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Nr. 657

 

Der Arkturus-Zwischenfall

 

Eine Geheimwaffe wird erprobt – und ein Ultimatum wird gestellt

 

von KURT MAHR

 

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Auf Terra und den anderen Menschheitswelten schreibt man Anfang April des Jahres 3459. Der letzte Anschlag des Gegners der Menschheit, der sich im Begriff »Anti-ES« manifestierte, wurde erfolgreich abgewehrt. Dennoch sind die Prüfungen, die der Menschheit auferlegt wurden, keineswegs zu Ende. Denn rund acht Monate nach Perry Rhodans »Gehirnodyssee« kommt es zu einer neuen, völlig unerwarteten Konfrontation aus Weltraumtiefen.

Die Laren, humanoide Intelligenzen aus einer anderen Galaxis, erscheinen im Solsystem, demonstrieren ihre überragende Macht, der die Menschheit nichts Vergleichbares entgegenzusetzen hat, verlangen ultimativ die Eingliederung der Milchstraße in das »Konzil der Sieben Galaxien« und bieten Perry Rhodan den Posten des Herrschers der Milchstraße an.

Um der Menschheit willen ist Perry Rhodan gezwungen, das Angebot der Laren anzunehmen und sich zum Ersten Hetran ernennen zu lassen. Der Terraner und seine Vertrauten gehen jedoch nur scheinbar auf die Forderungen der neuen Machthaber ein – insgeheim kämpfen sie um die Freiheit und Unabhängigkeit der Galaxis.

Dieses Doppelspiel der Terraner ist ungemein gefährlich, wie es die Vorfälle mit Lordadmiral Atlan und Alpar Goronkon, dem letzten Magier, schlagend bewiesen haben.

Nicht lange danach kommt es zu einer neuen akuten Gefahr für den Ersten Hetran. Die Gefahr beginnt mit dem ARKTURUS-ZWISCHENFALL ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Großadministrator gibt sich »bündnistreu«.

Atlan – Der Lordadmiral legt ein »heißes Ei«.

Hotrenor-Taak – Der Befehlshaber der Laren wird getäuscht.

Roctin-Par – Anführer der Rebellen gegen das Hetos der Sieben.

Pontel Lavony – Ein Lapalist, der eine neue Waffe entwickelt hat.

1.

 

Unwirkliches Halbdunkel, durchflackert vom bunten Leuchten elektronischer Anzeigen, herrschte im weiten Rund des Kommandostands. An der Konsole des Piloten saß Mentro Kosum, der hagere, hochgewachsene Emotionaut, den Blick auf die Dutzende von Indikatoren gerichtet, die vor ihm blinkten und glommen. Die mächtige SERT-Haube hatte er an ihrer Halterung beiseitegeschoben. Sie war bereit, sich im Notfall in Sekundenschnelle über seinen Schädel zu stülpen, und ermöglichte ihm dann, das gewaltige Raumschiff aus eigener Kraft zu steuern, wie kein normaler Mensch es zu steuern vermochte.

Zu beiden Seiten des Emotionauten taten jüngere Offiziere Dienst. Es war die Zeit der Nachtwache. Der Mensch pflegte seine Lebensgewohnheiten auch in den Raum hinauszutragen, wo es keine natürliche Unterscheidung von Tag und Nacht gab. An Bord der MARCO POLO jedoch herrschte der Vierundzwanzig-Stunden-Rhythmus, und während des Tagesteils, der als Nacht definiert war, ging die Aktivität an Bord des Flaggschiffs der Solaren Flotte auf ein Minimum zurück.

Im Mittelpunkt des weiten Rundraums erhob sich auf wenigen Stufen eine Art Podest, auf dem der »übergeordnete Kommandant« hinter einer Konsole seinen Sitz hatte. Unter dem übergeordneten Kommandanten verstand man im Falle einer Raumflotte zum Beispiel den Flottenkommandeur, soweit er nicht mit dem Kommandanten des Flaggschiffs, der gleichzeitig auch als Pilot fungierte, identisch war. An dieser Konsole saß in der Nacht zum 2. April 3459 allgemeiner Zeit Perry Rhodan, der Großadministrator des Solaren Imperiums, seit kurzem auf Wunsch und Befehl des HETOS DER SIEBEN auch »Erster Hetran der Milchstraße«. Neben Rhodan in einem bequemen Gliedersessel ruhte die zierliche Gestalt eines der größten Wissenschaftler, die die irdische Menschheit je hervorgebracht hatte: Mart Hung-Chuin, eines der führenden Mitglieder des Waringer-Teams. Rhodan und Hung-Chuin fügten sich nahtlos in die allgemeine Atmosphäre der Schläfrigkeit ein. Aber die Atmosphäre war trügerisch. Die Schläfrigkeit war ein Zustand, der sich innerhalb von Sekundenbruchteilen in hektische Aktivität verwandeln konnte. Denn man war hierhergekommen, um Augenzeuge eines wichtigen Ereignisses zu werden. Dass niemand wusste, was man sich unter diesem Ereignis vorzustellen hatte, erhöhte die innere Spannung der Männer im Kommandostand der MARCO POLO, die sich nach außen hin so entspannt gaben.

Die MARCO POLO stand unmittelbar über dem Glutmeer einer gelben Sonne vom GO-Typ. Sie hieß Vontrecal-Pyn und war knapp 35.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Sie lag nahe der Grenze der Eastside, und gerade in diesem Raumsektor entwickelten die verschiedenen Völker der Blues seit dem Auftauchen des Hetos der Sieben beachtliche Aktivität. Folglich hatten die Kommunikationsprozessoren des Flaggschiffs alle Hände voll mit dem Empfang und der Weiterleitung von Hyperfunksprüchen zu tun, die aus Blues-Antennen stammten und für Blues-Antennen bestimmt waren. Der Bordrechner kümmerte sich um diese Sprüche, ohne dass die Besatzung sich damit abzugeben brauchte. Wenn er eine wichtige Nachricht entdeckte, würde er sich von selbst melden. Bis dahin jedoch waren die Blues-Funksprüche für die MARCO POLO weitgehend uninteressant. Ihre Aufmerksamkeit galt einem anderen, auffälligeren Objekt, das sich auf einem langsamen Orbit um die Sonne Vontrecal-Pyn bewegte und, von dem terranischen Flaggschiff aus gesehen, auf der anderen Seite des flammenden Himmelskörpers stand.

Die MARCO POLO hatte über die glühende Rundung der Sonne hinweg eine Sonde ausgefahren, die unter anderem mit dem neuen Schattenpeiler ausgerüstet war, der es ermöglichte, die Energiehüllen der strukturvariablen Energiezellenraumschiffe des Hetos der Sieben zu orten. Denn solcherart war das Objekt auf der anderen Seite von Vontrecal-Pyn: ein Gigantenraumschiff der Laren, das im goldgelb leuchtenden Normalzustand schon zwölfhundert Meter durchmaß und sich, wie aus den Erfahrungswerten bekannt war, auf das Zehnfache seines jetzigen Durchmessers aufblähen konnte.

Die Absicht, die die Laren hierhergeführt hatte, war unbekannt. Fest schien jedoch zu stehen, dass die Anwesenheit des larischen SVE-Raumers etwas mit dem geheimen Stelldichein zu tun hatte, das einzuhalten die MARCO POLO fast fünfunddreißigtausend Lichtjahre weit gekommen war.

Mart Hung-Chuin räkelte sich in seinem Sessel.

»Von einem Wissenschaftler erwartet man, dass er seine Neugierde zu zügeln weiß«, sagte er. »Aber ich muss gestehen, dass ich in diesem Augenblick endlich wissen möchte, warum Veron Motcher uns hierherbestellt hat.«

Veron Motcher, Captain der USO, war der Mann, der über geheimnisvolle Kanäle dieses Rendezvous zustande gebracht hatte. Motcher war ein USO-Spezialist, dem es gelungen war, sich in den inneren Kreis der »Wissenschaftler« einzuschleusen, die im Newton-System ein unabhängiges Reich errichtet hatten und zum Solaren Imperium, aus dem sie stammten, Beziehungen von unterschiedlicher Freundlichkeit unterhielten. Motchers Meldung, die auf dem Umweg über Quinto-Center und die Para-Burg im irdischen Samoa-Archipel schließlich Perry Rhodan erreicht hatte, ging nicht darauf ein, was die MARCO POLO am Treffpunkt in der Nähe der Sonne Vontrecal-Pyn zu erwarten habe. Lediglich die Koordinaten des Rendezvouspunktes in Zeit und Raum waren angegeben. Und es stand fest, dass der larische SVE-Raumer etwas damit zu tun haben musste.

»Ich kann Ihnen da nicht helfen, Mart«, antwortete Rhodan gelassen. »Atlan versicherte mir, dass Veron Motcher ein überaus zuverlässiger und nüchterner Mann ist. Infolgedessen nehme ich an, dass wir hier etwas zu sehen bekommen werden, was die weite Reise lohnt.«

Da die MARCO POLO sich in demselben Maße um Vontrecal-Pyn herumschob, wie das SVE-Raumschiff sich auf seinem Orbit um die Sonne bewegte, war das Solare Flaggschiff von den Laren noch nicht bemerkt worden.

»Ich schwelge in wilden Hoffnungen«, spöttelte Hung-Chuin. »Wie wäre es ...«

Er wurde durch ein helles Summen unterbrochen. Perry Rhodan beugte sich interessiert nach vorne und gewahrte auf einem der kleinen Orterschirme einen matten, grünlichen Reflex, der sich mit beachtlicher Geschwindigkeit bewegte. Er befand sich, ebenso wie das SVE-Raumschiff, auf der anderen Seite der Sonne. Seine Bewegungsgrößen deuteten an, dass er sich geradlinig auf das larische Fahrzeug zubewegte.

Der Interkom sprach an. Die Entfernung vom Sitz des Piloten zur Konsole des übergeordneten Kommandanten war zu groß, als dass sie bequem auf akustische Weise hätte überbrückt werden können.

»Unbekannter Flugkörper nähert sich dem Laren, Sir«, hörte Rhodan den Emotionauten sagen. Die Aufregung in seiner Stimme war unverkennbar.

»Anfrage an Bordrechner«, antwortete der Großadministrator. »Kann das fremde Fahrzeug identifiziert werden?«

»Negativ, Sir«, meldete sich Mentro Kosum von neuem. »Es handelt sich um ein Objekt in Kugelform mit unüblichen Ausmaßen.«

Hung-Chuin hatte die Unterhaltung mitverfolgt.

»Ein Raumschiff der Wissenschaftler!«, vermutete er.

Perry Rhodan nickte kaum merklich.

»Abwarten!«, befahl er Mentro Kosum. »Halten Sie die Haube bereit!«

»Verstanden, Sir«, antwortete der Emotionaut und schaltete ab.

Perry Rhodan wandte sich an den Wissenschaftler.

»Mart, holen Sie aus dem Rechner die Koordinaten einer bedeutungslosen, einsamen Sonne. Irgendeinen gottverlassenen Punkt ...«

Hung-Chuin war blitzschnell aufgefahren und begann, an der Tastatur der Konsole zu arbeiten.

»Klar«, rief er, als die Anweisung ausgeführt war.

»Speichern Sie die Koordinaten in einem Block des Kommunikationsprozessors!«

Mart Hung-Chuin lächelte wissend. Er begann, Perry Rhodans Gedankengänge zu verstehen. Auf dem Orterschirm war weiterhin zu sehen, wie der schwache Reflex des unbekannten Kleinraumschiffs auf den hellleuchtenden Fleck des larischen Raumers zuraste. Es sah aus, als habe der Kleine die feste Absicht, den Großen anzugreifen. Die Komplexität der politischen Lage war zuvorderst in Perry Rhodans Bewusstsein. Wenn er mit dem kleinen Raumschiff sympathisierte, dann durfte er es nach außen hin nicht zeigen. Er bereitete sich darauf vor, dem unbekannten Fahrzeug blitzschnell die Koordinaten eines Treffpunktes anzugeben, an dem unauffällig eine Begegnung stattfinden konnte. Im entscheidenden Augenblick konnten Anweisung und Koordinaten in wenigen Millisekunden von Bordrechner zu Bordrechner überspielt werden.

Die Entfernung zwischen dem larischen Fahrzeug und dem unbekannten Kleinraumschiff schmolz dahin. Der Bordrechner meldete sich und ließ wissen, er habe über den Kommunikationsprozessor eine Serie von neuen Nachrichten empfangen, die offenbar aus den Antennen des SVE-Raumers stammte. Die Laren waren wach geworden. Sie informierten ihre übergeordnete Kommandostelle über die Annäherung eines eingeborenen Kleinfahrzeugs. Perry Rhodan konnte sich vorstellen, wie sie den Anflug des fremden Raumschiffs mehr neugierig als beunruhigt verfolgten.

Und dann, als das kleine Raumschiff noch etwa einen Mondbahnradius von dem grell leuchtenden SVE-Raumer entfernt war, riss hoch über den Laren die Wand des Universums auf.

»Senden Sie, Mart!«, befahl Perry Rhodan.

Die Serie der bestandenen Prüfungen, in der Folge eines »Spiels« zwischen ES und Anti-ES der Menschheit und insbesondere Perry Rhodan auferlegt, hatte also Resultate gezeitigt. Eine Macht ungeheuren Ausmaßes, das Konzil von sieben vereinigten Galaxien, das Hetos der Sieben, hatte begonnen, die von vielen verschiedenen Sternenvölkern bevölkerte Milchstraße in seinen Machtbereich einzubeziehen. Perry Rhodan war zum Ersten Hetran der Milchstraße ernannt worden und erhielt damit Sitz und Stimme im Konzil der Sieben.

Aber das Imperium war vorsichtig. Das Hetos der Sieben war eine Macht ohne Anteilnahme am Geschick der Menschen und der anderen Sternenvölker der Milchstraße. Sie kamen, um Entschlüsse kundzutun. Sie gaben der Milchstraße nicht die Möglichkeit, diese Entschlüsse zu diskutieren, sie für gut oder schlecht zu befinden, sie anzunehmen oder abzulehnen. Ihr Entschluss war Gesetz. Die Milchstraße hatte nur die Möglichkeit zu akzeptieren ... oder aber sich einer Bedrohung auszusetzen, deren Ausmaß sich nicht absehen ließ.

Unter diesen Voraussetzungen war der Plan »Operation Harmonie« wirksam geworden. Die Spitzen der galaktischen Regierungen – ob Blues, Akonen, Arkoniden, Springer oder Solares Imperium – hatten sich verflüchtigt, ebenso die Verbände der Flotten. Die Laren, eines der herrschenden Völker im Hetos der Sieben, stießen scheinbar in ein militärpolitisches Vakuum vor, als sie in die Milchstraße eindrangen. Perry Rhodan aber verhielt sich abwartend. Er war auf dem Konzilplaneten des Hetos gewesen – tief draußen im intergalaktischen Leerraum, Millionen von Lichtjahren entfernt – und hatte begonnen, die kalten, von keinerlei menschlicher Erwägung beeinträchtigten Überlegungen des Hetos zu durchschauen. Er hatte erkannt, dass er in Kürze dem Hetos werde entgegentreten müssen. Der technischen Überlegenheit des zukünftigen Gegners wegen war es jedoch notwendig, dass er seine Rolle als williger Kandidat für das Amt des Ersten Hetrans der Milchstraße vorerst weiterspielte.

Inzwischen jedoch spann er seine Fäden. Seinen besten Freund Atlan hatte er vor den Augen der Intersolar Television scheinbar getötet. In Wirklichkeit hatte ein biomechanischer Roboter an Atlans Stelle den Tod gefunden. Atlan lebte seitdem im Versteck der Mutanten, der so genannten Para-Burg, in einem ehemaligen Stützpunkt der Lemurer unter dem Boden des Pazifischen Ozeans. Über Geheimsender unterhielt der Arkonide Verbindung mit Quinto-Center, dem Zentrum der United Stars Organisation. Auf demselben Weg hatte er die geheimnisvolle Meldung seines Spezialisten Veron Motcher erhalten und diese sofort an Perry Rhodan weitergeleitet. Hotrenor-Taak, der »Verkünder der Hetosonen«, wie er sich nannte, hatte es nur ungern gesehen, dass Perry Rhodan ausgerechnet mit dem mächtigsten Raumschiff der Solaren Flotte die Erde verließ, um, wie er sagte, einen Erkundungsflug zur Feststellung revolutionärer Elemente zu unternehmen. Aber ihm waren die Hände gebunden. Er konnte dem, den er soeben zum Ersten Hetran ernannt hatte, schlecht die Bewegungsfreiheit versagen.

Die MARCO POLO war also gestartet. Ohne dass Hotrenor-Taak ihr genaues Flugziel kannte, hatte sie in kürzester Zeit den von Veron Motcher angegebenen Treffpunkt erreicht, und nun schickte sie sich an, Zeugin eines nahezu unglaublichen Schauspiels zu werden.

 

*

 

Der Weltraum flammte.

Auf dem großen Orterschirm war deutlich zu sehen, dass sich über dem SVE-Raumschiff ein wirbelnder, leuchtender Trichter gebildet hatte. Solche Erscheinungen waren charakteristisch für Vorgänge, in denen die Überlappungszone zwischen Einstein-Kontinuum und dem übergeordneten Hyperraum aufriss. Staunend verfolgten die Männer im Kommandostand der MARCO POLO den unglaublichen Vorgang.

Im Flackern des Energietrichters war der kleine, schwache Reflex des fremden Raumschiffs völlig vergangen. Man wusste nicht, wo der Unbekannte sich im Vergleich zu dem riesigen Fahrzeug der Laren befand. Der Trichter wuchs rasch. Seine wirbelnde Bewegung wurde rascher, und plötzlich erschien in seinem Innern eine grelle Linie, die aus der aufwärts gerichteten Spitze des Trichters herabstieß und an der Hülle des SVE-Raumers endete.

»Unglaublich!«, ächzte Hung-Chuin. »Das muss der Zapfstrahl sein!«

Perry Rhodan verstand. Man wusste, dass die Laren ihren gewaltigen Energiebedarf dadurch befriedigten, dass sie durch den Hyperraum hindurch energetisch höherstehende Paralleluniversen anzapften und die überschüssige Energie durch die Zapfstelle in ihre Empfänger leiteten. Das Prinzip war unbekannt. Man hatte auf Terra nicht die leiseste Ahnung, wie die Technologie der Laren diesen Durchgriff durch den Hyperraum bewerkstelligte. Zum ersten Mal wurde jetzt der Kanal sichtbar, durch den die abgezapften Energien flossen – aus einem parallelen Kosmos, durch den Hyperraum, in die energetischen Empfänger des SVE-Raumschiffs. Der Kanal, ein grell strahlendes Gebilde von gezackter Form, hatte das Aussehen eines riesigen, erstarrten Blitzes. Seine Länge musste Hunderttausende von Kilometern betragen.

Und dann ...!

»Sie unterbrechen den Zapfstrahl!«, schrie Hung-Chuin mit der Begeisterung des Wissenschaftlers, der ein völlig neuartiges Prinzip in Aktion sah. »Weiß der Himmel ... sie drosseln den Laren die Energiezufuhr!«

Tatsächlich begann der blitzförmige Energiekanal zu schrumpfen. Oben, wo der Trichter endete, war er schon nicht mehr zu sehen, und in jeder Sekunde verlor er weitere Tausende von Kilometern seiner ursprünglichen Länge.

Währenddessen ging mit dem Raumschiff selbst eine merkwürdige Veränderung vor sich. Es begann zu flackern. Der Reflexpunkt auf dem Orterschirm wurde in unregelmäßigen Abständen heller und dunkler. Im großen und ganzen jedoch schien er an Helligkeit zu verlieren. Perry Rhodan wurde seiner Aufregung kaum mehr Herr. Er glaubte zu wissen, was der fremde Angreifer im Sinn hatte. Er wusste, dass die Laren die Leistung zur Erzeugung und Aufrechterhaltung ihrer aus reiner Energie bestehenden Schiffshülle durch den Hyperraum bezogen. Sein Angriff zielte darauf, diesen Leistungsfluss durch Unterbrechung des Energiekanals zu unterbrechen. In diesem Fall musste das larische Raumschiff sich einfach in Nichts auflösen, eine atemberaubende Vorstellung! In der Tat schien der SVE-Raumer zu schrumpfen. Sein Durchmesser sank unter eintausend Meter, und aus dem ursprünglich kräftig leuchtenden Lichtfleck war ein matter, flackernder Punkt geworden. Der gezackte Energiekanal war im Laufe von kaum zwei Minuten fast völlig verschwunden.

»Aber sie täuschen sich ...!«, knurrte Mart Hung-Chuin ärgerlich. Dass er damit die Angreifer meinte, wurde aus seiner nächsten Feststellung klar. »Sie glauben, die Laren seien allein auf die Energieversorgung aus dem Hyperraum angewiesen. Ich behaupte, so unvorsichtig sind sie nicht! Sie haben Ersatzaggregate an Bord, mit denen sie den Leistungsausfall wenigstens teilweise ausgleichen können!«

Die Schrumpfung des SVE-Raumers hatte jetzt aufgehört. Der Trichter, der den gezackten Zapfstrahl in sich aufgesogen hatte, hörte auf zu wirbeln und verlor an Leuchtkraft. Plötzlich wurde der Reflex des kleinen Raumschiffs wieder sichtbar. Es war höchstens noch vierzigtausend Kilometer von dem larischen SVE-Raumer entfernt und war inzwischen erheblich langsamer geworden. Der Reflex des larischen Raumschiffs hörte auf zu flackern. Die energetische Lage an Bord des SVE-Fahrzeugs hatte sich anscheinend stabilisiert. Obwohl aus dem Hyperraum keine Energie mehr kam, zerfiel das Schiff nicht weiter. Hung-Chuin schien recht zu behalten: die Laren besaßen Ersatzgeneratoren.