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Herbert George Wells



Klassiker der ofd edition: Die Zeitmaschine



Neu bearbeitet, übersetzt und kommentiert









Herbert George Wells


Herbert George Wells, meist als H. G. Wells bekannt, der Kurzform seines Namens, wurde am 21. September 1866 in Bromley, einem Vorort Londons, geboren. Er verbrachte seine Jugend unter eher bescheidenen Verhältnissen, was ihn nicht daran hinderte, viel zu lesen, eine Vorliebe, die er von seinem Vater übernommen hatte.


Wells begann zunächst eine Lehre in einer Tuchhandlung in Windsor, wurde jedoch nach bereits einem Monat wieder entlassen. Kurzfristig arbeitete er als Hilfslehrer an einer Schule in Somerset sowie als Apothekergehilfe in Midhurst. Von 1881 an verbrachte er nochmals zwei Jahre als Lehrling im Tuchhandel, anschließend nahm er wieder eine Stelle als Hilfslehrer an, diesmal im Progymnasium in Midhurst.


Ab 1884 bekam Wells ein Stipendium, das es ihm ermöglichte, drei Jahre lang Physik, Chemie, Geologie, Astronomie und Biologie an der Normal School of Science in South Kensington (heute: Imperial College of Science) zu studieren. Einer seiner Lehrer, Thomas Henry Huxley, machte ihn mit der darwinschen Evolutionstheorie bekannt, was einen starken Eindruck auf Wells ausübte. Unter anderem entwickelte er in dieser Zeit eine tiefe Abneigung gegen das Christentum. Der Mensch war für ihn ein weiterentwickelter Affe, der Evolutionsprozess, so glaubte Wells, führe eher zu Destruktionen denn zu Fortschritt.


Im Jahr 1887 kam Wells über George Bernard Shaw mit der Fabian Society in Kontakt, später engagierte er sich auch in der neu gegründeten Labour Party. Sein Examen an der Normal School of Science schloss er nicht ab. Nachdem Wells an der Universität London seine Prüfung in Zoologie bestanden hatte, arbeitete er von 1891 bis 1893 als Tutor für Biologie am College für das Fernstudium der Universität. Nach Studienabschluss war er Mitbegründer der „Royal College of Science Association“ und wurde ihr erster Präsident.


Ab 1893 begann Wells, während er sich von einer Erkrankung erholte, Erzählungen und Beiträge für Zeitschriften zu verfassen. Schon bald wurden Kurzgeschichten sowie phantastische Romane von Wells veröffentlicht. Zu deren bekanntesten zählen neben der „Zeitmaschine“ (1895) „Die Insel des Dr. Moreau“ (1896) und „Der Krieg der Welten“ von 1898.


Später befasste sich Wells auch mit soziologischen und politischen Problemstellungen, unter anderem befürwortete er die Gründung eines Weltstaates, durch den es seiner Ansicht nach möglich sein sollte, dauerhaften Frieden auf der Erde zu sichern. Wells starb am 13. August 1946 in London. Sein Körper wurde verbrannt und seine Asche im Meer verstreut.




„... ‚Kommunismus‘, sagte ich zu mir selber ...“


... offenbar war das einzelne Haus, vielleicht sogar der Haushalt verschwunden. Hier und dort standen im Grün palastartige Gebäude, aber das Haus und Landhaus, das einen so charakteristischen Zug englischer Landschaft ausmacht, war nicht mehr vorhanden. ‚Kommunismus‘, sagte ich zu mir selber. Und dem Gedanken folgte ein weiterer auf den Fersen. Ich sah das halbe Dutzend kleiner Gestalten an, die mir folgten. Da sah ich im Blitz, dass alle das gleiche Kostüm trugen, alle die gleichen, weichen haarlosen Gesichter und die gleiche mädchenhafte Rundung der Gliedmaßen zeigten. Es mag vielleicht seltsam erscheinen, aber das war mir noch nicht aufgefallen. Doch alles war so fremd. Jetzt sah ich die Tatsache deutlich genug. Im Kostüm und in all den Unterschieden des Gewebes und der Machart, die jetzt die Geschlechter markieren, waren diese Leute der Zukunft gleich ...“



Was Sie über diese Geschichte wissen sollten


Neben „Brave New World“ von Aldous Huxley (1932) und „Nineteen Eighty-Four“ von George Orwell (1948) zählt „Die Zeitmaschine“ zu den großen Werken der frühen phantastischen Literatur, die sich mit (möglichen) politisch-gesellschaftlich Entwicklungen befasst. Anders als die beiden anderen genannten Autoren thematisiert Wells jedoch nicht die Auswirkungen einer allmächtigen Diktatur. Bei ihm geht es vielmehr um eine Spaltung der Gesellschaft in verschiedene Schichten, verbunden mit einer Ausbeutung, die in ausgesprochen extremen Formen mündet.


In der Welt nämlich, die sein Zeitreisender vorfindet, haben sich die ursprünglichen Verhältnisse drastisch verändert, mehr soll vorab nicht verraten werden, und zwar auf eine zunächst überraschend scheinende, anderseits jedoch durchaus plausible Art und Weise. Der Fortschritt und weitere technische Entwicklungen sind zum Erliegen gekommen, und haben sich sogar umgekehrt, nachdem die Menschheit ein gewisses Maß an Bequemlichkeit erreicht hat. Damit weist Wells Roman als eines der ersten Werke der neueren Literaturgeschichte klare Merkmale einer Dystopie auf, einer Erzählung also, die den in der Frühzeit der industriellen Revolution noch vorhandenen unbedingten Fortschrittsglauben in Frage stellt.


Mit seiner Skepsis gegenüber dem Ideal einer immer weiter zum Guten sich hin entwickelnden Zivilisation nahm Wells für viele Autoren nach ihm eine Vorreiterrolle, wenn nicht gar Vorbildfunktion ein. So kommen in zahlreichen nach Wells Zeit entstandenen phantastischen Romanen zumindest dystopische Elemente vor, populäre Beispiele aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind „Fahrenheit 451“ von Ray Bradbury (1953), „Das Heerlager der Heiligen“ von Jean Raspail (1973), „A Scanner Darkly“ (deutsch: Der dunkle Schirm) von Philip K. Dick (1977) oder Stanisław Lems grandios-pessimistisches Spätwerk „Fiasko“ von 1986.


Die Faszination, die derartige Dystopien ausüben, kommt sicherlich nicht nur daher, dass allzu harmonisch-optimistische angelegte Erzählungen immer Gefahr laufen, schlicht langweilig zu werden. Auffallend ist auf jeden Fall, dass gerade in den letzten Jahrzehnten eine wahre Flut literarischer Zukunftsvisionen pessimistischen Zuschnitts entstanden ist, wovon einige im europäischen Sprachraum eine beachtliche Verbreitung fanden. Als Beispiele seien hier nur „Yin“ von Akif Pirinçci (1997), „Profit“ von Richard Morgan (2004), „Corpus Delicti“ von Julia Zeh (2009), „Der Circle“ von Dave Eggers (2014) oder „Unterwerfung“ von Michel Houellebecq (2015) genannt.


Verwundern kann die Popularität der finsteren Zukunftsliteratur eigentlich kaum. Tatsächlich nämlich breitet sich die Ansicht immer weiter aus, dass einige der in den letzten Jahrzehnten zu beobachtenden Entwicklungen zumindest bedenklich sind. So entartet bei Pirinçci eine Gesellschaft, die ohne Männer auskommen muss, zu einer bösen Karikatur eines Matriarchats, Richard Morgan übt mit „Market Forces“, wie es im Original heißt, ätzende Kritik an der Globalisierung und dem damit immer weiter zunehmenden Einfluss finanzkräftigen Investoren auf das weltpolitische Geschehen, Juli Zeh beschreibt das Leben in einer immer weiter in den Alltag der Bevölkerung eingreifende Gesundheitsdiktatur, Eggert schließlich malt eine Welt aus, in der die Macht großer Internetkonzerne absurde Dimensionen angenommen hat.


Noch nennen die Autoren das, was sie ansprechen oder kritisieren möchten, meist recht ungezwungen beim Namen, schon seit einiger Zeit aber weisen Beobachter der Literaturszene auf Parallelen zu Entwicklungen in der Vergangenheit hin. Insbesondere in der 1991 auseinandergebrochenen Sowjetunion nämlich gab es zeitweise einen regelrechten Boom der Science-Fiction-Literatur. Die Erklärung dafür erschließt sich leicht daraus, dass Kritik an tatsächlichen oder mutmaßlichen Fehlern des herrschenden politischen Systems gern, in mehr oder weniger stark verschlüsselter Form, in phantastische Literatur gepackt wurde – die letzten Endes dann jeder so verstehen konnte, wie er wollte, so dass der jeweilige Autor auch kaum mit Repressionen rechnen musste.


Zu Wells Zeiten war die Situation noch vergleichsweise unkompliziert. Diskussionen wurden, wenngleich auch mal heftig oder erbittert, so doch offen geführt. Die sich auf die ökonomischen und Gesellschaftstheorien von Karl Marx (1818-1883) und Friedrich Engels (1820-1895) berufenden kommunistischen Systeme gab es noch nicht, wenngleich ihr Entstehen, wie aufmerksame Leser der „Zeitmaschine“ feststellen werden, bereits absehbar war. Ein echtes Thema wurden solche Entwicklungen allerdings erst bei Wells historischen Nachfolgern Orwell und Huxley.


Hier liegt „Die Zeitmaschine“ in einer erheblich verbesserten deutschen Übersetzung vor. Wie bei allen Werken der ofd edition wurde der Text sorgfältig editiert und der aktuellen Rechtschreibung angepasst – die bessere Lesbarkeit steigert den Genuss bei der Lektüre erheblich. Lesern fällt es so noch leichter, sich in Wells Gedankenwelt zu versetzen und dabei zu verstehen, warum sein bekanntestes Werk gerade heute wieder zu den besonders lesenswerten Büchern gezählt werden muss.




Die Zeitmaschine


Einleitung


Der Zeitreisende (denn so werde ich am besten von ihm reden) setzte uns eine geheimnisvolle Sache auseinander. Seine grauen Augen leuchteten und zwinkerten, und sein meist blasses Gesicht war gerötet und belebt. Das Feuer brannte hell, und die weichen Strahlen des Glühlichts in den Silberlilien trafen die Bläschen, die in unseren Gläsern aufblitzten und vergingen. Unsere Stühle – von ihm erfundene Patente – umarmten und liebkosten einen eher, als dass sie auf sich sitzen ließen, und es herrschte jene üppige Nach-Tisch-Atmosphäre, in der die Gedanken anmutig und frei von den Fesseln der Präzision hinlaufen. Und er stellte es folgendermaßen dar – indem er einzelnen Punkten mit einem hageren Zeigefinger Nachdruck verlieh – während wir dasaßen und träge seinen Ernst bei diesem neuen Paradoxon (wofür wir es hielten) und seine Fruchtbarkeit bewunderten.


„Sie müssen mir aufmerksam folgen. Ich werde mit der einen oder andere Vorstellung aufräumen müssen, die fast allgemein angenommen wird. Die Geometrie zum Beispiel, die man Sie auf der Schule gelehrt hat, gründet sich auf einen Irrtum.“


„Ist damit anzufangen nicht etwas zu viel von uns erwartet?“, sagte Filby, ein streitliebender Mann mit rotem Haar.


„Ich will von Ihnen nicht verlangen, dass Sie irgendetwas ohne vernünftigen Grund annehmen, Sie werden bald so viel zugeben, wie ich von Ihnen nötig habe. Sie wissen natürlich, dass eine mathematische Linie, eine Linie von einer Dicke Null, in Wirklichkeit nicht existiert. Das hat man Sie gelehrt? Ebenso wenig eine mathematische Fläche. Das sind bloße Abstraktionen.“


„Das stimmt“, sagte der Psychologe.


„Auch ein Würfel kann, da er nur Länge, Breite und Tiefe besitzt, in Wirklichkeit nicht existieren.“


„Da erhebe ich Einspruch“, sagte Filby. „Natürlich kann ein fester Körper existieren. Alle wirklichen Dinge – –“


„Das glauben die meisten Menschen. Aber warten Sie einen Augenblick. Kann ein momentaner Würfel existieren?“


„Ich verstehe Sie nicht“, sagte Filby.


„Kann ein Würfel, der überhaupt keine Zeit dauert, existieren?“


Filby wurde nachdenklich. „Offenbar“, fuhr der Zeitreisende fort, „muss jeder wirkliche Körper in vier Dimensionen Ausdehnung haben: also Länge, Breite, Tiefe und – Dauer. Aber infolge einer natürlichen Schwachheit des Fleisches, die ich Ihnen im Moment erklären will, neigen wir dazu, diese Tatsache zu übersehen. Es gibt wirklich vier Dimensionen; wir nennen sie die drei Ebenen des Raumes, und eine vierte, die Zeit. Es herrscht jedoch die Neigung, zwischen den ersten drei Dimensionen und der vierten einen unwirklichen Unterschied zu machen, weil sich zufälligerweise unser Bewusstsein intermittierend vom Anfang unseres Lebens bis zum Ende der vierten Dimension entlangbewegt.“


„Das“, sagte ein sehr junger Mann, der anstrengt versuchte, seine Zigarre über der Lampe anzuzünden, „das ... ist wahrhaftig ganz klar.“


„Nun ist es sehr merkwürdig, dass dies in so ausgedehntem Maße übersehen wird“, fuhr der Zeitreisende mit einem leichten Anfall von Heiterkeit fort. „In Wirklichkeit meint man dies mit der vierten Dimension, obgleich manche, die von der vierten Dimension reden, nicht wissen, dass sie es meinen. Es ist nur eine andere Art, die Zeit anzusehen. Es gibt keinen Unterschied zwischen der Zeit und einer der drei Dimensionen des Raumes, außer dass sich unser Bewusstsein auf ihrer Linie bewegt. Aber einige Narren haben diese Idee auf der verkehrten Seite zu fassen bekommen. Sie haben alle gehört, was sie über diese vierte Dimension zu sagen haben?“


„Ich nicht“, sagte der Bürgermeister aus der Provinz.


„Es liegt einfach so. Vom Raum im Sinne unserer Mathematiker spricht man als von etwas, das drei Dimensionen hat, die man Länge, Breite, Tiefe nennen kann, und was stets mit Hilfe dreier Ebenen, deren jede im rechten Winkel zu den beiden anderen steht, definierbar ist. Aber einige philosophische Leute haben gefragt, warum gerade drei Dimensionen? – warum nicht noch eine Richtung, die im rechten Winkel zu den drei anderen steht? – und sie haben sogar versucht, eine vierdimensionale Geometrie zu konstruieren. Professor Simon Newcomb hat das erst vor einem Monat oder so der New Yorker Mathematischen Gesellschaft auseinandergesetzt. Sie wissen, dass man auf einer Fläche, die nur zwei Dimensionen hat, die Figur eines dreidimensionalen Körpers darstellen kann, und ebenso, meinen Sie, könne man durch Modelle von drei Dimensionen einen von vier darstellen – wenn man nur der Perspektive der Sache Herr werden könnte. Sehen Sie?“


„Ich glaube“, murmelte der Bürgermeister aus der Provinz; und indem er die Brauen zusammenzog, versank er in sich, und seine Lippen bewegten sich wie bei einem, der mystische Worte wiederholt. „Ja, ich glaube, jetzt sehe ich's“, sagte er nach einiger Zeit und hellte vorübergehend auf.


„Nun, ich will Ihnen nicht vorenthalten, dass ich seit einiger Zeit an dieser Geometrie der vier Dimensionen gearbeitet habe. Einige meiner Resultate sind sonderbar. Hier, zum Beispiel, sehen Sie das Porträt eines Mannes im Alter von acht, ein zweites im Alter von fünfzehn, ein drittes im Alter von siebzehn, ein viertes im Alter von dreiundzwanzig Jahren, und so weiter. All das sind offenbar gleichsam Lektionen, dreidimensionale Darstellungen seines vierdimensionalen Seins, das ein festes und unveränderliches Ding ist.“


„Wissenschaftler“, fuhr der Zeitreisende nach einer Pause fort, wie sie zur rechten Assimilation seiner Worte erforderlich war, „wissen recht gut, dass die Zeit nur eine Art von Raum ist. Hier sehen Sie eine beliebte wissenschaftliche Risszeichnung, einen Wetterbericht. Diese Linie, der ich mit meinem Finger folge, zeigt die Bewegungen des Barometers. Gestern stand es so hoch, gestern Abend ist es gefallen, heute Morgen wieder gestiegen und dann langsam bis hier herauf. Das Quecksilber hat doch diese Linie in keiner der allgemein anerkannten Raumdimensionen gezogen? Aber sicherlich hat es eine solche Linie gezogen, und diese Linie, müssen wir also folgern, lief die Zeitdimension entlang.“


„Aber“, sagte der Arzt, indem er eine Kohle im Feuer scharf fixierte, „wenn die Zeit wirklich nur eine vierte Raumdimension ist, wie kommt es, dass man sie als etwas anderes ansieht und immer angesehen hat? Und warum können wir uns nicht in der Zeit umherbewegen, wie wir uns in den anderen Dimensionen des Raumes bewegen können?“


Der Zeitreisende lächelte. „Sind Sie so sicher, dass wir uns im Raum frei bewegen können? Rechts und links und vorwärts und rückwärts können wir uns frei genug bewegen, und das haben die Menschen auch immer getan. Ich gebe zu, wir bewegen uns in zwei Dimensionen frei. Aber auf und ab? Da beschränkt uns die Schwerkraft.“


„Nicht ganz“, sagte der Arzt. „Es gibt Ballons.“


„Aber vor den Ballons hatte der Mensch – von krampfhaften Sprüngen und den Unebenheiten der Erde abgesehen – nicht die Freiheit vertikaler Bewegung.“


„Immer konnten sie sich ein wenig auf und ab bewegen.“


„Leichter, weit leichter ab als auf.“


„Und in der Zeit können Sie sich gar nicht bewegen; vom gegenwärtigen Moment können Sie nicht fort.“


„Mein lieber Herr, gerade da sind Sie im Irrtum. Gerade da ist die ganze Welt im Irrtum. Wir kommen beständig vom gegenwärtigen Moment fort. Unsere geistige Existenz, die immateriell ist und keine Dimensionen hat, läuft von der Wiege bis zum Grabe mit geistförmiger Geschwindigkeit die Zeitdimension entlang. Genau, wie wir abwärts wandern würden, wenn wir unser Dasein fünfzig Meilen über der Erdoberfläche begännen.“


„Aber die große Schwierigkeit ist die“, unterbrach der Psychologe, „Sie können sich im Raum in allen Richtungen bewegen, aber Sie können sich nicht in der Zeit hin und her bewegen.“


„Das ist der Kern meiner großen Entdeckung. Aber Sie haben Unrecht, wenn Sie sagen, wir können uns in der Zeit nicht hin und her bewegen. Wenn ich mich zum Beispiel eines Ereignisses sehr lebhaft erinnere, gehe ich zum Moment seines Geschehens zurück: ich werde geistesabwesend, wie Sie sagen. Ich springe auf einen Moment zurück. Natürlich haben wir kein Mittel, irgendwie längere Zeit dahinterzubleiben, so wenig ein Wilder oder ein Tier Mittel hat, sechs Fuß über dem Boden zu bleiben. Aber ein zivilisierter Mensch ist in dieser Hinsicht besser dran als der Wilde. Er kann im Ballon gegen die Schwerkraft steigen, und warum sollte er nicht hoffen, dass er einmal werde imstande sein, seine Fahrt die Zeitdimension entlang zu unterbrechen oder zu beschleunigen oder sogar umzukehren und in entgegengesetzter Richtung zu wandern?“


„O, das“, begann Filby, „ist alles – –“


„Warum nicht?“, fragte der Zeitreisende.


„Es ist gegen die Vernunft“, sagte Filby.


„Gegen welche Vernunft?“, fragte der Zeitreisende.


„Sie können beweisen, dass weiß schwarz ist“, sagte Filby, „aber Sie werden mich nie überzeugen.“


„Vielleicht nicht“, sagte der Zeitreisende. „Aber Sie beginnen jetzt, das Ziel meiner Untersuchungen in der Geometrie der vier Dimensionen zu sehen. Schon vor langer Zeit ahnte ich etwas von einer Maschine – –“


„Um durch die Zeit zu reisen?“, rief der sehr junge Mann.


„Die in jeder Richtung des Raumes und der Zeit fährt, wie es ihr Führer will.“


Filby begnügte sich mit Lachen.


„Aber ich habe experimentellen Beweis“, sagte der Zeitreisende.


„Das wäre für den Historiker außerordentlich bequem“, meinte der Psychologe. „Man könnte zurückreisen und zum Beispiel den anerkannten Bericht der Schlacht bei Hastings prüfen!“


„Meinen Sie nicht, Sie würden Aufmerksamkeit erregen?“, sagte der Arzt. „Unsere Vorfahren waren nicht sehr duldsam gegen Anachronismen.“


„Man könnte sein Griechisch von Homers und Platos Lippen lernen“, meinte der sehr junge Mann.


„In dem Fall würden Sie im Examen sicher durchfallen. Die deutschen Gelehrten haben das Griechische so sehr verbessert.“


„Und dann die Zukunft“, sagte der sehr junge Mann, „Denken Sie nur! Man könnte all sein Geld anlegen, es mit Zinsen anstehen lassen und vorauseilen!“


„Um eine Gesellschaft zu finden“, sagte ich, „die auf streng kommunistischer Basis errichtet ist.“


„Von allen wilden, ausschweifenden Theorien!“, begann der Psychologe.


„Ja, so schien es mir; und deshalb habe ich nie davon gesprochen, bis –“


„Experimenteller Beweis!“, rief ich. „Sie wollen das beweisen?“


„Das Experiment!“, rief Filby, dem die Gedankenspiele zu anstrengend wurden.


„Lassen Sie uns Ihr Experiment einfach anschauen“, sagte der Psychologe, „obgleich das alles Unfug ist, wie Sie wissen.“


Der Zeitreisende sah sich lächelnd im Kreise um. Dann ging er, immer noch leicht lächelnd, die Hände tief in den Hosentaschen, zum Zimmer hinaus, und wir hörten seine Schuhe den langen Gang bis zu seinem Laboratorium hinunter.


Der Psychologe blickte uns an. „Ich möchte wissen, was er gefunden hat?“


„Irgendein Taschenspielertrick“, sagte der Arzt, und Filby fing an, uns eine Geschichte über einen Beschwörer zu erzählen, den er zu Burslem gesehen hatte, aber ehe er noch mit seiner Vorrede fertig war, kam der Zeitreisende zurück, und Filbys brach mit der Ausbreitung seiner Anekdote ab.



Die Maschine