige Kreatur? Das war genau nach seinem Geschmack.
»Was meinst du mit Kreatur?«, fragte Bob.
»So genau kann ich es gar nicht beschreiben. Ich habe es nur einmal flüchtig gesehen, gestern Abend. Auf jeden Fall waren da sehr viele Haare. Ein Fell vielleicht. Es war groß und ging gebückt.«
»Ein Hund? Ein großer Hund, der sich in die Oper verirrt hat?«, überlegte Bob.
Michelle zuckte mit den Schultern. »Ich habe das Ding im Keller gesehen. Zuerst dachte ich, irgendjemand mit einem Arm voll haariger Requisiten läuft da herum. Aber Requisiten sind das Reich von Isabella und die war zu dem Zeitpunkt hinter der Bühne. Ich habe sie gefragt.«
»Hat außer dir noch jemand diese … Kreatur gesehen?«, wollte Justus wissen.
»Nein, nur ich.«
Peter schielte unter seinem Kühlpad hervor. »Und was sagen deine Leute von der Oper dazu?«
Michelle schüttelte den Kopf. »Ich habe es niemandem erzählt. Ich kam mir so albern vor. Außerdem …« Sie machte ein Gesicht, als wollte sie sich für etwas entschuldigen. »Ihr müsst wissen, dass ich noch nicht lange an der Oper bin. Ich will nicht als die Neue dastehen, die offenbar etwas merkwürdig drauf ist.« Michelle zog eine Grimasse und Peter lachte. »Auch deswegen habe ich den Mund gehalten.«
»Verstehe«, sagte Justus.
Die junge Frau blickte die drei ??? ernst an. »Aber da war was, ganz sicher. Irgendetwas hält sich dort unten auf. Und ich könnte meiner Arbeit sehr viel beruhigter nachgehen, wenn ich wüsste, was es ist!«
Michelle stand vor der Oper und winkte ihnen zu. Die drei ??? hatten sich mit ihr für den nächsten Nachmittag verabredet. Dann wollten sie einen Blick hinter die Kulissen der Opera Califia werfen. Bobs Idee war es gewesen, dies im Rahmen eines Referats zu tun, das sie angeblich für den Musikunterricht anfertigen sollten.
Die drei ??? liefen rasch über die Straße, Peter ein wenig langsamer als sonst, da ihm sein Knie immer noch Beschwerden bereitete. Die Schmerzen waren seit gestern sogar noch schlimmer geworden und das Knie war angeschwollen, aber das behielt der Zweite Detektiv für sich. Er hatte keine Lust, seine Freizeit in irgendwelchen Arztpraxen zu verbringen.