„Wähle, um sanft, schnell, gewiss und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden für sich erregen kann, als sie heilen soll.“

(Samuel Hahnemann)

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Vorwort

Das Homöopathie-Handbuch beinhaltet als neues Standardwerk zwei ineinander übergehende Behandlungskonzepte: Zum einen finden Sie hier alle homöopathischen Mittel, die sich für eine Selbstbehandlung bei leichteren Beschwerden eignen, zum anderen stellt das Buch Mittel für die therapiegestützte Behandlung bei chronischen oder schweren Erkrankungen vor.

Im ersten Kapitel informieren wir Sie unter anderem über Geschichte und Wesen der Homöopathie. Sie erfahren, wie Sie ein individuell passendes Mittel finden und welche Potenzen und Dosierungen für Sie in Frage kommen. Das zweite Kapitel widmet sich den großen Organsystemen und ihren Beschwerdenbildern. So finden Sie zum Beispiel unter „Atemwege“ Erkrankungen wie Asthma oder Bronchitis. Nach einer kurzen Erläuterung des medizinischen Hintergrundes sind die dazugehörigen homöopathischen Mittel aufgelistet: Als Erstes die Präparate, die bei einem akuten Geschehen helfen, anschließend die Mittel, die Sie im Fall einer chronischen Krankheit zusätzlich zu Ihren üblichen Medikamenten einnehmen können. Das dritte Kapitel enthält eine alphabetische Sammlung aller in diesem Buch genannten 260 homöopathischen Mittel mit Informationen über Herkunft, Leitsymptome, Modalitäten sowie den Einsatz des jeweiligen Homöopathikums. Schließlich bietet Ihnen das vierte Kapitel neben einer Auflistung der wichtigsten Mittel für Ihre Haus- und Notfallapotheke zusätzlich eine große Übersichtstabelle aller Mittel mit den dazugehörigen Beschwerdenanwendungen.

Dieses Standard-Nachschlagewerk soll Ihnen und Ihren Angehörigen in sämtlichen Fragen zum Thema Gesundheit und vor allem im Krankheitsfall ein guter Begleiter und eine nützliche Hilfe sein.

Dr. med. Markus Wiesenauer

Dr. med. Suzann Kirschner-Brouns

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Die Heilkraft der Homöopathie

Die Homöopathie hat eine mehr als 200-jährige Tradition. Erlöste sie einst die Menschen von therapeutischen Maßnahmen wie Aderlässen und Schröpfkuren, so ist sie bis heute eine der wenigen Behandlungsmethoden, die sich nicht nur um den Menschen in seiner Gesamtheit kümmert, sondern auch seine grundlegende Heilung anstrebt. Im folgenden Kapitel informieren wir Sie über die Grundlagen der Homöopathie und ihre Anwendung in der heutigen Zeit.

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Das Wesen der Homöopathie

Das Interesse an der Homöopathie steigt unaufhörlich. Die sanfte Heilmethode zählt heute zu den beliebtesten alternativen Therapieformen. Sie wird von all diesen auch am häufigsten in Anspruch genommen. So haben Umfragen zufolge 38 % der Deutschen schon einmal homöopathische Mittel angewandt, und mehr als 70 % der Befragten wünschten sich, dass die homöopathische Behandlung zu einem selbstverständlichen Angebot in der ärztlichen Versorgung würde. Die zunehmende Akzeptanz zeigt sich auch darin, dass heute doppelt so viele Ärzte wie vor zehn Jahren die Zusatzbezeichnung „Homöopathie“ erworben haben.

Die Begeisterung für die Homöopathie ist verständlich, denn aufgrund ihrer vielen positiven Aspekte ist diese Behandlungsmethode einmalig. Dazu zählt in unserem medizinisch hoch technisierten Zeitalter, dass in der Homöopathie der Patient nicht auf ein Organ reduziert wird. Der Therapeut geht stattdessen ganzheitlich vor. Er betrachtet den gesamten kranken Menschen einschließlich seiner Persönlichkeit und seines Befindens. Mithilfe des dann ausgewählten homöopathischen Mittels werden die Selbstheilungskräfte des Körpers angeregt, um eine wirkliche Heilung zu erzielen und nicht nur eine vorübergehende Abwesenheit der Beschwerden.

Auch dass die mehr als 2000 homöopathischen Arzneimittel vorwiegend aus pflanzlichen, tierischen und mineralischen Grundsubstanzen gewonnen werden, ist ebenso vorteilhaft wie die Tatsache, dass Homöopathika – bei ihrer sachgerechten Anwendung – so gut wie frei von Nebenwirkungen sind.

Kein geschützter Begriff

Homöopathische Ärzte haben nach einem abgeschlossenen Medizinstudium eine von den Landesärztekammern anerkannte und vorgeschriebene dreijährige Weiterbildung absolviert. Der Begriff „Homöopathie“ ist jedoch nicht geschützt. Auch ohne entsprechende Fachausbildung dürfen Praxen für Homöopathie eröffnet werden. Daneben gibt es außerdem Heilpraktiker, die homöopathisch behandeln. Ein seriöser Homöopath sollte immer bereitwillig über seine Qualifikation Auskunft geben. Scheuen Sie sich nicht, diesbezüglich Fragen zu stellen.

ANERKANNTE METHODE

Die Erfolge der Homöopathie stellt heutzutage keiner mehr in Frage. Allen voran attestiert die WHO (Weltgesundheitsorganisation) ihr eine positive Wirkung: „Die Mehrzahl der wissenschaftlichen Studien in den letzten 40 Jahren haben gezeigt, dass Homöopathie gegenüber Placebos (Scheinmedikamente aus Zuckerlösung) überlegen ist und der konventionellen Medizin in der Behandlung von Menschen und Tieren gleichgestellt werden kann.“ (Studie der WHO aus dem Jahr 2000)

Vor diesem Hintergrund sind homöopathische Mittel schon lange nicht mehr aus der Medizin wegzudenken. Ihr Anwendungsspektrum ist breit gefächert: Sowohl akute als auch chronische Erkrankungen – körperliche ebenso wie psychische und psychosomatische – lassen sich homöopathisch behandeln; Erwachsene gleichermaßen wie Kinder und Neugeborene. So hilft die Homöopathie bei mehr als 90 % der an Neurodermitis erkrankten Kinder.

Auch viele anerkannte Sportmediziner behandeln ihre Schützlinge heutzutage mit homöopathischen Präparaten, denn diese helfen, ohne dass die Gefahr besteht, mit dem Doping-Gesetz in Konflikt zu geraten.

Selbst aus der Tierheilkunde ist die Homöopathie nicht mehr wegzudenken. Vor allem in der Nutztierhaltung kommt sie zum Einsatz, weil Homöopathika keine Arzneimittelrückstände in Fleisch und Milch hinterlassen.

SELBSTVERSTÄNDNIS DER HOMÖOPATHIE

Die Homöopathie hilft, das innere Gleichgewicht wiederherzustellen. Um dies zu erreichen, beschäftigt sich der Homöopath ausführlich mit dem kranken Menschen. Er betrachtet ihn, hört ihm zu und versucht, ihn zu verstehen. Es wird also im Rahmen der Erhebung einer Krankengeschichte der gesamte Mensch erfasst. Das bedeutet, dass seine ganze Erscheinung – hierzu zählen unter anderem Größe, Körperbau, Gewicht und Zustand der Haut, ebenso wie seine Persönlichkeit, Konstitution und seelische Verfassung (beispielsweise zu erkennen an seinem Verhalten und seiner Sprache) – zu einem Gesamtbild zusammengefügt wird. Der medizinische Krankheitsbegriff spielt für den Therapeuten bei dieser so genannten Anamnese nur eine untergeordnete Rolle.

All dies macht die Ganzheitlichkeit der Methode aus, und das Gesamtbild bestimmt dann die Auswahl des homöopathischen Mittels. So werden z. B. Magenschmerzen bei einem nervösen, gereizten, cholerischen Menschen anders behandelt (mit Nux vomica) als Magenschmerzen infolge von Kummer oder Kränkung (mit Ignatia).

Deshalb spricht man in der Homöopathie auch von einer „Arzneimitteldiagnose“. Was das heißt, verdeutlichen die zahlreichen unterschiedlichen Anwendungsgebiete der einzelnen Mittel bzw. deren Vielzahl zum jeweils gleichen Krankheitsbild (siehe hierzu Kapitel 3 „Homöopathische Mittel von A bis Z“, > ff., sowie die Zuordnungstabellen in Kapitel 4, > ff.).

ANREGUNG ZUR SELBSTREGULATION

Homöopathische Mittel regen den gesamten Organismus zur Selbstheilung an. Die meisten herkömmlichen Medikamente tun dies nicht. Sie sind „allopathisch“ (abgeleitet von griech. allos = Anderes), das bedeutet, sie bewirken eine gegensätzliche Reaktion. Hat ein Patient z. B. als Begleiterscheinung einer Entzündung Fieber, wird ihm in der Schulmedizin ein fiebersenkendes Mittel gegeben. Fieber bei einer Entzündung macht aber Sinn, denn durch die erhöhte Temperatur werden krank machende, hitzeempfindliche Erreger abgetötet und das Immunsystem entlastet. Unterdrückt man durch das Medikament die Abwehrreaktionen des Körpers, senkt dies zwar das Fieber, aber man erzielt damit meist nur kurzfristig eine Erleichterung. Die Ursache wird nicht behoben und in der Folge das Immunsystem möglicherweise überlastet.

Im Gegensatz zur reinen Symptombekämpfung der Schulmedizin unterstützt die Homöopathie die Selbstheilungskräfte des Körpers. So gibt der Therapeut im Fall von Fieber kein temperatursenkendes Mittel, sondern eines, welches das Fieber unterstützt. So stärkt das homöopathische Mittel das geschwächte Immunsystem, aufgrund dessen die erhöhte Temperatur zustande kam.

Bestimmt haben Sie im Sommer schon einmal festgestellt, dass warme Getränke übermäßiges Schwitzen reduzieren, Ihnen nach dem Genuss kalter Getränke hingegen immer nur noch heißer wird. Dies ist ein Beispiel dafür, dass sich ein Zustand nicht durch sein Gegenteil beheben lässt, sondern nur dadurch, dass man den Körper in seinen Abläufen unterstützt.

Gezielter Reiz

Um eine Heilung hervorzurufen, setzt der Therapeut mit dem individuell passenden homöopathischen Mittel einen Reiz, mit welchem er den Organismus auffordert, entsprechend zu reagieren. Es handelt sich hierbei um Regulationsvorgänge, welche die Abläufe im Körper wieder in die richtigen Bahnen lenken. Folglich ist die Homöopathie eine Reiz-Regulations-Therapie. War das Mittel richtig gewählt, lässt die Wirkung nicht lange auf sich warten: Die Beschwerden lassen nach, es geht dem Betroffenen deutlich besser.

Wichtige Voraussetzungen

Aufgrund ihrer Ganzheitlichkeit und individuellen Ausrichtung birgt die Homöopathie in der Behandlung große Möglichkeiten. Weil sie aber eine Reiz-Regulations-Therapie ist, sollte der Körper in der Lage sein zu reagieren. Dies ist jedoch nicht oder nur eingeschränkt möglich, wenn z. B. die Selbstheilungskräfte geschwächt oder sogar blockiert sind. Auch äußere Einflüsse wie übermäßiger Genuss von Alkohol und Kaffee oder der Konsum von Zigaretten können den Heilungsversuch negativ beeinflussen. Damit eine homöopathische Behandlung ihre vollen Kräfte entfalten kann, sollte man einen gesunden Lebensstil mit ausreichend Schlaf, regelmäßiger Bewegung und mäßigem Stress sowie einen seelisch ausgeglichenen Zustand anstreben.

Die Bereitschaft des Patienten, sich mit seinen Beschwerden auseinander zu setzen, sich selbst zu beobachten und in seinen Körper hineinzuhören, ist für den Erfolg einer homöopathischen Behandlung mit entscheidend. Die veränderte Selbstwahrnehmung bietet auch die große Chance auf ein verändertes Körpergefühl. So berichten viele homöopathisch behandelte Menschen, dass sie erst durch die Therapie zu einem gesunden Lebensstil gefunden haben.

MÖGLICHKEITEN UND GRENZEN DER HOMÖOPATHIE

Eine Universal-Therapie, mit deren Hilfe sich alles und jedes heilen lässt, ist die Homöopathie allerdings nicht; und sie ist nicht losgelöst von der Schulmedizin zu betrachten. Je nach Erkrankung (und für die Diagnose bedarf es in vielen Fällen der schulmedizinischen Untersuchungsmethoden) bietet unter Umständen die Schulmedizin vorrangig die Behandlungsmethode der Wahl. Für eine notwendige Operation ist die Homöopathie ebenso wenig ein Ersatz. Bei einem Kind beispielsweise, das sich vor Bauchschmerzen krümmt, muss zunächst mit schulmedizinischen Kenntnissen und Verfahren geklärt werden, ob es sich hier um eine Blinddarmentzündung oder vielleicht nur um zu viel Luft im Darm handelt. Erstere muss eventuell operiert werden, Blähungen hingegen lassen sich mit einem Homöopathikum behandeln. So kann selbst der homöopathisch tätige Therapeut nicht auf die modernen Kenntnisse der Medizin verzichten.

• Teil der Gesamtmedizin

Möglicherweise ist es aber auch sinnvoll, das eine zu tun, ohne das andere zu lassen. So gibt es schwere Infektionen, die selbst der homöopathisch tätige Arzt mit einem Antibiotikum behandeln muss. Zusätzlich wird er aber ein homöopathisches Mittel geben, um die Nebenwirkungen des Antibiotikums zu reduzieren, seine Verträglichkeit zu verbessern und die Krankheitsdauer abzukürzen. Ein Homöopathikum kann aber auch die Folgen einer Narkose mindern, die Heilung einer Wunde unterstützen oder eine rasche Genesung fördern.

Die ergänzende Wirkung macht ein Beispiel aus der Praxis noch deutlicher: Eine 25-jährige, bislang gesunde Frau mit stressigem Beruf und einem Säugling fühlt sich seit einiger Zeit ständig müde und schlapp. Ihr Arbeitspensum schafft sie nicht mehr, obwohl man sie früher als „Energiebündel“ bezeichnete. Tabletten, um einen eventuellen Eisenmangel auszugleichen, haben allerdings keine Besserung gebracht. Die Patientin wünscht sich „homöopathische Powerkügelchen“, um wieder fit zu werden. Eine eingehende Untersuchung ergibt allerdings, dass sie schwer an Diabetes erkrankt ist. Diese Stoffwechselkrankheit ist für die Beschwerden verantwortlich. Von nun an muss die junge Frau mit Insulinspritzen versorgt werden. – Die Diagnose „Diabetes“ schließt aber, wie Sie in diesem Buch nachlesen können, nicht aus, dass die Patientin nach der Einstellung des Blutzuckerspiegels mithilfe von Insulin zusätzlich ein homöopathisches Mittel erhalten kann. Im Gegenteil! Hiermit lassen sich sogar die herkömmlichen Medikamente auf Dauer reduzieren. Schulmedizin und Homöopathie ergänzen sich also. Man sollte die Homöopathie deshalb immer als einen integrativen Ansatz und niemals als Gegensatz zur Schulmedizin betrachten.

Auch gibt es zahlreiche Erkrankungen, bei denen die Homöopathie allein große Erfolge aufweisen kann. Dazu zählt neben Entzündungen der Nasennebenhöhlen oder Infekten der Harnwege ebenso die Neurodermitis: Je frühzeitiger der Betroffene homöopathisch behandelt wird, desto eher kann ihm der übliche Behandlungsweg, etwa mit Cortisonsalben, erspart bleiben.

Im zweiten Kapitel werden Sie sehen, welche große Bandbreite an Behandlungsmöglichkeiten die Homöopathie abdeckt.

Klassische Homöopathie

Die klassische Homöopathie sieht den Menschen als einzigartiges Wesen. Diese individuelle Betrachtungsweise ist ihr wichtigster Grundsatz; und so, wie der einzelne Mensch unverwechselbar ist, sind es auch seine Krankheitssymptome. Dementsprechend wird mit großer Sorgfalt und Aufmerksamkeit das auf den Einzelnen jeweils passend zugeschnittene Medikament gesucht.

Der Name „Homöopathie“ setzt sich aus den griechischen Wörtern „homoios“ (ähnlich) und „pathos“ (Leiden) zusammen, heißt also „ähnliches Leiden“. Der Begriff wurde von dem Entdecker und Begründer der Homöopathie, Christian Friedrich Samuel Hahnemann (geboren am 10. 4. 1755 in Meißen, gestorben am 2. 7. 1843 in Paris) geprägt.

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Der deutsche Arzt Christian Friedrich Samuel Hahnemann (1755–1843) ist der Entdecker und Begründer der Homöopathie.

Ehe er als Mediziner zu Ruhm gelangte, finanzierte Hahnemann sein Studium als Fremdsprachenlehrer und Übersetzer. Im Jahr 1779 schloss er sein Medizinstudium ab und ließ sich mit einer eigenen Praxis in Leipzig nieder. Die damaligen äußerst groben Heilmethoden, die aus Aderlässen, Brech- und Abführkuren oder aus der Gabe von giftigen Mitteln wie Quecksilber und Arsen bestanden, ließen ihn allerdings an seiner Aufgabe zweifeln und seine Praxis bald wieder schließen. Er übte öffentlich Kritik an der gängigen Medizin, was ihn nicht gerade beliebt machte. Rasch galt er als „Nestbeschmutzer“. Hahnemann blieb nichts anderes übrig, als sein Geld wieder mit Übersetzungen zu verdienen.

ERSTER HINWEIS

Bei der Bearbeitung eines Arzneimittelbuchs des Schotten Dr. William Cullen stolperte er über eine der Schlussfolgerungen des Pharmakologen. Dieser behauptete, dass die Wirkung der Chinarinde bei Malaria auf ihre magenstärkende Wirkung zurückzuführen sei. Dies erschien Hahnemann unlogisch. In seinem ersten von unzähligen Selbstversuchen nahm er Chinarinde ein, obwohl er nicht an Malaria erkrankt war. In der Folge beobachtete er an sich ähnliche Symptome wie bei einem Malariakranken: etwa Schläfrigkeit, Herzklopfen, Ängstlichkeit und Durst. Von da an stand für ihn fest, dass Chinarinde Malaria heilt, gerade weil sie bei einem Gesunden die Symptome der Malaria hervorruft. Damit war seine Idee „Ähnliches kann durch Ähnliches geheilt werden“ geboren.

In den nächsten sechs Jahren ging er dieser Hypothese systematisch nach. Durch unzählige Versuche an sich selbst, an seiner Familie und seinen Freunden untermauerte er dieses Prinzip. Die gewonnenen Erkenntnisse veröffentlichte er 1796 am Beispiel der Chinarinde in der angesehenen medizinischen Fachzeitschrift „Hufeland Journal“.

• Revolutionierende Methode

Für damalige Verhältnisse wagte sich Hahnemann mit seiner Theorie weit vor; zumal er behauptete, dass die heilende Wirkung umso größer ausfiele, je geringer die Dosis des Symptome verursachenden Stoffes wäre.

Diese neue, sanfte Medizin bedeutete für die Patienten jedoch eine Erlösung von den üblichen, oftmals rüden Behandlungsweisen; und so nahmen sie Hahnemanns Methode begeistert an. Der Apothekerschaft allerdings war diese ein Dorn im Auge. Schließlich sah die Homöopathie jeweils nur ein Medikament in der Behandlung vor, und das auch nur in niedriger Dosierung.

Im Jahr 1810 erschien Hahnemanns Hauptwerk, das „Organon der Heilkunst“ mit den Grundlagen und Gesetzen seiner Lehre (organon, griechisch = Werkzeug, Methode). Dem Buch, das bis heute nichts von seiner Gültigkeit verloren hat, folgte von 1828 bis 1830 mehrbändig „Die chronischen Krankheiten“.

Nachdem 1830 Henriette, Hahnemanns Frau, gestorben war, heiratete der 11-fache Vater fünf Jahre später die Französin Mélanie d’Hervilly. Gemeinsam zogen er und die 45 Jahre jüngere Dichterin und Malerin nach Paris. Dort betrieb der Homöopath mit ihrer Unterstützung bis an sein Lebensende sehr erfolgreich eine Praxis.

DIE ÄHNLICHKEITSREGEL

Der Lehrsatz „Similia similibus curentur“ – „Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden“ – ist die Grundlage der Homöopathie. Ihr zufolge kann eine Krankheit nur mit dem Mittel geheilt werden, welches bei einem gesunden Menschen dieselben Symptome hervorruft. Hier einige Beispiele: Bei einem Schnupfen leidet man unter tränenden, brennenden Augen, aus der Nase fließt ein scharfes, wund machendes Sekret. Hier hilft nur das Mittel, das bei einem Gesunden genau diese Symptome hervorruft. Das homöopathische Mittel Allium cepa, aus der Küchenzwiebel hergestellt, ist in diesem Fall die passende Medizin. Jedem, der schon einmal eine Zwiebel zerschnitten hat, werden diese Beschwerden bekannt vorkommen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um einen Erkältungsschnupfen oder um einen allergisch bedingten Schnupfen handelt. Entscheidend ist die Ähnlichkeit der Symptome.

Gegen Juckreiz und brennende Schmerzen der Haut wie bei einer Nesselsucht hilft das homöopathisch aufbereitete Mittel aus der Brennnessel (Urtica urens). Bei Schwellungen wie nach einem Bienen- oder Wespenstich sowie bei einer Flüssigkeitsansammlung im Gewebe (Ödem) findet ein Mittel Verwendung, das aus der Honigbiene (Apis mellifica) gewonnen wird. Gegen Übelkeit und Schwindel wie beim Rauchen der ersten Zigarette kommt Tabacum, das aus Tabak aufbereitete Mittel, zum Einsatz.

Wichtig für die heilende Wirkung des Homöopathikums ist die größtmögliche Übereinstimmung zwischen dem Krankheitsbild und dem Arzneimittelbild: Man spricht vom ähnlichen Mittel, dem „Simile“. Hahnemann benutzte gerne den Ausdruck „Inbegriff“ der Arznei und beschrieb, dass ein homöopathisches Mittel künstlich ähnliche Beschwerden auslöst wie die eigentliche Erkrankung, diese aber an Stärke noch übertrifft und dadurch den Heilungsprozess in Gang setzt.

ARZNEIMITTELPRÜFUNG AM GESUNDEN

Ehe Hahnemann die Naturstoffe am Kranken anwendete, prüfte er in einem aufwändigen Verfahren die möglicherweise geeigneten Substanzen am Gesunden. Bewies das Arzneimittel in dieser so genannten Arzneimittelprüfung seine Wirkung, war es zur Behandlung beim Kranken mit vergleichbaren Beschwerden geeignet.

Inzwischen sind die Arzneimittelbilder von über 2000 Mitteln bekannt; und auch heute noch hat dieses Verfahren seine Gültigkeit, werden Arzneimittelprüfungen durchgeführt, um neue Mittel zu finden und Arzneimittelbilder zu vervollständigen.

Diese Vorgehensweise ist also Voraussetzung, um die Ähnlichkeitsregel therapeutisch umsetzen zu können. Dabei ist sie die wichtigste Forschungsaufgabe der Homöopathie, denn je intensiver ein Mittel geprüft wird, umso präziser ist seine Anwendung. Zudem sind die Arzneimittelprüfungen der wesentlichste Baustein des Arzneimittelbildes. Auch heutzutage sind sie immer noch einer der wichtigsten Schwerpunkte der Homöopathie-Forschung. Die Prüfungen werden meist von Ärzten an sich selbst durchgeführt.

Genaue Protokollierung

Bei der Arzneimittelprüfung nehmen gesunde Menschen vorschriftsmäßig das zu prüfende Mittel ein. Hierbei wissen sie jedoch nicht, um welche Substanz es sich handelt. Die auftretenden Symptome, wie ein Stimmungswechsel, psychische und körperliche Reaktionen (Angst, Schwitzen, Erröten und Ähnliches) werden dann genauestens beobachtet und protokolliert. Auch wird vermerkt, wodurch sich die Beschwerden bessern bzw. verschlechtern (beispielsweise vor oder nach dem Essen, Besserung in Ruhe, durch Wärme, frische Luft, Verschlechterung durch Kälte oder Feuchtigkeit).

Darüber hinaus spielen ebenso die Interaktionen mit der Umwelt eine Rolle. Verändert sich das Verhalten? Kommt es beispielsweise zu Aggressivität oder Unsicherheit?

DAS ARZNEIMITTELBILD

Sämtliche Ergebnisse der Prüfung eines Homöopathikums an Versuchspersonen werden in einer Symptomenliste zusammengestellt.

In Verbindung mit den pharmakologischen Erkenntnissen über eine Substanz, der Prüfung beim Gesunden, den langjährigen Erfahrungen in der Anwendung beim Kranken und anderen Hinweisen entsteht das eigentliche Bild einer Arznei. Dieses Arzneimittelbild spiegelt die gesamten Anwendungsmöglichkeiten („Wirkungsprofil“) des betreffenden Mittels wider. Es beschreibt alle gesundheitlichen Reaktionen auf eine bestimmte Substanz. Dabei ist das Arzneimittelbild nach dem „Kopfzu-Fuß-Schema“ aufgebaut; es beschreibt also die Wirkung eines Mittels auf die einzelnen Organbereiche von oben nach unten. Außerdem gehören auch die emotionalen Reaktionen sowie die so genannten Modalitäten dazu. Darunter versteht man die Begleitumstände, die eine Besserung oder Verschlechterung der Beschwerden hervorrufen. So können sich beispielsweise Symptome durch Wärme und Bewegung verschlechtern, wohingegen Kälte und Ruhe eine Verbesserung hervorrufen.

• Große und kleine Mittel

Sämtliche Arzneimittelbilder werden ständig durch die Erkenntnisse aus der Anwendung am Kranken, sowohl am Menschen als auch am Tier, ergänzt. Sich bestätigende sowie neue Beobachtungen werden von den Anwendern in der Literatur (wie in Zeitschriften und Büchern) festgehalten sowie auf Fortbildungsveranstaltungen verbreitet, sodass die Kenntnisse über ein Mittel immer umfangreicher werden. Dies führte dazu, dass man in der Homöopathie auch von „großen“ und „kleinen“ Mitteln spricht, in Abhängigkeit von der Menge der Erkenntnisse über dieses Homöopathikum. Beispielsweise ist Pulsatilla pratensis (Küchen- oder Kuhschelle) ein großes Mittel: Hahnemann listete hier 1163 Symptome auf. Beinhaltet ein sehr umfassendes Arzneimittelbild auch einen gut zu beschreibenden Menschentypus, insbesondere mit seinen „Geistes- und Gemütssymptomen“, spricht man von einem „Konstitutionsmittel“. So sind z. B. Pulsatilla-Menschen nachgiebig und sanft. Sie neigen zum Weinen und können nicht gut allein sein.

Die Arzneimittelbilder werden in so genannten Arzneimittellehren alphabetisch zusammengefasst. Man spricht hier von einer „Materia Medica“. Eine solche Mittelzusammenstellung für dieses Buch finden Sie im Kapitel 3 ab > ff.

ENTSCHEIDEND: DAS INDIVIDUELLE KRANKHEITSBILD

Jeder Mensch ist wie sein Fingerabdruck einzigartig. Diese Sichtweise ist eines der wichtigsten Grundprinzipien in der Homöopathie und wird in der praktischen Anwendung der Mittel stets berücksichtigt. Denn so wie jeder Mensch auf seine Weise durch das Leben geht, so individuell sind auch seine Krankheitssymptome. Deshalb ist die Mittelfindung – vor allem bei chronischen Erkrankungen – die wirkliche Kunst in der Homöopathie. Denn die Symptome müssen mit einem Arzneimittel behandelt werden, das genau auf den jeweils Einzelnen zugeschnitten ist. Dementsprechend intensiv ist die homöopathische Anamnese. Der Arzt muss sich dem Patienten mit viel Zeit, Geduld, Wissen und Erfahrung zuwenden. Der Einsatz von technischen Hilfsmitteln und Geräten allein, wie Ultraschall oder Computertomographie, ist hier sicherlich kein Ersatz.

Nicht die Krankheit an sich oder die allgemeine Diagnosestellung sind also von Bedeutung, sondern durch welche Symptome sich die Krankheit bei genau diesem einen Patienten äußert. Aus den Antworten und Erkenntnissen ergibt sich für den Homöopathen das individuelle Krankheitsbild des Patienten. Dies bedeutet, dass ein Mittel, das z. B. den Schnupfen Ihrer Schwester geheilt hat, nicht das passende Mittel für Sie selbst sein muss und umgekehrt.

Homöopathika können also nicht bei jedem Krankheitsbild gleichermaßen eingesetzt werden, und sie lassen sich auch nicht im gleichen Krankheitsfall von Patient zu Patient austauschen.

Umfassende Anamnese

Weil der Mensch aus homöopathischer Sicht eine Einheit aus Seele, Geist und Körper bildet, werden im Rahmen der Anamnese auch alle Faktoren berücksichtigt. Dazu zählen:

DIE HERSTELLUNG VON HOMÖOPATHIKA

Die Ausgangsstoffe homöopathischer Mittel stammen zum größten Teil aus der Natur. Rund 70 werden aus Pflanzen oder Pflanzenteilen wie Blättern und Wurzeln hergestellt. Andere Mittel gewinnt man aus Tieren wie der Honigbiene (Apis mellifica), Roten Waldameise (Formica rufa) oder aus tierischen Produkten, etwa dem Gift der Buschmeisterschlange (Lachesis) oder dem Kittharz der Bienen (Propolis).

Auch Metalle wie Kupfer (Cuprum metallicum) oder Gold (Aurum metallicum), Mineralien wie Kalk (Calcium carbonicum) oder Säuren wie die Salpetersäure (Acidum nitricum) werden verwendet. Darüber hinaus dienen ebenso chemische Ausgangsstoffe wie Nitroglycerin als Grundlage.

Nosoden

Sie werden aus gesundem oder krankhaftem Gewebe sowohl vom Menschen als auch von Tieren sowie aus Sekreten (etwa eitrigen Absonderungen), aus (patienteneigenen) Körperflüssigkeiten, aber auch aus Krankheitskeimen hergestellt. Der Begriff leitet sich vom altgriechischen „ho nosos“ = Krankheit ab. Nosoden werden ebenfalls potenziert und sind in ihrer Wirkung vergleichbar mit Homöopathika. Sie können als zusätzliches Mittel gegeben werden (siehe Kapitel Kinderkrankheiten, > ff.).

• Strengste Qualitätsansprüche

Durch das spezielle homöopathische Herstellungsverfahren sind alle Substanzen keimfrei und ungiftig. Auch enthalten sie keinerlei Verunreinigungen. Damit dies gewährleistet ist, unterliegt jeder Hersteller von homöopathischen Arzneimitteln strengsten Vorschriften, wie sie auch im Homöopathischen Arzneibuch (HAB) nachzulesen sind.

Das Arzneibuch hat quasi die Funktion eines Gesetzestextes. Es enthält für jede in der Homöopathie verwendete Substanz eine exakte Beschreibung des Ausgangsstoffes zur Sicherung der gleich bleibenden Qualität und damit auch der Wirksamkeit. So wird z. B. im HAB für die Herstellung von Arnica montana der verwendete Pflanzenteil genau beschrieben: Als Arzneigrundstoff dienen die getrockneten unterirdischen Teile der Arnika, die dann weiterverarbeitet werden.

Die Tradition der Homöopathie zeigt sich nicht nur darin, dass die Beschreibungen der verwendeten Naturstoffe bereits von Hahnemann begonnen und durch moderne Erkenntnisse ergänzt wurden. Auch die Verarbeitung der Substanzen – man spricht von einer Standardisierung – geht im Wesentlichen auf ihn zurück. Im Besonderen betrifft dies den Herstellungsprozess, der als Potenzierung bezeichnet wird.

POTENZEN UND DOSIERUNG

Hahnemann stellte im Laufe der praktischen Anwendungen fest, dass manche der angewandten Mittel nicht ungefährlich waren. So kam es z. B. nach der Gabe von Tollkirsche (Belladonna) oder Brechnuss (Nux vomica) zu Vergiftungserscheinungen. Das veranlasste ihn, die Dosis des Mittels systematisch zu verringern, um die giftige Wirkung oder auch Überreaktionen bei den Behandelten zu vermeiden. Hahnemann benutzte dazu das bis heute unverändert vorgeschriebene Verfahren der stufenweisen Verarbeitung – der Potenzierung –, damals als „Dynamisation“ bezeichnet. Dabei stellte er fest, dass die Wirksamkeit des Mittels umso stärker sein konnte, je höher die Potenzierung war. Auf diese Weise gewann er die Erkenntnis, dass der menschliche Organismus die „Informationen“ eines Arzneimittels auch dann empfängt, wenn der Reiz nur minimal ist.

Bei Mitteln mit niedriger Potenz (D1 bis D12) lassen sich noch Moleküle der Ursubstanz nachweisen; deshalb ist davon auszugehen, dass auch bei höheren Potenzen das entsprechende Mittel energetische Informationen der Ursubstanz enthält. Diese beeinflussen das sensible biologische System des gesamten Organismus auf körperlicher, geistiger und seelischer Ebene.

Jeder Potenzierungsvorgang muss selbst heute noch von Hand durchgeführt werden. Deshalb spricht man auch von handverschüttelten Arzneien. Jeder Hersteller homöopathischer Arzneimittel ist an diese arzneimittelrechtliche Vorschrift gebunden.

Potenzen für den Therapeuten

Die so genannten Höchstpotenzen (C200, C500, C1000 und höher) sollten wie die LM- oder Q-Potenzen ausschließlich dem sehr erfahrenen Homöopathen vorbehalten bleiben, weil sie eine möglichst exakte Übereinstimmung zwischen dem Krankheitsbild und dem Arzneimittelbild erfordern. Bei ihrem Einsatz muss auch häufiger mit einer so genannten Erstverschlimmerungs-Symptomatik gerechnet werden. Darüber hinaus haben sie, je nach Höhe der Potenz, eine Wirkungsdauer von bis zu sechs Monaten.

• Unterschiedliches Wirkungsspektrum

Niedrige Potenzen (D1 bis D12) haben eine breite – vor allem auf organische Beschwerden und Erkrankungen ausgerichtete – Wirkung. So findet Arnica montana D6 beim Bluterguss Anwendung, Luffa operculata D6 kann bei wiederkehrenden Entzündungen der Nasennebenhöhlen genommen werden.

Ab der Potenz D12 und C12 bis hin zu D30 bzw. C30 beginnt der zunehmende Einfluss auf den seelischen Bereich. So helfen höhere Potenzen bei psychischen Beschwerden und Erkrankungen. Ein Beispiel hierfür ist Ignatia D12, das gegen ein Kloßgefühl im Hals bei seelischen Belastungen hilft. Aber auch bei schwereren chronischen Krankheiten, die häufig mit seelischen Leiden einhergehen und die mit „in die Wiege gelegten“ Erkrankungen verbunden sind, kommen diese Potenzen zum Einsatz.

Zwar gibt es von Homöopath zu Homöopath unterschiedliche Ansichten bezüglich der Frage der Potenzhöhe. Entscheidend ist jedoch stets die Richtigkeit des gewählten Einzelmittels. So empfehlen sich in der Selbstbehandlung vor allem die praxisbewährten Potenzen D6 und D12, denn sie erlauben ein sicheres und wirksames Behandeln.

Zwei verschiedene Herstellungsschritte

Gewinnung der Urtinktur, einer flüssigen Arzneiform, sowie der Ursubstanz, einer festen Arzneiform, als Arzneigrundstoff:

– Es wird z. B. Material aus Frischpflanzen mit hohem Saftgehalt (etwa Avena sativa) ausgepresst und der Saft dann im Verhältnis 1:1 mit Alkohol gemischt.

– Sonstige pflanzliche und tierische Materialien (z. B. Chamomilla recutita, Coccus cacti) werden entsprechend den Vorgaben des Homöopathischen Arzneibuchs (HAB) in Abhängigkeit vom Trockengehalt mit Alkohol im Verhältnis 1:1 bis 1:10 versetzt. Nach fünf bis zehn Tagen wird die alkoholische Lösung abgepresst und filtriert.

– Feste Ausgangsstoffe werden soweit möglich in Wasser oder Alkohol gelöst (z. B. Kalium chloratum).

– Unlösliche Ausgangsstoffe wie etwa Cuprum metallicum werden mit Milchzucker im Verhältnis 1:10 verrieben.

Die weitere Verarbeitung erfolgt mittels Potenzierung. Hierbei wird die Urtinktur bzw. Ursubstanz stufenweise mit einem Arzneistoffträger (Alkohol oder Milchzucker) in einem bestimmten Mengenverhältnis vermischt und danach entweder verschüttelt oder verrieben. Je nach Mengenverhältnis existieren drei verschiedene Arten von Potenzen:

– Die Dezimalpotenzen, hergestellt im Verhältnis 1:10, bezeichnet als D1, D2, D3 usw.

– Die Centesimalpotenzen, hergestellt im Verhältnis 1:100, bezeichnet als C1, C2, C3 usw.

– Die LM-Potenzen, auch als Q-Potenzen bezeichnet, hergestellt im Verhältnis 1:50000, bezeichnet als LM I, LM II, LM III usw.

Die Zahlen hinter den Buchstaben geben an, wie oft diese stufenweise Verarbeitung stattgefunden hat. So bedeutet beispielsweise eine D4-Potenz: 1 ml Urtinktur wird mit 9 ml Alkohol vermischt, von der D1-Potenz, die dabei entstanden ist, verwendet man 1 ml und vermischt ihn wieder mit 9 ml Alkohol. Dieser Vorgang wird insgesamt 4-mal durchgeführt (deshalb die Bezeichnung D4).

Entsprechend wird bei einer D6-Potenz dieser Vorgang 6-mal wiederholt usw.

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Homöopathika kommen vor allem als Streukügelchen (Globuli), Tabletten und Tropfen sowie in Form von Ampullen zur Anwendung.

DARREICHUNGSFORMEN UND MITTELARTEN

Homöopathische Mittel gibt es als Globuli (Streukügelchen), Tropfen und Tabletten. Ampullen sind zur Injektion durch den Therapeuten vorgesehen, können aber auch als Trinkampullen eingesetzt werden. Außerdem sind manche Mittel in Form von Augentropfen oder Salbe erhältlich.

Globuli bestehen aus Saccharose, also Zucker, auf welche die Tropfen aufgebracht wurden. Sie sind folglich die feste, Tropfen die flüssige Arzneiform. Die Behandlung mit Globuli eignet sich auch für Neugeborene und (Klein-)Kinder, ebenso wie für Schwangere und Stillende.

Tropfen, die man früher besonders häufig verwendete, enthalten als natürliches Konservierungsmittel Alkohol, sind also nicht für jeden ratsam. Homöopathische Tabletten wiederum sind auf Basis von Milchzucker (Laktose) hergestellt, sodass sich bei einer Milchzucker-Unverträglichkeit diese Arzneiform nicht empfiehlt.

• Einzel- oder Komplexmittel?

Neben den unterschiedlichen Darreichungsformen gibt es zwei verschiedene Mittelarten: Entweder werden Homöopathika als „Einzelmittel“ oder als „Komplexmittel“ angeboten. Letztere bestehen aus mehreren homöopathischen Mitteln, die sich in ihrer Heilwirkung ergänzen oder gar verstärken.

Manche Therapeuten verwenden Komplexmittel aus Gründen der Vereinfachung. Sinnvoll kombinierte Komplexmittel sollten jedoch nicht mehr als drei bis fünf verschiedene homöopathische Substanzen enthalten. Dabei ist es wünschenswert, dass sie als Einzelmittel in ähnlicher oder gleicher Weise wirken. Bewährt haben sich entsprechende Kombinationen beispielsweise bei akuten Halsschmerzen oder fieberhaften Infekten.

In der klassischen Homöopathie wird allerdings in Abstimmung mit dem individuellen Krankheitsbild stets nur ein Einzelmittel verabreicht. Eventuell gibt man auch mehrere Einzelmittel hintereinander. Die gleichzeitige Gabe mehrerer Mittel hingegen wird nicht favorisiert, weil dadurch möglicherweise das Krankheitsbild verfälscht und die Behandlung erschwert werden könnte.

Homöopathie und Wissenschaft

In der täglichen medizinischen Praxis ebenso wie in der Selbstbehandlung spielt die homöopathische Therapie eine wichtige Rolle. Im Vergleich mit der Schulmedizin liegt der Homöopathie jedoch ein völlig anderes theoretisches Konzept zugrunde. Dies ist einerseits durch die unterschiedliche Sichtweise von Krankheit und Heilung bedingt, andererseits durch die verschiedenartige Herstellung und Anwendung von homöopathischen sowie schulmedizinischen Arzneimitteln.

Die unterschiedlichen Auffassungen von Homöopathie einerseits und Allopathie, das heißt Schulmedizin, andererseits spiegeln sich vor allem in dem wissenschaftlichen Bereich wider, der für die Prüfung eines Medikamentes verantwortlich ist, bevor es auf den Markt kommt. So sind die in der Schulmedizin üblichen Modelle zur Prüfung der Wirksamkeit von Arzneimitteln nicht ohne weiteres auf die Homöopathie übertragbar. Dennoch besteht die Forderung, auch die Wirksamkeit homöopathischer Mittel ausschließlich anhand so genannter Doppelblindstudien, wie sie in der Schulmedizin Standard sind, zu prüfen.

GRUNDSÄTZLICH ANDERES PRINZIP

Bei dieser Art von Studien wissen weder Arzt noch Patient, ob ein Arzneimittel oder eine Scheinarznei (Placebo) eingenommen wird. Beide sind in Bezug auf die Therapie „blind“. Ein solches Vorgehen setzt jedoch voraus, dass es sich um eine exakt beschriebene Erkrankung handelt, wie beispielsweise einen Erkältungsschnupfen. Während dafür nun in der Schulmedizin ein bestimmter Wirkstoff eingesetzt wird, ohne dabei die individuellen Beschwerden des Patienten zu berücksichtigen, gibt es in der Homöopathie gleich mehrere Mittel. Aufgrund des jeweils speziellen Arzneimittelbildes wählt man ein entsprechendes Homöopathikum aus (siehe Kapitel 2, ab > ff.); und das ist das Problem.

Der Forschungsansatz der Doppelblindstudien ist darum für die Homöopathie letztlich nur in Ausnahmefällen geeignet. Dennoch existieren auch für Homöopathika aussagekräftige Studien. In Deutschland hat vor allem die Karl und Veronica Carstens-Stiftung als unabhängige Einrichtung hierzu erhebliche Forschungsarbeit geleistet.

• Wichtige Studienergebnisse

Damit Sie eine Vorstellung von der Art der Studien zum Thema Homöopathie bekommen, seien hier einige wichtige Studien der letzten Jahre genannt. Die dabei teilweise relativ kleinen Fallzahlen liegen daran, dass an den Universitäten keine systematische Forschung zur Homöopathie durchgeführt wird.

Studie zum Prämenstruellen Syndrom

An der Studie am Center for Integrated Complementary Medicine, Jerusalem, im Jahr 2001 nahmen 20 Frauen im Alter von 20 bis 48 Jahren teil. Eine Gruppe von ihnen, nach dem Zufallsprinzip – „randomisiert“ – ausgewählt, erhielt eine individuelle homöopathische Therapie. Die Vergleichsgruppe bekam ein Placebo. Vor und nach der Behandlung füllten die Patientinnen einen Fragebogen aus über ihre Symptome und ihr Befinden. Durch psychologische Tests wollte man sichergehen, dass die Testergebnisse nicht durch äußere Ereignisse beeinflusst wurden. Bei 90 % der homöopathisch behandelten Patientinnen besserten sich die Beschwerden teilweise sogar erheblich, im Gegensatz zu insgesamt nur 37,5 bei denjenigen, die das Placebo bekamen.

Metaanalyse bei kindlichem Durchfall

Wissenschaftler der Universität von Washington werteten im Jahr 2003 drei klinische Doppelblindstudien mit insgesamt 242 Kindern zusammenfassend aus. Die Kinder im Alter von sechs Monaten bis sechs Jahren hatten entweder ein Homöopathikum oder ein Placebo über fünf Tage als Einzeldosis erhalten, und zwar immer dann, wenn ihr Stuhl flüssig war.

Bei diesen Studien führten die Eltern Buch über die Häufigkeit des Durchfalls, zudem wurden die kleinen Patienten einmal täglich von einem Arzt untersucht. Die Kinder galten als geheilt, wenn weniger als drei Stuhlgänge an zwei aufeinander folgenden Tagen auftraten. Mit der homöopathischen Behandlung dauerte der Durchfall 3,3 Tage, mit Placebo fast einen Tag länger (4,1 Tage).

Randomisierte Doppelblindstudie zum Thema „Fibromyalgie“

An dieser Studie der Universität von Arizona, USA, aus dem Jahr 2004 nahmen 62 Personen mit starken Muskelschmerzen teil. Über einen Monat hinweg erhielten sie eine individuelle homöopathische Behandlung, die Kontrollgruppe bekam Placebos.

Zwei und vier Monate später beantworteten die Teilnehmer Fragebögen über Schmerzen, Lebensqualität, Stimmung sowie ihre generelle Gesundheit. Es konnte eine deutliche Verbesserung nicht nur der Schmerzen, sondern auch der anderen Parameter im Vergleich zu Placebo festgestellt werden.

Doppelblindstudie zum Thema „Allergie“

Während der Allergiesaison von Februar bis Mai wurde in Phoenix, USA, im Jahr 2005 der Einsatz von Homöopathika zur Behandlung von Allergien im Vergleich zu Placebo getestet. Die Studie lief jeweils über einen Zeitraum von vier Wochen. Die 40 Teilnehmer, sowohl Männer als auch Frauen im Alter von 26 bis 63 Jahren, litten unter schwerem allergischen Schnupfen mit einer Entzündung der Augenbindehaut. Die Probanden füllten dabei Fragebögen aus über ihre Lebensqualität, ihr Befinden während der Allergiezeit und über ihre Aktivitäten. Die Auswertung zeigte deutlich, dass sich unter der homöopathischen Therapie die Beschwerden reduzierten und die Lebensqualität zunahm.

Studie zu chronischen Erkrankungen

In einer groß angelegten Studie an der Berliner Universitätsklinik Charité überprüfte man im Jahr 2005, wie Homöopathika bei chronischen Erkrankungen wirken (unter anderem bei Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Allergien). Es wurden 3981 Patienten (2851 Erwachsene und 1130 Kinder), die sich bei niedergelassenen Ärzten schulmedizinisch bzw. homöopathisch behandeln ließen, über ein Jahr hinweg begleitet. Ihre Beschwerden erfasste man dabei in standardisierten Fragebögen, wobei sowohl die Ärzte als auch die Patienten befragt wurden.

Bei den Kindern konnte unter homöopathischer Therapie eine eindeutige Verbesserung der Symptome beobachtet werden (Selbstauskunft sowie ärztliche Untersuchung). Auch bei den Erwachsenen trat eine spürbare Besserung ein.

Die homöopathische Anamnese

Die homöopathische Behandlung setzt die genaue Beobachtung eines Patienten mit all seinen gesundheitlichen Symptomen voraus. Bei dieser so genannten Anamnese wird der gesamte Mensch mit seiner physischen und psychischen Grundstruktur, seiner körperlichen und seelischen Verfassung, seinen Vorlieben und Abneigungen sowie seinen charakterlichen Besonderheiten und seinem Verhalten erfasst.

Körperbau, Körperhaltung, Bewegungsweise, Zustand der Haut, Haare und Nägel, Mimik und Gestik, Sprache und Sprechweise, Neigungen, Talente und vieles mehr lassen Rückschlüsse auf die Lebensenergie eines Menschen zu. Für diese übergeordnete Lebenskraft wiederum sind Veranlagung und Konstitution ausschlaggebend, weshalb sie bei der homöopathischen Anamnese eine nicht wegzudenkende Rolle spielen.

Krankheit: gestörte Lebenskraft

Die Lebensenergie steuert alle Lebensfunktionen des Organismus. Ihr Ziel ist es, die natürliche Ordnung und Ausgeglichenheit im Körper zu erhalten bzw. diese wiederherzustellen. Jede Zelle des Körpers trägt zu dieser Kraft bei; gleichzeitig wird sie aber auch von ihr beeinflusst.

Faktoren wie z. B. Stress, Überlastung oder psychische Probleme können die Lebenskraft negativ beeinflussen und schwächen. Der Körper ist dann nicht mehr in der Lage, sich vor Bakterien, Viren und schädigenden Einflüssen zu schützen. Er wird krank.

Entzündungen, Geschwüre und andere Veränderungen weisen darauf hin, dass etwas mit dem inneren Gleichgewicht nicht stimmt. Körperliche oder auch psychische Symptome sind also nicht die Krankheit selbst, sondern die Folge der Disharmonie.

Je stärker dieses Ungleichgewicht ist, umso ausgeprägter oder schwerer ist die Erkrankung. Homöopathische Mittel bringen wie kleinste Gewichte diese innere Waage ins Lot. Befinden sich dann Körper, Geist und Seele wieder in Einklang miteinander, ist die Lebenskraft ausbalanciert und der Mensch gesund.

DIE KONSTITUTION

Welches geistige, seelische und körperliche Potential ein Mensch besitzt, wie seine grundsätzliche Verfassung ist und welche Tendenz bei ihm besteht, an bestimmten Leiden zu erkranken, das ist im Wesentlichen eine Frage seiner Konstitution. Diese wird entscheidend von der genetischen Veranlagung, der „Disposition“, geprägt. Manche Menschen sind durch nichts zu erschüttern, haben eine robuste Konstitution. Andere hingegen geraten schon bei minimalsten Anforderungen psychisch und/oder physisch an ihre Grenzen. Ihre Konstitution ist eher zart.

Die Konstitution bestimmt aber nicht nur, wie ein Mensch mit Stress umgeht, sondern auch, wie anfällig seine Organe für Krankheiten sind. So hat jeder Mensch eine oder mehrere „Schwachstellen“. Der eine erkrankt wiederkehrend an Infekten, weil seine Abwehrkräfte nicht besonders stark sind. Der andere reagiert auf Stress mit Magenbeschwerden oder Rückenschmerzen, oder die Belastung schlägt ihm auf das Gemüt.

Im Laufe eines Lebens verändert sich die Konstitution in Nuancen durch die Erziehung, die Umwelt sowie den eingeschlagenen Lebensweg. In gewissen Grenzen ist die Konstitution also beeinflussbar. Die Homöopathie macht sich dies zunutze, indem sie die seelische, körperliche und geistige Verfassung eines Menschen positiv umstimmt.

Die Diathese

Bedeutet Disposition die Veranlagung zu einer Erkrankung, so versteht man unter dem Begriff der Diathese die angeborene Krankheitsbereitschaft. So spricht man beispielsweise im Fall einer allergischen Erkrankung in der Homöopathie von einer „allergischen Diathese“. Das heißt, auch wenn z. B. keine akuten Heuschnupfen-Symptome bestehen, ist die Erkrankung dennoch latent vorhanden. Sie kann bei einsetzendem Pollenflug jederzeit auftreten.

• Lange Tradition

Bereits in der Antike beschäftigte man sich in der Heilkunde mit der Konstitution. Die berühmte „Humoralpathologie“ des griechischen Arztes Galen (129–199 n. Chr.) ging davon aus, dass im Körper vier Säfte fließen: die gelbe Galle („cholos“), die schwarze Galle („melancholos“), der Schleim („phlegma“) und das Blut („sanguis“). Fließen diese Säfte nicht richtig oder vermischen sie sich zu sehr, entsteht ein Ungleichgewicht; der Mensch wird seelisch und/oder körperlich krank.

Aber auch die unterschiedlichen Temperamente der Menschen wurden den Körpersäften zugeschrieben. Galen zufolge prägte ein Zuviel an gelber Galle den Choleriker, der Phlegmatiker hatte zu viel Schleim und der Melancholiker zu viel schwarze Galle.

Eine moderne Konstitutions- und Typenlehre entwickelte der deutsche Psychiater Ernst Kretschmer (1888–1964). In seinem 1921 erschienenen Lehrbuch „Körperbau und Charakter“ werden drei Typen unterschieden: der hochwüchsige, mit einem schmalen Körperbau ausgestattete Leptosome, der von seinen Gefühlen her entweder überempfindlich oder unempfindlich ist; der eher kleinwüchsige, stämmige Pykniker, der heiter, lebhaft, aber auch depressiv veranlagt ist; dann der Athletiker mit einem muskulösen Körperbau und der Neigung zu einer schizophrenen Gemütslage.

Hahnemann und die Mediziner seiner Zeit waren zwar noch von der antiken Humoralpathologie beeinflusst, gleichzeitig entwickelten sich aber bereits die Anfänge der Zellularpathologie (die auf der Zellenlehre basierende Krankheitslehre), auf welcher die moderne Medizin basiert.

MIASMATISCHE BELASTUNG

Für Hahnemann existierten drei große Erbkrankheiten, die jeden Menschen in seiner Anlage, das heißt in seiner Neigung zu erkranken, bis in die heutige Zeit prägen. Er sprach von den so genannten Miasmen (Miasma, griechisch = Befleckung, Unreinheit). Hierbei handelt es sich um die Psora (Krätzekrankheit), die Gonorrhoe und Syphilis. Die Vertreter der Homöopathie in Frankreich ergänzten diese drei Miasmen Hahnemanns um eine weitere, die Tuberkulose. Miasmen bedeuten jedoch nicht, dass jemand an einer dieser Krankheiten akut leidet; vielmehr sind die Folgen dieser Erkrankungen über Generationen hinweg weitergegeben. Nach homöopathischem Verständnis gelten sie als die eigentlichen Auslöser für die Krankheitsneigung (Diathese) und für die seelischkörperliche Verfassung (Konstitution). Es sind also die langfristigen Auswirkungen der Miasmen, welche die Krankheitsanfälligkeit, Widerstandskraft und Fähigkeit zur raschen Genesung prägen.

Bei einer miasmatischen Belastung ist die Lebensenergie aufgrund einer solchen vererbten Störung reduziert. Diese Schwächung ist mit Ursache für chronische Erkrankungen. Denn die Selbstheilungskräfte reichen hier nicht aus. Die angeborene schwache körpereigene Abwehr hat deshalb einer Erkrankung nicht genug entgegenzusetzen.

Ein guter Homöopath wird deshalb den Patienten immer auch nach Krankheiten im Verwandtenkreis fragen, so wie er gleichfalls über zurückliegende Erkrankungen in der Kindheit informiert werden will.

AKUTE KRANKHEITEN