© 2018 Corina Bomann & Jane Lovejoy, Potsdam
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung der Autorin wiedergegeben und verbreitet werden.
Covergestaltung: Corina Bomann unter Verwendung eines Fotos von Eugene Partyzan (www.shutterstock.com)
ISBN: 978-3-96353-017-3
Wie ein einsamer Wolf heulte die Dampfpfeife durch die Einöde, als der Zug auf die kleine Bahnstation zurollte. Es war schon eine Zeit her, dass eines der Dampfrösser hier vorbeigekommen war, denn eigentlich hatte man diese Strecke kurz nach ihrer Eröffnung wieder stillgelegt.
Doch nun sollte die Lok am sogenannten Dead Man's Point Wasser fassen und die Wachmannschaft abgelöst werden. Nur zwei Güterwaggons hingen an dem schwarzen Stahlross. Auf den ersten Blick wirkten es wie ein Viehtransport. Doch es waren keine Longhorns, die sich in den Wagen befanden.
Kaum war der Zug zum Stehen gekommen, öffneten sich die Türen des zweiten Waggons. Gut ein Dutzend Männer kletterte heraus, um sich die Füße zu vertreten. Fünf weitere Soldaten befanden sich im Wagen davor. Es hatte die Weisung gegeben, dass sie ihren Posten erst verlassen durften, nachdem die Ablösung übernommen hatte.
Doch die war weit und breit nicht zu sehen.
Das verwunderte auch Captain Marten, der den Wachtrupp kommandierte. Missmutig schaute sich der hochgewachsene, dunkelhaarige Mann um, zog dann ein Zigarillo aus der Brusttasche seiner Uniform und schob es sich in den Mundwinkel.
»Verdammte Schweinerei, wo bleiben die?«, murmelte er vor sich hin, während er ein Streichholz anriss und den Glimmstängel dann anzündete. Tief inhalierte er den Hauch und versuchte so, die aufkommende Unruhe zu unterdrücken.
Es war eigentlich nicht seine Art, nervös zu werden. Bei seinen Männern war er als harter Hund bekannt, und bisher hatte er sich auch selbst dafür gehalten. Doch das Transportgut in dem ersten Waggon machte ihn irgendwie nervös.
Eine Wunderwaffe sollte es sein, eine wahre Höllenmaschine, die eine große Anzahl von Geschossen schnell hintereinander abfeuern konnte. Der Erfinder dieser Waffe war ein Mann namens Richard Gatling, und was den Captain beunruhigte, war eigentlich nicht die Waffe selbst. Nein, vor einigen Monaten hatte dieser Mr. Gatling seine Waffe zum Patent angemeldet und eine Annonce in einer der größten Zeitungen der Gegend aufgegeben. Es war so sicher wie das Amen in der Kirche, dass dieses Gerät noch andere Interessenten als die Regierung finden würde.
Schon als die Waffe verladen wurde, hatte Marten das Gefühl gehabt, dass sie beobachtet wurden. Er hatte einige Leute ausgeschickt, um den Bahnhof abzusuchen, doch gefunden hatten sie nichts. Das Gefühl aber war geblieben. Bis jetzt...
»Wie es aussieht, hat sich Ihre Ablösung wohl verspätet«, sagte plötzlich eine Stimme neben ihm. James Marten wirbelte herum, und seine Hand Griff instinktiv nach seinem Revolver. Doch als er das gutmütige, rußige Gesicht des Lokführers sah, zog er sie wieder zurück und atmete tief durch.
»Sicher sind wir zu früh«, entgegnete er und versuchte, sich seine Anspannung nicht anmerken zu lassen.
»Zu früh sind wir sicher nicht«, hielt der Lokführer dagegen und zog mit umständlichen Bewegungen seine Uhr aus der Hosentasche. »Hier, schauen Sie, es ist Punkt Mitternacht. Genauso, wie es vorgesehen war.«
Im Schein der Zuglaterne konnte der Captain erkennen, dass der Lokführer Recht hatte. Doch wo, zum Teufel, war die Ablösung?
Da tönte plötzlich Hufgetrappel an sein Ohr. Etwa zwanzig Reiter näherten sich der einsam gelegenen Bahnstation. War das die Ablösung? Sie musste es sein, denn wer sonst würde um diese Zeit an diesem gottverlassenen Ort auftauchen?
»Das sind Sie!«, sagte Marten zu dem Lokführer, nahm das Zigarillo aus dem Mundwinkel und ging den Reitern entgegen. Im fahlen Mondlicht waren sie zunächst nicht viel mehr als Schemen, doch als sie näher kamen, sah er, dass die Männer Uniformen trugen.
Es war die Ablösung. Captain Marten war erleichtert. Jetzt würde der Transport nicht mehr seine Sache sein.
Doch kaum hatten sich die Reiter um die Station geschart, griffen sie nach ihren Waffen. Ohne ein Wort zu sprechen, eröffneten sie das Feuer.
Marten hatte gar nicht mehr die Zeit, das eiskalte Prickeln in seinem Nacken richtig zu deuten. Während die ersten seiner Männer aufschrien und getroffen zu Boden gingen, griff er nach seinem Revolver und warf sich zu Boden.
Was, zum Teufel, war in sie gefahren? Oder hatte er Recht gehabt, und sie waren tatsächlich von irgendwelchen Halunken beobachtet worden?
Er riss seine Waffe hoch und feuerte auf die Reiter, die auch weiterhin die Soldaten unter Beschuss nähmen. Einigen war es gelungen, hinter dem Bahnhofsgebäude in Deckung zu gehen, doch viele waren von seiner Truppe nicht mehr einsatzfähig, zu überraschend war der Angriff erfolgt.
Aber vielleicht würde die Wunderwaffe sie hoch retten können...
Während die Geschosse mit bösartigem Heulen über seinen Kopf hinwegsausten, drehte er den Kopf zur Seite. Der Waggon war nur wenige Schritte von ihm entfernt. Vielleicht würde er es schaffen, an die hintere Tür heranzukommen und somit an die Waffe...
Er musste es riskieren. Mit hektischen Bewegungen lud er seinen Revolver nach, feuerte und sprang dann auf die Füße. Links und Rechts von ihm schlugen die Kugeln in den Boden ein, doch sie verfehlten ihn.
Nun musste er erkennen, dass es mehr war, als der Angriff einer Banditenhorde, die, nur Gott weiß wie, an Uniformen der Army rangekommen war. Es war handfester Verrat!
Unversehrt erreichte er den Waggon und schaffte es, unter der Wagenkupplung durchzuklettern. Dann aber sah er, dass ein Teil der Banditen nun auch von hinten angriff. Sie stürmten auf den ersten Waggon zu - und da öffnete sich plötzlich die schwere Tür! Doch die Männer, die eigentlich die Wunderwaffe bewachen sollten, feuerten nicht. Nein, sie ließen die Banditen herein! Hatten sie noch nicht mitbekommen, wie der Hase lief ?
Eigentlich hätten die Banditen nun ihrerseits das Feuer eröffnen müssen, doch nichts dergleichen geschah, der Teil der Aktion lief ohne einen weiteren Schuss ab.
Captain Marten fühlte sich, als hätte man ihm eine Faust in den Magen gerammt. Was sollte er tun? Ein direkter Angriff auf die Banditen im Waggon würde keinen Zweck haben...
Zu weiteren Überlegungen kam er nicht. Während die Waffen hinter ihm noch immer krachten und belferten, stürmte er aus seiner Deckung, um wieder zu den anderen zu stoßen. Doch mitten im Lauf wurde er gestoppt. Hart schlug das Projektil in seine Brust ein und schleuderte ihn zu Boden. Ein lautes Dröhnen zog durch seinen Schädel, und das Letzte, was er sah, war, dass sich plötzlich die vordere Tür des Waggons öffnete. Was das zu bedeuten hatte, bekam er nicht mehr mit, denn es wurde dunkel um ihn herum.
Über den Rest seiner Männer brach jetzt die Feuerhölle los...
Sally Escobar schloss genießerisch die Augen, während sie ihr Becken kreisen ließ und dann anfing, wild auf dem Mann herumzuhüpfen. Sie liebte es, bei diesem Spiel die Führung zu übernehmen.
Charles hieß der Kerl, den sie im Saloon kennen gelernt hatte, und er war hellauf begeistert von den Qualitäten der rassigen Lady, die ihm jetzt kräftig die Sporen gab. Ihr Lockenhaar war dunkelrot wie die Nippel, die hoch auf ihren prallen Brüsten thronten, und beides geriet in heftige Schwingungen, während sie versuchte, mit wildem Juchzen seinen Ständer kleinzukriegen.
Charles war in dieser Hinsicht einer von der harten Sorte. Das hatte sie gleich gesehen, als sie mit einem wirklich unanständig weit ausgeschnittenen Kleid auf ihn zugekommen war. Sogleich hatten sich seine Augen an ihren prallen Kugeln festgesaugt, und auch sie war sehr angetan gewesen von dem, was sich da in seiner Hose aufgebaut hatte. Nach ein paar Drinks und einem netten Gespräch waren Sie sich einig gewesen, dass keiner von ihnen die Nacht allein verbringen wollte.
Während Sally spürte, wie sich die Erregung allmählich dem Höhepunkt zuneigte, wurde sie schneller, und in ihrem Liebesgalopp spannte sie die geheimen Muskeln an, um Charles langes Kanonenrohr noch intensiver zu spüren. Und da kam der Orgasmus auch schon über sie! Sie presste sich fest auf ihn, während wilde Lustschauer ihren Körper durchzuckten, und da konnte auch er nicht mehr an sich halten.
Zuckend und keuchend krallte er sich an ihren Hüften fest. Sally stieg erst von ihm, als die Lustschauer abgeebbt waren.
Erhitzt und schwitzend glitt sie über ihn und küsste ihn. »Das war toll«, bemerkte sie, während sie seine Brust streichelte. »Aber ich hoffe, du kriegst das in dieser Nacht noch ein paar Mal hin. Ich habe jedenfalls noch keine Lust, einzuschlafen.«
»Da kannst du dich drauf verlassen, Süße«, entgegnete den Mann, sichtlich zufrieden mit sich, und griff nach ihrer Hand. Eigentlich mochte es Sally nicht, wenn man ihr die Hand führte, doch hier ließ sie es sich ausnahmsweise gefallen. Und wurde dafür auch reichlich belohnt. Charles stand schon wieder bereit.
Sallys Augen leuchteten auf, und flink wie eine Katze glitt sie zwischen seine Schenkel.
»Das ist wirklich ein Prachtgerät«, sagte sie, und ehe es sich der Mann versah, hatte sie ihn auch schon im Mund. Die junge Frau genoss es, wie er aufstöhnte und zusammenzuckte, als ihre Zunge über seine Schwanzspitze strich. Schon griffen seine Hände nach ihrem Kopf und versuchten, sie an sich zu drücken, doch da entwand sie sich ihm und streckte ihm frech ihr Hinterteil entgegen.
»Glaub nicht, dass du so leicht davonkommst, vorhin habe ich gearbeitet, und jetzt bist du dran.«
Mit diesen Worten spreizte sie ihre Beine und ließ ihn einen Blick auf den feucht glänzenden Mund werfen, der bereits nach seinem Schwanz hungerte. »Komm, fick mich!«
Dieser Aufforderung kam Charles nur zu gern nach. Er ging hinter ihr auf die Knie, und als er im nächsten Moment in sie eindrang, juchzte Sally freudig auf.
»Ja, so ist es richtig!«, stöhnte sie, doch schon wenig später traten spitze Lustschreie an die Stelle ihrer Worte. Der Mann legte sich kräftig ins Zeug, genauso, wie Sally es liebte. Und so kam sie auch wenige Augenblicke später zum Höhepunkt. Sie warf ihren Lockenkopf in den Nacken und schrie ihre Lust frei hinaus, ohne Rücksicht auf ihre Nachbarn, die sicher nicht nur jedes Wort, sondern auch jedes Stöhnen und Jammern mitbekommen hatten.
Sally kümmerte es nicht, ebenso wenig wie Charles. Gemeinsam sanken sie wieder in die Kissen und blieben erschöpft liegen.
»Jetzt brauch ich aber wirklich ne Pause«, keuchte Charles, während Sally flink wie eine Katze aus dem Bett sprang und zu dem kleinen Tisch ging, auf dem ein Sektkühler stand.
Sie war bei weitem noch nicht am Ende ihrer Kräfte. Und auch ihr Hunger war noch nicht vollends gestillt. Immer, wenn sie einen Auftrag erledigt hatte und dabei in dieser Hinsicht zu kurz gekommen war, angelte sie sich in einem Hotel oder einen Saloon einen Mann, von dem sie meinte, dass er ihren Ansprüchen genügen würde. Schwer fiel es ihr nicht, bei ihrem Aussehen kriegten die Männer reihenweise Stielaugen. Doch sie gab sich nicht mit dem erstbesten Kerl zufrieden. Charles hatte ihren Ansprüchen genügt, zumindest äußerlich. Und sie hoffte stark, dass es nach der »kleinen Pause« weitergehen würde.
Während sie den teuren Schampus in zwei Sektschalen goss, musterte sie ihren Lover. Wie es aussah, hatte er sich von dem Ritt schon wieder einigermaßen erholt. Er streckte seine Arme und Beine, und das, was sich da zwischen ihnen aufbaute, sah doch schon wieder ganz vielversprechend aus.
Mit verführerisch schaukelnden Hüften kam Sally Escobar auf ihn zu und reichte ihm eines der Gläser, während sie sich auf die Bettkante kniete. Der edle Tropfen rann wie Honig durch ihre trockenen Kehlen, und nachdem Sally ihr Glas geleert hatte, wollte sie sich nun wieder anderen Leckereien zuwenden. Doch dazu kam es nicht mehr.
Im nächsten Moment hämmerte es an die Tür! Es konnte sein, dass sich jemand in der Zimmernummer geirrt hatte, also ignorierte Sally ihn zunächst. Reinkommen konnte er nicht ohne weiteres, denn um wirklich ungestört zu sein, hatte sie abgesperrt. Doch die Stimme, die im nächsten Moment ertönte, riss sie aus ihrem wieder aufkochenden Lusttaumel.
»Miss Escobar! Hier ist ein Telegramm für Sie!«
Sally zog einen Schmollmund, strich noch einmal sehnsuchtsvoll über Charles eindrucksvollen Ständer und erhob sich dann. Auf dem Weg zur Tür überlegte sie, ob sie sich was überziehen sollte. Doch wenn sie ehrlich war, fand sie es in diesem Moment ganz reizvoll, nackt wie sie war, vor dem Störenfried zu erscheinen. Dann griff sie aber doch zu ihrem hauchdünnen Negligee, das am Bettpfosten hing, und zog es sich über.
Kurz bevor sie öffnete, nahm sie ihren Derringer von der Kommode - sicher war sicher - und zog dann den Riegel zurück.
Tatsächlich handelte es sich bei dem Störenfried um einen kleinen, dürren Telegrafenclerk in blauer Uniform. Es war schon ein etwas älterer Hombre, doch bei Sallys Anblick schien ihm plötzlich wieder einzufallen, was man mit einer Frau so alles anstellen konnte. Jedenfalls ließ ihr Anblick seinen Freudenpegel anständig in die Höhe schnellen.
»M-miss Escobar?«, fragte er noch einmal nach und reichte Sally mit zitternden Händen das Telegramm in seiner Hand.
Die junge Frau, der es sichtlich Spaß machte, den Dürren mit ihrem Aufzug zu reizen, öffnete es, und während sie spürte, wie er sie mit seinen Blicken vernaschte, las sie die Botschaft. Und sogleich verging ihr die Freude.
Die Regierung hatte Sehnsucht nach ihr. Dieser steife Innenminister, der immer wirkte, als hätte er einen Stock verschluckt, wenn er ihr die Hand reichte. Wenn sich dieses Phänomen auf einen anderen Bereich seines Körpers bezogen hätte, hätte es Sally noch nicht mal gestört. Aber in ihrer Gegenwart wirkte der gute Mr. Seward immer so, als müsse er tot umfallen, wenn er ihr etwas näher kam...
Nun ja, so war das Leben. Kurz noch ließ Sally dem Clerk das Vergnügen ihres Anblicks, dann stolzierte sie mit wackelndem Po zu ihrer Tasche, zog einen Silberdollar daraus hervor und drückte ihm den in die Hand. Jetzt war es genug mit Gucken, also schlug sie ihm die Tür vor der Nase zu und kehrte zum Bett zurück.
Bedauernd glitt ihr Blick über Charles Körper, doch diese Nachricht duldete keinen Aufschub. Der Nachtzug nach Washington ging in gut einer halben Stunde, bis dahin musste sie am Bahnhof sein.
»Wer hat dir denn geschrieben?«, fragte der Mann, während er seinen Oberkörper hob, die Ellenbogen abstützte und dann sein Becken aufreizend auf und ab wippen ließ. Dieser Anblick erleichterte Sally das, was sie tun musste, natürlich nicht.
»Charles, ich hätte es gern noch ein paar Mal mit dir gemacht, aber ich muss in einer halben Stunde fort. Mit dem Nachtzug«, sagte sie und fing an, sich anzuziehen.
»Ist das dein Ernst?« Jetzt breitete sich auch auf Charles Gesicht die Enttäuschung aus. Gerade hatte er sich vorgenommen, seine persönliche Bestleistung zu überbieten, und nun wurde ihm seine heißblütige Partie aus den Armen gerissen. »Hat dir dein Mann geschrieben?«
»Schlimmer noch!«, sagte Sally, während sie sich mühte, ihren üppigen Busen in dem Korsett zu verstauen; keine leichte Aufgabe bei der Fülle, die sie zu bieten hatte. »Mein Boss. Ich muss morgen in Washington sein. Wenn nicht, kriege ich großen Ärger.« Sie schaute auf seinen Schwanz, der immer noch stand wie eine Eins und darauf wartete, dass sie es sich noch einmal überlegte. »Noch größeren, als der da lang ist.«
»Eine halbe Stunde ist doch noch viel Zeit.« Wieder wippte Charles mit den Hüften, und Sally spürte, wie ihr Schoß erneut wild zu pochen begann. Gedankenverloren ließ sie ihre Hand an den feuchten Hügel gleiten, spürte das Glühen und Ziehen, und im nächsten Moment trat ein schelmisches Lächeln auf ihre Züge. Die Zeit, die sie für das Anziehen des Höschens brauchte, konnte sie sich schon sparen, also warf sie sich ihr Kleid über und sprang dann zur Charles auf das Bett.
Der Zug erreichte Washington um die Mittagszeit, und Sally war froh, ihr Abteil verlassen zu können.
Zwei Männer hatten in dem Abteil gesessen, ein alter und ein junger. Verwandt waren sie nicht miteinander, so viel hatte sie rausgekriegt, und der jüngere hatte nicht nur gut ausgesehen, sondern auch eindeutig Interesse gezeigt, sie näher kennen zu lernen.
Doch der Ältere war partout nicht dazu zu bewegen gewesen, das Abteil zu verlassen. Und unter Schlaflosigkeit hatte er ebenso gelitten wie unter einem gesteigerten Mitteilungsbedürfnis.
So hatten sich Sally und der andere Mann bis nach Washington hin nicht nur die Geschichten des Oldtimers anhören müssen, nein, sie wussten bis dahin auch über seine komplette Krankheitsgeschichte Bescheid. Sein Doc verdiente sich an ihm eine goldene Nase, da war sich Sally sicher.
Doch diesen Gedanken drängte sie beiseite, als sie den Bahnhof verließ. Das Capitol konnte sie schon von hier aus sehen, und obwohl sie wusste, dass es trotzdem noch ein ziemliches Stück Weg war, verzichtete sie darauf, eine Kutsche zu nehmen und ging zu Fuß. Immerhin hatte sie lange genug gesessen, und wer weiß, was sie da noch an alten Männern erwartete, die ihr von ihrer Impotenz berichteten.
Außerdem genoss sie es, wenn die Männer, egal ob im feinen Anzug oder in Cowboykluft, ihr bewundernd nachschauten oder vielleicht auch nachpfiffen.
Um diese Zeit glich Washington einem Ameisenhaufen. Elegante Landauer und Lastkutschen drängten sich auf den Straßen genauso wie die Leute auf den Sidewalks. Sally bahnte sich ihren Weg durch die Menge und stand wenig später vor dem Büro des Innenministers. Nachdem sie den Wachposten das Telegramm gezeigt hatte, meldeten sie diese bei Jack Seward an. Eigentlich wollte er gerade Mittagspause machen, doch als er den Namen Sally Escobar hörte, bat er sie sogleich herein.
»Ah, Miss Escobar, ich freue mich, Sie zu sehen!«, rief er aus und reichte der jungen Frau die Hand, blieb aber wie immer auf Distanz zu ihr und kehrte dann auch schleunigst wieder hinter seinen Schreibtisch zurück.