Heike Haas

Heike Haas, Berufsschullehrerin im Fachbereich Gartenbau, ist seit Jahrzehnten am Rhein zu Hause und lebt seit langem in Lahnstein. Sie befasst sich insbesondere mit der Landschaft, den Pflanzen und Tieren des Mittelrheins.

In diesem Buch beschreibt sie das Leben im und am Fluss, im Talbereich und auch auf den Höhen des Mittelrheintales in 166 Gedichten der Naturpoesie (Gedichte mit und ohne Reim; Silbengedichte; Elfchen und Haiku). Hierbei erfasst sie die typischen Erscheinungen dieser vielfältigen Landschaft mit seinen Lebensformen im Verlauf der Jahreszeiten. Eigene Fotografien unterstützen die Aussagen der Gedichte.

Am Ende des Buches befindet sich ein ausführliches Verzeichnis aller Titel und Fotos. Im Anhang finden Sie eine Auflistung der lateinischen Gattungs- und Artnamen aller genannten Pflanzen und Tiere.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© 2020 Haas, Heike

Herstellung und Verlag BoD - Books on Demand GmbH, Norderstedt

ISBN 9783750418981

Burg Maus über dem Ort Wellmich

1. Burgen am Rhein

Im Mittelrheintal

Die Burgen bewachen nach fernhin das Tal,

gebaut auf die Felsen, mit Blick auf den Rhein.

Der Rheingraben bildet den tiefen Kanal,

aus dem einst gespült wurde alles Gestein.

Entstanden vor vielen Millionen von Jahren,

als Ströme von Wasser hier flossen hinein,

sie haben Gerölle flussabwärts gefahren,

der Grabenbruch schnitt in den Landblock sich ein.

Die Höhen des Rheintals noch bergen das Erz:

schon damals es brachte den Rittern Gewinn.

Winzer und Bergleute schafften mit Herz,

erfüllten die felsigen Hänge mit Sinn.

Burgen am Rhein

Ritter auf den Burgen sitzen,

Rüstungen im Lichte blitzen.

Von den Höhen bis ins Tal

kontrollieren sie den Fluss,

leben selber im Genuss.

Längst vorbei, das war einmal!

Wolken am Mittelrhein

Weiße Wolken durch die Landschaft ziehn

Über schroffe Berge sich bemühn

Auch die hohen Burgen überwinden

Und sich dabei wieder neu erfinden

Der Mittelrhein-Grabenbruch

Am Anfang gab es nur Steine und Meer

im Urstromtal des heutigen „Rhein“.

Gewässer, sie schürften von oben her,

Fluten gruben sich tief darin ein.

Sie nagten am hohen gebirgigen Block,

daraus ist entstanden ein riesiger Trog.

Gelöst hat sich einstmals ein steinerner Pflock,

der rauschende Ströme dann nach sich zog.

Sie höhlten von innen das harte Gestein,

bohrten und pressten Gesteinsschichten klein,

die mit ihnen flossen den Graben hinab,

und setzten sich fern in der Nordsee ab.

Erhaben und stolz steht er da - abgrundtief

der Mittelrhein-Grabenbruch sich offenbahrt.

In früherer Zeit, als die Menschheit noch schlief,

der Rhein schuf ein Kunstwerk ganz eigener Art.

Blühende Vogelkirsche am Rhein

2. Blühende Vogelkirsche

Blütenknospe

Warten auf die Wärme

und das Sonnenlicht,

da sie aus tiefer Ferne

durch grobe Rinde bricht:

Knospe, noch gefaltet

auf ganz engem Raum;

später sich gestaltet

zu dem Blütentraum.

Vorfrühlingszeit

Sonne trifft die blassen Triebe,

Erde ist noch klamm und kalt;

dass die Wärme lang’ noch bliebe

an der Böschung und im Wald:

Anemone pulsatilla,

Kühchenschelle, blüht am Hang;

und dann Daphne mezereum,

Seidelbast, den Hain entlang.

Frühling schickt die neuen Triebe

vieler Pflanzen in den Lauf.

Blumen, die ich innig liebe -

geht auch mir die Sonne auf!

Vorfrühling auf den Rheinhängen

Das schwarze bröckelnde Gestein

als dunkler Schiefer steht hervor.

Ein grauer Fels mit weißem Bein

ragt schroff und spitz dort hoch empor.

Dazwischen Weinbergsmauern stehn,

wo in den Nischen Moose kauern.

Die roten Steine am Vergehn,

ihr Einsturz wird nicht lang’ mehr dauern.

Und grüner Efeu, baumesdick,

an dem die dunklen Blätter glänzen,

verwehrt zu manchem Ort den Blick,

wird auch den Boden noch bekränzen.

Vereinzelt blühen Haselnüsse,

die Böschung schimmert gelblich fahl.

Verhalten sind der Sonne Küsse,

noch eingeschränkt ihr goldner Strahl.

Im Tale unten jetzt sich wandeln

die Nieswurzstauden von Grasgrün;

mit starken Farben sie verbandeln:

Zitronengelb beginnt ihr Blühn.

Ahorne

Kahle Baumgerüste warten

auf die Wärme und das Licht;

ihre Triebe wollen starten,

Knospen schwellen dicht an dicht.

Segel werden sie entfalten:

große Blätter frisch und prall;

und auch Blüten sie erhalten

wie ein gelblich-grüner Ball.

Knospen schwellen dicht an dicht,

ihre Triebe wollen starten:

auf die Wärme und das Licht

kahle Baumgerüste warten.

Der Seidelbast

Zögernd dringt das fahle Licht

In den blattlos kahlen Wald

Wo es sich am Boden bricht

Der vom Schnee noch eisig kalt

Dann fluten süße Düfte

Durch unbelaubte Kronen

Mit sanftem Wehn der Lüfte

Hinaus in alle Zonen

Kleiner grauer Frühlingsstrauch

Übersät vom Rosabraun

Zarter Blüten wie ein Hauch

Ästelst in des Waldes Zaun

Rosa Blüten, starker Duft

Locken Flieglein zu dir hin

Driften strömend in der Luft

Feiern mit dir den Beginn

Schlehenblüte

Zerbrechlich

Des Schwarzdorns

Tausend schwelgende Blüten

Sitzen an schwarzem Holz

Reinweiß

Vorfrühling am Rhein

Strauchgeäst über den Winter:

schwarz, sich verästelnd im Hain.

Vorfrühling kommt nun dahinter:

schimmernde Blüten am Rhein!

Schlehengebüsch an den Hängen,

überall leuchtet es weiß.

Blüten in Büscheln sich drängen,

das ist des Frühlings Beweis!

Frühling in schroffen Felsen

Glänzend schwarze Schieferplatten

Graue Felsen mit weißem Flechtenbelag

Zerklüftet in den steilen Höhen

Von Gesträuch und Kraut überwuchert

Die dunkelgrün glänzenden Lianen

Mit dicken gewundenen Stämmen

Wandern die Hänge hinauf

Durch ihre Efeublätter diese beschattend

Das rotbraune Eichenlaub hängt noch fest

Dürre nackte Baumäste stehn zerzaust

In grauen und in braunschwarzen Tönen

Einfarbig und dunkel, ohne Farbenspiel

Rau ist noch die Luft

Selten die wärmende Sonne

Verwaschen grau das unbelaubte Holz

Der eingewachsenen Bäume und Sträucher

Nur die von Blütenstaub gelben Kätzchen

Der vereinzelt stehenden Haselnusssträucher

Setzen hier und da verstreut

Farbige Akzente in den Hang

An den unteren Böschungen

Verwandelt sich Grün in Gelb

Die üppigen Blüten der heimischen Nieswurze

In ein helles leuchtendes Zitronengelb

Das Leben steht jetzt in den Startlöchern

Die Rheinberge wirken mächtig

In Erwartung des Frühlings

Mit seinen wunderbaren Ereignissen

Die Süßkirschenblüte überall auf den Hängen

Das strahlende Gelb des Goldlacks auf den Felsen

Der berührende Nachtigallengesang

Und der Flug des seltenen Segelfalters

Der Schwarzdorn

An den Hängen stehst du, Schwarzdorn,

Blüten schimmern weiß und zart;

im Frühling sei ein wahrer Heißsporn

in deiner zauberhaften Art!

Im Sommer deine Blätter glänzen,

dabei die Dornen sind verdeckt;

es wachsen auf zu grünen Kränzen

die Schlehenfrüchte, gluterweckt!

Im Spätherbst deine Schlehen reifen,

sind lilablau gefärbt und herb;

mit weißem Wachs sie sich bereifen,

dies schützt sie lang’ vor dem Verderb!

Der Winter kommt zu dir herein

mit Frost und Kälte, Eis und Schnee;

du scheinst nur noch Gerüst zu sein,

die Kargheit tut dem Herzen weh!

Vorfrühlingssturm